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BGH legt EuGH vor: Umfasst Schutz der geschützten Ursprungsbezeichnung Aceto Balsamico di Modena auch die Verwendung der einzeln nichtgeografischen Begriffe - Deutscher Balsamico

BGH
Beschluss vom 12.04.2018
I ZR 253/16
Deutscher Balsamico
Verordnung (EG) Nr. 583/2009 Art. 1; Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 Art. 13 Abs. 1; MarkenG § 135 Abs. 1


Tenor der Entscheidung:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung von Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 583/2009 der Kommission vom 3. Juli 2009 zur Eintragung einer Bezeichnung in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben (Aceto Balsamico di Modena [g.g.A.], ABl. Nr. L 175 vom 4. Juli 2009, S. 7) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Erstreckt sich der Schutz der Gesamtbezeichnung "Aceto Balsamico di Modena" auf die Verwendung der einzelnen nichtgeografischen Begriffe der zusammengesetzten Bezeichnung ("Aceto", "Balsamico", "Aceto Balsamico")?

BGH, Beschluss vom 12. April 2018 - I ZR 253/16 - OLG Karlsruhe - LG Mannheim

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Karlsruhe: Nur Aceto Balsamico di Modena nicht aber Balsamico in Alleinstellung als geografische Herkunftsangabe geschützt

OLG Karlsruhe
Urteil vom 09.11.2016
6 U 176/15


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass nur die Wortfolge "Aceto Balsamico di Modena" nicht aber "Balsamico" in Alleinstellung als geografische Herkunftsangabe geschützt ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

"b) Obwohl die von der Klägerin unter dem beanstandeten Kennzeichen vertriebenen Produkte nicht die Spezifikation der geschützten geografischen Angabe „Aceto Balsamico di Modena“ erfüllen (LU S. 9), ist die Verwendung „Balsamico“ für diese Produkte nach Art. 13 Abs. 1 lit. b der Grundverordnung nicht zu beanstanden.

Nach Art. 13 lit. b der Grundverordnung werden eingetragene Namen geschützt gegen jede widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung, selbst wenn der tatsächliche Ursprung des Erzeugnisses angegeben ist oder wenn der geschützte Name in Übersetzung oder zusammen mit Ausdrücken wie „Art“, „Typ“, „Verfahren“, Fasson“, „Nachahmung“ oder dergleichen verwendet wird, auch wenn dieses Erzeugnis als Zutat verwendet wird. Es kann dahinstehen, ob eine Anspielung in diesem Sinne bereits deshalb ausscheidet, weil lediglich ein Bestandteil der geschützten Bezeichnung verwendet wurde. Der EuGH hat bisher in Bezug auf die Anspielung soweit ersichtlich lediglich für eine g. U. entschieden, dass dieser Begriff auch eine Fallgestaltung erfasst, in der der zur Bezeichnung eines Erzeugnisses verwendete Ausdruck einen Teil einer geschützten Bezeichnung in der Weise einschließt, dass der Verbraucher durch den Namen des Erzeugnisses veranlasst wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die die Bezeichnung trägt (EuGH, Slg. 1999, - I-1301 Rn. 25 - Consorzio per la tutela del formaggio Gorgonzola; EuGH, GRUR 2008, 524, Rn. 44 - Parmesan). Denn jedenfalls findet Art. 13 lit. b der Grundverordnung deshalb keine Anwendung, weil sich aus der Verordnung (EG) Nr. 583/2009 (in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 11.08.2009, ABl. L 207 vom 11.08.2009, S. 15) ergibt, dass die Betroffenen für die einzelnen nichtgeografischen Begriffe der zusammengesetzten Bezeichnung, auch wenn diese zusammen verwendet werden, sowie ihre Übersetzung aus der Grundverordnung keine Rechte ableiten können. Dass sich Beschränkungen des Schutzumfangs bereits aus der jeweiligen Verordnung zur Eintragung einer Bezeichnung in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben ergeben können, ist in der Rechtsprechung des EuGH anerkannt (vgl. EuGH, Urt. v. 09.06.1998, - C-130/97, Slg. I- 3340, Rn. 26 -Chiciak und Fol; Beschl. v. 06.10.2015 - C-519/14 P, Rn. 21 - Gouda Holland; Urt. v. 06.10.2015 - C-517,14 P, Rn. 21 - Edam Holland).

Entgegen der Auffassung des Landgerichts (LU S. 9 ff.) lässt sich der Verordnung (EG) Nr. 583/2009 eine entsprechende Beschränkung des Schutzumfangs entnehmen. Dort wird in den auszugsweise wiedergegebenen Erwägungsgründen ausgeführt:

„(2) Deutschland, Griechenland und Frankreich haben gegen die Eintragung gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 Einspruch erhoben. Dieser Einspruch wurde gemäß Artikel 7 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstaben a bis d als zulässig erachtet.

(3) Der von Deutschland eingelegte Einspruch konzentriert sich darauf, dass sich die Eintragung der geschützten geografischen Angabe „Aceto Balsamico di Modena“ nachteilig auf das Bestehen von Erzeugnissen auswirkt, die sich bereits seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig unter der Handelsbezeichnung Balsamessig/Aceto balsamico in Verkehr befinden, sowie darauf, dass sich diese Bezeichnungen als Gattungsbezeichnungen darstellen. Deutschland hat außerdem darauf hingewiesen, dass die einzelnen Herstellungsphasen in dem Ursprungsgebiet klarer dargestellt werden müssen.
(…)

(5) Griechenland wiederum weist auf die Bedeutung der Erzeugung von Balsamessig auf seinem Staatsgebiet hin, der unter anderem unter den Bezeichnungen „balsamico“ oder „balsamon“ in Verkehr gebracht wird, und auf die nachteilige Auswirkung, die die Eintragung der Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ auf das Bestehen dieser Erzeugnisse haben würde, die sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig in Verkehr befinden. Griechenland schließt sich der Auffassung an, dass die Begriffe „aceto balsamico“, „balsamic“ usw. Gattungsbezeichnungen sind."