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ArbG Hamburg: XING-Kontakte die auf privaten Kontaktanfragen beruhen sind keine Geschäftsgeheimnisse und dürfen vom Arbeitnehmer nach Kündigung genutzt werden

ArbG Hamburg
24.01.2013
29 Ga 2/13


Das ArbG Hamburg hat entschieden, dass XING-Kontakte, die auf privaten Kontaktanfragen beruhen, keine Geschäftsgeheimnisse sind und vom Arbeitnehmer nach Kündigung genutzt werden dürfen. Das Gericht lehnte einen entsprechenden Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers ab.

Aus den Entscheidungsgründen:

"1. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Unterlassungsanspruch gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG i. V. m. §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB sowie i. V. m. § 8 Abs. 1 UWG und §§ 3, 4 Nr. 11 UWG.

Die Beklagte hat sich nicht gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 ein Geschäftsgeheimnis der Klägerin unbefugt verschafft oder gesichert oder ein auf diese Weise erlangtes Geschäftsgeheimnis unbefugt verwertet oder jemandem mitgeteilt.

Ein Geschäftsgeheimnis im Sinne von § 17 UWG ist jede im Zusammenhang mit einem Betrieb stehende Tatsache, die nicht offenkundig, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist und nach dem bekundeten, auf wirtschaftlichen Interessen beruhenden Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden soll (BGH vom 26.02.2009 – I ZR 28/06, Rn. 13 bei juris m.w.N.). Kundendaten eines Unternehmens können ein Geschäftsgeheimnis darstellen, wenn sie Kunden betreffen, zu denen bereits eine Geschäftsbeziehung besteht und die daher auch in Zukunft als Abnehmer der angebotenen Produkte oder Dienstleistungen in Frage kommen. Dabei darf es sich nicht lediglich um Angaben handeln, die jederzeit ohne großen Aufwand aus allgemein zugänglichen Quellen erstellt werden können (BGH a.a.O). Auch auf XING-Profilen gespeicherte Kundendaten können Geschäftsgeheimnisse eines Arbeitgebers des diese Daten speichernden Arbeitnehmers sein (Bissels/Lützeler/Wisskirchen, BB 2010, 2433, 2438; Ernst, NJOZ 2011, 953, 957 f. m.w.N.).

Die Klägerin hat aber nicht glaubhaft gemacht, dass es sich bei den im XING-Nutzerprofil der Beklagten gespeicherten, im Verfügungsklageantrag genannten Daten um Kundendaten der Klägerin im Sinne des Geschäftsgeheimnisbegriffs gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG handelt. Dafür müssten die Kontaktaufnahmen über XING, die zur Speicherung dieser Daten geführt haben, im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit erfolgt sein (vgl. BGH vom 19.12.2002 - I ZR 119/00, zitiert nach juris, für die Übertragung von im Rahmen geschäftlicher Tätigkeit erlangten Kundennamen in persönliche Unterlagen). Private Kontaktaufnahmen gehören nicht dazu.

Die XING-Kontakte der Beklagten mit Frau W. und Frau S. entstanden zu einer Zeit, als Frau W., Frau S. und die Beklagte noch Arbeitskolleginnen bei der Klägerin waren. Die Kontaktdaten von Frau W. und Frau S. waren zu dieser Zeit keine Daten von Kunden der Klägerin. Diese XING-Kontakte entstanden deshalb auch nicht im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit. Dass Frau W. und Frau S. nunmehr bei Kunden der Klägerin beschäftigt sind, ändert daran nichts.

Die XING-Kontakte der Beklagten mit Herrn P2 und Herrn E1 kamen erst nach dem Ausscheiden der Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zu Stande. In diesen Fällen hat die Beklagte die Kontakte schon zeitlich nicht während ihres Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin und damit ebenfalls nicht im Rahmen der diesbezüglichen geschäftlichen Tätigkeit erlangt.

Die Klägerin hat auch im Hinblick auf die anderen im Verfügungsklageantrag genannten XING-Kontakte der Beklagten nicht substantiiert dargelegt, dass die Kontaktaufnahmen, die zur Speicherung der im Verfügungsklageantrag genannten Daten auf dem XING-Profil der Beklagten geführt haben, im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit erfolgt sind.

Zwar sind auch die übrigen Personen, deren Kontaktdaten im Verfügungsklageantrag genannt sind, für Unternehmen tätig, die Kunden der Klägerin sind. Die Kontaktaufnahmen mit der Beklagten wären aber nur dann im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit erfolgt, wenn sie auch im Zusammenhang mit der von der Beklagten gegenüber der Klägerin geschuldeten arbeitsvertraglichen Tätigkeit gestanden hätten und die Kontaktpartner bei der Kontaktaufnahme für ihren jeweiligen Arbeitgeber gehandelt hätten. Das ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht. Die Tatsache, dass die Kontaktpartner der Beklagten gemäß dem Verfügungsklageantrag beruflich für Unternehmen tätig sind, die Kunden der Klägerin sind, in Verbindung mit der Tatsache, dass die Beklagte als Beraterin im direkten Kontakt mit Kunden der Klägerin stand, reicht dafür nicht aus. Dass die Beklagte im Rahmen ihrer arbeitsvertraglich gegenüber der Klägerin geschuldeten Tätigkeit und nicht etwa nur zufällig, zum Beispiel beim Mittagessen in der Pause, Kontakt zu den im Verfügungsklageantrag genannten Personen im Rahmen von deren beruflicher Tätigkeit erlangt hat, trägt die Klägerin selbst nicht vor. Frau K. hat nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten bei ihrem Arbeitgeber gar keinen Kontakt zur Klägerin. Im Übrigen war die Beklagte nur eine von insgesamt 70 Beraterinnen und Beratern in dem betreffenden Bereich. Es ist auch deshalb nicht selbstverständlich, dass die Beklagte gerade im Rahmen ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Beratertätigkeit Kontakt zu den im Verfügungsklageantrag genannten Personen erlangt hat."



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


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