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BGH: Muster-Widerrufsformular muss in Printwerbung nicht abgedruckt werden wenn diese mehr als ein Fünftel des Platzes einnimmt

BGH
Urteil vom 11.04.2019
I ZR 54/16
Werbeprospekt mit Bestellpostkarte II
UWG § 3a; EGBGB Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 4 Abs. 1; Richtlinie 2011/83/EU Art. 6 Abs. 1 Buchst. h, Art. 8 Abs. 4


Der BGH hat nach Beantwortung der Vorlagefragen durch den EuGH (siehe dazu EuGH: Bei begrenztem Raum für Widerrufsbelehrung, Muster‑Widerrufsformular und Pflichtinformationen auf Bestellkarte bzw Werbeträger kann deutlicher Link genügen) entschieden, dass bei Printwerbung das Musterwiderrufsformular nicht abgedruckt werden muss, wenn dieses mehr als ein Fünftel des Raumes einnimmt.

Leitsätze des BGH:

a) Bei einem Kauf auf Probe, bei dem die Absendung des Bestellscheins durch den Kunden ohne weiteres Handeln des Kunden ein Fernabsatzgeschäft auslöst, muss der Unternehmer die Informationspflichten gemäß Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB vor Absendung des Bestellscheins erfüllen.

b) Die nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB und Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2011/83/EU erforderlichen Informationen sind grundsätzlich unmittelbar in dem für den Fernabsatz benutzten Fernkommunikationsmittel selbst zu erteilen.

c) Für die Frage, ob alle in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU genannten Informationen objektiv in einem Werbemittel dargestellt werden können, ist erheblich, welchen Anteil diese Informationen am verfügbaren Raum des vom Unternehmer ausgewählten Werbeträgers einnehmen würden; die Werbebotschaft muss gegenüber den Verbraucherinformationen nicht zurücktreten. Das ist regelmäßig nicht der Fall, wenn für die verpflichtenden Verbraucherinformationen bei Verwendung einer für den durchschnittlichen Adressaten der Werbung angemessenen Schrifttype nicht mehr als ein Fünftel des für eine konkrete Printwerbung verfügbaren Raums benötigt wird.

d) Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB umfasst auch die Verpflichtung des Unternehmers, dem für
seine Werbung genutzten Fernkommunikationsmittel - etwa einem Werbeprospekt - das Muster-Widerrufsformular beizufügen.

e) Wird für die verpflichtenden Verbraucherinformationen nebst Muster-Widerrufsformular mehr als ein Fünftel des für die konkrete Printwerbung verfügbaren Raums benötigt, muss das Muster-Widerrufsformular nicht in der Werbung abgedruckt und kann sein Inhalt auf andere Weise in klarer und verständlicher Sprache mitgeteilt werden; sodann ist zu prüfen, ob die übrigen Pflichtangaben nicht mehr als ein Fünftel des Raums der Printwerbung in Anspruch nehmen.

BGH, Urteil vom 11. April 2019 - I ZR 54/16 - OLG Düsseldorf - LG Wuppertal

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



EuGH: Bei begrenztem Raum für Widerrufsbelehrung, Muster‑Widerrufsformular und Pflichtinformationen auf Bestellkarte bzw Werbeträger kann deutlicher Link genügen

EuGH
Urteil vom 23.01.2019
C-430/17
Walbusch Walter Busch GmbH & Co. KG gegen Zentrale zur Bekämpfung unlauteren WettbewerbsFrankfurt am Main e. V.


Der EuGH hat entschieden, dass bei begrenztem Raum für Widerrufsbelehrung, Muster‑Widerrufsformular und Pflichtinformationen auf einer Bestellkarte bzw. einem anderen räumlich begrenzten Werbeträger kann eine ausreichende Belehrung auch auf andere deutliche Weise (z.B. per Link) erfolgen kann.

Tenor der Entscheidung:

Die Frage, ob in einem konkreten Fall auf dem Kommunikationsmittel für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ist unter Berücksichtigung sämtlicher technischer Eigenschaften der Werbebotschaft des Unternehmers zu beurteilen. Hierbei hat das nationale Gericht zu prüfen, ob – unter Berücksichtigung des Raumes und der Zeit, die von der Botschaft eingenommen werden, und der Mindestgröße des Schrifttyps, der für einen durchschnittlichen Verbraucher, an den diese Botschaft gerichtet ist, angemessen ist, – alle in Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie genannten Informationen objektiv in dieser Botschaft dargestellt werden könnten.

Art. 6 Abs. 1 Buchst. h und Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 2011/83 sind dahin auszulegen, dass – falls der Vertrag mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen wird, auf dem für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht, und wenn ein Widerrufsrecht besteht – der Unternehmer über das jeweilige Fernkommunikationsmittel vor dem Abschluss des Vertrags die Information über die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts erteilen muss. In einem solchen Fall muss der Unternehmer dem Verbraucher das Muster‑Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B dieser Richtlinie auf andere Weise in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung stellen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH legt EuGH Fragen zur Notwendigkeit der Widerrufsbelehrung und des Muster-Widerrufsformulars auf Bestellkarte bzw Werbeprospekt vor

BGH
Beschluss vom 14.06.2017
I ZR 54/16
Werbeprospekt mit Bestellpostkarte
Richtlinie 2011/83/EU Art. 6 Abs. 1 Buchst. h, Art. 8 Abs. 4


Der BGH hat dem EuGH diverse Fragen zur Notwendigkeit der Widerrufsbelehrung und des Muster-Widerrufsformulars auf einer Bestellkarte bzw in einem Werbeprospekt vorgelegt.

Leitsatz des BGH:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. h und Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011 Nr. L 304, S. 64) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Kommt es bei der Anwendung von Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 2011/83/EU für die Frage, ob bei einem Fernkommunikationsmittel (hier: Werbeprospekt mit Bestellpostkarte) für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum oder begrenzte Zeit zur Verfügung steht, darauf an,
a) ob das Fernkommunikationsmittel (abstrakt) seiner Art nach nur begrenzten Raum oder begrenzte Zeit zur Verfügung stellt,
oder darauf,
b) ob es (konkret) in seiner vom Unternehmer gewählten Gestaltung nur begrenzten Raum oder begrenzte Zeit bietet?

2. Ist es mit Art. 8 Abs. 4 und Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2011/83/EU vereinbar, die Information über das Widerrufsrecht im Fall begrenzter Darstellungsmöglichkeit im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 2011/83/EU auf die Information über das Bestehen eines Widerrufsrechts zu beschränken?

3. Ist es nach Art. 8 Abs. 4 und Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2011/83/EU vor einem Vertragsabschluss im Fernabsatz auch im Fall begrenzter Darstellungsmöglichkeit stets zwingend geboten, dem Fernkommunikationsmittel das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B der Richtlinie 2011/83/EU beizufügen?

BGH, Beschluss vom 14. Juni 2017 - I ZR 54/16 - OLG Düsseldorf- LG Wuppertal

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: