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OLG Köln: Abwerben von Mitarbeiter ist regelmäßig keine wettbewerbswidrige Behinderung und nicht wettbewerbswidrig

OLG Köln
Urteil vom 03.09.2021
6 U 81/21

Das OLG Köln hat entschieden, dass das Abwerben von Mitarbeitern regelmäßig keine wettbewerbswidrige Behinderung und damit nicht wettbewerbswidrig ist.

Aus den Entscheidungsgründen;:
bb) Der Versuch des Abwerbens ist eine geschäftliche Handlung im Sinne der § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG.

cc) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin liegt keine gezielte Behinderung vor. Zwar stellt das Abwerben von Arbeitnehmern eine Behinderung der Antragstellerin dar, diese ist aber nicht unzulässig.

Eine Behinderung liegt vor, wenn die wettbewerbliche Entfaltungsmöglichkeit des Mitbewerbers unlauter beeinträchtigt wird. Das setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 11.10.2017 – I ZR 210/16, GRUR 2018, 317 – Portierungs-Auftrag; Urteil vom 21.02.2002 – I ZR 281/99, GRUR 2002, 902 – Vanity-Nummer). Hierzu zählen alle Wettbewerbsparameter, wie der Absatz, wobei die Eignung zur Behinderung ausreicht, auch wenn diese noch nicht eingetreten ist (vgl. BGH, GRUR 2018, 317 – Portierungs-Auftrag; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO, § 4 Nr. 4 Rn. 4.6).

Die Schwelle der als bloße Folge des Wettbewerbs hinzunehmenden Behinderung ist überschritten, wenn das betreffende Verhalten bei objektiver Würdigung der Umstände auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht in erster Linie auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 26.06.2008 – I ZR 190/05, GRUR 2008, 917 – EROS). Hierbei sind auch die gesetzlichen Wertungen zu berücksichtigen, insbesondere auch das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. Das Interesse des Handelnden kann allerdings auch dann zurücktreten, wenn dieses weniger schutzwürdig ist, als das Interesse des Gegenübers oder der Allgemeinheit (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO, § 4 Nr. 4 Rn. 4.11, mwN). Hat eine Handlung bei objektiver Betrachtung nachteilige Auswirkungen auf das Wettbewerbsgeschehen, die so erheblich sind, dass sie unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Gesetzes von den Marktteilnehmern nicht hingenommen werden müssen, dann ist diese ebenfalls als unlauter anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 11.01.2007 – I ZR 96/04, GRUR 2007, 800 – Außendienstmitarbeiter).

Bei der Abwerbung von Arbeitnehmern gilt, dass diese im Grundsatz zulässig ist. Auch insoweit müssen besondere Umstände hinzutreten, die die Unlauterkeit begründen. Diese können in einem verwerflichen Zweck oder aufgrund verwerflicher Mittel gesehen werden (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO, § 4 Rn. 4.103 f., mwN). Der Zweck ist in der Regel unlauter, wenn die Abwerbung die Beeinträchtigung des Mitbewerbers bezweckt oder die unlautere Ausbeutung des Mitbewerbers angestrebt wird (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO, § 4 Rn. 4.105 f., mwN).

Nach diesen Grundsätzen liegt eine gezielte Behinderung nicht vor. Denn die Antragsgegnerin wollte in erster Linie Arbeitnehmer für den Betrieb eines eigenen Call-Centers gewinnen, ohne dass sie ein Interesse daran hatte, die Antragstellerin zu beeinträchtigen. Dies ergibt sich schon daraus, dass im Bereich des Absatzmarktes kein Wettbewerbsverhältnis besteht, sodass die Antragsgegnerin nicht von einer Beeinträchtigung der Antragstellerin im Absatzmarkt profitieren kann.

Soweit auch die Verleitung zum Vertragsbruch als wettbewerbswidrige Behinderung angesehen werden kann (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO, § 4 Rn. 4.107, mwN), ist eine solche weder ersichtlich noch dargelegt.

c) Ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1, 2 Nr. 2 UWG, auf den sich die Antragstellerin berufen hat, liegt nicht vor, wie das Landgericht in dem Beschluss vom 06.01.2021 dargelegt hat. Hiergegen hat sich die Antragstellerin nicht konkret gewandt. Den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts (vgl. auch Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO, § 7 Rn. 141, mwN) schließt sich der Senat an.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



OLG Oldenburg: Abwerben von Mitarbeitern gehört zum freien Wettbewerb und ist nur bei Vorliegen besonderer unlauterer Umstände wettbewerbswidrig

OLG Oldenburg
Urteil vom 18.09.2015
6 U 135/15


Das OLG Oldenburg hat entschieden, dass das Abwerben von Mitarbeitern zum freien Wettbewerb gehört und nur bei Vorliegen besonderer unlauterer Umstände wettbewerbswidrig ist.

Die Pressemitteilung des OLG Oldenburg:

Osnabrücker Kaffeeunternehmen unterliegt im Wettbewerbsstreit

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg hat im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes den Antrag eines Kaffeeunternehmens aus Osnabrück, einem Konkurrenten den Wettbewerb in seinem Geschäftsgebiet zu untersagen und das Abwerben von Mitarbeitern zu unterlassen, abgelehnt. Damit ist ein Urteil des Landgerichts Osnabrück geändert worden.

Zwei Gesellschafter eines Osnabrücker Unternehmens, das sich mit dem Vertrieb von Kaffeeautomaten sowie weiteren damit zusammenhängenden Leistungen für Gewerbebetriebe befasst, veräußerten in den Jahren 2010 und 2014 ihre Geschäftsanteile an eine Investoren-gruppe. Sie verpflichteten sich dabei, dem von der Investorengruppe weiter betriebenen Unternehmen keinen Wettbewerb zu machen und auch keine Mitarbeiter abzuwerben. Die zwei Gesellschafter hatten 1998 ein weiteres Unternehmen in Osnabrück gegründet, das sich ebenfalls mit dem Vertrieb von Getränkezubereitungsgeräten - allerdings vorwiegend für Privathaushalte und kleinere Büros - befasst. Kurze Zeit vor dem Verkauf der Gesellschaftsanteile an die Investorengruppe im Jahr 2014 übertrugen die Gesellschafter die Anteile an dem 1998 gegründeten Unternehmen unentgeltlich an ihre volljährigen Kinder, die inzwischen beide betriebswirtschaftlich orientierte Studiengänge abgeschlossen haben. Die Investorengruppe informierten sie darüber nicht. Im ersten Halbjahr 2015 wechselten zwei der drei Geschäftsführer sowie etliche Angestellte des von der Investorengruppe betriebenen Unternehmens zu dem Unternehmen der Gesellschafterkinder.

Das von der Investorengruppe betriebene Unternehmen nahm das Unternehmen der Gesellschafterkinder vor dem Landgericht Osnabrück im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auf Unterlassung des Wettbewerbs in seinem Geschäftsgebiet und des Abwerbens von Mitarbeitern in Anspruch. Das Landgericht gab dem Antrag hinsichtlich des geltend gemachten Wettbewerbsverbots statt, lehnte ihn aber im Übrigen ab.

Dagegen legten beide Unternehmen Berufung ein. Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg änderte die Entscheidung des Landgerichts und lehnte den Antrag des klagenden Unternehmens insgesamt ab. Zur Begründung führte er aus, dass die zwei Gesellschafter und nicht das beklagte Unternehmen sich gegenüber der Investorengruppe vertraglich verpflichtet hätten, dem klagenden Unternehmen keinen Wettbewerb zu machen und keine Mitarbeiter abzuwerben. Das beklagte Unternehmen sei an den Vereinbarungen nicht beteiligt gewesen, habe damit nichts zu tun und sei daher nicht der richtige Klagegegner. Unabhängig davon habe das klagende Unternehmen auch nicht glaubhaft gemacht, dass die zwei Gesellschafter einen maßgeblichen Einfluss auf das beklagte Unternehmen ausübten und es als Mittel für die Umgehung des Wettbewerbsverbots einsetzten. Es spreche zwar manches für die Annahme des klagenden Unternehmens, dass die zwei Gesellschafter Einfluss auf das Unternehmen ihrer Kinder hätten und dies vorantreiben wollten. Ebenso gut sei es aber denkbar, dass das beklagte Unternehmen unter seiner neuen Geschäftsführung autonome Entscheidungen treffe und nur die sich ihm bietenden wirtschaftlichen Möglichkeiten nutze. Diese Ungewissheit gehe zu Lasten des klagenden Unternehmens. Ein Wettbewerbsverstoß lasse sich, so der Senat, auch im Übrigen nicht feststellen. Das Abwerben von Mitarbeitern gehöre grundsätzlich zum freien Wettbewerb und sei nur bei Vorliegen besonderer unlauterer Umstände wettbewerbswidrig. Dem klagenden Unternehmen sei es nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass das beklagte Unternehmen gezielt Mitarbeiter abgeworben habe, um das klagende Unternehmen wirtschaftlich „lahmzulegen“.

Das Oberlandesgericht hat damit im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes rechtskräftig entschieden. Es bleibt dem klagenden Unternehmen allerdings die Möglichkeit, seinen Anspruch in einem Hauptsacheverfahren geltend zu machen.

Zwei weitere Verfahren, in denen das klagende Unternehmen die zwei ehemaligen zum Konkurrenzunternehmen abgewanderten Geschäftsführer auf Unterlassung von Wettbewerb in Anspruch genommen hat, sind nach einer im Verhandlungstermin vor dem Oberlandesgericht getroffenen Grundsatzeinigung und einem danach von den Prozessbevollmächtigten ausgearbeiteten, nunmehr gerichtlich festgestellten Vergleich erledigt worden. Darin haben sich die beiden ehemaligen Vorstandsmitglieder verpflichtet, für den Zeitraum eines Jahres Wettbewerb zu Lasten des klagenden Unternehmens zu unterlassen, während das klagende Unternehmen sich unter anderem zur Zahlung einer Karenzentschädigung (Fortzahlung von Gehalt) verpflichtet hat.

(Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 18. September 2015 zu 6 U 135/15, Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 03. Juli 2015 zu 13 O 280/15).


LG Heidelberg: Wettbewerbswidriges Abwerben von Mitarbeitern bei XING, Facebook & Co. - Volltext der Entscheidung liegt vor

LG Heidelberg
Urteil vom 23.05.2012
1 S 58/11


Die Entscheidung des LG Heidelberg zum wettbewerbswidrigen Abwerben von Mitarbeitern bei XING, Facebook & Co. liegt nunmehr im Volltext vor. Wir hatten bereits darüber berichtet.

Den Volltext finden Sie hier:

"LG Heidelberg: Wettbewerbswidriges Abwerben von Mitarbeitern bei XING, Facebook & Co. - Volltext der Entscheidung liegt vor" vollständig lesen

LG Heidelberg: Wettbewerbswidriges Abwerben von Mitarbeitern auf Social Media Plattformen - Facebook, XING & Co.

LG Heidelberg
Urteil vom 23.05.2012
1 S 58/11


Das LG Heidelberg hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegen kann, wenn versucht wird, Mitarbeiter von Mitbewerbern auf Social Media Plattformen durch gezielte Zusendung von Nachrichten abzuwerben. Im vorliegenden Fall stritten zwei Personaldienstleistungsunternehmen. Der Beklagte hatte zwei Mitarbeiter des Klägers mit der Nachricht "Sie wissen ja hoffentlich, in was für einem Unternehmen Sie gelandet sind. Ich wünsche Ihnen einfach mal viel Glück. Bei Fragen gebe ich gerne Auskunft." bei XING kontaktiert. Die streitgegenständlichen Profile waren dabei keine reinen Privatprofile, sondern wiesen einen deutlichen Bezug zum Arbeitgeber auf.