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OLG Frankfurt: Irreführende Werbung mit Herstellereigenschaft wenn nur einige Einzelkomponenten vom Unternehmen stammen - weiter Herstellerbegriff nach § 4 ProdHaftG nicht entscheidend

OLG Frankfurt
Urteil vom 10.03.2016,
6 U 40/15


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn ein Unternehmen damit wirbt, Hersteller eines Produkts zu sein, obwohl nur einige Einzelkomponenten vom Unternehmen stammen. Der weite Herstellerbegriff nach § 4 ProdHaftG ist - so das Gericht - nicht entscheidend

Aus den Entscheidungsgründen:

"Mit den in der Berufung weiterverfolgten Unterlassungsanträgen zu 1., 2.1, erste und zweite Aussage, sowie mit dem vom Landgericht zuerkannten Unterlassungsantrag zu 2.1, dritte Aussage (Ziffer 1.1 des Tenors des angefochtenen Urteils), wendet sich die Klägerin gegen bestimmte Aussagen, in denen sie eine Irreführung des angesprochenen Verkehrs über die Herstellereigenschaft der Beklagten zu 2) sieht. Diese Unterlassungsansprüche stehen der Klägerin jedoch nicht zu, da die beanstandeten Aussagen nicht irreführend (§ 5 UWG) sind.

Sämtliche beanstandeten Aussagen beziehen sich auf Drehtüranlagen, die die Beklagte zu 2) aus einer von der Klägerin stammenden Antriebseinheit und einem von ihr hergestellten Gehäuse, bestehend aus einer Abdeckhaube und zwei Endstücken, zusammengesetzt und unter der Bezeichnung "X" vertrieben hat. Die Beklagte zu 2) ist jedenfalls im Rechtssinn Herstellerin der auf diese Weise entstandenen Drehtüranlage. Als allein Produktverantwortliche ist sie nicht nur Herstellerin i.S.v. § 4 ProdHaftG, sondern auch das Unternehmen, das nach § 1 I Nr. 1 ÜZVO im Übereinstimmungszeichen als "herstellendes Unternehmen" genannt werden muss. Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, welches Unternehmen sonst "Hersteller" der Drehtüranlage in diesem Sinn sein sollte. Die Klägerin selbst ist jedenfalls nicht als Produktverantwortliche für dieses - in dieser Form gerade nicht von ihr stammende - Erzeugnis anzusehen.

Es kann den Beklagten daher schon aus Rechtsgründen nicht generell unter dem Gesichtspunkt der Irreführung (§ 5 UWG) untersagt werden, darauf hinzuweisen, dass die Beklagte zu 2) "Herstellerin" der Anlage in dem oben dargestellten Sinn ist. Irreführend wäre es allerdings, wenn die Beklagten über diesen Hinweis hinaus einen falschen Eindruck über den tatsächlichen Beitrag erweckten, den die Beklagte zu 2) im Zusammenhang mit der Fertigung der Drehtüranlage "X" erbringt. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn die Beklagten Aussagen verwendeten, die sich aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs nach ihrem Inhalt und unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs nicht in dem Hinweis auf die Herstellereigenschaft im dargestellten Rechtssinn erschöpften, sondern das Verständnis vermittelten, die Beklagte zu 2) habe auch die in der Drehtüranlage verbaute Antriebseinheit selbst herstellt. Diese Voraussetzung ist jedoch bei keiner der noch streitgegenständlichen Aussagen erfüllt.

Die für die Entscheidung maßgebliche Verkehrsauffassung kann der erkennende Senat aus eigener Sachkunde beurteilen. Zwar gehören die Mitglieder des Senats nicht selbst zu den angesprochenen Abnehmern von Drehtüranlagen; es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die angesprochenen Fachkreise für das Verständnis der streitgegenständlichen Aussagen besondere Erfahrungen oder Kenntnisse einsetzen, über die der erkennende Senat nicht verfügt (vgl. BGH GRUR 2004 - Marktführerschaft)."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: