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OLG Köln: Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gegen Friseur wegen missglückter Blondierung mit Dauerfolgen für den Kunden

OLG Köln
Urteil vom 19.06.2020
20 U 287/19


Das OLG Köln hat entschieden, dass dem Kunden eines Friseurs ein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen einer missglückten Blondierung mit Dauerfolgen zusteht. Das Gericht hatten den Schmerzensgeldanspruch wegen schmerzhafter Dauerfolgen gegenüber der Vorinstanz noch um 1000 EURO angehoben und 5000 EURO Schmerzensgeld zugesprochen.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Friseurbesuch mit Dauerfolgen - Zu Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüchen nach missglückter Blondierung

Bei einer unsachgemäß ausgeführten Friseurbehandlung und dadurch verursachten Verletzungen kann der geschädigten Person ein Schmerzensgeld und Schadensersatz zustehen. Die Höhe des zugesprochenen Schmerzensgeldes hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln jetzt in einem Fall mit Urteil vom 19.06.2020 auf 5.000 Euro festgesetzt und damit im Verhältnis zur erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Köln um 1.000 Euro angehoben.

Die Klägerin ließ sich im Dezember 2016 im Friseursalon des Beklagten blonde Haarsträhnen färben. Zu diesem Zweck wurde seitens einer Mitarbeiterin des Beklagten eine entsprechende Blondiercreme auf das Haar der Klägerin aufgetragen. Diese verursachte allerdings ein anderes als das gewünschte Ergebnis: In einem handtellergroßen Bereich am Hinterkopf fanden sich nach der Blondierungsmaßnahme Verbrennungen bzw. Verätzungen 1. bis 2. Grades. Es folgte eine monatelange Schmerz- und Infektionsbehandlung mit verschiedenen Medikamenten. Auf einer rechteckigen Fläche von ca. 3 cm x 5 cm im Bereich des Hinterkopfes der Klägerin wächst kein Haar mehr. Auch mit einem grundsätzlich möglichen, jedoch recht aufwändigen dermatologisch-operativen Eingriff ist eine vollständige Beseitigung der haarlosen Stelle am Hinterkopf der Klägerin nicht sicher.

Zur Entschädigung bot der Beklagte der Klägerin zunächst lediglich einen Friseurgutschein an. Vor dem Landgericht Köln machte die Klägerin daraufhin u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro geltend sowie die Feststellung, dass der Beklagte zum Ersatz etwaiger weiterer Schäden verpflichtet sei. Das Landgericht hatte der Klägerin mit Urteil vom 11.10.2019 das Schmerzensgeld auf 4.000 Euro festgesetzt und den Beklagten verpflichtet, im Falle weiterer durch die Verletzung eintretender Schäden diese zu ersetzen.

Auf die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil erhöhte der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln das Schmerzensgeld auf 5.000 Euro. Berücksichtige man die erheblichen Folgen der Blondierung mit zahlreichen Arztbesuchen und erheblichen Beeinträchtigungen, insbesondere Schmerzen, einer bakteriellen Infektion und einer mehrwöchigen regelmäßigen Einnahme von Schmerzmitteln, Antibiotika und Kortikoiden und den Dauerschaden am Hinterkopf der Klägerin, sei ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 Euro auch im Verhältnis zu anderen vergleichbar gelagerten Sachverhalten angemessen. Eine Absage erteilte der Senat hingegen der Argumentation der Klägerin, das ihr zustehende Schmerzensgeld sei aufgrund des Umstandes zu erhöhen, dass auf Seiten des Beklagten eine Haftpflichtversicherung bestehe.

Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen.

Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 19.06.2020 - 20 U 287/19.



AG München: Schadensersatz wegen missglückter Haarfärbung durch Friseur nur bei vorherigem Nachbesserungsverlangen des Kunden

AG München
Urteil vom vom 24.01.2019
213 C 8595/18


Das AG München hat entschieden, dass ein Schadensersatzanspruch wegen missglückter Haarfärbung beim Friseur regelmäßig nur bei vorherigem Nachbesserungsverlangen des Kunden besteht.

Die Pressemitteilung des AG München:

Missglückte Haarfärbung
Die Friseurin muss in angemessener Frist nachbessern dürfen, bevor Schadensersatz verlangt werden kann.

Das Amtsgericht München hat am 24.01.2019 die Klage der Kundin aus dem Raum Dachau gegen die Friseurmeisterin mit damaliger sogenannter Stuhlmiete in einem Salon im Münchener Glockenbachviertel auf Zahlung von 530 Euro Schadensersatz und mindestens 500 Euro Schmerzensgeld abgewiesen.
Die Klägerin trägt vor, sie habe am 06.05.2017 die Beklagte unter Vorlage einer Fotografie der Bloggerin Xenia mit der Ausführung einer bestimmten Haarfärbetechnik, der sog. Balayage-Technik, beauftragt. Das gleichmäßig über den gesamten Kopf verteilte Haarfärbemittel habe sich über zwei Stunden auf ihrem Kopf befunden. Ihre Kopfhaut habe massiv zu brennen und jucken begonnen. Nach dem Ausspülen seien ihre Haare gleichmäßig dottergelb gewesen. Die Beklagte habe ihr noch im Salon geäußertes Verlangen zur Beseitigung der inakzeptablen Haarschäden und Färben der Haare in der Balayage-Technik abgelehnt und wegen akuter zeitlicher Verhinderung keinen Alternativtermin angeboten. Die Beklagte habe nur mehrfach zum Ausdruck gebracht, wie sehr sie selbst von dem Ergebnis begeistert sei und der Klägerin eine Silbertönung zur häuslichen Selbstanwendung mitgegeben, um den Gelbstich zu beseitigen. Die Klägerin habe in „Schockstarre“ für die Friseurbehandlung samt Silbertönung einen Betrag in Höhe von 153 Euro bezahlt und den Salon verlassen. Der Gelbstich sei aber geblieben. Das Haar habe durch die viel zu lange Einwirkzeit Schaden genommen. All dies habe über lange Zeit auch negative psychische Auswirkungen gehabt.

Die Beklagte trägt vor, sie könne sich nicht mehr daran erinnern, der Klägerin die Haare gefärbt zu haben. Das Nacherfüllungsverlangen einer unzufriedenen Kundin würde sie niemals ablehnen. Sie habe aufgrund der Zahlung der Klägerin und dem Umstand, dass sich die Klägerin bis Dezember nicht mehr mit ihr in Verbindung gesetzt habe jedenfalls davon ausgehen dürfen, dass die Klägerin mit der unterstellten Friseurleistung im Wesentlichen zufrieden gewesen sei. Ein Nachbesserungsverlangen sei hier auch nicht unzumutbar gewesen.

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab der Beklagten Recht:
„Ein Schadensersatzanspruch statt der Leistung setzt gemäß § 281 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich voraus, dass dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung gesetzt wurde. (...) Dem Verhalten der Klägerin vor Ort ist eine Fristsetzung zur Nacherfüllung offenkundig nicht zu entnehmen. (...) Das Verlangen der Klägerin erfüllt die Anforderungen an eine angemessene Frist zur Nacherfüllung nicht, da der Beklagten insoweit keinerlei „angemessene“ Zeit zur Beseitigung eingeräumt, sondern ein sofortiges Handeln - und auch nur ein solches - verlangt wurde. (...)
Dem von der Klägerin dargelegten Verhalten der Beklagten kann eine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Nacherfüllung (...) nicht entnommen werden. Allein die Tatsache, dass die Beklagte auf das sofortige Beseitigungsverlangen der Klägerin aufgrund einer akuten zeitlichen Verhinderung lediglich mit der Übergabe einer Silbertönung zur Eigenanwendung reagiert und der Klägerin auch keinen Alternativtermin angeboten haben soll, stellt keine die Frist zur Nacherfüllung entbehrlich machende Nacherfüllungsverweigerung dar. Im Gegenteil, die Beklagte hat sich durch Übergabe der Silbertönung gerade mit der angeblichen Mängelanzeige der Klägerin auseinandergesetzt und versucht, dieser Abhilfe zu verschaffen. Die Nacherfüllung ist der Klägerin vorliegend auch nicht unzumutbar (...). Dies wäre etwa nach mehreren fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuchen der Fall oder wenn dem Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Unternehmers besondere Bedeutung zukommt, etwa bei dauerhaften bzw. unabänderlichen körperlichen Eingriffen wie einer Tätowierung. Das - gerade nicht dauerhafte oder unabänderliche - Färben oder Schneiden von Haaren stellt auch keinen mit einer Tätowierung vergleichbaren körperlichen Eingriff dar (...).
Da das Setzen einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung im vorliegenden Fall auch bei Wahrunterstellung des klägerischen Vortrages weder unzumutbar noch aus anderen Gründen entbehrlich war und tatsächlich auch nicht erfolgt ist, scheiden werkvertragliche Mängelgewährleistungsansprüche der Klägerin insgesamt aus. (...)
Auch ein Schadensersatzanspruch aufgrund vertraglicher Nebenpflichtverletzung (...) oder unerlaubter Handlung (...) scheidet vorliegend aus, da die Klagepartei eine Gesundheitsschädigung oder gar Körperverletzung durch die Beklagte bereits nicht hinreichend schlüssig und substantiiert dargetan hat.“

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.


LG Köln: Modell hat Anspruch Schadensersatz und Erstattung des immateriellen Schadens gegen Friseursalon wegen misslungener Haarfärbung

LG Köln
Urteil vom 14.07.2017
4 O 381/16


Das LG Köln hat entschieden, dass ein Modell einen Anspruch auf Schadensersatz und Erstattung des immateriellen Schadens gegen einen Friseursalon wegen einer misslungenen Haarfärbung hat.

Aus den Entscheidungsgründen:

"I.

Die Feststellungsklage ist zulässig. Insbesondere das gemäß § 256 ZPO notwendige Feststellungsinteresse ist gegeben. Dies ist auch dann der Fall, wenn zwar ein Teil des Schadens schon entstanden, die Entstehung eines darüber hinausgehenden Schadens aber noch zu erwarten ist (BGH, Urt. v. 19.04.2016 – VI ZR 506/14, NJW-RR 2016, 759). Dies ist der Fall. Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Schadensentstehung noch nicht abgeschlossen ist. Die Einzelrichterin konnte sich im Termin zur mündlichen Verhandlung selbst davon überzeugen, dass die Haare der Klägerin nach wie vor geschädigt sind. Genau dieser Zustand der Haare ist – wie unten ausführlich dargestellt – der schadensstiftende Umstand.

II.

Die Klage ist auch begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz des materiellen sowie immateriellen Schadens zu, welcher ihr infolge der mangelhaften Behandlung ihrer Haare entstanden ist. Dieser ergibt sich hinsichtlich des Mangelbeseitigungsschadens aus §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB, hinsichtlich aller übrigen Schäden aus §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB.

1.

Die von der Klägerin beauftragte Einfärbung ihrer Haare sowie der in ihrem Eigentum stehenden Haarteile ist als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff. BGB zu werden, da die Beklagte einen bestimmten Erfolg schuldete. Dass die Klägerin die Beklagte überhaupt mit der Einfärbung ihrer Haare – sei es als Tönung oder als Colorierung – beauftragte, steht nicht im Streit.

2.

Die von der Beklagten erbrachte Leistung war mangelhaft im Sinne des § 633 Abs. 2 BGB. Dies ist dann der Fall, wenn sie nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist (§ 633 Abs. 2 S. 1 BGB) oder sich nicht für die vom Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Darüber hinaus kann der Werkbesteller auch ohne konkrete Abrede erwarten, dass das hergestellte Werk sach- und fachgerecht gemäß der allgemeinen Regeln des einschlägigen Handwerks hergestellt ist (...).

Dies ist hier der Fall. Die Beklagte hat insofern vorgetragen, die Klägerin habe auf der ihr gezeigten Farbtafel den Farbton „braun-gold“ gewählt, also gerade nicht rot. Damit bestreitet auch die Beklagte nicht, dass die Klägerin die Färbung ihrer Haare nach „braun-gold“ wünschte, nicht nach rot. Es wäre dann an der Beklagten gewesen, das geeignete Mittel auszuwählen, um dieses Ergebnis zu erzielen.

Dies hat sie aber offensichtlich nicht getan, da die Haare der Klägerin nach der Behandlung rot waren. Davon ist die Kammer überzeugt: Die Rotfärbung ergibt sich zunächst aus dem Sachvortrag der Beklagten, wonach sie für die zweite Färbung einen Farbton von „blau/grün“ gewählt habe, was aber schon nach ihrem eigenen Sachvortrag Sinn machte, wenn die Haare tatsächlich den behaupteten Rotstich gehabt hätten. Die rötliche Verfärbung nach der Behandlung durch die Beklagte ergibt sich zudem aus den von der Klägerin vorgelegten Lichtbildern. So ist auf dem Lichtbild Anlage K 20 (Bl. 38 AH) die Klägerin zu sehen mit trockenen Haaren. Dass es sich bei dem im Hintergrund abgebildeten Mobiliar um dasjenige ihres Salons handelt, hat die Beklagte nicht konkret bestritten. Im Übrigen ist das gleiche Mobiliar auch auf dem Lichtbild Anlage K 13 (Bl. 27 AH) zu erkennen; auf diesem ist die Klägerin zu sehen, allerdings diesmal unter einem Trocknungsgerät sitzend offenbar mit dem einwirkenden Färbemittel im Haar. Auch hinsichtlich dieses Lichtbildes hat die Beklagte nicht konkret bestritten, dass es in ihrem Salon aufgenommen worden sei. Weiter hat die Klägerin die Lichtbilder Anlagenkonvolut K6 (Bl. 13-15 AH) zur Akte gereicht. Auf dem ersten der genannten Lichtbilder ist sie mit deutlich rötlichen Haaren zu sehen; dass im Hintergrund dieses Lichtbildes die Beklagte zu sehen ist, hat diese nicht konkret bestritten. Auf dem folgenden Lichtbild Bl. 14 AH ist zudem der Schriftzug „L“ des Salons der Beklagten zu erkennen. Keine der Parteien hat vorgetragen, dass sich die Klägerin noch zu einer anderen Gelegenheit als der hier streitgegenständlichen Behandlung im Salon der Beklagten aufgehalten habe. Angesichts dessen ist die Kammer der Überzeugung, dass die genannten Lichtbilder Anlagenkonvolut K6 die Klägerin nach der hier gegenständlichen Haarbehandlung zeigen.

Soweit der Beklagtenvertreter der Verwertung der zur Akte gereichten Lichtbilder widersprochen hat, so hat das keine für das hiesige Verfahren relevante Rechtsfolge. Die genannten Lichtbilder sind zweifelsohne dem richterlichen Augenschein gemäß § 371 Abs. 1 S. 1 ZPO zugänglich. Es ist auch nicht im Ansatz ersichtlich, dass hinsichtlich dieser Lichtbilder ein Beweisverwertungsverbot bestehen könnte. Im Übrigen sind die vom Beklagtenvertreter vorgebrachten Verwertungswidersprüche der hier allein maßgeblichen Zivilprozessordnung fremd; vielmehr handelt es sich um ein Rechtsinstrument aus dem Strafverfahren gemäß der StPO, die im hier zu entscheidenden Zivilprozess zweifelsohne nicht zur Anwendung kommt.

3.

Die Beklagte hatte auch die Gelegenheit zur Nachbesserung, sowohl hinsichtlich der Haare der Klägerin als auch der Haarteile. Diese haben offenbar nicht zum Erfolg geführt; etwas anderes trägt auch die Beklagte nicht konkret vor. Dies liegt insbesondere nicht in ihrer Behauptung, zum Zeitpunkt des Termins in hiesiger Sache sei von einem Rotstich nichts mehr zu sehen gewesen. Die fragliche Farbbehandlung fand im November 2015, der Termin hingegen Anfang Juni 2017. Allein schon aufgrund des natürlichen Wachstums der Haare konnten diese beim Termin nicht mehr in dem Zustand Nach dem Vortrag der Klägerin hat sie ihre Haare seitdem auch mehrfach nachbehandeln lassen,

4.

