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LG Bochum: Irreführung durch Werbung mit bisher-Preis wenn dieser nicht in jüngster Vergangenheit für das Produkt verlangt wurde - Verstoß gegen Pflicht zur Textilkennzeichnung ist wettbewerbswidr

LG Bochum,
Urteil vom 24.03.2016
I-14 O 3/16


Das LG Bochum hat entschieden, dass die Werbung mit einem "bisher-Preis" zu werben, wenn dieser nicht in jüngster Vergangenheit für das Produkt verlangt wurde. Eine Zeitspanne von 3 Monaten ist - so das Gericht - jedenfalls zu lang. Zudem hat das Gericht nochmals bekräftigt, dass ein Verstoß gegen die Pflicht zur Textilkennzeichnung nach dem Textilkennzeichnungsgesetz einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß darstelt

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Unterlassung des Angebots von Textilien, ohne dass diese hinreichend gemäß Textilkennzeichnungsgesetz gekennzeichnet sind. Unstreitig bot die Beklagte am 23.10.2015 in ihrem Webshop ein G PIQUE SHIRT in grau an, das ausweislich der Anlage HKMW 1 (Bl. 9 f. der Akten) weder auf der Startseite selbst noch in den Reitern, insbesondere nicht unter „Spezifikation“ einen Hinweis auf die Textilzusammensetzung des angebotenen Shirts enthielt. Soweit die Beklagte darauf hinweist und einen entsprechenden Screenshot vorlegt, dass unter Spezifikation und Material die Faserzusammensetzung mit 100 % Polyester angegeben worden war, ist dies im Ergebnis unerheblich. Auf die Nachfrage der Beklagten hat die Klägerin bzw. ihr Prozessbevollmächtigter angegeben, mit welchem System die Angebote angesehen worden sind, dabei handelt es sich unstreitig nicht um seltene Sondersysteme. Angebote müssen so gestaltet sein, dass sie mit allen gängigen Browsern mit allen gängigen Systemen angesehen werden können. Wenn daher mit derartig gängigen Systemen Informationen nicht angezeigt werden, ist dies fehlerhaft. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt insoweit auch kein Bagatellverstoß vor, selbst wenn man nicht von einem gezielten Auslassen dieser Information bei diesem Angebot ausgehen würde. Denn ist im Rahmen der allgemeinen Sorgfalt eines Verkäufers ist dafür Sorge zu tragen, dass die erforderlichen Angaben stets aufgerufen werden können.

Weiter hat die Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagte auf Unterlassung der Bewerbung von Produkten mit einem Bisher-Preis, wenn zwischen der Bewerbung und dem Angebot eine erhebliche Zeitspanne liegt. Das ist vorliegend unstreitig der Fall. Insoweit kann dahinstehen, ob gemäß den Angaben der Klägerin und aus dem Archiv ersichtlich die Werbung mit dem reduzierten Preis unter Gegenüberstellung eines „Bisher-Preises“ bereits seit dem 02.03.2015 vorhanden war. Denn auch wenn erst am 07.07.2015 die Werbung, wie von der Beklagten behauptet, umgestellt wurde, war eine Bewerbung in dieser Form am 23.10.2015 unzulässig. Der Verkehr verbindet mit einem „Bisher“-Preis einen Preis, der bis vor kurzem gefordert wurde für diesen Artikel. Eine genauere Eingrenzung dieser Zeitspanne ist vorliegend nicht nötig, jedenfalls ist eine Zeitspanne von mehr als drei Monaten zu lang. Von daher ist insoweit eine Irreführung des Verkehrs gegeben, der aufgrund dieser Gestaltung davon ausgeht, dass vor kurzem eine derartige Preisreduzierung stattgefunden hat.

Rechtsmissbräuchlichkeit ist zu verneinen, denn es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin bei Abmahnung eines anderen Vorfalls am 27.07.2015 den hier streitgegenständlichen Verstoß überhaupt erkannt hat.

Gemäß § 12 UWG stehen der Klägerin daher auch die Kosten der Abmahnung zu. Unter Berücksichtigung der Anrechnung im einstweiligen Verfügungsverfahren verbleibt es bei dem geltend gemachten Betrag von 659,60 €. Darüber hinaus kann die Klägerin auch die Kosten für die Aufforderung zur Abgabe eines Abschlussschreibens geltend machen. Die Auffassung der Beklagten, da die Berufungsfrist noch nicht abgelaufen sei, sei die Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung verfrüht, ist unzutreffend. Zudem zeigt das weitere Verhalten der Beklagten, dass ein weiteres Zuwarten um einen Tag zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte, da die Beklagte unter dem 21.12.2015 Fristsetzung zur Erhebung der Hauptsacheklage beantragte, also nicht gewillt war, das Ergebnis der einstweiligen Verfügung als rechtsverbindlich zu akzeptieren. Der Höhe nach ist die Forderung begründet und auch nicht angegriffen. Der Zinsanspruch folgt aus § 286, 288 BGB.
"


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

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