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BGH: Ping-Anrufe sind als Betrug nach § 263 StGB strafbar - Revision gegen Verurteilung durch das LG Osnabrück verworfen

BGH
Urteil vom 27.03.2014
3 StR 342/13
Ping-Anrufe


Der BGH hat völlig zu Recht entschieden, dass sog. Ping-Anrufe als Betrug nach § 263 StGB strafbar sind. Der BGH hat die Revision der Angeklagten gegen ein Urteil des LG Osnabrück verworfen (siehe zum Thema auch "OLG Oldenburg: Lock- und Ping-Anrufe sind als Betrug gemäß § 263 StGB strafbar""

Die Pressemitteilung des LG Osnabrück:

"OSNABRÜCK. Das Urteil der 10. Großen Strafkammer in dem „Ping"-Verfahren ist seit heute rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat mit Urteil vom 27. März die Revisionen der Osnabrücker Staatsanwaltschaft und der drei Angeklagten verworfen und das Urteil des Landgerichts in vollem Umfang bestätigt. Die Nachprüfung der Entscheidung habe keine Rechtsfehler ergeben, so der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, Aktenzeichen 3 StR 342/13. Damit ist das Strafverfahren abgeschlossen.

Die 10. Große Strafkammer des Landgerichts Osnabrück hatte am 06.03.2013 die beiden Hauptangeklagten wegen Betruges jeweils zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten verurteilt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Als Bewährungsauflage ist eine Summe von 2.000,- € an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlen. Gegen die angeklagte Gehilfin ist eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 15,- € verhängt worden.
Nach der umfassenden Beweisaufnahme stand zur Überzeugung des Landgerichts fest, dass die drei Angeklagten mindestens 785.000 Mobiltelefonnummern mittels Computer so kurz angewählt hatten, dass die Angerufenen keine Möglichkeit hatten, das Gespräch anzunehmen. Zahlreiche Angerufene (u. a. ein Polizeibeamter aus Bersenbrück, dessen Strafanzeige zur Einleitung der Ermittlungen führte) riefen deshalb die Nummer zurück, ohne zu wissen, dass es sich um eine teure, nutzlose Mehrwertdienstnummer handelte.

Der Bundesgerichtshof hat die rechtliche Würdigung des Landgerichts mit der heutigen Entscheidung bestätigt. Das Vorgehen der Angeklagten stellt einen vollendeten Betrug dar. Das für eine Täuschung erforderliche ernsthafte Kommunikationsanliegen liegt darin, dass alle vernommenen Geschädigten bestätigt hatten, dass sie von einem Anruf eines Bekannten ausgegangen seien und nur deswegen zurückgerufen hätten. Es liegt auch ein stoffgleicher Schaden vor, weil ein Teilbetrag der von den Telekommunikationsanbietern eingezogenen Gelder an die Angeklagten fließen sollte. Mindestens 660.000 Telefonate wurden mit 0,98 € berechnet, so dass den Anrufern ein Schaden in Höhe von 645.000 € entstand. Selbst wenn man einen Abschlag von 20 % vornähme, weil möglicherweise nicht alle Geschädigten die Rechnungen der Telekommunikationsanbieter bezahlt haben, beläuft sich der Gesamtschaden auf mindestens 516.000,- €. Nur aufgrund der Aufmerksamkeit der Bundesnetzagentur war den drei Angeklagten kein Geld ausgezahlt worden."



BGH: Betreiben von Abo-Fallen im Internet ist als Betrug bzw. versuchter Betrug strafbar

BGH
Urteil vom 05.03.2014
2 StR 616/12


Der BGH hat völlig zu Recht entschieden, dass das Betreiben von Abo-Fallen im Internet als Betrug bzw. versuchter Betrug strafbar ist.

Die Pressemitteilung des BGH:

"Bundesgerichtshof bestätigt Verurteilung wegen versuchten Betruges durch Betreiben so genannter
"Abo-Fallen" im Internet


Das Landgericht Frankfurt am Main hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen versuchten Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Aufgrund überlanger Verfahrensdauer hat es angeordnet, dass vier Monate der verhängten Strafe als vollstreckt gelten.

Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb der Angeklagte verschiedene kostenpflichtige Internetseiten, die jeweils ein nahezu identisches Erscheinungsbild aufwiesen, unter anderem einen sogenannten Routenplaner. Die Inanspruchnahme des Routenplaners setzte voraus, dass der Nutzer zuvor seinen Vor- und Zunamen nebst Anschrift und E-Mail-Adresse sowie sein Geburtsdatum eingab. Aufgrund der vom Angeklagten gezielt mit dieser Absicht vorgenommenen Gestaltung der Seite war für flüchtige Leser nur schwer erkennbar, dass es sich um ein kostenpflichtiges Angebot handelte. Die Betätigung der Schaltfläche "Route berechnen" führte nach einem am unteren Seitenrand am Ende eines mehrzeiligen Textes klein abgedruckten Hinweis zum Abschluss eines kostenpflichtigen Abonnements, das dem Nutzer zum Preis von 59,95 € eine dreimonatige Zugangsmöglichkeit zu dem Routenplaner gewährte. Dieser Fußnotentext konnte in Abhängigkeit von der Größe des Monitors und der verwendeten Bildschirmauflösung erst nach vorherigem "Scrollen" wahrgenommen werden.

Nach Ablauf der Widerrufsfrist erhielten die Nutzer zunächst eine Zahlungsaufforderung. An diejenigen, die nicht gezahlt hatten, versandte der Angeklagte Zahlungserinnerungen; einige Nutzer erhielten zudem Schreiben von Rechtsanwälten, in denen ihnen für den Fall, dass sie nicht zahlten, mit einem Eintrag bei der "SCHUFA" gedroht wurde.

Das Landgericht hat den Angeklagten im Hinblick auf die einmalige Gestaltung der Seite nur wegen einer Tat und im Hinblick darauf, dass die Ursächlichkeit der Handlung für einen konkreten Irrtum eines Kunden nicht nachgewiesen sei, nur wegen versuchten Betrugs verurteilt.

Gegen dieses Urteil hat sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision gewandt. Er hat vor allem beanstandet, dass unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben eine Täuschungshandlung nicht vorliege und im Übrigen den Nutzern auch kein Vermögensschaden entstanden sei.

Der 2. Strafsenat hat das Rechtsmittel verworfen. Er hat ausgeführt, dass durch die auf Täuschung abzielende Gestaltung der Internetseite die Kostenpflichtigkeit der angebotenen Leistung gezielt verschleiert worden sei. Dies stelle eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB dar. Die Erkennbarkeit der Täuschung bei sorgfältiger Lektüre schließe die Strafbarkeit nicht aus, denn die Handlung sei gerade im Hinblick darauf unternommen worden, die bei einem – wenn auch nur geringeren - Teil der Benutzer vorhandene Unaufmerksamkeit oder Unerfahrenheit auszunutzen.

Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken). Die Richtlinie führe jedenfalls hier nicht zu einer Einschränkung des strafrechtlichen Rechtsgüterschutzes.

Auch ein Vermögensschaden sei gegeben. Dieser liege in der Belastung mit einer bestehenden oder auch nur scheinbaren Verbindlichkeit, da die Gegenleistung in Form einer dreimonatigen Nutzungsmöglichkeit für den Nutzer praktisch wertlos sei.

Urteil vom 5. März 2014 - 2 StR 616/12

Landgericht Frankfurt am Main - Urteil vom 18. Juni 2012 - 5-27 KLs 12/08"