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OLG Dresden: Arzt-Bewertungsportal Jameda haftet als umittelbarer Störer für rechtswidrige Bewertungen - Portal macht sich Nutzerbewertungen zu eigen

OLG Dresden
Urteil vom 06.03.2018
4 U 1403/17


Das OLG Dresden hat entschieden, dass das Arzt-Bewertungsportal Jameda als umittelbarer Störer für rechtswidrige Bewertungen haftet, da sich das Portal die Bewertungen der Nutzer zu eigen macht. Es handelt sich um "eigene Informationen" im Sinne von § 7 Abs. 1 TMG.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Der Kläger hat einen Unterlassungsanspruch gemäß § 823 Abs. 1, 2, § 824 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG bezüglich der Äußerung "Er nimmt sich keine Zeit um die Krankengeschichte zu erfahren auch Befunde von Orthopäden interessieren Ihn nicht. Schnell Chiropraktische Behandlung
noch ein paar Spritzen in den Rücken und dann ab zum bezahlen. Beim der zweiten Behandlung da selbe Spiel in 5 minute ist man als Patient wieder draußen.". Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

1. Anders als das Landgericht angenommen hat, kommt es nicht darauf an, ob der Beklagten eine Verletzung von Prüfpflichten vorgeworfen werden kann. Die angegriffenen Äußerungen hat sich die Beklagte nämlich zu eigen gemacht, so dass sie als unmittelbarer Störer anzusehen ist.

a) Unmittelbarer Störer ist ein Portalbetreiber nur dann, wenn es sich bei der angegriffenen Bewertung um eigene Informationen handelt (§ 7 Abs. 1 TMG), wobei zu den eigenen Informationen eines Portalbetreibers auch solche gehören, die zwar von einem Dritten eingestellt wurden, die sich der Portalbetreiber aber zu eigen gemacht hat. Von einem Zu-Eigen-Machen ist dabei dann auszugehen, wenn der Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat, was aus objektiver Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen ist. Dabei ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (vgl. BGH, Urteile vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, BGHZ 209, 139 Rn. 17I; vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08). Für ein Zu-Eigen-Machen spricht es aber, wenn der Portalbetreiber eine inhaltlich-redaktionelle Überprüfung der auf seinem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt (BGH, Urteil
vom 04. April 2017 – VI ZR 123/16 –, Rn. 18, juris m.w.N.).

b) Nach diesen Maßstäben hat sich die Beklagte die von dem Klägerin beanstandeten Äußerungen zu eigen gemacht. Dies folgt zwar noch nicht allein daraus, dass die Beklagte sich nicht etwa durch einen Disclaimer von den Inhalten der eingestellten Bewertungen distanziert hat. Auch der Umstand, dass die Beklagte in ihren Nutzungsrichtlinien unter "der j... Prüfprozess" sich die Möglichkeit einer inhaltlichen Einflussnahme durch "kürzen, löschen und anpassen" vorbehält, reicht hierfür nicht aus. Allerdings hat sich die Beklagte die angegriffenen Aussagen des Patienten dadurch zu eigen gemacht, dass sie diese auf die
Rüge des Klägers hin inhaltlich überprüft und auf sie Einfluss genommen hat, indem sie selbständig - insbesondere ohne Rücksprache mit dem Patienten - entschieden hat, den ursprünglich auch in der E-Mail vom 3.3.2016 enthaltenen Hinweis auf die Kosten von 105,- € für die Behandlung zu streichen. Sie hat damit die Rolle eines neutralen Vermittlers verlassen und eine aktive Rolle übernommen. Dies hat sie dem Kläger als dem von der Kritik Betroffenen kundgetan, indem sie mit E-Mail vom 1.8.2016 (K 8) mitgeteilt hat, die vom Kl. beanstandete Bewertung "bereits geprüft" und "strittige Tatsachenbehauptungen hierbei
entfernt" zu haben, so dass die Bewertung "unseren Nutzungsrichtlinien und rechtlichen Vorgaben" entspreche. Damit hat die Beklagte nicht nur die Aussage zu dem Behandlungspreis von 105,- €, die der Kläger zum Anlass genommen hat, einen
tatsächlichen Behandlungskontakt überhaupt in Zweifel zu ziehen, sondern darüber hinaus eine selbständige Einschätzung zu der Gesamtbewertung im Übrigen vorgenommen und sich - trotz der Einwände des Klägers und ohne Rücksprache mit dem Patienten - für die Beibehaltung der Äußerung entschieden. Damit muss sie sich die gesamte Aussage zurechnen lassen (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 04. April 2017 – VI ZR 123/16 –, Rn. 20, juris).




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