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Volltext BGH: Lauterkeitsrechtliche Zulässigkeit der Ladenöffnung an Sonntagen im Zweibrücken Fashion Outlet Center hängt von Durchführungsverordnung ab

BGH
Urteil vom 27.07.2023
I ZR 144/22
Zweibrücken Fashion Outlet
GG Art. 80 Abs. 1, Art. 140; WRV Art. 139; UWG § 3a; LV RP Art. 47, Art. 57 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3, Art. 110 Abs. 1 Satz 2; LadöffnG RP § 3 Satz 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 und 2; Landesverordnung zur Durchführung des § 7 Abs. 2 des Ladenöffnungsgesetzes Rheinland-Pfalz vom 13. März 2007 (GVBl. Rheinland-Pfalz 2007 S. 65) § 1


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Zulässigkeit der Ladenöffnung an Sonntagen im Zweibrücken Fashion Outlet Center hängt von Wirksamkeit der gestattenden Durchführungsverordnung ab über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:
a) Eine wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtige Rechtsverordnung entfaltet - anders als ein zwar rechtswidriger, aber nicht nichtiger Verwaltungsakt - keine Legitimationswirkung für eine nach dem Lauterkeitsrecht zu beurteilende
geschäftliche Handlung.

b) Die Nichtigkeit einer im Ermessen des Normgebers stehenden, ursprünglich rechtmäßigen Rechtsverordnung kann eintreten, wenn der Normgeber die Änderung oder Aufhebung der Rechtsverordnung unterlassen hat, obwohl sein Ermessen zu einem solchen Tätigwerden wegen einer nach Erlass der Rechtsverordnung eingetretenen Veränderung der maßgeblichen Umstände auf Null reduziert ist.

BGH, Urteil vom 27. Juli 2023 - I ZR 144/22 - OLG Zweibrücken - LG Zweibrücken

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Zulässigkeit der Ladenöffnung an Sonntagen im Zweibrücken Fashion Outlet Center hängt von Wirksamkeit der gestattenden Durchführungsverordnung ab

BGH
Urteil vom 27. Juli 2023
I ZR 144/22


Der BGH hat entschieden, dass die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Ladenöffnung an Sonntagen im Zweibrücken Fashion Outlet Center von der Wirksamkeit der gestattenden Durchführungsverordnung nach Herabstufung des Flugplatzes abhängt. Der BGH hat die Sache an das OLG zurückverwiesen.

Die Pressemitteilung des BGH:
Bundesgerichtshof entscheidet zur Zulässigkeit der Ladenöffnung an Sonntagen im Zweibrücken Fashion Outlet Center

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Zulässigkeit der Sonntagsöffnung eines Geschäfts im Zweibrücken Fashion Outlet Center davon abhängt, ob die eine solche Öffnung gestattende Durchführungsverordnung auch nach der Herabstufung des Flugplatzes Zweibrücken zum Sonderlandeplatz noch wirksam ist.

Sachverhalt:

Der Kläger betreibt unter anderem in der Pfalz Ladengeschäfte, in denen er auch Damenmodeartikel verkauft. Die Beklagte ist ein Damenoberbekleidungsunternehmen, das eine Filiale im Zweibrücken Fashion Outlet betreibt, das in der Nähe des Flugplatzes Zweibrücken liegt. Gemäß der aufgrund von § 7 Abs. 2 Ladenöffnungsgesetz Rheinland-Pfalz (nachfolgend: LadöffnG) erlassenen Durchführungsverordnung vom 13. März 2007 (nachfolgend: Durchführungsver-ordnung) ist die Sonntagsöffnung im zeitlichen Zusammenhang mit den jährlichen Oster-, Sommer- und Herbstferien in Rheinland-Pfalz erlaubt. Im Jahr 2014 wurde der kommerzielle Linienflugverkehr des Flugplatzes Zweibrücken eingestellt. Seit 2018 liegt eine Genehmigung als Sonderlandeplatz vor, die Fracht- und Geschäftsreiseverkehr sowie Flüge zu privaten sowie Ausbildungs- und Schulungszwecken gestattet. Der Kläger meint, die Ladenöffnungen der Beklagten an Feriensonntagen verstießen gegen § 3 LadöffnG und seien nach §§ 3, 3a UWG wettbewerbswidrig. Er nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat angenommen, der Beklagten sei keine unlautere geschäftliche Handlung gemäß §§ 3, 3a UWG vorzuwerfen, weil die Durchführungsverordnung ihr Verhalten legitimiere.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision des Klägers das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Die Durchführungsverordnung legitimiert die in der Sonntagsöffnung der Beklagten liegende geschäftliche Handlung nur, sofern sie wirksam ist. Eine infolge Rechtswidrigkeit nichtige Rechtsverordnung entfaltet keine Legitimationswirkung. Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Durchführungsverordnung können auch nach ihrem Erlass eingetretene Umstände (hier: die Herabstufung des Flugplatzes Zweibrücken zum Sonderlandeplatz) von Bedeutung sein. Die Nichtigkeit einer (wie die Durchführungsverordnung) im Ermessen des Normgebers stehenden, ursprünglich rechtmäßigen Rechtsverordnung kann eintreten, wenn der Normgeber die Änderung oder Aufhebung der Rechtsverordnung unterlassen hat, obwohl sein Ermessen zu einem solchen Tätigwerden wegen einer nach Erlass der Rechtsverordnung eingetretenen Veränderung der maßgeblichen Umstände auf Null reduziert ist.

Der Bundesgerichtshof hat dem Oberlandesgericht aufgegeben zu prüfen, ob hinreichende Sachgründe bestehen, die mit Blick auf den hohen verfassungsrechtlichen Rang des in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV sowie Art. 47, 57 Abs. 1 Satz 2 und 3 der Verfassung für Rheinland-Pfalz vorgesehenen Sonn- und Feiertagsschutzes die von der Durchführungsverordnung vorgesehene Sonntagsöffnung im Zweibrücken Fashion Outlet Center rechtfertigen. Hierfür kommt ein erhöhter, am Flugplatz Zweibrücken nicht gedeckter Bedarf an Ladenöffnung in Betracht. Weiter ist zu prüfen, ob die Durchführungsverordnung auch dem Ziel regionaler Wirtschaftsförderung dient und dieses Ziel die Einschränkung der Sonn- und Feiertagsruhe rechtfertigt.

Vorinstanzen:

LG Zweibrücken - Urteil vom 15. Oktober 2021 - HK O 46/20

OLG Zweibrücken - Urteil vom 4. August 2022 - 4 U 202/21

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

Artikel 140 GG

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Artikel 139 WRV

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

Artikel 47 Verfassung für Rheinland-Pfalz

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage sind als Tage der religiösen Erbauung, seelischen Erhebung und Arbeitsruhe gesetzlich geschützt.

Artikel 57 Abs. 1 Verfassung für Rheinland-Pfalz

Der 8-Stunden-Tag ist die gesetzliche Regel. Sonntage und gesetzliche Feiertage sind arbeitsfrei. Ausnahmen sind zuzulassen, wenn es das Gemeinwohl erfordert.

§ 3 Abs. 1 UWG

Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

§ 3a UWG

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 UWG

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. […]

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1. jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt, […]

§ 3 Abs. 1 Satz 1 LadöffnG

Verkaufsstellen müssen zu folgenden Zeiten für den geschäftlichen Verkehr mit Kundinnen und Kunden geschlossen sein:

1. an Sonn- und Feiertagen, […]

soweit in den nachfolgenden Bestimmungen keine abweichenden Regelungen getroffen werden. […]

§ 7 Abs. 2 LadöffnG

Die Landesregierung kann durch Rechtsverordnung für Verkaufsstellen, die im näheren Einzugsgebiet […] der in Absatz 1 Satz 1 genannten Flugplätze liegen, bestimmen, dass diese auch während der allgemeinen Ladenschlusszeiten (§ 3) […] geöffnet sein dürfen; […]

§ 1 Satz 1 LadöffnG-DVO

Verkaufsstellen dürfen in den in der Anlage bestimmten Bereichen im näheren Einzugsgebiet des Flugplatzes Zweibrücken während der im Ferienplan für Rheinland -Pfalz festgelegten Oster-, Sommer- und Herbstferien abweichend von § 3 Satz 1 Nr. 1 des Ladenöffnungsgesetzes Rheinland-Pfalz vom 21. November 2006 (GVBl. S. 351, BS 8050-3) an Sonntagen in der Zeit von 11 Uhr bis 20 Uhr geöffnet sein.


LG Frankfurt: Wettbewerbswidriger Verstoß gegen Art. 23 Luftverkehrsdienste-VO wenn bei Flugbuchung nicht auf Kosten für Check-In am Flughafen hingewiesen wird

LG Frankfurt
Urteil vom 12.01.2021
3-06 O 7/20


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn bei bei Buchung eines Fluges nicht auf Kosten für den Check-In am Flughafen hingewiesen wird.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Kläger ist klagebefugt aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Unstreitig handelt es sich bei dem Kläger um einen rechtsfähigen Verband zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinne dieser Norm.

Der mit dem Antrag Ziffer 1 a der Klageschrift geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 5a Abs. 2 UWG in Verbindung mit Art. 23 der Luftverkehrsdienste-VO begründet.

Der Beklagten liegt ein Verstoß gegen § 5a Abs. 2 UWG zur Last. Ein solcher ist gegeben, wenn die Beklagte dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Nach Abs. 4 der Norm gelten als wesentlich im Sinne des Abs. 2 auch Informationen, die dem Verbraucher auf Grund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen.

Nach Art. 23 Abs. 1 S. 4 der Luftverkehrsdienste-VO werden fakultative Zusatzkosten auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangs mitgeteilt; die Annahme der fakultativen Zusatzkosten durch den Kunden erfolgt auf „Opt-in“-Basis.

Bei den Informations- und Transparenzanforderungen des Art. 23 Abs. 1 Luftverkehrsdienste-VO handelt es sich um wesentliche Informationen im Sinne des § 5a Abs. 4 UWG (Köhler/Bornkamm/ Feddersen/Köhler UWG, 39. Aufl., § 5a Rn. 5.21). Ohne Erfolg wendet die Beklagte die fehlende Wesentlichkeit der Information ein. Auf die Entscheidung der Frage, ob 99 % der Fluggäste (der Beklagten) ohnehin keinen Schalter-Check-In wählen würden, kommt es nicht an. Aus Art. 7 Abs. 5 der UGP-RL folgt die Wertung, dass unionsrechtlich vorgesehene Informationspflichten zugunsten von Verbrauchern stets als wesentliche Informationen anzusehen sind. Es kommt also nicht darauf an, aus welchen Gründen die Informationspflichten bestehen und ob Verbraucher auf diese Informationen tatsächlich für ihre geschäftliche Entscheidung angewiesen sind (MüKoUWG/Alexander, 3. Aufl. 2020, UWG § 5a, Rn. 410). Im Übrigen kann es nicht auf die Anzahl der Fluggäste der Beklagten ankommen, sondern auf die Gesamtheit der Fluggäste, da es keinen Teilmarkt betreffend ...Flüge gibt.

Die streitgegenständlichen Check-In-Gebühren für ein Einchecken am Schalter im Flughafen sind fakultative Zusatzkosten im Sinne von Art. 23 Abs. 1 S. 4 der Luftverkehrsdienste-VO (EuGH, Urteil vom 23.4.2020, Az. C-28/19, BeckRS 2020, 6402, Tz. 32). Dies hat zur Folge, dass diese Gebühren auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangs mitgeteilt werden müssen.

Ziel der Luftverkehrsdienste-VO ist es, die Kunden in die Lage zu versetzen, die Preise verschiedener Luftfahrtunternehmen für Flugdienste effektiv zu vergleichen; Um aber die effektive Vergleichbarkeit der Preise von Flugdiensten zu ermöglichen, wie es Art. 23 Abs. 1 Satz 4 der Luftverkehrsdienste-VO verlangt, ist es notwendig, diese Preise zu Beginn des Buchungsvorgangs der Flugreise mitzuteilen. Nur so können die Kunden die Preise verschiedener Luftfahrtunternehmen für Flugdienste effektiv vergleichen. Anders als viele andere fakultative Zusatzleistungen kann der „Check-In“ am Flughafen nur von der Fluggesellschaft selbst erbracht werden. Die von der Fluggesellschaft festgelegten Preise sind zu zahlen oder auf die Teilnahme am Flug ist zu verzichten. Bei zu hohen Kosten kann nicht auf einen Drittanbieter ausgewichen werden. Deshalb ist die klare, transparente und eindeutige Angabe von Zusatzkosten für den „Check-In“ am Flughafen von zentraler Bedeutung für die effektive Vergleichbarkeit der Flugkosten. Nur so ist die Preisgestaltung der einzelnen Fluggesellschaften transparent für den Verbraucher, sodass unabhängig davon, ob er schon bei dem konkreten Buchungsvorgang den „Check-In“ am Flughafen hinzubuchen kann, dessen Preise anzugeben sind (so auch OLG Dresden, Urteil vom 13.11.2018 – 14 U 751/18, juris Rn. 20 ff. zu den Kosten für die Beförderung von aufgegebenem Gepäck).

Entgegen der Ansicht der Beklagten informiert sie auch nicht in klarer, transparenter und eindeutiger Art und Weise während des Buchungsvorgangs über die Kosten des „Check-Ins“ am Flughafen. Zur Erfordernis der Transparenz und der Klarheit gehört auch die direkte Darstellung der Kosten für den „Check-In“ am Flughafen im Rahmen des Buchungsvorgangs selbst und nicht, wie im Rahmen des streitgegenständlichen Buchungsvorgangs bei der Beklagten, unter einem kleinen Reiter am unteren Ende der Webseite namens „Geschäftsbedingungen & Beförderungsbestimmungen“, welcher auf die Allgemeinen Beförderungsbedingungen verlinkt, deren Art. 6.2 auf die Gebührentabelle verweist, aus welcher sich die Kosten für den „Check-In“ am Flughafen ergeben. Gerade Buchungssituationen im Internet sind auf eine schnelle Entscheidung angelegt (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 24.09.2015 – 6 U 60/15, juris Rn. 31), sodass ein derart umständlich gestalteter Hinweis nicht mehr dem Gebot der Transparenz und der Klarheit genügt.

Soweit die Beklagte einwendet, dass während des Buchungsvorgangs fortlaufend auf die AGB hingewiesen werde und dass vor Abschluss der Buchung der Reisende die Kenntnisnahme der ABG bestätigen müsse (Anlage B 3), ist dies unbehelflich. Das Erfordernis eines Hinweises auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise ist nicht dadurch erfüllt, dass die bei einem Schalter-Check-In anfallenden Gebühren auf der Webseite kleingedruckt in der Rubrik „... ...“ unter „Gebühren“ zu finden sind.

Der Vortrag der Beklagten, der Kunde werde am Schalter sowie per E-Mail zwei Tage vor Abflug informiert, ist irrelevant, da diese Information zu spät ist. Zu diesem Zeitpunkt hat der Kunde seine geschäftliche Entscheidung bereits getroffen.

Der mit dem Antrag Ziffer 1 b der Klageschrift geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist aus § 3a UWG in Verbindung mit § 312j Abs. 1, 2 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 1S. 1 Nr. 1 EGBGB begründet.

Auf den vorliegenden Fall ist deutsches Recht anwendbar.

Das auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einem unlauteren Wettbewerbsverhalten anwendbare Recht ist nach Art. 6 Abs. 1 und 2 ROM II-VO zu bestimmen.

Nach Art. 6 Abs. 1 ROM II-VO ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten das Recht des Staats anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden, insbesondere der Ort, an dem auf die Entschließung des Kunden eingewirkt werden soll (BGH GRUR 2010, 847, Rn. 10 – Ausschreibung in Bulgarien). Entscheidend ist danach der Ort der wettbewerblichen Interessenkollision (BGH GRUR 2014, 601, Rn. 38 – englischsprachige Pressemitteilung).

Beeinträchtigt ein unlauteres Wettbewerbsverhalten dagegen ausschließlich die Interessen eines bestimmten Wettbewerbers, ist nach Art. 6 Abs. 2 ROM II-VO Art. 4 der VO anwendbar. Ein Fall von Art. 6 Abs. 2 Rom II VO liegt hier jedoch nicht vor. Der von dem Kläger geltend gemachte Verstoß gegen § 3a UWG beeinträchtigt Allgemeininteressen, da diese Vorschrift dem Interesse der Allgemeinheit an unverfälschtem Wettbewerb dient (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, a.a.O., § 3a Rn. 1.6).

Nach der somit anwendbaren Grundregel des § 6 Abs. 1 Rom II-VO ist der Marktort entscheidend. Danach ist vorliegend deutsches Recht anzuwenden, weil die Verbraucherinteressen in Deutschland beeinträchtigt worden sind.

Von dem nach Art. 6 Rom II-VO zu bestimmenden Recht kann auch nach dessen Abs. 4 nicht durch eine Vereinbarung gemäß Art. 14 abgewichen werden.

Die Norm des § 312j BGB ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, a.a.O., § 3a Rn. 1.311). Der Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung indiziert im Regelfall die Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung der Interessen der von der fraglichen Werbung angesprochenen Marktteilnehmer (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, a.a.O., § 3a Rn. 1.112).

Der Tatbestand des Vorliegens einer Lieferbeschränkung im Sinne von § 312j Abs. 1, 2 BGB ist erfüllt. Die Vorschrift gilt bei Webseiten für den elektronischen Geschäftsverkehr mit Verbrauchern und der angebahnte Vertrag muss eine „entgeltliche Leistung“ zum Gegenstand haben (MüKoBGB/Wendehorst, 8. Aufl. 2019, BGB § 312j Rn. 3). Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht daher keine Beschränkung auf Kaufverträge.

Eine Lieferbeschränkung im Sinne der Regelung liegt vor, da in dem Fall, dass der Verbraucher die zusätzliche Gebühr für den Schalter-Check-In nicht bezahlt, er den gebuchten Flug nicht antreten kann.

Bei der Information über die am Schalter zu zahlenden Check-In-Kosten handelt es sich um eine Information im Sinne von Art. 246a § 1 Abs. 1S. 1 Nr. 1 EGBGB. Diese muss im räumlich –funktionalen Zusammenhang mit der Abgabe der Bestellung stehen. Wie oben dargelegt, fehlt es hieran.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten auch der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten zu aus § 13 Abs. 3 UWG. Die streitgegenständlichen Ansprüche waren bereits Gegenstand der vom Kläger ausgesprochenen Abmahnung. Auch bei nur teilweiser Berechtigung der Abmahnung ist die Kostenpauschale in voller Höhe zu bezahlen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Preisangaben und Preibestandteile bei Flugreisen und Bearbeitungsentgelt für Stornierungen - Vorlagebeschluss an den EuGH

BGH
Beschluss vom 21. April 2016
I ZR 220/14
Flugpreise
UWG § 3a; BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 Cb; Verordnung (EG)
Nr. 1008/2008 Art. 22 Abs. 1, Art. 23 Abs. 1 Satz 3; Richtlinie 93/13/EWG Art. 3
Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 Halbs. 1

Leitsatz des BGH:


Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 23 Abs. 1 Satz 3 und Art. 22 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame
Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (ABl. Nr. L 2 93 vom 31. Oktober 2008, S. 3) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist die Bestimmung des Art. 23 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1008/2008/EG dahin auszulegen, dass Luftfahrtunternehmen die in den Buchstaben b, c und d genannten Steuern, Flughafengebühren und sonstigen
Gebühren, Zuschläge und Entgelte bei der Veröffentlichung ihrer Flugpreise in der ihnen tatsächlich entstehenden Höhe ausweisen müssen und daher nicht teilweise in ihre Flugpreise gemäß dem Buchstaben a dieser Bestimmung
einbeziehen dürfen?

2. Ist die Bestimmung des Art. 22 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008/EG dahin auszulegen, dass sie der Anwendung einer nationalen Regelung zum Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ihre Grundlage im Unionsrecht
hat, entgegensteht, nach der von Kunden, die einen Flug nicht angetreten oder storniert haben, dafür kein gesondertes Bearbeitungsentgelt erhoben werden kann?

BGH, Beschluss vom 21. April 2016 - I ZR 220/14 - Kammergericht - LG Berlin

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Fluggäste müssen auf Anschlussflug mitgenommen werden, auch wenn Gepäck erst später transportiert werden kann

BGH
Urteil vom 28.08.2012
X ZR 128/11


Der BGH hat entschieden, dass Fluggäste auf einem Anschlussflug mitgenommen werden, auch wenn das Gepäck erst später transportiert werden kann.

Die Pressemitteilung des BGH finden Sie hier:




"BGH: Fluggäste müssen auf Anschlussflug mitgenommen werden, auch wenn Gepäck erst später transportiert werden kann" vollständig lesen