Skip to content

OLG Frankfurt: Zum urheberrechtlichen Schutz eines von einem Graphikdesigner entworfenen Logos wenn Farb- und Formgebung vorgegeben und dem Gebrauchszweck geschuldet sind

OLG Frankfurt
Urteil vom 12.06.2019
11 U 51/18


Das OLG Frankfurt hat sich in dieser Entscheidung mit dem urheberrechtlichen Schutz eines von einem Graphikdesigner entworfenen Logos befasst, wenn Farb- und Formgebung vorgegeben und dem Gebrauchszweck geschuldet sind

Aus den Entscheidungsgründen:

1. Das streitbefangene Logo ist dem Bereich der angewandten Kunst i. S. von § 2 I Nr. 4 UrhG zuzuordnen, denn es handelt sich um ein Graphikdesign, das zur Kennzeichnung und Bewerbung der klägerischen Produkte eingesetzt wird.

Die Schutzfähigkeit von Werken der angewandten Kunst ist nach den vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 13.11.2013 aufgestellten Grundsätzen zu beurteilen (Az.: I ZR 143/12 - Geburtstagszug I = GRUR 2014, 175). Danach genügt es, dass sie eine Gestaltungshöhe erreichen, die es nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise rechtfertigt, von einer „künstlerischen“ Leistung zu sprechen (BGH aaO., Rn 15; OLG Hamburg ZUM 2004, 386 - Handy-Logos).

Eine eigene geistige Schöpfung des Urhebers setzt voraus, dass ein Gestaltungsspielraum besteht und vom Urheber dafür genutzt wird, seinen schöpferischen Geist in origineller Weise zum Ausdruck zu bringen (BGH aaO., Rn 41). Die ästhetische Wirkung der Gestaltung kann allerdings einen Urheberrechtsschutz nur begründen, wenn sie nicht dem Gebrauchszweck geschuldet ist, sondern auf einer künstlerischen Leistung beruht.

Daher ist bei Werken der angewandten Kunst und namentlich bei der Gebrauchsgraphik eingehend zu überprüfen, was vom Gebrauchszweck vorgegeben ist und deshalb den Urheberrechtsschutz nicht begründen kann (vgl. Schulze in: Eichmann / Kur, Praxishandbuch Designrecht, 2. Aufl., Kapitel 4, Rn 34 zu § 4 Urheberrecht; Nordemann in: Fromm/Nordemann, UrhG, 12. Aufl., Rn 150 zu § 2 UrhG).

Eine individuelle Schöpfung scheidet aus, wenn in dem Erzeugnis lediglich vorhandene Ausdrucksformen wiederholt werden, ohne dem Werk persönliche Züge zu geben. Formelemente, die auf bekannte Vorbilder zurückgehen, können demnach nur dann berücksichtigt werden, wenn gerade ihre Kombination eine für einen Kunstschutz ausreichende schöpferische Leistung darstellt (OLG Schleswig, Urteil vom 11.9.2014 - 6 U 74/10 - Geburtstagszug II, Rn 19 = GRUR-RR 2015, 1). Hierfür ist die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig, da sie sich des Schutzrechts berühmt.

a)

Die Beklagte nimmt für sich in Anspruch, dass sowohl die Namensgebung des Logos (durch Herrn A) als auch die graphische Ausgestaltung (durch den bei ihr beschäftigten Graphiker B) in ihrem Haus „geschöpft“ worden sind. Weder die Namensfindung noch die graphische Gestaltung an sich noch der Gesamteindruck des Logos erreichen allerdings die für den Schutz als „kleine Münze“ in § 2 II UrhG geforderte Schöpfungshöhe.

Die Beklagte hat selbst eingeräumt, dass das aus dem englischen Wortschatz vorbekannte Verb „match“ u. a. im Zusammenhang mit Audioprodukten vom Verkehr mit der deutschen Übersetzung „passen“ oder „zusammenpassen“ verknüpft wird und daher lediglich die Charakteristik der neuen „Plug-and-Play“ - fähigen Geräte symbolisieren sollte. Die Namensgebung leitet sich somit unmittelbar aus dem Gebrauchszweck der für die Produktlinie vorgesehenen Produktbezeichnung ab und kann daher nicht als schöpferische Leistung angesehen werden.

Der Graphiker B hat dann von Herrn A die Aufgabe erhalten, die Bezeichnung „Match“ zur Gestaltung eines Logos in der Weise graphisch umzusetzen, das es zur Kennzeichnung der Produktlinie und zur Bewerbung und Vermarktung der klägerischen HiFi-Geräte eingesetzt werden konnte. Die Tätigkeit von Herrn B orientierte sich an diesem Gebrauchszweck. Sie ging im Übrigen nicht über lediglich handwerkliche bzw. routinemäßige Leistungen eines Graphikdesigners hinaus und enthält keinen eigenschöpferischen „Überschuss“.

b)

Das von Herrn B erarbeitete Logo besteht aus dem Wort „Match“ und einem vorangestellten in Schreibrichtung ausgerichteten schwarzen Doppeldreieck. Der Graphiker hat sich bei der Farbauswahl einer vorbekannten Standardfarbe, nämlich der Farbe „Pantone 152“ und bei der Schrifttype der in der öffentlich zugänglichen Schrifttypensammlung „www.dufont.com“ erhältlichen Type „911 Porscha“ bedient, die von einer namhaften deutschen Fahrzeugherstellerin zur Kennzeichnung ihrer Produkte entwickelt worden war. Die Gegenüberstellung des Logos mit der Schreibweise in der „Originaltype“ belegt, dass lediglich geringfügige Veränderungen in der Schrifthöhe der Buchstaben erfolgt sind, die sich nach dem Vortrag der Kläger mit dem bei Graphikdesignern gebräuchlichen Software-Produkt „Photoshop“ ohne erheblichen Arbeitsaufwand bewerkstelligen lassen.

Die Beklagte ist dem nicht in substantiierter Weise entgegen getreten, denn sie hat nicht dargelegt, welche schöpferischen bzw. über das rein handwerkliche hinausgehenden Entwicklungsschritte für die Veränderung der Schrifttype vorgenommen wurden. Hinzu kommt, dass die von Herrn B durchgeführten Änderungen an der Original-Schrifttype sich an dem Gebrauchszweck des Logos orientierten, das auch bei kleineren Abbildungen gut lesbar sein sollte (BB S. 13 - Bl. 235). Insoweit wird auch auf die E-Mail der Klägerin zu 1) vom Februar 2012 mit entsprechenden Anregungen hingewiesen (Anlage K 8).

Das dem Wort vorangestellte Doppeldreieck kann dem Logo ebenso wenig eine eigenschöpferische künstlerische Note verleihen. Hier hat sich der Graphiker eines vorbekannten, in öffentlichen Zeichensammlungen frei verfügbaren und im Audiobereich häufig verwendeten Symbols bedient, das im Verkehrsverständnis mit dem Begriff „Vorlauftaste“ (fast forward) gleichgesetzt wird (Anlage K 2).

Auch in der Zusammenschau mit der Bezeichnung „match“ ist durch die hiesige graphische Umsetzung nicht der für ein Kunstwerk erforderliche Mindestgrad an ästhetischem Gehalt erreicht. Es ist ein Zeichen geschaffen worden, das seiner Zielrichtung entsprechend, unterscheidungskräftig i. S. von § 3 I MarkenG ist, aber einen den Gebrauchszweck überschießenden künstlerischen Anspruch vermissen lässt (vgl. dazu OLG Köln GRUR 1986, 889, 890 - ARD-1; OLG Hamm, Urteil vom 24. 8. 2002, 4 U 51/04, Tz 22 - Web-Graphiken = ZUM 2004, 927; OLG Hamburg ZUM 2004, 386 - Handy Logos).

Zuletzt spielt es auch keine Rolle, dass die Entwicklung des Logos bis zu deren Freigabe einen Zeitraum von über einem Jahr eingenommen hat und mehrfache Änderungen und Ergänzungen beinhaltete, denn damit ist nicht gesagt, dass die Tätigkeit von Herrn B über eine rein handwerklich-graphische Umsetzung der Änderungswünsche hinausging.

c)

Wenn die Beklagte in der Berufungsbegründung vorträgt, Herr B habe durch die Gestaltung des Logos Assoziationen zur Herkunft der Marke „Made in Germany“ und zum Car-Hi-Fi-Bereich, zur Aktualität und Modernität und zur leichten Bedienbarkeit der Produkte herstellen wollen, mag dies zutreffen. Maßgeblich ist allein, welche ästhetische Wirkung die Gestaltung beim Betrachter hervorruft und diese geht nicht über eine Zusammenstellung vorbekannter Formenelemente zur Produktkennzeichnung hinaus.

Die Beklagte kann sich nicht auf die von ihr zitierten Entscheidungen des OLG München vom 16.7.2014 (29 U 4823/13) bzw. des OLG Naumburg vom 7.4.2005 (10 U 7/4) zur urheberrechtlichen Schutzfähigkeit von Schriftzügen / Schriftzeichen berufen, denn die dort entschiedenen Fälle sind in tatsächlicher Hinsicht mit dem hiesigen nicht vergleichbar. Namentlich aus der Begründung der Münchener Entscheidung geht hervor, dass der dort zu beurteilende Graffiti - Schriftzug individuelle Züge trug, die über einen etablierten Graffiti-Stil hinausgingen.

2.

Selbst wenn man das anders sehen wollte, so scheitert die Abmahnung der Beklagten jedenfalls daran, dass sie der Klägerin zu 1) ein unentgeltliches, zeitlich unbegrenztes und exklusives Nutzungsrecht an dem Logo eingeräumt hat.

a)

Es kann unterstellt werden, dass die Beklagte für die Verfolgung etwaiger urheberrechtlicher Ansprüche anspruchsberechtigt ist. Das Landgericht hat angesichts der Tätigkeitsbeschreibung des Graphikers B nachvollziehbar ausgeführt, dass aus § 43 UrhG eine Einräumung der Nutzungsrechte des Mitarbeiters auf die Beklagte ableitbar ist. Der im Berufungsverfahren vorgelegte vollständige Arbeitsvertrag der Beklagten mit Herrn B enthält keine Regelungen, die Zweifel an den erstinstanzlichen Feststellungen rechtfertigen könnten (Anlage BB 6). Letztlich spielt das keine Rolle, weil die Klägerin zu 1) zur unbefristeten und exklusiven Nutzung des Logos berechtigt ist.

b)

Die Parteien haben keine ausdrückliche Absprache über die Bedingungen für die Nutzung des Logos durch die Klägerin zu 1) getroffen. Es liegt auch keine schriftlich fixierte Vereinbarung über den Inhalt der vertrieblichen Aktivitäten der Beklagten vor. Unstreitig ist allerdings, dass das streitgegenständliche Logo der Klägerin im Mai 2012 zur Kennzeichnung ihrer Produkte (mit dem Zusatz „by Audiotec X“) zur Verfügung gestellt worden ist. Eine Gesamtschau der vorgelegten Unterlagen und der daraus abgeleitete Sinn und Zweck ihrer Absprachen führt zu dem vom Landgericht festgestellten Ergebnis, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt ein unentgeltliches, unbefristetes und ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt worden ist.

c)

Wenn die Parteien - wie hier - beim Abschluss eines Vertrages nicht ausdrücklich geregelt haben, ob der urheberrechtlich Berechtigte seinem Vertragspartner ein Nutzungsrecht an dem Werk zubilligt, so bestimmt sich gemäß § 31 V Satz 2 UrhG nach dem von beiden Parteien zugrunde gelegten Vertragszweck, ob und inwieweit ein Nutzungsrecht eingeräumt worden ist. Nach dem dieser Bestimmung zugrunde liegenden Übertragungszweckgedanken räumt ein Nutzungsberechtigter im Zweifel nur in dem Umfang Nutzungsrechte ein, den der Vertragszweck unbedingt erfordert. Dies bedeutet, dass im Allgemeinen nur diejenigen Nutzungsrechte stillschweigend eingeräumt sind, die für das Erreichen des Vertragszwecks unerlässlich sind (BGH, Urteil vom 29. 4. 2010, I ZR 68/08 - Restwertbörse I Tz. 20 = GRUR 2010, 623).

Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass der in § 31 V UrhG normierte Grundsatz der Begrenzung von Nutzungsrechten auf den gemeinsamen Vertragszweck das gesetzgeberische Ziel verfolgt, eine möglichst weitgehende Beteiligung des Urhebers an den wirtschaftlichen Früchten seines Werks zu sichern (BGH, Urteil vom 27. 9. 1995, I ZR 215/93, Tz. 19 - Pauschale Rechtseinräumung = GRUR 1996, 121). Dies hat zur Folge, dass die Verwertungsrechte, soweit der Vertragszweck dies nicht unbedingt erfordert, im Zweifel beim Urheber verbleiben (vgl. Wandtke/Bullinger/Grunert, UrhG, 4. Aufl., Rn 58 zu § 31 UrhG). Nach den überzeugenden Feststellungen des Landgerichts sind die Verwertungsrechte hier aber unbegrenzt auf die Klägerin übertragen worden:

d)

Das Landgericht hat zutreffend herausgearbeitet, dass das von Herrn B gestaltete Logo der Kennzeichnung der neuen Plug-and-Play - Produktlinie der Klägerin zu 1) und damit als Herstellerkennzeichnung dienen sollte. Dies ist der Vertragszweck der Entwicklung und der Nutzungsrechteeinräumung gewesen.

Die Beklagte hatte sich von Anfang an damit einverstanden erklärt, dass das Logo als Herstellerkennzeichnung zugunsten der der klägerischen Produkte eingesetzt werden sollte. Das zeigt auch der Schriftwechsel vom Februar 2012, in dem es noch um die Verwendung des Designs mit der Dachmarke „D“ der Klägerin gegangen ist ((powered by D) - Anlage B 12 - Bl. 139/142 d. A.).

Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte als Vertriebspartnerin der Klägerin auch eigene wirtschaftliche Interessen mit der Verwendung des Logos verfolgt hat. Soweit die Beklagte im Rahmen ihrer Vertriebspartnerschaft mit der Klägerin weitergehende Aufgaben, wie etwa die Entwicklung von Marketingkonzepten, die Herstellung von Merchandising-Artikeln oder aber den Aufdruck und die Verwendung von Werbemitteln mit dem Logo übernommen hat (beispielhaft BB 1), so verwies die Kennzeichnung mit dem streitbefangenen Logo doch immer auf die Produkte der Klägerin selbst und nicht etwa auf etwaige davon zu separierende Dienstleistungen der Beklagten.

Nachdem die Klägerin zu 1) im Mai 2012 entschieden hatte, „Match“ als eigenständige Produktlinie aufzubauen, hat die Beklagte konsequenterweise auch akzeptiert, dass das Logo als Teil einer Warenmarke, d. h. zur Kennzeichnung der klägerischen Produkte zugunsten des Klägers zu 2) mit dem Zusatz „by Audiotec X“, also der Firmenbezeichnung der Klägerin zu 1) registriert worden ist. Unerlässlicher Inhalt der Absprache war demnach, dass diese Kennzeichnung auch dauerhaft und exklusiv auf und für die klägerischen Erzeugnisse verwendet werden kann. Mit Recht hat das Landgericht daraus auch ein Recht zur Unterlizensierung zugunsten des Klägers zu 2) abgeleitet. Auf die Erwägungen des Landgerichts (S. 8-9 des Urteils), denen sich der Senat anschließt, kann verwiesen werden.

Ergänzend ist lediglich auf folgende Gesichtspunkte hinzuweisen:

Es ist nach dem Vertragszweck nicht ersichtlich, dass die Beklagte an der Nutzung des Logos ein wirtschaftliches Interesse (gehabt) hätte, das über ihr damaliges Vertriebsinteresse hinausging und das dafür sprechen könnte, die Nutzung des Logos auf die Laufzeit der geschäftlichen Beziehungen der Parteien zu begrenzen. Die Beklagte vertrieb und vertreibt ihre Produkte unter abweichenden Eigenmarken, ist also für ihre geschäftlichen Aktivitäten auf das Zeichen nie angewiesen gewesen (Anlagenkonvolut B 9, Bl. 125 ff d. A.). Demgegenüber war es für die Beklagte immer klar, dass die Klägerin zu 1) uein elementares wirtschaftliches Interesse an dem Zeichen hatte, weil sie sich bei der Kennzeichnung ihrer neuen Produktlinie auf dieses Logo festgelegt hatte. Die Beklagte hat dieses Interesse beachtet, in dem sie sich immer (nur) als Vertriebspartner der Klägerin vorgestellt hat (Anlagen B 5 und B 6).

Soweit die Beklagte „in den Raum stellt“, sie sei wegen ihrer umfassenden Marketing-Aktivitäten als Mitherstellerin der Produkte anzusehen, lässt sich das aus dem Sachvortrag nicht ableiten. Die technische Entwicklung und die verantwortliche Herstellung der Produkte (möglicherweise auch mit Hilfe von Subunternehmern) lag unstreitig allein bei der Klägerin zu 1), die mit ihrer Kennzeichnung „Match by Audiotec X“ auch die markenrechtliche Garantiefunktion übernommen hat.


KG Berlin: Vertrag über Erstellung eines näher definierten Corporate Designs nebst Website und Video ist ein Werkvertrag auch bei gestalterischer Leistung des Auftragnehmers

KG Berlin
Urteil vom 19.03.2019
21 U 80/18

Das KG Berlin hat entschieden, dass ein Vertrag über die Erstellung eines näher definierten Corporate Designs nebst Website und Video auch bei gestalterischer Leistung des Auftragnehmers als Werkvertrag einzuordnen ist,

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Klägerin hat einen Zahlungsanspruch in Höhe von 29.551,57 € gegen die Beklagte aus § 631 Abs. 1 BGB.

aa)

Das streitgegenständliche einheitliche Vertragsverhältnis zwischen den Parteien auf Grundlage der Angebote 1 und 2 (Anlage K 1 und 2) durch die Beklagte unterliegt dem deutschen Recht (Art. 4 Abs. 1 b) der Verordnung (EG) Nr. 593/2008, im Folgenden: Rom I-VO). Diese Verordnung ist auf den Vertrag anzuwenden, da die Klägerin ihren Sitz in Deutschland, die Beklagte in Luxemburg hat. Da es sich bei dem Vertrag um einen Dienstleistungsvertrag handelt, unterliegt er mangels einer anderslautenden Vereinbarung dem Recht am Sitz des Dienstleisters, also der Klägerin, mithin dem deutschen Recht (Art. 4 Abs. 1 b) Rom I-VO).

bb)

Auf den Vertrag ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung anzuwenden, Art. 229 § 39 EGBGB.

cc)

Es handelt sich bei ihm um einen Werkvertrag, da bei der Leistung der Klägerin die Erreichung bestimmter Erfolge - insbesondere die Erstellung eines näher definierten Corporate Designs, von Logos, Flyern, einer Webseite und einem Video - im Vordergrund stehen.

dd)

Der aus dem Werkvertrag resultierende Vergütungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ist fällig (§ 641 Abs. 1 S 1 BGB). Zwar hat die Beklagte die Werkleistung der Klägerin nicht abgenommen, sie ist aber vertragsgemäß, sodass sich die Beklagte auf die fehlende Abnahme nicht berufen kann.

Es kommt in diesem Zusammenhang nur noch auf die Beurteilung des Imagevideos an, die Abnahmereife der übrigen Leistungen der Klägerin ist unstreitig. Hinsichtlich des Videos folgt die Abnahmereife bereits aus dem unstreitigen Parteivorbringen. Somit kommt es nicht auf die Beweiswürdigung des Landgerichts oder die Frage an, ob das Landgericht die Präklusionsvorschriften in zutreffender Form gegen die Beklagte angewendet hat.

Dies ergibt sich aus den folgenden Überlegungen:

(1)

Die Leistung eines Werkunternehmers kann entscheidend durch die Gestaltung des Werks geprägt sein, etwa wenn eine Architektur, ein Design oder eine ähnliche künstlerische Leistung zum Auftrag des Unternehmers gehört.

(a)

Bei einem solchen gestalterischen Werk ist das genaue Leistungssoll bei Vertragsschluss oftmals noch in vielen Punkten unbestimmt. Dem Besteller kommt es gerade auf die Ideen und ihre Umsetzung durch den Unternehmer an. Bei Vertragsschluss hat dieser Gestaltungsprozess häufig noch gar nicht begonnen oder ist - im Falle von vorhergehenden sog. Akquiseleistungen - jedenfalls noch nicht abgeschlossen.

Diese Unbestimmtheit des Leistungssolls ist das Charakteristikum eines Werkvertrags über eine gestalterische Werkleistung und steht der Annahme eines wirksamen Vertrages grundsätzlich nicht entgegen. Vielmehr ist im Regelfall anzunehmen, dass eine Vertragspartei berechtigt ist, das Leistungssoll im Verlauf der Vertragsdurchführung durch die Ausübung eines Leistungsbestimmungsrechts zu konkretisieren (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 23. April 2015, VII ZR 131/13, BGHZ 205, 107).

In welcher Form dies zu geschehen hat, richtet sich nach dem Vertrag. Enthält dieser keine ausdrückliche Regelungen, ist das von den Parteien Gewollte durch Auslegung zu ermitteln (BGH, Urteil vom 23. April 2015, VII ZR 131/13, BGHZ 205, 107, Rz. 39). Dabei sind vor allem die Interessen der Parteien, soweit sie für die jeweilige Gegenseite erkennbar sind, und die erkennbaren Ziele bedeutsam, die der Besteller mit der beauftragten Werkleistung verfolgt. Anhand der vertraglichen Vereinbarung ist dabei insbesondere zu klären, in welchen Punkten die Leistung des Unternehmers bestimmungsbedürftig ist und welcher Partei die Ausübung des Bestimmungsrechts zufällt. Dabei kann sich ergeben, dass die Leistungen des Unternehmers gemäß dem Fortschritt seiner Arbeit mehrfach und schrittweise zu konkretisieren ist.

(b)

Hinsichtlich der Auswahl der bestimmungsberechtigten Vertragspartei gilt: Aus dem Umstand, dass der Besteller ein gestalterisches oder sogar künstlerisches Werk in Auftrag gegeben hat, kann sich im Einzelfall ein Gestaltungsspielraum für den Unternehmer ergeben (vgl. OLG Köln, Urteil vom 14. November 2018, 11 U 71/18). Zugleich verfolgt der Besteller mit der beauftragten Werkleistung aber bestimmte Ziele, sodass er grundsätzlich berechtigt sein muss, dem Unternehmer bei der Konkretisierung des Werkerfolgs Vorgaben zu machen, je nachdem, wie aus seiner Sicht diese Ziele am besten erreicht werden können.

(c)

Wenn und soweit die Vertragsauslegung ergibt, dass dem Besteller ein Leistungsbestimmungsrecht zufällt, so stellt die Ausübung dieses Rechts durch den Besteller seine Mitwirkungsobliegenheit dar (vgl. Retzlaff in: Kniffka, Bauvertragsrecht, 3. Auflage, 2018, § 642 BGB, Rz. 21).

(d)

Generell kann die berechtigte Partei ihr Leistungsbestimmungsrecht ausdrücklich oder konkludent ausüben, wobei eine konkludente Ausübung aber nur dann anzunehmen ist, wenn das Verhalten der Vertragspartei aus Sicht eines objektiven Beobachters entsprechend auszulegen ist.

(e)

Hat eine Vertragspartei ein ihr zufallendes Leistungsbestimmungsrecht ausgeübt, wird das Leistungssoll des Werkvertrags hierdurch konkretisiert. In dem nunmehr bestimmten Punkt ist das Werk des Unternehmers folglich vertragsgerecht, wenn es sich an die Vorgaben der ausgeübten Leistungsbestimmung hält. Deshalb darf der Besteller die Abnahme einer Werkleistung, die die wirksam ausgeübte Leistungsbestimmung umsetzt, nicht aus diesem Grund ablehnen. Das gilt auch dann, wenn sich die Leistungsbestimmung noch nicht auf einen abnahmefähigen Teil der Werkleistung, sondern auf eine Vor- oder Zwischenstufe bezieht, also lediglich eine Weichenstellung oder Vorfestlegung für die nachfolgenden Schritte des Werkprozesses darstellt.

(2)

Aus diesen Grundsätzen folgt für den vorliegenden Fall:

(a)

Die Entscheidung über den konkreten Inhalt des von der Klägerin herzustellenden Videos, also insbesondere das Bildmaterial sowie die Dauer und Zusammenstellung der einzelnen Videosequenzen, unterlag der Bestimmung durch die Beklagte. Die Beklagte verfolgte mit dem Video eigene Werbezwecke; dies war der Grund für die Beauftragung der Klägerin. Deshalb muss grundsätzlich auch die Beklagte entscheiden dürfen, welche (visuellen) Informationen und Eindrücke dem Zuschauer vermittelt werden sollen. Daher oblag es zum Beispiel der Entscheidung der Klägerin, welche Yachten in welcher Perspektive gezeigt werden, ob und welche Innenaufnahmen eingeblendet werden, ob in einer bestimmten Einstellung Models auftreten usf.

Zugleich sah der Vertrag vor, dass das für das Video erforderliche Film- und Bildmaterial bei einem einzigen Drehtermin (“Shooting”) von zwei Tagen Dauer auf Mallorca erstellt wird (vgl. das Angebot 2, Anlage K 2). Die Beschränkung auf einen einzigen Termin für die “Materialsammlung” ist auch angemessen, da hierfür ein aus ca. zehn Personen bestehendes Team nach Mallorca reisen muss, während es um ein Video von nur wenigen Minuten Dauer ging. Mit dem Ende dieses Shootings war das Video noch nicht abgeschlossen, da das Bildmaterial noch geschnitten und nachbearbeitet werden musste.

(b)
Aus diesem übereinstimmend geplanten Ablauf folgt: Wenn die Beklagte berechtigt war vorzugeben, welche Videosequenzen gedreht und für das Video verwendet werden sollen, dann musste sie dies auf eine Weise tun, die es der Klägerin erlaubt, die Dreharbeiten im Rahmen des vorgesehenen einzigen Termins auf Mallorca abzuschließen.

Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte durchgängig die Möglichkeit, mit mindestens einem Vertreter - ihrer Geschäftsführerin M... bzw. Herrn F... - bei den Dreharbeiten zugegen zu sein. Die Klägerin durfte deshalb erwarten, dass die Beklagte durch diese Personen ihr Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der zu filmenden Videosequenzen bis zum Abschluss des Drehtermins ausübt. Damit oblag es der Beklagten, bestimmte Wünsche für das Videomaterial zeitlich so mitzuteilen, dass die Klägerin ihnen bis zum Ende des Termins nachkommen konnte. Wenn die Dreharbeiten in Anwesenheit von Vertretern der Beklagten zu Ende gehen, ohne dass noch bestimmte von ihnen geäußerte Aufnahmewünsche offen waren, durfte die Klägerin folglich davon ausgehen, die Sammlung des Filmmaterials im Sinne der Beklagten abgeschlossen zu haben. Die Beklagte hat dann ihr Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der Materialsammlung wenn nicht durch ausdrückliche Billigung, dann zumindest konkludent in diesem Sinne ausgeübt.

(c)

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Es ist unerheblich, ob Herr F... oder die Geschäftsführerin der Beklagten im Verlauf des Drehs angeblich Zweifel an den Aufnahmen und der Kameraeinstellung geäußert haben (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 6. Juni 2018). Maßgeblich ist, dass sie zum Abschluss der Dreharbeiten unstreitig keine Einwände gegen die Sichtweise der Klägerin vorbrachten, das Videomaterial nunmehr vollständig “im Kasten” zu haben, und keine weiteren Bilder mehr einforderten, die aus ihrer Sicht noch fehlten. Dazu hätte für die Beklagte umso mehr Anlass bestanden, als die Klägerin ihr sogar eine Shotliste übergeben hatte, aus der die geplanten Aufnahmen im Einzelnen ersichtlich waren und die sodann auch umgesetzt worden ist. Zudem war es offenbar die Klägerin, die darauf drängte, die Dreharbeiten nicht zu früh abzubrechen, wie sich aus ihrer Mail vom 9. Dezember 2015 ergibt, die von der Beklagten selbst vorgelegt wird (Anlage B 2). Damit durfte die Klägerin zu Recht davon ausgehen, dass die Beklagte das am Ende des Drehs zusammengetragene Videomaterial als ausreichende Grundlage für den noch fertigzustellenden Film ansieht.

(d)

Durch diese Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts hat die Beklagte die Werkleistung der Klägerin keineswegs insgesamt abgenommen. Sie hat lediglich eine Vor- oder Zwischenstufe des Werks als vertragsgemäß gebilligt, wobei die Wirkung der Leistungsbestimmung hier zugleich auch im Sinne einer Zwischenabnahme verstanden werden kann (orientiert man sich an der Terminologie in §§ 300 ff ZPO ist die Rede von “Zwischenstufe” und “Zwischen”abnahme hier treffender als die von “Teilleistung” und “Teil”abnahme).

Durch diese Ausübung des sich auf die Zwischenstufe “Materialsammlung” beziehenden Leistungsbestimmungsrechts ist die Werkleistung der Klägerin - das fertiggestellte Video - keineswegs bereits insgesamt abgenommen. Vielmehr war die Beklagte auch nach Abschluss der Dreharbeiten berechtigt, im Sinne eines Leistungsbestimmungsrechts auf der nächsten Produktionsstufe Einfluss auf dieses Endergebnis zu nehmen. Wenn es für die Beklagte zum Beispiel von Bedeutung gewesen wäre, dass das Video umfangreiche und detaillierte Aufnahmen der Kabinen zeigt, dann setzt dies zunächst voraus, dass sie dies der Klägerin im Zuge des Termins auf Mallorca mitteilt, damit entsprechende Sequenzen gedreht werden. Wenn die Klägerin diese Bilder im fertigen Video nicht im gewünschten Umfang oder nicht an der gewünschten Stelle oder vielleicht mit einer nicht als passend empfundenen musikalischen Untermalung verwertet hätte, dann wäre die Beklagte weiterhin berechtigt gewesen, hier auf Abhilfe zu dringen und die Abnahme zu verweigern. Durch die abschließende Ausübung ihres Leistungsbestimmungsrechts auf der Vorstufe der Materialsammlung hat sie diese Befugnis auf der folgenden Stufe der Materialverarbeitung nicht verloren. Dass insoweit ein nicht zur Disposition der Beklagten stehender künstlerischer Gestaltungsspielraum der Klägerin betroffen wäre (vgl. hierzu OLG Köln, Urteil vom 14. November 2018, 11 U 71/18), ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

(e)

Daneben ist es grundsätzlich denkbar, dass der Besteller die Ausübung seines Leistungsbestimmungsrechts auf einer Vorstufe des Werkprozesses später wieder revidiert. Im vorliegenden Fall könnte dies zum Beispiel bedeuten, dass die Beklagte nach Abschluss des Shootings auf Mallorca und (konkludenter) Billigung des gedrehten Materials als ausreichend, nachträglich doch noch weitere Aufnahmen gewünscht hätte, die andere Motive zeigen, etwa andere Boote oder nur die Boote ohne Models etc. Da das Leistungssoll des Vertrags dann aber bereits im Sinne der getroffenen Bestimmung fixiert ist, kann der Besteller dies nur dann wieder ändern, wenn ihm entweder nach dem Vertrag ein entsprechendes einseitiges Leistungsänderungsrecht eingeräumt ist oder sich der Unternehmer hierauf einlässt, wozu dieser oftmals nur gegen Zahlung einer zusätzlichen Vergütung bereit ist. Handelt es sich bei dem gestalterischen Werkvertrag um einen Architektenvertrag, der der HOAI unterfällt, kann es auf diese Weise zu wiederholten oder geänderten Grundleistungen kommen (vgl. § 10 HOAI).

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte ihre Leistungsbestimmung, wonach das im Oktober 2015 auf Mallorca erstellte Videomaterial ausreichend ist, nicht nachträglich revidiert. Einseitig war sie hierzu nicht berechtigt, weil ihr weder durch Gesetz (§§ 631 ff BGB) noch durch den Vertrag mit der Klägerin ein entsprechendes Leistungsänderungsrecht eingeräumt worden ist. Eine einvernehmliche Einigung über einen weiteren Drehtermin auf Mallorca haben die Parteien nicht erzielt, denn die Klägerin war hierzu nur gegen zusätzliche Vergütung bereit, während die Beklagte dies als kostenneutrale “Nachbesserung” gefordert hat (vgl. die Mails zwischen den Parteien im Dezember 2015, Anlage B 1 und 2)."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Patentanwaltsvergütung für Vertretung im gerichtlichen Verfahren kann nicht nach § 11 RVG gegen den eigenen Auftraggeber festgesetzt werden

BGH
Beschluss vom 25.08.2015
X ZB 5/14
Festsetzung der Patentanwaltsvergütung
RVG § 11


Der BGH hat entschieden, dass die Vergütung des Patentanwalts für die Vertretung im gerichtlichen Verfahren nicht nach § 11 RVG gegen den eigenen Auftraggeber festgesetzt werden kann. Damit hat der BGH diese Streitfrage entschieden.

Leitsatz des BGH:

Die Vergütung des Patentanwalts für die Vertretung einer Partei oder die Mitwirkung bei der Vertretung einer Partei im gerichtlichen Verfahren kann nicht nach § 11 RVG gegen den Auftraggeber festgesetzt werden.

BGH, Beschluss vom 25. August 2015 - X ZB 5/14 - OLG Braunschweig - LG Braunschweig

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Hamm: Architekt muss Wünsche des Kunden berücksichtigen und auf fehlende Machbarkeit ggf hinweisen

OLG Hamm
Urteil vom 07.05.2014
12 U 184/12


Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Architekt die Wünsche des Kunden berücksichtigen und ggf. auf eine fehlende Machbarkeit hinweisen muss. Geschieht dies nicht, so ist die Leistung des Architekten mangelhaft und es liegt ein Gewährleistungsfall vor.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Unstreitig ist, dass der Kläger mit der oben genannten Skizze seine Wunschvorstellungen zum Ausdruck gebracht hat. Danach sollte es zum einen im rechten Winkel zur Straße eine direkte Zufahrt zur Garage und zum anderen eine bogenförmige Zufahrt zum Haus geben, in deren weiterem Verlauf man dann wieder auf die Straße fahren kann, ohne vorher wenden zu müssen.

Der Beklagten oblag es, diese vom Kläger skizzierten Wunschvorstellungen auf ihre Machbarkeit hin zu überprüfen und planerisch weitestmöglich zu realisieren. Kommt ein Architekt im Zuge seiner Überprüfung der Machbarkeit fehlerhaft zu der Einschätzung, dass die Wunschvorstellungen nicht zu realisieren sind, entlastet es ihn nicht, wenn der Bauherr aufgrund dieser ihm mitgeteilten fehlerhaften Einschätzung - aus seiner Sicht unvermeidlich - seine Wunschvorstellung aufgibt. Die Unterschrift des Klägers unter der Genehmigungsplanung entlastet die Beklagte daher nur insoweit, als ihre Planung alternativlos war."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Volltext der Schwarzarbeit-Entscheidung liegt vor - Keine Anspruch auf Vergütung auch wenn nur ein Teil "schwarz" geleistet wurde

BGH
Urteil vom 10.04.2014
VII ZR 241/13
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 2, § 817 Satz 2; SchwarzArbG § 1 Abs. 2 Nr. 2


Siehe zu dieser Entscheidung auch "BGH: Kein Anspruch auf Bezahlung bei Schwarzarbeit auch wenn nur ein Teil der Leistung ohne Rechnung geleistet wurde".

Leitsatz des BGH:
Ist ein Werkvertrag wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG vom 23. Juli 2004 nichtig, steht dem Unternehmer für erbrachte Bauleistungen ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Wertersatz gegen den Besteller nicht zu.
BGH, Urteil vom 10. April 2014 - VII ZR 241/13 - OLG Schleswig - LG Kiel

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Kein Anspruch auf Bezahlung bei Schwarzarbeit auch wenn nur ein Teil der Leistung ohne Rechnung geleistet wurde

BGH
Urteil vom 10.04.2014
VII ZR 241/13


Die Pressemitteilung des BGH:

"Schwarzarbeit wird nicht bezahlt

Der u.a. für das Bauvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat hat heute entschieden, dass ein Unternehmer, der bewusst gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes* (SchwarzArbG) verstoßen hat, für seine Werkleistung keinerlei Bezahlung verlangen kann.

Der Beklagte beauftragte die Klägerin 2010 mit der Ausführung der Elektroinstallationsarbeiten. Vereinbart wurde ein Werklohn von 13.800 € einschließlich Umsatzsteuer sowie eine weitere Barzahlung von 5.000 €, für die keine Rechnung gestellt werden sollte. Die Klägerin hat die Arbeiten ausgeführt, der Beklagte hat die vereinbarten Beträge nur teilweise entrichtet.

Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Der VII. Zivilsenat hat die Entscheidung des Berufungsgerichts bestätigt.

Sowohl die Klägerin als auch der Beklagte haben bewusst gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen, indem sie vereinbarten, dass für die über den schriftlich vereinbarten Werklohn hinaus vereinbarte Barzahlung von 5.000 € keine Rechnung gestellt und keine Umsatzsteuer gezahlt werden sollte. Der gesamte Werkvertrag ist damit wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig, so dass ein vertraglicher Werklohnanspruch nicht gegeben ist (BGH, Urteil vom 1. August 2013 – VII ZR 6/13, NJW 2013, 3167).

Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Ausgleich der Bereicherung des Beklagten zu, die darin besteht, dass er die Werkleistung erhalten hat. Zwar kann ein Unternehmer, der aufgrund eines nichtigen Vertrags Leistungen erbracht hat, von dem Besteller grundsätzlich die Herausgabe dieser Leistungen, und wenn dies nicht möglich ist, Wertersatz verlangen. Dies gilt jedoch gem. § 817 Satz 2 BGB** nicht, wenn der Unternehmer mit seiner Leistung gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Das ist hier der Fall. Entsprechend der Zielsetzung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes, die Schwarzarbeit zu verhindern, verstößt nicht nur die vertragliche Vereinbarung der Parteien gegen ein gesetzliches Verbot, sondern auch die in Ausführung dieser Vereinbarung erfolgende Leistung.

Der Anwendung des § 817 Satz 2 BGB stehen die Grundsätze von Treu und Glauben nicht entgegen. Die Durchsetzung der vom Gesetzgeber mit dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verfolgten Ziele, die Schwarzarbeit effektiv einzudämmen, erfordert eine strikte Anwendung dieser Vorschrift. Insoweit ist eine andere Sicht geboten, als sie vom Senat noch zum Bereicherungsanspruch nach einer Schwarzarbeiterleistung vertreten wurde, die nach der alten Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit zu beurteilen war (BGH, Urteil vom 31. Mai 1990 – VII ZR 336/89, BGHZ 111, 308)."


BGH: Zusendung unbestellter Ware ist eine unzumutbare Belästigung (§ 7 Abs. 1 S. 1 UWG) und zur Beauftragtenhaftung - Auftragsbestätigung

BGH
Urteil vom 17.08.2011
I ZR 134/10
Auftragsbestätigung
UWG Anhang zu § 3 Abs. 3 Nr. 29, § 7 Abs. 1 Satz 1, § 8 Abs. 2

Leitsätze des BGH:

a) Nr. 29 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG erfasst auch die Ankündigung einer fortlaufenden Lieferung von Waren, bei der eine unbestellte, aber als bestellt dargestellte Ware zugesandt und, falls der Verbraucher nicht binnen einer Frist widerspricht, deren Zusendung gegen Entgelt fortgesetzt wird.

b) Das Zusenden unbestellter Ware stellt regelmäßig ebenso wie die entsprechende Ankündigung eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG dar.

c) Die Zusendung unbestellter Ware fällt dann nicht unter Nr. 29 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG oder unter § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG, wenn der Unternehmer irrtümlich von einer Bestellung ausgeht und der Irrtum seine Ursache nicht im Verantwortungsbereich des Unternehmens hat.

d) Beruht der Irrtum des Unternehmers darauf, dass ihn diejenigen Personen, die er für die Akquisition eingesetzt hat, über das Vorliegen einer Bestellung getäuscht haben, haftet er für den in der Zusendung der unbestellten Ware liegenden Wettbewerbsverstoß ungeachtet einer Wissenszurechnung nach § 166 Abs. 1 BGB nach § 8 Abs. 2 UWG.
BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 134/10 - OLG Stuttgart - LG Heilbronn

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: