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LG Frankfurt: Arcor ist als Internetprovider nicht verpflichtet den Zugriff auf die Suchmaschine Google zu sperren

Das LG Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 05.12.2007 völlig zu Recht entschieden, dass ein Access-Provider nicht für Inhalte von Webseiten verantwortlich ist, zu denen er lediglich den Zugang vermittelt. Der Antragsteller hatte die Sperrung der Suchmaschine Google verlangt, da über diese rechtswidrige Inhalte auffindbar sind.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:
Der Beschluss


In dem Eilverfahren [...] gegen [...] hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main auf den in Abschrift bei­gefügten Antrag vom 28.11.2007, beim Landgericht Frankfurt am Main eingegangen am 03.12.2007
durch Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Kurth,
Richterin am Landgericht Bonkas und Richterin am Landgericht Zöller-Mirbach

am 05.12.2007 beschlossen:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Eilverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Der Streitwert wird auf 100.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit
der den Antragsgegnern bei Meidung von Ordnungsmitteln untersagt werden soll, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
Nutzern den Zugang zum Internet zu ermöglichen, ohne gleichzeitig den Zugang dieser Nutzer zu folgenden Webseiten zu sperren:
www.google.de www.google.com
solange auf dieser und durch diese
a. pornografische Schriften ohne jegliche Zugangsbeschränkung verbreitet wer­den;
b. tierpornografische Schriften verfügbar sind
wie geschehen am 06.11.2007 ist zurückzuweisen.

Der Verfügungsantrag ist mangels Bestehens eines Verfügungsanspruchs unbe­gründet.

Allerdings wird ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch nicht schon allein dadurch ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin zu 1. als sog. Access-Provider nach dem Telemediengesetz (TMG) nur eingeschränkt haftet. Das zu ihren Gunsten eingreifende Haftungsprivileg des § 8 TMG findet auf Unterlassungsansprüche keine Anwendung (vgl. BGH GRUR2004, 860, 862 - „Internetversteigerung"; BGH Urt. v. 12.07.2007, WRP 2007, 1173, 1175, Rn. 20 - „Jugendgefährdende Schriften bei e-Bay"). Vielmehr bleiben nach § 7 Abs. 2, Satz 2 TMG Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen auch im Falle der NichtVerantwortlichkeit des Diensteanbieters unberührt. Eine derartige Haftung der Antragsgegner für rechtswidrige, weil gegen §§ 184, 184 a StGB und §§ 24, 4 des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags verstoßende Handlungen Dritter, ins­besondere in Form des Anbietens von Pornografie auf den Webseiten www.gooqle.de und www.google.com und den über diese Plattform zu erreichenden, weil verlinkten, Anbieterhomepages, besteht nicht.

Zunächst haften die Antragsgegner nicht als Täter oder Teilnehmer von Wettbe­werbsverstößen nach § 4 Nr. 11 UWG.

Ersichtlich bietet die Antragsgegnerin zu 1. selbst keine pornografischen Schriften und/oder Bilder im Internet an. Als Access-Provider stellt die Antragsgegnerin zu 1. vielmehr lediglich Verbindungen zu einem Kommunikationsnetz her und macht die dort öffentlich angebotenen Leistungen nicht selbst zugänglich (vgl. OLG-Frankfurt GRUR-RR 2005, 147 m.w.Nw.). Auch die Antragstellern behauptet nicht, dass die Antragsgegnerin zu 1. oder der für sie handelnde Antragsgegner zu 2. selbst als Tä­ter in Betracht kommen.

Eine Tätigkeit der Antragsgegner als Teilnehmer der von Dritten im Internet began­genen Handlungen der Verbreitung pornografischer Schriften und/oder Bilder schei­det aus, weil es an einer irgendwie gearteten Teilnahmehandlung fehlt. Eine Beihilfe durch Unterlassen setzt das Bestehen einer Garantenstellung voraus, die hier - be­zogen auf die Antragsgegner - nicht ersichtlich ist.

Ein täterschaftlicherVerstoß der Antragsgegnerin zu 1. gegen die Generalklausel des § 3 UWG, den der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 12.07.2007 (BGH Urt. v. 12.07.2007, WRP 2007, 1173, 1175, Rn. 20 - „Jugendgefährdende Schriften bei eBay") im Fall des Anbietens jugendgefährdender Medien über die Handelsplattform eBay angenommen hat, scheitert am Vorliegen einer Wettbewerbshandlung. Zur Be­gründung verweist die Kammer vollinhaltlich auf die nachfolgend zitierten Erwägun­gen an, mit denen das Landgericht Kiel in seinem Urteil vom 23.11.2007 (Anlage AG 5 zur Schutzschrift der Antragsgegner vom 27.11.2007):
„Eine Wettbewerbshandlung ist jede Handlung einer Person mit dem Ziel, zu Gunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens den Absatz oder den Bezug von Waren oder die Erbringung oder den Bezug von Dienstleistungen zu fördern. Die Beklagte stellte lediglich den Zugang zum Internet und auch zu der Internetseite [...] zur Verfügung. Die Kunden der Beklagten erhalten damit die Möglichkeit, Inhalte aus dem Internet abzurufen oder in das Internet einzu­stellen. Dafür erhebt sie Gebühren. Die Erhebung dieser Gebühren erfolgt völ­lig unabhängig davon, welche Inhalte der Kunde aus dem Internet herunterlädt bzw. welche Inhalte er in das Internet einstellt. Die Leistung der Beklagten zu1. ist inhaltsneutral, sie erbringt eine reine Telekommunikationsleitung und verfolgt wieder eigene noch fremde Wettbewerbsinteressen mit konkretem Bezug auf die Internetseite [...]. Ihr geht es nicht darum, dass bestimmte Inhal­te im Internet abrufbar sind. Die Beklagte profitiert in keiner Weise von der Nutzung der beanstandeten Website. Die monatlichen Grundgebühren fallen für den Nutzer unabhängig davon an, obwohl in welcher Weise einen An­schluss genutzt wird."

Schließlich haften die Antragsgegner nicht nach den von der Rechtsprechung entwi­ckelten Grundsätzen der Störerhaftung aus einer analogen Anwendung des § 1004 BGB auf Unterlassung. Dabei kann offen bleiben, ob der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.07.2007 abweichend von seiner früheren Rechtsprechung die Störerhaftung im Wettbewerbsrecht grundsätzlich von einer eigenen Wettbewerbs­handlung des Inanspruchgenommenen i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG abhängig ma­chen wollte (so: Köhler GRUR-RR 2007, 337, 343). Denn schon nach der bisherigen Rechtsprechung setzte die Störerhaftung voraus, dass der Inanspruchgenommene eine zurechenbare Ursache für eine Verletzung von Rechten des Anspruchstellers durch den eigenverantwortlich handelnden Dritten gesetzt hat und zudem die rechtli­che Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Daran fehlt es vorliegend.

Die Antragsgegner haben keine zurechenbare Ursache für die pornografischen An­gebote Dritter gesetzt. Die Handlungen der Betreiber der Internetseiten www.google.de und/oder www.google.com oder der über diese Suchseiten zu errei­chenden Webseiten pornografischen Inhalts sind den Antragsgegnern nicht zuzu­rechnen. Die Antragsgegnerin zu 1. steht in keinerlei vertraglicher Beziehung zu den Betreibern vorgenannter Seiten. Sie ermöglicht lediglich den Zugang zu ihnen. Inso­weit ist ihre Leistung inhaltsneutral. Das bloße Internet-Angebot eines konkreten An­schlusses zur Telekommunikation kann nicht als eine von dem Anbieter der Kommu­nikationsleistung zu verantwortende Verletzungshandlung qualifiziert werden (vgl. für den vergleichbaren Fall der Freischaltung eines Faxanschlusses: OLG Karlsruhe Ur­teil v. 08.05.2002, WRP 2002, 1090 ff.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, S. 1 ZPO, der Streitwertbeschluss auf §3 ZPO.

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