Urteil

Urteil des LG Köln vom 27.07.2004 - 28 O 301/04
(Zivilrechtlicher Auskunftsanspruch gegen den Provider bei Urheberrechtsverletzungen)

Tenor:

Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 3. Juni 2004, Az. 28 O 301/04, wird bestätigt.

Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.

T A T B E S T A N D:

Die Verfügungsklägerin ist eines der großen deutschen Tonträgerunternehmen. Die Verfügungsbeklagte ist einer der führenden Internetserviceprovider.

Die Verfügungsbeklagte stellt einen ihrer Breitband-Hochgeschwindigkeitsinternet-zugänge einem Nutzer zur Verfügung, der einen so genannten ftp-Server unter der Internet-Adresse ftp:// betreibt. Dabei bedient sich die Verfügungsbeklagte der technischen Infrastruktur der E AG. Die Internet-Domain "I" wird von einer Firma E1, Inc. in den USA verwaltet; Inhaber der Domänen ist das amerikanische Unternehmen J.. Auf das Ergebnis der von der Verfügungsbeklagten durchgeführten Abfrage der Whois-Datenbank vom 11. Juni 2004 (Anlage AG 2, Blatt 215 der Akten) wird Bezug genommen.

Auf diesem ftp-Server stellt der unbekannte Betreiber und Nutzer des durch die Verfügungsbeklagte zur Verfügung gestellten Internetzuganges MP3-Musikdateien zum Download zur Verfügung, ohne dazu berechtigt zu sein. Der Download einer solchen Musikdatei erfolgt dabei dergestalt, dass zunächst zwischen dem ftp-Server und dem Internet eine Verbindung hergestellt wird, indem dieser Kunde sich gegenüber der Verfügungsbeklagten durch seine Benutzerkennung identifiziert und ihm dann durch die Verfügungsbeklagte automatisch eine individuelle Kennung, die so genannte IP-Nummer, zugeteilt wird. Über diese IP-Nummer kann die Verfügungsbeklagte den Nutzer eindeutig identifizieren und entsprechend ihrem mit ihm geschlossenen Provider-Vertrag das Nutzungsentgelt berechnen. Eine Verbindung zwischen diesem ftp-Server und einem Suchenden erfolgt dergestalt, dass der Suchende durch Eingabe der entsprechenden Verbindungsdaten eine unmittelbare Verbindung zwischen seinem Computer und dem hier streitgegenständlichen ftp-Server herstellt und dann - gegebenenfalls nach Eingabe bestimmter Zugangsberechtigungstaten - auf die auf dem ftp-Sever abgespeicherten Dateien zugreifen und diese herunterlädt. Die für die Verbindungsherstellung über den von der Verfügungsbeklagten bereitgestellten Internetzugang erforderliche IP-Nummer erfolgt ohne weiteres Zutun der Verfügungsbeklagten automatisch. Eine Zwischenspeicherung durch die Verfügungsbeklagte unterbleibt. Auf dem ftp-Server wird auch der Musiktitel "N" von H aus dem gleichnamigen Album sowie das Album selbst zum illegalen Download bereitgestellt.

Die Verfügungsklägerin führte in der Zeit zwischen dem 2. Mai 2004 und 1. Juni 2004 diverse Test-Downloads durch. Dabei wurde sie jedesmal eine IP-Nummer mit dem streitgegenständlichen ftp-Server verbunden, die von der E AG bereitgestellt wurde. Auf ihre Nachfrage und Bitte um Auskunft über den Nutzer vom 13. Mai 2004 hin erhielt sie am 21. Mai 2004 von der E AG die Auskunft, dass die fraglichen IP-Nummern von der E AG an die Verfügungsbeklagte weitergegeben worden seien. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schreiben der Verfügungsklägerin vom 13. Mai 2004 (Anlage AS 13, Blatt 108 der Akten) und der E AG vom 21. Mai 2004 (Anlage AS 14, Blatt 114 der Akten) Bezug genommen. Unter dem 21. Mai 2004, eingegangen bei dem Prozessbevollmächtigten der Verfügungsklägerin am 25. Mai 2004, teilte die Verfügungsbeklagte mit, dass sie keine Auskunft gebe. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Verfügungsbeklagten (Anlage AS 15, Blatt 116 der Akten ) Bezug genommen.

Die Verfügungsklägerin behauptet, sie habe die Rechte des Tonträgerherstellers im Sinne von § 85 UrhG insbesondere an dem Tonträger "N" von H. Sie legt dazu eine anwaltliche Versicherung ihres Justitiars, einen Ausdruck aus PhonoNet, einen Auszug aus den Top 100 Longplay Charts sowie ein Vervielfältigungsstück des Albums "N" von H vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage AS 2 (Blatt 26 der Akten), die eidesstattliche Erklärung des Justiziars der Verfügungsklägerin vom 12. Juli 2004 (Blatt 315 der Akten) sowie die CD " Mensch" (Hülle Blatt 405a der Akten) Bezug genommen.

Die Verfügungsklägerin ist der Auffassung, sie habe einen Anspruch auf Auskunft gegen die Verfügungsbeklagte gem. § 101a UrhG (analog) hinsichtlich der Identität des ihr unbekannten Nutzers des ftp-Servers ftp://. Dies legt sie im Einzelnen dar. Insbesondere sei eine Störerhaftung der Verfügungsbeklagten gegeben, da diese trotz durch die Abmahnung der Verfügungsklägerin erhaltener Kenntnis der rechtswidrigen Inhalte auf dem ftp-Server nicht eingeschritten sei. Die Haftung ergebe sich aus § 8 Abs. 2 TDG. Es liege auch eine Verletzung des Urheberrechts vor, da der Betreiber des Servers illegale Dateien zum Herunterladen bereithalte. An dieser Rechtsverletzung wirke die Beklagte mit, wobei die Unterstützung der Handlung eines Dritten genüge, sofern der in Anspruch genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung habe. Dies sei im Falle der Verfügungsbeklagten der Fall, da sie jedenfalls den Anschluss sperren könne. Die Auskunftserteilung sei auch verhältnismäßig, da andernfalls die Verfügungsklägerin als Verletzte schutzlos wäre. Für die Beklagte sei es außerdem ein geringer Aufwand, die Auskunft zu erteilen. Bedenken gegen den Auskunftsanspruch Bild stehen nach Auffassung der Verfügungsklägerin auch nicht in datenschutzrechtlicher Hinsicht. Denn ein Verstoß gegen das TDDSG komme schon deshalb nicht in Betracht, da die Auskunft nach § 3 Abs. 2 TDDSG zulässig sei. § 101a Abs. 2 UrhG erlaube ausdrücklich die Herausgabe von personenbezogenen Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz. § 5 Abs. 2 TDDSG lasse die Regelung von § 3 Abs. 2 TDDSG unberührt.

Auf den Antrag der Verfügungsklägerin hat die Kammer am 3. Juni 2004 im Wege der einstweiligen Verfügung angeordnet, dass der Verfügungsbeklagten geboten werde, der Verfügungsklägerin unverzüglich über die Herkunft der unter der Internetadresse ftp:// zum Download bereitgehaltenen Musikaufnahmen der Verfügungsklägerin, insbesondere des Titels "N" von H aus dem Album "Mensch", Auskunft zu erteilen, indem sie der Verfügungsklägerin Namen und Anschrift desjenigen mitteilt, den sie den unter der Internetadresse ftp:// erreichbaren Anschluss zur Verfügung stellt bzw. gestellt hat. Nach dem Widerspruch der Verfügungsbeklagten vom 25. Juni 2004, eingegangen am 28. Juni 2004, beantragt die Verfügungsklägerin nunmehr,

die einstweilige Verfügung der Kammer vom 3. Juni 2004 zu bestätigen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung (Az. 28 O 301/04) vom 4. Juni 2004 aufzuheben und den auf Ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte hält den Antrag der Verfügungsklägerin für unzulässig, da er zu unbestimmt sei. Sie ist ferner der Auffassung, dass die Verfügungsklägerin auf die Auskunft der Verfügungsbeklagten nicht angewiesen sei. Sie könne einen Strafantrag stellen und dann im Wege des Rechts auf Akteneinsicht im Rahmen eines wegen §§ 106 ff. UrhG eingeleiteten Strafverfahrens die Identität des Nutzers erfahren. Ferner. Sie ist darüber hinaus der Auffassung, dass der Verfügungsklägerin keine Prozessführungsbefugnis zustehe, da ist sich um einen Fall der rechtsmissbräuchlichen Mehrfach-Verfolgung handele. Denn andere Mitglieder der Deutschen Landesgruppe der J, hätten mit nahezu inhalts- und sogar textgleichen Anträgen bei anderen Landgerichten, nämlich in Hamburg, München, Düsseldorf und Frankfurt am Main, einstweilige Verfügungen beantragt und - was unstreitig ist - es seien diese auch erlassen worden. Ein weiteres nahezu inhaltsgleiches Verfahren vor dem Landgericht Leipzig sei durch Rücknahme des Antrages durch die dortige Antragstellerin, ebenfalls Mitglied in der J1, beendet worden. Die Verfügungsbeklagte ist der Auffassung, dass ein Verfügungsanspruch schon deshalb nicht in Betracht komme, da sie allenfalls als so genannter Access-Provider und nicht als so genannter Host-Provider hafte. Die diesbezüglich in Betracht kommende Haftung ausschließlich nach § 9 TDG sei nicht gegeben. Insbesondere reiche für eine Haftung in diesem Sinne die Kenntnis von möglicherweise illegalen Inhalten nicht aus. § 8 Abs. 2 TDG sei nicht anwendbar. Darüber hinaus liege auch kein Anspruch vor, da ein solcher nach den allgemeinen Gesetzen nicht gegeben sei. Die Verfügungsbeklagte ist der Auffassung, dass § 101a UrhG auf unkörperliche Vervielfältigungsgegenstände nicht anwendbar sei; insbesondere fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke, da der Gesetzgeber die Regelung eines Auskunftsanspruchs gegenüber Internetserviceprovider nach geltendem Recht nicht vorgenommenen und für die Zukunft bislang ausdrücklich aufgeschoben habe. Unabhängig davon bestehe auch keine Rechtsverletzung, da kein Verbreiten vorliege. Die Verfügungsbeklagte hafte - wiederum unabhängig davon, dass nach Auffassung der Verfügungsbeklagten eine Störerhaftung per se nicht in Betracht komme - auch nicht als mittelbarer Störer. Weiterhin sei eine Haftung der Verfügungsbeklagten unverhältnismäßig, da nur eine vollständige Sperrung in Betracht komme. Schließlich sei die Rechtsverletzung, soweit man von einer ausgehen wolle, nicht offensichtlich. Darüber hinaus würde die Verfügungsbeklagte im Falle einer Auskunft gegen § 5 TDDSG verstoßen. Diese Regelung gehe der Regelung in § 3 Abs. 2 TDDSG vor. Ferner wäre der Verfügungsbeklagten ein Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis vorzuwerfen. In diesem Zusammenhang verweist die Verfügungsbeklagte auf ein Schreiben des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 24. Juni 2004, in dem der Datenschutzbeauftragte des Regierungspräsidiums Darmstadt - unstreitig - auf die Unzulässigkeit der Erteilung von Auskünften gemäß § 101a UrhG durch Internet-Provider an Urheberrechtsinhaber hinweist und angekündigt, dass der Datenschutzbeauftragte die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens im Falle der Auskunft prüfen werde. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 24. Juni 2004 (Anlage AG 5, Blatt 291 der Akten) Bezug genommen. Schließlich ist die Verfügungsbeklagte der Auffassung, dass ein Verfügungsgrund nicht gegeben sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen.

E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :

Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 3. Juni 2004 ist zu bestätigen. I.

Soweit die Parteien Ausfertigungen des Beschlusses vom 3. Juni 2004 erhalten und sich dementsprechend auch darauf bezogen haben, lag dies darin begründet, dass bei der Erstellung des Beschlusses am Computer die automatische Datumsfunktion nicht ausgeschaltet war und der Ausdruck der Ausfertigungen erst am 4. Juni 2004 erfolgt ist. Dies ändert an der Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung und der sich darauf beziehenden Prozesshandlungen der Parteien nichts.

II.

1.

Der Antrag der Verfügungsklägerin genügt den Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot des § 253 ZPO. Insbesondere kommt es auf die Frage, ob alle Musikaufnahmen hinreichend bestimmt bezeichnet werden, nicht an. Denn das Begehren der Verfügungsklägerin richtet sich auf ein ganz konkret bezeichnetes Verhalten der Verfügungsbeklagten, nämlich die Angabe von Namen und Anschrift eines bestimmten Nutzers. Unabhängig davon bezeichnet die Verfügungsklägerin den Titel und das Album "N" von H im einzelnen, wodurch die allgemeine Bezugnahme auf Musikaufnahmen der Verfügungsklägerin konkretisiert wird.

2.

Auch ist die Prozessführungsbefugnis der Verfügungsklägerin gegeben. Eine rechtsmissbräuchliche Mehrfachverfolgung liegt nicht vor. Die Verfügungsklägerin führt nur ein Verfahren gegen die Beklagte durch. Dass andere, möglicherweise mit ihr in demselben Verband verbundene Unternehmen ebenfalls Rechtsverletzungen gegen die Beklagte geltend machen, spielt dafür keine Rolle. Insbesondere ist die Schwelle des Rechtsmissbrauchs nicht überschritten. Auch ist § 13 Abs. 5 UWG a.F. nicht (analog) anwendbar und wären seine Voraussetzungen - eine (analoge) Anwendbarkeit unterstellt - auch nicht für erfüllt. Die Grundsätze aus § 13 Abs. 5 UWG sind letztlich nur Ausprägung des generell geltenden Verbots von Rechtsmißbrauch (vgl. etwa OLG Stuttgart, GRUR-RR 2002, 381), so dass die Frage der analogen Anwendung oder lediglich der Heranziehung der in § 13 Abs. 5 UWG normierten Grundsätze offenbleiben kann, da im Ergebnis stets eine Missbrauchsentscheidung zu treffen ist. Die Regelung des § 13 Abs. 5 UWG stellt auch insoweit eine konkrete Ausprägung des Mißbrauchstatbestandes dar, als ausdrücklich ein Vorgehen als mißbräuchlich beschrieben wird, das "vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen". Dies ist jedoch angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung von illegalen Musikdownloads aus dem Internet für die Verfügungsklägerin und andere Tonträgerunternehmen ersichtlich nicht anzunehmen: Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens bei einem Streitwert von - bislang festgesetzten - 25.000,00 EUR fallen vor diesem Hintergrund nicht ins Gewicht.

Auch im Übrigen ist ein mißbräuchliches Verhalten der Verfügungsklägerin nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte rügt, sie müsse sich nunmehr in sechs Verfahren wehren, gleichzeitig aber vorträgt, es würden ungefähr 10.000 Anfragen und Beanstandungen pro Monat in Bezug auf Nutzungen bei ihr eingehen.

3.

Ein Verfügungsgrund ist gegeben. Die Verfügungsklägerin hat durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung des Herrn E2 vom 13. Juli 2004 glaubhaft gemacht, dass sie Kenntnis von den auf dem streitgegenständlichen Server liegenden Titeln, an denen ihr Rechte zustehen, erstmals am 5. Mai 2004 erhalten hat. Mit derselben eidesstattlichen Versicherung ist glaubhaft gemacht, dass der Zugang zu diesem Server und den dort gespeicherten Musiktiteln stets über eine Internetverbindung erfolgt ist, die von der E AG zur Verfügung gestellt wurde. Erst nach der durch die E AG erteilten Auskunft vom 21. Mai 2004 wusste die Verfügungsklägerin damit zuverlässig, dass verantwortlicher Internetserviceprovider die Verfügungsbeklagte ist. Vor diesem Hintergrund bestehen keine Bedenken im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit. Dies gilt umso mehr, als die Verfügungsklägerin bzw. der für sie tätige E2 plausibel erläutert haben, weshalb zunächst weitere Test-Downloads durchgeführt worden sind, bevor man sich an die E AG und dann an die Verfügungsbeklagte gewandt hat.

III.

Die Verfügungsklägerin hat gegen die Verfügungsbeklagte einen Anspruch auf Auskunft gemäß § 101a UrhG im Hinblick auf Namen und Anschrift des Nutzers des von ihr zur Verfügung gestellten Internetzugangs, über den der Zugang zu dem ftp-Server ftp:// hergestellt wird.

1.

§ 101a UrhG ist jedenfalls entsprechend auf Auskunftsansprüche hinsichtlich von Urheberrechtsverletzungen mit unkörperlichen Vervielfältigungsstücken anwendbar.

Nach Auffassung der Kammer spricht zunächst vieles für eine unmittelbare Anwendbarkeit. Denn aus dem Wortlaut ist entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten nicht ohne weiteres abzulesen, dass der Anspruch auf körperliche Vervielfältigungsstücke beschränkt sein soll. Derjenige, der einen Download einer digitalen Musikdatei durchführt, stellt damit ein Vervielfältigungsstück des Musikstücks her; derjenige, der Musikdateien zum Download anbietet und den Download zulässt, ist als "Lieferant" ein Vorbesitzer und verbreitet das Musikstück bzw. wirkt jedenfalls maßgeblich an der Verbreitung mit. Auch das Landgericht München I ist der Auffassung, dass § 101a UrhG auch im Falle der Vervielfältigung von nicht körperlichen Gegenständen zur Anwendung kommt. Dies hat es zum einen in der in MMR 2004, 192, abgedruckten Entscheidung vom 7. Mai 2003 dargelegt. Der Entscheidung lagen digitale Fotos zu Grunde, die im Internet verwendet und vervielfältigt worden waren. Bei einer weiteren Entscheidung vom 16. Juli 2003 (vgl. Landgericht München I, ZUM-RD 2003, 607) waren mp3-Musikdateien Gegenstand der Entscheidung, wofür das Landgericht München I die Anwendbarkeit von § 101a UrhG ebenfalls ohne weiteres bejaht hat.

Jedenfalls aber ist § 101a UrhG entsprechend auf unkörperliche Vervielfältigungsstücke wie die vorliegenden mp3-Dateien anwendbar. Zu Recht weist die Verfügungsklägerin auf Wandtke/Bullinger (UrhR, § 101a Rdnr. 1) hin, wo hervorgehoben ist, dass dem Auskunftsanspruch aus § 101a UrhG gerade im Bereich der digitalen Verwertung von Vervielfältigungsstücken im Internet besondere und wachsende Bedeutung zukomme, mithin ohne weiteres von einer Anwendbarkeit insoweit ausgegangen wird. Ferner wird auch bei Dreier/Schulze (UrhG, § 101a Rdnr. 7) befürwortet, dass der Anspruch auf Drittauskunft auch im Bereich der unkörperlichen Werknutzung, wenn schon nicht im Wege einer direkten Analogie, so doch ebenso wie im Wettbewerbsrecht direkt aus § 242 BGB abgeleitet werden könne. Auch im Kommentar von Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., findet sich keine Unterscheidung für die Anwendbarkeit auf körperliche oder unkörperliche Vervielfältigungsstücke. In Anbetracht der Tatsache, dass die Norm im Jahre 1990 in Kraft getreten ist, trifft es zwar sicherlich zu, dass der Gesetzgeber damals vor allem die körperlichen Vervielfältigungen im Auge hatte, da die unkörperliche Vervielfältigung gerade in digitalisierter Form im Internet zu dieser Zeit noch keine Rolle spielte. Auch mag der Gesetzgeber an einer weiteren, möglicherweise auf die besonderen Bedürfnisse der sog. Musik- und Filmpiraterie zugeschnittenen Regelung arbeiten und die rechtspolitische Diskussion insoweit noch nicht abgeschlossen sein. Der Gesetzgeber hat aber im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens bei der Urheberrechtsnovelle 2003 weder im Gesetzestext noch in den Materialien hierzu ausgeschlossen, dass der geltende § 101a UrhG auch auf unkörperliche Gegenstände (entsprechende) Anwendung finden kann. Daran kann auch die Äußerung eines Ministerialsdirektors im Bundesjustizministerium (vgl. die Anlage AG 7, Blatt 420 der Akten) nichts ändern, da das Bundesjustizministerium der Exekutiven und nicht der Legislativen angehört. Aufgrund der dargestellten gleichgelagerten Problematik bei körperlichen und unkörperlichen Vervielfältigungsstücken ist daher von einer Regelungslücke auszugehen, die dem Anliegen des Urheberrechts und insbesondere dem speziell geregelten, über den allgemeinen Auskunftsanspruch hinausgehenden § 101a UrhG nicht entspricht, so dass eine analoge Anwendung von § 101 a UrhG zu bejahen ist.

2.

Die Verfügungsklägerin hat mit der für das einstweilige Verfügungsverfahren erforderlichen Sicherheit glaubhaft gemacht, dass sie Rechtsinhaber an den Musikstücken auf dem Album "N" von H ist. Dies ist zunächst durch die Vorlage der Original-CD "Mensch" glaubhaft gemacht. Auf der Hülle der CD ist u.a. folgender Vermerk: "(c) 2002 Grönland unter exklusiver Lizenz der F GmbH Co. KG" abgedruckt. Daraus folgt, dass die exklusiven Rechte bei der F GmbH Co. KG liegen. Die Verfügungsklägerin hat durch Vorlage von Auszügen aus dem Handelsregister des Amtsgerichts Köln zu HRA 15434 und HRB 1581 glaubhaft gemacht, dass sie von der F GmbH Co. KG in die H GmbH & Co. KG umfirmiert hat. Dies findet seine Bestätigung in der eidesstattlichern Erklärung des Justiziars der Verfügungsklägerin vom 12. Juli 2004.

3.

Eine Rechtsverletzung ist gegeben. Unstreitig werden auf dem streitgegenständlichen ftp-Server illegale MP3-Musikdateien zum Download angeboten. Dadurch, dass dies durch die Zurverfügungstellung der technischen Voraussetzungen für einen schnellen Internetzugang durch die Verfügungsbeklagte geschieht, ist sie jedenfalls an dieser Rechtsverletzung beteiligt. Für den Auskunftsanspruch nach § 101a UrhG ist weder ein Verschulden noch die Rechtswidrigkeit des Verhaltens erforderlich. Voraussetzung ist lediglich, dass ein adäquat-kausaler Beitrag zur Verletzungshandlung geleistet wird. An der Verbreitung hat die Verfügungsbeklagte damit insofern mitgewirkt, als über den von ihr zur Verfügung gestellten Internetzugang illegal die MP3-Musikdateien ausgetauscht werden. Dies geschah auch im geschäftlichen Verkehr, da die Musiktitel jedermann zum Download angeboten werden und nicht nur zum privaten Gebrauch des unbekannten Nutzers auf dem ftp-Server gespeichert werden. Damit ist sie Verletzer im urheberrechtlichen Sinne und haftet auch auf Auskunft gemäß § 101a UrhG.

Die Verfügungsbeklagte kann die Rechtsverletzung auch verhindern, da sie den Anschluss jedenfalls abschalten könnte.

Die hier vertretene Auffassung stützt auch die von der Verfügungsbeklagten erörterte Möbelklassiker-Entscheidung des BGH. Darin hat der BGH zunächst klargestellt, dass auch im Urheberrecht derjenige als Störer zur Unterlassung verpflichtet sein kann, der in irgendeiner Weise - sei es auch ohne Verschulden - willentlich und adäquat kausal zu einer Urheberrechtsverletzung beigetragen hat. Dabei kann als Mitwirkung auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handeln Dritten genügen, sofern der in Anspruch genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (BGH GRUR 1999, 418,419). Diese Definition der (mittelbaren) Störerhaftung stimmt mit der zuvor dargelegten Definition des Verletzers im Sinne von § 101a Urheberrechtsgesetz überein, so dass eine begriffliche Unterscheidung nicht gegeben und auch nicht erforderlich ist.

Der BGH weist des weiteren zu Recht darauf hin, dass - wie die wettbewerbsrechtliche Störerhaftung - diese auch im Urheberrecht nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die dem fraglichen Verbot nicht selbst unterworfen sind. Er hat deshalb in dem entschiedenen Fall die Haftung eines Zeitungsverlages abgelehnt, da zwar der Verlag abgemahnt worden, die Abmahnung aber derart allgemein gehalten gewesen sei, da darin lediglich darauf hingewiesen worden sei, dass "durchweg nur Plagiate bekannter bis berühmter Möbelmodelle des 20. Jahrhunderts" von dem Unternehmen angeboten würden. Er hat dabei gerügt, dass aus der Abmahnung nicht ersichtlich bzw. nicht offensichtlich sei, dass hier eine Urheberrechtsverletzung überhaupt vorliegt bzw. eine eingehende Prüfung jeweils erforderlich ist.

Im vorliegenden Fall ist der Verfügungsbeklagten einzuräumen, dass sie als Access-Provider nur einen relativ geringen Beitrag zur Verletzungshandlung liefert; die Rechtsverletzung begeht sie selbst nicht aktiv und hatte ursprünglich auch keine Kenntnis davon. Eine konkrete Überprüfung, welche Inhalte über den von ihr bereitgestellten Internetzugang vermittelt werden, wird man ihr nicht zumuten können.

Die Situation hat sich indes durch die Abmahnung der Verfügungsklägerin geändert. Denn in dem Abmahnschreiben vom 13. Mai 2004 wird im Einzelnen darauf hingewiesen, dass es sich um einen ftp-Server handelt, der ausschließlich illegale MP3-Dateien zum Download bereitstellt. Es wird ferner die Berechtigung der Verfügungsklägerin an den Musikstücken, exemplarisch an den Liedern auf dem Album "N" von H, dargelegt. Damit ist der Verfügungsbeklagten jedoch eine Tatsachengrundlage zur Kenntnis gebracht worden, die ungleich breiter und detaillierter ist als die in der Möbelklassiker-Entscheidung vom BGH bewertete. Die Verfügungsbeklagte wusste seit der Abmahnung genau, auf welche Art und Weise welche Verletzungshandlungen von ihrem Kunden begangen wurden. Sie wusste mithin exakt, welche Verstöße stattfanden. Vor diesem Hintergrund ist auch bei Anwendung der in der Möbelklassiker-Entscheidung des BGH dargelegten Grundsätze eine Überprüfungspflicht zu bejahen.

4.

Es handelt sich auch um eine offensichtliche Rechtsverletzung im Sinne von § 101a Abs. 3 UrhG. Unstreitig ist, dass von dem streitgegenständlichen ftp-Server illegale MP3-Musikdateien zum Download angeboten werden. Da glaubhaft gemacht ist, dass die Verfügungsklägerin Rechteinhaberin an den Musikstücken ist, ist "eine Fehlentscheidung und damit eine ungerechtfertigte Belastung des Antragsgegners kaum möglich" (vgl. Wandtke/Bullinger, § 101a Urheberrechtsgesetz Rdnr. 7).

5.

Die für Internetprovider durch das TDG in bestimmten Situationen eröffneten Haftungsprivilegien stehen dem Anspruch auf Auskunft der nach § 101 a UrhG nicht entgegen. Grundsätzlich trifft es zu, dass nach der Systematik der §§ 8 bis 11 TDG ein Access-Provider grundsätzlich nur § 9 TDG unterfällt. § 9 TDG rechtfertigt eine Inanspruchnahme der Verfügungsbeklagten nicht, da sie weder die Übermittlung von Daten veranlasst, die Adressaten für die übermittelten Informationen ausgewählt und auch die übermittelten Informationen weder ausgewählt noch verändert hat. Die Argumentation der Verfügungsklägerin zu der Frage, ob nach dem heutigen Stand der Technik und dem Umfang des Angebotes, das moderne Internetserviceprovider, zu denen eindeutig auch die Verfügungsbeklagte zählt, ihren Nutzern zur Verfügung stellen, überhaupt noch eine Unterscheidung zwischen reinen Access-Providern und reinen Host-Providern möglich ist, erscheint der Kammer demgegenüber allerdings bedenkenswert. Es ist überzeugend, die Frage der Haftung als Host-Provider nach § 11 TDG danach zu beurteilen, welche technischen Möglichkeiten dem Provider zur Verfügung stehen. Dies könnte in einem Fall wie dem vorliegenden dazu führen, dass eine Haftung eines Providers wie der Verfügungsbeklagten nach § 11 TDG in Betracht kommt, wie dies die Verfügungsklägerin anschaulich dargelegt hat.

Unabhängig davon folgt die Haftung der Verfügungsbeklagten jedoch aus der vorangeschalteten allgemeinen Norm des § 8 Abs. 2 TDG. § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG schreibt vor, dass Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 9 bis 11 TDG unberührt bleiben. Ein Umkehrschluss, wie ihn offenbar die Verfügungsbeklagte ziehen möchte, dass Auskunftsansprüche nicht gegeben seien, sofern Nichtverantwortlichkeit nach § 9 TDG gegeben sei, ist deshalb unzulässig. Es kommt auf die Frage, ob eine Verantwortlichkeit nach § 9 TDG gegeben ist, nicht an bzw. ist eine solche Verneinung der Verantwortlichkeit gerade Voraussetzung dafür, dass nach den allgemeinen Gesetzen zu beurteilen ist, ob unabhängig davon ein (Auskunfts-) Anspruch begründet ist. ´

Es steht auch nicht einer Anwendung von § 101a Urheberrechtsgesetz entgegen, dass § 8 Abs. 2 TDG die Verpflichtung zur "Entfernung oder Sperrung" der Beurteilung durch die allgemeinen Gesetze unterwirft, nach seinem Wortlaut aber nicht auch die Frage eines Auskunftsanspruch. Der Anspruch auf Auskunft ist stets nur dem eigentlich verfolgten Begehren vorgeschaltet. Denn in vielen Lebensbereichen ist die Durchsetzung von Ansprüchen nur möglich, wenn der Berechtigte in die Lage versetzt wird, sich Informationen über ihm unbekannte Verhältnisse und Vorgänge zu verschaffen. Deswegen besteht weitgehend Einigkeit, dass ein Auskunftsanspruch lediglich ein Hilfsanspruch im Verhältnis zum eigentlich verfolgten Hauptanspruch ist (vgl. nur Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 62. Aufl., § 261 Rdnr. 95). Auch § 101a UrhG ist Ausprägung dieses allgemeinen Prinzips, da der Gesetzgeber mit ihm die bestehenden Auskunftsansprüche nicht etwa neu definieren, sondern lediglich erweitern wollte, weil er sie zur Bekämpfung der zunehmenden Schutzrechtsverletzungen nicht für ausreichend hielt (vgl. Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., § 101a, Rdnr. 2). Werden aber Ansprüche auf Entfernung oder Sperrung ausdrücklich zugelassen, muss dies erst recht für den einen solchen Anspruch vorbereitenden Hilfsanspruch auf Auskunft gelten.

6.

Die Verpflichtung zur Auskunft ist auch nicht unverhältnismäßig. Der Gesetzgeber hatte durch die Fassung der Regelung von § 101a UrhG bereits zum Ausdruck gebracht, dass er grundsätzlich dem Interesse des Schutzrechtsinhabers auf Auskunftserteilung zur effektiven Rechtsverfolgung den Vorrang gibt vor dem Schutz des Verletzers an einem Verschweigen seiner Vertriebskanäle. Daher wird eine Unverhältnismäßigkeit nur selten vorliegen und vor allem bei Missbräuchen zu Ausforschungszwecken Anwendung finden. Die Formulierung des Gesetzes weist zudem daraufhin, dass die Darlegungs- und Beweislast beim Verletzer liegt (vgl. Wandtke/Bullinger, § 101a Rdnr. 5). Missbrauch oder Ausforschung kann dem Begehren der Verfügungsklägerin indes nicht vorgeworfen werden. Die Parteien sind sich letztlich einig, dass das dem Begehren der Verfügungsklägerin zu Grunde liegende Interesse in der Verhinderung der so genannten Internetpiraterie liegt und dieses anerkennenswert ist. Die Parteien streiten lediglich darum, ob nach heutigem Recht der Verfügungsklägerin und vergleichbaren Unternehmen Ansprüche gegen Internetprovider zustehen, die auf die beschriebene Art und Weise ihren Beitrag zu der Verbreitung von illegalen Vervielfältigungsstücken leisten.

Die Verfügungsklägerin hat auch keine andere Möglichkeit, die Identität des ihr unbekannte Nutzers zu ermitteln. Denn die von der Verfügungsbeklagten selbst vorgenommene whois-Abfrage weist auf eine in den USA ansässige Verwalterfirma für die homepage www. hin, woraus sich keine Rückschlüsse auf Benutzer ziehen lassen. Demgegenüber kann die Verfügungsbeklagte die Auskunft leicht erteilen: sie kennt den Nutzer und kann ihn darüber hinaus auch bei jeder Einwahl identifizieren.

Der Verhältnismäßigkeit der Verpflichtung der Verfügungsbeklagten zur Auskunft steht auch nicht entgegen, dass die Verfügungsklägerin u. U. im Rahmen eines Strafverfahrens, dass sie möglicherweise auch noch selbst im Hinblick auf die Strafvorschriften aus §§ 106 ff. UrhG durch Strafanzeige bzw. Stellung eine Strafantrages bei der zuständigen Staatsanwaltschaft einleiten kann, durch Akteneinsicht über die Identität des Nutzers Auskunft erlangen kann. Würde die Verfügungsklägerin auf diesen Weg verwiesen, würde ihr effektiver Rechtsschutz aus verschiedenen Gründen verwehrt. Zum einen wäre sie darauf angewiesen, dass die Staatsanwaltschaft es im Rahmen ihres Ermittlungsverfahrens für erforderlich hält, von der Verfügungsbeklagten die entsprechenden Daten abzufragen. Darüber hinaus wäre sie weiterhin davon abhängig, dass die Staatsanwaltschaft ihr zu einem frühen Zeitpunkt des Ermittlungsverfahrens Akteneinsicht gewährt und dies nicht etwa im Hinblick auf das laufende Ermittlungsverfahren und das aus Sicht der Staatsanwaltschaft möglicherweise bestehende Geheimhaltungsbedürfnis ablehnt. Schließlich ist völlig offen, wie schnell ein derartiges Ermittlungsverfahren zu der Ermittlung der Personendaten des Nutzers führen würde.

7.

Auch datenschutzrechtliche Bestimmungen stehen dem Auskunftsanspruch nicht entgegen. Zwar ist richtig, dass § 5 TDDSG in Besonderheit die Bestandsdaten schützt. Die Rechtsauffassung der Verfügungsbeklagten, dass auf Grund von § 5 Satz 2 TDDSG derartige Bestandsdaten über den in Satz 1 ausdrücklich dargestellten Benutzungsumfang hinaus lediglich für Strafverfolgungsbehörden und Gerichte zulässig sind, teilt die Kammer nicht. Denn anders als die Beklagte es vorträgt, ist in § 160 Abs. 4 StPO eine Sperre für die Datennutzung insoweit eingebaut, als dass Maßnahmen unzulässig sind, soweit besondere bundesgesetzliche oder entsprechende landesgesetzliche Regelungen entgegenstehen. Der Gesetzgeber hat deswegen in der Begründung (vorgelegt von der Verfügungsklägerin als Anlage A 18, Blatt 125, 129 der Akten) ausgeführt, dass unmissverständlich klargestellt werden solle mit § 5 Satz 2 TDDSG, dass jedenfalls diese Behörden weiterhin Zugriff haben sollen. Eine derartige Sperre gibt es indes für die allgemeinen Gesetze nicht. Dies hat der Gesetzgeber ebenfalls ausgeführt, indem er in der Begründung zu § 5 TDDSG (Blatt 128 der Akten) auf die Spezialität der gesetzlichen Erlaubnistatbestände im TDDSG hinweist und dann ausführt, dass eine weitergehende Verarbeitung und Nutzung nur unter den Voraussetzungen von § 3 Abs. 2 TDDSG zulässig sei. Die Heranziehung weitergehender, allgemeiner Gesetze zur Weitergabe bzw. Nutzung von Daten ist damit ausdrücklich erlaubt. Auf Grund dieser Begründung des Gesetzgebers sieht die Kammer keine Möglichkeit, § 5 als lex specialis zu § 3 TDDSG anzusehen.

8.

Nach Auffassung der Kammer kommen die Vorschriften über den Datenschutz im Telekommunikationsrecht im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung. Die Kammer folgt vielmehr der Argumentation von Kitz (vgl. GRUR 2003, 1014, 1018), wonach die besseren Gründe dafür sprechen, die Provider nur dem extra für sie geschaffenen Telediensterecht zu unterwerfen: Gegen eine Anwendung auch von TKG und TDSV spricht maßgeblich, dass hier nicht die reine Datenübertragung, sondern eine spezifische Dienstleistung im Vordergrund steht. Sie liegt in der zum Verbindungsaufbau notwendigen Protokollfunktion und der Vergabe der IP-Nummern. Dies rechtfertigt es, den Zugangsvermittler - jedenfalls soweit es nicht um die während der Nutzung übertragenen Daten selbst geht - ausschließlich dem Telediensterecht zu unterstellen (Kitz aaO.). Für diese Auffassung spricht ferner, dass die beiden Datenschutzregeln sich inhaltlich nicht vollständig entsprechen, so dass eine nach TDDSG zulässige Verwendung von Daten durch die TDSV möglicherweise nicht zugelassen wäre oder andersherum. Deshalb sind die jeweiligen Dienstleister dem speziell auf sie zugeschnittenen Recht zu unterwerfen und nicht auch dem sie nur am Rande betreffenden Recht der parallelen Regelung. Vorliegend ist die Beklagte - jedenfalls vorwiegend - Access-Provider und es geht um die personengebundenen Daten des Nutzers, nicht aber um die während der Nutzung übertragenen Daten.

9.

Desweiteren beruft sich die Beklagte auf das Fernmeldegeheimnis, § 85 TKG a.F. bzw. § 88 TKG n.F.. Zutreffend ist zunächst, dass § 8 Abs. 2 TDG die Wahrung des Fernmeldegeheimnisses den Anbietern von Telediensten ausdrücklich auferlegt. Dies ist sicherlich konsequent, da jedenfalls Host-Provider darunter fallende Daten nutzen/verarbeiten etc.. Von dem in § 85 TKG a.F. bzw. § 88 TKG n.F. geregelten Fernmeldegeheimnis wird geschützt zum einen - selbstverständlich - der Inhalt der Telekommunikation selbst. Darüber hinaus sind geschützt die näheren Umstände der Telekommunikation, unter denen eine individuelle Nachrichtenübermittlung stattfindet, die so genannten Verbindungsdaten (vgl. Beck'scher TKG Kommentar, 2. Aufl., § 85 Rn 2, 3). Internetserviceprovider unterliegen dem Fernmeldegeheimnis indes nur insoweit, als sie E-mail-Service oder Internettelefonie anbieten (vgl. Beck'scher TKG Kommentar, 2. Aufl., § 85 Rn 4). Um E-mail-Service oder Internettelefonie und die dabei entstehenden oder genutzten Daten geht es jedoch im vorliegenden gerade nicht, sondern um die Daten des Nutzers selbst. Zwar war die Klägerin mit dem Nutzer bei den Test-Downloads verbunden. Zum einen geschah dies aber weder über E-mail-Service oder Internettelefonie und zum anderen begehrt die Klägerin die Auskunft des Anschlussinhabers unabhängig davon, dass sie mit ihm im Rahmen eines - lediglich zur Beweissicherung durchgeführten - Test-Downloads verbunden war.

Dem steht auch nicht das Argument der Verfügungsbeklagten entgegen, dass sie die Daten anhand der von der Verfügungsklägerin ihr übermittelten IP-Nummern zunächst überprüfen müsse, um anhand dieser dann die persönlichen Daten des Nutzers feststellen zu können. Erfolgt die Prüfung auf diese Art und Weise, ist es sicherlich richtig, dass damit Daten betroffen sind, die auch im Zusammenhang mit der konkreten Verbindung stehen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Verbindungsdaten im Sinne des Telekommunikationsgesetzes, da sie weder den Inhalt der Telekommunikation noch die näheren Umstände der einzelnen Nachrichtenübermittlung betreffen, sondern um Bestandsdaten. Bestandsdaten betreffen dagegen nicht die näheren Umstände des Telekommunikationsvorganges und unterfallen daher nicht dem Fernmeldegeheimnis (vgl. Beck'scher TKG Kommentar, 2. Aufl., § 85 Rn 3).

10.

Schließlich steht dem Auskunftsanspruch auch nicht die von der Verfügungsbeklagten heraufbeschworene Gefahr entgegen, dass sie sich im Falle der Auskunftserteilung einer bußgeldbewehrten Ordnungswidrigkeit nach § 9 TDDSG oder gar einer Straftat wegen Verstoßes gegen das Fernmeldegeheimnis schuldig machen würde. Dass ein Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis nicht vorliegt, ist vorstehend dargelegt worden. Unerfreulich ist in der Tat, dass das Regierungspräsidium Darmstadt der Verfügungsbeklagten ein Ordnungswidrigkeitenverfahren angedroht hat, unabhängig von der Frage, wie die zivilrechtliche Lage von den zu deren Beurteilung zuständigen Zivilgerichten eingeschätzt wird. Dennoch kann dies an der Zumutbarkeit der Auskunftserteilung nicht ändern. Denn es droht keinesfalls die Verhängung einer Geldbuße, wenn die Verfügungsbeklagte auf Grund eines rechtskräftigen Zivilurteils die Auskunft erteilt.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit unterbleibt. Urteile in einstweiligen Verfügungssachen sind bereits ihrer Natur nach vollstreckbar, sodass es eines besonderen Ausspruchs hierüber nicht bedarf. Ebenso wenig sind bestätigende Urteile für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Bei bestätigenden Urteilen bleibt es bei der Vollstreckbarkeit der Vorentscheidung, da diese nur wiederholt wird (vgl. Zöller/Herget § 708 Rdnr. 8).


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