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BGH: "KÖLNER DOM" kann mangels Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht für Waren die als Reiseandenken oder Reisebedarf in Betracht kommen als Marke eingetragen werden

BGH
Beschluss vom 12.10.2023
I ZB 28/23
KÖLNER DOM
MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1


Der BGH hat entschieden, dass die Wortfolge "KÖLNER DOM" mangels Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht für Waren, die als Reiseandenken oder Reisebedarf in Betracht kommen, als Marke eingetragen werden kann.

Leitsätze des BGH:
a) Das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. Nr. 1 MarkenG steht der Eintragung einer Marke für mit einem weiten Warenoberbegriff bezeichnete Waren und Dienstleistungen schon dann entgegen, wenn es hinsichtlich einzelner unter den Oberbegriff fallender Waren und Dienstleistungen vorliegt.

b) Fasst der Verkehr das aus dem Namen einer Sehenswürdigkeit - bestehend aus einer adjektivierten Ortsangabe und einer Bauwerksbezeichnung (hier: Kölner Dom) - gebildete Zeichen im Zusammenhang mit Waren, die als Reiseandenken oder -bedarf in Betracht kommen, nur als Bezeichnung der Sehenswürdigkeit und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft dieser Waren auf, fehlt dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (Festhaltung
BGH, Beschluss vom 8. März 2012 - I ZB 13/11, BGHZ 193, 21 - Neuschwanstein; Abgrenzung zu EuGH, Urteil vom 6. September 2018 - C-488/16, GRUR 2018, 1146 - Bundesverband Souvenir - Geschenke - Ehrenpreise/EUIPO [Neuschwanstein]).

BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2023 - I ZB 28/23 - Bundespatentgericht

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Volltext BGH liegt vor: Kein Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung an Hochzeits-Fotografin wegen coronabedingter Verlegung des Hochzeitstermins

BGH
Urteil vom 27.04.2023
VII ZR 144/22
BGB §§ 133, 157, § 275 Abs. 1, §§ 313, 648


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Kein Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung an Hochzeits-Fotografin wegen coronabedingter Verlegung des Hochzeitstermins über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:
1. Verpflichtet sich eine Fotografin zur fotografischen Begleitung einer kirchlichen Hochzeit und der sich anschließenden Feier, wird die geschuldete Leistung nicht deshalb unmöglich, weil die vom Brautpaar mit 104 Gästen geplante Hochzeit und Feier aufgrund der Beschränkungen durch eine Corona-Schutzverordnung in diesem Umfang nicht durchgeführt werden kann und deshalb verlegt wird.

2. Zu einer ergänzenden Vertragsauslegung bei pandemiebedingter Verlegung einer Hochzeit und Hochzeitsfeier.

BGH, Urteil vom 27. April 2023 - VII ZR 144/22 - LG Gießen - AG Gießen

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Kein Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung an Hochzeits-Fotografin wegen coronabedingter Verlegung des Hochzeitstermins

BGH
Urteil vom 27.04.2023
VII ZR 144/22


Der BGH hat entschieden, dass der Auftraggeber keinen Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung an eine Hochzeits-Fotografin wegen coronabedingter Verlegung des Hochzeitstermins hat.

Die Pressemitteilung des BGH:
Bundesgerichtshof zu Vergütungsansprüchen einer Hochzeits-Fotografin nach Verlegung des Hochzeitstermins wegen Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie

Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Werkverträge zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute über eine Klage auf Rückgewähr einer an eine Hochzeits-Fotografin geleisteten Anzahlung und auf Feststellung, dass ihr keine weiteren Vergütungsansprüche zustehen, weil die Kläger wegen Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie den Hochzeitstermin verlegten und deshalb von dem Vertrag zurücktraten bzw. diesen kündigten, entschieden.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:

Die Kläger beabsichtigten, am 1. August 2020 kirchlich zu heiraten. Nachdem der Fotograf, der die standesamtliche Trauung begleitet hatte, zu diesem Termin verhindert war, wandten sich die Kläger an die Beklagte. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2019 bedankte sich die Beklagte für "die Beauftragung" und stellte für "Reportage Hochzeit 01.08.2020 (1. Teilbetrag)" 1.231,70 € von der insgesamt vereinbarten Vergütung in Höhe von 2.463,70 € in Rechnung. Die Kläger überwiesen den geforderten "1. Teilbetrag".

Die Kläger beabsichtigten, zu ihrer kirchlichen Hochzeit 104 Gäste einzuladen. Die Durchführung der so geplanten Hochzeit war aufgrund von Beschränkungen im Rahmen der Corona-Pandemie nicht möglich. Die Kläger planten deshalb neu eine Hochzeitsfeier für den 31. Juli 2021 und teilten der Beklagten mit E-Mail vom 15. Juni 2020 mit, für den neuen Termin den Fotografen beauftragen zu wollen, der am 1. August 2020 verhindert gewesen sei. Daraufhin forderte die Beklagte ein weiteres Honorar von 551,45 €, was die Kläger ablehnten. Diese verlangten vielmehr die Rückzahlung der bereits überwiesenen 1.231,70 € und erklärten wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage den "Rücktritt von dem vorstehend bezeichneten Vertrag bzw. dessen Kündigung".

Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.231,70 € und zusätzlicher 309,40 € für außergerichtliche Kosten sowie die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sind, weitere 551,45 € an die Beklagte zu zahlen.

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision haben die Kläger ihr Klagebegehren weiterverfolgt.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Kläger zurückgewiesen.

Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Ansprüche der Kläger auf Rückgewähr der Anzahlung und Feststellung, eine weitere Vergütung von 551,45 € nicht zu schulden, verneint.

Ein Anspruch auf Rückgewähr der Anzahlung folgt nicht daraus, dass der Beklagten die von ihr geschuldete Leistung unmöglich geworden ist. Denn ihr war es trotz der zum Zeitpunkt der geplanten Hochzeitsfeier geltenden pandemiebedingten landesrechtlichen Vorgaben möglich, fotografische Leistungen für eine kirchliche Hochzeit und eine Hochzeitsfeier zu erbringen. Das betreffende Landesrecht erlaubte kirchliche Hochzeiten und Hochzeitsfeiern sowie die Erbringung von Dienstleistungen und Handwerkstätigkeiten. Soweit die Kläger die Hochzeit und die Hochzeitsfeier wegen der nicht einzuhaltenden Abstände von mindestens 1,5 m nicht im geplanten Umfang (104 Gäste) durchführen konnten, führt das nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung.

Der Rückzahlungsanspruch folgt des Weiteren nicht aus einem Rücktrittsrecht der Kläger wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage oder einer ergänzenden Vertragsauslegung. Die ergänzende Vertragsauslegung, die Vorrang vor den Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage hat, ergibt, dass die pandemiebedingte Verlegung der für den 1. August 2020 geplanten Hochzeit und der Hochzeitsfeier keinen Umstand darstellt, der die Kläger zum Rücktritt vom Vertrag berechtigte. Der Umstand, dass die Kläger nach Absage des vereinbarten Termins nur aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten liegen, einen anderen Fotografen bevorzugten, ist nach Treu und Glauben unter redlichen Vertragspartnern unerheblich und deshalb im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung nicht zu berücksichtigen.

Den von den Klägern erklärten "Rücktritt" bzw. die "Kündigung" des Vertrags hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als freie Kündigung des Vertrags (§ 648 Satz 1 BGB) ausgelegt und darauf aufbauend einen Vergütungsanspruch der Beklagten aus § 648 Satz 2 BGB in Höhe von 2.099 € festgestellt. Dementsprechend besteht nicht nur kein Rückzahlungsanspruch der Kläger in Höhe von 1.231,70 €, sondern ist auch die negative Feststellungsklage der Kläger unbegründet. Deshalb können die Kläger schließlich die Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht verlangen.

Vorinstanzen:

AG Gießen - Urteil vom 26.November 2021 - 43 C 63/21
LG Gießen - Urteil vom 21. Juni 2022 - 1 S 1/22

Die maßgebliche Vorschrift lautet:

§ 648 BGB

Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werks den Vertrag jederzeit kündigen. Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.


OLG Hamburg: Verletzung der Unionsmarle "T" der Telekom durch ein aus Punkten bestehendes T-Logo für Apps von Telefonica

OLG Hamburg
Urteil vom 29.09.2022
5 U 91/21


Das OLG Hamburg hat entschieden, dass eine Verletzung der Unionsmarle "T" der Telekom durch ein aus Punkten bestehendes T-Logo, welches von Telefonica für Apps verwendet wird, vorliegt.

Aus den Entscheidungsgründen:
"(e) Bei gesteigerter Kennzeichnungskraft der Verfügungsmarke Abbildung, jedenfalls geringer Zeichenähnlichkeit und Waren/Dienstleistungsidentität oder hoher Ähnlichkeit besteht auch unter Berücksichtigung einer Wechselwirkung eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr.

Beim Zeichenvergleich mit der isolierten Nutzung besteht unmittelbare markenrechtliche Verwechslungsgefahr.

Im Hinblick auf den selbständig kennzeichnenden Zeichenbestandteil Abbildung in den angegriffenen Kombinationszeichen ist von einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn auszugehen. Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn liegt vor, wenn ein mit der älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine komplexe Marke aufgenommen wird, in der er neben einem Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen eine selbstständig kennzeichnende Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (BGH GRUR 2008, 258 Rn. 33 – INTERCONNECT/T-InterConnect; Büscher/Kochendörfer in BeckOK UMV, Büscher/Kochendörfer, 25. Ed., Art. 8 Rn. 232). Die erforderlichen besonderen Umstände werden eher gegeben sein, wenn der betreffende Zeichenbestandteil mit der Klagemarke identisch oder ihr hochgradig ähnlich ist (Büscher/Kochendörfer in BeckOK UMV, Büscher/Kochendörfer, 25. Ed., Art. 8 Rn. 232). Besondere Umstände, aufgrund deren der Verkehr wirtschaftliche oder organisatorische Zusammenhänge annimmt, können außerdem dann vorliegen, wenn der Verkehr in der älteren Marke zugleich ein Unternehmenskennzeichen oder eine bekannte Marke erkennt (Büscher/Kochendörfer in BeckOK UMV, Büscher/Kochendörfer, 25. Ed., Art. 8 Rn. 232). Vorliegend wird wegen der Ähnlichkeit des Bestandteils Abbildung mit der älteren Marke Abbildung bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Es handelt sich – wie noch auszuführen ist – bei der älteren Marke Abbildung um eine bekannte Marke und zugleich ein Unternehmenskennzeichen. Wie auch das angegriffene Zeichen Abbildung zeigt, ist der Verkehr im maßgeblichen Telekommunikationssektor daran gewöhnt, das verschiedene Unternehmenskennzeichen in Kombination verwendet werden, um die wirtschaftliche Verbindung darzustellen. Diese Gewohnheit des Verkehrs spricht im Streitfall für eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn.

Ob einzelne Waren / Dienstleistungen von einem Verbot gem. Art. 9 Abs. 2 lit. b) UMV auszunehmen sind, kann vorliegend offenbleiben, da – wie noch auszuführen ist – jedenfalls ein umfassender Anspruch aus Bekanntheitsschutz gem. Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV besteht.

(4) Der Antragstellerin stehen die gegenüber der Antragsgegnerin zu 1) verfolgten Ansprüche überwiegend wahrscheinlich aus Bekanntheitsschutz gem. Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV zu, auch hinsichtlich der Anträge I.c) und I.e), die sich gegen firmenmäßige Verwendungen als Kennzeichen für ein Telekommunikationsunternehmen richten und die folgende Zeichennutzungen zum Gegenstand haben:

Abbildung, Abbildung, Abbildung, Abbildung (Antrag I.c)

Abbildung(Antrag I.e).

(a) Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV sieht einen erweiterten Schutz solcher Unionsmarken vor, die in der Union bekannt sind, sofern der Nutzende die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Unionsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Hintergrund für den erweiterten Schutz des Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV ist der Umstand, dass vor allem bekannten Marken ein eigener wirtschaftlicher Wert zukommt, der unabhängig von den Waren und Dienstleistungen besteht, für die sie eingetragen sind (Grundmann in BeckOK MarkenR, 30. Ed., MarkenG Art. 9 UMV Rn. 32). Schutz gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV besteht für ähnliche und unähnliche Waren und Dienstleistungen (Müller in in BeckOK UMV, Büscher/Kochendörfer, 25. Ed., Art. 9 Rn. 47). Voraussetzung für den erweiterten Schutz einer Marke insbesondere gegen die Ausnutzung der Unterscheidungskraft und Wertschätzung ist zunächst das Vorliegen einer bekannten Marke, wobei die Bekanntheit im Gebiet eines einzigen Mitgliedstaates ausreichend sein kann (EuGH GRUR 2015, 1002 Rn. 19 – IRON & SMITH/UNILEVER).

Eine Marke ist bekannt, wenn sie einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt ist, das von den durch die Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen betroffen ist, ohne dass bestimmte Prozentsätze des Bekanntheitsgrades zu fordern sind (vgl. EuGH GRUR 2009, 1158, 1159 Rn. 24 – PAGO/Tirolmilch; BGH GRUR 2003, 428, 432 – BIG BERTHA; BGH GRUR 2014, 378, 379 Rn. 22 – OTTO CAP). Erforderlich ist eine Bekanntheit als Kennzeichnungsmittel für bestimmte Waren oder Dienstleistungen (vgl. BGH GRUR 2004, 235, 238 – Davidoff II). Maßgeblich sind bei der Prüfung dieser Voraussetzungen alle relevanten Umstände des Falls, also insbesondere der Marktanteil der älteren Marke, die Intensität, die geografische Ausdehnung und die Dauer ihrer Benutzung sowie der Umfang der Investitionen, die das Unternehmen zu ihrer Förderung getätigt hat (BGH GRUR 2011, 1043, 1045 Rn. 42 – TÜV II; BGH GRUR 2014, 378, 379 Rn. 22 – OTTO CAP). Das Merkmal der „Bekanntheit“ ist nicht rein quantitativ im Sinne einer Auswertung demoskopischer Gutachten zu verstehen, sondern es umfasst auch qualitative Aspekte, wobei sämtliche Faktoren in eine wertende Gesamtbeurteilung eingehen (BGH GRUR 2003, 1040, 1044 – Kinder). Die Tatsachen, aus denen sich eine Bekanntheit der Marke ergibt, können allgemeinbekannt und deshalb offenkundig im Sinne des § 291 ZPO sein. Dazu zählt auch, ob die Marke während eines längeren Zeitraums in weitem Umfang auf dem Markt erscheint und jedermann gegenübertritt (BGH GRUR 2014, 378 Rn. 22, 27 – OTTO CAP).

(b) Zu Recht hat das Landgericht eine Bekanntheit der Verfügungsmarke Abbildung im vorgenannten Sinn hinsichtlich des Kernbereichs der Telekommunikationsdienstleistungen und der Telekommunikationstechnologie angenommen. Angesprochener Verkehrskreis ist das allgemeine Publikum, sind also auch die Mitglieder des Senats. Eine 20jährige umfangreiche Nutzung der Verfügungsmarke (auch in abweichender Farbgestaltung) für Telekommunikationsdienstleistungen und Telekommunikationstechnologie und in der Werbung ist – wie ausgeführt – im vorliegenden Verfahren dargetan, glaubhaft gemacht und auch gerichtsbekannt. Hinzu kommt ein unwidersprochen dargetaner hoher Markenwert der Marke Abbildung im Jahr 2021 als zweitwertvollste deutsche Marke mit einem Brand Value von 47,096 Mio. USD (vgl. Anlage Ast 31), der auch auf die Verfügungsmarke Abbildung einzahlt. Schließlich ergibt sich – überwiegend wahrscheinlich – eine Bekanntheit der Marke i.S.v. Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV auch aus der jüngsten von der Antragstellerin vorgelegten Verkehrsbefragung gem. Anlage BB 59 der Pflüger Rechtsforschung GmbH vom 03.08.2022 (Durchführung der Interviews im Juli 2022). Diese Verkehrsbefragung hat für die Verfügungsmarke im Zusammenhang mit Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation bei der Gesamtbevölkerung einen bereinigten Kennzeichnungsgrad von mehr als 80 % (89,2 %, vgl. S. 8 der Anlage BB 59) ergeben. Der erforderliche Grad an Bekanntheit beim maßgeblichen Publikum, dem allgemeinen Publikum in Deutschland, ist damit für den Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen glaubhaft gemacht.

(c) Der EuGH legt bei der Beurteilung des Bekanntheitsschutzes anstelle der Verwechslungsgefahr ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der gedanklichen Verknüpfung zu Grunde (EuGH GRUR 2009, 756 Rn. 36 – L’Oréal/Bellure; Mielke in BeckOK Markenrecht, Kur/v. Bomhard/Albrecht, 30. Ed., § 14 Rn. 537). Danach kann ein geringerer Grad an Zeichenähnlichkeit genügen, als er für die Verwechslungsgefahr erforderlich wäre (Mielke in BeckOK Markenrecht, Kur/v. Bomhard/Albrecht, 30. Ed., § 14 Rn. 537). Weiter ist eine herkunftshinweisende Zeichennutzung nicht zwingend erforderlich, wohl aber eine Benutzung, die geeignet ist, eine tatbestandsmäßige Beeinträchtigung der bekannten Marke hervorzurufen (Mielke in BeckOK Markenrecht, Kur/v. Bomhard/Albrecht, 30. Ed., § 14 Rn. 541). Demnach kann auch bei nicht markenmäßiger Benutzung, etwa einem firmenmäßigen Gebrauch wie vorliegend zum Teil angegriffen, ein Anspruch aus Bekanntheitsschutz in Betracht kommen. Zudem stimmt bei Dienstleistungskennzeichen das Zeichen in vielen Fällen mit dem Unternehmenskennzeichen überein, so dass firmenmäßige und markenmäßige Benutzung häufiger ineinander übergehen (BGH GRUR 2008, 616 Rn. 13 – AKZENTA).

Die erforderliche gedankliche Verknüpfung, die einen geringeren Grad an Zeichenähnlichkeit erfordert als die Verwechslungsgefahr, liegt hier insbesondere auch hinsichtlich der mit den Anträgen I.c) und I.e) angegriffenen Zeichennutzungen vor. Hinsichtlich der übrigen Zeichennutzungen kann auf die obigen Ausführungen zur Verwechslungsgefahr verwiesen werden. Der Verkehr nimmt eine gedankliche Verknüpfung zwischen der Verfügungsmarke auch mit den angegriffenen Zeichen

Abbildung, Abbildung, Abbildung, Abbildung (Antrag I.c) und


Abbildung(Antrag I.e) vor. Auch in den vorgenannten zusammengesetzten Zeichen nimmt das Abbildung aus den oben genannten Gründen wiederum jedenfalls eine selbständig kennzeichnende Stellung ein, wenn der Verkehr nicht sogar, was insbesondere beim Zeichen gem. Antrag I.e) naheliegt, eine Mehrfachkennzeichnung annehmen wird, bei der der Bestandteil Abbildungals eigenständiges Zeichen wahrgenommen wird. Da jedoch auch bei Annahme einer selbständig kennzeichnenden Stellung innerhalb eines Kombinationszeichens – wie ausgeführt – eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn überwiegend wahrscheinlich anzunehmen ist, kann im Streitfall die Abgrenzung zwischen einem Kombinationszeichen und einer Mehrfachkennzeichnung offenbleiben.

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Die im Wesentlichen dem Tatrichter obliegende Beurteilung der Frage, ob eine gedankliche Verknüpfung gegeben ist, hat unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falls zu erfolgen, zu denen der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, die Art der fraglichen Waren und Dienstleistungen einschließlich des Grads ihrer Nähe, das Ausmaß der Bekanntheit der Klagemarke, ihre originäre oder durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft und das Bestehen von Verwechslungsgefahr zählen (BGH GRUR 2019, 165 Rn. 18 – keine-vorwerk-vertretung).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze und unter Berücksichtigung der vorliegenden Einzelfallumstände liegt hinsichtlich aller angegriffenen Zeichennutzungen eine gedankliche Verknüpfung bei den angesprochenen Verkehrskreisen vor. Die Bekanntheit der Verfügungsmarke ist hoch. Die Parteien zählen zu den großen Telekommunikationsdienstleistern in Deutschland, was eine Nähe zwischen den Unternehmen begründet. Auch unter Berücksichtigung einer aufgrund der grafischen Unterschiede im Ergebnis als mindestens gering anzusehenden Zeichenähnlichkeit wird der Verkehr aufgrund des jedenfalls selbständig kennzeichnenden Zeichenbestandteils Abbildung und des im Kernbereich identischen Waren- und Dienstleistungsangebots eine gedankliche Verknüpfung zur Antragstellerin und deren Produkten herstellen, die über eine bloße Assoziation hinausgeht. Dies gilt hinsichtlich aller angegriffenen Zeichennutzungen, auch wenn der Grad der Nähe der fraglichen Waren und Dienstleistungen z.T. geringer ist. Denn auch dort wirken sich die hohe Bekanntheit der Verfügungsmarke und die Nähe der vorliegend gegenüberstehenden Unternehmen aus.

(d) Offenbleiben kann im Streitfall, ob eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft vorliegt, da jedenfalls eine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung und Unterscheidungskraft gegeben ist.

(aa) Der Nachweis, dass die Benutzung der jüngeren Marke die Unterscheidungskraft der älteren Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen würde, setzt voraus, dass dargetan wird, dass sich das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers der Waren oder Dienstleistungen, für die die ältere Marke eingetragen ist, in Folge der Benutzung der jüngeren Marke geändert hat oder dass die ernsthafte Gefahr einer künftigen Änderung dieses Verhaltens besteht (EuGH GRUR 2009, 56 Rn. 77 – Intel Corporation/CPM United Kingdom). Die Anforderungen an die (potentielle) Änderung des Verbraucherverhaltens sind nach jüngster Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht hoch; die Gefahr, dass eine Marke einen Bedeutungsverlust erleidet und damit einhergehend für den Verkehr von abnehmender Relevanz ist, ist für eine solche Annahme bereits ausreichend (vgl. BGH GRUR 2020, 401 Rn. 47 – ÖKO-TEST I; Müller-Broich in Büscher/Kochendörfer, BeckOK UMV, 25. Ed., Art. 8 Rn. 521). Leidet das Ansehen der Marke, so folgt hieraus ohne Weiteres eine hinreichende Gefahr, dass Verbraucher sich bei ihrer Kaufentscheidung in abnehmendem Maße vom Logo der Klägerin beeinflussen lassen (BGH GRUR 2020, 401 Rn. 47 – ÖKO-TEST I). Ob vorliegend durch die angegriffenen Zeichennutzungen ein Ansehensverlust der Verfügungsmarke zu befürchten ist, kann jedoch offenbleiben.

(bb) Denn es liegt – überwiegend wahrscheinlich – eine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung und Unterscheidungskraft vor.

(i) Versucht ein Dritter, sich durch die Verwendung eines mit einer bekannten Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren und, ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen, die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke auszunutzen, so ist der sich aus dieser Verwendung ergebende Vorteil als eine unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der Marke anzusehen (BGH GRUR 2020, 405 Rn. 58 – ÖKO-TEST II). Anders als bei der Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft kommt es bei deren Ausnutzung nicht darauf an, ob eine Änderung des wirtschaftlichen Verhaltens der von der bekannten Marke angesprochenen Durchschnittsverbraucher festzustellen ist oder droht (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl., § 14 Rn. 393). Die Ausnutzung der Unterscheidungskraft einer Marke wird oft mit einer Ausnutzung der Wertschätzung einhergehen, dies muss aber nicht sein (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl., § 14 Rn. 394). Auch ohne eine gedankliche Partizipation an etwaigen mit der Marke verbundenen Gütevorstellungen kann eine Ausnutzung der Unterscheidungskraft in der Weise erfolgen, dass sich der Verletzer den Aufmerksamkeitswert der Marke zunutze machte (Aufmerksamkeitsausbeutung, vgl. BGH GRUR 2005, 583, 584 – Lila-Postkarte, OLG Köln GRUR-RR 2019, 466 Rn. 26 – Küchenmaschinen-Rezepte).

Eine blickfangmäßige Zeichenverwendung, um auf die angebotenen Dienstleistungen aufmerksam zu machen, kann als Zueigenmachen der Werbe- und Kommunikationsfunktion der bekannten Marke angesehen werden, so dass sich das Verletzerzeichen in deren Sogwirkung begibt, um von dem fremden guten Ruf zugunsten des eigenen Absatzes zu profitieren (vgl. OLG Köln GRUR-RR 2019, 466 Rn. 26 – Küchenmaschinen-Rezepte).

(ii) Die vorgenannten Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Durch das vorliegend angegriffene „T-Rebranding“ und den neuen Markenauftritt soll Aufmerksamkeit auf die Dienstleistungen der Antragsgegnerinnen gezogen werden. Dass der neue Markenauftritt der Antragsgegnerinnen zu einer deutlich höheren Aufmerksamkeit mit hierdurch höheren Kaufanreizen führen wird, erscheint naheliegend. Es liegt eine blickfangmäßige Herausstellung des Abbildungvor, worin – wie ausgeführt – ein Zueigenmachen der Werbe- und Kommunikationsfunktion der bekannten Marke Abbildung zu sehen ist. Die Antragsgegnerinnen begeben sich damit in die Sogwirkung der bekannten Marke Abbildung.

(iii) Es liegt auch das Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit vor. Die Unlauterkeit der Zeichenverwendung ist aufgrund aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen und umso eher zu bejahen, desto höher der Bekanntheitsgrad der bekannten Marke, deren Unterscheidungskraft, Originalität und Werbewert sowie die daraus resultierenden Möglichkeiten einer Beeinträchtigung der Marke sind (Mielke in BeckOK Markenrecht, Kur/v. Bomhard/Albrecht, 30. Ed., § 14 Rn. 550). Dabei ist dem Tatbestandsmerkmal des Ausnutzens der Unterscheidungskraft die Unlauterkeit bereits immanent, weshalb eine Markennutzung unter Verwirklichung dieser Eingriffstatbestandsmerkmale stets als unlauter zu qualifizieren ist (BGH GRUR 2005, 583, 584 – Lila Postkarte). So liegt der Fall auch hier.

(e) Aus Bekanntheitsschutz besteht ein Anspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin zu 1) gemäß Antrag I.a). Im Streitfall besteht für den Unterlassungsanspruch auch Erstbegehungsgefahr für eine markenmäßige Verwendung der Kollisionszeichen durch die Markenanmeldung. Denn die Anmeldung eines Zeichens als Marke begründet im Regelfall die Vermutung, dass eine Benutzung des Zeichens für die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen in naher Zukunft bevorsteht, wenn keine konkreten Umstände vorliegen, die gegen eine solche Benutzungsabsicht sprechen (st. Rspr, vgl. BGH GRUR 2014, 382 Rn. 30 – REAL-Chips). Im Streitfall greift diese Regelvermutung ein. Gegenteilige Umstände machen die Antragsgegnerinnen nicht geltend und sind auch nicht ersichtlich. Auf eine Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen kommt es für den Anspruch aus Bekanntheitsschutz – wie ausgeführt – nicht an, solange – wie hier – jeweils eine gedankliche Verknüpfung beim angesprochenen Verkehr anzunehmen ist. Einer gedanklichen Verknüpfung steht auch nicht entgegen, dass der Verkehr aufgrund einer Zeichennutzung auf der Webseite der Antragsgegnerinnen eine Verbindung zu diesen herstellt. Denn dies geht nicht über die Verknüpfung über den als Unternehmenskennzeichen erkannten Zeichenbestandteil „Telefónica“ hinaus. Die hohe Bekanntheit der Verfügungsmarke, die Nähe der gegenüberstehenden Unternehmen und die Kennzeichnungsgewohnheiten im Telekommunikationsbereich sprechen vorliegend überwiegend wahrscheinlich auch in diesen Fällen für eine gedankliche Verknüpfung beim angesprochenen Verkehr.

(f) Aus Bekanntheitsschutz besteht auch ein Anspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin zu 1) gemäß Antrag I.b). Ein hinreichender Inlandsbezug der dem Antrag zugrunde liegenden Verletzungshandlung ist gegeben, weshalb Wiederholungsgefahr vorliegt.

(aa) Nicht jedes im Inland abrufbare Angebot für Dienstleistungen oder Waren aus dem Ausland im Internet löst bei Verwechslungsgefahr mit einem inländischen Kennzeichen kennzeichenrechtliche Ansprüche aus. Erforderlich ist, dass das Angebot einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug („commercial effect“) aufweist (BGH MMR 2018, 306 Rn. 37 – Resistograph). Es sind im Rahmen einer vorzunehmenden Gesamtabwägung die Auswirkungen der Kennzeichenbenutzung auf die inländischen wirtschaftlichen Interessen des Zeicheninhabers zu berücksichtigen. Weiter ist maßgebend, ob und inwieweit die Rechtsverletzung sich als unvermeidbare Begleiterscheinung technischer oder organisatorischer Sachverhalte darstellt, auf die der in Anspruch Genommene keinen Einfluss hat, oder ob dieser etwa durch die Schaffung von Bestellmöglichkeiten aus dem Inland oder die Lieferung auch ins Inland zielgerichtet von der inländischen Erreichbarkeit profitiert (BGH MMR 2018, 306 Rn. 37 – Resistograph).

(bb) Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze ist die Annahme eines hinreichenden Inlandsbezugs der in Deutschland im Google Play Store abrufbaren, spanisch-sprachigen „Telefónica Check-in“-App durch das Landgericht zu Recht erfolgt. Die Antragsgegnerinnen haben unter Vorlage der als Anlage LSG 11 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung von Herrn Rafael Fernadez de Alarcón zwar geltend gemacht, die App sei ausschließlich für Hostessen in Spanien im Hinblick auf Veranstaltungen wie Messen in Spanien bestimmt gewesen. Jedoch handelte es sich – unwidersprochen – bei der Verfügbarkeit der App im deutschen Google Play Store nicht um eine unvermeidbare technische Begleiterscheinung, da aktiv die Länder ausgewählt werden müssen, in denen die App veröffentlicht werden soll. Durch diese technische Maßnahme ist von einer ursprünglich gezielten Adressierung auch des deutschen Marktes beim Angebot der Check-In App auszugehen. Dies ist vorliegend hinreichend.

(g) Aus Bekanntheitsschutz besteht auch ein Anspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin zu 1) gemäß Antrag I.c) bis I.e). Durch entsprechend dargetane und glaubhaft gemachte Zeichennutzungen mit Inlandsbezug besteht Wiederholungsgefahr. Anspruch besteht auch gegen firmenmäßige Verwendungen, so lange – wie hier – eine gedankliche Verknüpfung vorliegt. Beim hier vorliegenden Dienstleistungskennzeichen gehen zudem – wie ausgeführt – markenmäßiger und firmenmäßiger Gebrauch ineinander über.

bbb. Gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) bestehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus der nationalen Marke 39529531 Abbildung aufgrund von Verwechslungsgefahr und aus Bekanntheitsschutz gemäß §§ 14 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 MarkenG.

(1) Im Bereich der Identität oder hochgradigen Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen besteht ein Anspruch aus Verwechslungsgefahr gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

(a) Die nationale Wort-Bildmarke 39529531 Abbildung ist zugunsten der Antragstellerin am 19.07.1995 angemeldet und am 04.01.1996 eingetragen worden mit Schutz für diverse Waren/Dienstleistungen in den Klassen 9, 14, 16, 18, 25, 28, 36, 37, 38, 41, 42, insbesondere für Reparatur und Installation von Einrichtungen für die Telekommunikation, Telekommunikation, Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation.

(b) Die Marke steht in Kraft. Die von den Antragsgegnerinnen erhobene Einrede der Nichtbenutzung gem. §§ 25, 26 MarkenG bleibt ohne Erfolg. Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie oben zur Unionsmarke ausgeführt, insbesondere zu einer rechtserhaltenden Benutzung in abweichender Form gem. § 26 Abs. 3 MarkenG, so dass auf die obigen Ausführungen verwiesen wird.

(c) Weiter besteht auch aus der nationalen Wort-Bildmarke 39529531 Abbildung – jedenfalls im Waren-/Dienstleistungsidentitätsbereich und hohen Ähnlichkeitsbereich – Verwechslungsgefahr gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG im Hinblick auf die gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) angegriffenen Zeichennutzungen, hinsichtlich der eine markenmäßige Verwendung beanstandet wird:

Abbildung, Abbildung, Abbildung, Abbildung(Antrag II.a).

(aa) Die Kennzeichnungskraft der nationalen Verfügungsmarke 39529531 Abbildung ist aufgrund langjähriger und umfangreicher Nutzung und Bekanntheit bei den angesprochenen Verkehrskreisen, dem allgemeinen Publikum, hoch, was den Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen und der Telekommunikationstechnologie angeht. Eine Schwächung der Kennzeichnungskraft der Verfügungsmarke Abbildung im maßgeblichen Zeitpunkt der konkreten Kollisionslage (hier April / Mai 2021), auf den es für den Grad der Kennzeichnungskraft ankommt, ist nicht anzunehmen. Zum Grad der Kennzeichnungskraft kann insoweit vollumfänglich auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Es ergibt sich hinsichtlich der nationalen Verfügungsmarke keine abweichende Bewertung.

(bb) Es besteht zwischen der Verfügungsmarke Abbildung und den gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) angegriffenen Zeichennutzungen wiederum eine jedenfalls geringe Zeichenähnlichkeit und keine – wie die Antragsgegnerinnen geltend machen – absolute Zeichenunähnlichkeit.

Dabei kommt wiederum dem Bestandteil Abbildung in den angegriffenen Zeichennutzungen jedenfalls bei der Prüfung des Gesamteindrucks eine selbständig kennzeichnende Stellung zu, wenn es sich nicht sogar um ein eigenes Zeichen (Zweitzeichen) in einer Mehrfachkennzeichnung handelt. Im Grundsatz gelten auch hier die obigen Ausführungen. Das Bildelement – grafisch ausgestaltetes Abbildung – nimmt in den jeweils angegriffenen zusammengesetzten Zeichen eine abgesonderte Stellung ein, es ist vorangestellt neben vom Verkehr eindeutig als Unternehmenskennzeichen erkannten weiteren Zeichen (Telefónica und O2). Auch „Telefónica Deutschland“ wird vom Verkehr ohne weiteres als Unternehmensbezeichnung erkannt. Die abgesonderte Stellung neben eindeutig als solchen erkannten Unternehmenskennzeichen in der Art eines Logos führt im Streitfall zur Bejahung jedenfalls einer selbständig kennzeichnenden Stellung, wenn nicht insbesondere im Zeichen Abbildunggar zur Annahme einer Mehrfachkennzeichnung. Letztlich kann diese Abgrenzung im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren – wie ausgeführt – offenbleiben, da die Prüfung der Verwechslungsgefahr in beiden Fällen zum gleichen Ergebnis führt.

Beim Bildzeichenvergleich wird der Verkehr wiederum sowohl in der Verfügungsmarke als auch im selbständig kennzeichnenden Zeichenbestandteil ohne Weiteres ein „T“ erkennen können, so dass beide gegenüberstehenden Zeichen auf die gleiche Art ausgesprochen werden können (vgl. EuG BeckRS 2018, 2761 Rn. 64). Klanglich und begrifflich ist daher eine hochgradige Zeichenähnlichkeit gegeben. Jedoch kommt es – wie ausgeführt – beim Bildzeichenvergleich von Einzelbuchstabenmarken maßgeblich auf deren grafische Ausgestaltung an. Hier wird der Verkehr auch bei einem undeutlichen Erinnerungseindruck – wie ausgeführt – die bildlichen Unterschiede zwischen Abbildung und Abbildung wahrnehmen, insbesondere deshalb, weil es sich bei der Verfügungsmarke um eine bekannte Marke handelt, die dem Verkehr besonders im Gedächtnis ist und weil der Verkehr bei Einzelbuchstaben-Bildmarken besonders auf die grafische Ausgestaltung achtet. Dennoch entsteht – wie ausgeführt – kein gänzlich abweichender Gesamteindruck, so dass sich im Ergebnis eine Zeichenähnlichkeit zwischen Abbildung und Abbildung entgegen der Ansicht der Antragsgegnerinnen nicht verneinen lässt.

(cc) Bei gesteigerter Kennzeichnungskraft der Verfügungsmarke Abbildung, jedenfalls geringer Zeichenähnlichkeit und Waren/Dienstleistungsidentität oder hoher Ähnlichkeit besteht auch unter Berücksichtigung einer Wechselwirkung eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr. Wie vorstehend ausgeführt können auch hier die weiteren Einzelheiten dahinstehen.

(2) Die gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) geltend gemachten Unterlassungsansprüche sind vorliegend überwiegend wahrscheinlich vollumfänglich aus Bekanntheitsschutz gem. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG begründet, und zwar auch, soweit sich die Antragstellerin mit ihren Anträgen II.b) und II.c) gegen eine firmenmäßige Zeichenverwendung wendet:

Abbildung (Antrag II.b) und

Abbildung, Abbildung(Antrag II.c).

(a) Die nationale Verfügungsmarke Abbildung ist eine in Deutschland „bekannte Marke“ i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

(b) Es besteht eine (mindestens geringe) Zeichenähnlichkeit und keine absolute Zeichenunähnlichkeit.

Voraussetzung des Bekanntheitsschutzes ist nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG die Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Zeichen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an die Zeichenähnlichkeit im Rahmen des Bekanntheitsschutzes keine strengeren Anforderungen zu stellen, sondern es ist vielmehr nach den gleichen Maßstäben wie bei Prüfung der Verwechslungsgefahr nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG festzustellen, ob eine klangliche, schriftbildliche oder begriffliche Ähnlichkeit besteht (BGH GRUR 2009, 672 Rn. 49 – OSTSEE-POST). Bei absoluter Zeichenunähnlichkeit kann demzufolge kein Bekanntheitsschutz gewährt werden, selbst wenn das angegriffene Zeichen Assoziationen an die bekannte Marke hervorruft (BGH GRUR 2004, 779 (783) – Zwilling/Zweibrüder).

Im Streitfall liegt eine (mindestens geringe) Zeichenähnlichkeit vor.

(c) Wie ausgeführt ist auch das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal einer gedanklichen Verknüpfung gegeben.

Die rechtsverletzende Benutzung eines mit der bekannten Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG erfordert keine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion (BGH GRUR 2019, 165 Rn. 18 – keine-vorwerk-vertretung). Ausreichend ist, dass die beteiligten Verkehrskreise die einander gegenüberstehenden Zeichen gedanklich miteinander verknüpfen (BGH GRUR 2019, 165 Rn. 18 – keine-vorwerk-vertretung). Dies ist – wie ausgeführt – vorliegend der Fall, und zwar auch hinsichtlich aller drei angegriffenen Zeichennutzungen gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) (Anträge II.a), II.b) und II.c)). Es besteht bei den Anträgen gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) zudem eine hochgradige Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen bzw. sogar Identität. Die angesprochenen Verkehrskreise werden daher auch unter Berücksichtigung einer aufgrund der grafischen Unterschiede im Ergebnis als mindestens gering anzusehenden Zeichenähnlichkeit aufgrund des Zeichenbestandteils Abbildungund des im Kernbereich identischen Waren- und Dienstleistungsangebots eine gedankliche Verknüpfung zur Antragstellerin und deren Produkten herstellen, die über eine bloße Assoziation hinausgeht, und zwar bei sämtlichen angegriffenen Zeichennutzungen.

(d) Wiederum kann offenbleiben, ob eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft vorliegt, da jedenfalls eine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung und Unterscheidungskraft vorliegend – wie ausgeführt – gegeben ist. Insoweit kann vollumfänglich auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

(e) Es besteht jeweils Wiederholungsgefahr, indiziert durch erfolgte Verletzungshandlungen. Ein Unterlassungsanspruch besteht auch gegen firmenmäßige Verwendungen, da – wie hier – eine gedankliche Verknüpfung gegeben ist. Beim hier vorliegenden Dienstleistungskennzeichen gehen zudem – wie ausgeführt – markenmäßiger und firmenmäßiger Gebrauch ineinander über."


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OLG Köln: Zeichenfolgen "INCA" bzw. "incca" - Keine Branchennähe bei bei Verwendung für Software einerseits und toolbasiertes Influencer Marketing andererseits

OLG Köln
Urteil vom 09.09.2022
6 U 18/22


Das OLG Köln hat hinsichtlich der Zeichenfolgen "INCA" bzw. "incca" entschieden, dass keine Branchennähe bei Verwendung für Software einerseits und toolbasiertes Influencer Marketing andererseits besteht.

Aus den Entscheidungsgründen:
c. Ein Unterlassungsanspruch scheitert aber auch hier an der für eine Verwechslungsgefahr erforderlichen Branchennähe. Für die Beurteilung der Branchennähe kommt es in erster Linie auf die Produktbereiche und Arbeitsgebiete an, die nach der Verkehrsauffassung typisch für die Parteien sind. Anhaltspunkte für eine Branchennähe können Berührungspunkte der Waren oder Dienstleistungen der Unternehmen auf den Märkten sowie Gemeinsamkeiten der Vertriebswege und der Verwendbarkeit der Produkte und Dienstleistungen sein.

In die Beurteilung einzubeziehen sind naheliegende und nicht nur theoretische Ausweitungen der Tätigkeitsbereiche der Parteien. Im Einzelfall können auch Überschneidungen in Randbereichen der Unternehmenstätigkeiten zu berücksichtigen sein (BGH, Urteil vom 20.01.2011 – I ZR 10/09 – juris Rn. 23 mwN - BCC). Für die Bestimmung des Tätigkeitsbereichs kommt es nicht entscheidend darauf an, dass der Inanspruchgenommene eine bestimmte Software benutzt, wenn die Dienstleistungen, die er für seine Kunden erbringt und nicht die Mittel (die eingesetzte Software) im Vordergrund stehen, deren sie sich bedient (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.2011 – I ZR 10/09 – juris Rn. 26 - BCC).

aa. Im vorliegenden Fall wird von der Beklagten die Software als Mittel zur Durchführung ihrer Marketingleistungen eingesetzt, auch wenn das Tool eine neue und wichtige Komponente ihrer unter „INCA“ angepriesenen Leistung darstellt. Sie vertreibt aber keine Softwareprodukte, sondern bietet letztlich nur ihre Influencer-Marketing-Strategie darunter an (s.o.).

bb. Es mag unterstellt werden, dass die Klägerin auch eine solche Software auf Anfrage und Kundenvorgaben programmieren könnte, was aber nach wie vor in die Branche der Softwareentwicklung und des -vertriebs fiele. In der Vermarktungsbranche ist sie bisher nicht tätig. Sie unterstützt mit ihrer Softwareprogrammierung möglicherweise auch eigene Marketingstrategien ihrer Kunden, wie etwa durch Erstellen von Newslettern und Ansichten von Webseiten. Sie bietet aber keine Werbestrategien und –beratungen an. In der Klageschrift heißt es u.a.: „Die Klägerin ist ein 1998 gegründetes Softwareunternehmen, dessen Gegenstand die Entwicklung und der Vertrieb von Standard- und Individualsoftware ist.“

cc. Dagegen gab die Beklagte ausweislich einer Pressemitteilung vom 3. Dezember 2020 bekannt, eine neue Influencer Marketing-Lösung unter der Bezeichnung „INCA“ zu starten, die Werbekunden als Ergänzung zu maßgeschneiderten Influencer Content Produktionen erstmals tool-basiertes markensicheres Influencer Marketing ermögliche. Das von der Beklagten angebotene Performance-Tool steht gerade nicht für sich allein und steht auch nicht zum Verkauf. Kunden können das Tool nicht erwerben. Sie wenden sich vielmehr an die Beklagte, die dann – statt manuell – mit diesem Tool klassische Leistungen einer Influencer-Marketing-Kampagnen-Begleitung erbringt (s.o.)

dd. Das Angebot von Softwareprodukten für Online-Shops und Webauftritten und das Angebot der Steuerung
von Influencer-Marketing- Kampagnen weisen keine Berührungspunkte auf, die eine Branchennähe vermuten
ließen. Zwar mögen Unternehmen, die Softwareprodukte erwerben, sich auch für Influencer-Marketing interessieren. Diese Nähe besteht aber in einer Vielzahl von Bereichen, weil von Unternehmen unterschiedlichster
Branchen Software benötigt wird. Über diese Gemeinsamkeit hinaus weisen die beiden Branchen keine besondere Nähe oder Überlappung hinsichtlich Verwendbarkeit oder Vertriebsweg auf.

d. Allein die theoretische Gefahr, dass Kunden, die die Klägerin aus dem Bereich der Softwareprogrammierung und -implementierung kennen, möglicherweise bei der Begegnung mit dem Angebot der Beklagten im Bereich des Marketings annehmen könnten, die zur Erfüllung der Marketing-Leistung genutzte Software stamme von der Klägerin, genügt nicht, um einen Unterlassungsanspruch nach § 14 oder § 15 MarkenG zu begründen, weil als Tatbestandsvoraussetzung das Verbietungsrecht des Markeninhabers an die Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen bzw. der Branchennähe der Parteien anknüpft, die hier nicht gegeben ist.


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EuG: "ANDORRA" kann nicht als Unionsmarke eingetragen werden da es als Hinweis auf die geografische Herkunft der betreffenden Waren und Dienstleistungen aufgefasst wird

EuG
Urteil vom 23.02.2022
T-806/19
Govern d'Andorra / EUIPO (Andorra)


Das EuG hat entschieden, dass "ANDORRA" nicht als Unionsmarke eingetragen werden kann, da es als Hinweis auf die geografische Herkunft der betreffenden Waren und Dienstleistungen aufgefasst wird und somit ein absolutes Eintragungshindernis besteht.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Das Gericht bestätigt, dass das Bildzeichen ANDORRA nicht als Unionsmarke für mehrere Waren und Dienstleistungen eingetragen werden kann

Die Marke hat beschreibenden Charakter und kann von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Hinweis auf die Herkunft der betreffenden Waren und Dienstleistungen wahrgenommen werden Im Juni 2017 meldete der Govern d’Andorra (Regierung des Fürstentums Andorra) nach der Verordnung über die Unionsmarke beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum
(EUIPO) das folgende Bildzeichen für ein breites Spektrum an Waren und Dienstleistungen als Unionsmarke an:

Das EUIPO wies die Anmeldung im Februar 2018 zurück. Diese Zurückweisung wurde mit einer Entscheidung vom 26. August 2019 bestätigt. Das EUIPO war insbesondere der Ansicht, dass das Zeichen zum einen als Bezeichnung der geografischen Herkunft der betreffenden Waren und Dienstleistungen oder als des Ortes wahrgenommen würde, an dem die Dienstleistungen erbracht werden. Zum anderen sei das Zeichen ANDORRA nicht unterscheidungskräftig, da es lediglich über diese geografische Herkunft informiere, nicht aber über die besondere betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen Auskunft gebe.

Der Govern d’Andorra erhob gegen die Entscheidung des EUIPO Klage beim Gericht der Europäischen Union.

Mit seinem heutigen Urteil weist das Gericht die Klage in vollem Umfang ab.

Der Govern d’Andorra macht insbesondere geltend, dass es sich bei Andorra nicht um ein Land handele, das für die Herstellung der betreffenden Waren und die Erbringung der fraglichen Dienstleistungen bekannt sei, so dass für den Verbraucher keine tatsächliche oder potenzielle Beziehung zwischen den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen und der angemeldeten
Marke bestehe, die die Annahme zuließe, dass der Begriff „andorra“ eine geografische Herkunft im Sinne der Verordnung angebe. Das Gericht prüft daher den beschreibenden Charakter der angemeldeten Marke in Bezug auf die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen. Zu diesem Zweck muss es zum einen ermitteln, ob der geografische Begriff, aus dem die angemeldete Marke besteht, von den maßgeblichen Verkehrskreisen als solcher verstanden und erkannt wird. Zum anderen hat es zu prüfen, ob dieser geografische Begriff mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen in Zusammenhang steht oder künftig stehen könnte.

Nach einer eingehenden Prüfung kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass es dem Govern d’Andorra nicht gelungen ist, die Beurteilungen des EUIPO hinsichtlich des beschreibenden Charakters der angemeldeten Marke in Bezug auf die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen in Frage zu stellen, und dass das EUIPO daher zu Recht die Auffassung vertreten hat, dass diese Marke deshalb nicht als Unionsmarke habe eingetragen werden können. Es handelt sich nämlich um ein absolutes Eintragungshindernis, das für sich genommen dazu führt, dass das Zeichen nicht als Unionsmarke eingetragen werden kann.
Darüber hinaus hat das EUIPO in seiner Entscheidung nach Auffassung des Gerichts weder seine Begründungspflicht noch die Verteidigungsrechte verletzt oder gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit, der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen.


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KG Berlin: Schalten von Google-AdWords-Anzeige für Dienstleistungen ist Vertriebsweg im Sinne von § 19 Absatz 1 MarkenG und zum Umfang des Auskunftsanspruchs

KG Berlin
Urteil vom 13.07.2021
5 U 87/19


Das KG Berlin hat entschieden, dass das Schalten von Google-AdWords-Anzeigen für Dienstleistungen ein Vertriebsweg im Sinne von § 19 Absatz 1 MarkenG ist. Zudem hat sich das Gericht zu zum Umfang des sich deshalb ergebenen Auskunftsanspruchs geäußert.

Aus den Entscheidungsgründen:

"c) Gemäß § 19 Abs. 1 MarkenG hat der Inhaber einer Marke einen Anspruch auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. Die Angaben dazu, ab welchem Zeitpunkt die Anzeige auf der Internetseite www.google.de sichtbar war, ist eine solche zum "Vertriebsweg" i. S. von § 19 Abs. 1 MarkenG.

aa) Dafür spricht zunächst eine am Wortlaut von § 19 Abs. 1 MarkenG orientierte Auslegung.

(1) Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet der Vertriebsweg die Art und Weise, in der ein Produkt vertrieben, also am Markt angeboten wird. Davon wird jedenfalls auch der Fall erfasst, dass eine Dienstleistung im Internet beworben wird und die Werbung – wie hier (www.berliner-orange-entsorgung.de; Anlage BK 1) – mit einer Internetseite des Anbieters der Dienstleistung verlinkt ist. Wird eine solche Werbeanzeige für eine Dienstleistung im Internet geschaltet, so liegt darin zugleich die Eröffnung eines "Vertriebswegs". Wird gem. § 19 Abs. 1 MarkenG die Auskunft "über (...) den Vertriebsweg" geschuldet, so erschöpft sich dies allerdings nicht in der bloßen Mitteilung, dass ein bestimmter Vertriebsweg bestanden hat, sondern – und auch dies ist vom Wortsinn erfasst – erstreckt sich auch auf die Angabe, wann dieser Vertriebsweg eröffnet worden ist. Dass dem Anspruch aus § 19 MarkenG ein zeitliches Moment keineswegs fremd ist, zeigt sich auch darin, dass der Bundesgerichtshof aus § 19 Abs. 2 MarkenG a. F. dem Gläubiger eine Aufschlüsselung nach Bezugs- und Auslieferungsmonat zugebilligt hat (vgl. BGH, Urt. v. 14.02.2008 – I ZR 55/05, GRUR 2008, 796 Rn. 17 – Hollister).

(2) Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung (dort Seite 10, 13; Bl. 1133, 136 d. A.) noch darauf abgestellt hatte, die Klägerin habe nicht vorgetragen, auf welche Internetseite welchen Inhalts diese "Ziel-Domain" den Nutzer geleitet habe, hat sich dieser Einwand, dessen Stichhaltigkeit dahin stehen kann, jedenfalls dadurch erledigt, dass die Klägerin mit Schriftsatz vom 23.01.2020 hierzu vorgetragen und als Anlage BK 1 (Bl. I 178 d. A.) einen Screenshot jener Internetseite vorgelegt hat; diesem Vortrag ist die Beklagte – auch im Rahmen der Erörterung dieser Frage im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.07.2021 – nicht mehr entgegengetreten (§ 138 Abs. 3 ZPO), der schon deshalb ungeachtet § 531 Abs. 1, Abs. 2 ZPO zuzulassen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 08.05.2018 – XI ZR 538/17, NJW 2018, 2269 Rn. 25).

bb) Jene am Wortlaut von § 19 Abs. 1 MarkenG orientierte Auslegung wird auch vom Sinn und Zweck der Vorschrift getragen. Diese dient der wirksamen Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (vgl. Erwägungsgrund 3 sowie Art. 8 Abs. 1 der RL 2004/48/EG) und soll den Markeninhaber dazu in die Lage versetzen, die Vertriebskanäle trocken zu legen und einen etwaigen Schadensersatzanspruch gegen den Verletzer vorzubereiten (vgl. Thiering in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 19 Rn. 5). Für beides ist die Angabe, ab wann ein Vertriebsweg zur Verfügung gestanden hat, von Bedeutung.

cc) In systematischer Hinsicht steht § 19 Abs. 3 MarkenG dem unmittelbaren Rückgriff auf § 19 Abs. 1 MarkenG zur Bestimmung der Rechtsfolgen nicht entgegen. Die Regelung in § 19 Abs. 3 MarkenG legt den Umfang der Auskunft nicht abschließend fest, sondern konkretisiert und "erstreckt" (vgl. BGH, Urt. v. 14.02.2008 – I ZR 55/05, GRUR 2008, 796 Rn. 17 – Hollister) die in § 19 Abs. 1 MarkenG genannten Merkmale. Zudem spricht auch der Wortlaut von Art. 8 Abs. 2 der RL 2004/48/EG ausdrücklich davon, dass die Auskünfte nach Abs. 1 dieser Vorschrift, also insbesondere die Auskunft über den Vertriebsweg, sich auf die dort genannten Umstände "erstrecken". Auch im Übrigen findet sich kein Hinweis darauf, dass der Umfang der Auskunft ausschließlich von Art. 8 Abs. 2 der RL 2004/48/EG festgelegt wird, insbesondere nicht in den Erwägungsgründen der Richtlinie oder in den weiteren Materialien, etwa in dem Vorschlag der Kommission für die hier interessierende Richtlinie. Dort heißt es vielmehr, dass das Auskunftsrecht den Antragsgegner dazu verpflichte, Auskünfte über die Herkunft der rechtsverletzenden Ware zu erteilen, "ferner über die Vertriebswege" (COM(2003) 46, 16). Überdies wird dort hervorgehoben, dass Absatz 2 die Art der zu erteilenden Auskünfte "präzisiere" (COM(2003) 46, 16 zum insoweit gleichlautenden Art. 9 des Vorschlags). Vor diesem Hintergrund überzeugt es auch nicht, in den von § 19 Abs. 1 MarkenG genannten Merkmalen "Herkunft" und "Vertriebsweg" in gegenständlicher Hinsicht lediglich eine "tatbestandsimmanente Beschränkung" von § 19 Abs. 3 MarkenG zu erkennen (so offenbar Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 19 Rn. 28).

dd) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung "Constantin Film Verleih" des EuGH (Urt. v. 09.07.2020 – C-264/19, GRUR 2020, 840). Dort führt der EuGH unter anderem aus, der Unionsgesetzgeber habe sich beim Erlass der RL 2004/48/EG für eine Mindestharmonisierung in Bezug auf die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums im Allgemeinen entschieden und die Harmonisierung somit in Art. 8 Abs. 2 dieser Richtlinie "auf klar umschriebene Auskünfte beschränkt" (EuGH, Urt. v. 09.07.2020 – C-264/19, GRUR 2020, 840 Rn. 36 – Constantin Film Verleih). Diese Ausführungen dürfen jedoch nicht isoliert betrachtet werden, sondern sind vordem Hintergrund der vom EuGH zuvor aufgeworfenen Frage zu sehen (vgl. EuGH, Urt. v. 09.07.2020 – C-264/19, GRUR 2020, 840 Rn. 23, 35 – Constantin Film Verleih), ob diejenige Auskunft, die der Identifizierung des Verletzers diene, sich über die ausdrücklich in Art. 8 Abs. 2 der RL 2004/48/EG genannten Angaben auch auf weitere Umstände (etwa IP-Adresse oder E-Mail-Adresse) erstrecke. Nur diese Frage hatte der EuGH zu entscheiden. Die Aussage, dass der Regelung in Art. 8 Abs. 1 der RL 2004/48/EG im Hinblick auf den Umfang der geschuldeten gegenüber Abs. 2 keine eigenständige Bedeutung zukommt, der Umfang also abschließend von Art. 8 Abs. 2 der RL 2004/48/EG festgelegt wird, kann mithin der Entscheidung des EuGH nicht entnommen werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die im hiesigen Streitfall zu berücksichtigenden Interessen abweichend gelagert sind. Anders als in dem vom EuGH entschiedenen Fall berührt die hier in Rede stehende Auskunft über den Zeitpunkt der Online-Stellung insbesondere nicht die Interessen und Grundrechte der Nutzer (vgl. EuGH, Urt. v. 09.07.2020 – C-264/19, GRUR 2020, 840 Rn. 23, 37 – Constantin Film Verleih).

d) Der Anspruch ist auch nicht gem. § 19 Abs. 4 MarkenG ausgeschlossen. Die Inanspruchnahme der Beklagten ist nicht unverhältnismäßig. So ist nicht etwa ausgeschlossen, dass die Klägerin die begehrten Angaben zur Geltendmachung nachvollziehbarer Verletzungsansprüche benötigt (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 19 Rn. 39). Auch greift die Auskunft nicht in besonders schutzwürdige Belange der Beklagten ein. Zum einen entsteht kein unzumutbarer Prüfungsaufwand (vgl. BGH, Urt. v. 21.10.2015 – I ZR 51/12, GRUR 2016, 497 Rn. 32 – Davidoff Hot Water II), zum anderen handelt es sich bei der Frage, ab wann die hier interessierende Internetseite für den Nutzer erreichbar war, um keinen geheimhaltungsbedürftigen Umstand.

2. Der Klägerin steht jedoch gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Auskunft über die Anzahl der Klicks, mit denen die über die im Klageantrag zu Ziff. 1a) genannte Anzeige zugängliche Website aufgerufen wurde, zu (Klageantrag zu Ziff. 1b)).

a) Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 19 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 MarkenG.

aa) Die begehrten Angaben werden nicht von § 19 Abs. 1 MarkenG umfasst. Bei der Anzahl der Klicks geht es insbesondere nicht um die Frage, ob und ab wann der "Vertriebsweg" zur Verfügung stand.

bb) Auch § 19 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG erstreckt sich nicht auf die begehrten Angaben. Nach dieser Vorschrift hat der zur Auskunft Verpflichtete Angaben zu machen über Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren oder Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren. Die Anzahl der Klicks wird von keinem dieser Merkmale erfasst.

cc) Ferner greift § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG nicht ein. Hiernach sind Angaben zu machen über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren sowie über die Preise, die für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen bezahlt wurden.

(1) Es überzeugt auch nicht, die Anzahl der Klicks als "Menge der (...) ausgelieferten Waren" zu begreifen. Der Wortsinn der Regelung würde hierdurch überschritten. Die Vorschrift nimmt insoweit allein auf "Waren" Bezug; um diese geht es hier nicht. Daran, dass der Wortsinn der Vorschrift überschritten wird, ändert sich auch nichts dadurch, dass sich in der englischen Fassung von Art. 8 Abs. 2 lit. b) der RL 2004/48/EG eine Differenzierung von Ware und Dienstleistung insoweit nicht findet.

(2) Auch eine analoge Anwendung von § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG muss ausscheiden.

(a) Zwar spricht einiges dafür, eine vergleichbare Interessenlage anzunehmen. Im Ergebnis kann diese Frage jedoch offen bleiben.

(b) Es fehlt jedenfalls an einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes.

(aa) Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums der Bundesregierung vom 20.04.2007 (BT-Drs. 16/5048) ist die RL 2004/48/EG in deutsches Recht umgesetzt worden (BGH, Urt. v. 10.12.2020 – I ZR 153/17, NJW 2021, 779 Rn. 19 – YouTube Drittauskunft II). Die Umsetzung zielte auf dessen Gleichlauf mit der Richtlinie (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 16/8783, 50).

(bb) An einer planwidrigen Unvollständigkeit von § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG fehlt es deshalb, wenn und soweit auch eine über den Wortlaut hinausgehende und vorwiegend am Sinn und Zweck orientierte Auslegung von Art. 8 Abs. 2 lit. b) der RL 2004/48/EG nicht in Betracht kommt. Davon ist hier aber auszugehen. Dabei wird man unterstellen können, dass das hier in Rede stehende Geschäftsmodell bei Erlass jener Richtlinie nicht bedacht wurde. Eine dynamische, auf neuere technische Entwicklung reagierende, also in erster Linie teleologische Auslegung der RL 2004/48/EG, ist aber nur dann zulässig, wenn der Wortlaut der Bestimmung selbst offen für eine unterschiedliche Auslegung ist, weil er eine gewisse Mehrdeutigkeit und Unschärfe aufweist (vgl. Generalanwalt beim EuGH Schlussantrag v. 02.04.2020 – C-264/19, BeckRS 2020, 13895 Rn. 46 – Constantin Film Verleih). Daran fehlt es hier. Der hier zu beurteilende Fall wird eindeutig nicht vom Wortlaut der Art. 8 Abs. 2 lit. b) der RL 2004/48/EG, § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG erfasst. Das gilt auch, wenn man die englische Fassung von Art. 8 Abs. 2 lit. b) der RL 2004/48/EG zugrunde legt ("quantities produced, manufactured, delivered, received or ordered, as well as the price obtained for the goods or services in question"). Eine Auslegung, die über jene Grenzen hinausgeht, würde zudem der allgemeinen Systematik der Richtlinie 2004/48/EG widersprechen; diese beruht, wie der Generalanwalt beim EuGH betont hat, auf einer vom Unionsgesetzgeber gewünschten Mindestharmonisierung (Generalanwalt beim EuGH Schlussantrag v. 02.04.2020 – C-264/19, BeckRS 2020, 13895 Rn. 60 – Constantin Film Verleih). Daran ändert – entgegen der Klägerin (vgl. Schriftsatz vom 18.06.2021, dort Seite 1 f.; Bl. II 35 f. d. A.) – auch der Erwägungsgrund 10 der RL 2004/48/EG nichts. Jene dynamische Auslegung ist auch nicht nötig, da der Unionsgesetzgeber nach Art. 8 Abs. 3 lit. a) der RL 2004/48/EG für die Mitgliedstaaten ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen hat, diesem Bemühen um Dynamik nachzukommen und den Rechtsinhabern "weiter gehende Auskunftsrechte" einzuräumen (vgl. EuGH, Urt. v. 09.07.2020 – C-264/19, GRUR 2020, 840 Rn. 39 – Constantin Film Verleih; Generalanwalt beim EuGH Schlussantrag v. 02.04.2020 – C-264/19, BeckRS 2020, 13895 Rn. 61 f. – Constantin Film Verleih). Hier spricht insbesondere nichts dafür, dass der Gesetzgeber von dieser Befugnis unmittelbar in § 19 Abs. 3 MarkenG Gebrauch machen wollte.

b) Der geltend gemachte Anspruch folgt auch nicht aus § 242 BGB i. V. mit § 19d MarkenG.

aa) Nach dem allgemeinen Auskunftsanspruch aus § 242 BGB kann ein Anspruch auf Auskunftserteilung nach Treu und Glauben grundsätzlich in jedem Rechtsverhältnis bestehen, in dem die Berechtigten in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang ihres Rechts im Ungewissen und die Verpflichteten unschwer zur Auskunftserteilung in der Lage sind (BGH, Urt. v. 10.12.2020 – I ZR 153/17, NJW 2021, 779 Rn. 32 – YouTube Drittauskunft II). Unter diesen Voraussetzungen ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung auch dann gegeben, wenn nicht die Inanspruchgenommenen, sondern Dritte Schuldner des Hauptanspruchs sind, dessen Durchsetzung der Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung ermöglichen soll. Allerdings begründet allein die Tatsache noch keine Auskunftspflicht, dass jemand über Sachverhalte informiert ist oder sein könnte, die für andere von Bedeutung sind. Voraussetzung ist vielmehr, dass zwischen den Berechtigten und den Verpflichteten eine besondere rechtliche Beziehung besteht, wobei ein gesetzliches Schuldverhältnis, beispielsweise aus unerlaubter Handlung, genügt (BGH, Urt. v. 10.12.2020 – I ZR 153/17, NJW 2021, 779 Rn. 32 – YouTube Drittauskunft II).

bb) Hier fehlt es jedenfalls an der erforderlichen Sonderverbindung. Die Beklagte ist weder als Täterin oder Teilnehmerin noch als Störerin zu qualifizieren.

(1) Die Beklagte ist nicht als Täterin der hier in Rede stehenden Rechtsverletzungen anzusehen; insbesondere folgt daraus, dass die Vertragspartner der Beklagten mit Marken identische Zeichen als Schlüsselwörter aussuchen können, die Beklagte diese Zeichen speichert und anhand dieser Zeichen die Werbeanzeigen seiner Kunden einblendet, nicht, dass die Beklagte diese Zeichen selbst "benutzt" (vgl. EuGH, Urt. v. 23.03.2010 – C-236/08 bis C-238/08, GRUR 2010, 445 Rn. 55, 58 – Google und Google France). Auch eine Haftung als Teilnehmerin scheidet aus; es fehlt insbesondere an dem erforderlichen Teilnehmervorsatz.

(2) Auch eine Störerhaftung der Beklagten scheidet aus.

(a) Als Störer kann bei der – auch hier in Rede stehenden – Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Verhaltenspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung oder Überwachung zuzumuten ist. Das richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Funktion und Aufgabenstellung des als Störer in Anspruch Genommenen sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat. Bei der Auferlegung von Kontrollmaßnahmen ist zu beachten, dass Geschäftsmodelle, die nicht in besonderer Weise die Gefahr von Rechtsverletzungen schaffen oder fördern, nicht wirtschaftlich gefährdet oder unverhältnismäßig erschwert werden dürfen (BGH Urt. v. 21.01.2021 – I ZR 20/17, GRUR-RS 2021, 2830 Rn. 37 – Davidoff Hot Water IV).

(b) Für den Bereich des Internets ist unter Berücksichtigung der Haftungsprivilegierung der Diensteanbieter nach den Art. 12 bis 15 der RL 2000/31/EG und den §§ 7 bis 10 TMG anerkannt, dass Betreiber von Internetplattformen mit Blick auf fremde Inhalte keiner allgemeinen, proaktiven Prüfungspflicht unterliegen, sondern erst tätig werden müssen, wenn sie auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden sind (vgl. BGH Urt. v. 21.01.2021 – I ZR 20/17, GRUR-RS 2021, 2830 Rn. 38 – Davidoff Hot Water IV). Aber auch ein Unternehmer, der sich – außerhalb des Anwendungsbereichs der gesetzlichen Privilegierung von Diensteanbietern – bei der Werbung im Internet eines Hyperlinks bedient, haftet regelmäßig nicht, bevor er einen Hinweis auf rechtswidrige Inhalte auf den verlinkten Seiten erhalten hat (BGH, Ur. v. 16.06.2015 – I ZR 74/14, BGHZ 206, 103 Rn. 25 – Haftung für Hyperlink).

(c) Weiter gehende Pflichten treffen den Diensteanbieter dann, wenn er eine aktive Rolle einnimmt, etwa durch Schaltung von Anzeigen, die unmittelbar zu schutzrechtsverletzenden Angeboten führen (BGH, Urt. v. 05.02.2015 – I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 56 – Kinderhochstühle im Internet III). Er muss sich in diesen Fällen die Möglichkeit verschaffen, die von ihm aktiv beworbenen Verkaufsangebote zu kontrollieren. Die auf bestimmte Produkte beschränkten Prüfungspflichten können insbesondere dadurch ausgelöst werden, dass der Anbieter Anzeigen zu einem mit einer der verletzten Marken übereinstimmenden Suchbegriff bucht, die einen elektronischen Verweis enthalten, der unmittelbar zu einer von dem Anbieter erzeugten Ergebnisliste führt, die schutzrechtsverletzende Angebote enthält (vgl. BGH, Urt. v. 05.02.2015 – I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 56 – Kinderhochstühle im Internet III). Anhaltspunkte für eine aktive Tätigkeit können auch in der Hilfestellung für Kunden liegen, die etwa darin besteht, die Präsentation der fraglichen Verkaufsangebote zu optimieren oder diese zu bewerben (EuGH, Urt. v. 12.07.2011 – C-324/09, MMR 2011, 596 Rn. 116 – L’Oréal SA), nicht aber schon darin, dass der Anbieter ein Entgelt für das Speichern der Daten erhält (EuGH, Urt. v. 23.03.2010 – C-236/08 bis C-238/08, GRUR 2010, 445 Rn. 116 – Google und Google France).

(d) Gemessen hieran traf die Beklagte keine weiter gehenden Pflichten. Sie hat im Zusammenhang mit den hier in Rede stehenden Rechtsverletzungen, insbesondere bei der Gestaltung und Veröffentlichung der rechtsverletzenden Anzeige, keine aktive Rolle eingenommen. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass es allein der Werbetreibende ist, der die in den Suchergebnissen veröffentlichen Anzeigen festgelegt. Die insoweit relevanten Entscheidungen werden vom Werbenden getroffen. Insbesondere ist es der Werbetreibende, der den Text der jeweiligen Anzeige sowie die Internetseite wählt, mit der die Anzeige verlinkt wird. Die hierfür erforderlichen Informationen trägt der Werbetreibende selbständig in die entsprechenden Online-Masken ein, ohne dass die Beklagte daran aktiv mitwirkt. Daran ändert es auch nichts, dass die Beklagte in ihrer "Adwords-Werberichtlinien-Hilfe" (Anlage K 5) darauf hinweist, dass "Adwords-Anzeigen mit markenrechtlich geschützten Begriffen im Anzeigentext (...) nicht ausgeliefert" werden. Das lässt aufgrund des unstreitig praktizierten Geschäftsmodells nicht den Schluss zu, die Beklagte nehme schon aufgrund dieser Hinweise, die im Übrigen nur für den Fall einer Markenbeschwerde gelten sollen, eine aktive Rolle ein. Der bloße Umstand, dass der Dienst entgeltlich ist und die Vergütungsmodalitäten von der Beklagten festgelegt werden und dass die Beklagte ihren Kunden Auskünfte allgemeiner Art erteilt, kann nicht dazu führen, dass die in der RL 2000/31 hinsichtlich der Verantwortlichkeit festgelegten Ausnahmen auf die Beklagte keine Anwendung finden (EuGH, Urt. v. 23.03.2010 – C-236/08 bis C-238/08, GRUR 2010, 445 Rn. 116 – Google und Google France). Die Rolle der Beklagten verbleibt vielmehr bei einer rein passiven, technischen und automatischen Mitwirkung.

(e) Die Beklagte hat, nachdem sie von der Klägerin über die Rechtsverletzungen in Kenntnis gesetzt wurde, unverzüglich die nötigen Schritte unternommen, damit die rechtsverletzenden Inhalte nicht mehr abgerufen werden können. Die Klägerin hat die Beklagte mit ihrer Beschwerde vom 30.11.2017 (Anlage K 4) über die Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt, die Sperrung der inkriminierten Inhalte erfolgte, wie sich aus der als Anlage K 8 vorgelegten E-Mail der Klägerin ergibt, spätestens zum 12.12.2017.

3. Der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch darauf zu, dass die Beklagte ihr Auskunft über die Preise erteilt, die der Besteller für die streitgegenständliche Anzeige an die Beklagte bezahlt hat (Antrag zu Ziff. 1c)).

a) Der Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 2 MarkenG.

(1) Bei den "Preisen", die der Verletzer an die Beklagte als Entgelt für die in Anspruch genommenen Dienstleistungen "bezahlt" hat, handelt es sich um keinen Umstand, der von § 19 Abs. 1 MarkenG erfasst wird.

(2) Auch geht es insoweit nicht um einen "Namen" oder eine "Anschrift" i. S. von § 19 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG.

(3) Schließlich liegt auch kein Fall des § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG vor. Nach dieser Vorschrift hat der Verpflichtete Angaben zu machen über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren sowie über die Preise, die für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen bezahlt wurden. Daran fehlt es hier. Bei den "Dienstleistungen" im Sinne dieser Vorschrift handelt es sich nicht um diejenigen Dienstleistungen, die der Verletzer für die rechtsverletzende Tätigkeit genutzt hat (vgl. § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 MarkenG), sondern um die widerrechtlich gekennzeichneten Dienstleistungen i. S. von § 19 Abs. 1 MarkenG; anders gewendet: Die Vorschrift in § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG nimmt die rechtswidrig beworbene Dienstleistung in Bezug. Auch wenn – streng genommen – eine Dienstleistung als solche nicht "gekennzeichnet" sein kann (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 19 Rn. 9, 28), spricht für diese Auslegung insbesondere, dass in § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG die Dienstleistung neben die Ware gestellt wird. In Bezug auf letztere ist aber eindeutig, dass es sich um diejenige i. S. von § 19 Abs. 1 MarkenG handeln muss. Für die Dienstleistung kann insoweit nichts anderes gelten. Demgegenüber begehrt die Klägerin die Auskunft darüber, welche Zahlungen der Verletzer an die Beklagte für ihre Dienstleistungen i. S. von § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 MarkenG erhalten hat.

(4) Auch eine analoge Anwendung von § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 MarkenG kommt nicht in Betracht. Eine Analogie scheidet aus den oben genannten Gründen, die hier entsprechend gelten, aus.

b) Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich mangels Sonderverbindung (s. oben) auch nicht aus § 242 BGB i. V. mit § 19d MarkenG.

III. Einer Vorlage an den EuGH bedurfte es nicht (vgl. Art. 267 Abs. 2 AEUV). Das insoweit eingeräumte Ermessen hat der Senat ausgeübt. Ein Fall, in dem ausnahmsweise eine Vorlagepflicht des nicht-letztinstanzlichen Gerichts angenommen wird (vgl. Wegener in: Calliess/Ruffert/Wegener, 5. Aufl. 2016, AEUV Art. 267 Rn. 29), liegt nicht vor."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG München: Zur rechtserhaltenden Benutzung einer Marke nach § 26 MarkenG - BMW M-Logo - Marke muss für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen benutzt werden

LG München
Urteil vom 16.03.2021
33 O 887/20


Das LG München hat sich in diesem Rechtsstreit um die BMW M-Logo-Marke mit den Voraussetzungen einer rechtserhaltenden Benutzung einer Marke nach § 26 MarkenG befasst.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Benutzung der für Waren oder Dienstleistungen eingetragenen Marke wirkt nur dann rechtserhaltend, wenn die Verwendung der Hauptfunktion der Marke entspricht, dem Verkehr die Ursprungsidentität der Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden. Erforderlich ist demnach in erster Linie eine markenmäßige Benutzung oder - was dem entspricht - eine Benutzung als Marke (vgl. BGH GRUR 2009, 60 Rn. 22 - LOTTOCARD; BGH GRUR 2012, 1261 Rn. 13 - Orion).

Für die nach § 26 Abs. 1 MarkenG zusätzlich erforderliche Ernsthaftigkeit der Benutzung ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass die Marke in üblicher und wirtschaftlich sinnvoller Weise für die Ware oder Dienstleistung verwendet wird, für die sie eingetragen ist (vgl. EuGH GRUR 2003, 425 - Ansul/Ajax; BGH GRUR 2009, 60 - LOTTOCARD; EuGH GRUR 2020, 1301 Rn. 33 f. - Ferrari/DU [testarossa]). Ernsthaft ist die Benutzung einer Marke mithin dann, wenn sie verwendet wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen und zu sichern. Ausgeschlossen sind die Fälle, in denen die Marke nur symbolisch benutzt wird, um die durch sie begründeten Rechte zu wahren. Die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu beurteilen, durch die die wirtschaftliche Verwertung der Marke im Geschäftsverkehr belegt werden kann. Dazu rechnen insbesondere der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke. Die Frage, ob eine Benutzung mengenmäßig ausreichend ist, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder hinzuzugewinnen, hängt somit von mehreren Faktoren und einer Einzelfallbeurteilung ab (vgl. EuGH GRUR 2003, 425 - Ansul/Ajax; BGH GRUR 2013, 925 - VOODOO m.w.N., EuGH GRUR 2020, 1301 Rn. 33. - Ferrari/DU [testarossa]).

Nach § 26 Abs. 1 MarkenG muss eine Marke grundsätzlich für die Waren und Dienstleistungen benutzt werden, für die sie eingetragen ist. Eine Benutzung für lediglich ähnliche Waren ist irrelevant (Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 26 Rn. 287). Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Benutzung für eine bestimmte Ware als Benutzung nur für diese Einzelware bzw. -leistung oder auch für weitere Waren bzw. Dienstleistungen, insbesondere für im Waren-/Dienstleistungsverzeichnis enthaltene Oberbegriffe gilt. Nach der Rechtsprechung sind neben der konkret benutzten Ware/Dienstleistung lediglich solche Waren oder Dienstleistungen zu berücksichtigen, die dem gleichen Bereich zugerechnet werden (BGH GRUR 2009, 60 Rn. 32 f. - LOTTOCARD; BGH GRUR 2015, 685 Rn. 39 - STAYER). Bei sehr weiten, breit gefächerten und verschiedene selbständige Untergruppen umfassenden Oberbegriffen im Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen müssen danach grundsätzlich innerhalb des Oberbegriffs Untergruppen festgestellt werden, für die eine Anerkennung der Benutzung angemessen und gerechtfertigt erscheint (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele, MarkenG, 13. Auflage 2021, § 26 Rn. 311). Eine weitergehende Einschränkung ist indes nicht erforderlich. Es ist die betroffene Ware an sich zu Grunde zu legen und keine Beschränkung auf das jeweilige konkrete Erscheinungsbild vorzunehmen (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele, MarkenG, 13. Auflage 2021, § 26 Rdn. 312).

III. Auf Grundlage der vorstehenden Erwägungen ist der Beklagten der Nachweis einer rechtserhaltenden Benutzung zunächst für Motoren in Klasse 7, für welche die angegriffene Marke „M-Logo“ ebenfalls Schutz beansprucht, nicht gelungen. Klasse 7 betrifft dabei solche Motoren, die nicht für Landfahrzeuge vorgesehen sind. In diesem Zusammenhang lässt die Beklagte jeden Nachweis einer rechtserhaltenden Benutzung vermissen. Aber auch im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen in Klassen 41, 44, 45 vermögen die vorgelegten Unterlagen eine hinreichende ernsthafte markenmäßige Benutzung der angegriffenen Marke „M-Logo“ nicht zu belegen. Die vorgelegten Benutzungsnachweise rechtfertigen zudem nicht die Annahme eines Rechtserhalts für den weiten Oberbegriff „Juwelierwaren“ in Klasse 14.

Im Einzelnen:

1. Im Zusammenhang mit Dienstleistungsmarken ist zusätzlich zu den unter B., II. beschriebenen Anforderungen zu berücksichtigen, dass aufgrund der Unkörperlichkeit von Dienstleistungen im Vergleich zu Waren unterschiedliche Anforderungen an die Zeichennutzung zu stellen sind (BGH GRUR 2008, 616 Rn. 13 - AKZENTA; BGH GRUR 2010, 270 Rn. 17 - ATOZ III; Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 26 Rn. 58). Dies bedeutet aber nicht, dass die Anforderungen im Vergleich zu Warenmarken strenger wären. Erforderlich, aber auch ausreichend sind in diesem Zusammenhang vielmehr alle indirekten Verwendungsformen wie Werbemaßnahmen jeder Art sowie die Anbringung der Marke auf Geschäftspapieren, Berufskleidung bzw. Gegenständen, die bei der Leistungserbringung eingesetzt werden, solange die Verwendung der Marke funktionsgemäß erfolgt und vom Verkehr als Hinweis auf eine von einem bestimmten Unternehmen erbrachte spezielle Dienstleistung verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2008, 616 Rn. 13 - AKZENTA). Dabei kann die Anbringung einer Marke etwa auf dem Geschäftslokal bereits dann für die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung genügen, wenn ein Betrieb einen einheitlichen Komplex von Dienstleistungen erbringt (BGH GRUR 2008, 616 Rn. 13 - AKZENTA; BGH GRUR 2010, 270 Rn. 17 - ATOZ III). Bei der Beurteilung, ob ein bestimmter Kennzeichengebrauch funktionsgemäß erfolgt, ist auch branchentypischen Besonderheiten in ausreichendem Maße Rechnung zu tragen.

2. Ausgehend hiervon stellen die von der Beklagten vorgelegten Benutzungsnachweise keine funktionsgerechte Markennutzung im vorgenannten Sinne dar. Sponsoringmarken individualisieren die Dienstleistung der Organisation und Finanzierung einer Veranstaltung (vgl. Fezer, MarkenR, 4 Auflage, § 3 Rdnr. 119). Die vorgetragenen Benutzungen im Zusammenhang mit Sponsoring von Motorsportgroßveranstaltungen (Bd. III, Bl. 402/406, Anlagen B 289-295, Bl. 407 f., Anlage B 298) stellen keine eigenständigen Sponsoringdienstleistungen und erst recht nicht „Ausrichtung, Organisation von sowie Teilnahme an Sportveranstaltungen“ dar. Es handelt sich insoweit nicht um eine Markennutzung zur Kennzeichnung einer bestimmten, von der Beklagten erbrachten und auf dem Markt auch gegenüber Dritten angebotenen Sponsoringdienstleistung, sondern ersichtlich um Eigenwerbung zur Stärkung des Markenimages und zur Erhöhung des Absatzes der Kernprodukte, nämlich Automobile, was auch, aber nicht nur aus der Formulierung Anlage B 290 „BMW M - PARTNER DER MOTOGP“ zum Ausdruck kommt. Gleiches gilt für die BMW M Drive Tour (Bl. 408/410 d.A., Anlagen B 299-301). Aus den Unterlagen ist schon nicht hinreichend ersichtlich, welche konkreten Dienstleistungen die Beklagte insoweit mit dem fraglichen Logo kennzeichnet. Dass die „BMW M Drive Tour“ jeweils „unter dem plakativ z.B. auf dem Messestand ‚BMW M Drive Tour‘ angebrachte[n] ‚M‘ Logo“ stattfinden soll, genügt zur Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung für die beanspruchten Dienstleistungen nicht. Die Beklagte legt hingegen - und dies gilt für sämtliche Dienstleistungen der Gruppen 41, 44 und 45 - keine Benutzungen etwa auf Rechnungen, Visitenkarten, Preislisten etc. vor. Des Weiteren legt der Vortrag der Beklagten den Schluss nahe, dass der Zweck der Veranstaltung in erster Linie darin besteht, potentiellen Kunden die „M“ Sportwagen zu präsentieren, d.h. auch hier der Werbezweck klar im Vordergrund steht. Dass es sich um eine Sportveranstaltung handelt, kann die Kammer dem Vortrag der Beklagten indes nicht entnehmen. Soweit die Beklagte sich auf die Veranstaltungen „BMW M Customer Racing“, „BMW M 240i Racing Cup“ und „BMW Sports Trophy“ bezieht, lässt sich dem Vortrag nicht entnehmen, ob und inwieweit die Beklagte insoweit Marktanteile in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen ausbauen oder nur erhalten will. Auch lässt sich den Unterlagen keine Kennzeichnung der Dienstleistungen mit der Logomarke entnehmen (vgl. insoweit Anlagen B 303, 304 d.A.).

Aus den vorgelegten Unterlagen kann die Kammer zudem nicht entnehmen, dass die Beklagte das Zeichen „M-Logo“ zur Kennzeichnung von „Fahrunterricht“ verwenden würde (Bd. IV, Bl. 413/417 d.A.). Aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise erbringt die Beklagte zwar entsprechende Dienstleistungen, dies allerdings unter ihren Hauptmarken „BMW“ und „MINI“, wie die von der Beklagten angeführten Beispiele verdeutlichen. So benennt die Beklagte das von ihr veranstaltete Fahrertraining als „BMW & MINI“ Driving Experience. Die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die Mitglieder der erkennenden Kammer als potentielle Teilnehmer derartiger Veranstaltungen gehören, werden in dem auf den überreichten Unterlagen eher nebenrangig verwendeten Logo keinen Hinweis auf eine bestimmte Dienstleistung erblicken. Die vorliegenden Überlegungen lassen sich auf die von der Beklagten behaupteten Benutzungen im Zusammenhang mit „Sportunterricht“ (vgl. Bd. IV, Bl. 417/420 d.A., Anlagen B 212 f.) übertragen. Eine markenmäßige Benutzung des Zeichens „M-Logo“ lässt sich den vorgelegten Unterlagen für die Dienstleistungen „Beratung, Betreuung und Unterstützung, insbesondere technische Unterstützung (ausgenommen finanzielle Unterstützung) von Sportveranstaltungsteilnehmem“ ebenfalls nicht entnehmen.

3. Schließlich kann auf Grundlage des Vortrags der Beklagten und unter Heranziehung der vorgelegten Benutzungsunterlagen eine Benutzung in Klasse 14 für die breiten Oberbegriffe „aus Edelmetallen oder deren Legierungen hergestellte oder damit plattierte Waren, nämlich Juwelierwaren, Schmuckwaren“ nicht angenommen werden. Die Beklagte hat vorliegend in Bezug auf die Warenklasse 14 Benutzungen für Schlüsselanhänger (Bd. III, Bl. 274/277 d.A., Anlagen B 204-205), Pins/Anstecker (Bd. III Bl. 277, Anlage B 206), Armbänder (Bd. III, Bl. 278/280, Anlagen B 206-210) und Manschettenknöpfe (Bd. III, Bl. 280/282 d.A., Anlagen B 211-213) nachgewiesen, die von der Klägerin - wie die erfolgte Klagerücknahme deutlich macht - nicht mehr angezweifelt werden. Die jeweiligen Produkte mögen zwar von schnörkelloser Eleganz zeugen, allerdings nach dem äußeren Eindruck nicht von besonderer Werthaltigkeit. Dass die betreffenden Waren aus Edelmetallen - worunter Gold, Silber, Platin und Palladium als bearbeitungsfähig angesehen werden - hergestellt würden, ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht. Aufgrund dessen und wegen des Umstandes, dass die hier relevanten Benutzungen nicht dem Bereich „klassischer“ Schmuck- und Juwelierwaren, wie Ohrringe, Ketten, Fingerringe, Armbänder unterfallen, bei denen die betreffenden Stücke ebenfalls vorwiegend aus teuren Edelmetallen hergestellt werden, also eine gänzlich andere Beschaffenheit aufweisen, kann die Beklagte aufgrund der vorgelegten Benutzungen die hier noch in Streit stehenden breiten Oberbegriffe nicht verteidigen. Die vorgetragenen Benutzungen unterfallen eher dem Bereich „Modeaccessoires“. In Bezug auf die Warenklasse 14 ist die Bildung einer diese Waren umfassenden Untergruppe nicht möglich, sodass im Register allein die Waren verbleiben können, für die tatsächlich eine Markennutzung erfolgt ist, nämlich „Schlüsselanhänger, Pins (Anstecker), Armbänder, Manschettenknöpfe“ (vgl. insoweit auch Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 26 Rn. 312).

4. Die Beklagte hat keine Benutzungsunterlagen betreffend „Motoren in Klasse 7“ vorgelegt. Aus diesem Grund ist eine rechtserhaltende Benutzung gleichfalls nicht nachgewiesen, weshalb der Verfall auch insoweit auszusprechen war.

C. Die Klage war im Übrigen abzuweisen, weil der Beklagten sowohl in Bezug auf die Marke „M-Logo“ (nachfolgend l.) als auch auf die Marke „M-Buchstabe“ (nachfolgend II.) für die noch streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen der Nachweis einer rechtserhaltenden Benutzung gelungen ist (zur Frage des maßgeblichen Benutzungszeitraums vgl. bereits oben unter B.).

I. Die Beklagte hat nach Überzeugung der erkennenden Kammer den Nachweis einer rechtserhaltenden Benutzung gem. § 26 Abs. 1 MarkenG des Zeichens „M-Logo“ für Waren der Klasse 12 „Fahrzeuge, Apparate zur Beförderung auf dem Lande; Fahrzeugteile“ und der Klasse 28 „Bekleidungsstücke“ erbracht. Darüber hinaus gelangte die Kammer aufgrund der vorgelegten Benutzungsunterlagen zur Überzeugung, dass die Beklagte im maßgeblichen Benutzungszeitraum das Zeichen „M-Logo“ auch für die beanspruchten Dienstleistungen in Klasse 37, nämlich „Wartung, Instandhaltung und Reparatur von Fahrzeugen, von Motoren und von Teilen dieser Gegenstände; Tuning von Motoren und Kraftfahrzeugen“ rechtserhaltend benutzt hat. Die Kammer ging dabei von folgenden Grundannahmen aus (nachfolgend 1.): Die Kennzeichnungskraft der angegriffenen Marke ist schon wegen der sich aus den im vorliegenden Verfahren übergebenen zahlreichen Unterlagen ergebenden umfangreichen Benutzung als mindestens hoch (i.S.d. Einteilung nach BGH GRUR 2013, 833 Rn. 55 - Culinaria/Villa Culinaria) anzusehen. Die sich aus den Unterlagen ergebenden Benutzungen des Zeichens sind - soweit in diesen überhaupt die Benutzung der Marke in einer anderen Form zu sehen ist - nach Maßgabe des § 26 Abs. 3 MarkenG zulässige Modernisierungen, die den kennzeichnenden Charakter nicht verändern. Das Zeichen ist infolge seiner aufgrund Benutzung als hoch anzusehenden Kennzeichnungskraft grundsätzlich geeignet, den Stammbestandteil einer Zeichenserie zu bilden. Die in Rede stehenden Benutzungen sind als ernsthaft i.S.d. § 26 Abs. 1 MarkenG anzusehen. Die Annahme, es lägen in Bezug auf das Zeichen „M-Logo“ bloße Scheinbenutzungen vor, erscheint vor dem Hintergrund der von der Beklagten vorgebrachten Absatz- und Umsatzzahlen von mit der Marke gekennzeichneten Waren fernliegend. Die Kammer ist aufgrund der vorgelegten Nachweise ferner zur Überzeugung gelangt, dass die Beklagte mit dem Zeichen „M-Logo“ die eingetragenen Waren und Dienstleistung herkunftshinweisend kennzeichnet (nachfolgend 2.).

1. Die Kammer geht im Hinblick auf die Nutzung des Zeichens „M-Logo“ durch die Beklagte von folgenden Annahmen aus:

a. Das angegriffene Zeichen verfügt über hohe Kennzeichnungskraft.

aa. Bei der Bestimmung der Kennzeichnungskraft sind alle relevanten Umstände berücksichtigen, zu denen insbesondere die Eigenschaften, welche die Marke von Haus aus besitzt, der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geographische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke und der Teil der beteiligten Verkehrskreise gehören, welche die Waren oder Dienstleistungen aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (vgl. BGH GRUR 2017, 75 Rn. 29 - Wunderbaum II). Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2010, 228 - Vorsprung durch Technik, EUGH GRUR 2010, 1096 Rn. 31 - BORCO/HABM [Buchstabe a]; BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 29 - pjur/pure). Marken, die über einen für die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen erkennbar beschreibenden Anklang verfügen, haben regelmäßig nur geringe originäre Kennzeichnungskraft (vgl. BGH GRUR 2008, 258 Rn. 24 - INTERCONNECT/T-InterConnect).

bb. Ausgehend hiervon ist für das angegriffene Zeichen von originär durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen, die aufgrund langer und umfangreicher Benutzung durch die Beklagte binnen der letzten 40 Jahre gesteigert wurde. Bei dem Zeichen handelt es sich um ein Logo, das aus drei farblichen Streifen besteht, an die sich ein anfangs in kursiv gehaltener Buchstabe „M“ anschließt, dessen Ende in einem rechten Winkel senkrecht abfällt. Der Registerauszug legt insoweit nahe, dass der Buchstabe bei der ursprünglichen Anmeldung in Schwarz gehalten wurde. Die Kammer konnte sich durch Inaugenscheinnahme der Eintragungsurkunde im Original in der mündlichen Verhandlung vom 09.02.2020 (vgl. Protokoll, Bl. 987 d.A.) aber davon überzeugen, dass der Buchstabenbestandteil in Silber eingetragen ist. Dem Logo kann eine gewisse Originalität schwerlich abgesprochen werden, weshalb eine grundsätzliche Eignung besteht, sich im Verkehr als markenmäßiges Unterscheidungsmittel durchzusetzen. Die Beklagte hat die Kennzeichnungskraft aufgrund umfangreicher Benutzung auch gesteigert. Diese umfangreiche Benutzung kann die Kammer bereits den in diesem Verfahren vorgelegten Unterlagen entnehmen. Auch die von der Beklagten vorgelegten Verkehrsbefragungen aus den Jahren 1996 (Anlage B 30) und 2018 (Anlage B 16) stützen diesen Befund. Das Verkehrsgutachten aus dem Jahr 1996 weist für das Zeichen „M-Logo“ eine Bekanntheit von 78 % bei Besitzern und Interessenten sportlicher Fahrzeuge aus, das Gutachten aus dem Jahr 2018 kommt auf eine Bekanntheit von 48 % bei den allgemeinen Verkehrskreisen. Diese Ergebnisse rechtfertigen die Annahme einer hohen (gesteigerten) Kennzeichnungskraft ohne Weiteres.

cc. Wegen der hohen Kennzeichnungskraft des angegriffenen Zeichens ist dieses im Grundsatz auch geeignet, von den beteiligen Verkehrskreisen als Stammbestandteil einer Zeichenserie angesehen zu werden.

b. Die Einwände der Klägerin, die vorgelegten Unterlagen enthielten keine Benutzung des angegriffenen Zeichens, sondern eine solche in einer abweichenden Form (Bd. IV, Bl. 650/655 d.A.) greifen nicht durch.

aa. Aufgrund der Inaugenscheinnahme der Original-Markenurkunde steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Eintragung des vom Logo umfassten Buchstabens „M“ in silber-metallic erfolgte. Etwaige Abweichungen sind vor dem Hintergrund des § 26 Abs. 3 MarkenG an dieser Form zu messen.

bb. Soweit die Benutzungsformen im Hinblick auf das schlichte Logo überhaupt relevante Abweichungen enthalten, verändern diese den kennzeichnenden Charakter nicht, weil es sich um wenige grafische Modifizierungen (leichte dreidimensionale Anmutung des Buchstaben „M“, leichte Veränderung der verwendeten Farbtöne) handelt, die ersichtlich dazu bestimmt sind, durch eine Modernisierung des Zeichens dieses auf die Höhe der Zeit zu bringen. Gerade dies ist der Sinn und Zweck des § 26 Abs. 3 MarkenG, wonach Markeninhabern ermöglicht werden soll, Veränderungen beim Einsatz von Marken vorzunehmen, die deren „bessere Anpassung an die Erfordernisse der Vermarktung und der Förderung des Absatzes der betreffenden Waren gestattet“ (vgl. EuGH GRUR 2013, 922 Rn. 29 - Specsavers/Asda). Solche Modernisierungen verändern den kennzeichnenden Charakter einer Marke regelmäßig nicht, weil die beteiligten Verkehrskreise, zu denen im Streitfall auch die Mitglieder der Kammer als zumindest potentielle Käufer von Fahrzeugen gehören, in Berücksichtigung der jeweils branchenüblichen Verwendung von Marken die registrierte und benutzte Form - so sie die Unterschiede überhaupt wahrnehmen - noch als „dieselbe Marke“ ansehen (vgl. BGH GRUR 2003, 1047 - Kellog’s/Kelly’s; BGH GRUR 2015, 578 Rn. 12 - PINAR; Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 26 Rn. 173, 180 f.).

c. Die Kammer hat keinen Zweifel, dass die Beklagte das angegriffene Zeichen „M-Logo“ ernsthaft benutzt hat (§ 26 Abs. 1 MarkenG). Die Beklagte hat in Bezug auf sämtliche, von ihr noch beanspruchte Waren und Dienstleistungen, für welche die Ernsthaftigkeit der Benutzung nach erfolgter Teilklagerücknahme von der Klägerin noch in Frage gestellt wird, aussagekräftige Zahlen in Bezug auf die insoweit erzielten Umsätze sowie - mit Blick auf die unter der Marke angebotenen Waren - Produktions-/Absatzzahlen vorgetragen (vgl. im Hinblick auf Fahrzeuge/Apparate zur Beförderung auf dem Lande Bd. II, Bl. 84, 94/96, 100/101, 104 f., 114, 122 f., 126, 168 und Anlagen B 132 - B 134, Bl. 173/176 und Anlagen B 141-142; im Hinblick auf Fahrzeugteile Bd. II Bl. 235/242 und Anlagen B 188 - B 191, Bd. II Bl. 250 / Bd. III Bl. 251; Bd. III Bl. 255/258 und Anlagen B 192-195; für Motoren vgl. Bd. III Bl. 263, 265; im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen in Klasse 37 vgl. Bd. III, Bl. 365 und Anlagen B 254 - B 255, Bd. III, Bl. 371/373, 387/394 d.A.). Die Kammer kann aufgrund der mitgeteilten Daten und der unbestrittenen Marktpräsenz der entsprechenden Waren und Dienstleistungen ausschließen, dass es sich bei den vorgetragenen Benutzungen um bloße Scheinnutzungen handelt (vgl. BGH GRUR 2009, 60 Rn. 37 - LOTTOCARD).

2. Die Benutzung erfolgte nach Überzeugung der erkennenden Kammer auch „für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist“ (§ 26 Abs. 1 MarkenG). Die Beklagte hat das angegriffene Zeichen „M-Logo“ in der weit überwiegenden Anzahl der vorgetragenen Benutzungen auf der beanspruchten Ware selbst angebracht (zu diesem Erfordernis vgl. nur EuGH GRUR 2003, 425, 427 - Ansul/Ajax; BGH GRUR 2001, 623 Rn. 23 - Peek & Cloppenburg II, Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 26 Rn. 46 m.w.N.). Soweit Benutzungen für geschützte Dienstleistungen in Klasse 37 in Streit stehen, ist die Kammer nach Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles zur Überzeugung gelangt, dass auch insoweit eine funktionsgerechte Benutzung durch die Beklagte vorliegt.
Im Einzelnen:

a. Die von der Beklagten vorgetragene Zeichennutzung in Bezug auf Waren der Klasse 12 (Fahrzeuge, Apparate zur Beförderung auf dem Lande) ist als markenmäßige und damit rechtserhaltende Benutzung anzusehen. Jedenfalls durch Anbringung des Zeichens „M-Logo“ auf den Seitenwänden und an zahlreichen Stellen im Interieur zahlreicher von ihr produzierter und vertriebener Fahrzeuge kennzeichnet die Beklagte diese Waren.

aa. Maßstab für die Beurteilung der Frage, ob ein bestimmtes Zeichen funktionsgemäß als Marke gebraucht wird, ist das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise, wobei die Auffassung eines durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen zugrunde zu legen ist (BGH, GRUR 2012, 618 Rn. 23 - Medusa; BGH GRUR 2003, 963, 964 - Anti-Vir/AntiVirus; BGH GRUR 2002, 812, 813 - FRÜHSTÜCKS-DRINK II). Dabei wird die Verkehrsauffassung auch durch die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Waren- oder Dienstleistungssektor (vgl. BGH GRUR 2017, 730 Rn. 22 - Sierpinski-Dreieck) und durch die konkrete Aufmachung bestimmt, in der die angegriffene Bezeichnung dem Publikum entgegentritt (vgl. EuGH GRUR 2008, 698 Rn. 64 - O2/Hutchison; BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 19 - pjur/pure). Eine blickfangmäßige Herausstellung oder die Verwendung eines Zeichens im Rahmen der Produktkennzeichnung spricht dabei für eine markenmäßige Verwendung (vgl. BGH GRUR 2017, 520 Rn. 26 - MICRO COTTON; BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 19 - pjur/pure; BGH GRUR 2019, 522 Rn. 42 - SAM). Grundsätzlich ist der Begriff der markenmäßigen Benutzung weit zu fassen. Es genügt die objektive, nicht völlig fernliegende Möglichkeit, dass der Verkehr einen Herkunftshinweis annimmt (EuGH, GRUR 2003, 55 Rn. 57 u. 51 - Arsenal Football Club; EuGH, GRUR 2002, 692 Rn. 17 - Hölterhoff).

bb. Die Kammer ist vorliegend davon ausgegangen, dass die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die Mitglieder der erkennenden Kammer als normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher und zumindest potentielle Käufer von Pkw gehören (BGH GRUR 2006, 937 Rn. 27 - Ichthyol II), sich in Bezug auf betriebliche Herkunftshinweise im Kfz-Bereich in erster Linie an der Herstellermarke orientieren werden, da diese im Hinblick auf die unterschiedliche betriebliche Herkunft der Automobile das naheliegendste Unterscheidungsmittel darstellt. Allerdings sind die angesprochenen Verkehrskreise - und dies stellt im Grundsatz auch die Klägerin nicht in Abrede - im Automobilbereich aufgrund der Komplexität des Produktes „Automobil“ an Mehrfachkennzeichnungen gewöhnt. So kann neben der Herstellerkennzeichnung auch eine bestimmte Modellbezeichnung herkunftshinweisend wirken und zwar selbst dann, wenn sie sich in einer schlichten Buchstaben-Zahlen-Kombination erschöpft. Die angesprochenen Verkehrskreise sind im Zusammenhang mit Automobilen auch daran gewöhnt, dass zusätzlich zur Herstellermarke und herkunftshinweisender Modellbezeichnung weitere Zeichen auf den Fahrzeugen angebracht sind, die auf besondere Eigenschaften des jeweils gekennzeichneten Modells eines bestimmten Herstellers hinweisen, wie etwa das Vorhandensein eines bestimmten Antriebes (z.B. Allrad), die Verwendung einer bestimmten (umweltschonenden) Technologie oder eine spezielle Ausstattung oder im Vergleich zum Serienmodell höhere Leistungsfähigkeit. In diesem Zusammenhang sind die angesprochenen Verkehrskreise auch daran gewöhnt, dass Automobilhersteller besonders leistungsstarke oder sportliche Baureihen mit einer speziellen Kennzeichnung versehen (die Beklagte verwendet in diesem Zusammenhang den untechnischen Begriff der sog. „Performance-Marken“). Die angesprochenen Verkehrskreise gehen in diesem Zusammenhang davon aus, dass - falls derartige Zeichen auf dem Produkt „Automobil“ angebracht werden - ein Fahrzeug mit einer speziellen Beschaffenheit eines bestimmten Herstellers gekennzeichnet wird und nicht lediglich allein diejenige Eigenschaft, welche hinter dem betreffenden Zeichen steht. Solche Drittkennzeichnungen wirken ferner im Kfz-Sektor ebenso wie Modellbezeichnungen nach dem insoweit maßgeblichen Verkehrsverständnis herkunftshinweisend, wobei in diesem Zusammenhang festzuhalten ist, dass es ausreicht, wenn der Verkehr eine Verwendung annimmt, die auch der Herkunftsfunktion der Marke entspricht (vgl. BGH GRUR 2009, 60 Rn. 22 und LS 2 - LOTTOCARD).

cc. Auf Grundlage der vorstehenden Erwägungen kennzeichnete die Beklagte ihre Fahrzeuge mit „M“ Ausstattungspaketen sowie ihre Performance Modelle durch Anbringung des „M-Logos“ an den Seitenwänden, auf dem Lenkrad und - im Falle der Performance Modelle - auf dem Heck. Die angegriffene Marke wurde dabei jeweils auf den betreffenden Waren blickfangmäßig angebracht, was indiziell für eine herkunftshinweisende Verwendung spricht. Zusätzlich war zu sehen, dass die Anbringung des Zeichens in allen Fällen zusätzlich auf dem Lederlenkrad erfolgte, auf dem sich gleichzeitig typischerweise die Herstellermarke befindet, also an einer Stelle, die bei Automobilen typischerweise zur Produktkennzeichnung verwendet wird. Auch die Benutzung des Zeichens auf dem Heck der Performance-Fahrzeuge stellt eine Kennzeichnung der Ware „Automobil“ dar. Die angesprochenen Verkehrskreise erblicken schon wegen der hohen Kennzeichnungskraft der Marke „M-Logo“ und den auf dem Kfz-Sektor vorherrschenden Kennzeichnungsgewohnheiten in dem angegriffenen Zeichen und der unmittelbar anschließenden Modellbezeichnung zwei unterschiedliche Kennzeichnungen und nicht ein Gesamtzeichen (vgl. hierzu nur BGH GRUR 2009, 766 Rn. 50 f. - Stofffähnchen I).

dd. Soweit die Beklagte das angegriffene Zeichen auf ihrer Sportwagenserie am Heck gemeinsam mit einer arabischen Ziffer anbringt, verwendet sie das „M-Logo“ als Stammbestandteil einer Zeichenserie. Regelmäßig ist von einer rechtserhaltenden Benutzung einer Marke auszugehen, wenn diese als Stammbestandteil einer Zeichenserie verwendet wird, bei der das eine Zeichen die Produktfamilie und das andere Zeichen das konkrete Produkt benennt (vgl. BGH GRUR 2007, 592 Rn. 14 f. - bodo Blue Night; BGH GRUR 2013, 840 Rn. 23 - PROTI II). Dies ist nach dem Vortrag der Beklagten zur Kennzeichnungspraxis im Zusammenhang mit den von ihr produzierten und vertriebenen Sportwagen der Fall. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass das Zeichen „M-Logo“ über hohe Kennzeichnungskraft verfügt, weshalb die angesprochenen Verkehrskreise dieses ohne Weiteres als Stammbestandteil einer Zeichenserie ansehen. Zusätzlich war zu sehen, dass die Beklagte in Bezug auf ihre Sportwagen auf ein einfaches und nachvollziehbares Kennzeichnungsprinzip zurückgreift, indem das „M“ für den Sportwagenbereich insgesamt, die arabische Ziffer für ein bestimmtes Modell steht. Ob die vorliegenden Überlegungen auch auf die Kennzeichnungen der von der Beklagten hergestellten und vertriebenen Sport-SUVs, welche diese nach dem Prinzip „X+Ziffer+M-Logo“ kennzeichnet, übertragen werden können, kann vorliegend dahinstehen.

dd. Es ist auch von einer rechtserhaltenden Benutzung für die breiten Oberbegriffe „Apparate zur Beförderung auf dem Lande/Fahrzeuge“ auszugehen. Allein die Tatsache, dass es sich bei den Fahrzeugen um Sportwagen oder besonders sportliche Fahrzeuge handelt, reicht nicht aus, um sie als selbständige Untergruppe von Fahrzeugen einzustufen (EuGH GRUR 2020, 1301 Rn. 48 - Ferari-DU [testarossa]).

b. Die Kammer gelangte ferner zur Überzeugung, dass die Beklagte eine rechtserhaltende Benutzung für „Motoren“ und „Fahrzeugteile“ soweit in Klasse 12 enthalten, erbracht hat. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang umfangreiche Unterlagen vorgelegt, aus denen die Anbringung des Zeichens „M-Logo“ auf zahlreichen Fahrzeugteilen wie Lenkrädern, Leichtmetallrädern, Bremsen, Interieurblenden, Schaltknöpfen, Heckspoilern, Lenkrädern, Schalldämpfern u.a. ersichtlich ist. Somit kann vorliegend dahinstehen, ob die Entscheidung EuGH GRUR 2020, 1301 - Ferrari/DU [testarossa] tatsächlich dahingehend zu verstehen ist, dass Fahrzeuge und Teile von Fahrzeugen eine einheitliche Produktkategorie bilden mit der Konsequenz, dass eine Benutzung von Fahrzeugen gleichzeitig als Benutzung von Fahrzeugteilen und andersherum anzusehen ist (in diese Richtung wohl EuGH GRUR 2020, 1301, Rn. 27 - Ferrari/DU [testarossa]).

c. Nach Auffassung der Kammer hat die Beklagte auch eine Benutzung des Zeichens „M-Logo“ für die beanspruchten Dienstleistungen in Klasse 37, nämlich „Wartung, Instandhaltung und Reparatur von Fahrzeugen, Motoren und von Teilen dieser Gegenstände; Tuning von Motoren und Kraftfahrzeugen“ nachgewiesen. Die von der Beklagten vorgetragenen und durch Unterlagen belegten Nutzungen (vgl. Bd. III, Bl. 361/396 d.A. und Anlagen B 253 - B 257, B 263, B 275) genügen den Anforderungen, welche die Rechtsprechung an den Gebrauch von Dienstleistungsmarken stellt (vgl. hierzu oben B., III., 1.), und zwar trotz des Umstandes, dass die Beklagte vorliegend keine Rechnungen für entsprechende Dienstleistungen vorgelegt hat, aus denen die Benutzung des Zeichens ersichtlich ist. Der erforderliche Dienstleistungsbezug ist unter Berücksichtigung der spezifischen Besonderheiten der Automobilbranche gegeben. Dabei war zu sehen, dass im Automobilsektor eine allgemein bekannte Branchenübung dahingehend besteht, dass die Automobilhersteller neben dem Verkauf ihrer Fahrzeuge auch regelmäßig einen dazugehörigen Fachwerkstattservice für diese Fahrzeuge, für Motoren und Fahrzeugteile anbieten. Dieser spezielle Service kann sich sowohl auf Modelle normaler Serien als auch auf spezielle oder besonders teure Baureihen beziehen. Die Erwerber eines Modells einer besonders teuren Baureihe bzw. eines speziellen Fahrzeugtyps, wie im Falle der Beklagten etwa eines besonders gekennzeichneten Sportwagens oder Performance-Automobils mit spezieller leistungssteigernder Zusatzausstattung werden regelmäßig schon aufgrund der teilweise hohen Erwerbskosten das Vorhandensein eines speziellen, auf die Besonderheiten des jeweiligen Automobils zugeschnittenen Fahrzeugservices erwarten. Die angesprochenen Verkehrskreise werden folglich die Verwendung des Zeichens „M-Logo“ auf dem Fassadenband zertifizierter Standorte und auf den Markenflaggen (vgl. Bd. III, Bl. 370/373 d.A.) als Kennzeichnung eben solcher besonderen Serviceangebote für die von der Beklagten unter dem Zeichen „M-Logo“ hergestellten und vertriebenen Fahrzeuge und Fahrzeugteile verstehen.

Auf Grundlage dieser Erwägungen stellen die vorgetragenen Benutzungen auch einen Gebrauch des Zeichens „M-Logo“ für „Tuning“ dar, weil diese Dienstleistungen ebenfalls unter die Kategorie „Autoservice“ im weitesten Sinne fallen. Zudem stellen jedenfalls die von der Beklagten unter der Marke „M-Logo“ vertriebenen Performance-Modelle sog. „Werkstuner“ (vgl. allgemein Artikel, Anlage B 266) dar, weshalb auch insoweit von einer Benutzung des Zeichens für die Dienstleistung „Tuning“ auszugehen ist.

d. Die von der Beklagten vorgetragenen und durch Unterlagen belegten Benutzungen für Waren der Klasse 25, welche die Klägerin im Grundsatz nicht mehr in Frage stellt, sind als Benutzungen für den breiten Oberbegriff „Bekleidungsstücke“ anzusehen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Annahme eines Rechtserhalts nicht auf die Untergruppe „Oberbekleidung“ beschränkt, weil insoweit zwischen Ober- und Unterbekleidung ein übereinstimmender Verwendungszweck vorliegt. Die Bildung kohärenter Untergruppen ist deshalb nur mit einigen Schwierigkeiten möglich und führt zudem zu einer unzumutbaren Einschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Markeninhabers (vgl. EuGH GRUR-RS 2020, 16105 Rn. 31 f. - TAIGA).

II. Die Beklagte hat auch die angegriffene Marke „M-Buchstabe“ rechtserhaltend benutzt. Die Benutzung erfolgte für die eingetragenen Waren in Klassen 12 und 28 gem. § 26 Abs. 3 MarkenG durch die Marke „M-Logo“ (nachfolgend 1.) und ferner - in Bezug auf die beanspruchten Waren „Automobile“ wegen der Kennzeichnung der Sportwagenserie als Stammbestandteil einer Zeichenserie (nachfolgend 2.).

1. Die oben behandelten Benutzungen der Marke „M-Logo“ stellen gleichzeitig eine Benutzung der Marke „M-Buchstabe“ nach Maßgabe des § 26 Abs. 3 MarkenG dar, und zwar für die beanspruchten Waren in Klasse 12 „Automobile und Teile von Automobilen“ und Klasse 28 „Miniaturen von Automobilen“. Die von der Beklagten vorgetragenen Benutzungen für Spielzeug im Allgemeinen und Automobilminiaturen im Besonderen (vgl. Bd. III, Bl. 337/351 d.A. mit Anlagen B 246-B 249) werden - soweit sie eine Verwendungen der Marke „M-Logo“ zum Gegenstand haben - von der Klägerin nicht mehr infrage gestellt, weil die Klägerin insoweit ihre Klage zurückgenommen hat.

a. Die Klägerin kann vorliegend nicht damit gehört werden, der Marke „M-Buchstabe“ fehle bereits die Eignung, im Verkehr als Herkunftshinweis aufgefasst zu werden, weshalb erstens die Annahme einer markenmäßigen Verwendung im Grundsatz ausscheide, zweitens dem Zeichen die Eignung als Stammbestandteil einer Zeichenserie fehle, und drittens auch eine Benutzung durch die Marke „M-Logo“ ausscheide. Denn zum einen ist das Gericht auch im Verfallsverfahren grundsätzlich an die Eintragungsentscheidung gebunden. Mit anderen Worten ist es dem erkennenden Gericht versagt, eine rechtserhaltende Benutzung schon deshalb zu verneinen, weil aus seiner Sicht dem infrage stehenden Zeichen die markenrechtliche Schutzfähigkeit im Grundsatz abzusprechen ist (vgl. BGH GRUR 2009, 60 Rn. 24 - LOTTOCARD, Ströbele/Hacker/Thiering/Ströbele, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 26 Rn. 95). Ob im konkreten Fall eine markenmäßige Verwendung vorliegt, ist anhand aller Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Zum anderen ist aber auch die grundsätzliche markenrechtliche Schutzfähigkeit von Einzelbuchstabenmarken nach zutreffender und von der Kammer geteilter Ansicht weithin anerkannt (vgl. BPatG GRUR-RR 2013, 288, 290 - M; BPatG BeckRS 2017, 129580 - Buchstabe Q; BPatG BeckRS 2018, 10202 - Buchstabe M; BGH GRUR 2001, 161 - Buchstabe K). Auch für das konkret infrage stehende Zeichen, die Buchstabenmarke Nr. DE 30 2013 0068 45 „M“ mit Schutz für Waren und Dienstleistungen der Klassen 12 und 28, nämlich „Automobile und deren Teile, soweit in Klasse 12 enthalten, Miniaturen von Automobilen“ geht die Kammer von mindestens durchschnittlicher Kennzeichnungskraft aus. Aus den von beiden Parteien in diesem Zusammenhang vorgelegten Verkehrsbefragungen, welche eine Buchstabenmarke „M“ zum Gegenstand hatten (Verkehrsgutachten Infratest vom August 1996, Anlage B 31, Gutachten Allensbach vom 11.06.2010, Anlage B 32, Gutachten Dr. P. vom 18.12.2018, Anlage B&B 3) ist ersichtlich, dass die Kennzeichnungskraft aufgrund umfangreicher und langjähriger Benutzung durch die Beklagte mindestens auf das Maß durchschnittlicher Kennzeichnungskraft gesteigert wurde. So kommt auch das von der Klägerin vorgelegte Gutachten zu einer Verkehrsbekanntheit von 27 % des Verkehrskreises „potentielle Pkw-Besitzer/-Fahrer“. Die von der Beklagten vorgelegten Gutachten, die in Bezug auf die relevanten Verkehrskreise enger gefasst sind und nur „Besitzer und Interessenten sportlicher Fahrzeuge“ bzw. „Besitzer/Kaufinteressenten von Sportwagen“ in den Blick nehmen, kommen sogar auf noch höhere Bekanntheitswerte (78 % im Rahmen des Gutachtens vom August 1996, Anlage B 30, 83 % im Rahmen des Gutachtens aus dem Jahr 2010, Anlage B 32). Die gutachterlichen Feststellungen sind auch vor dem Hintergrund der von der Beklagten vorgelegten Unterlagen, welche die langjährige isolierte Verwendung des Einzelbuchstabens „M“ ohne grafische Ausgestaltung seitens der Beklagten belegen (vgl. etwa „Chronik aller BMW M Fahrzeuge“ seit dem Jahr 1976, Anlage B 144; Folder „Faszination „M“, Anlage B 144a; Strategiepapier „M“ 191, Anlage B 145) eine durchaus logische Konsequenz.

b. Nach § 26 Abs. 3 MarkenG gilt als Benutzung einer Marke unabhängig davon, ob die Marke in der benutzten Form auch auf den Namen des Inhabers eingetragen ist, auch die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichung den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert. Die Vorschrift lässt dabei eine Benutzung in abweichender Form auch dann als rechtserhaltend zu, wenn die abweichende Form ihrerseits auch als Marke für die betroffenen Waren/Dienstleistungen eingetragen ist. Es ist daher möglich, mehrere, nicht identische Zeichen durch ein und dasselbe Zeichen rechtserhaltend zu benutzen (BeckOK MarkenR/Bogatz, 24. Ed. 1.1.2021, MarkenG, § 26 Rn. 162). Dies gilt auch für die überlappende Verwendung verschiedener Marken zur gleichen Zeit, d.h. als Teil oder in Verbindung mit anderen Marken. Erforderlich ist allein, dass die mittels einer anderen zusammengesetzten Marke benutzte Marke weiterhin als Hinweis auf die Herkunft der betreffenden Waren wahrgenommen wird (vgl. EuGH GRUR 2013, 722 Rn. 35 f. - Colloseum/Levi Straus [Stofffähnchen]; EuGH GRUR 2013, 922 Rn. 24 ff. - Specsavers/Asda).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Dass der Buchstabe „M“ Teil des streitgegenständlichen Logos in besonderer graphischer Gestaltung ist, kann nach Auffassung der Kammer nicht in Abrede gestellt werden. Hierbei hat es aber nicht sein Bewenden. Aufgrund der Bekanntheit des Buchstabens jedenfalls in Bezug auf die beanspruchten Waren „Automobile“ sieht die Kammer den Buchstaben auch als eigenständigen und dominierenden Teil des streitgegenständlichen Logos an. Andere Elemente, wie die sich auf linker Seite anschließenden, farbigen Streifen treten demgegenüber in den Hintergrund. Für eine Dominanz des Einzelbuchstabens spricht auch, dass dieser in Bezug auf die Logomarke der Beklagten für die angesprochenen Verkehrskreise zumindest in klanglicher Hinsicht die einfachste Benennungsmöglichkeit darstellt (vgl. im Hinblick auf Wort-/Bildzeichen etwa BGH GRUR 2009, 1055, Rn. 28 - airdsl; BGH GRUR 2008, 903, Rn. 25 - SIERRA ANTIGUO). Der Einzelbuchstabe „M“ weist jedenfalls für die gekennzeichnete Ware „Automobile“ aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die Kammermitglieder gehören, keinen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt auf (vgl. BPatG GRUR-RR 2013, 288, 290 - M), als dessen Verkürzung er wahrgenommen werden könnte. Schließlich ist auch die von der Rechtsprechung aufgestellte Voraussetzung des fortwährenden herkunftshinweisenden Verständnisses der „mitbenutzten“ Marke gegeben. Wie bereits dargelegt wurde, sieht auch nach dem von der Beklagten vorgelegten Verkehrsgutachten ein nicht ganz unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise, nämlich 15,6 %, das Zeichen als Herkunftshinweis für ein bestimmtes Unternehmen an (vgl. Gutachten Dr. P. vom 18.12.2018, Anlage B&B 3).

2. Die rechtserhaltende Benutzung für die Waren „Automobile“ folgt aber auch aus dem Umstand, dass die Beklagte das in diesem Bereich bekannte Zeichen „M-Buchstabe“ als Stammbestandteil einer Zeichenserie zur Kennzeichnung ihrer Sportwagen verwendet. Dies ist hinreichend aufgrund der Webseitengestaltung der Seite www.bmw.de aus den Jahren 2014 bis 2018 (Anlage B 159) belegt. Der Buchstabe „M“ wird dort als Stammbestandteil der jeweiligen konkreten Produktbezeichnung verwendet. Die angesprochenen Verkehrskreise erblicken in dem Buchstaben auch keine bloße Produktbezeichnung, sondern ein Unterscheidungsmittel der Waren eines Unternehmens gegenüber denjenigen anderer Unternehmen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Hamburg: Instagram-Influencer muss Posts die offensichtlich Werbung sind nicht nach § 5a Abs. 6 UWG gesondert als Werbung kennzeichnen

OLG Hamburg
Urteil vom 02.07.2020
15 U 142/19


Das OLG Hamburg hat entschieden, dass ein Instagram-Influencer Posts, die offensichtlich Werbung sind, nicht nach § 5a Abs. 6 UWG gesondert als Werbung kennzeichnen muss.

Das OLG Hamburg hat die Revision zum BGH zugelassen.

Eine auf der Pressemitteilung des OLG Hamburg basierende Meldung finden Sie hier:

BGH: Relevante Markenrechtsverletzung im Inland regelmäßig bereits dann wenn im Inland unter dem Zeichen Waren oder Dienstleistungen angeboten werden

BGH
Urteil vom 07.11.2019
I ZR 222/17
Club Hotel Robinson
MarkenG § 14 Abs. 2, Abs. 5, Abs. 6, § 19 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass eine relevante Markenrechtsverlerzung im Inland regelmäßig bereits dann gegeben ist, wenn im Inland unter dem Zeichen Waren oder Dienstleistungen angeboten werden

Leitsatz des BGH:

Zur Beantwortung der Frage, ob eine relevante Verletzungshandlung im Inland vorliegt, bedarf es nicht in jedem Fall einer inländischen Kennzeichenbenutzung mit Auslandsberührung besonderer, im Wege der Gesamtabwägung der betroffenen Interessen und Umstände zu treffenden Feststellungen. Solche Feststellungen sind nur erforderlich, wenn das dem Inanspruchgenommenen vorgeworfene Verhalten seinen Schwerpunkt im Ausland hat. Fehlt es an einem solchen ausländischen Schwerpunkt, kann eine Verletzungshandlung im Inland nach den allgemeinen Grundsätzen auch in Fällen mit Auslandsberührung regelmäßig bereits dann gegeben sein, wenn im Inland unter dem Zeichen Waren oder Dienstleistungen angeboten werden (Fortführung von BGH, Urteil vom 19. Januar 1989 - I ZR 217/86, GRUR 1990, 361, 363 [juris Rn. 21] - Kronenthaler; Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 163/02, GRUR 2005, 431, 432 [juris Rn. 21] - HOTEL MARITIME; Urteil vom 8. März 2012 - l ZR 75/10, GRUR 2012, 621 Rn. 34 - OSCAR; Urteil vom 9. November 2017 - I ZR 134/16, GRUR 2018, 417
Rn. 37 - Resistograph).

BGH, Urteil vom 7. November 2019 - I ZR 222/17 - Kammergericht - LG Berlin

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Instagram-Influencerin muss Posts über Produkte oder Dienstleistungen mit Verlinkung auf Accounts der jeweiligen Anbieter als Werbung kennzeichnen

OLG Frankfurt
Beschluss vom 24.10.2019
6 W 68/19


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein Instagram-Influencer Posts, die Dienstleistungen oder Produkte vorstellen und auf Accounts der jeweiligen Anbieter verlinken, als Werbung kennzeichnen muss.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Influencerin muss Verlinkungen auf Instagram als Werbung kenntlich machen

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) untersagt mit heutigem Beschluss einer Influencerin und Youtuberin, im geschäftlichen Verkehr auf ihrem Instagram-Account Bilder von sich im Internet zu präsentieren und dabei Waren und/oder Dienstleistungen vorzustellen nebst Verlinkung zu den Accounts der jeweiligen Hersteller, ohne diese Veröffentlichungen als Werbung kenntlich zu machen.

Die Antragstellerin betreibt einen Verlag. Die Antragsgegnerin ist Influencerin und Youtuberin. Sie unterhält eine personalisierte Webseite auf Instagram und hat über eine halbe Million Follower. Dort postet sie zahlreiche Bilder, überwiegend von sich selbst. Sie verlinkt diese Bilder mit den Instagram-Accounts der Anbieter der jeweils in ihren Posts dargestellten Produkte sowie Dienstleistungen. Die Posts werden nicht als Werbung kenntlich gemacht. In jedenfalls zwei Begleittexten bedankt sich die Antragsgegnerin ausdrücklich bei zwei Produktherstellern, auf deren Instagram-Accounts sie verlinkt hatte, für die Einladung zu zwei Reisen.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, die Antragsgegnerin betreibe mit der gewählten Präsentation von Produkten und Dienstleistungen auf ihrem Instagram-Account verbotene redaktionelle Werbung. Das Landgericht hat einen auf Unterlassen gerichteten Antrag im einstweiligen Verfügungsverfahren zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

Die Beschwerde hat vor dem OLG Erfolg. Die Antragsgegnerin handele unlauter, stellt das OLG fest. Sie habe den tatsächlich vorhandenen kommerziellen Zweck ihrer geschäftlichen Handlungen nicht kenntlich gemacht; der kommerzielle Zweck ergebe sich auch nicht unmittelbar aus den Umständen.

Der Instagram-Account der Antragsgegnerin stelle, so das OLG, eine geschäftliche Handlung dar; die „Instagram-Posts...dienten zunächst der Förderung fremder Unternehmen“. Es handele sich um Werbung, die den Absatz der präsentierten Produkte steigern und das Image des beworbenen Herstellers und dessen Markennamen oder Unternehmenskennzeichen fördern soll. Die Antragsgegnerin sei unstreitig eine Influencerin. Sie präsentiere sich in ihren Posts nicht als Werbefigur, sondern als Privatperson, die andere an ihrem Leben teilhaben lassen und dabei sehr authentisch wirke. In dem sie auf ihren Posts etwa einen „Tag“ auf ein Hotel setze, mache sie Werbung für dieses Hotel. Der redaktionelle Beitrag habe auch nicht in Verbindung zu diesem Hotel gestanden. Sie erhalte auch eine Gegenleistung für ihre Werbung. Dies folge etwa daraus, dass sie sich ausdrücklich bei zwei Unternehmen, für das sie auf ihren Posts „Tags“ gesetzt hatte, für die Reiseeinladungen bedankte.

Der Instagram-Account der Antragsgegnerin sei auch insgesamt als kommerziell einzuordnen. Dies gelte unabhängig davon, ob die Antragsgegnerin für jeden „Tag“ eine Gegenleistung erhalten oder erwartet habe. Als Autorin eines Buches, das zu den Spiegel-Online-Bestsellern zähle, nutze sie ihre Bekanntheit als Influencerin, um ihre eigenen Produkte zu vermarkten. Sie erziele als Influencerin Einkünfte damit, dass sie „Produkte und auch sich selbst vermarktet“, betont das OLG.

Die Handlungen der Antragsgegnerin seien zudem geeignet, „den Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte“, stellt das OLG schließlich fest. Es genüge, dass die Verbraucher aufgrund der Posts Internetseiten öffneten, die es ermöglichten, sich näher mit einem bestimmten Produkt zu befassen. Die Verbraucher würden hier auf den jeweiligen Instagram-Account der Hersteller der präsentierten Produkte geleitet. „Entscheidend ist, dass die Antragsgegnerin als Influencerin und damit als Werbefigur ihre Follower zum Anklicken der „Tags“ motiviert“, fasst das OLG abschließend zusammen.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.10.2019, Az. 6 W 68/19
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.6.2019, Az. 2-6 O 235/19)

Die Entscheidung kann in Kürze im Volltext unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de abgerufen werden.

Erläuterungen:
§ 5a UWG Irreführung durch Unterlassen
(1) ...

(6) Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

BGH: Wortmarke "Pippi Langstrumpf" fehlt für die Dienstleistungen der Klasse 42 "Beherbergung von Gästen" nicht jegliche Unterscheidungskraft

BGH
Beschluss vom 05.10.2017
I ZB 97/16
Pippi-Langstrumpf-Marke
MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1, § 50 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass der Wortmarke "Pippi Langstrumpf" für die Dienstleistungen der Klasse 42 "Beherbergung von Gästen" nicht jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

Leitsatz des BGH:

Der Wortmarke "Pippi Langstrumpf" fehlt für die Dienstleistungen der Klasse 42 "Beherbergung von Gästen" nicht jegliche Unterscheidungskraft. Etwaige inhaltliche Zuschreibungen, die der Verkehr von der Romanfigur auf unter ihrem Namen angebotene Beherbergungsdienstleistungen übertragen mag, begründen allenfalls einen beschreibenden Anklang der angegriffenen Marke, beseitigen jedoch nicht ihre Eignung, als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betroffenen Dienstleistung zu wirken.

BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2017 - I ZB 97/16 - Bundespatentgericht

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Version 2018 der 11. Ausgabe der Nizza-Klassifikation am 01.01.2018 in Kraft getreten - Markenrecht

Die Version 2018 der 11. Ausgabe der Nizza-Klassifikation (NCL 11-2018) ist am 01.01.2018 in Kraft getreten.

Weitere Informationen finden Sie auf der Seite des DPMA.

Markenrecht: Version 2015 der 10. Ausgabe der Nizza-Klassifikation am 01.01.2015 in Kraft getreten

Zum 01.01.2015 ist die Version 2015 der 10. Ausgabe der Nizza-Klassifikation in Kraft getreten.

Weiterer Informationen und die neue Liste der Waren und Dienstleistungen finden Sie auf der Seite des DPMA.

BGH: Ware "Papier für Kopierzwecke" und Waren "Printmedien, nämlich Druckschriften, Druckerzeugnisse, insbesondere Zeitungen, Zeitschriften und Bücher, Fotografien" sind nicht ähnlich im Sinne von

BGH
Beschluss vom 03.07.2014
I ZB 77/13
ZOOM/ZOOM
MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2

Leitsatz des BGH:

Die Ware "Papier für Kopierzwecke" und die Waren "Printmedien, nämlich Druckschriften, Druckerzeugnisse, insbesondere Zeitungen, Zeitschriften und Bücher, Fotografien" sind einander nicht ähnlich im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

BGH, Beschluss vom 3. Juli 2014 - I ZB 77/13 - Bundespatentgericht

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: