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LG Leipzig: DNS-Resolver können täterschaftlich für Urheberrechtsverletzungen auf Websites haften

LG Leipzig
Urteil vom 01.03.2023
5 O 807/22


Das LG Leipzig hat entschieden, dass DNS-Resolver täterschaftlich für Urheberrechtsverletzungen auf Websites haften können.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist im Umfang des zuletzt noch gestellten Hauptantrages begründet.

1. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind nach deutschem Recht zu beurteilen. Nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-ll-VO) ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums das Recht des Staates anzuwenden, für den der Schutz beansprucht wird.

Nach diesem Recht sind insbesondere das Bestehen des Rechts, die Rechtsinhaberschaft des Verletzten, Inhalt und Umfang des Schutzes sowie der Tatbestand und die Rechtsfolgen einer Rechtsverletzung zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2014 | ZR 35/11, GRUR 2015, 264 - Hi Hotel II; BGH, GRUR 2016, 1048 [juris Rn. 24] - An Evening with Marlene Dietrich, jeweils mwN). Da Gegenstand der Klage allein Ansprüche wegen einer Verletzung der Tonträgerherstellerrechte nach § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG sind, für die die Klägerin im Inland Schutz beansprucht, ist im Streitfall deutsches Urheberrecht anzuwenden (BGH, Urteil vom 2. Juni 2022,1 ZR 135/18 - uploaded III, Rn. 21, juris).

2. Die Klägerin ist als Inhaberin der Leistungsschutzrechte des Tonträgerherstellers in der Bundesrepublik Deutschland zur öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Musikalbums aktivlegitimiert. Gemäß § 10 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 UrhG ist für den hier maßgeblichen Unterlassungsanspruch von der Aktivlegitimation der Klägerin auszugehen, weil diese auf Vervielfältigungsstücken des Tonträgers mit dem streitgegenständlichen Musikalbum als Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte bezeichnet ist. Dazu hat die Klägerin das Back-Cover des Albums (in Kopie: Anlage K 21) vorgelegt. § 85 IV UrhG verweist für den Tonträgerhersteller auf die Vermutungswirkung des § 10 I UrhG, die die Beklagte hier nicht widerlegt hat.

3. Allerdings findet als Anspruchsgrundlage § 7 IV TMG hier keine Anwendung.

Nach dieser Vorschrift können einem Diensteanbieter nach § 8 III TMG Unterlassungspflichten obliegen. "Diensteanbieter" ist legaldefiniert in § 2 Nr. 1 TMG, als "(...) Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt".

Dies trifft auf einen DNS-Resolver aber nicht zu. Der Begriff des Diensteanbieters ist funktionell zu bestimmen (LG Hamburg, Beschl. v. 12.05.2021, Az. 310 O 99/21, Anlage K 1). Er muss durch seine Weisungen oder seine Herrschaftsmacht über Rechner und Kommunikationskanäle die Verbreitung oder das Speichern von Informationen ermöglichen und nach außen als Erbringer von Diensten auftreten. So ist etwa der Admin-C kein Diensteanbieter, weil er nur die Abwicklung der Domainregistrierung erleichtert, aber weder Informationen bereithält noch Zugang zu diesen vermittelt. Der Registrar stellt Nutzern ebenfalls keine Informationen bereit und vermittelt keinen Zugang zur Nutzung von Telemedien, sondern nimmt lediglich die administrative Abwicklung der Domainregistrierung vor, indem er der Registrierungsstelle die für die Registrierung der Domain erforderlichen Daten mitteilt. Er ist insbesondere kein Zugangsvermittler im Sinne von § 8 TMG, weil er weder Zugang zu einem Netz vermittelt noch Informationen durchleitet (BGH, Urt. v. 15.10.2020-tzR13/19, GRUR 2021, 53,64 Rz. 15_17 m.w.N.). Das gleiche gilt jedenfalls für den hier streitgegenständlichen Fall des DNS-Resol-vers (LG Hamburg, a.a.O.)

4. Die Beklagte haftet im vorliegenden Fall als Täter aus §§ 97 Abs. 1,15, 19 a, 85 UrhG

Die Beklagte haftet als Täterin, weil sie Internetnutzem ihren DNS-Resolver zur Verfügung stellt und darüber auf die Seiten des Dienstes c...to mit den rechtsverletzenden Downloadangeboten betreffend das streitgegenständliche Musikalbum verwiesen wird. Die Kammer schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des OLG Köln in der Sache 14 O 29/21, Urteil vom 29.09.2022 (Anlage K 23 II) an.

a) Dabei ist zunächst unschädlich, dass die Klägerin in ihrer Begründung des Klageantrags zunächst selbst auf die Störerhaftung der Beklagten abgestellt hat, so wie sie sich aus der Ausprägung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bis zu dessen Urteilen vom 02.06.2022 (I ZR 140/15 —YouTube II) ergibt. Auch braucht nicht entschieden zu werden, inwieweit diese Voraussetzungen kumulativ vorliegen, da beide Begründungen bei identischem Sachverhalt auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichtet sind.

b) Die Voraussetzungen liegen vor. Insbesondere sind die zentralen Kriterien der öffentlichen Wiedergabe in täterschaftlicher Form nach der neueren Rechtsprechung erfüllt, nämlich die zentrale Rolle des Diensteanbieters und die Vorsätzlichkeit seines Handelns (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021, Az.: C682/18 und C-683/18 -, Rn. 68, juris, mit weiteren Nachweisen). Diese sind nicht ausschließlich auf den Fall eines Hostproviders beschränkt.

aa) Mit dem DNS-Resolver wird denjenigen Nutzern, die den Resolver der Beklagten verwenden, erst ermöglicht, einen Domainnamen in eine numerische IP-Adresse aufzulösen und die hier streitgegenständliche Seite aufzufinden, worin eine zentrale Rolle bei der Rechtsverletzung zu sehen ist.

bb) Im Hinblick auf die Vorsätzlichkeit des Handelns hat die Klägerin die Beklagte auf eine Rechtsverletzung hinsichtlich des Musikalbums hier hingewiesen. Die Beklagte ist im Anschluss ihrer durch die Verletzung der Rechte der Klägerin am genannten Musikalbum ausgelöste Pflicht nicht nachgekommen, unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu diesen Inhalten zu unterbinden. Nach dem nicht substantiiert bestrittenen Vortrag des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung war es bis zuletzt möglich, über den DNS-Resolver der Beklagten eine Verbindung herzustellen auf die im Tenor genannten Seiten (vgl. zur fehlenden Unverzüglichkeit bei einer fortdauernden Verfügbarkeit von zwei Tagen nach dem Hinweis: BGH, Urteil vom 2. Juni 2022,1 ZR 135/18 — Uploaded III, Rz 45, juris).

cc) Auch die weiteren Einwände der Beklagten stehen dem Anspruch nicht entgegen. Denn so ist es auch nach ihrem eigenen Vorbringen möglich, die Verweisung auf einzelne Domains zu filtern und Domains zu sperren, indem sie auch nach ihrem eigenen Vorbringen hinsichtlich von Malware solche einsetzt.

dd) Unschädlich wäre auch, wenn entsprechend dem Vorbringen der Beklagten Webseiten global und ungeachtet einer bestimmten Jurisdiktion für sämtliche Internetnutzer, die den DNS-Re-solver der Beklagten verwenden, gesperrt würden. Auch weltweit ist kein berechtigtes Interesse der Internetnutzer auf Zugriff auf diese Webseite mit offensichtlich ausschließlich illegalen Angeboten ersichtlich, so dass sich die Frage eines Overblockings nicht stellt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 09.10.2020, Az.:6 U 32/20). Soweit die Beklagte mit Nichtwissen bestreitet, dass es sich um eine Seite mit (fast) ausschließlich illegalen Angeboten handelt, ist dieses Bestreiten unzulässig, weil der Hinweis konkret genug war, dass die Beklagte mit einem Blick auf die Seite den Charakter der Seite hätte erkennen können. Im Übrigen ist die Natur der Seite durch die vorgelegten Screenshots ausreichend belegt.

c)
aa) Der Diensteanbieter muss zum einen zumutbare Vorsorgemaßnahmen ergreifen, mit denen das Hochladen von Dateien mit vergleichbarem rechtsverletzenden Inhalt in Zukunft verhindert wird und ist zum anderen auch zur Beseitigung fortdauernder und damit in die Zukunft reichender Rechtsverletzungen verpflichtet (BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 -1 ZR 135/18 -,Rn. 47, Juris). Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für die täterschaftliche Haftung wegen öffentlicher Wiedergabe im Sinne von § 85 Abs. 1 S. 1 Fall 3 UrhG in Verbindung mit Art.3 Abs.2 lit. b der Richtlinie 2001/29/EG.

Die Beschränkung des Anspruchsumfangs auf die Unterbindung der konkret beanstandeten Verletzungshandlung wäre mit dem Gebot der wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums gemäß Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums unvereinbar, weil damit die durch den Hinweis des Rechtsinhabers ausgelösten Prüfungspflichten und darauf bezogene Maßnahmen der Rechtsdurchsetzung - etwa ein gerichtlicher Unterlassungstitel - umgangen werden könnten und ihnen die praktische Wirksamkeit genommen wäre (zu Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr vgl. EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2019 - C-18/18, GRUR 2019, 1208, zitiert nach: BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 WRP 2019, 1452 - Glawischnig-Piesczek).

bb) Damit umfasste auch vorliegend die durch den Hinweis der Klägerin ausgelöste Prüfungspflicht sowohl die Pflicht zur unverzüglichen Verhinderung des Zugangs zum konkret beanstandeten Angebot und zu weiteren, im Zeitpunkt der Beanstandung bereits vorhandenen gleichartigen rechtsverletzenden Inhalten als auch die Pflicht zur Vorsorge, dass es künftig nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt. Es genügt für den Erfolg des Unterlassungsantrags damit, dass die Klägerin dargelegt hat, der konkret beanstandete Inhalt sei nach Erteilung des Hinweises noch zugänglich gewesen. Darauf, ob auch danach noch eine weitere gleichartige Rechtsverletzung erfolgt ist, kommt es nicht maßgeblich an (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2022,1 ZR 135/18 — Uploaded III, Rn. 49, juris). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

d) Zwar müssen anspruchseinschränkend die Kriterien jedenfalls in analoger Form zugunsten der Beklagten, die der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "DNS - Sperre" (Urteil vom 13.10.2022, IZR 111/21,openJur) aufgestellt hat, eingehalten werden.

Danach haftet ein Access - Provider nach den für ihn jedenfalls anwendbaren Vorschriften des § 7 Abs. 4 Satz 1 TMG im Verhältnis zu dem Betreiber der Internetseite und auch zum Host-Provider lediglich subsidiär. Da ein DNS-Resolver keine engere Verbindung zum rechtswidrigen Geschehen als ein Access-Provider hat, ist er dessen Position in der Subsidiaritätskette insoweit gleichzustellen.

Umgekehrt sind die Anstrengungen des Rechtsinhabers zur Inanspruchnahme des Betreibers der Internetseite und des Host-Providers wiederum am Kriterium der Zumutbarkeit für den Rechteinhaber zu messen, damit die Rechtsverfolgung nicht entgegen europarechtlicher Vorgaben (Artikel 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft) nicht umgangen werden.

aa) Der primären Verpflichtung, den Seitenbetreiber in Anspruch zu nehmen, ist hier die Klägerseite in ausreichender Weise nachgekommen. Eine zusteilfähige Anschrift, etwa in Form einer Mitteilung im Impressum der streitgegenständlichen Seiten ist insofern nicht erkennbar geworden, sodass ein weiteres gerichtliches oder außergerichtliches Vorgehen gegen diesen vorrangig Anspruchsverpflichteten nicht erfolgversprechend ist.

bb) In der Entscheidung "DNS-Sperre" hat der Bundesgerichtshof es für erforderlich gehalten, dass gegen einen Host-Provider mit unstreitigem Sitz in der europäischen Union in der Regel ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf Auskunft, gegebenenfalls in der Bundesrepublik Deutschland, durchzuführen ist. Dieses kann im Einzelfall nur dann unterbleiben, wenn aus vom Anspruchsteller darzulegenden Gründen dem Vorgehen jede Erfolgsaussicht fehlt.

Dieser Fall ist hier aber gegeben. Bereits, dass eine Anschrift des Host-Providers in Vilnius, also Litauen und damit der EU, tatsächlich existiert, kann nicht festgestellt werden. Eine mögliche Anschrift in der Ukraine führt nicht zur genannten Primärpflicht. Weitere Zustellungsversuche als die von der Klägerseite dargelegte Zustellung über einen Kurier können nicht verlangt werden, da nichts für eine erfolgversprechende andere Möglichkeit spricht. Dabei ist insbesondere nicht entscheidend, ob es sich um eine versuchte gerichtliche oder außergerichtliche Zustellung handelt, da bereits die Richtigkeit der Adresse in der EU nicht zweifelsfrei ist. Weitere Anforderungen würden realistische Rechtsschutzmöglichkeiten des Rechteinhabers zu stark beschneiden.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Bielefeld: Streitwert von 3000 EURO bei Anbieten einer gebrauchten Bootleg-DVD mit 11 Titeln auf eBay

LG Bielefeld
Urteil vom 03.07.2018
20 S 62/17


Das LG Bielefeld hat entschieden, dass ein Streitwert von 3000 EURO bei Anbieten einer gebrauchten Bootleg-DVD mit 11 Titeln auf eBay angemessen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

b) Es besteht auch eine wirksame Vollmacht der Klägerin für die Abmahnung im Namen der P. Music Ltd. Diese wurde durch Frau L. N. erteilt, Bl, 30 d.A.

Hier ist jedenfalls mit Schriftsatz vom 02.05.2017, Bl. 66 ff. d.A., die Anlage K9, Bl. 77 d.A., zur Akte gereicht worden, aus der sich ergibt, dass Frau L. N. bereits unter dem 24.07.2012 seitens der Ltd. bevollmächtigt wurde, Vollmachten an Rechtsanwälte zu erteilen im Zusammenhang mit der Verletzung von Urheberrechten.

Im Übrigen ist es nach der Rechtsprechung des BGH so, dass § 174 S. 1 BGB jedenfalls nicht auf die mit einer Unterwerfungserklärung verbundene Abmahnung anzuwenden ist, BGH, Urteil vom 19.05.2010, I ZR 140/08, juris, Rn. 15.

Danach ist § 174 S. 1 BGB (i.V.m. § 180 BGB) nach dem ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist, vorliegend nicht einschlägig.

Auch hier ist mit der Abmahnung das Angebot, zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben, übersandt worden, so dass die vorliegende Fallgestaltung derjenigen entspricht, die in der benannten BGH-Entscheidung zu Grunde gelegt wurde.

c) Die Kammer erachtet unter Zugrundelegung der bisherigen Kammerrechtsprechung und Berücksichtigung diverser Instanzentscheidungen, vgl. nur OLG Celle, Beschluss vom 11.06.2014, 13 W 40/14, LG Flensburg, Beschluss vom 17.03.2015, 8 O 29/15, OLG Schleswig, Beschluss vom 20.01.2015, 6 W 36/14, LG Hamburg, Beschluss vom 13.04.2012, 308 O 125/1, LG Hamburg, Urteil vom 06.12.2013, 308 S 24/13 und LG Hamburg, Beschluss vom 07.04.2015, 308 O 135/15, hier einen Gegenstandswert für den der Klägerin zustehenden Gebührenanspruch in Höhe von 3.000,00 € als angemessen. Dieser Betrag wird dem Wert des geltend gemachten Unterlassungsanspruches bezüglich der angebotenen Veräußerung eines Bootleg mit 11 nicht annähernd aktuellen Aufnahmen der Gruppe P. auf einer DVD über eBay gerecht.

In einem Verfahren betreffend einen Unterlassungsanspruch wegen einer Urheberrechtsverletzung sind bei der Wertfestsetzung Art und Umfang der Verletzung des geschützten Rechts sowie das wirtschaftliche Interesse des Urheberrechtsinhabers zu berücksichtigen. Ausgangspunkt für die Wertfestsetzung ist mithin gemäß § 3 ZPO freies Ermessen. Dieses hat sich hier an folgenden Gesichtspunkten zu orientieren:

Zunächst ist der beabsichtigte Verkauf des illegalen Mitschnitts der Live-Aufnahmen, jedenfalls die nicht lizensierte Veröffentlichung auf der zum Kauf angebotenen DVD, anders zu bewerten, als das Anbieten von Musiktiteln über Filesharing-Programme. Im Gegensatz zur Verbreitung von Musiktiteln über Tauschbörsen, einer unübersehbaren Anzahl von Rechtsverletzungen, liegt hier nur ein Verkaufsversuch vor. Insofern ist nur eine einmalige, wirtschaftlich für die Rechteinhaberhin eher geringfügige Verletzung ihres Urheberrechts im Rahmen eines Privatverkaufs gegeben.

Allerdings handelt es sich bei P. um eine, wie allgemein bekannt ist, weltweit immens erfolgreiche Gruppe, auch wenn die hier maßgeblichen Hits nun schon vor längerer Zeit veröffentlicht wurden.

Streitgegenständlich ist eine gebrauchte DVD mit 11 Tracks.

Weiterhin sind mangels gegenteiliger Anhaltspunkte wohl keine zukünftigen Rechtsverletzungen durch den Beklagten, der als Privatperson handelte, zu befürchten.

Unbestritten hat die Zedentin den Verkauf von Bootlegs offensichtlich auch jahrelang geduldet. So hat der Beklagte hierzu unbestritten ausgeführt, dass die streitgegenständliche DVD aus dem Jahr 2005 zum Herstellungszeitpunkt noch legal erwerbbar gewesen sei.

Es ist zudem nicht feststellbar, dass tatsächlich eine DVD in Verkehr gebracht worden wäre bzw. überhaupt hier vorhanden war; hier ist nur ein Angebot feststellbar.

Auch unter Berücksichtigung eines gewissen Sammlerwertes dürfte jedenfalls ein eher nicht so großes wirtschaftliches Interesse der Rechteinhaberin an der Unterbindung des streitgegenständlichen Angebotes gegeben sein.

Eine 1,3 Geschäftsgebühr (1,3 x 189,00 € // alte Gebührentabelle; Anlage der RVG geändert mit Wirkung zum 01.08.2013) zuzüglich 20,00 € für Auslagen ergeben den Betrag in Höhe von 265,70 €.

d)
Nach Abtretung des etwaigen Erstattungsanspruches der P. Music Ltd. für die aufgrund der Abmahnung vom 28.06.2013 entstandene anwaltliche Gebührenforderung kann die Klägerin diese nun vom Beklagten verlangen, § 398 BGB.

2.
Die Klägerin kann Rechtshängigkeitszinsen in gesetzlicher Höhe gemäß §§ 288, 291 BGB ab dem 09.03.2017 beanspruchen. Rechtshängigkeit war hier ab dem auf die Zustellung der Anspruchsbegründung am 08.03.2017 folgenden Tag gegeben.

In Ermangelung einer alsbaldigen Abgabe nach Zustellung des Mahnbescheides am 20.12.2016, die nach Eingang des Widerspruches am 21.12.2016 und Nachricht hierüber an Klägerin am selben Tag erst am 17.02.2017 erfolgte, lagen die Voraussetzungen des § 696 Abs. 3 ZPO nicht vor.


Den Volltext der Entscheidung finden sie hier:




BGH: Herunterladen aus dem Internet ist nach §§ 54 bis 54b UrhG vergütungspflichtig auch wenn der Rechtsinhaber seine Zustimmung zum Herunterladen erteilt hat

BGH
Urteil vom 19. November 2015
I ZR 151/13
Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik
UrhG § 53 Abs. 1 bis 3, § 54 Abs. 1, § 54a Abs. 4, § 54b Abs. 1; UrhWG § 16
Abs. 4 Satz 3


Der BGH hat entschieden, dass das Herunterladen aus dem Internet nach §§ 54 bis 54b UrhG vergütungspflichtig ist, auch wenn der Rechtsinhaber seine Zustimmung zum Herunterladen erteilt hat

Leitsätze des BGH:

a) Die Höhe der nach § 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 UrhG geschuldeten Gerätevergütung entspricht der Höhe des Schadens, den Urheber und Leistungsschutzberechtigte dadurch erleiden, dass das jeweilige Gerät als Typ ohne ihre Erlaubnis tatsächlich für nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG zulässige Vervielfältigungen genutzt wird. Zum Ausgleich dieses Schadens ist grundsätzlich
die angemessene Vergütung zu zahlen, die die Nutzer hätten entrichten müssen, wenn sie die Erlaubnis für die Vervielfältigungen eingeholt hätten.

b) Das Vervielfältigen eines Werkes nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG durch Herunterladen aus dem Internet ist grundsätzlich auch dann nach §§ 54 bis 54b UrhG vergütungspflichtig, wenn der Rechtsinhaber seine Zustimmung zum Herunterladen erteilt hat. Hat der Rechtsinhaber für die Erteilung seiner Zustimmung eine Vergütung erhalten, ist der Anspruch auf Zahlung einer Gerätevergütung allerdings erloschen. Soweit von einem mit Zustimmung des Rechteinhabers durch Herunterladen aus dem Internet angefertigten Vervielfältigungsstück eines Werkes weitere Vervielfältigungsstücke nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG hergestellt werden, sind diese Vervielfältigungen nach § 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 UrhG vergütungspflichtig.

c) Das Vervielfältigen von Original-Audio-CDs oder Original-Film-DVDs nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG ist grundsätzlich auch dann nach §§ 54 bis 54b UrhG vergütungspflichtig, wenn die Datenträger mit einem (unwirksamen) Kopierschutz
versehen sind.

d) Die Vergütung steht nicht in einem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zum Preisniveau des Geräts und beeinträchtigt die Hersteller von Geräten und Speichermedien unzumutbar im Sinne von § 54a Abs. 4 UrhG, wenn mögliche Nutzer derartige Geräte oder Speichermedien in erheblichem Umfang nicht im Inland, sondern im Ausland erwerben, weil sie dort zu einem
geringeren Preis angeboten werden, und wenn dieser geringere Preis darauf beruht, dass im Ausland keine oder eine geringere Gerätevergütung als im Inland erhoben wird.

e) Zur Bestimmung des Preisniveaus des Geräts im Sinne von § 54a Abs. 4 UrhG ist auf den Endverkaufspreis des Gerätes einschließlich der Umsatzsteuer und der Gerätevergütung abzustellen.

f) Das Ermessen des Oberlandesgerichts bei der Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrags (§ 16 Abs. 4 Satz 3 UrhWG) ist durch die Parteianträge begrenzt.

BGH, Urteil vom 19. November 2015 - I ZR 151/13 - OLG München

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




LG Hamburg: Verkauf von US-Tonträgern durch US-Plattenhändler an deutsche Kunden über Amazon-Marketplace unzulässig

LG Hamburg
Beschluss vom 01.07.2014
310 O 180/14


Das LG Hamburg hat einem US-Plattenhändler untersagt, in Deutschland über den Amazon-Marketplace US-Tonträger, die nicht für den europäischen Tonträgermarkt bestimmt sind, zu verbreiten und deutsche Kunden zu beliefern.

Man mag darüber streiten, ob derartige Beschränkungen in der heutigen Zeit noch zeitgemäß sind. Sie entsprechen aber der Gesetzeslage und der BGH-Rechtsprechung (siehe BGH, Urteil vom 21.03.1985 - I ZR 166/82). Nach § 17 Abs. 2 UrhG ist eine Weiterverbreitung von Vervielfältigungstücken nur dann zulässig, wenn das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitung Berechtigten im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden sind.

OLG Nürnberg: Wettbewerbsverstoß durch Werbung mit "Number 1 Hits", wenn auch Re-Recordings auf der CD sind.

OLG Nürnberg
Urteil vom 26. Oktober 2010
3 U 914/10.
Number 1 Hits


Das OLG Nürnberg hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn eine CD mit dem Hinweis "Number 1 Hits" beworben wird und sich auf der CD nicht nur Originalaufnahmen sondern auch Re-Recordings befinden.

In der Pressemitteilung des OLG Nürnberg heißt es:
"Es genüge nicht, wenn lediglich Melodie, Text und Interpret (Letzterer teilweise) der Hits übereinstimmten. Denn es erwarte „ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Publikums, zu dem auch die Mitglieder des Senats gehören, dass ihm bei einer mit "Number 1 Hits" beschriebenen CD-Box auch die damals in einer der Hitlisten befindlichen (Original-) Versionen verkauft werden“ – gerade darauf beruhe ja die besondere Wertschätzung der Stücke. Dies gelte auch hier, wo der Preis mit knapp ein Euro pro CD nur sehr gering bemessen war. Denn dass Massenartikel zu „Schnäppchen“-Preisen veräußert werden, sei im Discountbereich nicht unüblich"

Die vollständige Pressemitteilung des OLG Nürnberg finden Sie hier: "OLG Nürnberg: Wettbewerbsverstoß durch Werbung mit "Number 1 Hits", wenn auch Re-Recordings auf der CD sind." vollständig lesen