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OLG Celle: Bei Werken der Baukunst gehen die Interessen des Eigentümers an anderweitiger Nutzung oder Bebauung des Grundstücks den Interessen des Urhebers an der Erhaltung regelmäßig vor

OLG Celle
Urteil vom 27.02.2024
13 U 57/23


Das OLG Celle hat entschieden, dass bei Werken der Baukunst die Interessen des Eigentümers an einer anderweitigen Nutzung oder Bebauung des Grundstücks den Interessen des Urhebers an der Erhaltung des Werkes regelmäßig vorgehen.

Aus den Entscheidungsgründen:
Es besteht auch ein Verfügungsanspruch. Die Kläger haben derzeit einen Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1, § 14 UrhG.

1. Die in Rede stehende Brunnenanlage ("Wasserspiegel") ist als Teil der von Prof. Lange geschaffenen Platzgestaltung urheberrechtlich geschützt. Die Platzgestaltung ist ein Werk der bildenden Kunst i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG. Sie weist in der Gesamtschau - insbesondere im Hinblick auf die Brunnenanlage - die für urheberrechtlich geschützte Werke erforderliche Schöpfungshöhe (§ 2 Abs. 2 UrhG) auf. Dies ist nicht zweifelhaft und steht zwischen den Parteien auch nicht im Streit.

2. Die Kläger sind als Erben Gesamtrechtsnachfolger von Prof. Lange (§ 1922 BGB) und daher auch Inhaber von dessen urheberrechtlichen Ansprüchen geworden.

3. Der Schutzbereich von § 14 UrhG ist betroffen. Die Entfernung des Brunnens als ein wesentliches Element des Entwurfs von Prof. Lange stellt eine Beeinträchtigung seines Werkes "Platzgestaltung" dar.

Auch wenn man - wie das Landgericht - isoliert nur auf den Brunnen abstellte, wäre dies der Fall. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfasst § 14 UrhG auch die Vernichtung des Werks (BGH, Urteil vom 21. Februar 2019 - I ZR 98/17 - HHole (for Mannheim), BGHZ 221, 181-212, Rn. 31). Das Urheberpersönlichkeitsrecht kann durch die Vernichtung eines Werks in besonderer Weise betroffen sein, weil die Vernichtung das Fortwirken des Werks (als Ausdruck der Persönlichkeit seines Schöpfers) vereiteln oder erschweren kann. Durch die Vernichtung wird das geistige Band zwischen dem Urheber und seinem Werk durchschnitten (BGH, aaO Rn. 33).

4. Für das Interesse des Urhebers an dem Erhalt seines Werks streitet die in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgte Kunstfreiheit. Demgegenüber ist das Grundstückseigentum der Beklagten an dem Platz Gegenstand und Grundlage kommunaler Betätigung und genießt somit den verfassungsrechtlichen Schutz der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2019 - I ZR 98/17 - HHole (for Mannheim), BGHZ 221, 181-212, Rn. 34 f.)

5. Es ist somit eine umfassende Abwägung zwischen dem Erhaltungsinteresse der Kläger als Rechtsnachfolger des Urhebers und dem Interesse der Beklagten an einer Umgestaltung ihres Platzes vorzunehmen.

Hierbei überwiegt zum derzeitigen Zeitpunkt das Interesse der Kläger an dem Erhalt des Brunnens.

a) Bei der Prüfung, ob die Beeinträchtigung geeignet ist, die berechtigten persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden, ist eine umfassende Abwägung der Interessen des Urhebers und des Eigentümers des Werks nach den folgenden, durch den Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen vorzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2019 - I ZR 98/17 - HHole (for Mannheim), BGHZ 221, 181-212):

Bei der Interessenabwägung ist auf Seiten des Urhebers zu berücksichtigen, ob es sich bei dem vernichteten Werk um das einzige Vervielfältigungsstück des Werks handelte oder ob von dem Werk weitere Vervielfältigungsstücke existieren. Ferner ist zu berücksichtigen, welche Gestaltungshöhe das Werk aufweist und ob es ein Gegenstand der zweckfreien Kunst ist oder als angewandte Kunst einem Gebrauchszweck dient (aaO, Rn. 39).

Auf Seiten des Eigentümers können, wenn ein Bauwerk oder Kunst in oder an einem solchen betroffen ist, bautechnische Gründe oder das Interesse an einer Nutzungsänderung von Bedeutung sein. Bei Werken der Baukunst oder mit Bauwerken unlösbar verbundenen Kunstwerken werden die Interessen des Eigentümers an einer anderweitigen Nutzung oder Bebauung des Grundstücks oder Gebäudes den Interessen des Urhebers am Erhalt des Werks in der Regel vorgehen, sofern sich aus den Umständen des Einzelfalls nichts anderes ergibt (aaO, Rn. 40).

Im Rahmen der Interessenabwägung kann sich auswirken, ob der Eigentümer dem Urheber Gelegenheit gegeben hat, das Werk zurückzunehmen oder - wenn dies aufgrund der Beschaffenheit des Werks nicht möglich ist - Vervielfältigungsstücke hiervon anzufertigen (aaO, Rn. 41).

b) Nach dieser Maßgabe überwiegt derzeit im Ergebnis das Erhaltungsinteresse der Kläger.

aa) Auf Seiten der Kläger ist zu berücksichtigen, dass die in Rede stehende Platzgestaltung eine vergleichsweise hohe Gestaltungshöhe aufweist und durch die Entfernung des Brunnens ihr wesentliches Element verlieren würde.

(1) Die Platzgestaltung weist eine - bezogen auf die Aufgabenstellung - vergleichsweise hohe Gestaltungshöhe auf. Die Relativierung durch das Landgericht überzeugt nicht. Insbesondere die Brunnenanlage trägt zu der besonderen Gestaltungshöhe bei, sie weist eine hohe Originalität auf. Die strenge, monumentale Geometrie der kreisrunden Brunneneinfassung wird "gestört" durch einen asymmetrisch kreuzenden Steg und geheimnisvoll wirkende, teilweise bepflanzte "Ruinen-Elemente", die die Phantasie des Betrachters dazu anregt, sich über die mögliche Funktion und Bedeutung Gedanken zu machen. Die Spiegelungen der geometrischen Naturstein-Elemente und der Bepflanzung in der Wasserfläche verstärken diesen Eindruck. Es ist verfehlt und verkennt die künstlerische Gestaltung, wenn das Landgericht darauf abstellt, dass ein Wasserspiegel ein nicht selten anzutreffendes Grundelement sei. Es ist künstlerischem Schaffen immanent, dass regelmäßig bekannte Grundelemente in neuer Weise kombiniert werden. Die Besonderheit liegt hier gerade darin, wie der Entwurf verhältnismäßig einfache geometrische Formen und das Element Wasser nutzt, um bestimmte Eindrücke zu erzeugen.

Darüber hinaus verkennt das Landgericht das zu beurteilende Werk, wenn es darauf abstellt, dass bei einem Brunnen vor allem Gebrauchszwecke zentral seien. Auch wenn der Platz als solches als Verkehrs- und Aufenthaltsfläche bestimmten Gebrauchszwecken dient, betrifft dies nicht den Brunnen als wesentliches Gestaltungselement des Platzes. Gerade der Brunnen beeindruckt dadurch, dass er mit seinen ungewöhnlichen Ausmaßen und seinen besonderen, spielerischen Elementen (Stege und Inseln) - außer der Möglichkeit, auf der gestuften Einfassung zu sitzen - weitgehend zweckfrei ist. Auch wenn der Entwurf Bezüge zu der in den 1980er Jahren aktuellen Architekturrichtung der Postmoderne aufweist, ist er stark durch eigenständige Merkmale geprägt.

Es trifft auch nicht zu, dass der Brunnen keine Bezüge zu seiner Umgebung aufweist. Der Entwurfsplan (Anlage Ast 2) veranschaulicht, dass die Platzgestaltung durchaus in Beziehung zu dem damaligen Neubau des Bankgebäudes tritt. Dies geschieht zum einen durch den das Gebäude durchquerenden Weg und die - wie der Brunnen - mit runden, gestuften Steinelementen eingefasste Baumreihe an der Berliner Allee, die an der dem Platz abgewandten Gebäudeseite im Bereich des Durchlasses des vorgenannten Weges beginnt, wodurch das Gebäude in die Platzgestaltung einbezogen wird. Zum anderen finden sich das Kreissegment des Grundrisses des Hauptgebäudes der Bank sowie der runde Aufbau des Nebengebäudes auch in der Geometrie des Brunnens wieder.

Ein bedeutendes Indiz für die besondere Gestaltungshöhe der Platzgestaltung ist schließlich auch, dass der Entwurf aus einem Architektenwettbewerb, an dem im Übrigen auch der damalige Stadtbaurat der Beklagten als Fachpreisrichter beteiligt war, als Sieger hervorging (s. Anlagen Ast 24 und 25).

(2) Im Grundsatz zur Recht beanstanden die Kläger auch, dass das Landgericht bei seiner Interessenabwägung von der Beseitigung des Brunnens als einem isolierten Werk ausgegangen sei und nicht die Platzgestaltung als Gesamtwerk berücksichtigt habe, das durch die Beseitigung des Brunnens eine gravierende Änderung erfahre.

Wenn infolge einer teilweisen Vernichtung eines Werkes Fragmente des Werkes erhalten bleiben, kann dies unter Umständen das Urheberpersönlichkeitsrecht stärker beeinträchtigen, als die vollständige Vernichtung des Werkes. Die Existenz des Fragments, das noch auf den Urheber hindeutet, stört dessen persönliche geistige Beziehung zu dem ursprünglichen, vollständigen Werk (Wandtke/Bullinger/Bullinger, 6. Aufl. 2022, UrhG § 14 Rn. 26). Die Interessen des Urhebers sind besonders dann beeinträchtigt, wenn Betrachter die verbliebenen Fragmente dem ursprünglichen Urheber zuordnen und dabei nicht erkennen, dass der Urheber das Werk so, wie es sich jetzt darstellt, nicht geschaffen hat.

Im Streitfall ist allerdings eher fernliegend, dass die nach einer Entfernung des Brunnens verbleibenden Teilelemente für einen interessierten Betrachter noch auf eine einheitliche Platzgestaltung als Gesamtwerk hinweisen. Der ursprüngliche Entwurf ist bereits durch die Entfernung der "Wasserwand" erheblich verändert worden. Nach einer Beseitigung des Brunnens würden nur noch wenige Gestaltungselemente verbleiben. Am Markantesten sind noch die Natursteineinfassungen der Bäume und Anpflanzungen an der Berliner Allee; diese sind aber durch den Hotelneubau von dem Platz deutlich getrennt worden, sodass sie auch von interessierten Betrachtern - wenn sie nicht über besonderes Hintergrundwissen über den früheren Zustand des Platzes verfügen - nach einer Entfernung des Brunnens kaum noch als Bestandteil einer einheitlichen Platzgestaltung wahrgenommen werden dürften. Auch der etwas abseits des eigentlichen Platzes gelegene Abgang zu der Unterführung wird unter Berücksichtigung der abweichenden Materialien (Sichtbeton und rote Klinkerpflasterung) kaum als Bestandteil der sonstigen Platzgestaltung wahrgenommen werden.

Wer hingegen die ursprüngliche Platzgestaltung kennt, wird auch erkennen, dass das ursprüngliche Werk verändert wurde und der beeinträchtigte Zustand nicht dem Urheber zugerechnet werden kann.

Dem Aspekt, dass die nach der Brunnenentfernung verbleibende Platzgestaltung auf ein Werk hindeuten würde, dass der Entwurfsverfasser so nicht geschaffen hat, kommt daher bei der Abwägung keine maßgebliche Bedeutung zu. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die bereits entfernte Wasserwand im Hinblick auf eine absehbare Bebauung von Anfang an nur als Provisorium konzipiert war oder - wie die Beklagte nach dem Schluss der Verhandlung näher vortragen hat - als wichtiger Bestandteil des Gesamtkonzepts von Prof. Lange anzusehen war.

(3) Weil das Werk entscheidend durch das markante Brunnenbauwerk geprägt wird, reduziert es auf der anderen Seite das Erhaltungsinteresse der Kläger aber auch nicht wesentlich, dass die ursprünglich entworfene Platzgestaltung durch den Hotelneubau und die Entfernung der "Wasserwand" bereits eine Änderung erfahren hat, bei der das Hotel teilweise die Funktion der "Wasserwand" übernommen hat, den Platz gegenüber der Berliner Allee abzuschirmen.

(4) Der von der Beklagten angebotenen Überlassung von Brunnenbauteilen und einer Dokumentation ist bei der Abwägung kein entscheidendes Gewicht beizumessen. Die Aufbewahrung einzelner Bauteile könnte kaum dazu beitragen, eine Erinnerung an die Gestaltung des Brunnens zu bewahren. Dass die Kläger den Brunnen mit den Bauteilen andernorts wieder aufbauen könnten, erscheint schon angesichts der Dimensionen des Brunnens fernliegend und könnte auch die ursprüngliche Platzgestaltung nicht rekonstruieren. In dem gegenwärtigen sanierungsbedürftigen Zustand des Brunnens ist auch die Anfertigung einer Foto-Dokumentation - über bereits vorhandene Unterlagen hinaus - kaum geeignet, Urheberinteressen zu dienen.

bb) Auf Seiten der Beklagten ist entscheidend ihr Interesse an einer anderweitigen Nutzung der durch den Brunnen eingenommenen Fläche zu berücksichtigen.

(1) Allerdings existieren noch keine Planungen der Beklagten dazu, wie der Platz und insbesondere die bisherige Brunnenfläche nach der Entfernung des Brunnens dauerhaft gestaltet werden sollen. In der dem Stadtbezirksrat vorgelegten Beschlussdrucksache vom 21. August 2023 zum "Rückbau des Zierbrunnens Andreas-Hermes-Platz-Brunnen auf dem Andreas-Hermes-Platz" kündigte die Beklagte an, dass sie im Jahr 2024 mit den Planungen für ein neues dauerhaftes Gestaltungs- und Nutzungskonzept des Platzes beginnen und dieses den Ratsgremien vorschlagen werde (Bl. 141 LG-A). Es muss einem schutzwürdigen Interesse der Beklagten an einer Nutzungsänderung jedoch nicht entgegenstehen, dass noch keine Planung für die dauerhafte Gestaltung des Platzes vorliegt. Schutzwürdig kann auch das Interesse sein, während einer Zwischenphase neue Konzepte zu erproben und dafür auch bereits den Brunnen zu entfernen. Dem steht nicht grundsätzlich entgegen, dass die Beklagte dann im Verlauf dieser Zwischennutzung möglicherweise auch zu dem Ergebnis gelangen könnte, dass für die endgültige Platzgestaltung eine Entfernung des Brunnens, den Prof. Lange nach den im Architektenwettbewerb vom damaligen Stadtbaurat geäußerten Vorstellungen der Beklagten, insbesondere zur Unterstützung von mehr Sozialkontrolle, statt des ursprünglich vorgesehenen "Paradiesgartens" entworfen hatte (Anlage Ast 24, Bl. 78 f. OLG-A), gar nicht erforderlich gewesen wäre.

(2) Auch für die beabsichtigte Zwischennutzung liegt aber keine näher konkretisierte Planung vor.

Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bezirksrats war dazu nach der Beschlussvorlage angekündigt, dass die Projektgruppe der AG bahnhofsnahe Plätze zeitnah Ideen entwickeln werde. Die hierzu nunmehr in der Berufungsinstanz vorgelegte Planungsskizze hat erkennbar den Charakter einer ersten Ideensammlung. Sie wirft zahlreiche Fragen auf, die sich bei der konkreten Planung der Interimsnutzung stellen werden. Bei vielen der schlagwortartig aufgeführten Ideen ist noch nicht ersichtlich, wie die Umsetzung erfolgen soll. Es ist unklar, ob tatsächlich für eine nur dreijährige Interimsnutzung eine derart aufwändige Umgestaltung - mit Pflanzung zahlreicher Bäume ("Wald") und der Anlage großer Grünflächen ("Gärten") - erfolgen soll, wie es die Skizze nahelegt. Welchen Bezug die eingefügten Fotos zu der Planung haben, ob beispielsweise eine versiegelte Fläche zum Rollschuhfahren angelegt werden soll, ist nicht ersichtlich. Unklar ist auch der konkrete Stand der erforderlichen Abstimmungsprozesse mit den verschiedenen zu beteiligenden Fachbereichen der Beklagten und ihren politischen Gremien sowie mit den Anliegern und den für eine "soziale Kuratierung" vorgesehenen "vielen Partner*innen". Insbesondere ist nicht ersichtlich, inwieweit die Finanzierung für eine derart aufwändige Umgestaltung des Platzes zur Interimsnutzung gesichert ist. Der auf dem Plan unter "Die nächsten Schritte" aufgeführte Punkt "Konkretisierung der notwendigen Finanzmittel" verdeutlicht, dass mit hohen Kosten zu rechnen und die Finanzierung zu klären ist. Im Ergebnis bleibt unklar, welche Aussicht auf eine Umsetzung für die in der Planungsskizze dargestellte Zwischennutzung besteht.

(3) Auf den vorstehend dargestellten Planungsstand der Beklagten zu der endgültigen Platzgestaltung und der Zwischennutzung käme es nicht entscheidend an, wenn aus Sicht der Beklagten in jedem Fall - unabhängig von der konkreten Planung - schon mit der bloßen Entfernung des Brunnens eine Verbesserung der gegenwärtigen Situation eintreten würde, die bei einem Erhalt des Brunnens nicht erreicht werden könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr geht auch die Beklagte davon aus, dass verschiedene Maßnahmen erforderlich sind, um nach einem Abriss des Brunnens die gewünschte Revitalisierung des Platzes zu erreichen. Auf der anderen Seite erscheint es auch nicht ganz fernliegend, dass auch bei dem Erhalt des Brunnens mit gewissen anderweitigen Änderungen, insbesondere bei Eröffnung einer Außengastronomie, die gewünschte Verbesserung der derzeitigen Situation zu erreichen wäre. Es kommt daher bei der Interessenabwägung entscheidend darauf an, inwieweit konkrete Planungen der Beklagten zur geänderten Nutzung und Umgestaltung des Platzes vorliegen und eine hinreichende Aussicht auf eine Realisierung besteht.

(4) Weiter ist bei dem Beseitigungsinteresse der Beklagten in den Blick zu nehmen, dass der Brunnen gegenwärtig sanierungsbedürftig ist und die Ertüchtigung mit - im Einzelnen zwar streitigen, jedenfalls aber erheblichen - Kosten verbunden wäre. Allerdings wären auch die Entfernung des Brunnens (geschätzte Kosten mit Herstellung einer Steinsandfläche: 368.000 €, Bl. 142 LG-A), die beabsichtigte Umgestaltung zur Zwischennutzung und die abschließende Neugestaltung des Platzes und sowie der laufende Unterhalt etwaiger Geräte, Bepflanzungen etc. mit hohen, möglicherweise deutlich höheren Kosten verbunden (vgl. auch Angaben auf der Planungsskizze der Beklagten). Um das Gewicht des Kosteninteresses der Beklagten abschätzen zu können, wären nachvollziehbare Kostenschätzungen für beide Szenarien erforderlich.

cc) Im Ergebnis überwiegt derzeit bei der umfassenden Interessenabwägung das von den Klägern wahrgenommene Interesse des Urhebers an der Erhaltung seines Werks gegenüber dem Interesse der Beklagten an einer Umgestaltung des Platzes. Zwar gehen die Interessen des Grundstückseigentümers in der Regel gegenüber dem Urheberinteresse vor. Vorliegend genügt jedoch der gegenwärtige Stand der Planung der Beklagten für eine - dauerhafte oder vorübergehende - Umgestaltung und Umnutzung des Platzes nicht, um das verfassungsrechtlich geschützte Interesse des Urhebers an dem Erhalt seines Werks zurücktreten zu lassen. Es ist der Beklagten zuzumuten, zunächst ihre Nutzungsabsichten näher zu konkretisieren.

6. Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen war der Verbotstenor abweichend von dem Wortlaut des Verfügungsantrags zu fassen. Dass die Beklagte gegenwärtig - auf der Grundlage des vorliegenden Planungsstandes als konkrete Verletzungsform - den Brunnen nicht beseitigen darf, schließt es nicht aus, dass sie weitere Planungen für eine Änderung der Platzgestaltung vornimmt, die den Abriss des Brunnens beinhalten und bei einer erneuten Interessenabwägung zu berücksichtigen wären.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: HOAI-Mindestsätze in der Fassung 2013 sind in laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen trotz Unionsrechtwidrigkeit weiterhin anwendbar

BGH
Urteil vom 02.06.2022
VII ZR 174/19


Der BGH hat entschieden, dass die HOAI-Mindestsätze in der Fassung 2013 in laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen trotz Unionsrechtswidrigkeit weiterhin anwendbar sind.

Die Pressemitteilung des BGH:
Mindestsätze der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) in der Fassung aus dem Jahr 2013 sind in einem laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen weiterhin anwendbar

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hatte in einem von der Europäischen Kommission betriebenen Vertragsverletzungsverfahren durch Urteil vom 4. Juli 2019 (C-377/17) entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe g und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (Dienstleistungsrichtlinie) verstoßen hat, dass sie verbindliche Honorare für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren beibehalten hat. In der Instanzrechtsprechung sowie im Schrifttum war daraufhin ein Meinungsstreit darüber entstanden, ob die betreffenden Vorschriften der Dienstleistungsrichtlinie im Rahmen eines laufenden Gerichtsverfahrens zwischen Privatpersonen in der Weise unmittelbare Wirkung entfalten, dass die der Richtlinie entgegenstehenden nationalen Regelungen in § 7 der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI), wonach die in dieser Honorarordnung statuierten Mindestsätze für Planungs- und Überwachungsleistungen grundsätzlich verbindlich sind und eine die Mindestsätze unterschreitende Honorarvereinbarung in Verträgen mit Architekten oder Ingenieuren unwirksam ist, nicht mehr anzuwenden sind.

Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Architekten- und Ingenieurverträge zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat daraufhin in dem Revisionsverfahren VII ZR 174/19, dem die HOAI in der Fassung aus dem Jahre 2013 zugrunde liegt, mit Beschluss vom 14. Mai 2020 dem EuGH in einem Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV mehrere Fragen zur Unionsrechtswidrigkeit des verbindlichen Preisrechts der HOAI (2013) vorgelegt (vgl. Pressemitteilung Nr. 59/2020). Der EuGH hat durch Urteil vom 18. Januar 2022 (C-261/20 - Thelen Technopark Berlin) entschieden, dass das Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreit anhängig ist, in dem sich ausschließlich Privatpersonen gegenüberstehen, nicht allein aufgrund des Unionsrechts verpflichtet ist, eine nationale Regelung unangewendet zu lassen, die unter Verstoß gegen die in Rede stehenden Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie Mindesthonorare für die Leistungen von Architekten und Ingenieuren festsetzt und die Unwirksamkeit von Vereinbarungen vorsieht, die von dieser Regelung abweichen, jedoch unbeschadet zum einen der Möglichkeit dieses Gerichts, die Anwendung der Regelung im Rahmen eines solchen Rechtsstreits aufgrund des innerstaatlichen Rechts auszuschließen, und zum anderen des Rechts der durch die Unvereinbarkeit des nationalen Rechts mit dem Unionsrecht geschädigten Partei, Ersatz des ihr daraus entstandenen Schadens zu verlangen.

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute in dem zugrundeliegenden Revisionsverfahren VII ZR 174/19 eine abschließende Entscheidung getroffen.

Sachverhalt:

Der Kläger, der ein Ingenieurbüro betreibt, verlangt von der Beklagten die Zahlung restlicher Vergütung aufgrund eines im Jahre 2016 abgeschlossenen Ingenieurvertrages, in dem die Parteien für die vom Kläger zu erbringenden Ingenieurleistungen bei einem Bauvorhaben der Beklagten ein Pauschalhonorar in Höhe von 55.025 € vereinbart hatten.

Nachdem der Kläger den Ingenieurvertrag gekündigt hatte, rechnete er im Juli 2017 seine erbrachten Leistungen in einer Honorarschlussrechnung auf Grundlage der Mindestsätze der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) in der Fassung aus dem Jahr 2013 ab. Mit der Klage hat er eine noch offene Restforderung in Höhe von 102.934,59 € brutto geltend gemacht.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 100.108,34 € verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Beklagte zur Zahlung von 96.768,03 € verurteilt. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Das Oberlandesgericht hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe ein restlicher vertraglicher Zahlungsanspruch nach den Mindestsätzen der HOAI (2013) zu. Die im Ingenieurvertrag getroffene Pauschalpreisvereinbarung sei wegen Verstoßes gegen den Mindestpreischarakter der HOAI als zwingendes Preisrecht unwirksam. Das in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland ergangene Urteil des EuGH ändere nichts an der Anwendbarkeit der maßgeblichen Bestimmungen der HOAI zum Mindestpreischarakter.

Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiterverfolgt.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts hat damit Bestand.

Wie der Bundesgerichtshof bereits in seinem Vorlagebeschluss an den EuGH vom 14. Mai 2020 ausgeführt hat, sind nach nationalem Recht die Vorschriften der HOAI, die das verbindliche Preisrecht (hier: die Mindestsätze) regeln, unbeschadet des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 4. Juli 2019 (C-377/17 - Kommission/Deutschland) anzuwenden und führen zu einem Honoraranspruch des Klägers in der vom Oberlandesgericht zuerkannten Höhe. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die zwischen den Parteien im Ingenieurvertrag getroffene Pauschalhonorarvereinbarung nach nationalem Recht unwirksam, weil sie das sich bei Anwendung der Mindestsätze ergebende Honorar unterschreitet, ohne dass ein Ausnahmefall gemäß § 7 Abs. 3 HOAI vorliegt. Der Kläger kann danach von der Beklagten das Mindestsatzhonorar, dessen Berechnung der Höhe nach nicht angegriffen ist, abzüglich bereits geleisteter Zahlungen verlangen.

Die hiergegen gerichteten Einwände der Beklagten, die sich unter anderem auf einen Verstoß des Klägers gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB berufen hat, greifen nicht durch. Der Bundesgerichtshof hat insoweit auf seine Ausführungen im Beschluss vom 14. Mai 2020 (VII ZR 174/19) Bezug genommen, von denen abzuweichen kein Anlass besteht. Ergänzend hierzu hat er in seinem heute verkündeten Urteil darauf hingewiesen, dass die Geltendmachung eines Anspruchs durch eine Partei insbesondere nicht deshalb gemäß § 242 BGB als treuwidrig und damit unzulässig bewertet werden kann, weil die nationale Rechtsvorschrift, aus der der Anspruch hergeleitet wird, gegen eine Richtlinie der Europäischen Union verstößt. Eine Partei kann sich vielmehr grundsätzlich auf eine nationale Rechtsvorschrift berufen, solange diese weiterhin gültig und im Verhältnis der Parteien anwendbar ist. Das von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut der unzulässigen Rechtsausübung ist nur dann einschlägig, wenn die Anwendung einer Rechtsvorschrift einen im Einzelfall bestehenden Interessenkonflikt ausnahmsweise nicht hinreichend zu erfassen vermag und für einen Beteiligten ein unzumutbares unbilliges Ergebnis zur Folge hätte. Es dient jedoch nicht dazu, eine vom nationalen Gesetzgeber mit einer Rechtsvorschrift getroffene Wertung generell durch eine andere Regelung zu ersetzen.

Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 7 HOAI unter Berücksichtigung der im Vertragsverletzungsverfahren ergangenen Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 4. Juli 2019 (C-377/17 - Kommission/Deutschland) führt, wie der Bundesgerichtshof ebenfalls bereits mit Beschluss vom 14. Mai 2020 (VII ZR 174/19) im Einzelnen ausgeführt hat, gleichfalls nicht zum Erfolg der Revision der Beklagten. § 7 HOAI kann nicht richtlinienkonform dahin ausgelegt werden, dass die Mindestsätze der HOAI im Verhältnis zwischen Privatpersonen grundsätzlich nicht mehr verbindlich sind und daher einer die Mindestsätze unterschreitenden Honorarvereinbarung nicht entgegenstehen.

Nach dem nunmehr im Vorabentscheidungsverfahren ergangenen Urteil des
EuGH vom 18. Januar 2022 (C-261/20 - Thelen Technopark Berlin) steht fest, dass der Bundesgerichtshof im Streitfall nicht aufgrund Unionsrechts verpflichtet ist, das verbindliche Mindestsatzrecht der HOAI unangewendet zu lassen. Der EuGH hat insoweit festgestellt, dass der Dienstleistungsrichtlinie eine unmittelbare Wirkung in einem Rechtsstreit zwischen Privatpersonen - wie hier - nicht zukommt. Die betreffende Richtlinie steht der Anwendung der verbindlichen Mindestsätze daher nicht entgegen. Der EuGH hat ferner ausgeführt, dass die zuständigen nationalen Gerichte nicht allein aufgrund eines im Vertragsverletzungsverfahren erlassenen Urteils verpflichtet sind, im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Privatpersonen eine nationale Regelung, die gegen die Bestimmung einer Richtlinie verstößt, unangewendet zu lassen.

Europäisches Primärrecht in Form der Niederlassungsfreiheit, der Dienstleistungsfreiheit oder sonstige allgemeine Grundsätze des Unionsrechts stehen der Anwendung der in der HOAI verbindlich geregelten Mindestsätze im Streitfall ebenfalls nicht entgegen. Der EuGH hat insoweit klargestellt, dass die Bestimmungen des AEUV über die Niederlassungsfreiheit, den freien Dienstleistungsverkehr und den freien Kapitalverkehr auf einen Sachverhalt, dessen Merkmale nicht über die Grenzen eines Mitgliedsstaates hinausweisen, grundsätzlich keine Anwendung finden. Da der vorliegende Rechtsstreit durch Merkmale charakterisiert sei, die sämtlich nicht über die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland hinauswiesen, könne ohne die Angabe eines Anknüpfungspunktes bezüglich der Vorschriften des Unionsrechts betreffend die Grundfreiheiten durch das vorlegende nationale Gericht nicht davon ausgegangen werden, dass das entsprechende Ersuchen um Auslegung für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich sei. Wenngleich der EuGH die diesbezügliche Vorlagefrage des Bundesgerichtshofs deshalb als unzulässig beschieden hat, steht danach fest, dass die betreffenden Grundfreiheiten oder sonstige allgemeine Grundsätze des Unionsrechts der Anwendung der in der HOAI verbindlich geregelten Mindestsätze im Streitfall nicht entgegenstehen. Über die sich bereits aus dem Vorabentscheidungsersuchen vom 14. Mai 2020 (VII ZR 174/19) ergebenden Ausführungen hinaus sind keine Anknüpfungspunkte bezüglich der Vorschriften des Unionsrechts betreffend die Grundfreiheiten oder sonstige allgemeine Grundsätze des Unionsrechts festzustellen. Veranlassung für ein erneutes Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union besteht daher nicht.

Vorinstanzen:

LG Essen - Urteil vom 28. Dezember 2017 - 6 O 351/17

OLG Hamm - Teilverzichts- und Schlussurteil vom 23. Juli 2019 - 21 U 24/18 (BauR 2019, 1810)

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

Bürgerliches Gesetzbuch

§ 242 Leistung nach Treu und Glauben

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (2013)

§ 1 Anwendungsbereich

Diese Verordnung regelt die Berechnung der Entgelte für die Grundleistungen der Architekten und Architektinnen und der Ingenieure und Ingenieurinnen (Auftragnehmer oder Auftragnehmerinnen) mit Sitz im Inland, soweit die Grundleistungen durch diese Verordnung erfasst und vom Inland aus erbracht werden.

§ 7 Honorarvereinbarung

(1) Das Honorar richtet sich nach der schriftlichen Vereinbarung, die die Vertragsparteien bei Auftragserteilung im Rahmen der durch diese Verordnung festgesetzten Mindest- und Höchstsätze treffen.

(2) …

(3) Die in dieser Verordnung festgesetzten Mindestsätze können durch schriftliche Vereinbarung in Ausnahmefällen unterschritten werden.

(4) …

(5) Sofern nicht bei Auftragserteilung etwas anderes schriftlich vereinbart worden ist, wird unwiderleglich vermutet, dass die jeweiligen Mindestsätze gemäß Absatz 1 vereinbart sind.

(6) …

Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (Dienstleistungsrichtlinie)

Art. 15 Zu prüfende Anforderungen

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen, ob ihre Rechtsordnungen die in Absatz 2 aufgeführten Anforderungen vorsehen, und stellen sicher, dass diese Anforderungen die Bedingungen des Absatzes 3 erfüllen. Die Mitgliedstaaten ändern ihre Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um sie diesen Bedingungen anzupassen.

(2) Die Mitgliedstaaten prüfen, ob ihre Rechtsordnung die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit von folgenden nicht diskriminierenden Anforderungen abhängig macht:



g) der Beachtung von festgesetzten Mindest- und/oder Höchstpreisen durch den Dienstleistungserbringer;



(3) Die Mitgliedstaaten prüfen, ob die in Absatz 2 genannten Anforderungen folgende Bedingungen erfüllen:

a) Nicht-Diskriminierung: die Anforderungen dürfen weder eine direkte noch eine indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder - bei Gesellschaften - aufgrund des Orts des satzungsmäßigen Sitzes darstellen;

b) Erforderlichkeit: die Anforderungen müssen durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein;

c) Verhältnismäßigkeit: die Anforderungen müssen zur Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels geeignet sein; sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist; diese Anforderungen können nicht durch andere weniger einschneidende Maßnahmen ersetzt werden, die zum selben Ergebnis führen.

(5-7) …

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)

Art. 267

Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet im Wege der Vorabentscheidung

a) über die Auslegung der Verträge,

b) …

Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen.

Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet. …




EuGH: HOAI-Mindestsatzklagen müssen trotz Verstoßes der HOAI-Mindestsätze gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie entschieden werden

EuGH
Urteil vom 18.01.2022
C-261/20
Thelen Technopark Berlin gegen MN


Der EuGH hat entschieden, dass HOAI-Mindestsatzklagen trotz Verstoßes der HOAI-Mindestsätze gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie entschieden werden müssen.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Obwohl der Gerichtshof bereits festgestellt hat, dass die deutsche Regelung, die Mindesthonorare für die Leistungen von Architekten und Ingenieuren festsetzt (HOAI), gegen die Dienstleistungsrichtlinie verstößt, ist ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreit zwischen Privatpersonen anhängig ist, nicht allein aufgrund des Unionsrechts verpflichtet, diese deutsche Regelung unangewendet zu lassen.

Dies gilt jedoch unbeschadet zum einen der Möglichkeit dieses Gerichts, die Anwendung dieser Regelung im Rahmen eines solchen Rechtsstreits aufgrund des innerstaatlichen Rechts auszuschließen, und zum anderen der Möglichkeit der durch die Unvereinbarkeit dieser Regelung mit dem Unionsrecht geschädigten Partei, gegebenenfalls Schadensersatz vom deutschen Staat zu verlangen.

2016 schlossen Thelen, eine Immobiliengesellschaft, und MN, ein Ingenieur, einen Ingenieurvertrag, in dessen Rahmen MN sich gegen die Zahlung eines Pauschalhonorars in Höhe von 55 025 Euro verpflichtete, bestimmte Leistungen nach der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure – HOAI) vom 10. Juli 2013 zu erbringen.

Ein Jahr später kündigte MN diesen Vertrag und rechnete seine erbrachten Leistungen in einer Honorarschlussrechnung ab. Unter Berufung auf eine Bestimmung der HOAI , nach der der Dienstleistungserbringer für die von ihm erbrachte Leistung Anspruch auf eine Vergütung hat, die mindestens dem im nationalen Recht festgesetzten Mindestsatz entspricht, und unter
Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlungen erhob MN Klage, um die Zahlung des geschuldeten Restbetrags in Höhe von 102 934,59 Euro geltend zu machen, d. h. eines höheren Betrags als des von den Vertragsparteien vereinbarten.

Thelen, die in erster und zweiter Instanz teilweise unterlegen war, legte beim Bundesgerichtshof (Deutschland), dem vorlegenden Gericht in der vorliegenden Rechtssache, Revision ein. Im Rahmen seines Vorabentscheidungsersuchens weist dieses Gericht darauf hin, dass der Gerichtshof bereits die Unvereinbarkeit dieser Bestimmung der HOAI mit der Bestimmung der Richtlinie 2006/123 festgestellt habe, die es den Mitgliedstaaten im Wesentlichen verbiete, Anforderungen beizubehalten, die die Ausübung einer Tätigkeit von der Beachtung von Mindestund/oder Höchstpreisen durch den Dienstleistungserbringer abhängig machten, es sei denn diese Anforderungen erfüllten die kumulativen Bedingungen der Nicht-Diskriminierung, der
Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit . Das vorlegende Gericht beschloss daher, den Gerichtshof mit der Frage zu befassen, ob ein nationales Gericht bei der Beurteilung der Begründetheit der Klage eines Einzelnen gegen einen anderen Einzelnen die einer Richtlinie, hier der Dienstleistungsrichtlinie, widersprechende Bestimmung des nationalen Rechts, auf die die
Klage gestützt wird, unangewendet lassen muss. Hierzu führt das vorlegende Gericht aus, dass eine mit der Dienstleistungsrichtlinie konforme Auslegung der HOAI im vorliegenden Fall nicht möglich sei.

Würdigung durch den Gerichtshof
Mit seinem Urteil erkennt der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht, dass ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreit anhängig ist, in dem sich ausschließlich Privatpersonen gegenüberstehen, nicht allein aufgrund des Unionsrechts verpflichtet ist, eine nationale Regelung unangewendet zu lassen, die unter Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. g und Abs. 3 der Dienstleistungsrichtlinie Mindesthonorare für die Leistungen von Architekten und Ingenieuren festsetzt und die Unwirksamkeit von Vereinbarungen vorsieht, die von dieser Regelung abweichen.

Zwar verpflichtet der Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts alle mitgliedstaatlichen Stellen, den verschiedenen Vorschriften der Europäischen Union volle Wirksamkeit zu verschaffen. Zudem verlangt dieser Grundsatz, dass das nationale Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die Bestimmungen des Unionsrechts anzuwenden hat, dann, wenn es eine nationale Regelung nicht unionsrechtskonform auslegen kann, für die volle Wirksamkeit der Bestimmungen des Unionsrechts Sorge zu tragen hat, indem es erforderlichenfalls jede – auch spätere – entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Bestimmung auf gesetzgeberischem Weg oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste.

Allerdings ist ein nationales Gericht nicht allein aufgrund des Unionsrechts verpflichtet, eine Bestimmung seines nationalen Rechts, die mit einer Bestimmung des Unionsrechts in Widerspruch steht, unangewendet zu lassen, wenn die letztgenannte Bestimmung keine unmittelbare Wirkung hat. Gleichwohl kann davon unbeschadet dieses Gericht sowie jede zuständige nationale Verwaltungsbehörde die Anwendung jeder Bestimmung des nationalen Rechts, die gegen eine Bestimmung des Unionsrechts ohne unmittelbare Wirkung verstößt, aufgrund des innerstaatlichen Rechts ausschließen.

Im vorliegenden Fall weist der Gerichtshof darauf hin, dass Art. 15 Abs. 1 der Dienstleistungsrichtlinie nach seiner eigenen Rechtsprechung eine unmittelbare Wirkung entfalten kann, da diese Bestimmung hinreichend genau, klar und unbedingt ist. Diese Bestimmung als solche wird jedoch im vorliegenden Fall in einem Rechtsstreit zwischen Privaten angeführt, um die
Anwendung einer gegen sie verstoßenden nationalen Regelung auszuschließen. Konkret würde die Anwendung von Art. 15 Abs. 1 der Dienstleistungsrichtlinie im Ausgangsrechtsstreit MN sein Recht nehmen, ein Honorar in der Höhe einzufordern, die dem in den fraglichen nationalen Vorschriften vorgesehenen Mindestsatz entspricht. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs schließt
jedoch aus, dass dieser Bestimmung im Rahmen eines solchen Rechtsstreits zwischen Privaten eine solche Wirkung zuerkannt werden kann.

Der Gerichtshof führt weiter aus, dass nach Art. 260 Abs. 1 AEUV, wenn der Gerichtshof eine Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats feststellt, dieser Mitgliedstaat die Maßnahmen zu ergreifen hat, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergeben, wobei die zuständigen nationalen Gerichte und Verwaltungsbehörden ihrerseits verpflichtet sind, alle Bestimmungen zu erlassen, um die volle Geltung des Unionsrechts zu erleichtern, und dabei erforderlichenfalls eine gegen das Unionsrecht
verstoßende nationale Bestimmung unangewendet zu lassen. Gleichwohl haben die Urteile, mit denen solche Verstöße festgestellt werden, vor allem die Festlegung der Aufgaben der Mitgliedstaaten im Fall der Verletzung ihrer Pflichten zum Gegenstand, und nicht die Verleihung von Rechten an Einzelne. Daher sind diese Gerichte oder Behörden nicht allein aufgrund solcher Urteile verpflichtet, im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Privaten eine nationale Regelung, die gegen die Bestimmung einer Richtlinie verstößt, unangewendet zu lassen.

Dagegen könnte sich die durch die Unvereinbarkeit des nationalen Rechts mit dem Unionsrecht geschädigte Partei auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs berufen, um gegebenenfalls Ersatz eines durch diese Unvereinbarkeit entstandenen Schadens zu erlangen. Nach dieser Rechtsprechung muss jeder Mitgliedstaat sicherstellen, dass dem Einzelnen der Schaden ersetzt wird, der ihm durch die Nichtbeachtung des Unionsrechts entstanden ist.

Der Gerichtshof hebt insoweit hervor, dass, nachdem er bereits festgestellt hat, dass die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist und ihre Beibehaltung daher eine Vertragsverletzung seitens der Bundesrepublik Deutschland darstellt, dieser Verstoß gegen das Unionsrecht als offenkundig qualifiziert im Sinne seiner Rechtsprechung zur außervertraglichen Haftung eines Mitgliedstaats wegen Verstoßes gegen das Unionsrecht anzusehen ist.


Tenor der Entscheidung:

Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreit anhängig ist, in dem sich ausschließlich Privatpersonen gegenüberstehen, nicht allein aufgrund dieses Rechts verpflichtet ist, eine nationale Regelung unangewendet zu lassen, die unter Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. g und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt Mindesthonorare für die Leistungen von Architekten und Ingenieuren festsetzt und die Unwirksamkeit von Vereinbarungen vorsieht, die von dieser Regelung abweichen, jedoch unbeschadet zum einen der Möglichkeit dieses Gerichts, die Anwendung der Regelung im Rahmen eines solchen Rechtsstreits aufgrund des innerstaatlichen Rechts auszuschließen, und zum anderen des Rechts der durch die Unvereinbarkeit des nationalen Rechts mit dem Unionsrecht geschädigten Partei, Ersatz des ihr daraus entstandenen Schadens zu verlangen.

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BGH: Unzulässige Klausel in Architekten-Musterverträgen - Zugangsrecht des Architekten für fotografische oder sonstige Aufnahmen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam

BGH
Urteil vom 29.04.2021
I ZR 193/20
Zugangsrecht des Architekten
BGB § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1; UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, § 25 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass eine Klausel in Architekten-Musterverträgen, welche ein Zugangsrecht des Architekten für fotografische oder sonstige Aufnahmen einräumt, nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist.

Leitsatz des BGH:

Die in Musterverträgen zugunsten von Architekten verwendete Klausel

"Der Auftragnehmer ist berechtigt - auch nach Beendigung dieses Vertrags - das Bauwerk oder die bauliche Anlage in Abstimmung mit dem Auftraggeber zu betreten, um fotografische oder sonstige Aufnahmen zu fertigen."

ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie bei der gebotenen objektiven Auslegung den Vertragspartner des Architekten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

BGH, Urteil vom 29. April 2021 - I ZR 193/20 - LG Stuttgart - AG Stuttgart

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BGH: Unzulässige Rechtsberatung einer Architektin durch Vertretung der Grundstückseigentümer in Widerspruchsverfahren gegen abschlägige Bescheidung einer Bauvoranfrage

BGH
Urteil vom 11.02.2021
Rechtsberatung durch Architektin
RDG §§ 3 und 5 Abs. 1


Leitsatz des BGH:
Die Vertretung der Grundstückseigentümer in einem Widerspruchsverfahren gegen die abschlägige Bescheidung einer Bauvoranfrage und die Geltendmachung von mit dem Widerspruchsverfahren zusammenhängenden Kostenerstattungsansprüchen durch eine Architektin stellen keine nach §§ 3, 5 Abs. 1 RDG erlaubten Rechtsdienstleistungen dar, die als Nebenleistungen zum Berufs- oder Tätigkeitsbild der Architektin gehören.

BGH, Urteil vom 11. Februar 2021 - I ZR 227/19 - OLG Koblenz - LG Koblenz

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LG Bayreuth: Wettbewerbsverstoß wenn Planungsbüro eines geprüften Bautechnikers mit Architekt, Büro für Architektur oder Architekturbüro beworben wird

LG Bayreuth
Urteil vom 27.10.2020
32 O 710/19


Das LG Bayreuth hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn das Planungsbüro eines geprüften Bautechnikers mit "Architekt", "Büro für Architektur" oder "Architekturbüro" beworben wird.

Aus den Entscheidungsgründen:

2.2.12 Durch die Verwendung der streitgegenständlichen Begriffe im geschäftlichen Verkehr verstößt der Beklagte gegen Art. 1 BayBauKaG und verletzt hierdurch spürbar eine Marktverhaltensregel i.S.d. § 3a UWG (sog. Rechtsbruch).

Nach §§ 3, 3a UWG liegt eine unlautere Wettbewerbshandlung unter anderem dann vor, wenn einer gesetzlichen Vorschrift zuwidergehandelt wird, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Eine solche Vorschrift stellt Art. 1 Bayerisches Baukammergesetz (BayBauKaG) dar (vgl. BGH, Urteil vom 25.03.2010 - I ZR 68/09, NJW-RR 2011, 43; LG Duisburg, Urteil vom 16.11.2009 - 23 O 8/09, BeckRS 2010, 7255; jeweils zu § 2 BauKaG NW).

Nach Art. 1 Abs. 1 BayBauKaG darf die Berufsbezeichnung „Architekt“ nur führen, wer in die von der Architektenkammer geführte Architektenliste eingetragen ist. Nach Abs. 4 der Vorschrift dürfen Wortverbindungen mit Berufsbezeichnungen nach Abs. 1 bis 3 oder ähnliche Bezeichnungen nur von Personen verwendet werden, die entsprechende Berufsbezeichnungen zu führen befugt sind.

Der Beklagte hat - jedenfalls in der Vergangenheit - auf seiner Homepage an mehrere Stellen den Begriff „Architekt“ verwendet. Zwar findet sich unter dem Foto mit Namen des Beklagten der Begriff „Projektleiter“, in den Rubriken Leistungen und Referenzen wurde der Erbringer der dort beworbenen und näher erläuterten Leistungen jedoch als „Architekt“ bezeichnet. Bei den Begriffen „Architekturbüro“ und „Büro für Architektur“ handelt es sich jedenfalls um von Art. 1 Abs. 4 BayBauKaG umfasste, der Berufsbezeichnung „Architekt“ aus Abs. 1 ähnliche Bezeichnungen, die der Beklagte sowohl an mehreren Stellen auf seiner Homepage, als auch in deren Quelltext und zur Firmierung im Telefonbuch verwendet.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit der verfassungskonformen Auslegung der entsprechenden Vorschrift aus dem Baukammergesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (§ 2 BauKaG NW) in seiner Entscheidung vom 02.01.2008 beschäftigt. Es hat ausgeführt, das Recht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 GG erfordere es, zwischen einem von Art. 12 gedeckten bloßen werbenden Hinweis auf die Qualifikation eines Mitarbeiters und der unerlaubten Verwendung einer Berufsbezeichnung in der Firma einer Gesellschaft zu unterscheiden. Auch eine Gesellschaft, die nicht von einem Architekten geleitet werde, aber eingetragene Architekten beschäftige, dürfe damit werben, dass sie Architektenleistungen erbringe. § 2 Abs. 2 BauKaG NW genüge den verfassungsrechtlichen Anforderungen daher nur dann, wenn der Eintragungsvorbehalt für die Verwendung der Berufsbezeichnung „Architekt“ auf die Firmierung der Gesellschaft beschränkt bleibe. Ein generelles Verbot, im Wettbewerb handelnd die geschützten Bezeichnungen zu verwenden, gehe hingegen zu weit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.01.2008 - 1 BvR 1350/04, GRUR 2008, 806; LG Duisburg, a.a.O.).

Im Unterschied zu dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall geht es vorliegend weder um die Firmierung einer Gesellschaft, noch beschäftigt der Beklagte in seinem Büro als Architekten eingetragene Mitarbeiter. Der Beklagte, der unstreitig kein eingetragener Architekt ist, ist Einzelunternehmer und verwendet die streitgegenständlichen Begriffe im Rahmen seiner Internetpräsenz nicht nur im Zusammenhang mit allgemeinen Erläuterungen zur Bewerbung seines Tätigkeitsfeldes, sondern er firmiert auch unter den Bezeichnungen „Architekturbüro“ und „Büro für Architektur“, indem er diese als Zusätze seinem Firmennamen „- -“ hinzufügt.

Hierdurch erweckt der Beklagte jedenfalls bei einem nicht unbeachtlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise den unzutreffenden Eindruck, die von ihm beworbenen Leistungen würden von einem ausgebildeten, geprüften und in die Architektenliste eingetragenen Architekten erbracht werden, der über die besondere Qualifikation dieses Berufsstandes verfügt. Diese Irreführung wird auch nicht dadurch ausgeräumt, dass der Beklagte tatsächlich Architektenleistungen erbringen darf und auch in der Lage sein mag, diese Leistungen in gleicher Qualität wie ein in die Architektenliste eingetragener Architekt zu erbringen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.02.2003 - 6 U 15/02, IBRRS 2004, 0091). Da die Einzelrichterin selbst zu dem angesprochenen Verkehrskreis gehört, kann sie dies auch aus eigener Anschauung beurteilen. Der Erhebung des entsprechend angebotenen Sachverständigenbeweises bedurfte es daher nicht.

Auch der Vortrag des Beklagten zu Ursprung, Herkunft und Bedeutung des Wortes „Architektur“ ändert nichts daran, dass der Verkehr der Arbeit eines eingetragenen Architekten eine besondere Qualifikation beimisst. Der vom Beklagten angestellte Vergleich mit der Verwendung der Bezeichnung „Körperarchitektur“ geht fehl, da bereits durch die Wortverbindung mit dem Begriff „Körper“ für den angesprochenen Verkehrskreis ganz klar zum Ausdruck gebracht wird, dass es gerade nicht um Leistungen aus dem Bereich der Architektur im klassischen Sinne geht.

Soweit der Beklagte unter Bezugnahme auf das Urteil des OLG Hamm vom 13.05.2004, Az.: 4 U 140/03, BeckRS 2006, 299, vorbringt, dass jedenfalls durch die Verwendung des Wortes „für“ im streitgegenständlichen Begriff „Büro für Architektur“ deutlich gemacht werde, dass lediglich auf die Qualifikation des Beklagten und sein Tätigkeitsfeld hingewiesen, nicht aber eine Berufsbezeichnung geführt werde, ist dem mit der Ansicht der Klägerin entgegenzuhalten, dass zum einen die beiden Begriffe „Architekturbüro“ und „Büro für Architektur“ von den betroffenen Verkehrskreisen synonym verwendet werden. Zum anderen enthält die Internetpräsenz des Beklagten im Unterschied zu dem vom OLG Hamm entschiedenen Fall gerade keine klarstellenden Zusätze oder Erläuterungen über die tatsächliche akademische Qualifikation des Beklagten.

2.2.2. Die beanstandete Werbung ist ferner irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG, da, wie bereits oben unter Ziff. 2.2.1. ausführlich dargelegt, über den beruflichen Status des Beklagten insofern getäuscht wird, als die Vorstellung erweckt wird, er verfüge über eine entsprechende akademische Qualifikation und Eintragung in die Architektenliste.

2.2.3. Die Wiederholungsgefahr wird im Hinblick auf die unstreitige Verwendung sämtlicher streitgegenständlicher Begriffe durch den bisherigen Verstoß indiziert (vgl. MüKoUWG/Fritzsche, 2. Aufl. 2014, § 8 UWG, Rn. 36; m.w.N.).

2.3. Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht verjährt. Nach § 11 Abs. 1 und 2 UWG beträgt die Verjährungsfrist 6 Monate ab Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen. Nach § 15 Abs. 9 UWG wird die Verjährung bereits durch die Anrufung der Einigungsstelle in gleicher Weise wie durch Klageerhebung gehemmt. Kommt ein Vergleich nicht zustande, so ist der Zeitpunkt, zu dem das Verfahren beendet ist, durch das Gericht festzustellen und den Parteien mitzuteilen.

Das am 25.03.2019 von der Klägerin beantragte Einigungsstellenverfahren endete mit Beschluss der Einigungsstelle vom 14.10.2019. Unabhängig davon, ob der Beklagte gegenüber der Einigungsstelle von Anfang an eine außergerichtliche Regelung der Streitigkeit abgelehnt hat, wurde die Verjährung daher bereits am 25.03.2019 nach § 15 Abs. 9 UWG wirksam gehemmt. Die, die Verjährung erneut hemmende Klageerhebung erfolgte am 22.10.2019 und damit jedenfalls vor Ablauf von 6 Monaten nach Beendigung des Einigungsstellenverfahrens (§ 204 Abs. 2 Satz 1 BGB).

2.4. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Abmahnkosten ist begründet aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH legt EuGH weitere Fragen zur Unionsrechtswidrigkeit der HOAI-Mindestsätze zur Entscheidung vor

BGH
Beschluss vom 14.05.2020
VII ZR 174/19


Der BGH hat dem EuGH weitere Fragen zur Unionsrechtswidrigkeit der HOAI-Mindestsätze zur Entscheidung vorgelegt.

(siehe auch zum Thema EuGH: Verbindliche Honorare mit Mindest- und Höchstsätzen in HOAI für Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren sind unionsrechtswidrig)

Die Pressemitteilung des BGH:

Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Frage der Unionsrechtswidrigkeit der HOAI-Mindestsätze

Beschluss vom 14. Mai 2020 - VII ZR 174/19

Der Bundesgerichtshof hat heute ein Verfahren über die Vergütung eines Ingenieurs ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mehrere Fragen zu den Folgen der vom EuGH in seinem Urteil vom 4. Juli 2019 (C-377/17) angenommenen Unionsrechtswidrigkeit der Mindestsätze in der HOAI für laufende Gerichtsverfahrens zwischen Privatpersonen vorgelegt.

Der EuGH hatte in diesem Urteil in einem von der Europäischen Kommission betriebenen Vertragsverletzungsverfahren entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe g) und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (Dienstleistungsrichtlinie) verstoßen hat, dass sie verbindliche Honorare für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren beibehalten hat.

Sachverhalt:

Der Kläger, der ein Ingenieurbüro betreibt, verlangt von der Beklagten die Zahlung restlicher Vergütung aufgrund eines im Jahre 2016 abgeschlossenen Ingenieurvertrages, in dem die Parteien für die vom Kläger zu erbringenden Ingenieurleistungen bei einem Bauvorhaben der Beklagten ein Pauschalhonorar in Höhe von 55.025 € vereinbart hatten.

Nachdem der Kläger den Ingenieurvertrag gekündigt hatte, rechnete er im Juli 2017 seine erbrachten Leistungen in einer Honorarschlussrechnung auf Grundlage der Mindestsätze der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) in der Fassung aus dem Jahr 2013 ab. Mit der Klage hat er eine noch offene Restforderung in Höhe von 102.934,59 € brutto geltend gemacht.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 100.108,34 € verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Beklagte zur Zahlung von 96.768,03 € verurteilt. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Das Oberlandesgericht hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe ein restlicher vertraglicher Zahlungsanspruch nach den Mindestsätzen der HOAI (2013) zu. Die im Ingenieurvertrag getroffene Pauschalpreisvereinbarung sei wegen Verstoßes gegen den Mindestpreischarakter der HOAI als zwingendes Preisrecht unwirksam. Das in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland ergangene Urteil des EuGH ändere nichts an der Anwendbarkeit der maßgeblichen Bestimmungen der HOAI zum Mindestpreischarakter. Das Urteil binde nur den Mitgliedstaat, der den europarechtswidrigen Zustand beseitigen müsse, entfalte hingegen für den einzelnen Unionsbürger keine Rechtswirkung. Eine Nichtanwendung der Mindestsätze der HOAI in einem Rechtsstreit zwischen Privatpersonen könne auch nicht auf die Dienstleistungsrichtlinie gestützt werden, der keine unmittelbare Wirkung zu Lasten einzelner Unionsbürger zukomme. Es bestehe kein Anwendungsvorrang der Dienstleistungsrichtlinie gegenüber den unionsrechtswidrigen Regelungen der HOAI. Eine richtlinienkonforme Auslegung des zwingenden Preisrechts gemäß § 7 HOAI sei ausgeschlossen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Architekten- und Ingenieurverträge zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH in einem Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV folgende Fragen vorgelegt:

Folgt aus dem Unionsrecht, dass Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe g) und Abs. 3 der Dienstleistungsrichtlinie im Rahmen eines laufenden Gerichtsverfahrens zwischen Privatpersonen in der Weise unmittelbare Wirkung entfaltet, dass die dieser Richtlinie entgegenstehenden nationalen Regelungen in § 7 HOAI, wonach die in dieser Honorarordnung statuierten Mindestsätze für Planungs- und Überwachungsleistungen der Architekten und Ingenieure - abgesehen von bestimmten Ausnahmefällen - verbindlich sind und eine die Mindestsätze unterschreitende Honorarvereinbarung in Verträgen mit Architekten oder Ingenieuren unwirksam ist, nicht mehr anzuwenden sind?

Sofern Frage 1 verneint wird:

Liegt in der Regelung verbindlicher Mindestsätze für Planungs- und Überwachungsleistungen von Architekten und Ingenieuren in § 7 HOAI durch die Bundesrepublik Deutschland ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV oder gegen sonstige allgemeine Grundsätze des Unionsrechts?

Sofern Frage 2 a) bejaht wird: Folgt aus einem solchen Verstoß, dass in einem laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen die nationalen Regelungen über verbindliche Mindestsätze (hier: § 7 HOAI) nicht mehr anzuwenden sind?

Bei Anwendung der deutschen Regelungen in § 7 HOAI hätte die Revision der Beklagten keinen Erfolg, weil die Pauschalhonorarvereinbarung der Parteien unwirksam wäre und dem Kläger auf Grundlage der Mindestsätze der HOAI ein Anspruch auf Zahlung von 96.768,03 € zustünde.

§ 7 HOAI kann nicht unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils vom 4. Juli 2019 (C-377/17) richtlinienkonform dahin ausgelegt werden, dass die Mindestsätze der HOAI im Verhältnis zwischen Privatpersonen grundsätzlich nicht mehr verbindlich sind und daher einer die Mindestsätze unterschreitenden Honorarvereinbarung nicht entgegenstehen. Die Auslegung des nationalen Rechts darf nicht dazu führen, dass einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn gegeben oder der normative Gehalt der Norm grundlegend neu bestimmt wird. Demgemäß kommt eine richtlinienkonforme Auslegung nur in Frage, wenn eine Norm tatsächlich unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten im Rahmen dessen zulässt, was der gesetzgeberischen Zweck- und Zielsetzung entspricht. Der Gesetz- und Verordnungsgeber hat mit den Regelungen in § 7 HOAI und der dieser Bestimmung zu Grunde liegenden Ermächtigungsgrundlage eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass eine unterhalb der verbindlichen Mindestsätze liegende Honorarvereinbarung für Architekten und Ingenieurgrundleistungen - von bestimmten Ausnahmen abgesehen - unwirksam ist und sich die Höhe des Honorars in diesem Fall nach den Mindestsätzen bestimmt.

Die Entscheidung über die Revision hängt maßgeblich von der Beantwortung der dem EuGH vorgelegten ersten Frage zur unmittelbaren Wirkung von Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe g) und Abs. 3 der Dienstleistungsrichtlinie im Rahmen eines laufenden Gerichtsverfahrens zwischen Privatpersonen ab. Angesichts zahlreicher gegenläufiger obergerichtlicher Entscheidungen sowie Meinungsäußerungen im Schrifttum, die ihre inhaltlich konträren Standpunkte jeweils aus der bisherigen Rechtsprechung des EuGH ableiten, ist die richtige Anwendung des Unionsrechts nicht von vornherein derart eindeutig ("acte claire") oder durch Rechtsprechung in einer Weise geklärt ("acte éclairé"), dass kein vernünftiger Zweifel verbleibt.

Der Bundesgerichtshof neigt dazu, keine unmittelbare Wirkung von Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe g) und Abs. 3 der Dienstleistungsrichtlinie in der Weise anzunehmen, dass die dieser Richtlinie entgegenstehenden nationalen Regelungen in § 7 HOAI in laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen nicht mehr angewendet werden können. Zwar ist Art. 15 der Dienstleistungsrichtlinie auch auf rein innerstaatliche Sachverhalte - wie im Streitfall - anwendbar. Zudem ist in der Rechtsprechung des EuGH anerkannt, dass sich der Einzelne gegenüber dem Mitgliedstaat in bestimmten Fällen unmittelbar auf eine Richtlinie berufen kann, wenn diese nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt wurde und die Richtlinienbestimmung inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheint. Allerdings kann eine Richtlinie grundsätzlich nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen, so dass ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist. Eine Richtlinie kann demgemäß grundsätzlich auch nicht in einem Rechtsstreit zwischen Privaten angeführt werden, um die Anwendung der Regelung eines Mitgliedstaats, die gegen die Richtlinie verstößt, auszuschließen.

Soweit der EuGH in seiner bisherigen Rechtsprechung in bestimmten Ausnahmefällen - bei Unmöglichkeit einer richtlinienkonformen Auslegung - eine Nichtanwendung unionsrechtswidriger nationaler Vorschriften zwischen Privatpersonen bejaht hat, wird der Streitfall nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hiervon nicht erfasst.

Für den Fall, dass die erste Vorlagefrage verneint wird, hängt die Entscheidung des Rechtsstreits von der Beantwortung der weiteren Vorlagefragen zu einem möglichen Verstoß der in der HOAI festgelegten Mindestsätze gegen die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV oder gegen sonstige allgemeine Grundsätze des Unionsrechts sowie den Folgen eines solchen Verstoßes für ein laufendes Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen ab. Ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit kann nach Einschätzung des Bundesgerichtshofs nicht ausgeschlossen werden. Der EuGH hat diese Frage in seinem Urteil vom 4. Juli 2019 (C-377/17) ausdrücklich offengelassen.

Urteil vom 14. Mai 2020 - VII ZR 205/19

In dem weiteren am heutigen Tag verhandelten Rechtsstreit, in dem die dortige Klägerin gegen die in diesem Verfahren Beklagten Honorarnachforderungen aus mehreren in den Jahren 2010 bis 2012 geschlossenen Verträgen über die Erbringung von Architekten- und Ingenieurleistungen im Zusammenhang mit der Konzeption und Errichtung einer Biogasanlage geltend gemacht hat (vgl. Pressemitteilung Nr. 10/2020 vom 22. Januar 2020), hat der Bundesgerichtshof die klageabweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt und die Revision der Klägerin zurückgewiesen. In diesem Verfahren kam es auf die zwischen den Parteien auch hier im Streit stehenden Rechtsfragen zu den Folgen der vom EuGH in seinem Urteil vom 4. Juli 2019 (C-377/17) angenommenen Unionsrechtswidrigkeit der Mindestsätze in der HOAI für laufende Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen nicht entscheidungserheblich an. Vielmehr war das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts bereits auf Grundlage der diese Entscheidung selbständig tragenden Erwägung, wonach eine Unwirksamkeit der Pauschalhonorarvereinbarungen wegen Mindestsatzunterschreitung gemäß § 7 Abs. 1 HOAI (2009) aufgrund des insoweit nicht schlüssigen Vortrags der Klägerin nicht festgestellt werden konnte, jedenfalls im Ergebnis zutreffend.

Vorinstanzen:

VII ZR 174/19

LG Essen - Urteil vom 28. Dezember 2017 - 6 O 351/17

OLG Hamm - Teilverzichts- und Schlussurteil vom 23. Juli 2019 - 21 U 24/18 (BauR 2019, 1810)

VII ZR 205/19

LG Hildesheim - Urteil vom 7. Dezember 2018 - 4 O 296/17

OLG Celle - Urteil vom 14. August 2019 - 14 U 198/18 (BauR 2019, 1957)

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

Honorarordnung für Architekten und Ingenieure

§ 1 Anwendungsbereich

Diese Verordnung regelt die Berechnung der Entgelte für die Grundleistungen der Architekten und Architektinnen und der Ingenieure und Ingenieurinnen (Auftragnehmer oder Auftragnehmerinnen) mit Sitz im Inland, soweit die Grundleistungen durch diese Verordnung erfasst und vom Inland aus erbracht werden.

§ 7 Honorarvereinbarung

(1) Das Honorar richtet sich nach der schriftlichen Vereinbarung, die die Vertragsparteien bei Auftragserteilung im Rahmen der durch diese Verordnung festgesetzten Mindest- und Höchstsätze treffen.

(2) …

(3) Die in dieser Verordnung festgesetzten Mindestsätze können durch schriftliche Vereinbarung in Ausnahmefällen unterschritten werden.

(4) …

(5) Sofern nicht bei Auftragserteilung etwas anderes schriftlich vereinbart worden ist, wird unwiderleglich vermutet, dass die jeweiligen Mindestsätze gemäß Absatz 1 vereinbart sind.

(6) …

Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (Dienstleistungsrichtlinie)

Art. 15 Zu prüfende Anforderungen

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen, ob ihre Rechtsordnungen die in Absatz 2 aufgeführten Anforderungen vorsehen, und stellen sicher, dass diese Anforderungen die Bedingungen des Absatzes 3 erfüllen. Die Mitgliedstaaten ändern ihre Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um sie diesen Bedingungen anzupassen.

(2) Die Mitgliedstaaten prüfen, ob ihre Rechtsordnung die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit von folgenden nicht diskriminierenden Anforderungen abhängig macht:



g) der Beachtung von festgesetzten Mindest- und/oder Höchstpreisen durch den Dienstleistungserbringer;



(3) Die Mitgliedstaaten prüfen, ob die in Absatz 2 genannten Anforderungen folgende Bedingungen erfüllen:

a) Nicht-Diskriminierung: die Anforderungen dürfen weder eine direkte noch eine indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder - bei Gesellschaften - aufgrund des Orts des satzungsmäßigen Sitzes darstellen;

b) Erforderlichkeit: die Anforderungen müssen durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein;

c) Verhältnismäßigkeit: die Anforderungen müssen zur Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels geeignet sein; sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist; diese Anforderungen können nicht durch andere weniger einschneidende Maßnahmen ersetzt werden, die zum selben Ergebnis führen.

(5-7) …

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)

Art. 267

Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet im Wege der Vorabentscheidung

a) über die Auslegung der Verträge,

b) …

Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen.

Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet. …

Art. 49

Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Das Gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind.

Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen.



EuGH: Verbindliche Honorare mit Mindest- und Höchstsätzen in HOAI für Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren sind unionsrechtswidrig

EuGH
Urteil vom 04.07.2019
C-377/17
Europäische Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland


Der EuGH hat entschieden, dass die verbindlichen Honorare in der HOAI mit Mindest- und Höchstsätzen für Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren unionsrechtswidrig sind.

Tenor der Entscheidung:

1. Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. g und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt verstoßen, dass sie verbindliche Honorare für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren beibehalten hat.
2. Die Bundesrepublik Deutschland trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission.
3. Ungarn trägt seine eigenen Kosten.

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LG Arnsberg: Wettbewerbswidrige Irreführung wenn Unternehmen die Bezeichnung "Architektur" führt ohne dass ein Architekt beschäftigt ist

LG Arnsberg
Urteil vom 31.01.2019
I-8 O 95/18


Das LG Arnsberg hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn ein Unternehmen die Bezeichnung "Architektur" führt, ohne dass dort ein Architekt beschäftigt ist. Die Bezeichnung Architekturruft eine entsprechende Fehlvorstellung hervor. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.

BGH: Schadensersatzanspruch gegen Architekten bei Überschreitung der vereinbarten Baukostenobergrenze

BGH
Urteil vom 06.10.2016
VII ZR 185/13
BGB §§ 242, 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1; HOAI (1996/2002) §§ 4, 10


Leitsätze des BGH:

a) Hat der Architekt eine mit dem Auftraggeber vereinbarte Baukostenobergrenze nicht eingehalten, kann dem Auftraggeber ein Schadensersatzanspruch zustehen (Fortführung von BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 - VII ZR 362/01, BauR 2003, 566 = NZBau 2003, 281). Der auf die Nichteinhaltung einer solchen Obergrenze gestützte Schadensersatzanspruch führt dazu, dass der Architekt den sich aus der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure ergebenden Honoraranspruch auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten gemäß § 10 HOAI a.F. insoweit nicht geltend machen kann, als dieser das Honorar überschreitet, welches sich ergäbe, wenn die anrechenbaren Kosten der vereinbarten Baukostenobergrenze entsprochen hätten (dolo-agit-Einwand, § 242 BGB).

b) Beruft sich der Auftraggeber auf eine Überschreitung einer vereinbarten Baukostenobergrenze, trägt er die Darlegungs- und Beweislast für die von ihm behauptete Beschaffenheitsvereinbarung.

BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 - VII ZR 185/13 - OLG Jena - LG Mühlhausen

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OLG Hamm: Architekt muss Wünsche des Kunden berücksichtigen und auf fehlende Machbarkeit ggf hinweisen

OLG Hamm
Urteil vom 07.05.2014
12 U 184/12


Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Architekt die Wünsche des Kunden berücksichtigen und ggf. auf eine fehlende Machbarkeit hinweisen muss. Geschieht dies nicht, so ist die Leistung des Architekten mangelhaft und es liegt ein Gewährleistungsfall vor.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Unstreitig ist, dass der Kläger mit der oben genannten Skizze seine Wunschvorstellungen zum Ausdruck gebracht hat. Danach sollte es zum einen im rechten Winkel zur Straße eine direkte Zufahrt zur Garage und zum anderen eine bogenförmige Zufahrt zum Haus geben, in deren weiterem Verlauf man dann wieder auf die Straße fahren kann, ohne vorher wenden zu müssen.

Der Beklagten oblag es, diese vom Kläger skizzierten Wunschvorstellungen auf ihre Machbarkeit hin zu überprüfen und planerisch weitestmöglich zu realisieren. Kommt ein Architekt im Zuge seiner Überprüfung der Machbarkeit fehlerhaft zu der Einschätzung, dass die Wunschvorstellungen nicht zu realisieren sind, entlastet es ihn nicht, wenn der Bauherr aufgrund dieser ihm mitgeteilten fehlerhaften Einschätzung - aus seiner Sicht unvermeidlich - seine Wunschvorstellung aufgibt. Die Unterschrift des Klägers unter der Genehmigungsplanung entlastet die Beklagte daher nur insoweit, als ihre Planung alternativlos war."


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OLG Karlsruhe: Keine urheberrechtlichen Ansprüche des Architekten eines funktional gestalteten Mehrfamilienhauses - kein Werk der Baukunst

OLG Karlsruhe
Urteil vom 03.06.2013
6 U 72/12


Das OLG Karlsruhe hat sich in dieser Entscheidung mit den Voraussetzungen für den urheberrechtlichen Schutz von Wohnhäusern als Werk der Baukunst gemäß § 2 Absatz 1 Nr. 4 UrhG befasst. Im vorliegenden Fall hat das Gericht ein urheberrechtliche Ansprüche des Architekten eines funktional gestalteten Mehrfamilienhauses verneint.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die für eine persönlich geistige Schöpfung notwendige Individualität erfordert, dass das Bauwerk nicht nur das Ergebnis eines rein handwerklichen oder routinemäßigen Schaffens darstellt, sondern dass es aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens herausragt (BGH GRUR 1982, 107, 109 - Kirchen-Innenraumgestaltung; OLG Oldenburg GRUR-RR 2009, 6 - Blockhausbauweise; OLG Hamm ZUM 2006, 641, 644). Dies beurteilt sich nach dem ästhetischen Eindruck, den das Bauwerk nach dem Durchschnittsurteil des für Kunst empfänglichen und mit Kunstdingen einigermaßen vertrauten Menschen vermittelt (BGH GRUR 2008, 984, 986 - St. Gottfried; GRUR 1982, 107, 110 - Kirchen-Innenraumgestaltung; GRUR 1974, 675, 677 - Schulerweiterung).
[...]
Dies ist hier nicht der Fall. Die Gestaltung des Gebäudes, für das die Klägerin Urheberrechtsschutz in Anspruch nimmt, weicht vom Üblichen nicht in einem solchen Maß ab, dass von einer persönlichen geistigen Schöpfung des Entwerfers gesprochen werden kann. Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass die von der Klägerin hervorgehobenen Elemente das Gebäude nicht aus dem Kreis vergleichbarer, gefällig gestalteter Mehrfamilienhäuser herausheben. Es handelt sich in seinem Gesamtgepräge um ein überwiegend funktional gestaltetes Mehrfamilienhaus, wie es in vergleichbarer Form seit vielen Jahren in einer Fülle von Neubaugebieten zu finden ist "



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BGH: Architekt ist verpflichtet den vom Auftraggeber gesetzten finanziellen Rahmen bei der Planung zu beachten und einzuhalten

BGH
Urteil vom 21. 03.2013
VII ZR 230/11


Der BGH hat völlig zu Recht entschieden, dass ein Architekt verpflichtet, den vom Auftraggeber gesetzten finanziellen Rahmen bei der Planung zu beachten und einzuhalten. Der finanzielle Rahmen wird dabei regelmäßig Vertragsbestandteil auch wenn keine genaue Bausummenobergrenze vereinbart wurde.

Aus der Pressemitteilung des BGH:

"Der Bundesgerichtshof hat ausgeführt, der Architekt sei grundsätzlich verpflichtet, bereits im Rahmen der sogenannten Grundlagenermittlung mit dem Auftraggeber den wirtschaftlichen Rahmen für ein Bauvorhaben abzustecken und dessen Kostenvorstellungen zu berücksichtigen. Diese dem Architekten gegenüber zum Ausdruck gebrachten Kostenvorstellungen seien in dem Sinne verbindlich, dass sie - vorbehaltlich einer nachträglichen Änderung - den Planungsrahmen bestimmen und jedenfalls dann regelmäßig zum Vertragsinhalt werden, wenn der Architekt ihnen nicht widerspricht.

Solche Kostenvorstellungen sind nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch dann beachtlich, wenn sie nicht eine genaue Bausummenobergrenze enthalten, sondern nur Angaben zur ungefähren Bausumme, mit denen ein Kostenrahmen abgesteckt wird. Etwaige Zweifel über den Umfang des Kostenrahmens muss der Architekt aufklären, was auch durch die von der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure erfassten Kostenermittlungen für den Auftraggeber geschehen kann. Überschreitet der Architekt den vorgegebenen Kostenrahmen und ist die Planung deshalb unbrauchbar, so kann der Anspruch auf Honorar entfallen. Der Bundesgerichtshof hat die Nichtbeachtung dieser Grundsätze durch das Berufungsgericht beanstandet und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen."


Die vollständige Pressemitteilung des BGH finden Sie hier: "BGH: Architekt ist verpflichtet den vom Auftraggeber gesetzten finanziellen Rahmen bei der Planung zu beachten und einzuhalten" vollständig lesen

BGH: Urheberrechtsstreit zwischen der Deutschen Bahn AG und den Erben des Architekten des Stuttgarter Hauptbahnhofs um Teilabriss rechtskräftig entschieden - Stuttgart 21

BGH
Beschluss vom 09.11.2011
I ZR 216/10
Stuttgart 21


Der Urheberrechtsstreit zwischen der Deutschen Bahn AG und Erben des Architektendes Stuttgarter Hauptbahnhofs um den Teilabriss im Rahmen des "Stuttgart 21"-Projekts ist rechtskräftig entschieden. Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde der Erben zurückgewiesen. Die Revision gegen das Urteil des OLG Stuttgart - Urteil vom 6. Oktober 2010 - 4 U 106/10 - wird damit nicht zugelassen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier.

Aus der Pressemitteilung des BGH:

"Der Stuttgarter Hauptbahnhof ist nach einem Entwurf von Prof. Dipl.-Ing. Paul Bonatz aus dem Jahre 1911 gestaltet worden. Diese Gestaltung ist urheberrechtlich geschützt. Urheberrechtsschutz besteht, nachdem der Architekt im Jahre 1956 verstorben ist, noch bis Ende des Jahres 2026. Die im Rahmen des Infrastrukturprojekts "Stuttgart 21" vorgelegte Planung der Deutschen Bahn AG sieht den Abriss der Seitenflügel und der Treppenanlage in der großen Schalterhalle vor. Einer dieser Seitenflügel ist bereits im Jahre 2010 abgerissen worden. Der Kläger sieht durch diesen, teilweise bereits vollzogenen Teilabriss des Bahnhofsgebäudes die Urheberpersönlichkeitsrechte von Paul Bonatz beeinträchtigt. Mit der Klage will er den Wiederaufbau des Nordwest-Flügels erreichen sowie den Abriss des Südost-Flügels und der Treppenanlage verhindern. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht Stuttgart haben die Klage abgewiesen. Die Revision war vom Oberlandeslandesgericht nicht zugelassen worden.

Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts bestätigt und entschieden, dass Gründe für eine Zulassung der Revision nicht vorliegen. Nach § 543 Abs. 2 ZPO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Diese Voraussetzungen waren vorliegend nicht erfüllt. Die maßgeblichen Rechtsfragen, die sich in dem Verfahren gestellt haben, hat der Bundesgerichtshof bereits in früheren Entscheidungen geklärt. Das Urteil des Oberlandesgerichts ließ auch keine Rechtsfehler erkennen, die eine Zulassung der Revision erfordert hätten."


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BGH: Verpflichtung zur Eintragung in die Architektenliste der zuständigen Architektenkammer und Wettbewerbsrecht

BGH
Urteil vom 25.03.2010
I ZR 68/09
Freier Architekt
UWG § 4 Nr. 11; BauKaG NRW § 2; RL 2005/36/EG Art. 2, 4 Abs. 1

Leitsatz des BGH:

Die Bestimmung des § 2 des Baukammerngesetzes Nordrhein-Westfalen, wonach die Tätigkeit als Architekt im Land Nordrhein-Westfalen unter dieser Bezeichnung grundsätzlich nur ausüben darf, wer in die Architektenliste der zuständigen Architektenkammer des Landes eingetragen ist, stellt eine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG dar, die auch insofern mit dem Unionsrecht in Einklang steht, als sie keine Ausnahme für den Fall vorsieht, dass ein in Nordrhein-Westfalen niedergelassener Architekt als Staatsangehöriger eines EU-Mitgliedstaates (einschließlich Deutschlands) bereits in der Architektenliste eines EU-Mitgliedstaates eingetragen ist.
BGH, Urteil vom 25. März 2010 - I ZR 68/09 - OLG Hamm -LG Münster

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