Urteil

LG Hamburg, Beschluss vom 6.1.2005 - 312 O 1030/04
Abmahnung Premiere PayTV Decoder Ebay

Der Antrag des Beklagten auf Gewährung von Prozeßkastenhilfe wird zurückgewiesen.

Gründe:

Das Prozeßkostenhilfegesuch des Beklagten ist zurückzuweisen, weil die von ihm beabsichtigte Verteidigung gegen die auf die Erstattung von Abmahnkostengerichtetet Klage nicht die nach § 114 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht bietet 1, Der vom Beklagten erhobene Einwand, der Unzuständigkeit des angerufenen Ge-richts ist nicht begründet. '., Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts ergibt sich aus § 13 Abs. i UWG. Denn danach sind für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiteh, mit denen ein Anspruch auf Grund des UWG geltend gemacht wird, ausschließlich die Landgerichte zuständig. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, denn die Klägerin stützt den von ihr verfolgten Klaganspruch unter anderem auf § 12 Abs. 1 UWG. Ob diese Anspruchsgrundlage tatsächlich gegeben ist, ist für die Zuständigkeitsbegründung ohne Belang.

Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg folgt aus §§ 14 Abs. 2 UWG, 32 ZPO. Die Klage wird auf eine unerlaubte Handlung gestützt, für die nach den genannten Vorschriften auch das Gericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk die Handlung vorgenommen wurde. Dies ist bei dem vom Beklagten über das Internetportal eBay verbreiteten Angebot auch Hamburg, denn auch hierhin wurde dieses Angebot verbreitet. 2. Auch in der Sache hat die beabsichtigte Rechtsverteidigung des Beklagten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Allerdings wird voraussichtlich die von der Klägerin geltend gemachte Anspruchsgrundlage des. § 12 Abs. 1 UWG zu verneinen sein, weil das einmalige Angebot eines Magnet-Katenlesers durch den Beklagten bei eBay noch nicht den Rückschluss erlaubt, dass er Unternehmer ist, also in Ausübung einer gewerblichen oder selb- ständigen beruflichen Tätigkeit gehandelt hat. Es dürfte deshalb kein Wettbewerbs-Verhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 UWG zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestehen.

Die Klage dürfte aber aus § 823 Abs. 1 BGB begründet sein. Auch diese Anspruchsgrundlage hat die Kammer zu prüfen, weil sie den. Rechtsstreit nicht nur unter den zuständigkeitsbegründenden, sondern unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen hat (vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 24.-Aufl., vor § 12 Rn. S).

Das Anbieten eines Geräts, das zu dem Zweck angeboten wird, das entgeltliche Programm der Klägerin unentgeltlich zu empfangen, indem die techniscien Zugangskontrollen umgangen werden, stellt nach der Rechtsprechung der Kammer im gewerblichen Bereich eine unlautere Handlung im Sinne des § 3 UWG unc - wenn es sich wie hier um einen privaten Anbieter handelt - eine unerlaubte Handlung nach § 823 BGBoder § 826 BGB dar. Im vorliegenden Fall dürfte mit der Rechtsprechung des OLG Frankfurt (NJW 1996, 264, 265) jedenfalls ein nach § 823 Abs. 1 BGB unerlaubter Eingrii in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin zu bejahen sein. Denn durch das Anbieten eines technischen Geräts, mit dem die Zugangskontrollen der Klägerin umgangen werden sollen, wird unmittelbar in den betrieblichen Organismus der Klägerin als einzigem deutschen Pay-TV-Sender eingegriffen. Diesem wird nämlich die wirtschaftliche Grundlage entzogen, wenn sein Programm unentgeltlich empfangen werden kann.

Dabei kommt es für die rechtliche Wertung letztlich nicht entscheidend darauf an, ob das vom Beklagten angebotene Gerät tatsächlich technisch den Zweck erfüllen konnte, zu den es von ihm angeboten worden war. In den Betrieb der Klägerin wird auch dann unmittelbar und rechtswidrig eingegriffen, wenn dem Publikum nur vorgegaukelt wird, dass eine solche Verwendung möglich ist. Denn es liegt auf der. Hand, dass ein anderen Programm der Klägerin Interessierter deren Dienst nicht abonnieren wird, wenn er 'gleichzeitig ein Gerät erwirbt, das dazu bestimmt sein soll, ;hm diesen Zugang ohne Entgelt zu verschaffen. Außerdem unterstützen derartige Angebote den Eindruck, dass die Zugangskontrollen der Klägerin überwunden werden können und ermuntern damit nachhaltig Bemühungen einschlägiger Kreise, nach verbotenen Mitteln und Wegen zu suchen und diese auch zu finden, um die Zugangskontrollen der Klägerin zu umgehen.. Der Beklagte wird sich voraussichtlich auch nicht mit Erfolg darauf berufen können, dass er schuldlos, gehandelt habe. Denn der Beklagte hat die Rubrik „PayTV-Decoder, in die er sein Angebot bei eBay eingestellt hat, selbst ausgewählt und da-mit zum Ausdruck gebracht, dass das angebotene Gerät auch zum Empfang von PayTV eingesetzt werden kann. Dies kann kaum überzeugend durch ein Versehen erklärt werden. Denn wenn die Einlassung des Beklagten zuträfe, dass sein Magnet-karten-Lesegerät gar nicht dazu angeboten werden sollte, PayTV-Zugangskontrollen zu umgehen, dann hätte es weitaus näher gelegen, es bei eBay in die dafür vorgesehenen Rubrik, nämlich die Unterrubrik „Cardreader" der Rubrik „Computer" einzustellen.

3. Die von der Klägerin aufgewandten und mit der Klage erstattet verlangten Rechtsanwaltskosten, die für die Abmahnung angefallen sind, stellen einen adäquaten Schaden dar, der auf die dargelegte Verletzungshandlung des Beklagten zurückzuführen ist.

Die Kammer teilt nicht die Auffassung des Beklagten, dass die Klägerin verpflichtet gewesen wäre, zur Schadensminderung die eigene Rechtsabteilung einzuschalten und ihn durch diese abmahnen zu lassen. Ein Unternehmen ist nicht dazu verpflichtet, im Interesse etwaiger Rechtsverietzter eine Rechtsabteilung vorzuhaben oder wenn es eine solche vorhält - sie personell so auszustatten, dass sie bestimmte massenhaft antretende Rechtsverletzungen selbst verfolgen kann. Wie d e Kammer aus der ständigen Befassung mit von der Klägerin beanstandeten Rechtsverstößen vergleichbare" Art aus eigener Kenntnis beurteilen kann, würde eine Verfolgung derartiger Verstöße durch eigene Juristen der Klägerin, nicht gleichsam nebenbei erledigt werden können, sondern könnte schon wegen der bloßen Anzahl der Fälle kaum ohne eine personelle Verstärkung erfolgen. Dabei ist auch zu bedenken, dass die zugrunde liegenden Verstöße zwar durchaus Parallelen aufweisen mögen, sich aber im Einzelfall .auch in rechtlichen relevanten Einzelheiten unterscheider und daher nicht in jeden Fall mit einem gleich lautenden Schreiben bedient werden könnten. [ ...] Für die Einordnung ist nicht allein maßgeblich, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dabei im Wesentlichen auf einen standardisierten Text zurückgegriffen haben mag. Denn andererseits ist auch zu berücksichtigen, dass es sich - wie die auch zum Anspruchsgrund umfangreichen Einwände des Beklagten zeigen - nicht um eine einfach gelagerte Materie handelt, die zum anwaltlichen Alltagsgescräft gehört, Ihre Bearbeitung erfordert einen höheren Aufwand an rechtlichen Überlegungen als beispielsweise, eine einfache Zahlungsaufforderung oder Mahnung, dio der Gebührentatbestand Nr. 2402 W im Auge hat Für die hier maßgebliche Abmahnung erscheint eine Bewertung mit 1,3 innerhalb des durch Nr. 2400 VV zum RVG eröffneten Gebührenrahmens von 0,5 bis 1,5 zwar angesichts ihre unverkennbaren Seriencharakters als hoch, aber jedenfalls nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung als vertretbar. Dieser Satz liegt unterhalb der Mittelgebühr von 1,5 des anwendbaren Gebührenrahmens aus dem zum 31.7.2004 in Kraft getretenen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Das hätte einem Satz von 0,65 für die,1 Rahmengebühr aus § 118 Abs. 1 der bis dahin geltenden Bundes-rechtsanwaltsgebührenverordnung entsprochen. Dieser Ansatz wäre jedefalls nach altem Gebührer recht nicht zu beanstanden gewesen und es spricht viees dafür, dass nichts anderes für die mit 1,3 entsprechende Festsetzung nach neuem Gebührenrecht gilt. De damit einhergehende erhebliche Verteuerung der außergerichtlichen Tätigkeit des Anwalts ist vom Gesetzgeber grundsätzlich beabsichtig) gewesen und deshalb wohl hinzunehmen. Jedenfalls hat sich in der relativ kurzen Zeit seit Inkrafttreten des Gesetzes noch keine andere Rechtsprechungspraxis herausgebildet, so dass die Klägerin auch insoweit nicht gegen ihre Schadensminderungspflichten verstößt, wenn sie dem vertretbaren Gebührenansatz ihrer Anwälte folgt.
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