Skip to content

OLG Stuttgart: Wettbewerbswidriger Verstoß gegen § 7 Abs. 1 HWG durch Werbung mit kostenloser Brille für "Co­ro­na-Hel­den"

OLG Stuttgart
Urteil vom 06.08.2020
2 W 23/20


Das OLG Stuttgart hat entschieden, dass ein wettbewerbswidriger Verstoß gegen § 7 Abs. 1 HWG durch Werbung mit kostenloser Brille für "Co­ro­na-Hel­den" vorliegt.

Aus den Entscheidungsgründen:

I. Für den Erlass einer einstweiligen Verfügung besteht der erforderliche Verfügungsgrund. Die Eilbedürftigkeit wird gemäß § 12 Absatz 2 UWG vermutet. Anhaltspunkte für eine Selbstwiderlegung (hierzu OLG Stuttgart vom 05. Juli 2018 – 2 U 167/17, juris Rn. 16 – Grabmale) bestehen nicht, da der Antragsteller den Antrag innerhalb von einem Monat (am 06.05.2020) nach Kenntnisnahme der Werbung (am 09.04.2020) gestellt hat.

II. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Unterlassung der Werbung aus § 8 Absatz 3 Nr. 2 i.V.m. § 8 Absatz 1, §§ 3, 3a UWG und § 7 Absatz 1 Satz 1 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) glaubhaft gemacht.

1. Gemäß § 8 Absatz 1 Satz 1 UWG kann derjenige, der eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Diesen Anspruch haben rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, wenn sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt (§ 8 Absatz 3 Nr. 2 UWG). Dies ist der Fall. Der Antragsteller hat eine Liste von 356 Mitgliedern vorgelegt, die im Bereich Augenoptik tätig sind und deren Interessen von der fraglichen Werbung berührt sind. Was die tatsächliche Zweckverfolgung und die hierfür erforderliche personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung angeht, so ist bei einem jahrelang als klagebefugt anerkannten Verband wie dem Antragsteller zu vermuten, dass diese Voraussetzungen weiterhin vorliegen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 27. November 2008 – 2 W 61/08, juris Rn. 26).

2. Wie bei jeder Werbung, handelt es sich bei der auf der Homepage der Antragsgegnerin präsentierten Anzeige um eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 3 Absatz 1 i.V.m. § 2 Absatz 1 Nr. 1 UWG.

3. Diese geschäftliche Handlung ist auch unlauter (§ 3 Absatz 1 UWG). Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen (§ 3a UWG).

a) Die kostenlose Abgabe von Brillen verstößt gegen § 7 Absatz 1 Satz 1 HWG. Demnach ist es unzulässig, „Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen)“ anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren, soweit die Werbemittel nicht unter die dort genannten Ausnahmetatbestände fallen. Es handelt sich um eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 3a UWG. Die Vorschrift ist dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (BGH, Urteil vom 06. Juli 2006 – I ZR 145/03, juris Rn. 25). Allgemein zählen Vorschriften, die die Zulässigkeit der Werbung aus Gründen des Gesundheitsschutzes regeln, zu den Marktverhaltensregeln, die auch im Bereich der Vollrechtsharmonisierung nach nationalem Recht durchsetzbar bleiben (OLG Stuttgart vom 22. Februar 2018 – 2 U 39/17, juris Rn. 32 – Unsere 6 gegen Erkältung).

b) Bei der Abgabe von Brillen entsprechend dem streitgegenständlichen Angebot handelt es sich um eine Werbegabe im Sinne von § 7 Absatz 1 HWG.

aa) Das insoweit bestehende grundsätzliche Verbot von Werbegaben gilt gemäß § 1 Absatz 1 Nr. 1a HWG auch für die Werbung für Medizinprodukte im Sinne von § 3 MPG. Eine der Kompensierung einer Sehschwäche dienende Brille stellt ein Medizinprodukt im Sinne von § 3 Nr. 1 lit. b MPG dar (BGH, Urteil vom 06. November 2014 – I ZR 26/13, juris Rn. 12 – Kostenlose Zweitbrille).

bb) Die streitgegenständliche Anzeige unterliegt auch mit dem erforderlichen Produktbezug dem Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes.

(1) Einbezogen in den Geltungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes ist nur die produktbezogene Werbung (Produkt- und Absatzwerbung) und nicht die allgemeine Firmenwerbung (Unternehmens- und Imagewerbung), durch die ohne Bezugnahme auf bestimmte Arzneimittel oder Medizinprodukte für Ansehen und Leistungsfähigkeit des Unternehmens allgemein geworben wird. Die gewährten Werbegaben müssen sich aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs als Werbung für konkrete Heilmittel darstellen (BGH, Urteil vom 26. März 2009 – I ZR 99/07, juris Rn. 15 – DeguSmiles & more).

Die Beantwortung der für die Anwendbarkeit des Heilmittelwerbegesetzes entscheidenden Frage, ob die zu beurteilende Werbung Absatz- oder Firmenwerbung ist, hängt maßgeblich davon ab, ob nach dem Gesamterscheinungsbild der Werbung die Darstellung des Unternehmens oder aber die Anpreisung bestimmter oder zumindest individualisierbarer Produkte im Vordergrund steht (BGH, Urteil vom 24. November 2016 - I ZR 163/15, juris Rn. 30 – Freunde werben Freunde; BGH, Urteil vom 31. Oktober 2002 – I ZR 60/00, juris Rn. 45 – Klinik mit Belegärzten). Auch eine Werbung für das gesamte Warensortiment kann produktbezogen sein, denn es gibt keinen überzeugenden Grund, den vom Gesetzgeber in der Heilmittelwerbung als grundsätzlich unerwünscht angesehenen Anreiz einer Wertreklame gerade dann hinzunehmen, wenn diese Form der Reklame für eine besonders große Zahl von Heilmitteln eingesetzt wird. Die Eignung einer Zuwendung, den Absatz eines Heilmittels durch einen unsachlichen Einfluss auf den Kunden zu steigern, hängt nicht davon ab, ob die Zuwendung allein für genau benannte Arzneimittel, eine nicht näher eingegrenzte Vielzahl von Arzneimitteln oder sogar für das gesamte Sortiment angekündigt und gewährt wird (BGH, Urteil vom 29. November 2018 – I ZR 237/16, Rn. 25 – Versandapotheke).

(2) Nach diesen Maßstäben liegt eine Produktwerbung vor, denn in der Werbeanzeige wirbt die Antragsgegnerin für ihr Produktsortiment mit bestimmten Kollektionen (S., B., J., G., O., L., C., ST.) und Gläsern einer bestimmten Marke (P.). Eine allgemeine Firmenwerbung liegt darin nicht.

(3) Eine allgemeine Firmenwerbung kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt angenommen werden, dass eine Dankesaktion für „Corona-Helden“ dargestellt wird.

Die Regelungen des Heilmittelwerbegesetzes zur Arzneimittelwerbung sind im Hinblick auf die Regelungen der Richtlinie 2001/83/EG unionsrechtskonform auszulegen. Mit dieser Richtlinie ist die Arzneimittelwerbung vollständig harmonisiert worden (BGH, Urteil vom 29. November 2018 – I ZR 237/16, juris Rn. 22 – Versandapotheke). Dies gilt nicht nur bei Wertreklame für Arzneimittel, sondern auch für sonstige Heilmittel im Sinne von § 1 HWG, da die Richtlinie aufgrund der identischen Auslegung des Werbebegriffs die Maßstäbe vorgibt (Mand in: Göring, Heilmittelwerberecht, 2015, § 7 HWG Rn. 80). Nach der Bestimmung des Artikels 86 Absatz 1 der Richtlinie 2001/83/EG gelten als „Werbung für Arzneimittel“ alle Maßnahmen zur Information, zur Marktuntersuchung und zur Schaffung von Anreizen mit dem Ziel, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern. Sofern die Botschaft diese Ziele verfolgt, ist sie als Werbung anzusehen. Die Frage, ob die Verbreitung von Informationen ein Werbeziel beinhaltet, ist durch eine konkrete Prüfung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (EuGH, Urteil vom 05. Mai 2011 – C-316/09, Rn. 32/33).

Nach diesen Maßstäben liegt eine produktbezogene Werbung vor, da die Botschaft auch die Leistungen der Antragsgegnerin transportiert und mit bestimmten Marken für Brillengestelle und Gläser auch konkret bezeichnet.

cc) Bei der kostenlosen Abgabe einer Brille handelt es sich um eine Werbegabe im Sinne von § 7 Absatz 1 Satz 1 HWG.

Dieser Begriff ist mit Blick auf den Zweck der Regelung, durch eine weitgehende Eindämmung von Werbegeschenken im Heilmittelbereich der abstrakten Gefahr einer hiervon ausgehenden unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, weit auszulegen (BGH, Beschluss vom 20. Februar 2020 – I ZR 214/18, juris Rn. 24 – Gewinnspielwerbung). Er erfasst grundsätzlich jede aus der Sicht des Empfängers nicht berechnete geldwerte Vergünstigung, die im Zusammenhang mit der Werbung für ein bestimmtes oder mehrere konkrete Heilmittel gewährt wird (BGH, Urteil vom 06. November 2014 – I ZR 26/13, juris Rn. 14 – Kostenlose Zweitbrille; BGH, Urteil vom 17. August 2011 – I ZR 13/10, juris Rn. 15 – Arzneimitteldatenbank). Eine Werbegabe setzt demnach voraus, dass die Zuwendung aus der Sicht des Empfängers unentgeltlich gewährt wird; er muss diese als ein Geschenk ansehen (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2012 – I ZR 105/10, juris Rn. 24 – Das große Rätselheft; BGH, Urteil vom 17. August 2011 – I ZR 13/10, juris Rn. 15 – Arzneimitteldatenbank). So liegt der Fall insbesondere bei der kostenlosen Abgabe von Waren (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 22. Februar 2018 – 2 U 39/17, juris Rn. 33 – Unsere 6 gegen Erkältung).

dd) Die kostenlose Abgabe der Brillen erfüllt auch die weitere Anforderung an eine Werbegabe im Sinne von § 7 HWG, dass von ihr eine abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Werbeadressaten ausgeht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 12. Dezember 2013 - I ZR 83/12, juris Rn. 14 – Testen Sie Ihr Fachwissen).

(1) Das Landgericht hat diese Voraussetzung verneint und hierzu ausgeführt, die unentgeltliche Leistung motiviere nicht zum entgeltlichen Erwerb eines oder mehrerer konkreter Heilmittel. Ein solcher Zusammenhang zwischen Zuwendung und Absatz werde insbesondere durch eine Kopplung der Zuwendung an den Bezug einer Ware begründet, was hier jedoch nicht der Fall sei. Einzige Voraussetzung sei die Zugehörigkeit zu dem in der Werbung angesprochenen Kreis der „Corona-Helden“.

(2) Diese Begründung der angefochtenen Entscheidung überzeugt nicht. Eine unmittelbare Kopplung zwischen dem Erhalt der Werbegabe und einer Kaufentscheidung wird für das Bestehen der Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung nicht vorausgesetzt (BGH, Urteil vom 25. April 2012 – I ZR 105/10, juris Rn. 30 – Das große Rätselheft).

Die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung ist im Sinne einer individuellen Beeinflussbarkeit der Zuwendungsempfänger zu bewerten. Bei den Angehörigen der Gesundheitsberufe soll verhindert werden, ein wirtschaftliches Interesse an der Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln zu wecken (BGH, Urteil vom 25. April 2012 - I ZR 105/10, juris Rn. 29/30 – Das große Rätselheft). Im vorliegenden Fall wendet sich die Werbung zwar an Ärzte und Pfleger, die allerdings nicht mit der Verschreibung von Sehhilfen befasst sein müssen. Die Werbung richtet sich vielmehr an diese Publikumsgruppe, um den Absatz von Sehhilfen für den persönlichen Bedarf zu fördern. Mithin sind die Grundsätze der Publikumswerbung anzuwenden. Hier ist die abstrakte Gefahr einer unsachgemäßen Beeinflussung anzunehmen, wenn es nach den Umständen nicht fernliegt, dass sich ein Verbraucher, der eine Brille für die Korrektur einer Sehschwäche benötigt, für eine solche vom Werbenden entscheidet, ohne zuvor eine von ihm andernfalls vorgenommene Prüfung durchzuführen, ob das Angebot eines anderen Unternehmens seinen persönlichen Bedürfnissen besser entspricht (BGH, Urteil vom 06. November 2014 – I ZR 26/13, juris Rn. 24 – Kostenlose Zweitbrille). Die abstrakte Gefahr einer unsachgemäßen Beeinflussung besteht mithin nicht – wovon das Landgericht aber ausgeht – darin, dass der von der Werbung angesprochene Adressat eine Entscheidung über eine von ihm zu bezahlende Leistung trifft, die er sonst nicht in Anspruch genommen hätte, sondern darin, dass er sich für die Leistung (Brillengestell und Glas) entscheidet, ohne die Produkte der Mitbewerber in seine Entscheidung einzubeziehen.

Im Übrigen hat der Antragsteller zurecht darauf hingewiesen, dass die angesprochenen Verkehrskreise anlässlich der Abholung des Geschenks aufgrund der wirtschaftlichen Freiheit, die aus der Unentgeltlichkeit resultiere, oder aus Dankbarkeit weitere Brillen wie beispielsweise eine Sonnenbrille, bei der Antragsgegnerin erwerben könnten. Nach psychologischen Erkenntnissen entsprechend der sozialen Reziprozitätsregel ist bei einer kostenlosen Leistung oft zu erwarten, dass sich der Empfänger in irgendeiner Weise erkenntlich zeigen wird (OLG Stuttgart, Urteil vom 22. Februar 2018 – 2 U 39/17, juris Rn. 50 – Unsere 6 gegen Erkältung). Unter diesem Gesichtspunkt ist es denkbar, dass sich die Beschenkten durch den (sofortigen oder späteren) kostenpflichtigen Erwerb anderer Produkte der Antragsgegnerin erkenntlich zeigen.

ee) Es liegt auch keiner der in § 7 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 HWG genannten Ausnahmetatbestände vor. Insbesondere beruft sich die Antragsgegnerin zu Unrecht auf § 7 Absatz 1 Nr. 2 lit. a HWG. Demnach liegt kein Fall der unzulässigen Werbegabe vor, wenn die Werbegabe in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag besteht. Die Gewährung einer unentgeltlichen Brille kann in diesem Sinne nicht als hundertprozentiger Geldrabatt angesehen werden. Diese Ausnahmeregelung ist – was aus dem Gesetzeszweck folgt – bei einem reinen Werbegeschenk nicht anzuwenden, weil andernfalls der Anwendungsbereich von § 7 Absatz 1 Satz 1 HWG ausgehöhlt werden würde (OLG Hamburg, Urteil vom 27. Juni 2013 – 3 U 26/12, juris Rn. 39). Der Gesetzgeber hatte mit der begrenzten Privilegierung die Geldrabatte im Auge, die sich im Handelsverkehr als üblich etabliert haben (Doepner/Reese, Heilmittelwerbegesetz, 3. Aufl. 2018, Rn. 126).

Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht auf den Ausnahmetatbestand eines Naturalrabatts im Sinne von § 7 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 lit. b HWG berufen. Demnach liegt kein Fall der unzulässigen Werbegabe vor, wenn die Werbegabe in einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnende Menge gleicher Ware gewährt wird. Die Gewährung eines solchen Naturalrabatts ist nur bei einem Erwerbsgeschäft möglich (Doepner/Reese, a.a.O, Rn. 136).

c) Der Verstoß ist auch im Sinne von § 3a UWG geeignet, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen. Die Beeinträchtigung ergibt sich aus der beschriebenen abstrakten Gefahr der unsachgemäßen Beeinflussung.

d) Die für den Unterlassungsanspruch aus § 8 Absatz 1 UWG erforderliche Wiederholungsgefahr wird durch ein rechtsverletzendes Verhalten indiziert (BGH, Urteil vom 12. September 2013 - I ZR 208/12, juris Rn. 25 – Empfehlungs-Email; BGH, Urteil vom 14. November 2017 – VI ZR 534/15, juris Rn. 17).


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: Werbung für Brillengläser mit "Premium-Gleitsichtgläser in Optiker-Qualität" irreführend nach § 3 Satz 1 und 2 Nr. 3 HWG wenn vor Tragen im Straßenverkehr gewarnt werden muss

BGH
Urteil vom 03.11.2016
I ZR 227/14
UWG § 3a; HeilmittelwerbeG § 1 Abs. 1 Nr. 1a, § 3 Satz 1 und 2 Nr. 3 Buchst. a; MPG § 4 Abs. 1 Nr. 1


Der BGH hat entschieden, dass die Werbung für Brillengläser mit der Aussage "Premium-Gleitsichtgläser in Optiker-Qualität" irreführend nach § 3 Satz 1 und 2 Nr. 3 HWG ist, wenn vor dem Tragen im Straßenverkehr gewarnt werden muss.

Leitsätze des BGH:

a) Die Werbung mit der Angabe "Premium-Gleitsichtgläser in Optiker-Qualität" für eine Brille, vor deren Tragen im Straßenverkehr gewarnt werden muss, ist irreführend im Sinne von § 3 Satz 1 und 2 Nr. 3 Buchst. a HWG.

b) Die Bezeichnung einer solchen Brille als "hochwertig" kann je nach den Umständen eine Werbeaussage ohne Informationsgehalt darstellen, bei der es sich bereits nicht um eine Angabe im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG handelt.

c) Die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Schädigung sind bei § 4 Abs. 1 Nr. 1 MPG umso geringer anzusetzen, je schwerwiegender sich die eintretende Gefahr auswirken kann.

BGH, Urteil vom 3. November 2016 - I ZR 227/14 - OLG Schleswig - LG Kiel

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: