Gesellschaftsrecht: Haftungsverschärfung bei der BGB-Gesellschaft - neue Rechtsprechung des BGH
von Rechtsanwalt Marcus Beckmann und Rechtsanwältin Anke Norda

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (kurz: GbR), auch BGB-Gesellschaft genannt, ist eine flexible Rechtsform, die sich bei entsprechender Ausgestaltung gerade auch im unternehmerischen als Rechtsform für die Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen bewährt hat. Sie ist darüber hinaus eine gängige Rechtsform für den Zusammenschluss von Freiberuflern. In den vergangenen Jahren hat die Rechtsprechung einen Wandel vollzogen und die GbR immer mehr den klassischen Handelsgesellschaften angenähert. So bejaht die Rechtsprechung schon seit einigen Jahren eine eigene Rechtsfähigkeit der GbR, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet. In diesem Jahr hat der Bundesgerichtshof in zwei Entscheidungen diese Tendenz erneut bestätigt und zugleich weiter ausgebaut.

Zurechnung der deliktischen Haftung der Gesellschafter
Mit Urteil vom 24.2.2003 Az. II ZR 385/99 hat der BGH festgestellt, dass auch deliktische Handlungen der geschäftsführenden Gesellschafter entsprechend § 31 BGB der Gesellschaft zugerechnet werden. Damit haften die Gesellschafter einer GbR auch dann mit Ihrem Privatvermögen, wenn ein geschäftsführender Gesellschafter bei Ausführung der ihm obliegenden Aufgaben, einen Schaden verursacht. Bisher hat die Rechtsprechung, anders als bei der KG oder OHG, eine Haftung der Gesellschafter in analoger Anwendung von § 31 BGB immer abgelehnt. Begründet wird der Wandel zunächst mit dem gewandelten Verständnis der GbR als eigene Rechtspersönlichkeit. Ferner sei die Zurechnung den übrigen Gesellschaftern auch zumutbar, weil diese ihre geschäftsführenden Gesellschafter auswählen. Für die Ausdehnung auf gesetzliche Verbindlichkeiten spricht insbesondere der Gedanke des Gläubigerschutzes. Anders als bei rechtsgeschäftlicher Haftungsbegründung können sich die Gläubiger bei einer gesetzlichen Verbindlichkeit ihre Schuldner nicht aussuchen. Letztlich ist die Entscheidung nur konsequent. Es spricht allerdings vieles dafür, die Haftung nur auf die unternehmerisch tätige GbR zu beschränken.

Haftung neu eingetretender Gesellschafter für Altverbindlichkeiten
Der Bundesgerichtshofs hat nunmehr mit Entscheidung vom 7. April 2003 - II ZR 56/02 ebenso festgestellt, dass ein Neugesellschafter bei seinem Eintritt in die GbR für alle bereits bestehende Verbindlichkeiten der Gesellschaft neben den bisherigen Gesellschaftern persönlich, d.h. mit seinem Privatvermögen haftet. Nach bisheriger Rechtsprechung haftete ein neu eintretender Gesellschafter nicht für Altverbindlichkeiten der GbR. Dies läuft auf eine analoge Anwendung von § 130 HGB hinaus. Die vollständige Entscheidungsbegründung liegt noch nicht vor. Allerdings ist der Pressemitteilung des BGH zu entnehmen, dass das Gericht seine Ansicht wiederum auf das gewandelte Verständnis der Rechtsnatur der GbR und auf Aspekte des Gläubigerschutzes stützen wird. Das Gericht hat die Frage offengelassen, ob diese Grundsätze auch uneingeschränkt bei Altverbindlichkeiten von Freiberuflerzusammenschlüssen, insbesondere bei beruflichen Haftungsfällen, gelten. Der Gesetzgeber hat in § 8 PartGG insoweit eine andere Wertung getroffen, die möglicherweise auch für Freiberufler-GbRs gelten. Danach haften bei beruflichen Haftungsfällen nur diejenignen Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen, die mit der jeweiligen Sache befasst waren. Die weiter Entwicklung bleibt insoweit abzuwarten.

Praktische Auswirkungen
Die Entscheidungen sind zukünftig sowohl bei der Wahl der Rechtsform als auch bei der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages zu berücksichtigen. Bei der Auswahl der geschäftsführenden Gesellschafter muss daher noch größere Sorgfalt an den Tag gelegt werden. Im Außenverhältnis lässt sich die Haftung nicht beschränken. Lediglich im Innenverhältnis lassen sich zusätzliche Regress- und Haftungsfreistellungsansprüche vereinbaren.

Wer zukünftig als Gesellschafter in eine GbR eintritt, sollte sich über mögliche Altverbindlichkeiten informieren, damit er vor bösen Überraschungen gefeit ist. Der Grundsatz der persönlichen Haftung des Neugesellschafters für vor seinem Eintritt begründete Verbindlichkeiten der Gesellschaft gilt – so der BGH ausdrücklich - aus Gründen des Vertrauensschutzes erst für künftige Beitrittsfälle.



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