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BVerwG: Liveschaltungen von Sat.1 in das Hasseröder Männer-Camp war keine unzulässige Produktplatzierung

BVerwG
Ur­teil vom 23.07.2014
6 C 31/13


Die Pressemitteilung des BVerwG:

"Liveschaltungen von Sat.1 in das „Hasseröder Männer-Camp“ keine unzulässige Produktplatzierung

Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leip­zig hat heute ent­schie­den, dass Sat.1 nicht die Gren­zen zu­läs­si­ger Pro­dukt­plat­zie­rung über­schrit­ten hat, als es im Vor- und Nach­spann zur Über­tra­gung eines Fuß­ball­spiels Live­schal­tun­gen in das „Has­ser­öder Män­ner-Camp“ vor­nahm.

Seit 2010 ist nach dem Rund­funk­staats­ver­trag Pro­dukt­plat­zie­rung im Fern­se­hen aus­nahms­wei­se u.a. in Sport­sen­dun­gen zu­läs­sig. Eine Vor­aus­set­zung hier­für ist, dass das Pro­dukt nicht zu stark her­aus­ge­stellt wird. Sat.1 über­trug im Mai 2011 das Fi­na­le der UE­FA-Eu­ro­pa Le­ague. Im Rah­men von zwei Live­schal­tun­gen in das „Has­ser­öder Män­ner-Camp“ wurde ein Fuß­ball­ex­per­te (Rei­ner Cal­mund) in­ter­viewt, neben dem vier Män­ner zu sehen waren. Sie waren durch ein Ge­winn­spiel aus­ge­wählt wor­den, ein Wo­chen­en­de in dem „Has­ser­öder Män­ner-Camp“ zu ver­brin­gen. Die Män­ner tru­gen je­weils Sweat­shirts mit den Auf­dru­cken der Braue­rei. Wäh­rend der ers­ten Live­schal­tung stan­den sie an einem Tisch, auf dem sich fünf ge­füll­te Bier­glä­ser sowie ein Eiskü­bel mit dem Schrift­zug der Braue­rei be­fan­den. Wäh­rend der zwei­ten Live­schal­tung spiel­ten die vier Män­ner wäh­rend des In­ter­views Tisch­fuß­ball; vor dem Fuß­ball­ex­per­ten stand eine Fla­sche mit dem sicht­ba­ren Em­blem der Braue­rei. In den 50 Se­kun­den bzw. 1:17 Mi­nu­ten dau­ern­den Live­schal­tun­gen wurde der Name der Braue­rei drei- bzw. zwei­mal er­wähnt. Die be­klag­te Lan­des­zen­tra­le für Me­di­en und Kom­mu­ni­ka­ti­on Rhein­land-Pfalz be­an­stan­de­te die Pro­dukt­plat­zie­rung als Ver­stoß gegen den Rund­funk­staats­ver­trag. Auf die Klage von Sat.1 hin hat das Ver­wal­tungs­ge­richt den Be­an­stan­dungs­be­scheid der Lan­des­zen­tra­le auf­ge­ho­ben. Auf deren Be­ru­fung hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt die Klage ab­ge­wie­sen. Es hat an­ge­nom­men, ein Pro­dukt werde im Sinne des Rund­funk­staats­ver­tra­ges zu stark her­aus­ge­stellt, wenn die Her­aus­stel­lung nach ihrer Art, ihrer Häu­fig­keit und ihrer Dauer nicht durch re­dak­tio­nel­le Er­for­der­nis­se des Pro­gramms oder die Not­wen­dig­keit der Dar­stel­lung der Le­bens­wirk­lich­keit ge­recht­fer­tigt sei. Diese Gren­ze sei im vor­lie­gen­den Fall von Sat.1 über­schrit­ten wor­den.

Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat der Re­vi­si­on von Sat.1 statt­ge­ge­ben. Die Her­aus­stel­lung eines Pro­dukts ist nicht be­reits des­halb zu stark, weil ein hier­mit ver­folg­ter Wer­be­zweck sich als sol­cher er­kenn­bar im Sen­dungs­ge­sche­hen ab­bil­det. Zu stark ist sie erst dann, wenn der Wer­be­zweck das Sen­dungs­ge­sche­hen do­mi­niert, d.h. der re­dak­tio­nel­le Ge­sche­hens­ab­lauf ihm ge­gen­über in den Hin­ter­grund rückt. Ob dies der Fall ist, be­stimmt sich all­ge­mein nach der Zahl und Länge der Pro­dukt­dar­stel­lun­gen sowie da­nach, wie weit diese sich ihrer Art nach vom üb­ri­gen Sen­dungs­ge­sche­hen ab­he­ben und ge­ge­be­nen­falls den re­dak­tio­nel­len Hand­lungs­ab­lauf sogar re­gel­recht un­ter­bre­chen. Er­scheint - wie im vor­lie­gen­den Fall - ein be­stimm­ter Hand­lungs­strang in die Sen­dung auf­ge­nom­men, um Ge­le­gen­heit für eine Pro­dukt­plat­zie­rung zu schaf­fen, gel­ten zu­sätz­li­che An­for­de­run­gen. Es kommt hier auch dar­auf an, in­wie­weit der auf­ge­nom­me­ne Hand­lungs­strang hin­rei­chend star­ke Be­zü­ge zum re­dak­tio­nel­len Sen­dungs­kon­zept auf­weist und sich so im Gan­zen be­trach­tet - trotz der werb­li­chen Mo­tiv­la­ge - noch in das üb­ri­ge Sen­dungs­ge­sche­hen in­halt­lich ein­passt.

Im vor­lie­gen­den Fall hat­ten die In­ter­views mit dem der Öf­fent­lich­keit be­kann­ten Fuß­ball­ex­per­ten im „Has­ser­öder Män­ner-Camp“ über­wie­gend das über­tra­ge­ne Fuß­ball­spiel zum Ge­gen­stand. Das Pro­dukt bzw. die Em­ble­me der Braue­rei sind im Rah­men der Ka­me­ra­füh­rung nicht künst­lich in den Vor­der­grund ge­rückt (fo­kus­siert) wor­den und über­la­ger­ten so die In­ter­views nicht. Ver­meint­li­che Qua­li­tä­ten des dar­ge­stell­ten Pro­dukts spiel­ten in den Live­schal­tun­gen keine Rolle. Das Zei­gen einer ge­sel­li­gen Zu­sam­men­kunft von Men­schen zur ge­mein­sa­men Ver­fol­gung eines Fuß­ball­spiels bil­det in einer Fuß­ball­sen­dung kei­nen Fremd­kör­per, son­dern fügt sich in diese kon­zep­tio­nell ein. Fer­ner ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass die Zu­schau­er im Rah­men von Fuß­ball­sen­dun­gen (ein­schließ­lich des Vor- und Nach­spanns zur Spiel­über­tra­gung) oh­ne­hin mit einer Viel­zahl werb­lich mo­ti­vier­ter Dar­stel­lun­gen kon­fron­tiert sind; daher ist ein wei­ter ge­fass­ter Maß­stab als in an­de­ren Sen­dungs­for­ma­ten an­ge­bracht. Bei Wür­di­gung sämt­li­cher die­ser Um­stän­de hiel­ten sich die Live­schal­tun­gen in das „Has­ser­öder Män­ner-Camp“ im Rah­men des rund­funk­recht­lich Zu­läs­si­gen.

BVerwG 6 C 31.13 - Ur­teil vom 23. Juli 2014"

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