Der Klägerin ist auch infolge der wie ausgeführt mangelhaften Farbbehandlung ihrer Haare und der in ihrem Eigentum stehenden Haarteile durch die Beklagte ein Schaden entstanden. Davon ist die Kammer nach Würdigung aller Umstände überzeugt; ihr steht es insoweit offen, auch das grundsätzliche Vorliegen eines Schadens gemäß § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO zu schätzen.

Die Falscheinfärbung der Haarteile hat ersichtlich einen Schaden verursacht, mindestens einen Materialschaden.

Darüber hinaus ist der Klägerin jedenfalls auch ein Schaden in Form von Verdienstausfall entstanden. Die Klägerin war als Model tätig. Dies hat die Beklagte zum einen nicht ausreichend bestritten, ergibt sich aber auch aus den von der Klägerin zur Akten gereichten Rechnungen Ihrer Kunden, an deren Echtheit die Kammer keinen Grund zu zweifeln hat. Das pauschale Bestreiten der Beklagten diesbezüglich erfolgt ersichtlich „ins Blaue hinein“ und ist daher unbeachtlich (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 138 Rn. 10a m. w. N.). Zudem hat die Klägerin mehrere Foto Werbekampagnen zur Akte gereicht, so von der Firma „B“ und „H“. Auch das dazu von der Beklagten gemachte pauschale Bestreiten geht ersichtlich ins Blaue hinein und ist deshalb unbeachtlich.

Ebenso ist die Kammer überzeugt, dass der Klägerin wegen der konkreten Beschaffenheit der Haare ein Schaden mindestens dadurch entstanden ist, dass sie weniger gebucht wird. Insofern hat die Kammer auch keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der Bestätigung vom 09.12.2016 (Bl. 37 AH) um eine Gefälligkeitsbescheinigung handeln könnte. Auch dieses Bestreiten der Beklagten geschieht ersichtlich „ins Blaue“ hinein.

Dass die Beklagte weitgehend ins Blaue hinein bestreitet, schließt die Kammer auch aus ihrem gesamten Prozessverhalten. Dies bestand über weite Strecken darin, die Klägerin als Personen durch Polemik und Unterstellungen in Misskredit zu bringen und sie herabzuwürdigen. So wurde ihr Größenwahn, maßlose Selbstüberschätzung und Realitätsverlust sowie das Fehlen von Persönlichkeit und Souveränität unterstellt. Auch wurden ersichtlich verfahrensfremde Auszüge aus ihren Auftritten in so genannten Social Medias zitiert und diese als „peinlich“ und „Schwachsinn“ bezeichnet. Eine Beweiswürdigung kann die Kammer dieses Prozessverhalten der Beklagten berücksichtigen, da es zum Inhalt der mündlichen Verhandlung gehört (vgl. Greger, in: Zöller, a. a. O., § 286 Rn. 2 und 14 m. w. N.).

Darüber hinaus ist die Kammer der Überzeugung, dass der Schadensverlauf noch nicht abgeschlossen ist. Die Klägerin hatte vor der Behandlung durch die Klägerin eine deutlich über die Schultern reichende Haarlänge; dies ist auf allen von ihr zur Akte gereichten Lichtbildern zu sehen. Es ist allgemeinbekannt, dass Haare über einen längeren Zeitraum wachsen müssen, um diese Länge zu erreichen. Bekanntermaßen wachsen Haare im Monat etwa 1 cm, im Jahr etwa 15 cm pro Jahr. Daher ist auch dem Beweisantritt der Beklagten – wie gesagt einer Friseurmeisterin –, die genannte Haarlänge bis über die Schultern hätte die Klägerin auch bei Scheren ihres Kopfes nach 2-3 Monaten wieder gehabt, nicht nachzugehen.

Eine Beweisaufnahme war danach wegen § 287 Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO und wegen § 291 ZPO entbehrlich.

5.
Ebenso hat die Klägerin grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz ihres entstandenen immateriellen Schadens. In die konkret vorgenommene Behandlung ihrer Haare – nämlich deren Färbung nach rot – hat die Klägerin nicht eingewilligt. Auch in deren Schädigung liegt eine Körperverletzung vor, die in den Anwendungsbereich des § 253 Abs. 2 BGB fällt (vgl. LG Mönchengladbach, Urt. v. 09.10.2009 – 5 S 59/09, NJW-RR 2010, 325; AG Köln, Urt. v. 08.08.2001 – 141 C 5/01, NJW-RR 2001, 1675)."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Dresden: Boykottaufruf im Wahlkampf als Meinungsäußerung zulässig - AfD-Friseursalon

OLG Dresden
Urteil vom 05.05.2015
4 U 1676/14

Die Pressemitteilung des OLG Dresden:

"Boykottaufruf als zulässige Meinungsäußerung im Wahlkampf

Der für äußerungsrechtliche Ansprüche zuständige 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden hat mit seinem Urteil vom 5. Mai 2014 einen im Wahlkampf verbreiteten "Boykott"-Aufruf als von der grundrechtlich in Artikel 5 GG geschützten Meinungsfreiheit gedeckt angesehen.

In dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren hatte der Kläger, ein Mitglied der AfD, der einen Friseursalon betreibt, von dem Beklagten, der Mitglied der Grünen ist, eine Unterlassungserklärung gefordert. Dem war vorausgegangen, dass der Beklagte über seinen privaten Twitteraccount folgende Mitteilung veröffentlichte:

»Ab sofort empfehle ich, nicht mehr zum Friseur …in #... zugehen. Inhaber ist ein #AFD ler. Man weiß nie, wo die Schere ansetzt.«

Hintergrund der Äußerung war der Landtagswahlkampf, bei dem beide Beteiligten als Kandidaten ihrer konkurrierenden Parteien öffentlich in Erscheinung getreten sind. In der Folgezeit forderte der Kläger den Beklagten auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.

Das Landgericht Leipzig hat den Beklagten zur Unterlassung verurteilt. Die dagegen an das Oberlandesgericht Dresden gerichtete Berufung des Beklagten hatte Erfolg; der Antrag des Klägers wurde zurückgewiesen.

Nach Ansicht des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden begründe die Empfehlung, die Dienstleistung des Klägers nicht mehr in Anspruch zu nehmen, keinen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Der Senat bezieht sich dabei auf ältere Rechtsprechung zur Zulässigkeit von wirtschaftlich uneigennützigen Boykottaufrufen im öffentlichen Meinungskampf. Die Äußerung, der Kläger sei Mitglied der AfD, sei eine wahre Tatsachenbehauptung, deren Verbreitung nicht untersagt werden könne. Der Satz: »Man weiß nie, wo die Schere ansetzt.« stelle keinen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers dar, sondern eine sarkastische und in zulässiger Form zugespitzte Äußerung im Wahlkampf."

BGH: Regelmäßig kein Anspruch auf Unterlassung einer Presseveröffentlichung im Falle einer identifizierenden Textberichterstattung, wenn berufliche und nicht die Privatsphäre betroffen ist

BGH
Urteil vom 13.01.2015
VI ZR 386/13
BGB § 823


Der BGH hat entschieden, dass regelmäßig kein Anspruch auf Unterlassung einer Presseveröffentlichung im Falle einer identifizierenden Textberichterstattung besteht, wenn die berufliche und nicht die Privatsphäre betroffen ist.

Leitsatz des BGH:
Zum Anspruch auf Unterlassung einer Presseveröffentlichung im Falle einer identifizierenden Textberichterstattung.

BGH, Urteil vom 13. Januar 2015 - VI ZR 386/13 - KG Berlin - LG Berlin

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Keine Branchennähe zwischen Haarfärbemitteln und den Dienstleistungen eines Frisiersalons und somit keine Markenrechtsverletzung

OLG Frankfurt
Urteil vom 24.07.2014
6 U 45/13


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die für eine markenrechtliche Verwechlsungsgefahr erforderliche Branchennähe nicht besteht, wenn sich als Warren Haarfärbemittel einerseits und Dienstleistungen eines Frisiersalons andererseits gegenüberstehen. Aber Vorsicht: Andere Gerichte würden dies anders beurteilen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Im vorliegenden Fall stellt sich mithin die Frage, ob das Publikum der Vorstellung erliegen könnte, dass der Hersteller bzw. Vertreiber eines Haarfärbemittels zugleich Friseursalons betreibt oder umgekehrt.

Dabei hat außer Betracht zu bleiben, dass die Herstellerin des streitgegenständlichen Haarfärbemittels, die Firma A GmbH, ein umfassendes Sortiment an Haarfärbe-, Haarpflege- und Haarstylingmitteln anbietet und - unter dem Kennzeichen „A“ - … betreibt. Die Marke A steht, ebenso wie die Marke „B“ (vgl. Anlage K 26, Bl. 174 ff. d. A.) für ein umfassendes Konzept der Haarpflege und Verschönerung der Haare, welches alle hierauf bezogenen Produkte und Dienstleistungen umfasst. Da die Klagemarke jedoch nur für Haarfärbemittel benutzt wurde, kommt es darauf an, ob aus der Sicht des Verkehrs ein Unternehmen deshalb einen oder mehrere Friseursalons betreiben oder wirtschaftlich mit ihnen verbunden sein könnte, weil es ein Haarfärbemittel herstellt bzw. vertreibt.

Eine solche Vorstellung könnte bei den angesprochenen Verkehrskreisen geweckt werden, weil der Einsatz eines Haarfärbemittels mit gewissen Risiken verbunden sein kann, was die Haarstruktur und die erzielte Farbe angeht; der Vertreiber eines Haarfärbemittels könnte deshalb ein Interesse daran haben, den Einsatz seines Produkts den geschulten Hände eines Friseurs vorzubehalten. Gegen ein solches Verständnis spricht jedoch, dass Haarfärbemittel in großem Umfang in Drogerien und Supermärkten angeboten werden. Es liegt deshalb für den Verkehr nicht nahe, dass der Vertreiber eines Haarfärbemittels Friseursalons betreibt oder wirtschaftlich mit ihnen verbunden ist, um den fachgerechten Einsatz seines Produkts sicherzustellen.

Noch weniger nahe liegt es, dass der Betreiber eines oder mehrerer Friseursalons sich entschließen könnte, ein Haarfärbemittel herzustellen bzw. herstellen zu lassen und zu vertreiben.

Zwar hat die Klägerin einen Internetauftritt eines Friseurs C (Anlage BB 3, Bl. 320 f. d. A.) vorgelegt, der dort „D“, also offenbar ein fremdes Produkt, anbietet. Dieses eine Beispiel für den Verkauf eines Haarfärbemittels durch einen Friseur über das Internet ist nicht geeignet, die Verkehrsgewohnheit zu belegen, dass Friseure auch Haarfärbemittel herstellen bzw. herstellen lassen und vertreiben. Dagegen spricht, dass sich - anders als beispielsweise die Dienstleistung des Einzelhandels und die auf sie bezogenen Waren - die Dienstleistung des Haarefärbens und das freiverkäufliche Produkt Haarfärbemittel nicht ergänzen, sondern miteinander in Konkurrenz stehen. Aus Sicht des Verkehrs gibt es zwei Möglichkeiten des Haarefärbens, und zwar entweder der Kauf eines Färbemittels und das anschließende Selberfärben oder das Färbenlassen beim Friseur. Anders ist die Situation in Bezug auf Haarpflege- und Haarstylingmittel. Da es unüblich ist, für jede Haarwäsche und jedes Styling den Friseur aufzusuchen, bieten Frisöre in aller Regel solche Produkte zum Verkauf an und erwecken unter Umständen den Eindruck, mit den Produzenten wirtschaftlich verbunden zu sein oder auch den Eindruck, selbst der Hersteller zu sein, wie die Klägerin dies in Bezug auf die Friseurkette E belegt hat (Bl. 548 f. d. A.); dieses Unternehmen bietet ausweislich der Internetauftritte der Drogerien Douglas und Rossmann allerdings keine Haarfärbemittel an.

Es liegt daher eine Waren- und Dienstleistungsunähnlichkeit vor, die die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausschließt."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: