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OLG Hamburg: Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands nach § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG gilt nur wenn besondere Gefahr des Missbrauchs in Form eines massenhaften Vorgehens besteht

OLG Hamburg
Urteil vom 07.09.2023
5 U 65/22


Das OLG Hamburg hat entschieden, dass die Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands nach § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nur für Fallkonstellationen gilt, bei denen von einer besonderen Gefahr des Missbrauchs in Form eines massenhaften Vorgehens auszugehen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Die Klage – soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist – ist zulässig. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist die örtliche Zuständigkeit der Hamburger Gerichte gem. § 14 Abs. 2 S. 2 UWG zu bejahen. Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund des UWG geltend gemacht wird, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, § 14 Abs. 2 S. 1 UWG. Gem. § 14 Abs. 2 S. 2 UWG ist für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, außerdem das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen wurde. Vorliegend wurde die Zuwiderhandlung auch in Hamburg begangen. Mit dem Begehungsort ist sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort gemeint (Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 14 Rn. 16). Erfolgsort ist der Ort, an dem das durch die fragliche Norm geschützte Rechtsgut nach dem Vortrag des Klägers verletzt wurde (Tolkmitt in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 5. Aufl., § 14 Rn. 100). Bei über das Internet verbreiteten Inhalten ist der Erfolgsort überall dort, wo der Inhalt abgerufen werden kann (vgl. Scholz in BeckOK UWG, 21. Ed., § 14 Rn. 51). Ob es darüber hinaus auf den bestimmungsgemäßen Abruf ankommt (vgl. BGH GRUR 2018, 935 Rn. 18 f. – goFit; BGH GRUR 2016, 1048 Rn. 18 – An Evening with Marlene Dietrich), kann offenbleiben, da sich das Video des Beklagten an ein bundesweites und nicht nur an ein regional begrenztes Publikum richtet.

Randnummer55
§ 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG steht der Zuständigkeit der Hamburger Gerichte nicht entgegen. Gem. § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG gilt § 14 Abs. 2 S. 2 UWG nicht für „Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien“. Vorliegend handelt es sich nicht um eine hiervon umfasste Rechtsstreitigkeit.

Randnummer56
a. Es ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob die in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG enthaltene Begrenzung des „fliegenden Gerichtsstands“ einschränkend auszulegen ist. Zum Teil wird davon ausgegangen, dass § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG – wie § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG – nur auf im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangene Verstöße gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten anzuwenden sei (OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2022, 135 Rn. 11; LG Hamburg Beschl. v. 26.8.2021 – 327 O 214/21, GRUR-RS 2021, 29072 Rn. 2; LG Hamburg Urt. v. 20.04.2023 – 312 O 58/22, GRUR-RS 2023, 20801 Rn. 37; Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 8. Aufl., § 14 Rn. 29; Sosnitza GRUR 2021, 671 (678); vgl. auch Wagner/Kefferpütz WRP 2021, 151 Rn. 35 ff.). Andere legen die Vorschrift dahingehend aus, dass § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nur Fälle einer spezifischen Verletzung von Regelungen erfasse, die sich gerade auf spezialgesetzliche Vorgaben zu Darstellungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien bezögen, also tatbestandlich an ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien anknüpften (LG Düsseldorf GRUR-RR 2021, 330 Rn. 3 ff.; LG Düsseldorf GRUR-RR 2021, 333 Rn. 8 ff.; Doepner/Reese in BeckOK HWG, 10. Ed., HWG Einleitung Rn. 380). Wiederum andere vertreten die Ansicht, es sei eine einschränkende Auslegung (nur) dahingehend vorzunehmen, dass nur Rechtsverletzungen erfasst werden, die ausschließlich in Telemedien verwirklicht werden (LG Stuttgart Beschl. v. 27.10.2021 – 11 O 486/21, GRUR-RS 2021, 35486; Rüther, WRP 2021, 726, 731). Nach Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 14 Rn. 21a und 21b, sei eine mit Blick auf § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG reduzierende Auslegung des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG abzulehnen. Dies stehe allerdings einer teleologischen Reduktion in Einzelfällen, die nicht das vom Gesetzgeber adressierte Missbrauchspotential aufwiesen, nicht entgegen. Der Anwendungsbereich der Regelung erfasse nur Rechtsverletzungen, die ausschließlich in Telemedien verwirklicht werden, indem etwa durch den Inhalt eines im Internet angezeigten Angebots oder einer Internet-Werbung gegen lauterkeitsrechtliche Vorschriften verstoßen werde (vgl. auch Feddersen, WRP 2021, 713, 718). Schließlich wird zum Teil eine Reduktion des Anwendungsbereichs der Norm insgesamt abgelehnt (OLG Düsseldorf GRUR 2022, 183 Rn. 36 ff.; OLG Düsseldorf GRUR 2021, 984 Rn. 19 ff., wobei das Gericht es offenlässt, ob die Auffassung zutrifft, dass Rechtsverletzungen nicht erfasst werden, die nicht ausschließlich in Telemedien verwirklicht werden; Tolkmitt in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 5. Aufl., § 14 Rn. 85; vgl. auch Scholz in BeckOK UWG, 21. Ed., § 14 Rn. 60).

b. Nach Auffassung des Senats ist § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG dahingehend auszulegen, dass von der Beschränkung des Wahlrechts aus § 14 Abs. 2 S. 2 UWG im elektronischen Geschäftsverkehr und in Telemedien jedenfalls diejenigen Fälle ausgenommen sind, in denen nicht von einer besonderen Gefahr des Missbrauchs in Form eines massenhaften Vorgehens auszugehen ist.

Zwar lässt der Wortlaut des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG bei isolierter Betrachtung eine solche Beschränkung der Ausnahme vom fliegenden Gerichtsstand nicht erkennen. Auch ist bei einer systematischen Betrachtung festzustellen, dass der Wortlaut des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG vom Wortlaut des § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG abweicht, wonach der Anspruch auf Ersatz der für eine Abmahnung erforderlichen Aufwendungen ausgeschlossen ist bei im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten.

Allerdings ergibt sich aus der Historie der Gesetzesentstehung und dem Sinn und Zweck der Vorschrift eine Auslegung, wonach jedenfalls solche Fälle von Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien vom Anwendungsbereich ausgenommen sind, in denen nicht von einer besonderen Gefahr des Missbrauchs in Form eines massenhaften Vorgehens auszugehen ist.

Während § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG in der Fassung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs vom 17.05.2019 bereits den Wortlaut aufwies, dass der Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nach § 13 Abs. 3 UWG für Anspruchsberechtigte nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG ausgeschlossen ist bei „im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten“, lautete § 14 Abs. 2 UWG-E in der Fassung des Entwurfs der Bundesregierung vom 17.05.2019 noch:

„Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Nur wenn sich die geschäftliche Handlung an einen örtlich begrenzten Kreis von Marktteilnehmern wendet, ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen wurde. Das Gericht, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen wurde, ist ferner zuständig, wenn der Beklagte im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand hat.“

In der Begründung hierzu hieß es u.a., dass der „fliegende Gerichtsstand“ eine Benachteiligung für den Beklagten darstelle, weil sich der Kläger ein Gericht in seiner Nähe aussuchen könne oder ein Gericht, das eher in seinem Sinn über den Streitwert entscheide. Für Abgemahnte bedeute eine angedrohte Klage an einem weit entfernten Gericht eine Belastung, die sie oft dazu bewege, sich nicht gegen die Forderungen zu wehren und die geforderte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen (BT-Drs. 19/12084, S. 35).

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hielt die Einschränkung des fliegenden Gerichtsstandes für zu weit und schlug dem Bundestag daher die Fassung des § 14 Abs. 2 UWG vor, die letztlich auch Gesetz wurde (BT-Drs. 19/22238, S. 8; vgl. auch Lerach, jurisPR-WettbR 3/2021 Anm. 5; Motejl/Rosenow, WRP 2021, 699 (703 f.)). Im Bericht des Ausschusses heißt es, dass die Änderungen auf einem Änderungsantrag beruhen, den die Fraktionen der CDU/CSU und SPD in den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz eingebracht haben. Die Begründung zu der geänderten Fassung lautet:

„Die Einschränkung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung wird auf die in diesem Zusammenhang besonders missbrauchsanfälligen Verstöße beschränkt, die auf Telemedien oder im elektronischen Geschäftsverkehr begangen werden. Da der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung grundsätzlich besteht, kann die im Regierungsentwurf enthaltene Eröffnung für Handlungen, die sich an einen örtlich begrenzten Kreis von Teilnehmern richten, entfallen. Aus diesem Grund wird die im Regierungsentwurf entfallene Beschränkung des § 14 Absatz 2 Satz 2 UWG wieder vorgesehen.“ (BT-Drs. 19/22238, S. 18).

Außerdem wird im Bericht des Ausschusses aus einer Petition der CDU/CSU-Fraktion zitiert (BT-Drs. 19/22238, S. 16). Auszugsweise heißt es:

„Entscheidend sei, dass mit dem vorliegenden Gesetzesvorschlag in den Fällen, in denen über potentielle Verstöße im Internet massenhaft Abmahnungen konstruiert würden, der finanzielle Anreiz genommen werde. […] Hinsichtlich des ‚fliegenden Gerichtsstandes‘ sei in der Sachverständigenanhörung sowie in vielen Gesprächen deutlich geworden, dass es durchaus Bereiche gebe, in denen beide Seiten froh seien, vor entsprechend spezialisierten Gerichten zu stehen, so dass von einer vollständigen Abschaffung abgesehen worden sei. Für die beschriebenen Fälle der rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen falle das Wahlrecht jedoch künftig weg.“

Der Berichterstatter für die CDU/CSU-Fraktion im Rechtsausschuss, Jung, führte dazu in der Bundestagsdebatte vom 10.09.2020 u.a. aus:

„Aber die Fälle, von denen wir eben gesprochen haben, die Informations- und Kennzeichnungspflichten, das, was typischerweise, vielfach im Internet passiert, da wollen wir eben dem, der nur darauf aus ist, Aufwendungsersatzansprüche, möglicherweise Vertragsstrafen auszulösen, das Abmahnrecht zu missbrauchen, nicht mehr die Möglichkeit geben, ein Gericht sich auszusuchen, das möglicherweise einmal anders entschieden hat als viele andere, und somit das Recht wieder zu missbrauchen. Deswegen glaube ich, dass wir auch da genau die richtige Trennlinie gefunden haben: den fliegenden Gerichtsstand dort erhalten, wo es Sinn macht, aber dort nicht erhalten, wo der Missbrauch stattfindet“ (Plenarprotokoll 19/173, 21743).

Die Begründung des Ausschusses für die Änderung des § 14 Abs. 2 UWG macht deutlich, dass es darum ging, die Einschränkung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung „auf die in diesem Zusammenhang besonders missbrauchsanfälligen Verstöße […], die auf Telemedien oder im elektronischen Geschäftsverkehr begangen werden“ zu begrenzen. Die Äußerungen in der Bundestagsdebatte – v.a. des Berichterstatters für die CDU/CSU-Fraktion – bringen zum Ausdruck, dass kein Unterschied gemacht wurde in Bezug auf die Beschränkung des Aufwendungsersatzes bei Abmahnungen und die Beschränkung des fliegenden Gerichtsstandes, soweit es um Zuwiderhandlungen im Internet ging. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass der Ausschuss in seinem letztlich vom Bundestag angenommenen Vorschlag den fliegenden Gerichtsstand stärker einschränken wollte als den Aufwendungsersatz für Abmahnungen. In Bezug auf beide Bereiche hatten die Regierungsfraktionen vor allem den Fall vor Augen, dass ein Wettbewerber einen (einfachen) Verstoß verfolgt, der von einer Vielzahl potenzieller Verletzer begangen wird (vgl. Jung, GRUR 2021, 986). Dass für den Ausschuss – und damit letztlich auch für den Gesetzgeber – die Möglichkeit bestanden hätte, den Wortlaut des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG dem Wortlaut des § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG anzugleichen, führt zu keiner anderen Betrachtung (a.A. OLG Düsseldorf GRUR 2022, 183 Rn. 39; Rüther, WRP 2021, 726, 730), da wie ausgeführt nicht erkennbar ist, dass die Abweichung im Wortlaut der beiden Vorschriften bewusst vorgenommen wurde. Auf die Begründung zum ursprünglichen Regierungsentwurf und die darin erkennbare Intention ist nicht abzustellen, da die Regelung durch den Ausschuss entscheidend verändert wurde.

Dem genannten gesetzgeberischen Willen würde es entgegenstehen, den fliegenden Gerichtsstand für alle im Internet begangenen Verstöße auszuschließen. Angesichts des Umstands, dass mittlerweile ein Großteil des geschäftlichen Verkehrs im Internet stattfindet, würde dies einer weitgehenden Abschaffung des fliegenden Gerichtsstands nahekommen, was durch die seitens des Ausschusses vorgenommene Änderung gerade verhindert werden sollte. Da es dem Ausschuss darum ging, eine Beschränkung „auf die in diesem Zusammenhang besonders missbrauchsanfälligen Verstöße […], die auf Telemedien oder im elektronischen Geschäftsverkehr begangen werden“ vorzunehmen, sind jedenfalls diejenigen Fälle nicht erfasst, in denen nicht von einer besonderen Gefahr des Missbrauchs in Form eines massenhaften Vorgehens auszugehen ist.

Auch Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen für eine entsprechende Auslegung. Dass der Gerichtsstand des Ortes der Zuwiderhandlung im Grundsatz erhalten wird, aber im Bereich der Telemedien eine Einschränkung erfährt, ist allein mit der besonderen Missbrauchsanfälligkeit der Verfolgung entsprechender Verstöße zu begründen (so auch OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2022, 135 Rn. 11). Mittels technischer Mittel ist es möglich, das Internet nach potentiellen Verstößen zu durchsuchen, massenhaft abzumahnen und in der Folge gerichtliche Verfahren einzuleiten. Diese Missbrauchsgefahr realisiert sich vor allem in Fällen, in denen konkrete Vorgaben für die Gestaltung von (Online-)Angeboten bestehen – wie etwa bei den Impressumspflichten – und Verstöße daher ohne größeren Aufwand festgestellt werden können. In diesen Fällen würde es einen zusätzlichen Anreiz für ein massenhaftes Vorgehen darstellen, wenn der Anspruchsteller die Verfahren an einem Gerichtsstand seiner Wahl „bündeln“ könnte (so auch Jung, GRUR 2021, 986). Besteht der Grund für die unterschiedliche Behandlung von jenseits des Internets begangenen Verletzungshandlungen und „online“ begangenen Verletzungshandlungen in diesem besonderen Missbrauchspotential, so entspricht es Sinn und Zweck der Norm, diejenigen Fälle auszunehmen, in denen nicht von einem solchen Missbrauchspotential auszugehen ist.

Einer solchen Auslegung steht nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des BGH für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgeblich ist, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist, und demgegenüber die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung nicht entscheidend ist. Zwar kann laut BGH die vorrangig am objektiven Sinn und Zweck des Gesetzes zu orientierende Auslegung durch Motive, die im Gesetzgebungsverfahren dargelegt wurden, im Gesetzeswortlaut aber keinen Ausdruck gefunden haben, nicht gebunden werden (vgl. BGH GRUR 2019, 970 Rn. 66 – Erfolgshonorar für Versicherungsberater; BGH GRUR 2017, 1281 Rn. 40 – Großhandelszuschläge). Wie ausgeführt, entspricht es aber gerade Sinn und Zweck des § 14 Abs. 2 UWG, die Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands auf besonders missbrauchsanfällige Fälle zu begrenzen. Indem der Ausschuss eine vom Regierungsentwurf abweichende Formulierung vorschlug, die dann auch als gesetzliche Regelung in Kraft trat, hat die sich aus Sinn und Zweck der Vorschrift und der Historie der Gesetzesentstehung ergebende Auslegung im Wortlaut der Norm auch einen Ausdruck erhalten.

Im Ergebnis sind damit von der Beschränkung des Wahlrechts in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG im elektronischen Geschäftsverkehr und in Telemedien jedenfalls diejenigen Fälle ausgenommen, in denen nicht von einer besonderen Gefahr des Missbrauchs in Form eines massenhaften Vorgehens auszugehen ist. Ob damit von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nur Verstöße gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten erfasst sind – wofür spricht, dass der Gesetzgeber ausweislich § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG in diesen Fällen von einem besonderen Missbrauchspotential ausgeht –, kann vorliegend offenbleiben.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EuGH: Regelungen der PNR-Richtlinie sind eng auszulegen - Erhebung und Verarbeitung von Fluggastdaten sind auf das absolut Notwendige zu beschränken

EuGH
Urteil vom 21.06.2022
C-817/19
Ligue des droits humains gegen Conseil des ministres


Der EuGH hat entschieden, dass die Regelungen der PNR-Richtlinie eng auszulegen sind und sich die Erhebung und Verarbeitung von Fluggastdaten auf das absolut Notwendige beschränken muss.

Die Pressemitteilung des EuGH:
Nach Ansicht des Gerichtshofs erfordert die Achtung der Grundrechte eine Beschränkung der in der PNR-Richtlinie vorgesehenen Befugnisse auf das absolut Notwendige

Besteht keine reale und aktuelle oder vorhersehbare terroristische Bedrohung eines Mitgliedstaats, steht das Unionsrecht nationalen Rechtsvorschriften entgegen, die eine Übermittlung und Verarbeitung von PNR-Daten bei EU-Flügen sowie bei Beförderungen mit anderen Mitteln innerhalb der Union vorsehen.

Die PNR-Richtlinie schreibt zur Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität die systematische Verarbeitung einer großen Zahl von PNR-Daten (Passager Name Record) der Fluggäste von Flügen zwischen der Union und Drittstaaten (Drittstaatsflüge) bei der Einreise in die bzw. der Ausreise aus der Union vor. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten diese Richtlinie nach ihrem Art. 2 auch auf Flüge innerhalb der Union (EU-Flüge) anwenden.

Die Ligue des droits humains (Liga für Menschenrechte, LDH) ist ein gemeinnütziger Verein, der im Juli 2017 beim belgischen Verfassungsgerichtshof eine Nichtigkeitsklage gegen das Gesetz vom 25. Dezember 2016 erhoben hat, mit dem die PNR-Richtlinie, die API-Richtlinie2 und die Richtlinie 2010/653 in belgisches Recht umgesetzt wurden. Die LDH macht geltend, dieses Gesetz verletze das im belgischen Recht und im Unionsrecht garantierte Recht auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten. Sie rügt den sehr großen Umfang der PNR-Daten sowie den allgemeinen Charakter ihrer Erhebung, Übermittlung und Verarbeitung. Außerdem schränke das Gesetz die Freizügigkeit ein, da mit ihm durch die Ausdehnung des „PNR-Systems“ auf EU-Flüge sowie auf Beförderungen mit anderen Mitteln innerhalb der Union indirekt wieder Grenzkontrollen eingeführt würden. Im Oktober 2019 hat der belgische Verfassungsgerichtshof dem Gerichtshof zehn Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, die u. a. die Gültigkeit der PNR-Richtlinie sowie die Vereinbarkeit des Gesetzes vom 25. Dezember 2016 mit dem Unionsrecht betreffen.

In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof erstens fest, dass die Prüfung der vorgelegten Fragen nichts ergeben hat, was die Gültigkeit der PNR-Richtlinie berühren könnte, da seine Auslegung ihrer Bestimmungen im Licht der Grundrechte, die in den Art. 7, 8 und 21 sowie in Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankert sind, die Vereinbarkeit dieser Richtlinie mit den genannten Artikeln gewährleistet.

Zunächst weist der Gerichtshof darauf hin, dass ein Rechtsakt der Union so weit wie möglich in einer seine Gültigkeit nicht in Frage stellenden Weise und im Einklang mit dem gesamten Primärrecht und insbesondere mit den Bestimmungen der Charta auszulegen ist. Dabei müssen die Mitgliedstaaten darauf achten, dass sie sich nicht auf eine Auslegung des Rechtsakts stützen, die mit den durch die Rechtsordnung der Union geschützten Grundrechten oder mit anderen in dieser Rechtsordnung anerkannten allgemeinen Grundsätzen kollidiert. Zur PNR-Richtlinie führt der Gerichtshof aus, dass eine ganze Reihe ihrer Erwägungsgründe und Bestimmungen eine solche Auslegung erfordern, und hebt die Bedeutung hervor, die der Unionsgesetzgeber – unter Bezugnahme auf ein hohes Datenschutzniveau – der uneingeschränkten Achtung der in der Charta verankerten Grundrechte beimisst.

Der Gerichtshof stellt fest, dass die PNR-Richtlinie mit fraglos schwerwiegenden Eingriffen in die durch die Art. 7 und 8 der Charta garantierten Rechte verbunden ist, insbesondere soweit sie auf die Schaffung eines Systems kontinuierlicher, nicht zielgerichteter und systematischer Überwachung abzielt, das die automatisierte Überprüfung personenbezogener Daten sämtlicher Personen einschließt, die Flugreisen unternehmen. Er weist darauf hin, dass die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, einen solchen Eingriff zu rechtfertigen, zu beurteilen ist, indem seine Schwere bestimmt und geprüft wird, ob die verfolgte dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung dazu in angemessenem Verhältnis steht.

Der Gerichtshof kommt zu dem Schluss, dass die in der PNR-Richtlinie vorgesehene Übermittlung, Verarbeitung und Speicherung von PNR-Daten als auf das für die Bekämpfung terroristischer Straftaten und schwerer Kriminalität absolut Notwendige beschränkt angesehen werden kann, sofern die in der Richtlinie vorgesehenen Befugnisse eng ausgelegt werden. Hierzu enthält das heutige Urteil unter anderem folgende Ausführungen:

- Das durch die PNR-Richtlinie eingeführte System darf sich nur auf die in den Rubriken ihres Anhangs I aufgeführten, klar identifizierbaren und umschriebenen Informationen erstrecken, die in Zusammenhang mit dem durchgeführten Flug und dem betreffenden Fluggast stehen. Dies bedeutet bei einigen Rubriken dieses Anhangs, dass nur die dort ausdrücklich genannten Angaben erfasst werden.

- Die Anwendung des durch die PNR-Richtlinie geschaffenen Systems muss auf terroristische Straftaten und auf schwere Kriminalität mit einem – zumindest mittelbaren – objektiven Zusammenhang mit der Beförderung von Fluggästen beschränkt werden. Sie darf sich nicht auf strafbare Handlungen erstrecken, die zwar das in der Richtlinie vorgesehene Kriterium in Bezug auf den Schweregrad erfüllen und in ihrem Anhang II aufgeführt sind, angesichts der Besonderheiten des nationalen Strafrechtssystems aber zur gewöhnlichen Kriminalität gehören.

- Die etwaige Ausdehnung der Anwendung der PNR-Richtlinie auf alle oder einen Teil der EU-Flüge aufgrund der den Mitgliedstaaten in der Richtlinie eingeräumten Befugnis muss sich auf das absolut Notwendige beschränken. Sie muss Gegenstand einer wirksamen Kontrolle durch ein Gericht oder eine unabhängige Verwaltungsstelle sein können, deren Entscheidung bindend ist. Hierzu führt der Gerichtshof aus:

- Nur in einer Situation, in der es nach der Einschätzung des betreffenden Mitgliedstaats hinreichend konkrete Umstände für die Annahme gibt, dass er mit einer als real und aktuell oder vorhersehbar einzustufenden terroristischen Bedrohung konfrontiert ist, werden die Grenzen des absolut Notwendigen nicht überschritten, wenn die PNR-Richtlinie für einen auf das absolut Notwendige begrenzten, aber verlängerbaren Zeitraum auf alle EU-Flüge aus oder nach diesem Mitgliedstaat angewandt wird.

- Ohne eine solche terroristische Bedrohung darf die Anwendung der Richtlinie nicht auf alle EU-Flüge ausgedehnt werden, sondern muss sich auf EU-Flüge beschränken, die etwa bestimmte Flugverbindungen, bestimmte Reisemuster oder bestimmte Flughäfen betreffen, für die es nach der Einschätzung des betreffenden Mitgliedstaats Anhaltspunkte gibt, die eine Anwendung der Richtlinie rechtfertigen können. Die absolute Notwendigkeit ihrer Anwendung auf die ausgewählten EU-Flüge muss nach Maßgabe der Entwicklung der Bedingungen, die ihre Auswahl gerechtfertigt haben, regelmäßig überprüft werden.

- Für die Zwecke der Vorabüberprüfung der PNR-Daten, die dazu dient, diejenigen Personen zu ermitteln, die vor ihrer Ankunft oder ihrem Abflug genauer überprüft werden müssen, und deren erster Schritt in automatisierten Verarbeitungen besteht, darf die PNR-Zentralstelle diese Daten zum einen nur mit Datenbanken betreffend Personen oder Gegenstände, nach denen gefahndet wird oder die Gegenstand einer Ausschreibung sind, abgleichen. Diese Datenbanken müssen frei von Diskriminierung sein und von den zuständigen Behörden im Zusammenhang mit der Bekämpfung terroristischer Straftaten und schwerer Kriminalität mit einem – zumindest mittelbaren – objektiven Zusammenhang mit der Beförderung von Fluggästen betrieben werden. Zum anderen darf die PNR-Zentralstelle bei der Vorabüberprüfung anhand im Voraus festgelegter Kriterien keine Technologien der künstlichen Intelligenz im Rahmen selbstlernender Systeme („machine learning“) heranziehen, die – ohne menschliche Einwirkung und Kontrolle – den Bewertungsprozess und insbesondere die Bewertungskriterien, auf denen das Ergebnis der Anwendung dieses Prozesses beruht, sowie die Gewichtung der Kriterien ändern können. Die genannten Kriterien sind so festzulegen, dass sie speziell auf Personen abzielen, bei denen der begründete Verdacht einer Beteiligung an
terroristischen Straftaten oder schwerer Kriminalität im Sinne dieser Richtlinie bestehen könnte, und dass sowohl „belastende“ als auch „entlastende“ Gesichtspunkte berücksichtigt werden; sie dürfen nicht zu unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierungen führen.

- Angesichts der Fehlerquote, die solchen automatisierten Verarbeitungen der PNR-Daten innewohnt, und der erheblichen Zahl „falsch positiver“ Ergebnisse, die in den Jahren 2018 und 2019 bei ihrer Anwendung auftraten, hängt die Eignung des durch die PNR-Richtlinie geschaffenen Systems zur Erreichung der verfolgten Ziele im Wesentlichen vom ordnungsgemäßen Ablauf der Überprüfung der im Rahmen dieser Verarbeitungen erzielten Treffer ab, die von der PNR-Zentralstelle in einem zweiten Schritt mit nicht-automatisierten Mitteln vorgenommen wird. Insoweit müssen die Mitgliedstaaten klare und präzise Regeln vorsehen, die Leitlinien und einen Rahmen für die von den Bediensteten der PNR-Zentralstelle, die mit der individuellen Überprüfung betraut sind, vorzunehmende Analyse vorgeben, um für die uneingeschränkte Achtung der in den Art. 7, 8 und 21 der Charta verankerten Grundrechte zu sorgen und insbesondere eine dem Diskriminierungsverbot Rechnung tragende kohärente Verwaltungspraxis innerhalb der PNR-Zentralstelle zu gewährleisten. Insbesondere müssen sie sich vergewissern, dass die PNR-Zentralstelle Kriterien für die objektive Überprüfung aufstellt, die es ihren Bediensteten ermöglichen, zum einen zu prüfen, ob und inwieweit ein Treffer (hit) tatsächlich eine Person betrifft, die möglicherweise an terroristischen Straftaten oder an schwerer Kriminalität beteiligt ist, und zum anderen, ob die automatisierten Verarbeitungen keinen diskriminierenden Charakter haben. Dabei müssen sich die zuständigen Behörden vergewissern, dass der Betroffene die Funktionsweise der im Voraus festgelegten Prüfkriterien und der Programme zu ihrer Anwendung verstehen und deshalb in Kenntnis aller Umstände entscheiden kann, ob er von seinem Recht auf Einlegung von Rechtsbehelfen Gebrauch macht. Desgleichen müssen im Rahmen eines solchen Rechtsbehelfs das mit der Rechtmäßigkeitsprüfung der Entscheidung der zuständigen Behörden betraute Gericht sowie, außer in Fällen einer Bedrohung der Sicherheit des Staates, der Betroffene selbst sowohl von allen Gründen als auch von den Beweisen, auf deren Grundlage diese Entscheidung getroffen wurde, Kenntnis erlangen können,
einschließlich der im Voraus festgelegten Prüfkriterien und der Funktionsweise der Programme, mit denen diese Kriterien angewandt werden.

- Nachträglich, d. h. nach der Ankunft oder dem Abflug der betreffenden Person, darf eine Zurverfügungstellung und Überprüfung der PNR-Daten nur aufgrund neuer Umstände und objektiver Anhaltspunkte erfolgen, die entweder geeignet sind, den begründeten Verdacht einer Beteiligung dieser Person an schwerer Kriminalität, die – zumindest mittelbar – einen objektiven Zusammenhang mit der Beförderung von Fluggästen aufweist, zu wecken, oder den Schluss zulassen, dass diese Daten in einem konkreten Fall einen wirksamen Beitrag zur Bekämpfung terroristischer Straftaten, die einen solchen Zusammenhang aufweisen, leisten könnten. Die Zurverfügungstellung der PNR-Daten zum Zweck einer solchen nachträglichen Überprüfung muss grundsätzlich – außer in hinreichend begründeten Eilfällen – einer vorherigen Kontrolle durch ein Gericht oder eine unabhängige Verwaltungsstelle im Anschluss an einen mit Gründen versehenen Antrag der zuständigen Behörden unterworfen werden, unabhängig davon, ob der Antrag vor oder nach Ablauf der Frist von sechs Monaten ab der Übermittlung dieser Daten an die PNRZentralstelle gestellt wurde.

Zweitens stellt der Gerichtshof fest, dass die PNR-Richtlinie im Licht der Charta nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen die Verarbeitung der PNR-Daten, die im Einklang mit dieser Richtlinie erhoben wurden, zu anderen als den in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie ausdrücklich genannten Zwecken zulässig ist.

Drittens entscheidet der Gerichtshof in Bezug auf die Speicherfrist der PNR-Daten, dass Art. 12 der PNR-Richtlinie im Licht der Art. 7 und 8 sowie von Art. 52 Abs. 1 der Charta nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die eine allgemeine, unterschiedslos für alle Fluggäste geltende Speicherfrist dieser Daten von fünf Jahren vorsehen.

Dazu führt der Gerichtshof aus, dass sich nach Ablauf der ursprünglichen sechsmonatigen Speicherfrist die Speicherung von PNR-Daten nicht auf das absolut Notwendige beschränkt, wenn sie sich auf Fluggäste bezieht, bei denen weder die Vorabüberprüfung noch etwaige Überprüfungen während der ursprünglichen sechsmonatigen Speicherfrist oder irgendein anderer Umstand objektive Anhaltspunkte – wie die Tatsache, dass die PNR-Daten der betreffenden Fluggäste im Rahmen der Vorabüberprüfung zu einem überprüften Treffer führten – geliefert haben, die eine Gefahr im Bereich terroristischer Straftaten oder schwerer Kriminalität mit einem – zumindest mittelbaren – objektiven Zusammenhang mit ihrer Flugreise belegen können. Während des ursprünglichen Zeitraums von sechs Monaten überschreitet die Speicherung der PNR-Daten aller Fluggäste, für die das durch die PNR-Richtlinie geschaffene System gilt, dagegen grundsätzlich nicht die Grenzen des absolut Notwendigen.
Viertens entscheidet der Gerichtshof, dass das Unionsrecht nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die, ohne dass der betreffende Mitgliedstaat mit einer realen und aktuellen oder vorhersehbaren terroristischen Bedrohung konfrontiert ist, ein System vorsehen, wonach die PNR-Daten aller EU-Flüge und aller Beförderungen mit anderen Mitteln innerhalb der Union aus diesem, in diesen oder durch diesen Mitgliedstaat zur Bekämpfung terroristischer Straftaten und schwerer Kriminalität von den
Beförderungsunternehmen und den Reiseunternehmen übermittelt sowie von den zuständigen Behörden verarbeitet werden. In einer solchen Situation muss die Anwendung des durch die PNR-Richtlinie geschaffenen Systems auf die Übermittlung und Verarbeitung der PNR-Daten von Flügen und/oder Beförderungen beschränkt werden, die insbesondere bestimmte Verbindungen, bestimmte Reisemuster oder bestimmte Flughäfen, Bahnhöfe oder Seehäfen betreffen, für die es Anhaltspunkte gibt, die seine Anwendung rechtfertigen können. Überdies steht das Unionsrecht nationalen Rechtsvorschriften entgegen, die zum Zweck der Verbesserung der Grenzkontrollen und der Bekämpfung illegaler Einwanderung ein solches System der Übermittlung und Verarbeitung der genannten Daten vorsehen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Köln: Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 UWG gilt nur bei Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr bzw. in Telemedien

LG Köln
Beschluss vom 22.03.2022
33 O 166/22


Das LG Köln hat entschieden, dass die Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 UWG nur bei Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr bzw. in Telemedien gilt.

Aus den Entscheidungsgründen:
Insbesondere ist das angerufene Gericht für die Entscheidung über den Verfügungsantrag gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 UWG örtlich zuständig, da der streitgegenständliche Internetverstoß unter anderem im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Köln abgerufen werden kann.

Der danach gegebene Gerichtsstand des Begehungsortes ist nicht nach § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG ausgeschlossen. Insoweit schließt sich die Kammer der verbreiteten Auffassung an, dass dieser Ausnahmetatbestand dahin auszulegen ist, dass er nur bei Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten gilt. Für diese Auslegung spricht neben dem erklärten Willen des Gesetzgebers der systematische Zusammenhang mit §§ 13 Abs. 4 Nr. 1 und 13a Abs. 2 UWG. Sinn und Zweck aller drei genannten Regelungen ist die Verhinderung von Rechtsmissbrauch, was gegen einen gegenüber den §§ §§ 13 Abs. 4 Nr. 1 und 13a Abs. 2 UWG erweiterten Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG spricht. (vgl. OLG Frankfurt a. M. Beschluss vom 8.10.2021 – 6 W 83/21, GRUR-RR 2022, 135, m.w.N.; a.A. OLG Düsseldorf GRUR 2021, 984 Rn. 19 ff. – Internetspezifische Kennzeichnungsvorschriften). Ein derartiger Verstoß liegt im Streitfall nicht vor.


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OLG Düsseldorf: Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 UWG gilt nicht für Gerichtsstand des Begehungsorts bei Zusendung von E-Mail-Spam

OLG Düsseldorf
Urteil vom 27.01.2022
I-20 U 105/21


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass die Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 UWG nicht für den Gerichtsstand des Begehungsorts bei Zusendung von E-Mail-Spam gilt.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die Zuständigkeit des Begehungsortes ist im Streitfall nicht nach § 14 Abs. 2 S. 3 UWG ausgeschlossen.

Nach § 14 Abs. 2 S. 3 UWG gilt Satz 2 des § 14 Abs. 2 UWG nicht für Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien. Telemedien sind nach der Legaldefinition des § 1 TMG alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht ausschließlich Telekommunikationsdienste oder Rundfunk sind. Was im Einzelnen unter die Definition fällt, ist unklar, denn einen Katalog mit Regelbeispielen, die den Begriffshof näher konturieren, enthält § 1 TMG nicht. Typische Anwendungsfälle von Informations- und Kommunikationsdiensten, die als Telemedien zu qualifizieren sind, listet aber die Gesetzesbegründung zum Elektronischen-Geschäftsverkehr Vereinheitlichungsgesetz auf (BT-Drs. 16/3078, 13). Dieser kann entnommen werden, dass auch die kommerzielle Verbreitung von Informationen über Waren-/Dienstleistungsangebote mit elektronischer Post, zum Beispiel Werbe-Mails, als Telemediendienst anzusehen ist (vgl. hierzu auch Martini in BeckOK Informations- und Medienrecht, 34. Edition, § 1 TMG Rn. 7).

Ungeachtet dessen, dass im Streitfall keine Zuwiderhandlung in Telemedien, sondern durch Telemedien erfolgt ist, so dass die seitens des Landgerichts erfolgte Auslegung ohne Weiteres vom Wortlaut der Norm gedeckt ist, ist im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Vorschrift fraglich, ob überhaupt dieses Telemedium unter § 14 Abs. 2 S. 3 UWG fällt. Hintergrund der Änderung der Vorschrift waren vom Gesetzgeber angenommene Unzuträglichkeiten. Der Entwurf sah diese vor allem bei der Verfolgung lauterkeitsrechtlicher Verstöße im Internet (BT-Drs. 19/12084, 35; vgl. auch Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Auflage, § 14 UWG Rn. 20 ff.), die eine Vielzahl von Gerichtsständen zur Folge hätten, während er den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung jedoch für die Fälle weiterhin für anwendbar erachtete, in denen sich die Handlung an einen örtlich begrenzten Kreis von Marktteilnehmern wende. Die Bemerkung des Rechtsausschusses (BT-Drs. 19/22238, 18) bezieht sich hierauf. Anders als beispielsweise bei Online-Angeboten, die von jedermann und damit auch von überall abgerufen werden können, richten sich E-Mails aber regelmäßig nur an einen bestimmten Kreis von Empfängern und können durch den jeweiligen Empfänger – wie bei Telefon- und Faxwerbung auch, die unzweifelhaft nicht unter den Begriff „Telemedium“ fallen, – jeweils nur an einem Ort empfangen werden. Regelmäßig erkennen ein Empfänger einer Werbe-Mail und/oder ein Mitbewerber auch nicht ohne Weiteres, an welche anderen Empfänger sich diese richtete. Demnach steht einem potentiellen Antragsteller von vornherein auch nicht eine Vielzahl an Gerichtsständen offen.

Dies rechtfertigt eine teleologische Reduktion dahingehend, dass Zuwiderhandlungen in oder mittels E-Mail nicht unter den Begriff des „Telemediums“ im Sinne von § 14 Abs. 2 S. 3 UWG fallen.

Die Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht die vom Landgericht angenommene Zuständigkeit überprüfen kann (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2021 – I-20 U 83/21), bedarf mithin keiner Entscheidung.


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LG Stuttgart: Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 UWG ist jedenfalls bei rein virtuellen Sachverhalten nicht entgegen dem Wortlaut einschränkend auszulegen

LG Stuttgart
Beschluss vom 27.10.2021
11 O 486/21


Das LG Stuttgart hat entschieden, dass die Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 UWG jedenfalls bei rein virtuellen Sachverhalten nicht entgegen dem Wortlaut einschränkend auszulegen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Entscheidung beruht auf § 281 Abs. 1 ZPO. Das angegangene Gericht ist örtlich unzuständig, da der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand i. S. von § 14 Abs. 2 S. 1 UWG im Landgerichtsbezirk Kiel hat und der sog. fliegende Gerichtsstand gem. § 14 Abs. 2 S. 2 UWG nach § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG für den hier rein virtuellen Sachverhalt nicht gilt (vgl. bereits Hinweis des Gerichts vom 11.10.2021, GA 9 f.).

Die vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 15.10.2021 vorgebrachten Argumente (GA 13 ff.) vermögen die Kammer im Ergebnis nicht zu überzeugen. Vielmehr erachtet die Kammer die vom OLG Düsseldorf (Beschluss vom 16.02.2021, 20 W 11/21, Rn. 19 ff., juris) formulierte Kritik an der vom LG Düsseldorf erstmals bereits in seinem Beschluss vom 15.01.2021 vertretenen, erheblichen Einschränkung des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG für stichhaltig (so jetzt auch Schultzky, in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 32 Rn. 10; ebenso z. B. Moteijl/Rosenow, WRP 2021, 699 Rn. 39, die als Beamte im BMJV mit der Erstellung des Regierungsentwurfs befasst waren sowie Feddersen, WRP 2021, 713, 717, Rn. 26 ff., insb. Rn. 30).

Die vom Kläger genannten weiteren Entscheidungen der Landgerichte Düsseldorf und Frankfurt a. M. (sowie nunmehr LG Hamburg, GRUR-​RS 2021, 27788, Rn. 4, sowie OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.10.2021, 6 W 83/21, Rn. 18, juris) greifen die Argumentation zur einschränkenden Auslegung lediglich auf, setzen sie fort und vertiefen sie.

Der Wortlaut von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG ist indes eindeutig und weicht von jenem des § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG gerade ab. Ausweislich der jeweiligen Gesetzesbegründungen hat der Gesetzgeber die Regelungen in § 13 UWG einerseits und § 14 UWG andererseits bewusst unterschiedlich ausgestaltet. Vor diesem Hintergrund gebieten auch Sinn und Zweck der Neuregelung keine vom Wortlaut abweichende weitere Einschränkung oder teleologische Reduktion (so auch Feddersen, WRP 2021, 713, 717, Rn. 30):

Bei der Beschränkung des Kostenerstattungsanspruchs in § 13 UWG ging es darum, das ausufernde Abmahnwesen zu begrenzen, das bei einfach und automatisiert festzustellenden Online-​Verstößen gegen die zahlreichen Informationspflichten rein aus Gebührenerzielungsinteresse um sich griff. Hierbei hatte der Gesetzgeber ausdrücklich nur „Verstöße im Online-​Handel“ und zwar „gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten“ im Blick (BT-​DS. 19/12084, S. 32). Dies findet sich dementsprechend auch im Gesetzeswortlaut wieder.

Der zunächst angedachte, fast vollständige Ausschluss des fliegenden Gerichtsstands in § 14 UWG beruhte hingegen auf anderen Gründen. Insoweit führte der Gesetzgeber eine allgemeine „Missbrauchsgefahr“ an, da sich der Kläger insb. bei Verstößen im Internet durch die Möglichkeit, quasi „überall“ hiergegen vorgehen zu können, „etliche Vorteile sichern“ könne. So könne er sich ein Gericht aussuchen, das besonders klägerfreundlich sei oder bereitwillig einstweilige Beschlussverfügungen ohne Anhörung des Gegners erlasse oder hohe Streitwerte festsetze. Mit der Androhung einer Klage an einem weit entfernten Ort könne zudem oft die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung erreicht werden (BT-​DS. 19/12084, S. 35 f.). Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde die Einschränkung des fliegenden Gerichtsstands sodann „auf die in diesem Zusammenhang besonders missbrauchsanfälligen Verstöße beschränkt, die auf Telemedien oder im elektronischen Geschäftsverkehr begangen werden“ (BT-​DS. 19/22238, S. 18). Von Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten war an dieser Stelle, anders als bei § 13 UWG, gerade nicht die Rede. Dies ist auch folgerichtig, weil die dargestellten allgemeinen Missbrauchsgefahren des fliegenden Gerichtsstands bei allen Internet-​Verstößen gleichermaßen bestehen.

Dem steht auch nicht der vom Kläger zitierte, persönlich verfasste Beitrag des Berichterstatters der CDU/CSU-​Fraktion J... (GRUR 2021, 984, 986) entgegen. Eine positive und dezidierte Aussage, dass der Gesetzgeber nur und allein die Fälle des § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG im Blick hatte, lässt sich dem Beitrag gerade nicht entnehmen. So heißt es lediglich, dass die Regierungsfraktionen „vor allem“ den Musterfall eines einfachen Verstoßes vor Augen hatten, der nur zum Zweck der Abmahnung unter Androhung einer Vertragsstrafe per Webcrawler automatisiert ermittelt werde. Man werde „kaum“ andere Beispiele finden als die Verstöße gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet. Der Gesetzgeber müsse sich aber auch aus seiner Sicht „die Frage gefallen lassen, warum er in beiden Regelungen unterschiedliche Formulierungen gewählt bzw. warum er nicht einfach auf § 13 IV Nr. 1 UWG verwiesen hat“. Wie oben dargestellt und auch von J... einleitend in seinem Beitrag ausgeführt, äußerte der Gesetzgeber allerdings umfassende Kritik an der Geltung des fliegenden Gerichtsstands im Lauterkeitsrecht in verschiedenen Fallkonstellationen. Diese Kritik greift losgelöst von den beispielhaft angeführten Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten und belegt die andersartige Stoßrichtung der Einschränkung in § 14 UWG.

Den vom Kläger anhand von mehreren Beispielsfällen, die zu vermeintlich „grotesken Ergebnissen“ führten, geäußerten Bedenken wegen Wertungswidersprüchen bei medienübergreifenden Verstößen (Schriftsatz vom 15.10.2021, S. 2, 3, 7) lässt sich schließlich anderweitig begegnen. So bietet sich bei solchen medienübergreifenden Verstößen wegen des vom Gesetzgeber in den Blick genommenen Missbrauchspotentials des fliegenden Gerichtsstands im Falle von Internet-​Verstößen ausnahmsweise eine einschränkende Auslegung an, wonach die Neuregelung auf rein „virtuelle“ Verstöße beschränkt wird. Wird der Verstoß also nicht ausschließlich im Internet, sondern auch auf anderen Verbreitungswegen verwirklicht, und handelt es sich um einen einheitlichen Streitgegenstand, ist die Neuregelung nicht anwendbar (Feddersen, WRP 2021, 713, 717, Rn. 31; so auch bereits Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 14 Rn. 21).


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OLG Düsseldorf erneut: Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nicht gegen den Wortlaut einschränkend auszulegen

OLG Düsseldorf
Urteil vom 16.12.2021
I-20 U 83/21


Das OLG Düsseldorf hat nochmals bekräftigt, dass die Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nicht gegen den Wortlaut einschränkend auszulegen ist. Die Vorschrift gilt nach Ansicht des OLG Düsseldorf daher nicht nur für Verstöße gegen internetspezifische Kennzeichnungsvorschriften oder Verstöße gegen Kennzeichnungsvorschriften im elektronischen Rechtsverkehr.

OLG Frankfurt: Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 UWG gilt nur bei Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr bzw. in Telemedien

OLG Frankfurt
Beschluss vom 08.10.2021
6 W 83/21


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 UWG einschränkend auszulugen ist und nur für Zuwiderhandlungen gegen gesetzliche Informationspflichten und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien gilt. Das Gericht hat zudem entschieden, dass die getrennte Inanspruchnahme von Konzernschwestergesellschaften nicht rechtsmissbräuchlich nach § 8c Abs. 2 Nr. 7 UWG ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

1. Die Antragsgegnerin hat mit ihrer Zuständigkeitsrüge keinen Erfolg.

Nach § 513 Abs. 2 ZPO kann die Berufung nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Diese Grenze ist erst überschritten, wenn das Gericht seine Zuständigkeit willkürlich angenommen und damit den Beklagten seinem gesetzlichen Richter entzogen (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) hat. Eine willkürliche Entscheidung liegt vor, wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung unter Berücksichtigung der das GG beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Eine Entscheidung über die Zuständigkeit ist auch willkürlich, wenn sie sich bei Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsnormen so weit von dem diese Normen beherrschenden Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt, dass sie nicht mehr zu rechtfertigen ist (MüKoZPO/Rimmelspacher, 6. Aufl. 2020, ZPO § 513 Rn 22).

Eine Willkür liegt hier fern. Im Gegenteil ist die Annahme des Landgerichts, die Einschränkung des „fliegenden“ Gerichtsstandes in § 14 Abs. 2 S. 3 UWG n.F. sei einschränkend auszulegen, eine in Literatur und Rechtsprechung stark vertretene, wenn nicht sogar die herrschende Meinung, der auch der Senat folgt (LG Düsseldorf, Beschluss vom 26.2.2021 - 38 O 19/21 = GRUR-RS 2021, 4044 Rn 3 ff. - Schutz vor doppelten Kosten; Wagner/Kefferpütz WRP 2021, 151 Rn 35 ff.; Lerach jurisPR-WettbR 3/2021 Nr. 5; a.A. OLG Düsseldorf WRP 2021, 513 Rn 19 ff. - Internetspezifische Kennzeichnungsvorschriften). Die Einschränkung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nimmt Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr und in Telemedien aus. Dies liegt auf einer Linie mit dem Ausschluss des Aufwendungsersatzanspruchs nach § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG und dem Vertragsstrafenausschluss nach § 13a Abs. 2 UWG. Genau aus diesem Grunde muss § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG auch in Übereinstimmung mit § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG in dem Sinne gelesen werden, dass die Einschränkung des Tatortgerichtsstands nur bei Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten gilt. Dies entspricht nicht nur dem erklärten Willen des Gesetzgebers, sondern folgt auch aus dem systematischen Zusammenhang mit §§ 13 Abs. 4 Nr. 1, 13a Abs. 2 UWG. Schließlich entspricht auch nur diese Auslegung dem Sinn und Zweck der genannten Regelungen, die allein Missbrauchsfälle erfassen sollen. Anderenfalls wäre der Tatortgerichtsstand auch in zahllosen „Normalfällen“ beseitigt, zumal heute Vertrieb und Werbung in den meisten Branchen nebeneinander analog und digital erfolgen.

2. Der Verfügungsantrag ist nicht als rechtsmissbräuchlich nach § 8c Abs. 2 Nr. 7 UWG anzusehen.

a) Ein Missbrauch liegt vor, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (BGH GRUR 2000, 1089, 1090 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgungen; BGH GRUR 2001, 260, 261 - Vielfachabmahner; BGH GRUR 2019, 199 Rn 21 - Abmahnaktion II; BGH GRUR 2019, 966, Rn 33 - Umwelthilfe). Ein Fehlen oder vollständiges Zurücktreten legitimer wettbewerbsrechtlicher Ziele ist indessen nicht erforderlich (BGH GRUR 2001, 82 - Neu in Bielefeld I). Ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele überwiegen (BGH GRUR 2019, 199 Rn 21 - Abmahnaktion II).

Auch die Zweifelsregelung des § 8c Abs. 2 entbindet das Gericht nicht von der für die Feststellung des Rechtsmissbrauchs erforderlichen Gesamtwürdigung aller Einzelfallumstände (Köhler/Bornkamm/Feddersen, 39. Aufl. 2021, UWG § 8c Rn 12). Im Gesetzgebungsverfahren ist klargestellt worden, dass es sich bei den Fällen des Abs. 2 nicht um eine Vermutung im Sinne von § 299 ZPO handelt, sondern lediglich um die Anordnung einer Indizwirkung (Senat, Beschl. v. 12.5.2021 - 6 W 23/21, GRUR-RS 2021, 14368 Rn 29, 30; vgl. BT-Drs. 19/22238, 17).

b) Nach der danach notwendigen Gesamtschau kann entgegen der Auffassung des Landgerichts ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nicht festgestellt werden.

Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Verhalten können sich u. a. daraus ergeben, dass ein Gläubiger bei einem einheitlichen Wettbewerbsverstoß gegen mehrere rechtlich unabhängige Konzernunternehmen als verantwortliche Unterlassungsschuldner getrennte Verfahren anstrengt und dadurch die Kostenlast erheblich erhöht, obwohl eine streitgenössische Inanspruchnahme auf der Passivseite mit keinerlei Nachteilen verbunden wäre (BGH GRUR 2000, 1089, 1091 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung; BGH GRUR 2001, 78, 79 - Falsche Herstellerpreisempfehlung; BGH GRUR 2001, 82, 83 - Neu in Bielefeld I; BGH GRUR 2002, 715, 717 - Scanner-Werbung; BGH GRUR 2006, 243 Tz 16 f. - MEGA SALE).

Die Indizwirkung des § 8c Abs. 2 Nr. 2 UWG kann hier schon deshalb nicht eintreten, da ein sachlicher Grund für die Aufspaltung der Rechtsverfolgung der Antragsgegnerin einerseits und ihrer slowakischen Schwestergesellschaft anderseits besteht. Ein sachlicher Grund, zwei Konzerngesellschaften wegen derselben Werbung in zwei getrennten Klageverfahren in Anspruch zu nehmen, liegt vor, wenn eine der Beklagten ihren Sitz im Ausland hat (OLG Düsseldorf LMRR 2009, 76; Teplitzky in: FS 100 Jahre Wettbewerbszentrale, S. 195, 204). Entgegen der Auffassung des Landgerichts liegt der Grund hierfür nicht nur darin begründet, dass die Erlangung des Titels bei im Ausland ansässigen Gegnern erschwert ist. Zwar weist das Landgericht zu Recht darauf hin, dass ein Titel im Eilverfahren im Wege der Beschlussverfügung auch bei ausländischen Schuldnern leicht zu erlangen ist. Das Landgericht hat jedoch nicht berücksichtigt, dass die Erlangung des Titels für die Antragstellerin allein wertlos ist, sondern der Titel auch der Vollziehung bedarf, die wiederum im Ausland mit Schwierigkeiten verbunden sein kann. Die hiermit verbundenen Unterschiede in der Wirksamkeit der einstweiligen Verfügungen, aber auch hierdurch ausgelöste unterschiedliche Zeitpunkte für Widersprüche können zu zeitlichen Interferenzen und prozessualen Komplikationen führen.

Hinzu kommt, dass mehrere Zuwiderhandlungen mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten vorliegen. Schließlich bestehen Unsicherheiten im Hinblick auf die Zuständigkeit nach § 14 Abs. 2 UWG. Die einheitliche Geltendmachung vor dem Landgericht München (Sitz der Antragsgegnerin) oder dem Landgericht Frankfurt am Main barg das Risiko, dass das jeweilige Gericht sich (teilweise) für unzuständig erklärte. Hinsichtlich des Landgerichts Frankfurt am Main ist umstritten, ob es hinsichtlich der hiesigen Antragsgegnerin zuständig ist.

In der Gesamtschau kann daher ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Antragstellerin nicht festgestellt werden.

3. Bei den Anträgen 1. bis 3. handelt es sich um verschiedene Streitgegenstände.

Richtet sich die Klage gegen die sog konkrete Verletzungsform, also das konkret umschriebene (beanstandete) Verhalten, so ist darin der Lebenssachverhalt zu sehen, der den Streitgegenstand bestimmt (BGHZ 194, 314 Rn 24 - Biomineralwasser). Dass der vorgetragene Lebenssachverhalt die Voraussetzungen nicht nur einer, sondern mehrerer Verbotsnormen erfüllt, ist unerheblich. Vielmehr umfasst der Streitgegenstand in diesem Fall alle Rechtsverletzungen, die durch die konkrete Verletzungsform verwirklicht wurden (BGH GRUR 2012, 184 Rn 15 - Branchenbuch Berg; BGHZ 194, 314 Rn 24 - Biomineralwasser; BGH GRUR 2018, 203 Rn 18 - Betriebspsychologe).

Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger sich auf bestimmte Rechtsverletzungen gestützt hat. Denn er überlässt es in diesem Fall dem Gericht, auf welche rechtlichen Gesichtspunkte es das beantragte Unterlassungsgebot stützt („jura novit curia“). Das Gericht kann daher ein Verbot auch auf Anspruchsgrundlagen stützen, die der Kläger gar nicht vorgetragen hat (OLG Köln WRP 2013, 95). Soweit der Kläger sein Begehren auf mehrere Anspruchsgrundlagen stützt, begründet dies nicht eine Mehrheit von Streitgegenständen. Auch ist das Gericht nicht gehalten, alle vom Kläger angeführten Verbotstatbestände - und noch dazu in der von ihm angegebenen Reihenfolge - zu prüfen. Das Gericht hat insoweit ein Wahlrecht. Das gilt auch für das Berufungsgericht, unabhängig davon, wie das Landgericht das Verbot begründet hat (OLG Frankfurt am Main WRP 2015, 755, 756). Hält das Gericht eine Anspruchsgrundlage für gegeben, kann es sich daher damit begnügen, das Verbot darauf zu stützen (OLG Stuttgart GRUR-RS 2013, 00436). Die Klage ist nur dann abzuweisen, wenn die konkrete Verletzungsform unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, für den der Kläger die tatsächlichen Grundlagen vorgetragen hat, untersagt werden kann (OLG Hamburg WRP 2012, 1594 Rn 30-32). Im Hinblick auf die Dispositionsmaxime darf das Gericht aber ein Verbot nur auf solche Beanstandungen stützen, die der Kläger vorgetragen hat (OLG Frankfurt am Main WRP 2014, 1482).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Anträge 1. bis 3. verschiedene Streitgegenstände darstellen. Innerhalb des Antrags 1. hat die Antragstellerin zwar verschiedene Unlauterkeitsaspekte (Art. 20 KosmetikVO, § 5 Abs. 1 UWG) vorgetragen, diese jedoch nicht zum Gegenstand eigener (Unter-)Anträge gemacht, so dass auch insoweit nur ein Streitgegenstand vorliegt und der Senat nicht gehalten ist, alle von der Antragstellerin angeführten Verbotstatbestände und noch dazu in der von ihr angegebenen Reihenfolge zu prüfen.

4. Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu Antrag 1. aus §§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, 3a UWG i.V.m. Art. 20 KosmetikVO zu.

a) Die Bestimmung des Art. 20 Abs. 1 Kosmetik-Verordnung stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG dar, die einen besonderen Aspekt unlauterer Geschäftspraktiken regelt und deshalb gemäß Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken der in Art. 6 dieser Richtlinie enthaltenen Regelung über irreführende Handlungen vorgeht (BGH GRUR 2016, 418 - Feuchtigkeitsspendendes Gel-Reservoir).

b) Art. 20 Abs. 1 KosmetikVO verbietet die Vortäuschung von Merkmalen und Funktionen kosmetischer Mittel bei der Kennzeichnung, der Bereitstellung auf dem Markt und der Werbung. Trotz der einzelnen Tatbestandsmerkmale ist davon auszugehen, dass mit dieser Vorschrift generell jede täuschende - d.h. irreführende - Angabe für kosmetische Mittel verboten werden soll. Deshalb ist auch davon auszugehen, dass die einzelnen Tatbestandsmerkmale sich ergänzen und deshalb lediglich beispielhaft aufgeführt sind. Es entspricht einem Grundanliegen des Rechts der Union, allerdings vorgegeben durch das viel ältere Recht der meisten Mitgliedstaaten, die Irreführung auszuschließen, soweit sie für die Adressaten von Angaben relevant sind (Zipfel/Rathke LebensmittelR/Rathke, 179. EL März 2021, VO (EG) 1223/2009 Art. 20 Rn 2).

Bei der Anwendung des Begriffes „irreführend“ ist auf die angesprochenen Verkehrskreise abzustellen. Dazu gehören insbesondere die Verbraucher, einschließlich der Gewerbetreibenden, die kosmetische Mittel verbrauchen, z.B. Friseure und Kosmetikerinnen. Auch bei kosmetischen Mitteln werden die Abnehmerkreise mit den Angaben und sonstigen Aussagen über ein kosmetisches Mittel oft bestimmte Vorstellungen verbinden. Die Angaben müssen deshalb so eindeutig sein, dass unzutreffende Vorstellungen nicht erweckt werden können. Dabei müssen gegebenenfalls auch die Kreise der Adressaten berücksichtigt werden, an die sich Kennzeichnung und Werbung gegebenenfalls richten.

c) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegt eine Irreführung darin, dass die Antragsgegnerin auslobt, dass das Produkt „Chlorhexamed“ effektiv Plaquebakterien „beseitigt“.

Schon vom Wortlaut her wird jedenfalls ein signifikanter Teil des Verkehrs bei der Verwendung des Wortes „beseitigt“ Anlass zu der Annahme haben, es werde die vollständige Entfernung von Plaquebakterien versprochen. Der Gegensatz zur bloßen „Reduzierung“ von Bakterien liegt auf der Hand. Dies wird verstärkt durch die Auslobung einer „effektiven“ Entfernung (jedenfalls für 24 Stunden). Damit wird der Verkehr in seiner Auffassung gestärkt, dass alle Bakterien abgetötet werden. Schließlich leitet auch die Auslobung eines „antibakteriellen Schutzschildes“ in diese Richtung. Dieses Verkehrsverständnis kann der Senat, dessen Mitglieder zu dem angesprochenen, allgemeinen Verkehr gehören, aus eigener Anschauung beurteilen.

Eine derartige Wirkung hat die Antragsgegnerin nicht belegen können. Die vorgelegten Studien vermögen lediglich eine Reduktion der Bakterien, nicht aber deren vollständige Beseitigung zu belegen. Nach Art. 20 Abs. 1 KosmetikVO liegt die Darlegungslast (vgl. Natterer in Reinhart, KosmetikVO, 2014, Art. 20 Rn 27) wie auch die Beweislast dafür, dass einem kosmetischen Mittel Merkmale oder Funktionen fehlen, über die es nach seiner Aufmachung oder nach der dafür betriebenen Werbung verfügen soll, allerdings grundsätzlich bei demjenigen, der dies geltend macht, und daher vorliegend bei der Antragstellerin (Bruggmann, LMuR 2010, Seite 141, 145 m.w.N.; Natterer in Reinhart a.a.O., Art. 20 Rn 28). Abweichendes gilt, wenn - wie hier - der mit der Werbung angesprochene Durchschnittsverbraucher die Werbung dahin versteht, dass die Wirksamkeit des Mittels wissenschaftlich abgesichert ist (Bruggmann, LMuR 2010, Seite 141, 145; Natterer in Reinhart a.a.O. Art. 20 Rn 29).

5. Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß Antrag 2. aus §§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, § 3a UWG i.V.m. Art. 19 Abs. 1 a) KosmetikVO nicht zu.

a) Art. 19 KosmetikVO stellt eine Marktverhaltensregel dar. Sie dient der Unterrichtung der Verbraucher (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/v.Jagow, 4. Aufl. 2016, UWG § 3a Rn 83-84; Beyerlein ZLR 2012, 567, 584; MüKoUWG/Schaffert, 3. Aufl. 2020, UWG § 3a Rn 458)

b) Nach Art. 19a Abs. 1 a) KosmetikVO hat ein kosmetisches Mittel u.a. auf der Verpackung die Firma und die Anschrift der verantwortlichen Person zu enthalten. Werden mehrere Anschriften angegeben, so ist die Anschrift der verantwortlichen Person, bei der die Produktinformationsdatei leicht zugänglich gemacht wird, hervorzuheben. „Hersteller” ist nach Art. 2 Abs. 1 d) der Verordnung jede natürliche oder juristische Person, die ein kosmetisches Mittel herstellt bzw. entwickeln oder herstellen lässt und es unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke in Verkehr bringt. Dem Hersteller weist Art. 4 Abs. 3 KosmetikVO grundsätzlich die Rolle der verantwortlichen Person zu, die nach Art. 4 Abs. 2 die Einhaltung der in der Verordnung aufgeführten Verpflichtungen zu gewährleisten hat, sofern sie ihren Sitz in der Europäischen Union hat. Die Verantwortlichkeiten werden in der Person des Herstellers konzentriert.

An einer hinreichend klaren Benennung der verantwortlichen Person fehlt es im vorliegenden Fall nicht.

Zu berücksichtigen ist zunächst, dass die Vorschrift es zulässt, mehrere Anschriften der verantwortlichen Person anzugeben. Es können auch mehrere unterschiedliche Unternehmen angegeben werden, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die verantwortliche Person eindeutig erkennbar ist (Zipfel/Rathke LebensmittelR/Rathke, 179. EL März 2021, VO (EG) 1223/2009 Art. 19 Rn 14). Durch die Unterstreichung der „A, Stadt1 …, SK“ hat die Antragstellerin hier für die nötige Hervorhebung gegenüber dem zweiten Unternehmen gesorgt.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass nach Art. 19 Abs. 1 a) KosmetikVO grundsätzlich auch Abkürzungen verwendet werden dürfen, was auch beinhaltet, den Rechtsformzusatz wegzulassen. Dies steht aber unter dem Vorbehalt, dass trotz der Abkürzung die gekennzeichnete verantwortliche Person eindeutig erkennbar und postalisch ohne weiteres erreichbar ist (vgl. zur alten KosmetikVO BGH, LMRR 1994, 12). Das Weglassen des Firmenbestandteils „Stadt1“ und des Rechtsformzusatzes „s.r.o.“ steht daher grundsätzlich Art. 19 Abs. 1 a) KosmetikVO nicht entgegen. Auch die Identifizierbarkeit der verantwortlichen Person steht nicht in Frage. Nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin ist in Stadt1 nur einer Gesellschaft mit dem Firmenbestandteil „A“ ansässig. Die Tatsache, dass unterhalb der Angabe der Zusatz „Stadt2“ erscheint, kann nicht zu einer Verwirrung führen. Da dies - im Gegensatz zu der Angabe der Gesellschaft selbst - nicht unterstrichen ist, fehlt es an dem notwendigen Bezug zu der Angabe nach Art. 19 Abs. 1 a) KosmetikVO. Dass die Antragsgegnerin hier eine weitere - deutsche - Adresse angibt, führt danach nicht zu einem Verstoß gegen Art. 19 Abs. 1 a) KosmetikVO.

6. Der Unterlassungsanspruch zu 3. steht der Antragstellerin aus §§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, 3a UWG i.V.m. Art. 20 KosmetikVO zu. Durch die Formulierung „Beseitigt effektiv Plaque-Bakterien“ erwartet der Verkehr eine vollständige Entfernung der Bakterien für einen gewissen Zeitraum, die jedoch nicht stattfindet. Auf die obigen Ausführungen kann insoweit Bezug genommen werden.

7. Es besteht auch ein Verfügungsgrund. Die Antragsgegnerin hat die Dringlichkeitsvermutung nach § 12 Abs. 1 UWG nicht durch ihr eigenes Verhalten widerlegt.

Die für die Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung notwendige Kenntnis hat der Antragstellerin schon im Dezember 2020 vermutet („dürfte klar sein“). Diese Vermutung ins Blaue hinein ist jedoch nicht geeignet, bei der Antragstellerin eine sekundäre Darlegungslast auszulösen.

Auch die „besondere“ Dringlichkeit des § 922 Abs. 1 S. 1 ZPO liegt vor. Eine mündliche Verhandlung ist entbehrlich, wenn die Notwendigkeit des schnellen Zugriffs oder der Sicherungszweck den Verzicht erfordern. Die Tatsache, dass seit der Abmahnung nunmehr bereits drei Monate vergangen sind, kann entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin das Vorliegen einer „besonderen“ Dringlichkeit für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht in Frage stellen. Die durch die Beschwerde eintretende Verzögerung intensiviert im Gegenteil das Bedürfnis nach einer schnellen Entscheidung. Im Übrigen übersieht die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang, dass im Beschwerdeverfahren nach § 572 Abs. 4 ZPO durch Beschluss ergeht und eine mündliche Verhandlung nach § 128 Abs. 4 ZPO daher nicht der Regelfall, sondern die Ausnahme darstellt (BeckOK ZPO/von Selle, 41. Ed. 1.7.2021, ZPO § 128 Rn 18-19)


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LG Düsseldorf erneut: Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG ist einschränkend auszulegen

LG Düsseldorf
Urteil vom 21.05.2021
38 O 3/21


Das LG Düsseldorf hat abermals entschieden, dass die Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG einschränkend auszulegen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

1. Die angegriffenen Handlungen sind im Bezirk des Landgerichts Düsseldorf begangen worden.

a) Unter dem von § 14 Abs. 2 S. 2 UWG erfassten Begehungsort ist nach dem zu § 32 ZPO entwickelten und für § 14 Abs. 2 S. 1 UWG a.F. gleichermaßen geltenden überkommenen deutschen zivilprozessualen Verständnis ebenso wie nach den für die Auslegung von Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ, Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO und Art. 5 Nr. 3 LugÜ I und LugÜ II anzuwenden Maßstäben (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 16. Juni 2016 – C-12/15 – Universal Music International Holding/Schilling u.a. [Rn. 28]; Urteil vom 30. November 1976 – 21/76, Handelskwekerij G. J. Bier B.V. u.a. ./. Mines de potasse d'Alsace S.A. [Rn. 8/12 bis 24/25]; BGH, Urteil vom 30. März 2006 – I ZR 24/03 – Arzneimittelwerbung im Internet [unter II 1]; Urteil vom 2. März 2010 – VI ZR 23/09 [unter II 1]) sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort gemeint (vgl. auch §§ 9 Abs. 1 StGB; 7 Abs. 1 OWiG). Letzterer ist bei unlauteren Wettbewerbshandlungen überall dort belegen, wo sich die Handlung bestimmungsgemäß (zumindest auch) auswirken soll und wettbewerbsrechtlich geschützte Interessen der Marktteilnehmer verletzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2019 – I ZR 222/17 – Club Hotel Robinson [unter B III 2 a]; Urteil vom 27. November 2014 – I ZR 1/11 – Parfumflakon III [unter II 3 b, c und e aa und bb]; Urteil vom 12. Dezember 2013 – I ZR 131/12 – englischsprachige Pressemitteilung [unter B II 2 und 3]; EuGH, Urteil vom 5. Juni 2014 – C-360/12, Coty Germany GmbH/First Note Perfumes NV [Rn. 56 ff.]). Demgemäß ist bei im Internet begangenen unlauteren Wettbewerbshandlungen – bei gerügten Verletzungen etwa von Urheber-, Kennzeichen- und Persönlichkeitsrechten kann das anders liegen (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 – C-509/09 und C-161/10, eDateAdvertisingGmbH/X und Martinez/MGN Ltd [Rn. 48 ff.]; BGH, Urteil vom 7. November 2019 – I ZR 222/17 – Club Hotel Robinson [unter B III 1 a bb (2)]; Urteil vom 27. Februar 2018 – VI ZR 489/16 [unter B I 1]; s.a. Urteil vom 2. März 2010 – VI ZR 23/09 [unter II 2 b und c]) – die gerichtliche Zuständigkeit an einem bestimmten Ort nicht schon deshalb gegeben, weil dort der rechtsverletzende Inhalt über das Internet abgerufen werden kann.

b) Der in diesem Sinne zu verstehende Begehungsort liegt unter dem Gesichtspunkt des Erfolgsorts für alle von der Antragstellerin angegriffenen Handlungen im Bezirk des von ihr angerufenen Landgerichts. Sämtliche Handlungen der Antragsgegnerin sind bestimmungsgemäß an hier ansässige Verbraucher gerichtet. Beide Parteien sind bundesweit tätig und bieten ihre Leistungen im hiesigen Gerichtsbezirk an. Dementsprechend sollen die angegriffenen Handlungen (unter anderem) die hier ansässigen Verbraucher in ihrer Willensbildung bei Marktentscheidungen beeinflussen und wirken sich auf diese Weise auf die hiesigen Wettbewerbsbedingungen der Parteien aus.

2. Der Gerichtsstand des Begehungsortes ist wegen der über das Internet verbreiteten Werbemaßnahmen nicht nach § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG für einige der angegriffenen Handlungen ausgeschlossen. Das Youtube-Video und die Darstellungen in der Internetpräsenz der Antragsgegnerin werden von ihr zwar über das Internet verbreitet. Bereitstellen und Verfügbarhalten dieser Inhalte sind aber keine „Zuwiderhandlung im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien“ im Sinne von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG.

a) Unter den von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG erfassten Zuwiderhandlungen sind nach dem systematischen Zusammenhang und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht sämtliche online begangenen Rechtsverstöße zu verstehen.

aa) Diese Sichtweise hat die Kammer bereits in mehreren Verfahren eingenommen und in zwei – beiden Parteien bekannten – Entscheidungen näher begründet. Auf die dort entfaltete Argumentation (vgl. LG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Januar 2021 – 38 O 3/21, WRP 2021, 395 = GRUR-RS 2021, 402 und bei juris [unter I 1 b aa = Rn. 8 ff.] und Beschluss vom 26. Februar 2021 – 38 O 19/21, WRP 2021, 688 = GRUR-RS 2021, 4044 [unter I 1 = Rn. 3 ff.]) wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

bb) Die Antragsgegnerin sieht in dem Kammerbeschluss vom 15. Januar 2021 und weiteren gegen sie ergangenen Entscheidungen, in denen die Kammer unter Verweis auf diesen Beschluss ihre Zuständigkeit ebenfalls angenommen hat, den Versuch, sie unter Verletzung von Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG ihrem gesetzlichen Richter zu entziehen. In diesem Zusammenhang ist das von ihr in diesem Verfahren mehrfach – zuletzt mit Schriftsatz vom 18. Mai 2021 – geäußerte Fazit zu sehen, es gebe „niemanden, der dogmatisch argumentativ die vorläufige Auffassung des Gerichts zur Auslegung des § 14 Abs. 2 S. 2 UWG teilt“. Tatsächlich deckt sich dieses von der Antragsgegnerin wiederholt gezogene Resümee nicht mit dem sich aus der derzeit verfügbaren Rechtsprechung und Literatur ergebenden Befund.

Schon vor Erlass des Kammerbeschlusses vom 15. Januar 2021 wurden Äußerungen mit Tendenzen zu einer Einschränkung des Anwendungsbereiches von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG veröffentlicht. Diese beziehen sich nicht nur auf in diesem Verfahren nicht einschlägige Problemstellungen (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Feddersen, § 14 UWG Rn. 21, der unter Berufung auf nur rein „virtuelle“ Verstöße erfassende Schutzzweckerwägungen den Anwendungsbereich der Vorschrift auf Rechtsverletzungen beschränkt sieht, die ausschließlich in Telemedien verwirklicht werden), sondern gehen bereits in die Richtung des Kammerbeschlusses vom 15. Januar 2021 (vgl. Rätze, WRP 2020, 1519 [1524 Rn. 69], der in der Neuregelung eine nicht nachvollziehbare „Einschränkung auf Verstöße gegen Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und in Telemedien“ sieht). Ferner wurden – zeitlich parallel zu dem Erlass des Kammerbeschlusses vom 15. Januar 2021 – Argumente für eine einschränkende Auslegung von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG in Richtung eines Gleichklangs mit § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG diskutiert (vgl. Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151 [158 Rn. 36 f. und 159 Rn. 41], die eine solche Auslegung für „sicherlich wünschenswert“ halten [Rn. 37]).

Die Kammerbeschlüsse vom 15. Januar und 26. Februar 2021 selbst sind bald nach ihrem Erlass Gegenstand einer kontrovers geführten Diskussion geworden. Darin sind sie einerseits auf unterschiedlich stark akzentuierte Ablehnung gestoßen (wohl am deutlichsten OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Februar 2021 – 20 W 11/21, GRUR-RS 2021, 2043 [unter III]; Beyer, jurisPR-ITR 6/2021 Anm. 5; Rüther, WRP 2021, 726 [727 ff.] und Wettig/Kiparski, CR 2021, 177; ebenfalls kritisch, aber auf die abzuwartende Meinungsbildung der Landgerichte verweisend Feddersen, WRP 2021, 713 [717 f. Rn. 28 ff. und 34 f.] und Motejl/Rosenow, WRP 2021, 699 [704 Rn. 39 f.]; in der Tendenz eher kritisch, aber ohne abschließende eigene Festlegung Omsels/Zott, WRP 2021, 278 [286 Fn. 79]; kritische Anmerkungen finden sich ferner bei Alber, IPRB 2021, 112, der allerdings der Sache nach den in den Kammerbeschlüssen vertretenen Gleichklang von § 13 Abs. 4 Nr. 1 und § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG für einen „praktikablen und wirkungsvollen Kompromiss zwischen effektivem Rechtsschutz und Verhinderung von Rechtsmissbrauch“ hält [116] und ebenfalls auf die abzuwartende Entwicklung der erstinstanzlichen Spruchpraxis verweist [117]). Auf der anderen Seite haben die Kammerbeschlüsse ausdrückliche Zustimmung erfahren, die – was die Antragsgegnerin in ihrem schriftsätzlichen Vortrag freilich konsequent ausblendet – mehrfach argumentativ unterlegt ist (vgl. LG Frankfurt/Main, Urteil vom 11. Mai 2021 – 3-06 O 14/21 [bislang n.v.]; Dissmann, GRUR-Prax 2021, 268; Isele, MMR 2021, 334; Laoutoumai, CR 2021, 343 [345 f.]; Lerach, jurisPR-WettbR 3/2021 Nr. 5 [unter C II]; ders., jurisPR-WettbR 2/2021 Nr. 5 [unter C II bis IV]; Löffel, GRUR-Prax 2021, 158; Sosnitza, GRUR 2021, 671 [678]; Spoenle, jurisPK-UWG, § 14 UWG [Stand: 8. Februar 2021] Rn. 51; ders., jurisPR-ITR 8/2021 Anm. 5; vgl. außerdem Hohlweck, WRP 2021, 719 [725 Rn. 42], der selbst zur Auslegung von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nicht abschließend Position bezieht, sondern es bei der Feststellung belässt, dass der Kammer keine willkürliche Annahme ihrer Zuständigkeit vorgehalten werden könne, und hierzu anmerkt, dass sich die systematische Begründung des Oberlandesgerichts Düsseldorf zwar schlüssig lese, die Auslegung anhand der Systematik aber, da sie einen logischen Aufbau des Gesetzes voraussetze, angesichts des wenig stringent formulierten UWG in seiner seit dem 2. Dezember 2020 geltenden Fassung nur von eingeschränkter Überzeugungskraft sei).

cc) Die gegen eine einschränkende Auslegung von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG vorgebrachten Argumente schlagen, wie die Kammer bereits in ihrem Beschluss vom 26. Februar 2021 festgestellt hat, nicht durch (vgl. LG Düsseldorf, Beschluss vom 26. Februar 2021, a.a.O. Rn. 3 ff.; ebenso Laoutoumai, CR 2021, 343 [345 f.]; Sosnitza, GRUR 2021, 671 [678]; Spoenle, jurisPR-ITR 8/2021 Anm. 5 sowie – jeweils vertiefend und anschaulich zur Auslegungsbedürftigkeit des Wortlauts von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG, der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, der Regelungssystematik, in die sie eingebettet ist, und dem von ihr verfolgten Zweck – Isele, MMR 2021, 334 [unter 1 bis 3 und 5] und Lerach, jurisPR-WettbR 3/2021 Nr. 5 [unter C II]; vgl. in diesem Zusammenhang auch Hohlweck, a.a.O. Rn. 42). Diese Feststellung bezog sich naturgemäß auf den damaligen Stand der Diskussion. Sie hat aber vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich erschienenen Veröffentlichungen weiterhin Bestand.

Alber (IPRB 2021, 112) hält, wie bereits erwähnt, der Sache nach einen Gleichklang von § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG und § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG für sinnvoll, meint aber, einen solchen dem Gesetz nicht entnehmen zu können. Die hierfür vorgebrachten Argumente überzeugen nicht. So bezweifelt Alber, „dass der Gesetzgeber sich bei der Neugestaltung der Zuständigkeitsregeln im UWG über die Tragweite insbesondere der weitgehenden Abschaffung des fliegenden Gerichtsstands für die besonders häufig im elektronischen Geschäftsverkehr begangenen Wettbewerbsverstöße im Klaren gewesen ist“ (vgl. Alber, IPRB 2021, 112 [116]), möchte den Gesetzgeber aber gleichwohl an dem (verunglückten) Wortlaut festhalten. Insoweit erkennt Alber an (vgl. Alber, IPRB 2021, 112 [115]), dass eine wortlautgetreue Anwendung von § 14 UWG „deutlich über das hinausgeht, was für eine wirksame Eindämmung […] der […] Missbrauchsauswüchse erforderlich gewesen wäre“, bezieht sich zur Ermittlung des (nach seiner Sicht wohl mit dem Wortlaut übereinstimmenden) Willens des Gesetzgebers aber auf die Begründung für die ursprünglich geplante, nahezu vollständige Abschaffung des fliegenden Gerichtsstands. Diese Begründung freilich ist durch die Änderung des Gesetzentwurfs überholt und bezieht sich nicht auf die erst später im Gesetzgebungsverfahren entwickelte und verabschiedete, nun lediglich noch eine Einschränkung des fliegenden Gerichtsstands für bestimmte Fälle vorsehende Regelung. Die Begründung des Regierungsentwurfs für den ursprünglichen Regelungsansatz gibt deshalb keinen Aufschluss darüber, wie die am Ende des Gesetzgebungsverfahrens verabschiedete Regelung auszulegen ist. Sie kann allenfalls als Beleg dafür angeführt werden, welches Ergebnis letztlich vermieden werden sollte.

Eine solche, die Gefahr von Fehlschlüssen hervorrufende Vermengung der während des Gesetzgebungsverfahrens für grundsätzlich verschiedene Regelungsziele gegebenen Begründungsansätze (die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung betonen auch Omsels/Zott, WRP 2021, 278 [286 f. Rn. 72 f.], ziehen daraus Schlüsse allerdings nur für „gemischte“ Fallgestaltungen) findet sich ebenso bei den beiden weiteren, sich gleichfalls ausschließlich mit der Neuregelung der örtlichen Zuständigkeit befassenden Aufsätzen von Rüther und Wettig/Kiparski (vgl. Rüther, WRP 2021, 726 [727 Rn. 9]; Wettig/Kiparski, CR 2021, 177 [180 Rn. 25]). Davon – und von den in sie eingestreuten, mehr oder weniger verbrämten bzw. subtilen unsachlichen Anwürfen und Unterstellungen (vgl. Wettig/Kiparski, CR 2021, 177 [180 Rn. 24]; Rüther, WRP 2021, 726 [726 Rn. 1 und 729 Rn. 19]) – abgesehen, verbleibt in diesen beiden Aufsätzen eine Argumentationslinie, die inhaltlich in den Kernpunkten nicht über diejenige hinausgeht, die von dem Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Beschluss vom 16. Februar 2021 vertreten und von der Antragsgegnerin in diesem Verfahren ausführlich vorgetragen worden ist. Wesentliche neue oder bislang unberücksichtigt gebliebene Gesichtspunkte zeigen beide Aufsätze nicht auf (vgl. zu Wettig/Kiparski auch Laoutoumai, CR 2021, 343 [345 f.]). Das in ihnen und in dem von der Antragsgegnerin in diesem Verfahren gehaltenen Vortrag zum Ausdruck kommende tiefe Misstrauen gegenüber dem Gerichtsstand des Begehungsortes und die verzerrte Darstellung von dessen Reichweite lassen es allerdings angezeigt erscheinen, den Gesamtkontext, in dem die zu betrachtende Vorschrift des § 14 Abs. 2 UWG steht, noch einmal in Erinnerung zu rufen.

Festzuhalten ist zunächst, dass die Reichweite des Gerichtsstands des Begehungsortes für im Internet begangene Wettbewerbsverletzungen keineswegs so groß und uferlos ist, wie das die Antragsgegnerin und die beiden Aufsätze nahelegen (vgl. Wettig/Kiparski, CR 2021, 177 [Rn. 3]: „Erfolgsort das gesamte Bundesgebiet“; Rüther, WRP 2021, 726 [728 Rn. 13] sieht für „Zuwiderhandlungen im Zusammenhang mit Internet“ grundsätzlich keine besonderen Gründe um „für jeden Gerichtsstandort in Deutschland“ eine Zuständigkeit anzunehmen). Wie bereits eingangs unter I 1 a aufgezeigt, genügt alleine die Abrufbarkeit einer Wettbewerbsrechtsverletzung über das Internet nicht zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit. Deshalb begründen beispielsweise Wettbewerbsrechtsverletzungen im Internetauftritt eines lokalen Pizzabringdienstes mit Angabe eines beschränkten Liefergebietes oder eines sonstigen Anbieters von Leistungen, die typischerweise nur an dessen Sitz oder unweit davon erbracht werden, allein wegen ihrer bundesweiten Abrufbarkeit keinen bundesweiten Gerichtsstand (vgl. Mühlberger, WRP 2008, 1419 [1423]; LG Karlsruhe, Beschluss vom 13. März 2020 – 18 O 23/20, GRUR-RS 2020, 4592). Liegen hingegen Anknüpfungspunkte für eine Relevanz der Rechtsverletzung am Ort eines abseits der Niederlassung des Unternehmers angerufenen Gerichts vor, ist es sachgerecht, dessen örtliche Zuständigkeit anzunehmen (so lag es im Übrigen in den Fällen, die Rüther, WRP 2021, 726 [728 Rn. 13 bei und in Fn. 37 und 38] lobend als Versuche einer Einschränkung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung anführt, die allerdings durchweg nicht das Wettbewerbsrecht betrafen und bei denen in der Berufungsinstanz jeweils die örtliche Zuständigkeit mit überzeugender Begründung bejaht worden ist, vgl. LG Hamburg, Urteil vom 19. September 2014 – 324 S 1/14, bei juris, und LG Berlin, Urteil vom 7. April 2011 – 27 S 20/10, bei juris, jeweils für Persönlichkeitsrechtsverletzungen sowie LG Frankfurt/Main, Urteil vom 5. November 2009 – 2/3 S 7/09, bei juris, für eine Urheberrechtsverletzung). Das entspricht im Übrigen – worauf sogleich noch zurückzukommen ist – international anerkannten Grundsätzen.

Historisch gesehen bedeutet das Inkrafttreten von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG einen Schritt in die Vergangenheit. Die Vorschrift fällt – und das ausgerechnet für den gesamten „modernen“ Bereich des Handelns in der „virtuellen“ Welt, sofern man in ihr einen generellen Ausschluss des fliegenden Gerichtsstands für die „Internet-Fälle“ erblickt (so Fritzsche, WRP 2020, 1367 [1375 Rn. 55 f.]) – noch hinter den durch das UWG von 1896 geschaffenen Zustand zurück. Mit § 2 UWG 1896 wurde eine (als § 24 in das UWG 1909 übernommene) Sondervorschrift geschaffen, durch welche die an sich gegebene Zuständigkeit der Gerichte des Begehungsortes nach § 32 CPO (heute § 32 ZPO) verdrängt und wettbewerbswidrig handelnde Unternehmer in gewissem Maße vor einer gerichtlichen Inanspruchnahme auch durch Mitbewerber geschützt wurden. Die so bewirkte Konzentration der Zuständigkeit am Ort der gewerblichen Niederlassung schloss allerdings – und insoweit reicht § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG noch weiter – den Gerichtsstand des Begehungsortes nur für Hauptsacheklagen aus, während gemäß § 3 S. 2 UWG 1896 (= § 25 S. 2 UWG 1909) Anträge auf einstweilige Verfügungen am Gericht des Begehungsortes erwirkt werden konnten. Außerdem hatte das Reichsgericht schon 1931 in ständiger Rechtsprechung die Privilegierung des wegen wettbewerbswidrigen Handelns in Anspruch genommenen Unternehmers – deren Sinn der Bundesgerichtshof später vornehmlich darin sah, den Gerichtsstand des § 32 ZPO nicht auf die nach Wettbewerbsrecht klagebefugten Verbände auszudehnen (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 1964 – Ib ZR 73/63 – Lavamat, GRUR 1964, 567 [unter 2]) – bei einer Inanspruchnahme durch Mitbewerber zurückgedrängt und in solchen Fällen einen Rückgriff auf Vorschriften des UWG durch das nach § 32 ZPO zuständige Gericht zugelassen (vgl. RG, Urteil vom 18. September 1931 – II 462/30, MuW 1931, 571; Urteil vom 6. Oktober 1931 – II 495/30, GRUR 1931, 1299 [unter 1]). Diese Rechtsprechung des Reichsgerichts setzte der Bundesgerichtshof fort (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Oktober 1954 – I ARZ 233/54, NJW 1954, 1932; Urteil vom 30. November 1954 – I ZR 143/52 – GEMA, GRUR 1955, 351 [unter B III b]; Urteil vom 14. Mai 1974 – VI ZR 48/73, GRUR 1975, 150 [unter II 1]; s.a. Urteil vom 20. März 1956 – I ZR 162/55 – Olivin, GRUR 1956, 297 [unter II und unter III 1]; Urteil vom 24. April 1964 – Ib ZR 73/63 – Lavamat, GRUR 1964, 567 [unter 1]; zu der Frage, ob und inwieweit neben § 14 Abs. 2 UWG in der seit dem 2. Dezember 2020 geltenden Fassung auf § 32 ZPO zurückgegriffen werden kann vgl. Feddersen, WRP 2021, 713 [718 Rn. 33]; Hohlweck, WRP 2021, 719 [725 Rn. 43]; Lerach, jurisPR-WettbR 3/2021 Nr. 5 [unter C III]). Die auf diese Weise für Mitbewerberklagen in der Wettbewerbsrechtspraxis schon mehrere Jahrzehnte gelebte Rückkehr zum Prinzip des § 32 ZPO wurde 1969 allgemein in das UWG übernommen, und zwar durch die Einfügung von § 24 Abs. 2 („Für Klagen auf Grund dieses Gesetzes ist außerdem nur das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.“, s. dazu OLG Köln, Beschluss vom 17. Dezember 1969 – 6 W 73/69, NJW 1970, 476). Diese Regelung ist seit dem UWG 2004 inhaltsgleich in § 14 Abs. 2 S. 1 UWG in der bis zum 1. Dezember 2020 geltenden Fassung enthalten und findet sich nunmehr – mit leichten Änderungen im Wortlaut – in § 14 Abs. 2 S. 2 UWG.

Die zum 2. Dezember 2020 mit § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG für Mitbewerber erstmals (für Verbände wurde der Gerichtsstand des Begehungsortes schon 1994 erneut ausgeschlossen) seit mehr als 100 Jahren wieder eingeführte Beschneidung ihrer Rechtsschutzmöglichkeiten greift nun abermals in den – vielen Rechtsordnungen bekannten und als wichtiger Pfeiler neben dem allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten stehenden – deliktischen Gerichtsstand ein. 1877 wurde das forum delicti, das seinerzeit „den meisten Gesetzgebungen“ entsprach (vgl. Entwurf einer Civil-Prozeß-Ordnung für das Deutsche Reich, Vorlage für den Reichstag mit Motiven und Anlagen, 1874, S. 414), in § 32 CPO übernommen. Seit 1968 ist der dem besonderen Gerichtsstand des Tatorts zugrundeliegende einfache Gedanke, dass der durch eine unerlaubte Handlung Verletzte die Gerichte dort anrufen kann, wo das entsprechende Unrecht begangen wurde, sich ausgewirkt hat oder sich auszuwirken droht, im europäischen Justizraum verankert und steht dort dem Kläger als Regelung der internationalen und zugleich örtlichen Zuständigkeit gleichrangig neben dem beklagtenfreundlichen allgemeinen Gerichtsstand zur Wahl (vgl. Geimer/Schütze Int. Rechtsverkehr/Paulus, Art. 7 EuGVVO Rn. 138, 142 und 144; s.a. EuGH, Urteil vom 30. November 1976 – 21/76, Handelskwekerij G. J. Bier B.V. u.a. ./. Mines de potasse d'Alsace S.A. [Rn. 8/12 bis 24/25]), wobei sich die europarechtlichen Normen (zunächst Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ und heute Art. 7 Nr. 2 EuGVVO und Art. 5 Nr. 3 LugÜ) nicht auf die Regelung der internationalen Zuständigkeit beschränken, sondern die örtliche Zuständigkeit mit einschließen („vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“; ob sich daraus, wie Fritzsche, WRP 2020, 1367 [1375 Rn. 56] meint, eine durch § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG bewirkte Inländerdiskriminierung ergibt, erscheint allerdings fraglich, da für die Anwendbarkeit von Art. 7 EuGVVO mit Blick auf den einleitenden Wortlaut der Vorschrift ein qualifizierter Auslandsbezug dergestalt erforderlich sein dürfte, dass der Beklagte außerhalb seines Wohnsitzstaates verklagt werden soll, vgl. Geimer/Schütze, Int. Rechtsverkehr/Paulus, Vorbemerkung zu Art. 7 ff. EuGVVO Rn. 11; Art. 7 EuGVVO Rn. 12 und 152).

Der von der Bundesregierung im Sommer 2019 vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs sah vor, von diesem Rechtsregime und dem sich aus ihm – im Einklang mit den Kriterien des Art. 6 Abs. 1 Rom II VO zur Ermittlung des anwendbaren Sachrechts – ergebenden allgemeinen Grundsatz, wonach ein Wirtschaftsteilnehmer, der sich wettbewerbswidrig verhält, vernünftigerweise damit rechnen muss, vor den Gerichten des Ortes verklagt zu werden, an dem seine Verhaltensweisen die Regeln eines gesunden Wettbewerbs verfälscht haben (vgl. EuGH, Urteil vom 29. Juli 2019 – C-451/18, Tibor-Trans Fuvarozó és Kereskedelmi Kft. / DAF Trucks NV [Rn. 34 f.]; Urteil vom 9. Juli 2020 – C-343/19, Verein für Konsumenteninformation/VW AG [Rn. 36 ff. und 39]; s.a. Urteil vom 5. September 2019 – C-172/18, AMS Neve Ltd., Barnett Waddingham Trustees, Mark Crabtree ./. Heritage Audio SL, Pedro Rodriguez Arribas [Rn. 47 ff. und 57 ff.]), für das deutsche Wettbewerbsrecht nahezu vollständig abzurücken. Die dafür angeführten Gründe (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 19/12084, S. 35 f.) konnten im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens allerdings nicht überzeugen. Der Rechtsausschuss des Bundestages wollte den im Regierungsentwurf beabsichtigten weitgehenden historischen Rückschritt (sozusagen über die Grenzen von zwei Jahrhunderten hinweg zurück in das Jahr 1896) nach intensiven Beratungen nicht mitgehen. Stattdessen schlug er vor, den Gerichtsstand des Begehungsortes mit der für Verbände seit 1994 wieder geltenden Einschränkung beizubehalten und um eine weitere Einschränkung für die „besonders missbrauchsanfälligen Verstöße“ zu ergänzen.

Diese besonders missbrauchsanfälligen Konstellationen aber sind genau jene, die in einem früheren Stadium des Gesetzgebungsverfahrens für die Kodifizierung des Abmahnkostenausschlusses in § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG identifiziert worden waren. Eine andere (größere) Fallgruppe wurde im weiteren Verlauf der Beratungen nicht herausgearbeitet und wird in der Beschlussempfehlung nicht benannt. Vielmehr sprechen die Gesetzgebungsmaterialien für einen von der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses gewollten Gleichlauf zwischen Abmahnkostenausschluss einerseits und Einschränkung des fliegenden Gerichtsstandes andererseits (oder, mit anderen Worten, zwischen § 13 Abs. 4 Nr. 1 und § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG). Vor diesem Hintergrund stellen sich die Unterschiede im Wortlaut beider Vorschriften als das Ergebnis eines Redaktionsversehens dar. Wie, wenn nicht durch einen unbeabsichtigten Missgriff bei der Formulierung, soll eine zuvor von den Gesetzgebungsorganen nicht diskutierte, im reinen Normvergleich scheinbar verschiedene Fallgruppen in den Blick nehmende Regelung zur Eindämmung eines einheitlichen, während des Gesetzgebungsverfahrens zunächst im Zusammenhang mit der Einschränkung des Abmahnkostenersatzes diskutierten und später vom Rechtsausschuss in seiner Beschlussempfehlung mit dem Ziel der Übernahme für eine Einschränkung des fliegenden Gerichtsstands in Bezug genommenen Missbrauchsphänomens in das Gesetz gelangt sein (vgl. auch Isele, MMR 2021, 334; Laoutoumai, CR 2021, 343 [345]; Lerach, jurisPR-WettbR 3/2021 Nr. 5 [unter C II 2 b cc]; ders., jurisPR-WettbR 2/2021 Nr. 5 [unter C III]; Spoenle, jurisPR-ITR 8/2021 Anm. 5)? Für die von Motejl/Rosenow vertretene gegenteilige These, der Gesetzgeber sei ausdrücklich von einer allgemeinen Missbrauchsanfälligkeit von Rechtsverstößen im Internet ausgegangen, wie die vergleichbare Vorschrift des § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG zeige (vgl. Motejl/Rosenow, WRP 2021, 699 [704 Rn. 39]), geben die Gesetzgebungsmaterialien jedenfalls nichts her, da der in § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG vorgesehene Ausschluss des Abmahnkostenersatzes auf einen Teilbereich des virtuellen Handelns (nämlich Verstöße gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten) beschränkt ist und die Gesetzesbegründung hierzu auf die einfache und automatisierte Feststellbarkeit dieser Verstöße verweist. Enthalten aber die Gesetzesmaterialien keinen Anhaltspunkt für die Annahme, der Gesetzgeber habe mit einer Neuregelung eine Rechtsänderung beabsichtigt, können Sinn und Zweck einer Vorschrift auch eine von ihrem Wortlaut abweichende Anwendung des Gesetzes rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 2002 – VIII ZR 253/99 [unter B I 4]). Entsprechendes gilt für § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG, zumal die dort verwandte, dem Vertrags- und Telemedienrecht entnommene, tautologische Begrifflichkeit ihrem Wortlaut nach nicht eindeutig ist.

dd) Vor diesem Hintergrund geht es bei einer den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG gegenüber dem Wortlaut – sei er nun für sich betrachtet missverständlich oder nicht – einschränkenden Auslegung entgegen den Befürchtungen der Antragsgegnerin nicht darum, die Vorschrift praktisch leerlaufen zu lassen (in diese Richtung auch Rüther, WRP 2021, 726 [731 Rn. 24] und Wettig/Kiparski, CR 2021, 177 [180 Rn. 28 f.]) und die Antragsgegnerin ihrem gesetzlichen Richter zu entziehen. Es steht außer Frage, dass bei der Gesetzesauslegung die Entscheidung des Gesetzgebers, einen Sachverhalt in bestimmter Weise zu regeln, hinzunehmen ist, mag man diese auch für unzweckmäßig halten. Dementsprechend ist es nicht das Ziel der hier vertretenen Auslegung von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG, den Anwendungsbereich der Vorschrift so weit zu verengen, dass sie ihren Regelungszweck nicht mehr erfüllen kann, und auf diese Weise die in ihr zum Ausdruck kommende Grundentscheidung des Gesetzgebers gleichsam zu korrigieren, selbst wenn diese bei genauerer Betrachtung geeignet sein dürfte, die Aufdeckung von Abmahnmissbrauch nicht zu fördern, sondern eher zu erschweren (vgl. zur insoweit gegebenen Leistungsfähigkeit des Gerichtsstands des Begehungsortes Hohlweck, WRP 2021, 719 [722 Rn. 20 ff., insbes. Rn. 22; s.a. S. 725 Rn. 45 f.]; zu einem denkbaren Alternativmodell siehe Rätze, WRP 2020, 1519 [1524 Rn. 74] und Föhlisch, CR 2020, 796 [801]).

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Rechnung zu tragen ist der von einer gesetzlichen Regelung verfolgten Zwecksetzung aber nur so weit, wie sie reicht. Da eine über die identifizierten missbrauchsanfälligen Fälle hinausreichende Abschaffung des Gerichtsstands des Begehungsortes für alle Formen online begangener geschäftlicher Handlungen weder beabsichtigt war noch von dem auf eine Einschränkung des Gerichtsstands des Begehungsortes (nur) für besonders missbrauchsanfällige Konstellationen abzielenden Regelungszweck gedeckt ist, verbietet sich eine an dem weiten, nur vermeintlich eindeutigen Wortlaut ausgerichtete Auslegung. Diese nämlich würde der geschaffenen Einschränkung über die adressierte Fallgruppe hinaus eine Vielzahl von Sachverhalten unterwerfen, auf die die Vorschrift weder zugeschnitten ist noch von ihrer Zwecksetzung her passt, und damit ihrerseits zu Ergebnissen führen, die weit außerhalb des von der Norm verfolgten Regelungszwecks liegen. So lassen sich alle von § 4 UWG erfassten Handlungen online – oder, anders gewendet, „im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien“ – begehen. Im Bereich des wettbewerblichen Leistungsschutzes gilt das bei nicht körperlichen Produkten über das in § 4 Nr. 3 UWG genannte „Anbieten“ hinaus sogar für deren „Auslieferung“ als letztem Akt des Inverkehrbringens (beispielsweise bei der elektronischen Übermittlung eines Downloadcodes oder der Freischaltung bestimmter Inhalte zum Abruf von einer Webseite). Ebenso erfasst wäre der gemäß § 3a UWG unlautere, nach Jugendschutzrecht unzulässige online durchgeführte Vertrieb jugendgefährdender Computerspiele. Diese und die weiteren in Rn. 11 des Kammerbeschlusses vom 15. Januar 2021 angeführten Beispiele zu den § 4a bis § 6 UWG weisen das von der Beschlussempfehlung in den Blick genommene Missbrauchspotential nicht ansatzweise auf.


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LG Frankfurt: Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG gilt nur bei Handeln im elektronischen Rechtsverkehr oder in Telemedien

LG Frankfurt
Urteil vom 11.05.2021
3-06 O 14/21


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass die Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nur bei Handeln im elektronischen Rechtsverkehr oder in Telemedien gilt. Die Vorschrift ist nach Ansicht des Gerichts einschränkend auszulegen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig, das angerufene Gericht ist gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 UWG örtlich zuständig.

Soweit der Verfügungskläger den mit dem Antrag Ziffer 1 geltend gemachten Anspruch auf die Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts stützt, folgt die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts aus § 32 ZPO, weil der Internet-Beitrag bestimmungsgemäß im gesamten Bundesgebiet und damit auch im Bezirk des angerufenen Gerichts abrufbar ist und der Verfügungskläger aufgrund seiner - ausweislich seiner Homepage – bundesweit betriebenen Tätigkeit auch dort betroffen ist.

Das angerufene Gericht ist damit auch insoweit zuständig, als der Verfügungskläger seinen Anspruch auf Normen des UWG stützt. Wird bei Darlegung einer unerlaubten Handlung mit der hierauf gestützten Klage ein einheitlicher prozessualer Anspruch geltend gemacht, hat das insoweit örtlich zuständige Gericht den Rechtsstreit nicht nur unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung, sondern unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen und zu entscheiden (BGH NJW 2003, 828). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, da der Kläger denselben Streitgegenstand – den aus der Anlage LHR 9 ersichtlichen Beitrag - zur rechtlichen Überprüfung stellt.

Hinsichtlich des Antrags Ziffer 2, den der Verfügungskläger auf die Verletzungen von Normen des UWG stützt, ist das angerufene Gericht nach § 14 Abs. 2 S. 2 UWG ebenfalls örtlich zuständig. Danach ist neben dem Gericht, in dessen Bezirk der Anspruchsgegner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, auch dasjenige Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen wurde. Der streitgegenständliche Beitrag des Verfügungsbeklagten wie aus der Anlage LHR 11 ersichtlich wurde von diesem auf der von ihm betriebenen Internetseite ... veröffentlicht. Daher war der Beitrag bundesweit und damit auch im Bezirk des angerufenen Gerichts abrufbar.

Die Einschränkung der Zuständigkeitsregelung in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG, wonach Satz 2 nicht gilt für Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien, greift im vorliegenden Fall nicht ein.

Die Vorschrift ist einer teleologischen Auslegung zugänglich. Ihrem Wortlaut fehlt es an der notwendigen Eindeutigkeit, wie die Doppelung der Begriffe „elektronischer Geschäftsverkehr“ und „Telemedien“ belegt.

Im Rahmen der Auslegung ist die Entstehungshistorie der Vorschrift heranzuziehen, wonach im Gesetzgebungsverfahren die zunächst geplante Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes aufgegeben wurde zugunsten einer Regelung, die den fliegenden Gerichtsstand auf typische Fälle rechtsmissbräuchlicher Abmahnungen beschränken sollte, wie der Verletzung von Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet (vgl. Lerach, jurisPR-WettbR 3/2021). Daraus ist zu schließen, dass dem gesetzgeberischen Willen eine textliche Angleichung von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG an die Regelung in § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG entsprach, die jedoch aufgrund eines redaktionellen Versehens unterblieben ist. Der Ausschlusstatbestand ist teleologisch dahingehend zu reduzieren, als dieser nur dann eingreift, wenn die betreffende Zuwiderhandlung tatbestandlich an ein Handeln im elektronischen Rechtsverkehr oder in Telemedien anknüpft (vgl. LG Düsseldorf, Beschluss vom 26.02.2021, Az. 38 O 19/21).

Eine solche an ein Handeln im elektronischen Rechtsverkehr oder in Telemedien anknüpfende Rechtsverletzung ist jedoch vorliegend nicht streitgegenständlich. Vielmehr macht der Verfügungskläger einen Verstoß geltend, der auf § 4 Nr. 1, 2 UWG gestützt wird. Bei einem solchen Verstoß fehlt es jedoch an einer Verletzung, die geeignet ist, ein hohes Missbrauchspotential und die Gefahr von Massenabmahnungen zu begründen wie es z.B. bei einer Verletzung von Informations- und Kennzeichnungspflichten der Fall ist.

Die Antragsfassung des Verfügungsklägers, wonach er die Unterlassung der Berichterstattungen in ihrer Gesamtheit unter Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform begehrt, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Das Verbot ist umso „kleiner“, je umfangreicher die Textpassage ist, die Gegenstand der Verfügung wird, weil der Antragsgegner umso mehr Möglichkeiten hat, durch die Modifizierung von Formulierungen den Kernbereich des Verbots zu verlassen; dies gilt unabhängig davon, auf welche Anspruchsgrundlage der Unterlassungsantrag gestützt wird (OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.01.2015, Az. 6 W 4/15, Tz. 15, zit. nach juris).

Der auf Unterlassung gerichtete Verfügungsanspruch Ziffer 1 ist wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus §§ 1004, 823 Abs. 1, 2 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 8 Abs. 1 EMRK begründet.

Da bei Wettbewerbsverstößen die lauterkeitsrechtliche Regelung nach § 4 Nr. 1,2 UWG den deliktsrechtlichen Schutz nach §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB verdrängt, kommt ein deliktsrechtlicher Schutz dann in Betracht, wenn es an der Anwendbarkeit wettbewerbsrechtlicher Normen fehlt, so im Falle des Fehlens der Anspruchsberechtigung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, Einl. UWG, Rn. 7.3). Dies ist vorliegend der Fall, so dass der Weg zum Eingreifen des deliktsrechtlichen Schutzes eröffnet ist.

Eine Anspruchsberechtigung des Verfügungsklägers als Mitbewerber des Verfügungsbeklagten im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG ist nicht gegeben. Mitbewerber ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Dies ist dann anzunehmen, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (BGH GRUR 2017, 918, Tz. 16 – Wettbewerbsbezug).

Der der Verfügungsbeklagte stellt sich jedoch durch seine „Beratung“ in Bezug auf die im Beitrag Anlage LHR 9 behandelte Zulässigkeit von AGB nicht in Wettbewerb zum Verfügungskläger, der als Rechtsanwalt tätig ist. Dies wäre nur dann der Fall, wenn eine konkrete Rechtsberatung stattfände und nicht nur über die im Beitrag thematisierten AGB allgemein berichtet würde. Gegenstand des Beitrags ist zunächst der Ausgang eines Rechtsstreits, in dem über die Zulässigkeit einer AGB-Klausel befunden wurde, die ein damaliger Mandant des Verfügungsklägers – bei dem diese AGB hätten käuflich erworben werden können - verwendet hatte. Unter der Überschrift „Was bedeutet das nun?“ rät der Verfügungsbeklagte, dass sich Verwender der AGB dringend an einen Anwalt ihres Vertrauens wenden sollten. Unter „Fazit & Meinung“ heißt es „Klar sollte sein, dass ihr eure AGB ändern müsst, jedenfalls dann, wenn ihr die Formulierungen verwendet“. Hier steht erkennbar die Berichterstattung über den Rechtsstreit und die nach Meinung des Verfügungsbeklagten bestehenden Folgen für Betroffene im Vordergrund, nicht aber ein konkreter Rechtsrat des Verfügungsbeklagten, so dass es an dem erforderlichen wettbewerblichen Bezug fehlt.

Auch an einem mittelbaren Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien fehlt es. Der streitgegenständliche Beitrag wäre dann als von dem Verfügungskläger als Mitbewerber angreifbare geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG zu sehen, wenn sie in einem objektiven Zusammenhang mit der Förderung eines anderen Mitbewerbers des Verfügungsklägers stünde. Dabei ist weder ein Handeln zum Nachteil eines Mitbewerbers, noch eine Wettbewerbsförderungsabsicht erforderlich. Vielmehr muss die Handlung bei objektiver Betrachtung auf die Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidungen der Verbraucher (oder sonstiger Marktteilnehmer) gerichtet sein (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 39. Aufl. 2021, § 2 Rn. 48).

Im Fall der kritischen Medienberichterstattung über Unternehmer, wozu auch Beiträge auf Informationsseiten im Internet gehören, ist bei der Bejahung eines Drittabsatzförderungszusammenhangs – auch im Hinblick auf das Grundrecht der Pressefreiheit gemäß Art. 5 GG - Zurückhaltung geboten. Selbst eine unsachliche und überzogene Kritik lässt einen Schluss auf das Bestreben des Presseorgans, damit – jedenfalls auch – in den Wettbewerb zwischen dem kritisierten Unternehmen und dessen Konkurrenten einzugreifen, in der Regel nicht zu (OLG Frankfurt, Urteil vom 31.07.2014, Az. 6 U 74/14, BeckRS 2014, 21646, Tz. 9).

Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn die in einem redaktionellen Beitrag geübte Kritik sich als Mittel darstellt, den Wettbewerb eines Mitbewerbers zu fördern, was in der Regel nur dann anzunehmen ist, wenn sich der Redakteur dafür einen Vorteil versprechen oder gewähren lässt. Dafür gibt es indes keine Anhaltspunkte.

Zwar werden in dem Menüpunkt „..., der über der Überschrift des Beitrags zu sehen ist, Rechtsanwälte vorgestellt, die in den angesprochenen Rechtsgebieten tätig sind. Zudem besteht eine persönliche Verflechtung zwischen dem Verfügungsbeklagten und den begünstigten Mitbewerbern. Bei einer der unter „...“ genannten handelt es sich um die Rechtsanwältin ..., die Partnerin des Verfügungsklägers. Bei einem weiteren dort genannten Rechtsanwalt handelt es sich um den Prozessbevollmächtigten des Verfügungsbeklagten, Rechtsanwalt ... Dies reicht jedoch nach Auffassung des Gerichts im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung der Gesamtumstände nicht zur Annahme einer Drittabsatzförderung nicht aus. In dem Beitrag selbst werden die Namen der Anwälte nicht erwähnt, vielmehr rät der Verfügungsbeklagte, man solle sich an einen „Anwalt des Vertrauens“ wenden. Auch wird der Verbraucher in dem kleingedruckten Menüpunkt „...“ auf den ersten Blick keine Angaben zu im Bereich des E-Commerce tätigen Rechtsanwälte vermuten und deshalb primär dort nach Hilfe suchen.

Der streitgegenständliche Beitrag des Verfügungsbeklagten enthält Äußerungen, die eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Verfügungsklägers darstellen.

Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig ist, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH NJW 2016, 789, Rn. 20). Stehen sich als widerstreitende Interessen die Meinungs- bzw. Pressefreiheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht gegenüber, kommt es für die Zulässigkeit einer Äußerung maßgeblich darauf an, ob es sich um Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen handelt (OLG Frankfurt, GRUR-RS 2020, 31723 Rn. 39).

Die Abgrenzung zwischen einer Tatsachenbehauptung und einer Meinungsäußerung erfolgt danach, ob die konkrete Aussage greifbare, dem Beweis zugängliche Vorgänge zum Gegenstand hat. Enthält eine Äußerung eine Mischung von Tatsachen und Meinungen, so kommt es für die Anwendung des Art. 5 Abs. 1 GG darauf an, ob sie durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt wird. Im Falle einer solch engen Verknüpfung von Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung darf der Grundrechtsschutz nicht dadurch verkürzt werden, dass ein tatsächliches Element aus dem Zusammenhang gerissen und isoliert betrachtet wird oder durch die Trennung der tatsächlichen und der wertenden Bestandteile einer Äußerung ihr Sinn verfälscht wird (BGH GRUR 2016, 710 Rn. 23 – Im Immobiliensumpf).

Die Behauptung bewusst unwahrer Tatsachen oder solcher, deren Unwahrheit im Zeitpunkt der Äußerung bereits feststeht, ist von der Meinungs- und Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG nicht gedeckt, da an deren Verbreitung unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit regelmäßig kein schützenswertes Interesse besteht (BGH GRUR 2014, 693, Rn. 23 – Sächsische Korruptionsaffäre). Sonstige Tatsachenbehauptungen mit Meinungsbezug genießen dagegen den Grundrechtsschutz, auch wenn sie sich später als unwahr herausstellen (BGH a.a.O.).


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LG Düsseldorf hält an einschränkender Auslegung der Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG trotz anderer Ansicht des OLG Düsseldorf fest

LG Düsseldorf
Beschluss vom 26.02.2021
38 O 19/21

Das LG Düsseldorf hält an seiner einschränkenden Auslegung der Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG auf Wettbewerbsverstöße, die tatbestandlich ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder über Telemedien voraussetzen, trotz anderer Ansicht des OLG Düsseldorf (siehe dazu OLG Düsseldorf: Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nicht gegen den Wortlaut einschränkend auszulegen ) fest.

Aus den Entscheidungsgründen:

I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist gemäß §§ 935, 940 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die örtliche Zuständigkeit des von der Antragstellerin angerufenen Gerichts nicht nur für die in Printmedien verbreitete Anzeigen- und die Fernsehwerbung, sondern darüber hinaus für die über ihre Internetpräsenz und das Portal youtube verbreitete Werbung gegeben.

1. Zur Auslegung von § 14 Abs. 2 S. 2 und S. 3 Nr. 1 UWG wird zunächst auf die Erwägungen unter I 1 a sowie I 1 b aa des Beschlusses der Kammer vom 15. Januar 2021 verwiesen (vgl. LG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Januar 2021 – 38 O 3/21, WRP 2021, 395 = GRUR-RS 2021, 402 und bei juris [dort jeweils Rn. 3 bis 14; die Entscheidung kann außerdem kostenfrei unter nrwe.de abgerufen werden]; zur Unterrichtung der an dem Verfahren 38 O 3/21 nicht beteiligten Antragsgegnerin sind die in Bezug genommenen Passagen des Beschlusses vom 15. Januar im Anschluss an die Gründe dieses Beschlusses wiedergeben). An dem dort gefundenen Ergebnis – dass nämlich der den grundsätzlich nach § 14 Abs. 2 S. 2 UWG gegebenen fliegenden Gerichtsstand sperrende Ausschlusstatbestand des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG (nur) eingreift, wenn die betreffende Zuwiderhandlung tatbestandlich an ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien anknüpft (vgl. LG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Januar 2021, a.a.O.; zustimmend Lerach, jurisPR-WettbR 2/2021 Anm. 5; Spoenle, jurisPK-UWG, § 14 UWG [Stand: 8. Februar 2021] Rn. 51; für eine einschränkende Auslegung von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG auch Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151 [158 Rn. 36 f. und 159 Rn. 41] sowie – allerdings etwas weniger weitgehend – Köhler/Bornkamm/Feddersen/Feddersen, § 14 UWG Rn. 21; kritisch dagegen Omsels/Zott, WRP 2021, 278 [286 Fn. 79]) – hält die Kammer nach nochmaliger Überprüfung fest. Die gegen die vorgenommene teleologische Reduktion von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG vorgebrachten Bedenken (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Februar 2021 – 20 W 11/21, GRUR-RS 2021, 2043 [unter III]; Omsels/Zott, a.a.O.) greifen nicht durch und veranlassen die Kammer nicht, ihre Sichtweise zu ändern.

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a) Die teleologische Reduktion von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG überschreitet nicht die sich aus der von dem Oberlandesgericht Düsseldorf angesprochenen Entscheidung „Erfolgshonorar für Versicherungsberater“ ergebenden Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung. Die Frage, wie die – dem UWG bis zum 1. Dezember 2020 unbekannte und im Gesetz nicht definierte – Wendung der „Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien“ (§ 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 UWG) zu verstehen ist und ob sie inhaltlich dieselben oder andere Sachverhalte erfasst als die – ebenfalls neu eingefügte und nicht definierte – Wendung der „im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstöße[…] gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten“ (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 UWG) ist eine von Ansatzpunkt und Tragweite her vollkommen andere als die in der Entscheidung „Erfolgshonorar für Versicherungsberater“ vom Bundesgerichtshof beantwortete Frage, ob sich der (allein) das Berufsbild des Versicherungsberaters beschreibenden (und dabei die bisherige gesetzliche Regelung inhaltlich übernehmenden), seine Vergütung nicht regelnden Vorschrift des § 34d Abs. 2 S. 2 GewO (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2019 – I ZR 67/18 – Erfolgshonorar für Versicherungsberater [unter II 2 c ff (2) und (3)]) entnehmen lässt, dass der Versicherungsberater infolge des Inkrafttretens dieser – wie erwähnt keine inhaltliche Änderung bringenden – Vorschrift dem sich aus § 4 Abs. 1 S. 1 RDGEG ergebenden Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars künftig nicht mehr unterfällt. Jedenfalls ist anhand der in der Entscheidung „Erfolgshonorar für Versicherungsberater“ aufgezeigten Grenze zulässiger Gesetzesauslegung (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2019 – I ZR 67/18 – Erfolgshonorar für Versicherungsberater [unter II 2 c ff (4)]) nicht festzustellen, dass die von der Kammer vorgenommene (und von Teilen der Literatur für zutreffend gehaltene) Auslegung von § 14 Abs. 2 S. 2 und S. 3 Nr. 1 UWG als krasse Missdeutung und damit als objektiv willkürlich im Sinne von unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar und naheliegend als auf sachfremden Erwägungen beruhend (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Juli 2014 – 1 BvR 1925/13 [unter II 1]; BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2020 – IX ZB 55/19 [unter II 3 b dd]) anzusehen sein könnte. Die Wortlautinterpretation ist nicht Grenze, sondern Ausgangspunkt der Auslegung (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2017 – IV ZR 551/15 [unter II 1 c bb]; s.a. EuGH, Urteil vom 11. Juni 2020 – C-786/18, ratiopharm GmbH/Novartis Consumer Health GmbH [Rn. 28 ff.]) und bei der Gesetzesauslegung ist zu berücksichtigen, ob eine strikt am Wortlaut orientierte Gesetzesanwendung zu sachgerechten Ergebnissen führt (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2010 – III ZR 209/09 [unter II 3 b]).

b) Die Unterschiede in den Formulierungen von § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG einerseits und § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG andererseits stehen der an (in dem Beschluss der Kammer vom 15. Januar 2021 herausgearbeiteten) Sinn und Zweck der Regelung orientierten Auslegung von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nicht entgegen, zumal es sich bei dieser Vorschrift – was das Oberlandesgericht Düsseldorf unberücksichtigt lässt – um einen Ausnahmetatbestand handelt dessen Zweck es ist, den in § 14 Abs. 2 S. 2 UWG grundsätzlich eröffneten fliegenden Gerichtsstand für bestimmte Fälle auszuschließen. Näher als die Annahme eines (möglicherweise vom Oberlandesgericht Düsseldorf im Gesetz erkannten) „Zweistufensystems“ (im Sinne einer bewusst zwischen verschiedenen Fallgruppen differenzierenden Lösung für die Regelung des Abmahnkostenersatzes einerseits und der örtlichen Zuständigkeit andererseits) liegt die Annahme eines Redaktionsversehens des Gesetzgebers (vgl. Lerach, a.a.O.), was aus den in dem Beschluss der Kammer vom 15. Januar 2021 angeführten Gesichtspunkten eine teleologische Reduktion des in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG enthaltenen Ausnahmetatbestandes angezeigt erscheinen lässt. Die für eine solche Auslegung sprechenden Argumente sind – jedenfalls durch die bisherige Diskussion – nicht widerlegt. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die vertiefenden, die Zirkelschlüssigkeit der bislang geäußerten Kritik aufzeigenden und den Gang des Gesetzgebungsverfahrens nachzeichnenden Ausführungen der Antragstellerin unter IV 3 c ihrer Antragsschrift (S. 17 bis 20 = Bl. 18 bis 21 GA) Bezug genommen.

c) Die Kammer sieht keine Veranlassung, ihre Auffassung im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung aufzugeben. Die Diskussion darüber, wie die seit dem 2. Dezember 2020 geltende Regelung der örtlichen Zuständigkeit in § 14 Abs. 2 UWG auszulegen ist, steht noch an ihrem Anfang. Die Überzeugungskraft der Bedenken, die bislang gegen das in dem Beschluss der Kammer vom 15. Januar 2021 gefundene Ergebnis und die dafür gegebene Begründung vorgebracht worden sind, ist – jedenfalls aus Sicht der Kammer – gering und auf der anderen Seite sind Ergebnis und Begründung des Beschlusses der Kammer vom 15. Januar 2021 teils ausdrücklich zustimmend besprochen worden. Angesichts dessen erscheint es der Kammer, die ausschließlich mit Streitigkeiten aus den Bereichen des Wettbewerbs-, Kennzeichen- und Geschmacksmuster-/Designrecht befasst ist und auf deren Spruchpraxis sich die beteiligten Kreise vielfach einstellen, angezeigt, an ihrer eingeschlagenen Linie festzuhalten (freilich unter dem – letztlich für jede Rechtsanwendung geltenden – Vorbehalt sich eventuell aus dem Fortgang der Diskussion um die zutreffende Auslegung von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG ergebender besserer Erkenntnisse).

d) Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist schließlich nicht geeignet, ein schutzwürdiges Vertrauen der Rechtsunterworfenen dahin zu begründen, die Kammer werde nunmehr an ihrer – für den geneigten Leser ihres Beschlusses erkennbar nicht unüberlegt in den Raum geworfenen, sondern unter Heranziehung anerkannter Auslegungsgrundsätze und der Gesetzgebungsmaterialien entwickelten – Auffassung nicht länger festhalten. Selbst wenn man – hinausgehend über die sich aus §§ 31 BVerfGG, 322, 563 Abs. 2 ZPO ergebenden Bindungen an Urteile anderer Gerichte und dem sich aus den Rechtswerten der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes ergebenden Gebot, grundsätzlich an einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung festzuhalten (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Oktober 1982 – GSZ 1/82, NJW 1983, 228 [unter II 1 b]) – eine dem deutschen Recht an sich fremde (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2002 – X ARZ 110/02 [unter III 2]) Präjudizienbindung von Instanzgerichten annehmen wollte, griffe diese nicht ein. Bei der von dem Oberlandesgericht Düsseldorf unter II 3 c und III seines Beschlusses vom 16. Februar 2021 geäußerten Kritik an Zustandekommen und Inhalt des von der Kammer am 15. Januar 2021 erlassenen Beschlusses handelt es sich um bloße obiter dicta, die als die Entscheidung nicht tragende Erwägungen schon vom Ansatz her keinerlei Bindungswirkung entfalten.

2. Aus dem zur Auslegung von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG gefundenen Ergebnis ergibt sich, dass der nach §§ 937 Abs. 1, 943 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 14 Abs. 2 S. 2 UWG grundsätzlich für alle hier angegriffenen Werbemaßnahmen gegebene Gerichtsstand des Begehungsortes nicht gemäß § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG für das Bereithalten der beanstandeten Darstellung in der Internetpräsenz der Antragsgegnerin und die Verbreitung des Werbespots über youtube ausgeschlossen ist. Die Antragstellerin leitet die von ihr angenommene Unlauterkeit dieser Werbemaßnahmen aus Umständen her, die tatbestandlich nicht an ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien anknüpfen. Bei dieser Sachlage greift der in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG geregelte Ausschlusstatbestand nicht ein.

II. Der Antrag ist aus den eingangs der Gründe genannten Vorschriften begründet.

1. Der (inhaltlich identisch über zwei verschiedene Kanäle verbreitete) Werbespot ist im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG irreführend.

a) Der in dem Spot verwandten Wendung „WIE WECHSELN OHNE DRAUFZAHLEN“ werden erhebliche Teile des angesprochenen Verkehrs mutmaßlich eine Sachaussage dahin entnehmen, dass bei einem Wechsel von einem anderen Anbieter hin zur Antragsgegnerin für den Verbraucher keine höheren Kosten anfallen, als dies bei einer Fortsetzung seines bisherigen Vertragsverhältnisses der Fall wäre. Der Annahme eines solchen Verkehrsverständnisses steht nicht entgegen, dass in dem Spot zunächst Werbefloskeln ohne greifbaren sachlichen Inhalt geäußert werden und (zunächst) kein konkretes Produkt benannt wird. Bereits mit der parallel zu der vorangehend genannten Wendung „WIE WECHSELN OHNE CHAOS“ gezeigten Verbindung eines Kabels mit dem WLAN-Kabelrouter der Antragsgegnerin beginnt die Werbung mit dem Aufbau eines Produktbezugs. Vor allem aber wird dem Zuschauer mit dem gegen Ende des Spots erwähnten Wechselservice der Antragsgegnerin ein naheliegender Bezugspunkt für das wenige Sekunden vorher mit der Wendung „ohne draufzahlen“ transportierte Kostenargument präsentiert.

b) Die so aufgebaute Vorstellung trifft nicht zu. Zum einen können je nach Dauer der überlappenden Vertragslaufzeiten monatlich fällig werdende Entgelte an alten wie neuen Anbieter (also gleichsam doppelt) zu entrichten sein. Überdies löst der Wechsel selbst Kosten in Form von „Bereitstellungsentgelt bzw. Aktivierungsgebühr“ und „Lieferpauschale“ aus. Diese fielen bei einem Verbleib bei dem bisherigen Anbieter nicht an, sind mit anderen Worten von dem Neukunden zusätzlich aufzuwenden (oder „drauf zu zahlen“).

2. Vergleichbares gilt für den in der Anzeige versprochenen „Schutz vor doppelten Kosten“.

a) Ungeachtet sich bei genauerer semantischer Analyse ergebender inhaltlicher Unschärfen der Wendung „doppelte Kosten“ wird der Betrachter der Anzeige ihr mutmaßlich die Verheißung entnehmen, ein Wechsel von seinem bisherigen Anbieter hin zu der Antragsgegnerin werde bei ihm finanziell nicht negativ zu Buche schlagen. „Doppelte Kosten“ werden in dem gegebenen Zusammenhang naheliegend als Mehrkosten verstanden, wie sie an sich bei einem Wechsel des Anbieters anfallen (können) und vor denen die Antragsgegnerin Neukunden mit ihrem Wechselservice bewahrt.

b) Die auf diese Weise bei erheblichen Teilen des Verkehrs hervorgerufene Vorstellung, bei einem Wechsel zu der Antragsgegnerin fielen keine Mehrkosten an, trifft aus den vorstehend unter II 1 b genannten Gründen nicht zu.

c) Der Fußnotenhinweis steht der Annahme einer Irreführung nicht entgegen. Mit ihm wird das Versprechen, „Schutz vor doppelten Kosten“ zu gewähren, teilweise zurückgenommen. Das geht über eine rechtlich zulässige Erläuterung, wie der Schutz gewährt wird, hinaus.

3. Schließlich ist die zum Abruf von der Internetpräsenz bereitgehaltene Darstellung irreführend. Mit den zur Bewerbung des Wechselservices gebrauchten Wendungen „ohne Risiko und doppelte Kosten“, „ohne doppelte Kosten“ und „keine doppelte Kosten“ wird nicht anders als bei der Anzeigenwerbung die Erwartung aufgebaut, ein Wechsel zu der Antragsgegnerin sei nicht mit Mehrkosten verbunden. Das trifft schon deshalb nicht zu, weil im Zusammenhang mit dem Wechsel einmalige Entgelte in Höhe von zusammen knapp € 80 anfallen. Das erschließt sich dem Betrachter der Seite selbst dann nicht, wenn er die von der Antragsgegnerin angesprochenen Erläuterungen weiter unten auf der Seite durchliest.

4. Den Bedenken, die von der Antragsgegnerin gegen die Fassung der von der Antragstellerin entworfenen Unterlassungserklärung erhobenen wurden und die auf die wortgleiche Antragstellung zu übertragen sind, kann nicht beigetreten werden.

a) Die Anträge zielen, wie aus der unmittelbaren Bezugnahme auf das beanstandete Verhalten deutlich wird (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – I ZR 190/10 – Neue Personenkraftwagen [unter II 1 c]; Urteil vom 7. April 2011 – I ZR 34/09 – Leistungspakete im Preisvergleich [unter II 1 b aa]; Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 99/08 – Preiswerbung ohne Umsatzsteuer [unter II 5]; Urteil vom 2. Juni 2005 – I ZR 252/02 – Aktivierungskosten II [unter II 1 a]), auf ein Verbot der konkreten Verletzungshandlungen ab.

b) Der Inhalt eines solchen, auf die konkrete Verletzungshandlung beschränkten Verbots, dem über Fortsetzungen oder identische Wiederholungen des beanstandeten Verhaltens hinaus solche im Kern gleichartigen Abwandlungen unterfallen, in denen das rechtlich Charakteristische der konkreten Verletzungshandlung noch zum Ausdruck kommt (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2016 – I ZB 34/15 [unter III 4 a]; Beschluss vom 3. April 2014 – I ZB 42/11 – Reichweite des Unterlassungsgebots [unter II 2 a und b]; Urteil vom 19. Mai 2010 – I ZR 177/07 – Folienrollos [unter II 1 b]; Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 202/07 – Erinnerungswerbung im Internet [unter II 1 b dd]; Urteil vom 16. November 2006 – I ZR 191/03 – Telefonwerbung für „Individualverträge“ [unter II 1 b]; Urteil vom 4. September 2003 – I ZR 32/01 [unter II 2]; Urteil vom 7. Juni 2001 – I ZR 115/99 – Jubiläumsschnäppchen [unter II 1 a (1)]), richtet sich (sofern sich nicht im Einzelfall aus der Begründung des Anspruchsstellers ein anderes Ziel ergibt, was hier nicht der Fall ist) nicht nach abstrakten Umschreibungen in Antrag oder Tenor, sondern nach der konkreten Verletzungshandlung so, wie sie von dem Anspruchssteller vorgetragen bzw. dem Gericht festgestellt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 99/08 – Preiswerbung ohne Umsatzsteuer [unter II 5]; Urteil vom 2. Juni 2005 – I ZR 252/02 – Aktivierungskosten II [unter II 1 a]; s.a. Urteil vom 1. Februar 2018 – I ZR 82/17 – Gefäßgerüst [unter B II 1]; Urteil vom 7. April 2011 – I ZR 34/09 – Leistungspakete im Preisvergleich [unter II 1 b aa] sowie Urteil vom 23. Februar 2006 – I ZR 272/02 – Markenparfümverkäufe [unter A II 2 a und c] sowie Urteil vom 10. Januar 2019 – I ZR 267/15 – Cordoba II [unter B I 1 b bb (1)]).

Von daher braucht ein auf die konkrete Verletzungshandlung beschränkter Antrag keinerlei abstrakt formulierte Merkmale oder erläuternde Hinweise zu enthalten. Solche Zusätze mögen die Funktion haben, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die von dem Verbot als kerngleiche Verletzungsformen erfasst sein sollen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2005 – I ZR 252/02 – Aktivierungskosten II [unter II 1 a]; Urteil vom 19. Mai 2010 – I ZR 177/07 – Folienrollos [unter II 1 b]; Beschluss vom 3. April 2014 – I ZB 42/11 – Reichweite des Unterlassungsgebots [unter II 2 a]). Gleichwohl stellen sie sich, was die Beschreibung der konkreten Verletzungsform und des durch sie bestimmten Verbotsumfangs angeht, als ebenso unschädliche wie verzichtbare Überbestimmung dar (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2019 – I ZR 173/16 – ÖKO-TEST I [unter B I 2]; Urteil vom 30. Juli 2015 – I ZR 250/12 – Piadina-Rückruf [unter B I 3 b cc]; Urteil vom 25. Juni 2015 – I ZR 145/14 – Mobiler Buchhaltungsservice [unter II 2]; Urteil vom 10. Februar 2011 – I ZR 183/09 – Irische Butter [unter II 1 c]; Urteil vom 17. März 2011 – I ZR 81/09 – Original Kanchipur [unter II 1 a]), nämlich als – an sich überflüssige – Aufnahme von Begründungselementen in den Antrag bzw. Tenor (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 – I ZR 38/00 – Zugabenbündel [unter I 1 b (2)]).

c) Aus der nach alledem für die Bestimmung des Verbotsumfangs (allein) maßgeblichen Antragsbegründung und den von ihr in Bezug genommenen Anlagen K1 bis K4 ergibt sich (wie auch bereits aus der Abmahnung), in welchen Bestandteilen der angegriffenen Werbemaßnahmen die Antragstellerin jeweils die charakteristischen, die von ihr angenommene Verletzung des Irreführungsverbots begründenden Merkmale sieht. Ob diese Merkmale durch den abstrakten Antragsteil „dass der Wechsel zu Vodafone keine weiteren Kosten auslöse“ zutreffend zusammengefasst werden, ist für den Inhalt des Verbots bedeutungslos.

III. Über den Antrag kann im Einklang mit den – auch für das Lauterkeitsrecht geltenden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2020 – 1 BvR 1379/20 [unter II 1]) – Grundsätzen zur Wahrung der prozessualen Waffengleichheit im einstweiligen Verfügungsverfahren ohne vorherige gerichtliche Anhörung der Antragsgegnerin entschieden werden. Die Antragsgegnerin ist hinreichend in das Verfahren einbezogen worden, nachdem ihr die Antragstellerin mit ihrer Abmahnung im Vorfeld des Verfahrens Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat, die erhaltene Entgegnung mit dem Verfügungsantrag vollständig vorgelegt worden ist und die den Erlass der einstweiligen Verfügung rechtfertigenden, in der Antragsschrift vorgetragenen Tatsachen und erörterten rechtlichen Gesichtspunkte mit den in der Abmahnung erhobenen Beanstandungen inhaltlich deckungsgleich sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Dezember 2020 – 1 BvR 2740/20 [unter II 3 a aa bis cc]; Beschluss vom 30. Juli 2020 – 1 BvR 1422/20 [unter II 2 a]; Beschluss vom 3. Juni 2020 – 1 BvR 1246/20 [unter II 3 a cc und II 3 b aa]; Beschlüsse vom 30. September 2018 – 1 BvR 1783/17 und 1 BvR 2421/17 [jeweils unter II 2 b cc]; speziell zur notwendigen Deckungsgleichheit zwischen Abmahnung und Verfügungsantrag im Lauterkeitsrecht s. außerdem Beschluss vom 3. Dezember 2020 – 1 BvR 2575/20 [unter III 2 b bb]).

Nach diesen Grundsätzen nicht veranlasst ist auch eine Anhörung der Antragsgegnerin zu der Frage der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Soweit das Oberlandesgericht Düsseldorf (in einem weiteren obiter dictum) angemerkt hat, die Voraussetzungen für die Verfahrensweise der Kammer hätten ersichtlich nicht vorgelegen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Februar 2021 – 20 W 11/21, GRUR-RS 2021, 2043 [unter II 3 c]), hat es unberücksichtigt gelassen, dass die von ihm angeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Presserecht ergangen sind. Für das Lauterkeitsrecht gilt demgegenüber, dass eine Identität der rechtlichen Begründung zwischen Abmahnung und Verfügungsantrag nicht erforderlich und eine Grenze erst dort zu ziehen ist, wo der gerichtliche Verfügungsantrag den im Rahmen der außergerichtlichen Abmahnung geltend gemachten Streitgegenstand verlässt oder weitere Streitgegenstände und Sachverhaltsumstände neu einführt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Dezember 2020 – 1 BvR 2575/20 [unter III 2 b bb]; Beschluss vom 30. Juli 2020 – 1 BvR 1422/20 [unter II 2 b]; s.a. auch OLG Köln, Urteil vom 14. August 2020 – 6 U 4/20, GRUR-RS 2020, 39315 [unter II 1 a]). Dementsprechend lassen die nur im Verfügungsantrag enthaltenen bloßen Rechtsausführungen zur örtlichen Zuständigkeit keine Anhörung der Antragsgegnerin notwendig werden.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Düsseldorf: Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nicht gegen den Wortlaut einschränkend auszulegen

OLG Düsseldorf
Beschluss vom 16.02.2021
I-20 W 11/21


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass die Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nicht gegen den Wortlaut einschränkend auszulegen ist und daher nicht nur für Wettbewerbsverstöße gilt, die tatbestandlich ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder über Telemedien voraussetzen. Das OLG Düsseldorf hat damit die Vorinstanz (siehe dazu LG Düsseldorf. Beschluss vom 15.01.2021, 38 O 3/21) korrigiert.

Aus den Entscheidungsgründen:

"II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg.

1. Der Senat entscheidet in der Besetzung des § 122 Abs. 1 GVG. Die Vorschrift des § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO gilt nicht, da der alleinentscheidende Vorsitzender einer Kammer für Handelssachen kein „Einzelrichter“ ist (Hamdorf, in Münchener Kommentar ZPO, 6. Aufl., § 568 Rn. 6).

2. Der Senat sieht von einer Vorlage an das Landgericht ab, da eine Abhilfe wegen Unstatthaftigkeit einer sofortigen Beschwerde (s. nachfolgend unter 3.) von vornherein unzulässig ist.

3. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist unstatthaft.

a) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ergibt sich die Statthaftigkeit einer sofortigen Beschwerde nicht aus § 17a Abs. 4 S. 2 GVG. Zwar ist § 17a GVG auch im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung grundsätzlich anzuwenden (Zimmermann, a.a.O., § 17a GVG Rn. 5 m.w.N.). Diese Vorschrift gilt jedoch im Zivilverfahren (anders in der Arbeitsgerichtsbarkeit - § 48 ArbGG – und Verwaltungsgerichtsbarkeit - § 83 VwGO, jedoch mit Ausschluss des Rechtsmittels der sofortigen Beschwerde) nicht für die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit.

b) Die Zivilprozessordnung sieht hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit eine andere Verfahrensweise vor. Hält das angerufene Gericht sich für unzuständig, verweist es entweder den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers nach § 281 ZPO an das zuständige Gericht oder weist die Klage mangels eines derartigen Antrages zurück. Hält das Gericht sich demgegenüber für zuständig, entscheidet es hierüber – wenn es kein Zwischenurteil nach § 280 ZPO erlässt, was in seinem Ermessen steht – in seiner Endentscheidung. Diese ist im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit – von der teilweise angenommenen Ausnahme von Willkür abgesehen– nach § 513 Abs. 2 ZPO nicht überprüfbar.

Bejaht das Landgericht bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in einer Beschlussverfügung seine örtliche Zuständigkeit, kann der Antragsgegner dies nur im Wege des Widerspruchs (§ 924 ZPO) angreifen; insoweit tritt der Widerspruch an die Stelle der Beschwerde (BGH NJW 2003, 1531; Drescher, a.a.O., § 924 Rn. 2). Wie auch allgemein hat das Landgericht seine in der Beschlussverfügung vertretene Auffassung sodann umfassend zu überprüfen und ist an diese nicht gebunden. Kommt es – abweichend von seiner in der Beschlussverfügung geäußerten Auffassung - zu dem Ergebnis, dass es unzuständig ist, hat es sodann entweder das Verfahren auf Antrag des Antragstellers an das zuständige Gericht zu verweisen oder bei Fehlen eines solchen Antrages seine Beschlussverfügung unter Abweisung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung aufzuheben (vgl. Schwippert, in: Teplitzky u.a., Großkommentar UWG, 2. Aufl., § 12 C Rn. 152; Berneke/Schüttpelz, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 4. Aufl., Rn. 266). Hält das Landgericht demgegenüber an seiner Auffassung zur Zuständigkeit fest, so ist dies im Rahmen des Anwendungsbereichs des § 513 Abs. 2 ZPO vom Berufungsgericht im Allgemeinen nicht überprüfbar.

Unabhängig davon, ob das Landgericht mit seiner Entscheidung ein Gesuch der Antragsgegnerin im Sinne des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO abgewiesen hat, gehen hier die Vorschriften über den Widerspruch vor.

c) Eine Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde ergibt sich auch nicht daraus, dass das Landgericht jedenfalls nach Aktenlage die Grundsätze über die prozessuale Waffengleichheit nicht beachtet hat.

Allerdings lagen entgegen der Auffassung des Landgerichts die Voraussetzungen, unter denen es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (s. zuletzt WRP 2021, 181; Beschluss vom 11.01.2021 – 1 BvR 2681/20) von einer Anhörung der Antragsgegnerin vor Erlass der Beschlussverfügung hätte absehen dürfen, ersichtlich nicht vor. Zwar hatte die Antragstellerin die Antragsgegnerin vorher abgemahnt und die Abmahnung sowie die Antwort der Antragsgegnerin hierauf dem Gericht vorgelegt. Der Antrag auf Erlass einer einstweilige Verfügung ging jedoch jedenfalls insoweit weit über die Abmahnung hinaus, als er umfangreiche Ausführungen zur Auslegung des § 14 Abs. 2 UWG n.F. umfasste. Dass die Antragsgegnerin in ihrer Schutzschrift auf § 14 Abs. 2 UWG n.F. hinwies, rechtfertigte diese Verfahrenshinweise nicht, da dieser Hinweis sehr kurz war und die Ausführungen der Antragstellerin nicht berücksichtigen konnte. Damit hatte die Antragstellerin ihren Antrag „sonst mit ergänzendem Vortrag begründet“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.01.2021 – 1 BvR 2681/20 Rdnr. 32 a.E.). Dadurch wurde es der Antragsgegnerin – anders als der Antragstellerin - verwehrt, ihre umfangreichen Ausführungen zur Auslegung des § 14 Abs. 2 UWG n.F. vor Erlass der sie belastendenden Beschlussverfügung zu Gehör zu bringen.

Diese prozessordnungswidrige Verfahrensweise führt aber nicht zur ausnahmsweisen Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde (Drescher, a.a.O., § 924 Rn. 2; vgl. auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Verfassungsbeschwerden wegen Verletzung der prozessualen Waffengleichheit, in denen eine sofortige Beschwerde als Rechtsbehelf nicht erwähnt wird).

III. Die Kammer wird im Falle eines Widerspruchs ihre Auffassung zur örtlichen Zuständigkeit hinsichtlich der Anträge zu 1.b), d) und e) überprüfen müssen. Gegen die vom Landgericht vorgenommene Auslegung des – auf das vorliegende Verfahren im Hinblick auf seine Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs – anwendbaren § 14 Abs. 2 UWG n.F. bestehen erhebliche Bedenken.

Der Wortlaut enthält die vom Landgericht vorgenommene Einschränkung nicht. Diese lässt sich auch nicht mit Sinn und Zweck der Regelung rechtfertigen. Hintergrund der Änderung der Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit waren vom Gesetzgeber angenommene Unzuträglichkeiten. Der Entwurf sah diese vor allem bei der Verfolgung lauterkeitsrechtlicher Verstöße im Internet (BT-Drs. 19/12094 S. 35), die eine Vielzahl von Gerichtsständen zur Folge habe. Die Bemerkung des Rechtsausschusses (BT-Drs. 19/19/22238 S. 18) bezieht sich hierauf. Der Missstand wurde bei der Verfolgung im Internet begangener Verstöße gesehen; Einschränkungen auf bestimmte im Internet begangene Verstöße ergeben sich hieraus dagegen nicht.

Hinzu kommt der Vergleich mit der engeren Formulierung in § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG n.F. Dort findet sich die – in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG n.F. fehlende – Einschränkung „gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten“. Der Gesetzgeber hat dazu ausgeführt (BT-Drs. 19/12084 S. 32): „Es muss sich nicht um spezifische Informations- und Kennzeichnungspflichten im Online-Handel oder auf Webseiten handeln, sondern es ist ausreichend, dass die Verstöße in diesem Bereich auftreten.“ Als Beispiel nennt der Gesetzgeber Verstöße gegen die – nicht internetspezifische - Preisangabenverordnung. Bereits von daher lässt sich die vom Gesetzgeber für eine Bestimmung, die sogar eine ausdrückliche Einschränkung (Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet) enthält, abgelehnte weitere Einschränkung erst recht nicht auf eine Bestimmung übertragen, die eine solche Einschränkung nicht einmal ansatzweise enthält.

Eine teleologische Einschränkung verbietet sich auch deswegen, weil dem Gesetzgeber mögliche Einschränkungen vor Augen standen, er diese aber nicht übernommen hat. In § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG hat er eine (allerdings auch nur begrenzte) Einschränkung vorgenommen. Die GRUR hatte im Vorfeld Einschränkungen bei der Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes bei Verstößen gegen bestimmte Kennzeichnungs- und Informationspflichten vorgeschlagen (GRUR 2019, 59). Auch in der Sachverständigenanhörung am 23. Oktober 2019 vor dem Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages sind verschiedentlich in diese Richtung gehende Einschränkungen vorgeschlagen worden. Der Gesetzgeber hat jedoch in Kenntnis dieser Möglichkeiten eine Einschränkung gerade nicht vorgenommen. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass eine derartige Einschränkung gerade nicht gewollt war.

Die von der Antragstellerin angesprochenen Äußerungen des Abgeordneten Jung im Deutschen Bundestag (Plenarprotokoll 19/173) – auf die auch Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151 Rn. 36 verweisen - lassen eine Beschränkung des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG n.F. auf internetspezifische Kennzeichenpflichten nicht erkennen; eine Beschränkung der Vorschrift auf die Verletzung von Informations- und Kennzeichnungspflichten, auf die er Bezug nimmt, hat – anders als in § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG – im Gesetzestext keinen Niederschlag gefunden und sind daher unmaßgeblich (vgl. BGH GRUR 2019, 970 – Erfolgshonorar für Versicherungsberater – Rn. 64 ff., 66).

Ob die Auffassung zutrifft, wonach die Vorschrift des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG n.F. nur dann eingreift, wenn die beanstandete Werbung nur in Telemedien erscheint (so Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl.,§ 14 Rn. 21), bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls in den Fällen, in denen die angegriffenen Aussagen unterschiedlich sind und Gegenstand gesonderter Anträge sind, mithin unterschiedliche Streitgegenstände darstellen, bleibt es bei der Regel des § 260 ZPO, wonach mehrere Anträge bei demselben Gericht nur dann zusammen anhängig gemacht werden können, wenn dieses Gericht für sämtliche Ansprüche zuständig ist. Eine Zuständigkeit kann auch nicht auf einen Sachzusammenhang mit den übrigen Anträgen begründet werden. Die Vorschrift des § 260 ZPO lässt einen Sachzusammenhang hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit nicht ausreichen. Es fehlt auch an einem Bedürfnis dafür, da der allgemeine Gerichtsstand für sämtliche Anträge zur Verfügung steht; insoweit besteht auch kein Widerspruch dazu, dass zusammengehörige Beanstandungen möglichst in einem Verfahren geltend gemacht werden sollen.

Vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass die Gerichtsstände des § 14 Abs. 2 UWG n.F. entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht ausschließlich sind (so aber auch ohne nähere Begründung Feddersen, a.a.O., § 14 Rn. 7). Die Ausschließlichkeit der Gerichtsstände des § 14 UWG a.F. wurde aus den Worten „außerdem nur“ hergeleitet (Köhler/Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl., § 14 Rn. 1). Das Wort „nur“ fehlt bewusst in der Neufassung; der Gesetzgeber wollte damit ausdrücklich erreichen, dass die in Abs. 2 genannten Gerichtsstände nicht mehr ausschließlich und damit nunmehr einer Vereinbarung oder einer rügelosen Einlassung zugänglich sind (BT-Drs. 19/12084 S. 35); daran hat sich durch die von dem Regierungsentwurf abweichende Formulierung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages nichts geändert."

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LG Düsseldorf: Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG gegen den Wortlaut einschränkend auszulegen

LG Düsseldorf
Beschluss vom 15.01.2021
38 O 3/21


Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass die Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG einschränkend auszulegen ist und nur für Wettbewerbsverstöße gelten soll, die tatbestandlich ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder über Telemedien voraussetzen. Die Ansicht des LG Düsseldorf gegen den Wortlaut und ohne Rückhalt in der Gesetzesbegründung dürfte - unabhängig davon, was man von der Regelung halten mag - kaum vertretbar sein und wurde auch vom OLG Düsseldorf bereits ( siehe dazu Beschluss vom 16.02.2021 - I-20 W 11/21 ) korrigiert.

Aus den Entscheidungsgründen:

1. Für die Entscheidung über den Verfügungsantrag ist das angerufene Landgericht Düsseldorf gemäß §§ 937 Abs. 1, 943 Abs. 1 ZPO zuständig. Vor ihm könnte im ersten Rechtszug die Hauptsacheklage erhoben werden. Daran hat die am 2. Dezember 2020 – und damit vor Eingang des Verfügungsantrags – in Kraft getretene Änderung des UWG durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs vom 26. November 2020 nichts geändert.

a) Gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 UWG in der seit dem 2. Dezember 2020 geltenden Fassung ist für ein Hauptsacheverfahren das Landgericht Düsseldorf örtlich zuständig. Die nach Auffassung der Antragstellerin gegebenen und wettbewerbsrechtlich zu sanktionierenden Zuwiderhandlungen sind in seinem Bezirk begangen worden.

Unter dem Begehungsort ist nach dem zu § 32 ZPO entwickelten und für § 14 Abs. 2 S. 1 UWG a.F. gleichermaßen geltenden überkommenen deutschen zivilprozessualen Verständnis ebenso wie nach den für die Auslegung von Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ, Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO und Art. 5 Nr. 3 LugܠI bzw. LugܠII anzuwenden Maßstäben (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 16. Juni 2016 – C-12/15 – Universal Music International Holding/Schilling u.a. [Rn. 28]; BGH, Urteil vom 30. März 2006 – I ZR 24/03 – Arzneimittelwerbung im Internet [unter II 1]) sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort gemeint (vgl. auch §§ 9 Abs. 1 StGB; 7 Abs. 1 OWiG). Letzterer ist bei unlauteren Wettbewerbshandlungen überall dort belegen, wo sich die Handlung bestimmungsgemäß (zumindest auch) auswirken soll (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2019 – I ZR 222/17 – Club Hotel Robinson [unter B III 2 a]).

Das ist hier unter anderem jeder im Bezirk des Landgerichts Düsseldorf gelegene Ort. Die Antragsgegnerin spricht mit ihrem Angebot (auch) die dort ansässige (potentielle) Marktgegenseite an und für diese kann sämtliche angegriffenen Werbemaßnahmen dort wahrnehmen.

b) Der danach gegebene Gerichtsstand des Begehungsortes ist nicht nach § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG ausgeschlossen.

aa) Dieser Ausnahmetatbestand umfasst entgegen seinem (insoweit missverständlichen) Wortlaut nicht jegliches unlautere Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien, sondern ist seinem Sinn und Zweck nach beschränkt auf solche Zuwiderhandlungen, bei denen der geltend gemachte Rechtsverstoß tatbestandlich an ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien anknüpft.

Die durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs eingeführte Einschränkung des fliegenden Gerichtsstands der unerlaubten Handlung sollte durch die letztlich verabschiedete Entwurfsänderung (in der auf die zunächst geplante nahezu vollständige Abschaffung des fliegenden Gerichtsstands für Inlandsfälle [vgl. § 14 Abs. 2 des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, BT-Drs. 19/12084, S. 10] zugunsten der verabschiedeten Regelung verzichtet wurde) auf die in dem Zusammenhang mit missbräuchlichen Abmahnungen als besonders anfällig angesehenen Verstöße zurückgeführt werden (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutzs, BT-Drs. 19/22238 S. 18). Solche (abmahn)missbrauchsanfälligen Zuwiderhandlungen wurden im Gesetzgebungsverfahren in Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten auf Telemedien gesehen. Dieser Befund war gestützt auf die Erwägung, dass im Online-Handel Verstöße durch den Einsatz von Crawlern einfach und automatisiert festgestellt werden könnten und zahlreiche besondere Informationsverpflichtungen bestünden (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutzs, BT-Drs. 19/22238 S. 16; Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 19/12084, S. 32).

Auf diese, von dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs in den Blick genommene Fallgruppe beschränkt sich dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG entsprechend ihr Regelungsbereich. Eine andere Sichtweise wäre nicht nur unzweckmäßig und unpraktikabel, sondern liefe auf die mit der abschließenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs gerade nicht gewollte weitgehende Abschaffung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung hinaus. Dieser käme bei einem am Wortlaut haftenden Verständnis von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG bei sich unter Nutzung moderner Kommunikationstechniken verbreiteten geschäftlichen Handlungen praktisch nicht mehr zum Zuge und führte zu sachlich nicht gerechtfertigten Ergebnissen.

Beispielsweise müsste bei einem gerichtlichen Vorgehen gegen eine nach § 4 Nr. 1 UWG unlautere Verunglimpfung, das nach § 4 Nr. 3 UWG unlautere Angebot einer Nachahmung, eine nach § 7 UWG unzulässige unzumutbare Belästigung, eine nach § 4a UWG unlautere aggressive oder eine nach den §§ 5 bis 6 UWG unlautere irreführende geschäftliche Handlung jeweils danach unterschieden werden, ob die angegriffene geschäftliche Handlung – also konkret etwa die individuelle Ansprache eines Verbrauchers, die Veröffentlichung eines Verkaufsangebots oder einer Werbung – über Telemedien bzw. im elektronischen Geschäftsverkehr an einzelne Verbraucher oder die Öffentlichkeit herangetragen worden ist oder über klassische Medien bzw. im stationären Handel, auf Märkten und im nicht über Telemedien abgewickelten Versandhandel. Eine solche, nach dem anzuwendenden materiellen Recht nicht vorzunehmende Unterscheidung hätte zur Konsequenz, dass gegen einen Mitbewerber verunglimpfenden oder Kunden über Produkteigenschaften irreführenden Werbespot für Bergschuhe bundesweit vorgegangen werden könnte, wenn er als Kinowerbung verbreitet wird, während gegen denselben Spot eines in Hamburg ansässigen Unternehmers, der den Spot über das Internet mittels Geo-Targeting ausschließlich in Bayern ausspielen lässt um speziell dort ansässige Verbraucher zu erreichen, nur in Hamburg vorgegangen werden könnte. Ferner müsste ein in Bayern ansässiger Mitbewerber, der zunächst nur die Kinowerbung bemerkt hat und dagegen in München vorgegangen ist, ein weiteres Verfahren in Hamburg anstrengen, wenn er später im Internet auf eine in Einzelheiten abweichende Version des Werbespots stößt.

Solche Ergebnisse wären offensichtlich regelungszweckwidrig. Entsprochen wird dem Sinn und Zweck des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs hingegen, wenn der Ausschlusstatbestand des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG auf solche Fälle nicht angewandt wird, in denen ein Gesetzesverstoß auch dann vorläge, wenn der Verletzer nicht im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien gehandelt hätte, sondern der Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG auf solche Konstellationen beschränkt wird, in denen die Annahme des Verstoßes zwingend ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien erfordert, mit anderen Worten der Verstoß tatbestandlich an ein solches Handeln anknüpft und bei Nutzung eines anderen Kommunikationskanals nicht verwirklicht werden könnte.

Auf diese Weise verstanden ist die in § 14 Abs. 2 S. 2 und S. 3 Nr. 1 UWG getroffene Regelung praktikabel. Die bei dieser Lesart von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG erfassten Fälle lassen sich (jedenfalls zu einem Großteil) gut voneinander abgrenzen.

Außerdem (und vor allem) erfüllt die Vorschrift bei dieser Auslegung ihren Regelungszweck. Die tatbestandlich an ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien anknüpfenden und in diesem Bereich insbesondere kleineren Unternehme(r)n unterlaufenden Verstöße sind gerade jene, bei denen während des Gesetzgebungsverfahrens eine Missbrauchsanfälligkeit erkannt wurde.

bb) Die von der Antragstellerin angenommenen Zuwiderhandlungen sind, soweit sie in Telemedien stattgefunden haben, keine solchen, die tatbestandlich an ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien anknüpfen. Die Antragstellerin leitet die von ihr angenommenen Rechtsverstöße durch die betreffenden geschäftlichen Handlungen – also das Bereitstellen und Bereithalten der Internetseiten mit den von der Antragstellerin beanstandeten Angaben sowie des auf der Plattform YouTube eingestellten Videos für einen Abruf durch den Nutzer – aus einer Verletzung des Irreführungsverbots (§§ 5, 5a UWG) und damit von Vorschriften her, die tatbestandlich an den von der geschäftlichen Handlung hervorgerufenen Gesamteindruck und nicht an ihren Verbreitungsweg anknüpfen. Das zeigt eine Kontrollüberlegung anhand der (zu bejahenden) Frage, ob der von der Antragstellerin angenommene Rechtsverstoß auch dann vorläge, wenn die Antragsgegnerin ihre Werbemaßnahmen nicht im Internet, sondern in Anzeigen, Katalogen oder im Fernsehen veröffentlicht hätte.

2. Die funktionelle Zuständigkeit der angerufenen Kammer für Handelssachen ergibt sich aus § 95 Abs. 1 Nr. 5 GVG. Daran hat der ersatzlose Wegfall der (nur deklaratorischen) Regelung in § 13 Abs. 1 S. 2 UWG a.F. nichts geändert (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 19/12084, S. 36).


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BGH: Selektives Vertriebssystem bei dem Markeninhaber Belieferung von Drittunternehmen untersagt begründet nicht in jedem Fall die Gefahr einer Marktabschottung

BGH
Urteil vom 15.10.2020
I ZR 147/18
Querlieferungen
VO (EU) 2017/1001 Art. 15 Abs. 1; VO (EG) 207/2009 Art. 13 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass ein selektives Vertriebssystem, bei dem der Markeninhaber die Belieferung von Drittunternehmen untersagt, nicht in jedem Fall die Gefahr einer Marktabschottung begründet.

Leitsätze des BGH:

a) Grundsätzlich hat derjenige, der wegen der Verletzung einer Unionsmarke in Anspruch genommen wird, darzulegen und zu beweisen, dass die von ihm vertriebene Ware vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden ist. Kann der in Anspruch Genommene darlegen und beweisen, dass die Gefahr einer Abschottung der nationalen Märkte droht, wenn er seine Bezugsquelle offenlegen müsste, trifft den Markeninhaber die Beweislast dafür, dass die Ware nicht mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden ist.

b) Ein selektives Vertriebssystem, bei dem der Markeninhaber seinen Vertriebspartnern eine Belieferung von Außenseitern nicht gestattet, begründet nicht in jedem Fall die Gefahr einer Marktabschottung. Die Gefahr einer Abschottung der nationalen Märkte kann ausgeschlossen sein, wenn Querlieferungen zwischen Vertriebspartnern in unterschiedlichen Mitgliedstaaten gestattet sind.

c) Schränken die Vertragsbedingungen des Markeninhabers solche Querlieferungen ein und bestehen zudem Preisunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten, kann eine tatsächliche Vermutung für die Gefahr einer Marktabschottung sprechen. In einem solchen Fall obliegt es dem Markeninhaber, diese Vermutung zu widerlegen sowie darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die Preisunterschiede auf andere Ursachen zurückzuführen sind.

BGH, Urteil vom 15. Oktober 2020 - I ZR 147/18 - OLG München - LG München I

OLG Nürnberg: Kennzeichnung eines Sonderangebots in einem Werbeprospekt mit BWuOsWeSB weist nicht ausreichend auf lokale Beschränkung des Angebots hin

OLG Nürnberg
Beschluss vom 23.07.2014
3 U 1155/14


Das OLG Nürnberg hat im Rahmen eines Hinweisbeschlusses zu Recht die Ansicht vertreten, dass die Kennzeichnung eines Sonderangebots in einem Werbeprospekt mit "BWuOsWeSB" nicht geeignet ist, den Verbraucher darauf hinzuweisen, dass das beworbene Produkt nur lokal beschränkt zum Sonderpreis verfügbar ist. Die Werbung ist somit irreführend und wettbewerbswidrig. Die Wettbewerbszentrale hatte den Discounter Netto auf Unterlassung verklagt.

BGH: Zur Beschränkung des Anspruchs des Bankkunden auf Rückgewähr einer Sicherungsgrundschuld - Unzulässige Klauseln in Banken-AGB


BGH
Urteil vom 18.07.2014
V ZR 178/13
BGB § 307, § 1191

Leitsatz des BGH:


Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Sicherungsnehmers enthaltene Klausel, die den auf Rückgewähr der Grundschuld gerichteten Anspruch des Sicherungsgebers auf die Löschung des Grundpfandrechts beschränkt, hält der richterlichen Inhaltskontrolle jedenfalls dann nicht stand, wenn sie auch Fallgestaltungen erfasst, in denen der Sicherungsgeber im Zeitpunkt der Rückgewähr nicht mehr Grundstückseigentümer ist (Fortführung des Urteils des BGH vom 9. Februar 1989 – IX ZR 145/87, BGHZ 106, 375 ff.).

BGH, Urteil vom 18. Juli 2014 - V ZR 178/13 - KG Berlin - LG Berlin

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