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EuG: Dreidimensionale Unionsmarke der LEGO-Figur wird nicht gelöscht - Form nicht durch Art der Ware bestimmt und nicht nur zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich

EuG
Urteil vom 06.12.2023
T‑298/22
BB Services GmbH ./. Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO)
Beteiligt: Lego Juris A/S


Das EuG hat entschieden, dass die dreidimensionale Unionsmarke der LEGO-Figur nicht zu löschen ist. Die Form nicht wird nicht durch die Art der Ware bestimmt und ist auch nicht ausschließlich zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich.

Aus den Entscheidungsgründen:
Im vorliegenden Fall ist die fragliche Form daher als Unionsmarke schutzfähig, wenn zumindest eines ihrer wesentlichen Merkmale nicht der gattungstypischen Funktion einer Spielzeugfigur oder der gattungstypischen Funktion einer Klemmbausteinfigur innewohnt.

Es ist festzustellen, dass die zylindrische oder „fassartige“ Form des Kopfes der fraglichen Figur weder der gattungstypischen Funktion einer Spielzeugfigur noch der gattungstypischen Funktion einer Klemmbausteinfigur innewohnt. Gleiches gilt für die kurze und rechteckige Form des Halses und die trapezförmige, flache und eckige Form des Körpers sowie für die besondere Form der Arme mit den Händen und der Beine mit den Füßen.

87 Die konkrete Ausgestaltung dieser wesentlichen Merkmale der fraglichen Form ist somit nur ein möglicher Ausdruck der konkreten Anwendung der gattungstypischen Funktion einer Spielzeugfigur oder der einer Klemmbausteinfigur.

Damit ergeben sich die dekorativen und phantasievollen Merkmale, die in Rn. 51 der angefochtenen Entscheidung genannt (siehe oben, Rn. 64 und 78) werden und oben in Rn. 86 aufgeführt sind, aus der für den Entwerfer der Spielzeugfigur oder der Klemmbausteinfigur bestehenden Gestaltungsfreiheit. Obgleich das Vorhandensein von menschlichen Zügen und von Verbindungsstücken aufgrund der Doppelnatur der Ware grundsätzlich erforderlich ist, besteht ein weiter Spielraum bei der Gestaltung dieser Elemente. In Anbetracht der weiten Gestaltungsfreiheit in Bezug auf Klemmbausteinfiguren können diese Merkmale viele andere Formen als die der angegriffenen Marke annehmen.

Die Beschwerdekammer ist daher zu Recht in Rn. 53 der angefochtenen Entscheidung zu der Annahme gelangt, dass diese wesentlichen Merkmale in Anbetracht ihrer dekorativen und phantasievollen Natur mit einem grundsätzlich „weite[n] Gestaltungsspielraum“ verfremdet und gestaltet werden können.

Die Behauptung der Klägerin, „[k]ein Merkmal, und schon gar kein wesentliches Merkmal der angegriffenen Marke und auch nicht die angegriffene Marke insgesamt [wiesen] ein über die beschriebene Funktionalität hinaus reichendes dekoratives oder phantasievolles Element auf“, ist insoweit unbegründet und zurückzuweisen. Die oben in Rn. 86 aufgezählten Merkmale stellen nämlich derartige Elemente dar.

Daraus folgt, dass die Klägerin, der im vorliegenden Nichtigkeitsverfahren die Beweislast obliegt (siehe oben, Rn. 26), die Feststellung nicht widerlegt hat, dass zumindest eines der wesentlichen Merkmale der fraglichen Ware nicht der gattungstypischen Funktion einer Spielzeugfigur oder der einer Klemmbausteinfigur innewohnt.

[...]

Zur Funktionalität der wesentlichen Merkmale des Zeichens hat die Beschwerdekammer in den Rn. 78 bis 81 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass kein einziges Beweismittel die Feststellung zulasse, dass die Form der fraglichen Figur in ihrer Gesamtheit zur Erreichung einer bestimmten technischen Wirkung erforderlich sei. Insbesondere sei nicht bewiesen worden, dass diese Form als solche und in ihrer Gesamtheit erforderlich sei, um die Verbindung der Figur mit ineinandergreifenden Bausteinen zu ermöglichen. Das „Ergebnis“ dieser Form bestehe lediglich darin, der fraglichen Figur menschliche Züge zu verleihen; die Tatsache, dass die fragliche Spielzeugfigur einen Charakter darstelle und in einem geeigneten Spielkontext verwendet werden könne, sei keine „technische Wirkung“. Anders als im Urteil vom 24. Oktober 2019, Form eines Würfels mit Seiten in Gitterstruktur (T‑601/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:765, Rn. 88), wo es sich konkret um „Dreidimensionale Puzzles“ der Klasse 28 gehandelt habe, seien im vorliegenden Fall bezüglich „Spiele und Spielzeug“ derselben Klasse keine zusätzlichen Elemente (wie die Drehbarkeit der Einzelheiten sowie unsichtbare Elemente) zu berücksichtigen. Die angefochtene Marke in Form einer Spielzeugfigur weise keinerlei Linien oder Muster auf, die ihre Verbaubarkeit und Modularität im Rahmen des Baukastensystems der Streithelferin klar und eindeutig offenbarten. Mit den von der Klägerin vorgebrachten Beispielen zu verschiedenen Gebrauchseigenschaften der Marke lasse sich weder eine „Modularität“ noch irgendeine technische Wirkung beweisen. Außerdem ergebe sich ausdrücklich aus der deutschen Patentschrift DE 28 36 971 C2 über die Ausgestaltung von Kupplungselementen zum Zwecke des Drehens der Beine der verfahrensgegenständlichen Spielzeugfigur (Anlage BDR 9), dass nicht alle ihre Elemente eine technische Wirkung aufwiesen, sondern nur die Beinteile.

In den Rn. 82 bis 86 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit den „zwei Einschränkungen“ in Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Verordnung Nr. 40/94 („ausschließlich“ und „erforderlich“) gebührend berücksichtigt habe, dass jede Warenform bis zu einem gewissen Grad funktional sei und dass es daher unangemessen wäre, die Eintragung einer Warenform als Marke allein mit der Begründung abzulehnen, dass sie funktionale Merkmale aufweise (Urteil vom 14. September 2010, Lego Juris/HABM, C‑48/09 P, EU:C:2010:516, Rn. 48). Die Beschwerdekammer hat das Vorbringen der Klägerin, die Gestaltung der angegriffenen Marke und ihrer Elemente diene „ausschließlich“ der Kompatibilität mit den Bausteinen der Streithelferin, mit dem Verweis darauf zurückgewiesen, dass es anderen Unternehmen erlaubt sei, Spielzeugfiguren mit Löchern zu verkaufen, die zu anderen Klemmbausteinen passten, die jedoch anders – d. h. mit anderer Gestaltung der Beine, Arme, von Rumpf und Kopf – aussähen als die dieser Marke und der darin wiedergegebenen Minifigur. Die Marke verleihe der Streithelferin nämlich nicht das Recht, es Dritten oder ihren Wettbewerbern zu verbieten, Spielzeuge bzw. Klemmbausteinfiguren zu vermarkten, welche zwar mit ihren Baukastensystemen technisch kompatibel seien, aber eine unterschiedliche Form als die eingetragene aufwiesen (Urteil vom 14. September 2010, Lego Juris/HABM, C‑48/09 P, EU:C:2010:516, Rn. 72). Die mögliche Kompatibilität einer Spielzeugfigur mit irgendwelchen Bausteinsystemen dürfe sowieso im Sinne des Markenrechts nicht monopolisiert werden. Da die Klägerin ihre Argumente in Bezug auf Spiele und Spielzeug der Klasse 28 ausgeführt habe und sachliche Ausführungen bezüglich der übrigen Waren der Klassen 9 und 25 fehlten, hat die Beschwerdekammer schließlich wieder darauf verwiesen, dass die Gestaltungsfreiheit nicht nur für die fraglichen Waren der Klasse 28 gelte, sondern auch mutatis mutandis für die sonstigen Waren der Klassen 9 und 25. Sie kam daher zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen von Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Verordnung Nr. 40/94 nicht vorliegen.

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, sämtliche sichtbaren Merkmale der Figur (der Kopf, der Körper, die Arme und die Beine), gleichgültig ob wesentlich oder nicht, seien in jeder Beziehung so gestaltet, dass die technische Funktion der Ware, sie mit Klemmbausteinen und anderen Figuren der Streithelferin verbauen zu können, sichergestellt werde.

Es ist darauf hinzuweisen, dass Formen, deren wesentliche Merkmale zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind, grundsätzlich von der Eintragung ausgeschlossen werden müssen (siehe oben, Rn. 119).

Auch kann nach der oben in Rn. 120 angeführten Rechtsprechung Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Verordnung Nr. 40/94 keine Anwendung finden, wenn sich die angegriffene Marke auf die Form einer Ware bezieht, für die ein nicht funktionelles – wie ein dekoratives oder phantasievolles – Element von Bedeutung ist (Urteil vom 14. September 2010, Lego Juris/HABM, C‑48/09 P, EU:C:2010:516, Rn. 72).

Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Verordnung Nr. 40/94 kann daher keine Anwendung finden, sobald es mindestens ein wesentliches Merkmal der Form gibt, das nicht zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, so dass die angegriffene Marke nicht „ausschließlich“ aus der Form besteht, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist (siehe oben, Rn. 121 und 122).

Im vorliegenden Fall ist die fragliche Form daher als Unionsmarke schutzfähig, wenn sich zumindest eines ihrer wesentlichen Merkmale nicht unmittelbar aus der technischen Wirkung der Verbaubarkeit oder der Modularität der als Klemmbausteinfigur betrachteten Ware ableitet. Nebenbei sei angemerkt, dass die nicht technischen Wirkungen der als Spielzeugfigur betrachteten Ware für Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Verordnung Nr. 40/94 ohne Belang sind und kein Hindernis für die Eintragung der angegriffenen Marke darstellen können.

Die zylindrische oder „fassartige“ Form des Kopfes der fraglichen Figur ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus der technischen Wirkung, die Klemmbausteinfigur im modularen Baukastensystem der Streithelferin zusammenzubauen oder ineinanderzustecken. Gleiches gilt für die kurze und rechteckige Form des Halses, die trapezförmige, flache und eckige Form des Körpers sowie für die besondere Form der Arme mit den Händen und der Beine mit den Füßen.

Damit ergeben sich die dekorativen und phantasievollen Merkmale, die in den Rn. 51 bis 54 der angefochtenen Entscheidung genannt werden (siehe oben, Rn. 64 und 78) und oben in Rn. 158 aufgeführt sind, aus der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers der Spielzeugfigur oder Klemmbausteinfigur. Obgleich das Vorhandensein von menschlichen Zügen und Verbindungsstücken aufgrund der Doppelfunktion der Ware grundsätzlich erforderlich ist, besteht ein weiter Spielraum bei der Gestaltung dieser Elemente.

Die Beschwerdekammer hat daher zu Recht in den Rn. 53 und 84 der angefochtenen Entscheidung der Sache nach angenommen, dass diese wesentlichen Merkmale in Anbetracht ihrer dekorativen und phantasievollen Natur mit einem grundsätzlich weiten Gestaltungsspielraum verfremdet und gestaltet werden können.

Die Behauptung der Klägerin, „[k]ein Merkmal, und schon gar kein wesentliches Merkmal der angegriffenen Marke und auch nicht die angegriffene Marke insgesamt [wiesen] ein über die beschriebene Funktionalität hinaus reichendes dekoratives oder phantasievolles Element auf“, ist insoweit unbegründet und zurückzuweisen. Die oben in Rn. 158 aufgezählten Merkmale stellen nämlich derartige dekorative und phantasievolle Elemente dar.

Auch wenn der mit der Verbaubarkeit und der Modularität verbundene technische Zweck über die (oben in Rn. 146 aufgezählten) wesentlichen Merkmale erreicht wird, gibt es folglich auch andere (oben in Rn. 158 aufgezählte) wesentliche Merkmale, die für die Erreichung eines technischen Zwecks nicht erforderlich sind.

Aus der von der Klägerin in Anlage BDR 9 vorgelegten deutschen Patentschrift DE 28 36 971 C2 lässt sich, wie die Beschwerdekammer zu Recht in Rn. 81 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, kein anderes Ergebnis herleiten. Soweit die Beschwerdekammer festgestellt hat, aus diesem Patent ergebe sich nur für die Beine der Figur eine technische Funktionalität, da sich das Patent nicht auf weitere Merkmale der angegriffenen Marke beziehe, ist zwar davon auszugehen, dass diese Feststellung nicht aus sich heraus verallgemeinert werden kann, um anderen Merkmalen eine technische Funktionalität abzusprechen. Da sich das in Rede stehende Patent lediglich auf die Beine bezieht, erlaubt es streng genommen überhaupt keine Schlussfolgerung für die übrigen Merkmale der fraglichen Form, und zwar weder in die eine noch in die andere Richtung.

Es trifft allerdings zu, dass die deutsche Patentschrift DE 28 36 971 C2 lediglich für die Beine der fraglichen Figur eine technische Wirkung nachweist, nicht aber für die übrigen wesentlichen Merkmale der angegriffenen Marke. Das Patent bezieht sich nämlich auf die Rückseite der Beine und die darin befindlichen Vertiefungen und damit ausschließlich auf dieses wesentliche Merkmal der Marke. Für die gestalterischen Formelemente von Kopf, Körper, Armen und Beinen der Figur ergibt sich aus dem Patent nichts für eine etwaige technische Wirkung.

Die Beurteilung der Beschwerdekammer läuft auch dem Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Verordnung Nr. 40/94 zugrunde liegenden Interesse nicht zuwider, zu verhindern, dass das Markenrecht zu einer Monopolisierung von technischen Lösungen oder Gebrauchseigenschaften einer Ware zugunsten eines Unternehmens führt (siehe oben, Rn. 101). Die Beschwerdekammer hat dieses Interesse in Rn. 84 der angefochtenen Entscheidung ordnungsgemäß berücksichtigt (siehe oben, Rn. 160). Die angegriffene Marke macht es Wettbewerbern nicht unmöglich, Figuren mit den typischen Merkmalen der fraglichen Spielzeugkategorie auf den Markt zu bringen. Mit ihr kann auch der Vertrieb anders gestalteter Figuren, die mit dem modularen Baukastensystem der Streithelferin kompatibel sind, nicht verhindert werden. Wie die Beschwerdekammer im Wesentlichen in Rn. 53 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, gibt es für solche Figuren eine weite Gestaltungsfreiheit.

Schließlich ist zur Rüge der Klägerin, die Beschwerdekammer lasse „jede Auseinandersetzung … vermissen“, was ihren Vortrag und die von ihr vorgelegten Beweise betreffe, zunächst darauf zu verweisen, dass sich aus dem Umstand, dass die Beschwerdekammer dem Standpunkt der Klägerin nicht gefolgt ist, nicht ableiten lässt, dass sie deren Vortrag nicht berücksichtigt oder deren Beweisangebote nicht geprüft hätte. In den Rn. 80 ff. der angefochtenen Entscheidung hat sich die Beschwerdekammer ausdrücklich mit den Ausführungen der Klägerin, den vorgebrachten Beispielen und der deutschen Patentschrift DE 28 36 971 C2 auseinandergesetzt.

Weiterhin ist darauf zu verweisen, dass die Beschwerdekammer das Vorbringen der Klägerin zum vorliegenden Klagegrund in Rn. 7 der angefochtenen Entscheidung zusammengefasst und in deren Rn. 38 die von der Klägerin vorgelegten Beweise aufgeführt hat. Folglich wurden dieses Vorbringen und diese Beweise von der Beschwerdekammer bei ihrer Würdigung berücksichtigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juni 2022, bet-at-home.com Entertainment/EUIPO [bet-at-home], T‑640/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:408, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Insoweit ist ebenfalls darauf hinzuweisen, dass die Dienststellen des EUIPO nicht auf alle von den Parteien vorgebrachten Argumente einzugehen brauchen. Es reicht aus, dass sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführen, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt. Hieraus folgt, dass allein aus der Tatsache, dass eine Beschwerdekammer nicht sämtliche Argumente einer Partei wiedergegeben oder beantwortet hat, nicht geschlossen werden kann, dass diese Beschwerdekammer es abgelehnt hat, sie zu berücksichtigen. Die Begründung kann anders ausgedrückt auch implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe für die Entscheidung der Beschwerdekammer zu erfahren, und dem zuständigen Gericht ausreichende Angaben an die Hand gibt, damit es seine Kontrolle wahrnehmen kann (vgl. Urteil vom 29. Juni 2022, bet-at-home, T‑640/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:408, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das ist hier der Fall.

Daraus folgt, dass die Klägerin, der im vorliegenden Nichtigkeitsverfahren die Beweislast obliegt (siehe oben, Rn. 26), die Feststellung nicht widerlegt hat, dass zumindest eines der wesentlichen Merkmale der Ware nicht für die Erzielung einer technischen Wirkung erforderlich ist.

In Anbetracht der oben in den Rn. 155 und 156 genannten Grundsätze reicht diese Feststellung aus, um eine Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Verordnung Nr. 40/94 auszuschließen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Düsseldorf: Unterlassungsanspruch von LEGO gegen Händler wegen Minifiguren die nach ihrem Gesamteindruck den bekannten LEGO-Minifiguren nachgebildet sind

LG Düsseldorf
Urteil vom 12.08.2022
38 O 91/21


Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass die LEGO-Unternehmensgruppe gegen einen Händler einen Unterlassungsanspruch wegen des Vertriebs von aus China stammenden Minifiguren, die nach ihrem Gesamteindruck den bekannten LEGO-Minifiguren nachgebildet sind, hat.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Spielzeughändler muss Vertrieb von Minifiguren unterlassen

Mit Urteil vom heutigen Tage hat die 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf der Klage der LEGO Juris A/S mit Sitz in Dänemark gegen die Steingemachtes GmbH aus Paderborn in vollem Umfang stattgegeben (Aktenzeichen 38 O 91/21).

Die Klägerin ist Teil der LEGO-Unternehmensgruppe und Inhaberin der europäischen Markenrechte auf die weltbekannten LEGO-Minifiguren. Die Beklagte vertreibt über ein von ihr unterhaltenes Ladenlokal und im Versandhandel Spielzeug aus Klemmbausteinen, die mit Legosteinen kompatibel sind und von verschiedenen Herstellern stammen. Außerdem ist sie Großimporteurin von Spielzeugwaren eines chinesischen Herstellers.

Die Klägerin kaufte testweise bei der Beklagten drei Spielzeugsets, in denen jeweils Minifiguren enthalten waren. Nach Auffassung verletze dies ihre Markenrechte, da die Figuren ihren LEGO-Minifiguren zum Verwechseln ähnlich
seien.

Sie erhob daher Klage zum Landgericht Düsseldorf und verlangte, dass die Beklagte es unterlässt, entsprechende Minifiguren in Deutschland zu verkaufen, einzuführen oder zu bewerben. Ferner verlangte sie, dass die Beklagte alle in
ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Minifiguren zerstört und ihr die Namen der Hersteller, Lieferanten und Abnehmer der Minifiguren sowie die Preise nennt, die für die betreffenden Waren verlangt und erzielt wurden. Schließlich
beantragte sie noch, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr jedweden Schaden zu ersetzen, der ihr aufgrund der Markenverletzungen entstanden ist oder zukünftig entstehen wird.

Das Landgericht gab der Klage vollumfänglich statt. Nach der hier maßgeblichen europäischen Verordnung über die Unionsmarke könne die Klägerin von der Beklagten zu Recht Unterlassung verlangen. Es sei offenkundig, dass die LEGO-Minifigur eine bekannte Marke darstelle; sie sei seit Jahren auf dem deutschen und europäischen Spielzeugmarkt präsent, trete praktisch jedermann in Alltag, Werbung und Kunst gegenüber, werde vielfältig beworben und habe insgesamt eine große Bekanntheit erreicht. Die von der Beklagten vertriebenen Figuren seien der Marke der Klägerin aus der hier maßgeblichen Perspektive des Gesamteindrucks eines durchschnittlichen Verbrauchers hochgradig ähnlich. Prägend sei bei den von der Klägerin beanstandeten Figuren das kantige und gedrungene, von geometrischen
Formen dominierte Erscheinungsbild mit dem im Kontrast zum Körper rundlichen und großen Kopf. Es bestehe unmittelbare Verwechslungsgefahr.

Die Beklagte habe die Marke ohne Zustimmung der Klägerin für ihre geschäftlichen Zwecke ausgenutzt.
Gegen das Urteil kann Berufung zum Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt werden.

Bundesnetzagentur hat im Jahr 2021 den Vertrieb von knapp 23 Millionen unerlaubten Produkten verhindert

Die Bundesnetzagentur hat im im Jahr 2021 den Vertrieb von knapp 23 Millionen unzulässiger Produkte verhindert.

Die Pressemitteilung des Bundesnetzagentur:

Bundesnetzagentur stellt auch 2021 eine Vielzahl unerlaubter Produkte fest

Die Bundesnetzagentur hat 2021 eine Stückzahl von fast 23 Mio. verbotener Produkte gesperrt. Die Produkte können Funkstörungen verursachen oder wiesen erhebliche formale Mängel auf.

"Die Bundesnetzagentur geht konsequent gegen nicht konforme Produkte vor und verhindert, dass sie am deutschen Markt weiter angeboten werden", sagt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. "Dadurch leistet die Bundesnetzagentur einen wichtigen Beitrag zum Verbraucherschutz. Wir informieren Verbraucherinnen und Verbraucher, worauf sie speziell bei Online-Bestellungen von elektronischen Produkten achten sollten."

Verbotene Produkte identifiziert die Bundesnetzagentur im Online- und im Einzelhandel, in Zusammenarbeit mit dem Zoll und bei Testkäufen.

2020 betrafen die Sperrungen der Bundesnetzagentur eine Stückzahl von über 21 Mio. Produkten.

Marktüberwachung im Onlinehandel

Die Online-Marktüberwachung hat 1.936 nicht konforme Produktangebote ermittelt, die Plattformbetreiber gelöscht haben. Hinter den Angeboten steckten insgesamt 21,4 Mio. Produkte.

Mit einer angebotenen Stückzahl von über 7,7 Mio. erreichten Funkkopfhörer den ersten Platz der auffälligen Gerätearten. Diese Funkkopfhörer arbeiteten auf Funkfrequenzen, die nur für sicherheitsrelevante Dienste wie beispielsweise Polizei oder Feuerwehr bestimmt sind. Das ist verboten. Zahlreiche Funkkopfhörer wiesen zudem erhebliche formale Mängel auf, wie z. B. fehlende deutsche Bedienungsanleitungen oder fehlende bzw. fehlerhafte technische Unterlagen.

Den zweiten Platz belegten extrem billig angebotene Messgeräte aus Drittstaaten mit einer Stückzahl von rund 3,7 Mio. gefolgt von rund 3,3 Mio. ferngesteuerten Flugdrohnen. Bei beiden Gerätearten wurden vermehrt formale Mängel wie z. B. fehlende CE-Kennzeichnungen, Identifizierungsmerkmale oder fehlende Kontaktdaten des verantwortlichen Wirtschaftsakteurs festgestellt.

Marktüberwachung im deutschen Einzelhandel
Die COVID19 Pandemie begleitete die Marktüberwachung der Bundesnetzagentur auch im Jahr 2021.Unter Einhaltung umfassender Hygiene- und Abstandsregelungen waren Außendiensteinsätze zeitweise wieder möglich.
Die von der Bundesnetzagentur geprüfte Anzahl von Gerätetypen im deutschen Einzelhandel belief sich im Jahr 2021 auf 3.554. Die Agentur hat insgesamt 23 Vertriebsverbote erlassen und 1.059 Aufforderungen zur Mängelbehebung für nicht konforme Produkte ausgesprochen. Das betraf über eine Million Produkte.

Häufig auffällig waren hier beispielsweise LED-Beleuchtungsmittel und Netzteile, welche Störungen verursachen können und ein teils hohes Risiko bergen.

Zusammenarbeit mit dem Zoll
Die Bundesnetzagentur arbeitet intensiv mit dem Zoll zusammen, um nicht konforme Produkte bereits an der europäischen Außengrenze zu stoppen.

Der Zoll hat 2021 nahezu 6.500 verdächtige Warensendungen an die Bundesnetzagentur gemeldet. In rund 91 Prozent der Fälle hat die Bundesnetzagentur die Produkte für den deutschen Markt nicht freigegeben, weil sie eindeutige Mängel identifizierte. Insgesamt waren rund 320.000 Produkte betroffen.

Unterstützung der Marktüberwachung durch Testkäufe
Insgesamt 61 Testkäufe im Jahr 2021 verfolgten das Ziel, einen Überblick über die Konformität von im Internet angebotenen Geräten zu gewinnen. Bei Produkten, die die Bundesnetzagentur einkaufte und diese als nicht konform identifizierte, erfolgten markteinschränkende Maßnahmen.

Auswirkungen des neuen Marktüberwachungsgesetzes
Seit dem 16. Juli 2021 gilt in Deutschland das Marktüberwachungsgesetz zeitgleich in Verbindung mit der neuen europäischen Marktüberwachungsverordnung. Demnach müssen bei elektrischen Geräten und Funkanlagen die Kontaktdaten eines in der Europäischen Union ansässigen Wirtschaftsakteurs angegeben werden. Bei Produktmängeln können sich Verbraucherinnen und Verbraucher an diesen Kontakt wenden. Sind keine entsprechenden Kontaktdaten angegeben, darf man die Produkte nicht verkaufen und nicht nach Deutschland einführen.

Tipps für Verbraucherinnen und Verbraucher bei Online-Bestellungen:
Bestellen Sie online bei seriösen und bekannten Quellen. Informieren Sie sich vorher über den Anbieter, beispielsweise bei der Verbraucherzentrale.

Prüfen Sie, ob eine Adresse in der EU angegeben ist, unter der Sie den Anbieter oder seinen Partner erreichen können. Diese Adresse muss auf dem Produkt oder seiner Verpackung, dem Paket oder in einem Begleitdokument stehen.
Vergewissern Sie sich, dass Angaben zu allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sowie Widerrufs- und Rückgabebelehrungen vorhanden sind.

Prüfen Sie die Beschreibung des Produkts sorgfältig, achten Sie insbesondere darauf, dass Hinweise auf eine deutschsprachige Bedienungsanleitung vorliegen.

Der Preis sollte im Vergleich zu Mitbewerbern plausibel sein.

Wenn Sie unsicher sind, stellen Sie dem Verkäufer Fragen zum Produkt. Seriöse Verkäufer beantworten Fragen zügig und verständlich.

Bei Technikprodukten sollten Sie darauf achten, dass der Steckertyp auch in Deutschland verwendbar ist.

LG München: Unlautere Rufausbeutung durch "Schweizer Taschenmesser" aus China

LG München
Urteil vom 15.06.2021
33 O 7646/20

Das LG München hat entschieden, dass eine unlautere Rufausbeutung durch Anbieten eines "Schweizer Taschenmessers" aus China vorliegt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Schweizer Taschenmesser

Die auf Marken- und Wettbewerbsrecht spezialisierte 33. Zivilkammer das Landgerichts München I hat mit Urteil vom 15.06.2021 einer Klage der Herstellerin des bekannten Schweizer Taschenmessers stattgegeben, mit der sich diese gegen die Verwendung bestimmter Kennzeichen mit eindeutigem Bezug zur Schweiz durch die Beklagte wendet (Az. 33 O 7646/20).

Die Kammer hat mit ihrem Urteil der Beklagten unter anderem verboten, bestimmte Taschenmesser und Multifunktionswerkzeuge mit den Angaben „SWITZERLAND“ oder solchen Zeichen zu versehen, die isoliert oder als Bestandteil grafische Gestaltungen der Schweizer Flagge enthalten.

Die Beklagte hatte über eine Online-Plattform Taschenmesser und Multifunktionswerkzeuge angeboten. Dabei waren auf den Produkten selbst oder jedenfalls auf deren Verpackungen der Schriftzug „Switzerland“ bzw. „Swiss“, die Schweizer Flagge sowie verschiedene Logos, die diese Flagge in ihre Gestaltung aufgenommen hatten, abgebildet. Die angebotenen Taschenmesser und Multifunktionswerkzeuge waren zudem in roter Farbe gehalten. Tatsächlich werden diese Produkte nicht in der Schweiz, sondern in China produziert.

Nach Auffassung der Kammer stellen die von der Beklagten verwendeten Zeichen geographische Herkunftsangaben dar, deren guten Ruf die Beklagte in unlauterer Weise ohne rechtfertigenden Grund ausnutzt. Für die Annahme einer Rufausbeutung ausschlaggebend war dabei nach Ansicht der Kammer, dass sich die Beklagte mit den Gestaltungen ihrer Produkte eng an die von der Klägerin hergestellten „Schweizer Taschenmesser“ anlehne. Gerade die Produkte der Klägerin tragen aber entscheidend zum guten Ruf der geographischen Herkunftsangaben mit Bezug zur Schweiz bei.

Die Beklagte hatte dagegen argumentiert, bei den von ihr vertriebenen Produkten handele es sich klar erkennbar um „Souvenirartikel“. Man schließe deshalb nicht von der Kennzeichnung auf eine Herstellung in der Schweiz. Eine Irreführung der Verbraucher werde auch bereits dadurch ausgeräumt, dass auf den Produktverpackungen deutlich sichtbar der Hinweis „Made in China“ angebracht sei.

Ob Verbraucher zudem durch die Kennzeichnungspraxis der Beklagten in die Irre geführt werden, da sie davon ausgehen, die Beklagte lasse ihre Taschenmesser und Multifunktionswerkzeuge in der Schweiz produzieren, ließ die Kammer offen. Zur Begründung führte das Gericht in seinen Urteilsgründen aus: Sofern der gute Ruf einer geographischen Herkunftsangabe auf unlautere Weise ausgenutzt werde, sei für die Annahme entsprechender Unterlassungsansprüche nicht zusätzlich noch erforderlich, dass die angesprochenen Verkehrskreise auch über die Herkunft der Produkte in die Irre geführt werden.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.


OLG Braunschweig: Bezeichnung "... Germany GmbH" kein Hinweis auf Produktionsstandort der Waren sondern nur auf Sitz des Unternehmens

OLG Braunschweig
Urteil vom 20.11.2018
2 U 22/18


Das OLG Braunschweig hat entschieden, dass die Bezeichnung "... Germany GmbH" kein Hinweis auf den Produktionsstandort der von diesem Unternehmen angebotenen Waren darstellt sondern nur auf Sitz des Unternehmens hinweist. Es liegt - so das Gericht - keine wettbewerbswidrige Irreführung über den Herstellungsort vor.



LG Nürnberg: Irreführung durch Pilzmischung "Bayer. Pilze & Waldfrüchte", wenn die Pilze aus China und Chile stammen

LG Nürnberg
Urteil vom 21.01.2015
3 O 1430/14


Das LG Nürnberg hat auf eine Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) hin entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn eine unter der Bezeichnung "Bayer. Pilze & Waldfrüchte“ vertriebene Pilzmischung tatsächlich nur Pilze aus China und Chile enthält.