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BGH: § 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO ist eine Marktverhaltensregelung - Abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß durch Vereinbarung eines Erfolgshonorars

BGH
Urteil vom 06.06.2019
I ZR 67/18
Erfolgshonorar für Versicherungsberater
BGB § 399; ZPO § 265; UWG § 3a; BRAO § 49b Abs. 2 Satz 1; RDGEG § 1, § 2, § 4; GewO § 34d Abs. 2


Der BGH hat entschieden, dass § 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO eine Marktverhaltensregelung ist und ein Verstoß gegen diese Vorschrift durch Vereinbarung eines Erfolgshonorars ein abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß ist.

Leitsätze des BGH:

a) Ausnahmsweise kann ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch von einem Unternehmen auf ein anderes im Wege der Einzelrechtsübertragung oder der Ausgliederung im Sinne von § 123 Abs. 3 UmwG übertragen werden, wenn das aufnehmende Unternehmen im Wettbewerb die Stellung des übertragenden Rechtsträgers in vollem Umfang übernommen hat. Erfolgt dies während eines vom übertragenden Rechtsträger begonnenen Aktivprozesses, tritt der übertragende Rechtsträger in gesetzlicher Prozessstandschaft für den aufnehmenden Rechtsträger auf. Er muss den Antrag auf Leistung an den übernehmenden oder neuen Rechtsträger umstellen.

b) Bei dem Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars nach § 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung.

c) Das Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars (§ 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO) aus § 4 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 RDGEG gilt für Versicherungsberater unabhängig davon, ob sie bereits Inhaber einer Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 RBerG waren oder erstmals eine Erlaubnis nach § 34e Abs. 1 GewO aF (§ 34d Abs. 2 GewO nF) erhalten haben.

d) Ein Versicherungsberater darf wegen des Verbots der Vereinbarung eines Erfolgshonorars keinen Versicherungsmaklervertrag im Zusammenhang mit einem Tarifwechsel in der privaten Krankenversicherung abschließen, weil ein Versicherungsmaklervertrag den Vergütungsanspruch an den Erfolg der Vermittlungsmaklerleistung anknüpft (Fortführung von BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 77/17, VersR 2018, 1383).

BGH, Urteil vom 6. Juni 2019 - I ZR 67/18 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: Schockwerbung durch Rechtsanwälte unzulässig - Verstoß gegen berufsrechtliches Gebot sachlicher und berufsbezogener Unterrichtung

BGH
Urteil vom 27.10.2014
AnwZ (Brfg) 67/13
Schockwerbung


Der BGH hat entschieden, dass Schockwerbung durch Rechtsanwälte unzulässig ist. Insofern liegt ein Verstoß gegen das berufsrechtliche Gebot sachlicher und berufsbezogener Unterrichtung vor.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Zugrunde liegt, dass der Kläger zu Werbezwecken Kaffeetassen verbreiten will, die er mit verschiedenen Aufdrucken von Bildern, diesen beigestellten Textzeilen sowie den Kontaktdaten seiner Kanzlei versehen möchte.

In Streit stehen noch drei solcher Aufdrucke. Der erste Aufdruck enthält eine mit diagonal verlaufenden roten Linien durchgestrichene fotografische Abbildung. Sie zeigt eine Frau, die ein auf ihren Knien liegendes, ersichtlich schreiendes Mädchen mit einem Gegenstand auf das nackte Gesäß schlägt. Neben dem Bild ist aufgedruckt: "Körperliche Züchtigung ist verboten (§ 1631 Abs. 2 BGB)". Der zweite - zeichnerische - Abbildungsabdruck stellt einen eine Pfeife rauchenden Mann dar, der einer auf seinen Knien liegenden erwachsenen Frau mit einem Gegenstand auf das entblößte Gesäß schlägt. Daneben
findet sich der Text: "Wurden Sie Opfer einer Straftat?". Der dritte Aufdruck setzt sich zusammen aus einer fotografischen Abbildung einer jungen Frau, die sich erkennbar aus Verzweiflung den Mündungslauf einer Schusswaffe unter das Kinn hält, und der daneben angebrachten Textzeile "Nicht verzagen, R. fragen".

[...]

Der Senat teilt die in den angefochtenen Bescheiden vertretene Meinung der Beklagten, dass die durch den Kläger beabsichtigte Werbung mit dem berufsrechtlichen Gebot sachlicher und berufsbezogener Unterrichtung (§ 43b BRAO, § 6 Abs. 1 BORA) nicht vereinbar ist.

aa) Das in § 43b BRAO, § 6 Abs. 1 BORA ausgeformte berufsrechtliche Sachlichkeitsgebot anwaltlicher Werbung ist trotz der damit verbundenen Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), unter Umständen auch der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG), verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. etwa BVerfGE 57, 121, 133; 76, 196, 205 ff.; 82, 18, 28; BVerfG, NJW 2004, 2656, 2657). Es ist in ähnlicher Form im Gemeinschaftsrecht angesprochen, indem dort den Mitgliedstaaten aufgegeben wird, "die Unabhängigkeit, die Würde und die Integrität des Berufsstandes" im Rahmen kommerzieller Kommunikation zu gewährleisten (vgl. Art. 24 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt, ABl. Nr. L 376 S. 36 und hierzu EuGH, EuZW 2011, 681 Rn. 24, 30 sowie BGH, Urteil vom 13. November 2013 - I ZR 15/12, NJW 2014, 554 Rn. 18, 20 f.).

Dass die Rechtsanwaltschaft unter der Geltung des Sachlichkeitsgebots nicht sämtliche Werbemethoden verwenden darf, die im Bereich der werbenden allgemeinen Wirtschaft (noch) hinzunehmen wären (vgl. zu sog. "Schockwerbung" BVerfGE
102, 347; 107, 275), entspricht dem Willen des Gesetzgebers (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte, BT-Drucks. 12/4993 S. 28; Beschlussempfehlung und Bericht, BT-Drucks. 12/7656 S. 48) und ist im berufsrechtlichen Schrifttum weithin anerkannt."



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Rechtsanwalt darf potentielle Mandanten in Kenntnis eines konkreten Beratungsbedarfs zu Werbezweclen per Brief anschreiben - Kommanditistenbrief

BGH
Urteil vom 13.11.2013
I ZR 15/12
Kommanditistenbrief
UWG § 4 Nr. 11; BRAO § 43b; Richtlinie 2006/123/EG Art. 24

Leitsatz des BGH:


Ein Rechtsanwalt verstößt nicht zwingend gegen das Verbot der Werbung um Praxis (§ 43b BRAO), wenn er einen potentiellen Mandanten in Kenntnis eines
konkreten Beratungsbedarfs (hier: Inanspruchnahme als Kommanditist einer Fondsgesellschaft auf Rückzahlung von Ausschüttungen) persönlich anschreibt und seine Dienste anbietet. Ein Verstoß liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn der Adressat einerseits durch das Schreiben weder belästigt, genötigt oder überrumpelt wird und er sich andererseits in einer Lage befindet, in der er auf Rechtsrat angewiesen ist und ihm eine an seinem Bedarf ausgerichtete sachliche Werbung hilfreich sein kann (Fortführung von BGH, Urteil vom 1. März 2001 - I ZR 300/98, BGHZ 147, 71, 80 - Anwaltswerbung II; BGH, Urteil vom
15. März 2001 - I ZR 337/98, WRP 2002, 71, 74 - Anwaltsrundschreiben).

BGH, Urteil vom 13. November 2013 - I ZR 15/12 - OLG München - LG München I

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BGH: Hinweis "Auch zugelassen beim OLG Frankfurt" im Briefkopf nicht wettbewerbswidrig, wenn die OLG-Zulassung vor dem 01.07.2007 erteilt wurde

BGH
Urteil vom 20.02.2013
I ZR 146/12
auch zugelassen am OLG Frankfurt
UWG § 5 Abs. 1

Leitsatz des BGH:


Solange der Umstand, dass es für die Postulationsfähigkeit vor den Oberlandesgerichten keiner gesonderten Zulassung bedarf, für die angesprochenen Verkehrskreise keine Selbstverständlichkeit darstellt, verstößt ein Rechtsanwalt, dem vor dem 1. Juni 2007 eine solche Zulassung erteilt worden ist und der hierauf in einem Zusatz zur Namensleiste seines Briefkopfs hinweist, nicht gegen das Irreführungsverbot nach § 5 Abs. 1 UWG.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Rechtsanwalt ist nicht nach § 5a Abs. 2 UWG und § 10 Abs. 1 BORA verpflicht, kenntlich zu machen, an welchen Standorten sich der Hauptsitz und die Zweigstellen befinden

BGH
Urteil vom 16.05.2012
I ZR 74/11
Zweigstellenbriefbogen
UWG § 5a Abs. 2; BORA § 10 Abs. 1

Leitsätze des BGH:



a) Die Bestimmung des § 5a Abs. 2 UWG begründet keine generelle Informationspflicht, sondern verpflichtet grundsätzlich allein zur Offenlegung solcher In-formationen, die für die geschäftliche Entscheidung erhebliches Gewicht haben und deren Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann.

b) Ein Rechtsanwalt ist weder nach § 10 Abs. 1 BORA noch nach § 5a Abs. 2 UWG verpflichtet, auf den für seine anwaltliche Tätigkeit verwendeten Briefbö-gen sämtliche Standorte seiner Niederlassungen zu nennen oder durch Verwendung der Begriffe „Kanzlei“ und „Zweigstelle“ kenntlich zu machen, wo er seine Kanzlei im Sinne von § 27 Abs. 1 BRAO und wo er Zweigstellen unterhält.

c) Ein Rechtsanwalt ist nach § 10 Abs. 1 BORA nicht verpflichtet, auf den für seine anwaltliche Tätigkeit in einer Zweigstelle verwendeten Briefbögen den Standort der Kanzlei im Sinne von § 27 Abs. 1 BRAO anzugeben. Er hat nach dieser Bestimmung auf solchen Briefbögen nur die Anschrift der Zweigstelle und nicht auch die Anschrift der (Haupt-)Kanzlei anzugeben.

BGH, Urteil vom 16. Mai 2012 - I ZR 74/11 - OLG Jena - LG Erfurt


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BGH: Werbung eines Rechtsanwalts als "zertifizierter Testamentsvollstrecker" bei entsprechenden Kenntnissen und praktischer Erfahrungen zulässig - Volltext liegt vor

BGH
Urteil vom 09.06.2011
I ZR 113/10
UWG § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, §§ 3, 4 Nr. 11; BRAO § 43b; BORA § 6

Leitsatz des BGH:

Der Verkehr erwartet von einem Rechtsanwalt, der sich als "zertifizierter Testamentsvollstrecker" bezeichnet, dass er nicht nur über besondere Kenntnisse, sondern auch über praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung verfügt.
BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - I ZR 113/10 - OLG Nürnberg - LG Regensburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: