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OLG Hamm: Werbung im Internet mit nicht lieferbarer Ware wettbewerbswidrig

OLG Hamm,
Urteil vom 17.03.2009
4 U 167/08

Mit diesem Urteil hat das OLG Hamm klargestellt, dass die Werbung in einem Online-Shop mit nicht lieferbarer Ware wettbewerbswidrig ist:

"Denn der Verkehr geht grundsätzlich davon aus, dass der Händler auch im Internetversandhandel unverzüglich liefern kann (BGH GRUR 2005, 690 – Internet-Versandhandel). Kann er das nicht, muss der Händler genau angeben, wann und wie er liefern kann. Die entsprechenden aufklärenden Hinweise müssen den Kunden genau darüber informieren, ob und wann er mit der beworbenen Ware rechnen kann."

Auch der Hinweis "Lieferzeit auf Nachfrage" ist - so das Gericht - nicht geeigent den Wettbewerbsverstoß auszuräumen. Das Gericht führt aus:

"Dass nur diese mehr oder weniger ungewisse Lieferquelle besteht, geht aus der angegriffenen Werbung aber nicht hervor. Dort steht als aufklärender Hinweis nur "Lieferzeit auf Nachfrage". Das kann der Kunde aber nur so verstehen, dass es Lieferfristen gibt. Der Hinweis schränkt das Angebot aber nicht derart ein, dass eine Lieferung überhaupt fraglich ist, dass die Beklagte also bei Schaltung der Anzeige noch keine gesicherte Lieferbeziehung hat. Die Beklagte kann eben nicht sicher auf Vorräte bei sich oder anderen Firmen zugreifen. Die Lieferbarkeit durch die Beklagte ist eben nicht nur eine Frage der Zeit, sondern auch eine Frage, ob die Beklagte sich die beworbenen Matratzen überhaupt beschaffen kann."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Die Berufung der Beklagten gegen das am 25. August 2008 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es am Ende des Verbotstenors heißt: „wie geschehen in der Internetwerbung der Beklagten gemäß Anlage K3, Bl. 15 – 17 der Akten.“
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000,00 Euro abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:
Die Klägerin vertreibt als Großhändlerin über diverse Einzelhändler Matratzen. Die Beklagte vertreibt über das Internet unter der Anschrift [Internetadresse] gleichfalls Matratzen. In ihrer Internetwerbung bietet sie unter anderem Kaltschaum-Matratzen der Klägerin an.

Solche Matratzen werden von der Klägerin nicht an die Beklagte geliefert. Die Beklagte betreibt keine Vorratshaltung. Sie bezog in der Vergangenheit Matratzen aus der Produktion der Klägerin über ihre Schwestergesellschaften C1 GmbH und I GmbH. Auch diese Gesellschaften werden von der Klägerin nicht mehr beliefert. Hierüber sind Rechtsstreitigkeiten zwischen der Klägerin und den genannten Gesellschaften vor dem Landgericht Berlin und dem Amtsgericht Wismar anhängig. Die Klägerin weigert sich, Bestellungen der Beklagten, der C1 GmbH und der I GmbH vom 12.06.2007 (Bl. 82 bis 84 d.A.) auszuführen.
In ihrer Internetwerbung wird von der Beklagten für insgesamt 116 verschiedene Matratzen-Typen aus der Produktion der Klägerin geworben. Hierbei geht die Beklagte in der Weise vor, dass sie nach Benennung des Produktes und des Preises in Klammern nachfügt: "Lieferzeit auf Nachfrage." Die Beklagte legt Bestellungen ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugrunde. In diesen wird unter der Rubrik "Lieferung" u.a. ausgeführt: "Die Lieferungen erfolgen, soweit die Ware vorrätig ist, innerhalb von 5 Werktagen nach Vertragsschluss. ... Sollten Artikel kurzfristig nicht lieferbar sein, wird der Besteller von der T GmbH über den voraussichtlichen Liefertermin informiert. Die Verpflichtung zur Lieferung entfällt, wenn wir selbst nicht richtig und rechtzeitig beliefert werden. ..." Zu weiteren Einzelheiten der Werbung wird auf Bl. 15 bis 16 d.A. Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte werbe für N-Produkte,obwohl sie diese nicht liefern könne. Die Beklagte versuche auf diese Weise, Kaufinteressenten anzulocken. Diesen werde dann mitgeteilt, dass man Matratzen aus der Produktion der Klägerin nicht oder nicht innerhalb einer absehbaren Frist liefern könne, weil die Klägerin vertraglichen Lieferverpflichtungen nicht nachkomme. Kaufinteressenten würden dann alternative Produkte angeboten, die von der Beklagten lieferbar seien. Bei einigen Interessenten sei auch so verfahren worden, dass die Beklagte sich durch ihre Mitarbeiter abträglich zur Qualität der Matratzen der Klägerin geäußert habe, um sodann vermeintlich bessere Alternativprodukte zu offerieren.

Hierzu behauptet die Klägerin:

Am 12.12.2007 habe ein Mitarbeiter der Beklagten bei einem Besteller T1 angerufen und diesem gegenüber behauptet, die bestellte Matratze der Klägerin sei zu dünn und ungeeignet.

Am 04.01.2008 habe die Mitarbeiterin C2 der Beklagten den Kaufinteressenten C3 eine Bestellung der N-Matratze mit der Anmerkung auszureden versucht, die Bewertung durch die Stiftung Warentest sei unangemessen günstig ausgefallen.

Am 11.01.2008 habe die gleiche Mitarbeiterin gegenüber dem Besteller T2 behauptet, die bestellte N-Matratze werde von der Beklagten wegen mangelhafter Qualität nicht mehr ausgeliefert.

In der Folgezeit sei gegenüber den Kaufinteressenten A und I1 erklärt worden, die bestellten N-Maratzen könnten nicht ausgelierfert werden, weil die Klägerin vertraglichen Lieferverpflichtungen nicht nachkomme.

Die Klägerin hat zunächst in der Klageschrift als Klageantrag angekündigt,

die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen,
Matratzen der Marke N, insbesondere die 7-Zonen Kaltschaum-Matratze, zu bewerben, sofern sie die Ware nicht bevorratet hat und/oder nicht sofort liefern kann, es sei denn, sie weist auf die konkreten Lieferfristen hin.
Mit Schriftsatz vom 26. Juni 2008 hat die Klägerin ihr Verbotsbegehren wie folgt umformuliert:
Die Beklagte wird unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen,
Matratzen der Marke N, insbesondere die 7-Zonen Kaltschaum-Matratze, im Internet zu bewerben und/oder anzubieten, sofern sie die Ware nicht bevorratet hat oder diese nicht sofort liefern kann, es sei denn, sie weist auf die konkreten Lieferfristen hin.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 9. Juli 2008 hat die Klägerin diesen Antrag mit der Maßgabe gestellt, dass formuliert werden soll:
"wenn sie diese nicht innerhalb ihrer in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgelegten Regellieferfristen oder in einer in der Internetwerbung mitgeteilten abweichenden Frist liefern kann".

Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Klage bereits als unzulässig erachtet, weil der Klageantrag zu unbestimmt und zudem zu weit gefasst sei.

Sie sei nicht verpflichtet, Kaufinteressenten über eine fehlende oder unzureichende Vorratshaltung aufzuklären, wenn sie in der Lage sei, gleichwertige Alternativprodukte anzubieten. Die Klägerin habe aber nicht dargetan, inwiefern die Werbung der Beklagten geeignet sei, bei den Kaufinteressenten irrige Vortellungen über Liefermöglichkeiten und Lieferfristen hervorzurufen. Die einschränkende Formulierung "Lieferzeit auf Nachfrage" könne aufgrund ihres klaren Sinngehaltes keine irrigen Vorstellungen bei den Kaufinteressenten hervorrufen. Diese Formulierung werde auch durch ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht relativiert. Sie nehme die Werbung mit Produkten der Klägerin auch nicht bewusst vor, um Kunden anzulocken und diesen dann alternative Produkte verkaufen zu können.

Die von der Klägerin geschilderten Einzelvorgänge seien sachlich unrichtig dargestellt. So treffe es nicht zu, dass die Beklagte sich durch ihre Mitarbeiter nachteilig zur Produktqualität geäußert habe. Dem Besteller T2 sei am 11.01.2008 nur deshalb ein Alternativprodukt angeboten worden, weil seine Bestellung einer N-Matratze wegen eines Computerversagens zuvor nicht ordnungsgemäß registriert worden sei. Dem Kaufinteressenten C3 sei am 04.01.2008 nur deshalb eine andere Matratze angeraten worden, weil der Mitarbeiterin der Beklagten eine Matratze aus der Produktion der Klägerin wegen der Körpergröße und des Gewichts des potentiellen Käufers nicht als geeignet erschienen sei. Bestellungen der Kunden I2 und T3 seien nicht wegen der Lieferschwierigkeiten, sondern deshalb nicht ausgeführt worden, weil sie von der Beklagten als Testkäufer erkannt worden seien. Die Beklagte habe schließlich keine Behauptungen dahingehend aufgestellt, die Klägerin komme eigenen Lieferverpflichtungen gegenüber der Beklagten nicht nach.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 25. August 2008 die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen,
Matratzen der Marke N, insbesondere die 7-Zonen Kaltschaum-Matratze, zu bewerben, wenn sie diese nicht innerhalb von 5 Werktagen nach Vertragsschluss oder nicht innerhalb einer in der Internetwerbung mitgeteilten abweichenden Frist liefern kann oder in der Internetwerbung nicht klar stellt, dass sie mangels Bevorratung zur Möglichkeit und zum Zeitpunkt einer Auslieferung keine Aussagen treffen kann.
Soweit der Verbotstenor hinter dem Klageantrag zurückbleibt, hat das Landgericht ein teilweises Unterliegen der Klägerin gesehen und die Klage deshalb insoweit als unbegründet abgewiesen.
Wegen des Inhaltes des Urteils im Einzelnen wird auf Bl. 116 f. d.A. verwiesen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie die vollständige Abweisung der Klage erstrebt.

Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages meint die Beklagte, dass das Landgericht den Streitgegenstand verkannt und über einen von der Klägerin nicht zur Entscheidung gestellten Streitgegenstand unter Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten entschieden habe. Zudem habe das Landgericht der Beklagten keine Gelegenheit gegeben, zum Schriftsatz der Klägerin vom 5. August 2008 Stellung zu nehmen. Der Verbotstenor gehe über das beantragte Unterlassungsbegehren der Klägerin sogar hinaus. Er sei zu weit gefasst, da er auch zulässige Wettbewerbshandlungen erfasse. Das Landgericht habe den Verbotstenor auf die Erstbegehung gestützt, obwohl die Klägerin sich ausschließlich gegen die Wiederholung eines in der Vergangenheit liegenden als wettbewerbswidrig angesehenen Verhaltens gewandt habe. Dies sei ein anderer Streitgegenstand als der vom Landgericht beschiedene. Davon abgesehen seien auch die Voraussetzungen für einen auf eine Erstbegehungsgefahr gestützten Unterlassungsanspruch nicht substantiiert dargelegt worden. Damit verstoße das Urteil insgesamt gegen § 308 Abs. 1 ZPO. Denn die Klägerin habe etwas zugesprochen bekommen, was sie nicht beantragt habe.

Die Beklagte habe auch nicht unstreitig gestellt, dass sie keine Möglichkeit habe, die von ihr beworbenen Produkte der Klägerin zu beziehen. Sie habe sich auch nicht berühmt, gegenüber Endverbrauchern auch dann in der aus Anlage K3 ersichtlichen Weise im Internet für den Kauf von N-Matratzen zu werben, wenn sie keine Möglichkeit habe, die beworbene Ware zu beschaffen. Auch wenn die Klägerin die Schwestergesellschaften der Beklagten nicht mehr beliefere, seien sowohl die I GmbH als auch die C1 GmbH in der Lage, über den Zwischenhandel sämtliche N-Matratzen zu beschaffen, wie die Vergangenheit gezeigt habe, auch wenn in einzelnen Fällen eine unverzügliche Lieferung nicht habe erfolgen können. Da der unverzügliche Versand nicht aller von ihr angebotener Matratzen gesichert sei, weise sie stets darauf hin, dass über die Lieferzeit nur auf Nachfrage Auskunft erteilt werden könne. Sie sei jedenfalls in der Lage, auf konkrete Nachfrage Lieferfristen für alle von ihr angebotenen 116 Matratzen der Klägerin zu benennen und die Nachfrage über die I GmbH zu befriedigen (Beweis: Rainer Kreutz, vgl. Bl. 228 d.A.).

Vorsorglich erhebt die Beklagte im Hinblick auf den mit einer Wiederholungsgefahr begründeten Unterlassungsanspruch die Einrede der Verjährung.

Darüber hinaus rügt die Beklagte, dass das Landgericht nicht nur über einen nicht zur Entscheidung gestellten Streitgegenstand entschieden habe, sondern dass es zudem den Klageantrag eigenständig verändert habe, statt den Klageantrag abzuweisen, weil er auch zusätzliche Wettbewerbshandlungen umfasst habe. Das nun ausgesprochene Verbot gehe über das beantragte Unterlassungsbegehren hinaus.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Essen vom 25. August 2008, AZ. 44 O 24/08, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die gegnerische Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass es am Ende des Verbotstenors heißt: "Wie geschehen in der Internetwerbung der Beklagten gemäß Anlage K3, Bl. 15 bis 17 d.A.".
Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages ist die Klägerin der Ansicht, dass die Tenorierung des Landgerichts nicht über ihr Begehren hinaus gehe und folglich auch nicht gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoße.

Es sei irreführend, im Internet für eine Ware zu werben, die nicht in angemessener Menge zur Befriedigung der zu erwartenden Nachfrage zur Verfügung stehe. Der Verbraucher erwarte in der Regel, dass die beworbene Ware unverzüglich versandt werden könne, unabhängig davon, ob der Werbende die Ware selbst vorrätig halte oder sie bei einem Dritten abrufen könne. Die Beklagte unterhalte keinen Vorrat hinsichtlich der 116 Produkte der Klägerin. Ihr sei ein Abruf bei Dritten ebenfalls nicht möglich. Denn die Schwestergesellschaften der Beklagten würden von der Klägerin gleichfalls nicht beliefert. Auch von dritten Unternehmen werde die Beklagte mit Waren der Klägerin nicht beliefert, ebenso wenig wie ihre Schwestergesellschaften.

Der verständige Verbraucher verstehe die Formulierung "Lieferzeit auf Nachfrage" aber dahin, dass eine grundsätzliche Verfügbarkeit des Produkts bestehe. Diese Suggestion eines Warenvorrates sei aber falsch. Ebenso irreführend sei die Ankündigung einer Lieferung binnen fünf Werktagen. Dies habe die Beklagte wohl selbst erkannt und insoweit ihren Internetauftritt geändert.

Wegen des Inhaltes der Parteivorträge im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat eine Irreführung im Ergebnis zu Recht bejaht.
Es geht im vorliegenden Prozess allein um die Internetwerbung der Beklagten, mit der sie Matratzen der Klägerin anbietet mit dem Zusatz "Lieferzeit auf Nachfrage". Diese Werbung hat die Klägerin als irreführend angegriffen, weil die Beklagte die beworbenen Matratzen, insgesamt 116 Artikel, in Wahrheit nicht liefern könne.
Damit liegt entgegen der Ansicht der Beklagten auch ein schlüssiger Irreführungsvorwurf vor.
Bei den von der Klägerin darüber hinaus geschilderten einzelnen Kaufversuchen handelt es sich nicht um eigenständige Tatvorwürfe, die die Klägerin gesondert verfolgen will. Diese Fälle sollen nur belegen, dass die Beklagte entgegen ihrer Werbung tatsächlich die Matratzen der Klägerin nicht liefern kann. Folglich ist auch der Hinweis des Landgerichts, dass es nur im Hinblick auf die Internetwerbung örtlich zuständig sei, gemessen am Verbotsbegehren der Klägerin ohne Bedeutung gewesen.

Das Verbotsbegehren ist auch hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Ziffer 2 ZPO, nachdem die Klägerin auf Anregung des Senats durch den Maßgabezusatz die allein beanstandete Internetwerbung als die konkrete Verletzungsform in den Verbotsantrag aufgenommen hat.

Dieser so gefasste Verbotsausspruch verstößt auch nicht gegen § 308 Abs. 1 ZPO. Danach darf das Gericht einer Partei nicht zusprechen, was diese nicht beantragt hat. Ein solcher Fall liegt hier schon deshalb nicht vor, weil sich die Klägerin durch ihren Antrag, die Berufung zurückzuweisen, die ausgeurteilte Verbotsfassung mit dem Maßgabezusatz zu Eigen gemacht hat (Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 6. Auflage Kap. 29 Rz. 10 mit weiteren Nachweisen). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der vom Landgericht ausgeurteilte Verbotstenor das Verbotsbegehren der Klägerin getroffen hat. Die früheren Verbotsfassungen der Klägerin sind durch die Neufassung der Verbotsformel ohnehin gegenstandslos geworden.

Auch die Verbotszusätze nehmen dem ausgeurteilten Verbot nicht seine hinreichende Bestimmtheit. Sie zeigen der Beklagten nur Wege auf, wie sie eventuell aus dem Verbot herauskommen kann. Wie im Senatstermin erörtert, erstrebt die Klägerin kein Schlechthinverbot. Sie kann und will der Beklagten die Bewerbung ihrer Matratzen nicht schlechthin verbieten, unabhängig von deren Lieferfähigkeit. Wie dargelegt soll das begehrte Verbot nur den irreführenden Charakter der angegriffenen Internetwerbung bekämpfen. Dem trägt das ausgeurteilte Verbot jedenfalls durch die Bezugnahme auf die Internetwerbung als konkrete Verletzungsform ausreichend Rechnung. Auch die Zusätze schränken dieses Verbot der konkreten Verletzungsform nicht ein. Denn bei dieser Verletzungsform sind die in den Zusätzen angesprochenen Sachverhalte ja gerade nicht gegeben. Die Zusätze geben damit nur die Ansicht der Klägerin wieder, unter welchen Umständen sie eine Irreführung als nicht gegeben ansehen würde.

Das damit allein auf die Internetwerbung gerichtete Verbotsbegehren der Klägerin ist auch begründet, und zwar nach UWG alter wie neuer Fassung.

Zu Unrecht stützt sich das Landgericht allerdings für die Tatzeit auf eine analoge Anwendung des § 5 Abs. 5 UWG a.F. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift ist mangels einer Regelungslücke kein Raum. Das Landgericht sieht zwar richtig, dass diese Vorschrift hier nicht passt. Denn sie ist auf den speziellen Fall des Lockvogelangebotes zugeschnitten, dass eine Ware besonders billig angeboten wird, die Kaufwünsche mangels ausreichender Bevorratung aber schon bald nicht mehr befriedigt werden können, wenn etwa bei einer Handelskette in jeder Filiale nur ein oder zwei der beworbenen Produkte vorhanden sind (vgl. Piper/Ohly UWG § 5 Rz. 244, 678 f.).

Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um ein Lockvogelangebot in diesem klassischen Sinne. Die Klägerin wirft der Beklagten vielmehr vor, überhaupt nicht liefern zu können. Dieser Fall wird bereits von § 5 Abs. 2 Ziffer 1 UWG a.F. erfasst, wo der Irrtum über die Verfügbarkeit der Ware sogar an erster Stelle steht (Fezer/Peifer UWG § 5 Rz. 258).

Diese Irreführung hat die Beklagte mit ihrer Einlassung auch nicht ausräumen können. Die Beklagte behauptet zwar unter Zeugenbeweisantritt, dass sie die beworbenen Matratzen sämtlich liefern und den jeweiligen Liefertermin auch angeben könne. Sie will sich dabei beim Zwischenhandel eindecken können.
Wie im Senatstermin erörtert, beseitigt diese aufgezeigte Beschaffungsmöglichkeit die vorgeworfene Irreführung aber nicht. Denn der Verkehr geht grundsätzlich davon aus, dass der Händler auch im Internetversandhandel unverzüglich liefern kann (BGH GRUR 2005, 690 – Internet-Versandhandel). Kann er das nicht, muss der Händler genau angeben, wann und wie er liefern kann. Die entsprechenden aufklärenden Hinweise müssen den Kunden genau darüber informieren, ob und wann er mit der beworbenen Ware rechnen kann.

Hier hat die Beklagte auch im Senatstermin noch einmal eingeräumt, dass weder sie noch ihre Schwesterfirmen von der Klägerin unmittelbar beliefert werden. Insoweit greift die Beklagte auch die Feststellungen des Landgerichts zu ihrer Lieferfähigkeit zu Unrecht an. Die Beklagte hat selbst keine sichere Bezugsquelle angeben können. Sie hat auch nicht in Anspruch genommen, die beworbenen Matratzen vorrätig zu haben. Sie nimmt vielmehr nur für sich in Anspruch, sich die Ware über den Zwischenhandel besorgen zu können, und zwar über ihre Schwesterfirmen.

Dass nur diese mehr oder weniger ungewisse Lieferquelle besteht, geht aus der angegriffenen Werbung aber nicht hervor. Dort steht als aufklärender Hinweis nur "Lieferzeit auf Nachfrage". Das kann der Kunde aber nur so verstehen, dass es Lieferfristen gibt. Der Hinweis schränkt das Angebot aber nicht derart ein, dass eine Lieferung überhaupt fraglich ist, dass die Beklagte also bei Schaltung der Anzeige noch keine gesicherte Lieferbeziehung hat. Die Beklagte kann eben nicht sicher auf Vorräte bei sich oder anderen Firmen zugreifen. Die Lieferbarkeit durch die Beklagte ist eben nicht nur eine Frage der Zeit, sondern auch eine Frage, ob die Beklagte sich die beworbenen Matratzen überhaupt beschaffen kann. Das mag in der Regel der Beklagten durchaus möglich sein. Die von der Werbung verheißene sichere Liefermöglichkeit besteht aber damit nicht. Auch im Senatstermin hat die Beklagte keine Lieferbeziehungen mit Zwischenhändlern dartun können, die diese ausreichend sicher zu einer Belieferung der Klägerin bzw. ihrer Schwesterfirmen mit den beworbenen Matratzen verpflichten.

Der aufklärende Hinweis in der Internetwerbung über die Lieferzeit auf Nachfrage wird auch nicht durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ausreichend vervollständigt, die sich im Anschluss an das beworbene Internetangebot finden. Denn die Klausel über die Selbstbelieferung drückt nur aus, dass für einen Lieferausfall keine Haftung übernommen werden soll, wenn also der an sich von der Beklagten bereits verpflichtete Zwischenhändler vertragswidrig nicht liefert. Dadurch wird der Kunde nicht darüber aufgeklärt, dass es derzeit noch keinen Zwischenhändler gibt, der eine feste Lieferverpflichtung gegenüber der Beklagten eingegangen ist, bei dem sich die Beklagte also mit der beworbenen Ware sicher eindecken kann.
Auch die für eine Verurteilung zur Unterlassung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG erforderliche Verletzungsgefahr ist hier gegeben, und zwar entgegen der Ansicht des Landgerichts bereits aufgrund einer Wiederholungsgefahr und nicht erst aufgrund einer Erstbegehungsgefahr nach § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG a.F. Denn der gerügte Verstoß liegt bereits in der angegriffenen Internetwerbung. Damit besteht die Gefahr, dass die Beklagte diese Werbung auch wiederholen wird. Die Ausführungen der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung zum Fehlen der Erstbegehungsgefahr gehen deshalb ins Leere. Es liegt vorliegend damit auch keine Auswechslung des klagebegründenden Sachverhaltes vor, wie die Beklagte im Senatstermin ausgeführt hat. Der Beklagten ist zwar grundsätzlich zuzugestehen, dass es jeweils einen anderen Klagegrund darstellt, ob auf Wiederholungsgefahr oder auf Erstbegehungsgefahr abgestellt wird. Es liegt aber in diesen Fällen nur dann ein anderer Streitgegenstand vor, wenn jeweils andere Tatumstände herangezogen werden müssen, um eine Wiederholungsgefahr oder eine Erstbegehungsgefahr bgründen zu können. Dieser Fall ist hier aber nicht gegeben. Es geht vielmehr nach wie vor um ein und denselben Klagegrund, nämlich die von der Klägerin von Anfang an angegriffene Internetwerbung der Beklagten. Wenn das Landgericht insoweit statt von einer Wiederholungsgefahr lediglich von einer Erstbegehungsgefahr ausgegangen ist, liegt dem kein anderer Streitgegenstand zugrunde, sondern nur eine andere rechtliche Einordnung, die den Streitgegenstand selbst unberührt lässt. Nach wie vor geht es allein um die beanstandete Internetwerbung und die daraus resultierende Verletzungsgefahr. Diese Verletzungsgefahr ist bei einem bereits geschehenen Verstoß aber als bloße Wiederholungsgefahr zu qualifizieren und nicht als Erstbegehungsgefahr. Es liegt damit lediglich eine Auswechslung der Rechtsbegriffe und nicht des Klagegrundes vor.

Auch nach neuem Recht liegt eine wettbewerbswidrige Irreführung vor.

Nach Ziffer 5 der schwarzen Liste als Anhang zu § 3 Abs 3 UWG n.F. ist wiederum das Lockvogelangebot im Sinne des § 5 Abs. 5 UWG a.F. verboten (Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 5 Rz. 8.4 a). Auch hier taucht wiederum das Problem wie bei § 5 Abs. 5 UWG a.F. auf, dass Ziffer 5 der schwarzen Liste nur die Irreführung über die Vorratsmenge betrifft (Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 5 Rz. 8.1 a). Da die schwarze Liste eine Verbesserung des Verbraucherschutzes bewirken will, muss man aber auch hier auf den Grundtatbestand der Irreführung zurückgreifen, wenn man Ziffer 5 nur eine Regelung über den nötigen Umfang der Vorratsmenge entnehmen will.

Denn auch nach § 5 Abs. 1 Ziffer 1 UWG n.F.handelt unlauter, wer über die Verfügbarkeit der beworbenen Ware täuscht. Auch nach neuem Recht kann zwar die Irreführung durch aufklärende Hinweise beseitigt werden (Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 5 Rz. 8.6). Der vorliegende Hinweis "Lieferzeit auf Nachfrage" reicht aber wie dargelegt nicht aus, so dass auch nach neuem Recht die Irreführung gegeben ist.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass nach Ziffer 5 der schwarzen Liste die Irreführung auch durch Bevorratung gleichartiger Waren ausgeschlossen werden kann. Zum einen handelt es sich vorliegend um die Bewerbung von Markenware, bei der die Ware anderer Marken schon von vornherein nicht gleichartig ist (Hefermehl/Köhler/Bornkamm Anhang zu § 3 Rz. 5.4). Zum anderen scheitert der Austauschgedanke zudem aber auch schon daran, dass die Beklagte nicht konkret angegeben hat, welche Matratzen sie anstelle der beworbenen anbieten will. Dann kann die Vergleichbarkeit aber von vornherein nicht geprüft werden.
Für die Frage der Verletzungsgefahr nach § 8 Abs. 1 UWG n.F. gilt das Gleiche, wie zu § 8 Abs. 1 UWG a.F. ausgeführt worden ist.

Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Für die Kostenverteilung erster Instanz bleibt es bei der Entscheidung des Landgerichts, weil die Klägerin den sie belastenden Teil des landgerichtlichen Urteils nicht angefochten hat. Der Maßgabezusatz der Berufungsinstanz stellt kein weiteres Teilunterliegen dar, weil er das Verbotsbegehren lediglich konkretisiert.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO

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