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BGH: Markenrechtsverletzung durch Werbung eines Wiederverkäufers wenn Herkunfts- oder Garantiefunktion der Marke berührt Unterscheidungskraft ausnutzt oder Ruf beeinträchtigt

BGH
Urteil vom 28.06.2018
I ZR 221/16
beauty for less
VO (EG) Nr. 207/2009 Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a, Art. 13, Art. 22 Abs. 3; VO (EU) Nr. 2017/1001 Art. 9 Abs. 2 Buchst. a, Art. 15, Art. 25 Abs. 3


Der BGH hat entschieden, dass eine Markenrechtsverletzung durch Werbung eines Wiederverkäufers vorliegen kann, wenn die konkrete Gestaltung der Werbung die Herkunfts- oder Garantiefunktion der Marke berührt, die Unterscheidungskraft ausnutzt oder Ruf beeinträchtigt.

Leitsätze des BGH:

a) Verwendet ein Wiederverkäufer eine Mehrzahl von Marken auf dem Versandkarton, in dem sich Produkte befinden, die nicht mit einer dieser Marken gekennzeichnet sind, so liegt der für die Erschöpfung des Rechts an diesen Marken erforderliche konkrete Produktbezug vor, wenn der Verkehr angesichts des Versandkartons annimmt, der Wiederverkäufer vertreibe Produkte aller dort genannten Marken, sofern dies tatsächlich der Fall ist.

b) Für das einer Erschöpfung des Markenrechts entgegenstehende berechtigte Interesse des Markeninhabers, sich der Werbung eines Wiederverkäufers zu widersetzen, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Form dieser Werbung in der Branche des Wiederverkäufers unüblich ist. Zu prüfen ist vielmehr, ob die konkrete Werbung die Herkunfts- oder Garantiefunktion der Marke berührt, ihre Unterscheidungskraft ausnutzt oder ihren Ruf beeinträchtigt.

BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 221/16 - OLG Stuttgart - LG Stuttgart

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Düsseldorf: Supermarktkette Real darf keine Graumarktware der japanischen Luxuskosmetika Kanebo und Sensai verkaufen

OLG Düsseldorf
Urteil vom 06.04.2018
20 U 113/17


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass die Supermarktkette Real keine Graumarktware der japanischen Luxuskosmetika Kanebo und Sensai verkaufen darf. Das Gericht nahm eine Ausnahme vom Erschöpfungsgrundsatz für die vom Hersteller selbst in der EU auf den Markt gebrachten Ware an, da die Produkte sonst nur im Rahmen eines strengen selektiven Vertriebssystems angeboten werden und so eine Schädigung des Rufs und des Images der Luxuskosmetika zu befürchten sei.


OLG Düsseldorf: Markenrechtliche Erschöpfung im EWR durch Verkauf unter Incoterm-Klausel CIP da diese nicht nur Frachtumstände regelt

OLG Düsseldorf
Urteil vom 25.01.2018
I-20 U 82/17


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass eine markenrechtliche Erschöpfung im EWR durch Verkauf unter der Incoterm-Klausel CIP erfolgt, da diese nicht nur Frachtumstände regelt.

Aus den Entscheidungen:

"Die streitgegenständlichen Fahrzeuge sind entgegen der Ansicht des Landgerichts im EWR in den Verkehr gebracht worden. Nach der Rechtsprechung des EuGH werden die dem Markeninhaber durch die Erste Richtlinie 89/104/EWG (abgelöst durch Richtlinie 2008/95) verliehenen ausschließlichen Rechte durch einen Verkauf erschöpft, der dem Inhaber erlaubt, den wirtschaftlichen Wert seiner Marke zu realisieren (vgl. EuGH GRUR 2005, 507 Rdnr. 40 – Peak Holding). Zur Realisierung des wirtschaftlichen Wertes ist nach der Rechtsprechung des BGH eine willentliche Übertragung der Verfügungsgewalt auf einen Dritten erforderlich (vgl. BGH GRUR 2006, 863 Rdnr. 15 a.E. – ex works). Ob letzteres die Realisierung des Wertes in dem vom EuGH vorausgesetzten Sinn zu sehr einengt, wie der Antragsgegner meint, bedarf vorliegend keiner Beurteilung. Denn selbst bei Zugrundelegung der Anforderung des BGH liegt hier ein Inverkehrbringen im EWR vor. Der Verkauf beider streitgegenständlichen Fahrzeuge erfolgte unstreitig unter Vereinbarung der Incoterm Klausel CIP. Diese beschränkt sich nicht auf die Bestimmung der Frachtumstände. Vielmehr wird durch sie auch der Leistungsort für die vom Verkäufer nach dem Kaufvertrag geschuldeten Leistungen bestimmt, zu denen grundsätzlich – die Ausnahme der Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts ist für die streitgegenständlichen Kaufverträge bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht behauptet worden – die unbedingte Eigentumsübertragung gehört. Zu differenzieren ist bei der Vereinbarung von Incoterm CIP daher zwischen dem Lieferort und dem Bestimmungsort. Der Lieferort ist der Ort, an dem die Ware dem Frachtführer übergeben wird. Der Bestimmungsort ist der Ort, an den dieser die Ware weisungsgemäß verbringt. Allein Bestimmungsort war vorliegend B. Alle entgegenstehenden Behauptungen der Antragstellerin (ihr Vorbringen ist insoweit allerdings auch nicht stringent) entbehren jeder Grundlage. Am Lieferort, also im Versandland erfüllt der Verkäufer seine (kauf)vertraglichen Verpflichtungen (vgl. Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl., Incoterms 2010 Rdnr. 23 a.E.). Hier findet demgemäß auch die Eigentumsübertragung statt, wie auch immer diese nach dem einschlägigen Recht konkret ausgestaltet ist. Es ist mithin im Ergebnis keine andere Sachlage gegeben als bei einem Verkauf „ab Werk“, bei dem auch nach der Rechtsprechung des BGH bereits mit der Übergabe an den Frachtführer die rechtliche und die tatsächliche Verfügungsgewalt auf den Erwerber übergeht (vgl. BGH a.a.O. Rdnr. 17). Dass beim Verkauf ab Werk der Käufer Auftraggeber des Frachtführers ist, bei der Vereinbarung CIP der Verkäufer, steht der Vergleichbarkeit nicht entgegen. Denn bei der Vereinbarung CIP ist der Verkäufer im Verhältnis zum Käufer an den einvernehmlich benannten Bestimmungsort gebunden. Ihre durch die in T. erfolgte Übergabe der Fahrzeuge erlangte rechtliche Verfügungsgewalt hat die Käuferin ausgeübt, indem sie im Zuge des Kaufvertragsabschlusses vorgreiflich im Einvernehmen mit der X. S. als Bestimmungsort der Ware gewählt hat. Die Berechtigung und Verpflichtung der X., die Fahrzeuge nach S. zu verbringen, hat hierin ihre Grundlage. Die ihr nach Art. 12 Nr. 1 CMR im Verhältnis zum Frachtführer zustehenden Rechte dürfte sie im Innenverhältnis zur Käuferin nur nach Maßgabe dieser vertraglichen Vereinbarung ausüben. Die Bindung im Innenverhältnis bestand unabhängig davon, ob die Konkretisierung des Bestimmungsortes durch die Käuferin widerruflich oder nach den Umständen des Vertrages unwiderruflich war. Denn auch wenn letzteres der Fall gewesen sein sollte, ist die rechtliche Verfügungsgewalt nicht an die Verkäuferin zurückgefallen. Auch diese war nicht berechtigt, den Bestimmungsort eigenmächtig auszutauschen, sondern (ebenfalls) an die einvernehmliche Wahl gebunden.

Dass die X. und/oder die Antragstellerin mit einem Wiederverkauf der nach S. verbrachten Fahrzeuge in den EWR nicht einverstanden waren, steht der Erschöpfung nicht entgegen, da eine solche Vereinbarung allein das Verhältnis der Parteien des Vertrages betrifft, in dem diese räumliche Beschränkung vereinbart worden ist (vgl. EuGH a.a.O. Rdnr. 54; BGH a.a.O. Rdnr. 16).

Aus dem Gesagten folgt, dass auch dann, wenn der Frachtführer zum Zeitpunkt der Verbringung der Ware von T. nach S. dem Konzern der Antragstellerin angehört haben sollte, keine konzerninterne Warenverschiebung stattgefunden hat. Denn die Waren hatten mit ihrer Übergabe am Lieferort und den damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen rechtlich den Konzern verlassen.

Das Inverkehrbringen der Fahrzeuge im EWR seitens der X. geschah auch in einer der Antragstellerin als Markeninhaberin zurechenbaren Weise. Denn bei der X. handelt es sich nach dem eigenen Vorbringen der Antragstellerin um eine ihrer Tochtergesellschaften. Es entspricht sowohl der ständigen Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 1159 Rdnr. 24 – Makro Zelfbedieningsgroothandel u.a.) als auch der des BGH (vgl. GRUR 1973, 468 (470) – Cinzano), dass die Erschöpfung des ausschließlichen Vertriebsrechts des Markeninhabers zum Tragen kommt, wenn die Waren von einem Wirtschaftsbeteiligten in den Verkehr gebracht werden, der wirtschaftlich mit dem Inhaber der Marke verbunden ist (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 20.12.2017 – C-291/16, ECLI:Eu:C:2017:990)."


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BGH legt EuGH Frage zum öffentlichen Zugänglichmachen von Lichtbildern bzw Fotos vor - Kopieren und Hochladen eines frei zugänglichen Fotos auf einen anderen Server

BGH
Beschluss vom 23. Februar 2017 - I ZR 267/15 -
Cordoba
Richtlinie 2001/29/EG Art. 3 Abs. 1


Der BGH hat dem EuGH, abermals eine Frage zum öffentlichen Zugänglichmachen von Lichtbildern bzw Fotos vorgelegt.

Tenor:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts undder verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Stellt die Einfügung eines auf einer fremden Internetseite mit Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers für alle Internetnutzer frei zugänglichen Werkes in eine eigene öffentlich zugängliche Internetseite ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG dar, wenn das Werk zunächst auf einen Server kopiert und von dort auf die eigene Internetseite hochgeladen wird?

BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017 - I ZR 267/15 - OLG Hamburg - LG Hamburg

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LG Köln: Keine Markenrechtsverletzung wenn Marke auf einem Messe-Lageplan zur örtlichen Beschreibung eines Messestandes verwendet wird

LG Köln
Urteil vom 07.03.2017
33 O 116/16


Das LG Köln hat entschieden, dass keine markenmäßige Benutzung und damit keine Markenrechtsverletzung vorliegt, wenn eine Marke auf einem Messe-Lageplan zur örtlichen Beschreibung eines Messestandes verwendet wird.

Aus den Entscheidungsgründen:

"1. Es fehlt an einer berechtigten Abmahnung. Eine Markenverletzung lag nicht vor. Der mit der Abmahnung primär geltend gemachte Anspruch aus § 14 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 5 MarkenG stand der Klägerin nicht zu.

Die Verwendung der klägerischen Marke auf einem Lageplan, zur örtlichen Beschreibung eines Messestandes, stellt mangels einer markenmäßigen Benutzung weder eine Markenverletzung, noch eine Rufausbeutung dar.

Die Verletzung einer Klagemarke setzt zunächst voraus, daß die angegriffene Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr als Marke benutzt wird, also im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dient (vgl. EuGH GRUR 2003, 55 – Arsenal Football Club/Reed; BGH GRUR 2010, 835 – POWER BALL; BGH GRUR 2002, 809 – FRÜHSTÜCKS DRINK I). Bloße Markennennungen sind grundsätzlich zulässig, sofern keine besonderen Begleitumstände vorliegen, wie eine Irreführung, Ruf- oder Aufmerksamkeitsausbeutung oder Herabsetzung (vgl. BGH, Urt. v. 17.01.2002 – I ZR 215/99, GRUR 2002, 828; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 14 Rn. 312). § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG muß dahin ausgelegt werden, daß der Tatbestand die Benutzung eines mit der Marke identischen Zeichens für von dem Dritten vertriebene Waren oder erbrachte Dienstleistungen betrifft, die mit denjenigen identisch sind, für welche die Marke eingetragen ist (vgl. EuGH, Urteil v. 25.01.2007, C-48/05 – Opel-Blitz, juris zu Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL).

Die Beklagte hat die Marke der Klägerin ohne ihre Zustimmung in identischer Form auf einem Lageplan abgedruckt und damit im geschäftlichen Verkehr genutzt.

Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze ist die klägerische Marke von der Beklagten hier aber nicht markenmäßig benutzt worden. Die Marke der Klägerin ist insbesondere nicht zur Bezeichnung von eigenen Waren oder Dienstleistungen der Beklagten verwendet worden. Ein von der Klägerin vorgebrachter „direkter Bezug“ zu den geschützten Warengruppen, die im Rahmen der Messestände vermarktet wurden, liegt nicht vor. Der angesprochene Verkehrskreis wird die auf dem Lageplan abgedruckte Marke der Klägerin nicht auf die ggfs. am Messestand vorgestellten Waren der Beklagten übertragen.

Vielmehr macht gerade die Angabe der verschiedenen Marken auf dem Lageplan eine unterschiedliche betriebliche Herkunft deutlich. Ferner wird der angesprochene Verkehrskreis messetypisch gerade nicht annehmen, an dem einen Stand Waren und Dienstleistungen des anderen Unternehmens erhalten zu können. Die Zeichenverwendung dient der zum Zwecke der Orientierung dienenden Vermittlung, an welchem Stand welches Unternehmen zu erwarten ist.

Selbst wenn man den klägerischen Vortrag, daß die Beklagte den Lageplan zusammen mit einer Einladung bereits vor der Messe an ihre Kunden versendet habe, zugunsten der Klägerin als zutreffend unterstellt, läge deshalb keine markenmäßige Benutzung vor. Das Argument, es handle sich um ein Werbemittel, das auf den Vertrieb identischer Waren gerichtet sei und damit um eine markenmäßige Verwendung, verfängt nicht. Vielmehr ging es der Beklagten darum, es Besuchern zu erleichtern, sich zwischen den Ständen orientieren zu können. Die Verwendung des Namens eines Drittunternehmens in der Werbung zur ausschließlichen Beschreibung der örtlichen Lage des eigenen Geschäftsbetriebs stellt keine kennzeichenmäßige Benutzung dieses Namens dar (OLG Nürnberg Urt. v. 07.04.1998 – 3 U 4052/97, juris)."

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OLG Köln: Verletzung der Marke Vorwerk durch Nutzung der Domain keine-vorwerk-vertretung.de für Verkauf von Gebrauchtstaubsaugern und Zubehör

OLG Köln
Urteil vom 30.09.2016
6 U 131/15


Das OLG Köln hat entschieden, dass eine Verletzung der Marke Vorwerk vorliegt, wenn die Domain keine-vorwerk-vertretung.de für den Verkauf von Gebrauchtstaubsaugern und Zubehör genutzt wird.


Aus den Entscheidungsgründen:

"a) Soweit das Landgericht den Beklagten den Betrieb eines Onlineshop für Staubsauger und Staubsaugerzubehör unter der Domain „keine-vorwerk-vertretung.de“ untersagt hat, hat die Berufung des Beklagten keinen Erfolg. Grundsätzlich steht der Klägerin wegen dieser Domain in der Form, wie sie der Beklagte derzeit benutzt, ein Anspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG zu.

aa) Die Marke DE 1019711 „VORWERK“ ist eine bekannte Marke im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG. Nachdem dies erstinstanzlich seitens des Beklagten zunächst bestritten worden war, hat er sein Bestreiten in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20. Juli 2015 (Bl. 247 d. A.) ausdrücklich aufgegeben und diesen Umstand unstreitig gestellt. Das Landgericht konnte dies noch nicht berücksichtigen, ist aber aufgrund des Parteivorbringens von einer bekannten Marke ausgegangen. Im Berufungsverfahren kann schon aufgrund des – nunmehr zu berücksichtigenden – Schriftsatzes vom 20. Juli 2015 ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass es sich um eine bekannte Marke handelt. Unproblematisch ist ferner, dass der Beklagte das Zeichen für die Bewerbung von identischen Waren einsetzt, da § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG über seinen Wortlaut hinaus auch in dieser Konstellation anwendbar ist (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl. 2010, § 14 Rn. 1282 m. w. N.).

bb) In der Domain „keine-vorwerk-vertretung.de“ liegt eine Benutzung der Wortbildmarke „Vorwerk“ der Klägerin. Grundsätzlich ist für die Benutzung eines Domainnamens anerkannt, dass in ihr eine kennzeichenmäßige Verwendung liegen kann, wenn der Verkehr darin keine bloße Adressbezeichnung, sondern den Hinweis auf das Unternehmen oder auf die betriebliche Herkunft von Waren oder Dienstleistungen sieht. Domainnamen, die zu einer aktiven, im geschäftlichen Verkehr verwendeten Homepage führen, kommt in der Regel neben der Adressfunktion eine kennzeichnende Funktion zu (BGH, GRUR 2009, 1055 Tz. 49 – airdsl; GRUR 2013, 638 Tz. 27 – Völkl; Senat, GRUR 2015, 596, 599 – kinderstube; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, nach § 15 Rn. 117 m. w. N.).

Der Beklagte verteidigt sich in erster Linie damit, bei der Domain handele es sich um eine Abgrenzungsformulierung, nicht um eine Bestimmungsangabe im Sinn des § 23 MarkenG. Zutreffend ist, dass es nach zwei Entscheidungen des OLG Hamburg an einer markenmäßigen Benutzung fehlen soll, wenn ein Zeichen genutzt wird, um sich in einer Domain allein vom Zeicheninhaber abzugrenzen (OLG Hamburg, GRUR-RR 2004, 178 – Schufafreie Kredite; MMR 2004, 415 – awd-aussteiger.de). Die erste Entscheidung betraf unter anderem Domains mit Bezeichnungen wie „krediteschufafrei.de“, unter der Kredite angeboten wurden, deren Vergabe angeblich nicht von einer SCHUFA-Auskunft abhänge. Die zweite Entscheidung betraf eine Internetseite, unter der ein ehemaliger Mitarbeiter des Markeninhabers ein Forum betrieb, auf dem er sich kritisch mit dem Geschäftsmodell des Markeninhabers auseinandersetzte. Nur die erste der beiden Entscheidungen betraf eine bekannte Marke im Sinn des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG.

Allgemein ist von einem markenmäßigen Gebrauch auszugehen, wenn das Zeichen in einer Weise verwendet wird, dass es im Rahmen des Produktabsatzes die gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen von Waren oder Dienstleistungen anderer Unternehmen unterscheidet. Für den Anwendungsbereich des Art. 5 Absatz 2 der Markenrechtsrichtlinie, auf dem § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG beruht, reicht es nach der Rechtsprechung des EuGH aber auch aus, dass die beteiligten Verkehrskreise das Kollisionszeichen wegen der hochgradigen Ähnlichkeit gedanklich mit der bekannten Marke verknüpfen (EuGH, GRUR 2004, 58 Tz. 39 – Adidas/Fitnessworld). Selbst wenn der angesprochene Verkehr daher davon ausgeht, das mit dem beanstandeten Zeichen versehene Produkt stamme nicht aus dem Unternehmen des Zeicheninhabers, genügt es, wenn er aufgrund der Ausgestaltung dieses Produkts eine gedankliche Verbindung mit dem Zeicheninhaber herstellt (BGH, GRUR 2005, 583, 584 – Lila Postkarte). Ob eine solche gedankliche Verknüpfung gegeben ist, ist eine tatrichterlich zu beurteilende Frage, bei deren Entscheidung alle relevanten Umstände des konkreten Falls zu berücksichtigen sind. Hierzu gehören der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, die Art der fraglichen Waren und Dienstleistungen einschließlich des Grades ihrer Nähe, das Ausmaß der Bekanntheit der Klagemarke, ihre originäre oder durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft und das Bestehen von Verwechslungsgefahr (BGH, WRP 2015, 1477 = GRUR 2015, 1214 Tz. 32 – Goldbären, m. w. N.).

Die Berufung zeigt keine konkreten Anhaltspunkte auf, die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Landgerichts gebieten, dass die angesprochenen Verkehrskreise zwischen der beanstandeten Domain „keine-vorwerk-vertretung.de“ und der Marke DE 1019711 „VORWERK“ eine gedankliche Verknüpfung herstellen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Der Beklagte benutzt das Zeichen im Zusammenhang mit dem Vertrieb der von ihm angebotenen Zubehörprodukte zu den Produkten der Klägerin. Es liegt daher Warenidentität vor, und in der Domain wird das Wortelement „Vorwerk“ identisch wiederholt. Die Zusätze „keine … Vertretung“ sind rein beschreibend, da der Verkehr ihnen allenfalls entnehmen kann, dass der Beklagte kein offizieller Vertreter der Klägerin ist. Sie besagen aber nicht – und sind vom Beklagten auch nicht so gemeint –, dass unter dieser Domain keine Waren angeboten werden, die mit denen, zugunsten derer die Marke Schutz genießt, identisch sind. Sie schließen nicht einmal aus, dass der Verkehr annimmt, die dort angebotenen Produkte seien Originalprodukte der Klägerin, die eben nur von einem freien Händler angeboten werden, so dass in diesem Sinn auch Verwechslungsgefahr besteht. Dies genügt, um eine gedankliche Verknüpfung herzustellen.

In anderem Zusammenhang beruft sich der Beklagte selber darauf, dass die Benutzung der beanstandeten Domain für ihn ein wertvoller Besitzstand sei. Damit räumt er im Ergebnis ein, dass er diese Domain gerade im Rahmen seiner kommerziellen Kommunikation zur Bewerbung seines mit dem Angebot der Klägerin konkurrierenden Produktangebots einsetzt (vgl. EuGH, GRUR 2010, 445 Tz. 50 ff. – Google France). Unerheblich ist dabei die zwischen den Parteien streitige Frage, in welchem Umfang der Beklagte Originalprodukte der Klägerin vertreibt. Selbst wenn sein Sortiment, wie er erstmalig in der Berufungsinstanz behauptet hat, etwa zu einem Drittel Originalprodukte umfassen sollte, würde es immer noch zum weit überwiegenden Teil Produkte von konkurrierenden Herstellern umfassen, die lediglich mit denen der Klägerin kompatibel sind.

Die beiden Entscheidungen des OLG Hamburg, auf die sich der Beklagte stützt, betrafen dagegen anders gelagerte Sachverhalte. In beiden Fällen diente die Benutzung des Zeichens ausschließlich zur negativen Abgrenzung von dem Angebot des Zeicheninhabers; auf keiner der beanstandeten Seiten wurden Produkte oder Dienstleistungen angeboten, die in einem Konkurrenzverhältnis zu den Produkten oder Dienstleistungen des Zeicheninhabers standen, während hier der Beklagte unter der beanstandeten Domain gerade Konkurrenzprodukte zu denen der Klägerin vertreibt.

Auf der Grundlage der zitierten Rechtsprechung des OLG Hamburg, wonach es an einer zeichenmäßigen Verwendung des beanstandeten Zeichens fehle, wenn es allein zur Abgrenzung vom Zeicheninhaber genutzt würde, könnte allenfalls in Erwägung gezogen werden, dass die Benutzung der Domain für einen Internetauftritt zulässig wäre, auf dem ausschließlich Staubsauger von anderen Herstellern und ausschließlich Zubehör und Ersatzteile für diese Staubsauger, nicht jedoch für die der Klägerin, angeboten würden. Ein solcher Sachverhalt wird jedoch von dem Klageantrag zu I.1 in der Fassung, die ihm die Klägerin auf Anregung des Senats gegeben hat, nicht mehr erfasst. Hierbei handelte es sich um eine reine Klarstellung, da nach Aktenlage der Beklagte in seinem Shop ausschließlich Produkte anbietet, die auf die der Klägerin bezogen sind. Produkte für konkurrierende Staubsaugerhersteller werden dort nicht angeboten, wie der Beklagte ausdrücklich erklärt hat (S. 5 des Schr. v. 6. 2. 2014 = Bl. 116 d. A.). Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin dem Beklagten die Verwendung der Domain auch für einen Shop verbieten wollte, der nichts mit ihren Produkten zu tun hat. Eine inhaltliche Veränderung der Reichweite des Unterlassungstenors ist daher mit der Neufassung des Antrags nicht verbunden.

Die Frage, ob insbesondere die Entscheidung OLG Hamburg, GRUR-RR 2004, 178 – Schufafreie Kredite zur Benutzung eines mit einer bekannten Marke ähnlichen Zeichens mit den nachfolgend ergangenen Entscheidungen des EuGH und des BGH vereinbar ist, bedarf somit an dieser Stelle keiner Entscheidung.

cc) Die Frage, ob die Benutzung der Marke der Klägerin in der beanstandeten Form berechtigt ist, ist daher nach § 23 Nr. 3 MarkenG zu beurteilen. Nach dieser Bestimmung darf die Marke als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil benutzt werden, soweit die Benutzung dafür notwendig ist und die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt. Grundsätzlich ist die Benutzung einer Marke notwendig, wenn eine Dienstleistung oder Zubehör allein für ein Produkt einer bestimmten Marke angeboten wird (BGH, GRUR 2011, 1135 Tz. 20 f. – GROSSE INSPEKTION FÜR ALLE).

Allerdings verstößt die konkrete Benutzung durch den Beklagten gegen die guten Sitten im Sinne des § 23 MarkenG. Dieses Merkmal entspricht inhaltlich dem in Art. 6 Abs. 1 MarkenRL verwendeten Begriff der anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel. Der Sache nach darf der Dritte den berechtigten Interessen des Markeninhabers nicht in unlauterer Weise zuwiderhandeln (EuGH, GRUR Int. 1999, 438 Tz. 61 – BMW/Deenik). Derjenige, der sich auf die privilegierte Benutzung beruft, muss alles getan haben, um eine Beeinträchtigung der Interessen des Markeninhabers nach Möglichkeit zu vermeiden. Hierfür ist eine Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls erforderlich. Der Dritte handelt unter anderem dann den berechtigten Interessen des Markeninhabers in unlauterer Weise zuwider, wenn er die Wertschätzung einer bekannten Marke in unlauterer Weise ausnutzt. Im Rahmen der Schutzschranke des § 23 Nr. 3 MarkenG kommt es dabei maßgeblich auf die Aufmachung an, in der die fremde Marke zur Angabe der Bestimmung der eigenen Produkte verwendet wird. Die fremde Marke darf nicht für Werbezwecke eingesetzt werden, die über die mit der notwendigen Leistungsbestimmung einhergehende Werbewirkung hinausgehen (BGH, GRUR 2011, 1135 Tz. 23 f. – GROSSE INSPEKTION FÜR ALLE). Der Händler ist, wie Hacker es formuliert, auf das „unbedingt notwendige Minimum an Markenverwendung“ beschränkt (Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 24 Rn. 52).

Eine Verwendung als Teil der Domain geht über die notwendige Leistungsbestimmung deutlich hinaus. Es ist völlig ausreichend, wenn der Beklagte auf dem Text seiner Internetseite den entsprechenden Hinweis erteilt. Auch hier gilt wiederum, dass der Beklagte selber darauf verweist, die Domain stelle einen schutzwürdigen Besitzstand für ihn da, mit anderen Worten, sie entfaltet eine besondere Werbewirkung, die über die reine Verwendung der Marke der Klägerin auf der Seite hinausgeht. Dies ist auch nachvollziehbar, da beispielsweise in Suchergebnislisten regelmäßig der Name der Domain genannt wird und allein deshalb eine erhebliche Werbewirkung ausübt.

Daher ändert auch das Argument des Beklagten, mit jeder „Abgrenzungsformulierung“, wie sie die Klägerin regelmäßig von ihm verlange, begebe er sich in den Schutzbereich der bekannten Marke der Klägerin, nichts an diesem Ergebnis. Auch insoweit gilt, dass der Beklagte das Zeichen nur insoweit verwenden darf, wie es für die notwendige Abgrenzung erforderlich ist. Die Grenze ist ebenso zu ziehen wie bei der Verwendung des Zeichens als notwendige Inhaltsbestimmung."


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OLG Frankfurt: Zurverfügungstellen einer Testversion eines Computerprogramms bedeutet keine Zustimmung zur Vervielfältigung der Programmkopie

OLG Frankfurt am Main,
Urteil vom 22.12.2016
11 U 108/13


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass das Zurverfügungstellen einer Testversion eines Computerprogramms keine Zustimmung zur Vervielfältigung der Programmkopie durch den Nutzer darstellt und auch sonst keine Erschöpfung eingetreten ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

"bb)Die Beklagte zu 1) war auch nicht gemäß § 69d Abs. 1 UrhG ohne Zustimmung der Klägerin zu den Vervielfältigungen berechtigt, weil die Vervielfältigung für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms durch einen zur Verwendung eines Vervielfältigungsstücks des Programms Berechtigten notwendig gewesen wäre.

Die Regelung des § 69d Abs. 1 UrhG setzt die Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG (nachfolgend "Richtlinie") ins deutsche Recht um und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Nach dieser Regelung bedarf die Vervielfältigung eines Computerprogramms in Ermangelung spezifischer vertraglicher Regelungen nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Programms durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig ist (BGH, Urteil vom 17.7.2013 - I ZR 129/08 - UsedSoft II - Rn. 29). Hat der Inhaber des Urheberrechts dem Herunterladen der Kopie eines Computerprogramms aus dem Internet auf einen Datenträger zugestimmt, sind zwar der zweite oder jeder weitere Erwerber zur Nutzung dieses Computerprogramms als rechtmäßige Erwerber einer Programmkopie und damit als im Sinne des § 69d Abs. 1 UrhG zur Verwendung eines Vervielfältigungsstücks des Programms Berechtigte anzusehen, die damit vom Vervielfältigungsrecht nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie Gebrauch machen dürfen, wenn das Recht zur Verbreitung der Programmkopie nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie erschöpft ist und der Weiterverkauf der Lizenz an den Erwerber mit dem Weiterverkauf der von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers heruntergeladenen Programmkopie verbunden ist (BGH, aaO Rn. 30). Vorliegend haben die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht dargelegt und bewiesen, dass das Recht zur Verbreitung der Programmkopie erschöpft war.

(1) Das Verbreitungsrecht an der jeweiligen Programmkopie ist nicht erschöpft, soweit die Beklagten behaupten, die jeweilige Vorinstallation der Programmkopie durch Herunterladen einer Testversion von der Seite der Klägerin erstellt zu haben, da die Beklagten für den zugrunde liegenden Sachvortrag keinen geeigneten Beweis angeboten haben und sich aus diesem Sachvortrag zudem eine Zustimmung der Klägerin zur Erstellung der Vorinstallation nicht ergibt (vg. oben b)aa)(1)). Abgesehen davon tritt eine Erschöpfung nur ein, wenn dieses erstmalige Herunterladen einen "Erstverkauf einer Programmkopie" im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie darstellt. Dies setzt voraus, dass derjenige, der das Computerprogramm herunterlädt, hierbei gegen Zahlung eines Entgelts ein unbefristetes Recht zur Nutzung dieser Kopie erhält (BGH, aaO Rn. 34; EuGH, Urteil vom 3.7.2012 - C-128/11 -Rn. 42 bis 48). Da vorliegend die Klägerin demjenigen, der eine Testversion herunterlädt, lediglich unentgeltlich ein zeitlich begrenztes Nutzungsrecht einräumte, ist an dem heruntergeladenen Vervielfältigungsstück der Testversion keinesfalls Erschöpfung des Verbreitungsrechts eingetreten.

(2) Auch ist Erschöpfung des Verbreitungsrechts an dem jeweils vorinstallierten Vervielfältigungsstück des Programms nicht im Hinblick auf das ursprünglich von der Klägerin stammende und von der Beklagten zu 1) auf dem Computer angebrachte CoA eingetreten, da dieses keine Zustimmung zur Nutzung verkörpert (oben b)aa)(2)). Eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts an der vorinstallierten Programmkopie ist außerdem nicht dadurch eingetreten, dass die CoAs selbst - nach der Behauptung der Beklagten - mit Zustimmung der Klägerin in den Verkehr gebracht worden waren. Denn die CoAs selbst stellen kein Werkstück des streitgegenständlichen Programms dar, auf das es insoweit ankommt.

(3) Eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts ist schließlich auch nicht eingetreten, soweit die Beklagten Folgendes geltend machen: Die Beklagte zu 1) habe die Computer, die sie zum Zwecke des Weiterverkaufs erworben habe, (selbst) mit solchen CoAs versehen, die von Gebrauchtcomputern stammten, die die Beklagte zu 1) von entsprechenden OEM-Herstellen oder Firmen erworben habe, an die die OEM-Hersteller diese Computer zuvor verkauft hätten. Die Computer, die die Beklagte zu 1) zu diesem Zwecke von den OEM-Herstellern erworben habe, seien sämtlich "refurbished" gewesen, das heißt auf diesen Computern seien, wenn die Beklagte zu 1) sie gekauft habe, keine X Software mehr vorhanden gewesen."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


EuGH: Ersterwerber mit unbefristeter Lizenz darf Software auf Originaldatenträger weiterverkaufen - entgegenstehende Vertragsbedingungen sind unwirksam

EuGH
Urteil vom 12.10.2016
C‑166/15


Der EuGH hat entschieden, dass der Ersterwerber mit unbefristeter Lizenz die Software auf dem Originaldatenträger weiterverkaufen darf. Entgegenstehende Vertragsbedingungen sind unwirksam. Ist der Originaldatenträger jedoch beschädigt, so darf der Ersterwerber eine etwaige Sicherungskopie der Software nur mit Zustimmung des Rechtsinhabers verkaufen.

Tenor der Entscheidung:

Art. 4 Buchst. a und c und Art. 5 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen sind dahin auszulegen, dass der Ersterwerber der mit einer Lizenz zur unbefristeten Nutzung verbundenen Kopie eines Computerprogramms zwar berechtigt ist, die benutzte Kopie und seine Lizenz an einen Zweiterwerber zu verkaufen, doch darf er, wenn der körperliche Originaldatenträger der ihm ursprünglich gelieferten Kopie beschädigt oder zerstört wurde oder verloren gegangen ist, seine Sicherungskopie dieses Programms dem Zweiterwerber nicht ohne Zustimmung des Rechtsinhabers übergeben.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Die Pressemitteilung des EuGH:

Der Ersterwerber einer mit einer Lizenz zur unbefristeten Nutzung verbundenen Kopie eines Computerprogramms kann die benutzte Kopie und seine Lizenz an einen Zweiterwerber weiterverkaufen

Ist der körperliche Originaldatenträger der ursprünglich gelieferten Kopie beschädigt oder zerstört worden oder verloren gegangen, darf der Ersterwerber hingegen seine Sicherungskopie des Programms dem Zweiterwerber nicht ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhabers übergeben

In Lettland werden Herr Aleksandrs Ranks und Herr Jurijs Vasiļevičs unter anderem wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung zum widerrechtlichen Verkauf urheberrechtlich geschützter Gegenstände und der vorsätzlichen widerrechtlichen Benutzung einer fremden Marke strafrechtlich verfolgt. Sie sollen im Jahr 2004 auf einem Online-Marktplatz Sicherungskopien verschiedener von Microsoft herausgegebener, urheberrechtlich geschützter Computerprogramme (darunter Versionen des Programms Microsoft Windows und des Microsoft-Office-Pakets) verkauft haben. Die Zahl der von ihnen verkauften Exemplare wird auf mehr als 3 000 geschätzt, und der Microsoft durch ihre Tätigkeiten entstandene Vermögensschaden soll 265 514 Euro betragen.

In diesem Zusammenhang fragt das mit der Rechtssache befasste Rīgas apgabaltiesas Krimināllietu tiesu kolēģija (Regionalgericht Riga, Strafkammer, Lettland) den Gerichtshof, ob das Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass der Erwerber der auf einem körperlichen Datenträger, der nicht der Originaldatenträger ist, gespeicherten Sicherungskopie eines Computerprogramms nach der in einer Richtlinie der Union vorgesehenen Regel der Erschöpfung des Verbreitungsrechts eine solche Kopie weiterverkaufen kann, wenn der dem Ersterwerber gelieferte körperliche Originaldatenträger des Programms beschädigt wurde und der Ersterwerber sein Exemplar der Kopie gelöscht hat oder es nicht mehr verwendet.

In seinem heutigen Urteil führt der Gerichtshof aus, dass nach der Regel der Erschöpfung des Verbreitungsrechts der Inhaber des Urheberrechts an einem Computerprogramm (im vorliegenden Fall Microsoft), der in der Union die mit einer Lizenz zur unbefristeten Nutzung verbundene Kopie dieses Programms auf einem körperlichen Datenträger (wie einer CDROM oder einer DVD-ROM) verkauft hat, späteren Weiterverkäufen dieser Kopie durch den Ersterwerber oder anschließende Erwerber nicht mehr widersprechen kann, ungeachtet vertraglicher Bestimmungen, die jede Weiterveräußerung verbieten.

Die Vorlagefrage bezieht sich allerdings auf den Fall des Weiterverkaufs einer auf einem körperlichen Datenträger, der nicht der Originaldatenträger ist, gespeicherten benutzten Kopie
eines Computerprogramms („Sicherungskopie“) durch eine Person, die die Kopie vom Ersterwerber oder von einem späteren Erwerber erworben hat.

Der Gerichtshof stellt fest, dass die Richtlinie dem Inhaber des Urheberrechts an einem Computerprogramm – vorbehaltlich der in der Richtlinie enthaltenen speziellen Ausnahmen – das ausschließliche Recht einräumt, die dauerhafte oder vorübergehende Vervielfältigung, ganz oder teilweise, des Programms mit jedem Mittel und in jeder Form vorzunehmen und zu gestatten. Der
rechtmäßige Erwerber der durch den Rechtsinhaber oder mit dessen Zustimmung in den Verkehr gebrachten Kopie eines Computerprogramms darf diese Kopie folglich gebraucht weiterverkaufen, sofern ein solcher Verkauf nicht das dem Rechtsinhaber zustehende ausschließliche Vervielfältigungsrecht beeinträchtigt und jede Vervielfältigung des Programms vom Rechtsinhaber gestattet wird oder unter die in der Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen fällt.

Insoweit weist der Gerichtshof darauf hin, dass nach der Richtlinie die Erstellung einer Sicherungskopie durch eine Person, die zur Benutzung eines Computerprogramms berechtigt ist, nicht vertraglich untersagt werden darf, wenn eine solche Kopie für die Benutzung erforderlich ist. Vertragliche Bestimmungen, die im Widerspruch dazu stehen, sind unwirksam.

Die Erstellung einer Sicherungskopie eines Computerprogramms ist somit an zwei Bedingungen geknüpft. Sie muss zum einen von einer Person erstellt werden, die zur Benutzung dieses Programms berechtigt ist, und zum anderen für die Benutzung erforderlich sein. Diese Bestimmung, die eine Ausnahme vom ausschließlichen Vervielfältigungsrecht des Inhabers
des Urheberrechts an einem Computerprogramm vorsieht, ist eng auszulegen.

Daraus folgt, dass eine Sicherungskopie eines Computerprogramms nur für den Bedarf der zur Benutzung dieses Programms berechtigten Person erstellt und benutzt werden darf, so dass die betreffende Person diese Kopie, auch wenn sie den körperlichen Originaldatenträger des Programms beschädigt, zerstört oder verloren hat, nicht zum Zweck des Weiterverkaufs des gebrauchten Programms an einen Dritten verwenden darf.

Der Gerichtshof stellt daher fest, dass die Richtlinie dahin auszulegen ist, dass der Ersterwerber
der mit einer Lizenz zur unbefristeten Nutzung verbundenen Kopie eines Computerprogramms zwar berechtigt ist, die benutzte Kopie und seine Lizenz an einen Zweiterwerber zu verkaufen, doch darf er, wenn der körperliche Originaldatenträger der ihm ursprünglich gelieferten Kopie beschädigt oder zerstört wurde oder verloren gegangen ist, seine Sicherungskopie dieses Programms dem Zweiterwerber nicht ohne Zustimmung des Rechtsinhabers übergeben

Rechtsanwalt Beckmann zu Gast im SWR3 zum Thema Weiterverkauf "gebrauchter" Audiodateien, eBooks und Streaming-Accounts bei iTunes, Amazon und Co.

Rechtsanwalt Marcus Beckmann war am 08.04.16 zu Gast Radio. Im SWR3 äußerte sich Beckmann zu Frage inwieweit Audiodateien, eBooks und Hörbücher bzw. Accounts bei iTunes, Amazon & Co. weiterverkauft werden dürfen und ob diese vererbt werden können. Die AGB bzw. die Nutzungsbedingungen der Anbieter schließen dies regelmäßig aus. Auch die Rechtsprechung ist insoweit anders als beim Verkauf gebrauchter Software zurückhaltend (siehe OLG Hamm: Anbieter kann Weiterveräußerung von eBooks, Hörbüchern, Musikdateien & Co. durch den Erstkäufer in den Vertragsbedingungen verbieten - Keine Erschöpfung ). Es ist allerdings gut möglich, dass der EuGH dies in Zukunft korrigieren wird.

BGH: Zur Reichweite eines markenrechtlichen Auskunftsanspruchs / Titels - Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu beachten

BGH
Beschluss vom 05.03.2015
I ZB 74/14
MarkenG § 19 Abs. 1 und 4


Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit der Reichweite eines markenrechtlichen Auskunftsanspruchs / Titels befasst und nochmals betont, dass dabei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist.

Leitsatz des BGH:

Bei der Auslegung eines Vollstreckungstitels, der eine Auskunftspflicht tituliert, ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Dieser kann es gebieten, die titulierte Verpflichtung zur Auskunftserteilung über die Herkunft und den Vertriebsweg markenrechtlich nicht erschöpfter Waren dahin auszulegen, dass sie sich nicht auf Waren erstreckt, bezüglich derer der
Auskunftspflichtige auch nach zumutbaren Nachforschungen über keine Anhaltspunkte verfügt, dass sie ohne Zustimmung des Markeninhabers in Verkehr gebracht worden sind.

BGH, Beschluss vom 5. März 2015 - I ZB 74/14 - OLG Düsseldorf - LG Düsseldorf

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Weiterverkauf von Download-Software durch Bekanntgabe des Produktschlüssels zulässig sofern Vorerwerber seine Kopien unbrauchbar gemacht hat

BGH
Urteil vom 19.03.2015
I ZR 4/14
Green-IT
ZPO § 524; UrhG § 69 Nr. 3 Satz 2, § 69d Abs. 1; EGV 207/2009 Art. 13 Abs. 2


Der BGH hat entschieden, dass der Weiterverkauf von Download-Software durch Bekanntgabe des Produktschlüssels vom Erschöpfungsgrundsatz erfasst und damit zulässig ist, sofern Vorerwerber seine Kopien unbrauchbar gemacht hat

Leitsätze des BGH:

a) Verfolgt der in erster Instanz erfolgreiche Kläger mit einem erstmals im Berufungsrechtszug gestellten Hilfsantrag dasselbe Klageziel wie mit dem erstinstanzlich erfolgreichen Hauptantrag, stellt dies keine Klageerweiterung dar, die mit der Anschlussberufung geltend gemacht werden muss (Fortführung von BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - I ZR 127/13, NJW 2015, 1608).

b) Räumt der Inhaber des Urheberrechts an einem Computerprogramm dem Erwerber einer Programmkopie das Recht zur Nutzung für die gesamte Zeit der Funktionsfähigkeit des Computerprogramms ein, liegt eine Veräußerung im Sinne von § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG vor, die zur Erschöpfung des Verbreitungsrechts an der Programmkopie führen kann.

c) Die Erschöpfung des Verbreitungsrechts an der Kopie eines Computerprogramms gemäß § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG erstreckt sich auf das Recht zum Weiterverbreiten der Programmkopie sowohl durch Weitergabe eines die Programmkopie enthaltenden Datenträgers als auch durch Bekanntgabe eines zum Herunterladen des Programms erforderlichen Produktschlüssels.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Weiterverkäufer die „erschöpfte“ Kopie des Computerprogramms seinerseits von dem Verkäufer durch Übergabe eines Datenträgers oder durch Bekanntgabe des Produktschlüssels erhalten hat.

d) Wird die „erschöpfte“ Kopie eines Computerprogramms durch Bekanntgabe des Produktschlüssels weiterverkauft, setzt die Berechtigung des Nacherwerbers zum Herunterladen und damit Vervielfältigen des Computerprogramms
nach § 69d Abs. 1 UrhG voraus, dass der Vorerwerber seine Kopien dieses Programms zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs unbrauchbar gemacht hat.

e) Der Markeninhaber muss es nach Art. 13 Abs. 2 GMV nicht hinnehmen, dass seine Marke für den weiteren Vertrieb der von ihm oder mit seiner Zustimmung unter dieser Marke in Verkehr gebrachten Kopie eines Computerprogramms verwendet wird, wenn die ernstliche Gefahr besteht, dass der Erwerber der Kopie das Urheberrecht am Computerprogramm verletzt (Anschluss
an BGH, Urteil vom 6. Oktober 2011 - I ZR 6/10, GRUR 2012, 392 = WRP 2012, 469 - Echtheitszertifikat).

BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 4/14 - OLG Frankfurt am Main - LG Frankfurt am Main

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Frankfurt: Nicht jede unberechtigte Abmahnung wegen einer Schutzrechtsverletzung löst einen Schadensersatzanspruch aus - Zum urheberrechtlichen Schutz von Bedienungsanleitungen

OLG Frankfurt
Urteil vom 26.05.2015
11 U 18/14


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass nicht jede unberechtigte Abmahnung wegen einer Schutzrechtsverletzung einen Schadensersatzanspruch des Abgemahnten auslöst. Zudem hat sich das Gericht mit der Frage befasst, wann Bedienungsanleitungen urheberrechtlich geschützt sind.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Das Inverkehrbringen der Bedienungsanleitung verletzte auch das urheberrechtliche Verbreitungsrecht des Klägers an dem hierin verkörperten Schriftwerk und den Fotografien (§§ 2 Abs. 1 Nr. 1, § 72 UrhG, 15 Abs. 1 Nr. 2, 17 UrhG).

Die Bedienungsanleitung stellt in ihrer Gesamtheit ein schutzfähiges Schriftwerk gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG dar. Als persönlich geistige Schöpfungen im Sinne von § 2 UrhG sind Erzeugnisse anzusehen, die durch den Inhalt oder durch ihre Form oder durch die Verbindung von Inhalt und Form etwas Neues und Eigentümliches darstellen. Bei Sprachwerken gilt insofern der Grundsatz der "kleinen Münze" (vgl. BGH GRUR 2014, 175 – Geburtstagszug Rn. 18). Dabei kann bei wissenschaftlichen Werken die Schutzfähigkeit ihre Grundlage allein in der - notwendig schöpferischen - Form der Darstellung finden. Sie sind deshalb schutzfähig bei einer eigenschöpferischen Gedankenformung und -führung des dargestellten Inhalts und/oder der besonders geistvollen Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffes (vgl. BGH GRUR 1981, 659 – Ausschreibungsunterlagen). Die Urheberrechtsschutzfähigkeit Gebrauchszwecken dienenden Schriftgutes erfordert ein deutliches Überragen des Alltäglichen, des Handwerksmäßigen, der mechanisch-technischen Aneinanderreihung des Materials (BGH GRUR 1993, 34 – Bedienungsanweisung). Auf dieser Grundlage ergibt sich vorliegend, dass das Schriftwerk der Bedienungsanleitung über hinreichende Schutzfähigkeit verfügt. Die Länge des streitgegenständlichen Textes – dies ist die Grundvoraussetzung – gibt Raum, die Reihenfolge der Darstellung zu schützen. Die Reihenfolge selbst ist Ausdruck einer eigenschöpferischen, eigentümlichen Gedankengestaltung und –führung und individueller Prägung. Der Kläger hat die von ihm ausgewählten Informationen zu den verschiedenen Einzelbereichen in der Weise angeordnet, dass dem Leser im Anschluss an die Vermittlung allgemeiner Informationen Erläuterungen in der Reihenfolge dargelegt werden, wie er sie üblicherweise nach Erwerb des Produkts benötigt. So folgen den allgemeinen Informationen zu den Themen Sicherheit, erforderliche Kennzeichnung und Hauptkomponenten Erläuterungen über die Montage und Aufstellung, den Betrieb, die Wartung und Pflege, sowie über Entsorgung des Produkts. Insbesondere die sprachliche Darstellung im Abschnitt der Montage und Aufstellung zeichnet sich durch eine prägnante Anordnung der technischen Inhalte in Gestalt einer sprachlichen Einzelanleitung der vorzunehmenden Handlungsschritte aus, die zur Verbesserung der Übersichtlichkeit in Einzelabschnitte unterteilt ist, wobei einzelne Aspekte durch besondere Darstellung als „Hinweis“ hervorgehoben sind. Die besondere Übersichtlichkeit und Verständlichkeit wird an anderer Stelle durch eine tabellarische Darstellung gewährleistet. Daher ergibt sich nach Maßgabe eines Gesamtvergleichs, dass die sprachliche Darstellung das Alltägliche, Handwerksmäßige der mechanisch-technischen Aneinanderreihung des Materials deutlich übersteigt und damit eine persönliche geistige Schöpfung beinhaltet.

Daneben kann der Kläger gemäß § 72 UrhG auch Urheberrechte an den in der Bedienungsanleitung enthaltenen 30 Fotografien geltend machen.

[...]

Allerdings kann die unbegründete Verwarnung, mit der vorliegend nicht lediglich wettbewerbsrechtliche, sondern auch markenrechtliche Ansprüche geltend gemacht wurden, ebenso wie eine sonstige unberechtigte Schutzrechtsverwarnung unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zum Schadensersatz verpflichten (grundlegend BGH, NJW 2005, 3141 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung; kritisch hierzu für die Herstellerverwarnung Ohly/Sosnitza/Ohly, UWG, 6. Auflage, § 4 Rn. 10/38). Das dem Schutzrechtsinhaber verliehene Ausschließlichkeitsrecht schließt jeden Wettbewerber von der Benutzung des nach Maßgabe der jeweiligen gesetzlichen Vorschriften definierten Schutzgegenstands aus. Diese einschneidende, die Freiheit des Wettbewerbs begrenzende Wirkung des Ausschließlichkeitsrechts verlangt nach einem Korrelat, welches sicherstellt, dass der Wettbewerb nicht über die objektiven Grenzen hinaus eingeschränkt wird, durch die das Gesetz den für schutzfähig erachteten Gegenstand und seinen Schutzbereich bestimmt (BGH, aaO).

Allerdings stellt der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb einen offenen Auffangtatbestand dar, der lediglich den gesetzlichen Schutz ergänzen und bestehende Haftungslücken ausfüllen soll. Inhalt und Grenzen des Anspruchs ergeben sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit der im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphäre. Die Rechtswidrigkeit eines Eingriffs wird daher nicht indiziert, sondern ist in jedem Einzelfall unter Heranziehung aller Umstände zu prüfen (vgl. BGH GRUR 2006, 432 - Verwarnung aus Kennzeichenrecht II Rn. 23f.; BGH, GRUR 2009, 878 – Fräsautomat Rn. 17; vgl. OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 2013, 507; Müko-Wagner, BGB, 6. Auflage, § 823 Rn. 264f., der eine Interessenabwägung allerdings erst im Rahmen der Fahrlässigkeitsprüfung für erforderlich hält; Ohly, aaO, § 4 Rn. 10/38; offen gelassen von OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.10.2014 – I 15 U 49/14 Rn. 136). Das Erfordernis einer Interessenabwägung für die Feststellung der Rechtswidrigkeit gilt dabei in besonderem Maße, wenn - wie im vorliegenden Fall - sich die Verwarnung nicht gegen einen Abnehmer, sondern gegen den Hersteller richtet. Im Fall der Herstellerverwarnung erscheint es nicht angemessen, das Schadensrisiko dann, wenn die Abmahnung sich als unberechtigt erweist, ohne weiteres auf den Verwarnenden zu verlagern, indem dem Verwarnten ein Schadenersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zugestanden wird. Denn der Verwarnende besitzt in einem solchen Fall im Allgemeinen bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage keinen entscheidenden Informationsvorsprung gegenüber dem Verwarnten. Die Beurteilung der Schutzrechtslage kann zwar schwierig sein; dies gilt dann aber für beide Seiten in gleicher Weise. Auch besteht im Fall der Herstellerverwarnung weitgehend Waffengleichheit; der Verwarnte kann sich prozessual durch Erhebung einer negativen Feststellungsklage zur Wehr setzen (vgl. Ohly, aaO, § 4 Rn. 10/38). Insofern unterscheidet sich die Interessenlage von der unberechtigten Abmahnung eines Abnehmers. Denn der abgemahnte Abnehmer, der auf Konkurrenzprodukte oder andere Lieferanten ausweichen kann, ist erfahrungsgemäß leichter geneigt, sich der Verwarnung zu beugen und auf diese Weise den mit einem Rechtsstreit verbundenen Nachteilen aus dem Weg zu gehen (BGH, NJW 2005, 3141, 3142, 3144; Ahrens/Achilles, Der Wettbewerbsprozess, 7. Auflage, Kap. 4 Rn. 19ff.)."




Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Zur Zulässigkeit des Weiterverkaufs gebrauchter Software bei Volumenlizenzen - UsedSoft III

BGH
Urteil vom 11.12.2014
I ZR 8/13
UsedSoft III
UrhG § 69 Nr. 3 Satz 2, § 69d Abs. 1

Leitsätze des BGH:

a) Die Erschöpfung des Verbreitungsrechts an den Kopien eines Computerprogramms tritt unabhängig davon ein, ob der Rechtsinhaber der Veräußerung einer bestimmten Anzahl körperlicher Datenträger zustimmt oder ob er dem Anfertigen einer entsprechenden Anzahl von Kopien durch Herunterladen einer Kopie des Computerprogramms und dem Anfertigen weiterer Kopien von dieser Kopie zustimmt (Fortführung von BGH, Urteil vom 17. Juli 2013 - I ZR 129/08, GRUR 2014, 264 = WRP 2014, 308 - UsedSoft II).

b) Ist ein körperliches oder ein unkörperliches Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden, ist die Weiterverbreitung aufgrund der eingetretenen Erschöpfung des urheberrechtlichen Verbreitungsrechts ungeachtet einer inhaltlichen Beschränkung des eingeräumten Nutzungsrechts frei (Fortführung von BGH, Urteil vom 6. Juli 2000 - I ZR 244/97, BGHZ 145, 7 - OEM-Version).

c) Hat der Ersterwerber eine Lizenz erworben, die die Nutzung der auf einem Server installierten Kopie des Computerprogramms durch mehrere Nutzer gestattet, kann sich der Nacherwerber der Kopie dieses Programms nur dann mit Erfolg auf die Erschöpfung des Verbreitungsrechts an dieser Kopie berufen, wenn der Ersterwerber diese Kopie unbrauchbar gemacht hat. Hat der Ersterwerber dagegen eine Lizenz erworben, die die Nutzung mehrerer eigenständiger Kopien des Computerprogramms erlaubt, kann sich der Nacherwerber von Kopien dieses Programms bereits dann mit Erfolg auf die Erschöpfung des Verbreitungsrechts an diesen Kopien berufen, wenn der Ersterwerber eine entsprechende Anzahl von Kopien unbrauchbar gemacht hat.

d) Das dem Nacherwerber einer „erschöpften“ Kopie eines Computerprogramms durch § 69d Abs. 1 UrhG vermittelte Recht zu dessen bestimmungsgemäßer Nutzung kann nicht durch vertragliche Bestimmungen eingegrenzt werden, die die Verkehrsfähigkeit des Computerprogramms beeinträchtigen. Bestimmungen eines Lizenzvertrages, die den Einsatz der Software auf einen bestimmten Nutzerkreis oder einen bestimmten Verwendungszweck einschränken, regeln daher nicht die bestimmungsgemäße Nutzung des Computerprogramms im Sinne von § 69d Abs. 1 UrhG.

BGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 - I ZR 8/13 - OLG Frankfurt am Main - LG Frankfurt/Main

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Hamburg: Weiterverkauf von eBooks und Hörbüchern kann vom Rechteinhaber in AGB untersagt werden

OLG Hamburg
Urteil vom 24.03.2015
10 U 5/11


Auch das OLG Hamburg hat nunmehr entschieden, dass der Weiterverkauf von eBooks und Hörbüchern vom Rechteinhaber in den AGB untersagt werden kann (siehe auch "OLG Hamm: Anbieter kann Weiterveräußerung von eBooks, Hörbüchern, Musikdateien & Co. durch den Erstkäufer in den Vertragsbedingungen verbieten - Keine Erschöpfung" ).

Eine Pressemitteilung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zur Entscheidung finden Sie hier:

LG Frankfurt: Verlosung von Eintrittskarten für ein Festival - Keine Markenrechtsverletzung und keine Täuschung über Stellung als Sponsor

LG Frankfurt am Main
Urteil vom 05.07.2013
3-10 O 42/13


Das LG Frankfurt hat zutreffend entschieden, dass die Verlosung von Eintrittskarten für ein Festival keine Markenrechtsverletzung und auch keine Täuschung über eine etwaige Stellung als Sponsor darstellt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Eine Täuschung über eine - vermeintliche - Stellung als Sponsor der genannten Festivals (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 UWG) liegt nicht vor, da die Beklagte aus Sicht der mit der Werbung angesprochenen Verkehrskreise nicht den Eindruck erweckt hat, das Gewinnspiel werde durch den Veranstalter der Festivals bzw. eine mit diesem vertraglich verbundene Person durchgeführt.
[...]
Den Klägerinnen können sich nicht auf die hilfsweise geltend gemachten markenrechtliche Unterlassungsansprüche aus §§ 14, 15 MarkenG berufen.
[...]
ie Benutzung wäre nämlich jedenfalls als beschreibende Benutzung nach § 23 Nr. 2 MarkenG zulässig, weil die Art der Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt. Die Beklagte erwarb Eintrittskarten für die streitgegenständlichen Festivals und lobte diese als Preise für die Teilnehmer des Gewinnspiels aus. Für diesen Verwendungszweck muss sie im Grundsatz auch in der Lage sein, die Bezeichnungen der Festivals zu nennen. Wesentliches Merkmal des Gewinnspiels ist nämlich, dass Teilnehmer als Preise Tickets für die Festivals gewinnen können."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: