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OLG Celle: Bewerbung eines Kräutertees mit dem Zusatz detox verstößt gegen Health-Claims-Verordnung und ist wettbewerbswidrig

OLG Celle
Urteil vom 10.03.2016
13 U 77/15


Das OLG Celle hat entschieden, dass die Bewerbung eines Kräutertees mit dem Zusatz "detox" gegen die Health-Claims-Verordnung (HCVO) verstößt und somit wettbewerbswidrig ist. Die Bezeichnung "detox" stellt eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe dar.

EuGH: Health-Claims-Verordnung gilt auch für Mitteilungen bzw. Werbung die sich an medizinische Fachkreise und nicht an Endverbraucher richten

EuGH
Urteil vom 18.07.2016
C‑19/15
Verband Sozialer Wettbewerb e. V.
gegen
Innova Vital GmbH


Der EuGH hat entschieden, dass sich die Vorschriften der Health-Claims-Verordnung auch für Mitteilungen bzw. Werbung gilt, die sich an medizinische Fachkreise und nicht an Endverbraucher richten. Der EuGH geht also von einem weiten Anwendungsbereich aus und weist darauf hin, dass durch die HCVO ein hohes Verbraucherschutzniveau erreicht werden soll und Werbung gegenüber medizinischen Fachkreisen bewirken soll, dass die Produkte Verbrauchern empfohlen werden.

Tenor der Entscheidung:

Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel in der durch die Verordnung (EU) Nr. 1047/2012 der Kommission vom 8. November 2012 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass nährwert- oder gesundheitsbezogene Angaben in kommerziellen Mitteilungen über Lebensmittel, die als solche an den Endverbraucher abgegeben werden sollen, in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen, auch wenn sich diese Mitteilungen nicht an den Endverbraucher, sondern ausschließlich an medizinische Fachkreise richten.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Verordnung Nr. 1924/2006 soll nämlich nach ihrem Art. 1 Abs. 1 das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts gewährleisten und gleichzeitig ein hohes Verbraucherschutzniveau bieten.

Wie insoweit aus den Erwägungsgründen 1 und 18 dieser Verordnung hervorgeht, gehört der Gesundheitsschutz zu den Hauptzwecken der Verordnung (Urteil vom 6. September 2012, Deutsches Weintor, C‑544/10, EU:C:2012:526, Rn. 45). Zu diesem Zweck sind u. a. dem Verbraucher die für eine sachkundige Entscheidung notwendigen Informationen zu liefern (Urteile vom 10. April 2014, Ehrmann, C‑609/12, EU:C:2014:252, Rn. 40, und vom 17. Dezember 2015, Neptune Distribution, C‑157/14, EU:C:2015:823, Rn. 49).

In diesem Sinne sieht Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1924/2006 vor, dass die Verwendung nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben nur zulässig ist, wenn anhand allgemein anerkannter wissenschaftlicher Nachweise nachgewiesen ist, dass das Vorhandensein, das Fehlen oder der verringerte Gehalt eines Nährstoffs oder einer anderen Substanz, auf die sich die Angabe bezieht, in einem Lebensmittel oder einer Kategorie von Lebensmitteln eine positive ernährungsbezogene Wirkung oder physiologische Wirkung hat. Auch der 14. Erwägungsgrund der Verordnung ist in diesem Sinne formuliert.

Wie im 17. Erwägungsgrund der Verordnung dargelegt, sollte die wissenschaftliche Absicherung der Hauptaspekt sein, der bei der Verwendung nährwert‑ und gesundheitsbezogener Angaben berücksichtigt wird. Darüber hinaus heißt es im 23. Erwägungsgrund der Verordnung, dass gesundheitsbezogene Angaben für die Verwendung in der Union nur nach einer wissenschaftlichen Bewertung auf höchstmöglichem Niveau zugelassen werden sollten und dass die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit solche Bewertungen vornehmen sollte, damit eine einheitliche wissenschaftliche Bewertung dieser Angaben gewährleistet ist.

Die Verordnung Nr. 1924/2006 sieht somit ein Verfahren vor, mit dem nachgeprüft werden kann, ob eine Angabe im Sinne dieser Verordnung wissenschaftlich abgesichert ist.

Zwar kann davon ausgegangen werden, dass die medizinischen Fachkreise über umfangreichere wissenschaftliche Kenntnisse verfügen als ein Endverbraucher, also als ein, wie es im 16. Erwägungsgrund heißt, normal informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher. Nicht angenommen werden kann jedoch, dass diese Fachkreise in der Lage sind, jederzeit über alle speziellen und aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisse zu verfügen, die notwendig sind, um jedes einzelne Lebensmittel und die nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben, die bei der Kennzeichnung oder Aufmachung dieser Lebensmittel oder bei der Werbung für sie verwendet werden, zu bewerten.

Wie der Generalanwalt in Nr. 49 seiner Schlussanträge festgestellt hat, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die medizinischen Fachkreise selbst durch falsche, irreführende oder unwahre Angaben in die Irre geleitet werden.

Daher könnten die medizinischen Fachkreise falsche Informationen über die Lebensmittel, die Gegenstand der kommerziellen Mitteilung sind, völlig gutgläubig an die Endverbraucher weitergeben, mit denen sie in Verbindung stehen. Diese Gefahr verdient umso größere Beachtung, als die Fachkreise aufgrund des Vertrauensverhältnisses, das im Allgemeinen zwischen ihnen und ihren Patienten besteht, einen erheblichen Einfluss auf diese ausüben können.

Wenn an medizinische Fachkreise gerichtete nährwert- oder gesundheitsbezogene Angaben nicht in den Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1924/2006 fielen und damit verwendet werden dürften, ohne notwendig auf wissenschaftliche Nachweise gestützt zu sein, bestünde überdies die Gefahr, dass Lebensmittelunternehmer ihre Verpflichtungen aus dieser Verordnung dadurch umgingen, dass sie sich über Angehörige medizinischer Fachkreise an den Endverbraucher wendeten, damit diese ihre Produkte dem Endverbraucher empföhlen.

Folglich trägt die Anwendung der Verordnung Nr. 1924/2006 auf nährwert‑ oder gesundheitsbezogene Angaben in kommerziellen Mitteilungen an Fachkreise im Rahmen des Binnenmarkts, dessen ordnungsgemäßes Funktionieren die Verordnung gewährleisten soll, zu einem hohen Verbraucherschutzniveau bei.

Die von Innova Vital vorgetragenen Argumente sind nicht geeignet, diese Auslegung zu entkräften, wonach die Verordnung Nr. 1924/2006 für nährwert‑ oder gesundheitsbezogene Angaben in kommerziellen Mitteilungen auch dann gilt, wenn sich die Mitteilung ausschließlich an medizinische Fachkreise richtet.

Zwar ergibt sich aus Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1924/2006, dass die Verwendung nährwert‑ oder gesundheitsbezogener Angaben nur zulässig ist, wenn der durchschnittliche Verbraucher die positiven Wirkungen, die in der Angabe dargestellt werden, versteht.

Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass jede objektive Information über neue wissenschaftliche Entwicklungen, die Lebensmittelunternehmer unter Verwendung technischer oder wissenschaftlicher Terminologie – wie hier des Begriffs „atopische Dermatitis“ – an medizinische Fachkreise richten, verboten wäre.

Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1924/2006 ist nämlich dahin zu verstehen, dass diese Bestimmung im Interesse einer sachkundigen Entscheidung des Endverbrauchers zur Anwendung gelangt, wenn die nährwert‑ und gesundheitsbezogenen Angaben unmittelbar dem Endverbraucher mitgeteilt werden. In einem Fall wie dem des Ausgangsrechtsstreits jedoch wird das solche Angaben enthaltende Schreiben, wie der Generalanwalt in Nr. 54 seiner Schlussanträge festgestellt hat, nicht als solches dem Endverbraucher vorgelegt, sondern den medizinischen Fachkreisen übermittelt, die stillschweigend dazu aufgefordert werden, das betroffene Lebensmittel dem Endverbraucher zu empfehlen.

Darüber hinaus sieht der vierte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1924/2006 vor, dass die Verordnung auf Angaben in nicht kommerziellen Mitteilungen wie z. B. in den Ernährungsrichtlinien oder ‑empfehlungen staatlicher Gesundheitsbehörden und ‑stellen oder in nicht kommerziellen Mitteilungen und Informationen in der Presse und in wissenschaftlichen Veröffentlichungen keine Anwendung finden sollte.

Daher steht die Verordnung der objektiven Information medizinischer Fachkreise über neue wissenschaftliche Entwicklungen, die sich technischer oder wissenschaftlicher Terminologie bedient, nicht entgegen, wenn die Mitteilung nicht kommerzieller Art ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Karlsruhe: Unzulässige Werbung für Maggi Kindertütensuppe mit "mild gesalzen" - Verstoß gegen Health-Claims-Verordnung

OLG Karlsruhe
Urteil vom 17.03.2016
4 U 218/15


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass die Werbung des Herstellers Maggi für Kindertütensuppen mit dem Attribut "mild gesalzen" unzulässig ist, wenn die nach der Health-Claims-Verordnung für die Aussage „Kochsalzarm“ oder vergleichbare Werbeaussagen vorgeschriebenen Werte überschritten werden (hier: doppelte Menge). Die Revision zum BGH wurde zugelassen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Frankfurt: Nestle Werbung für Kinderpudding mit "Zink und Calcium für starke Knochen und gesundes Wachstum" verstößt gegen Health-Claims-Verordnung

LG Frankfurt
Urteil vom 10.02.2016
2-06 O 337/15

Das LG Frankfurt hat entschieden, dass die Werbung des Lebensmittelskonzerns Nestle für für den Kinderpudding Alete Milch Minis mit den Werbeaussagen "Zink für starke Knochen & gesundes Wachstum" und "Calcium für starke Knochen" gegen die Health-Claims-Verordnung verstößt und somit wettbewerbswidrig ist. Zudem rügte das Gericht, dass auf der Verpackung nicht auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen sowie ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise hingewiesen wurde. Geklagt hatte der vzbv.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

KG Berlin: Werbung für Tee mit der allgemeinen Angabe "gesund" verstößt gegen die HCVO auch wenn Listen nach Art. 13 und 14 HCVO noch nicht vorliegen

KG Berlin
Urteil vom 27.11.2015
5 U 96/14


Das KG Berlin hat entschieden, dass Tee (hier: Rotbuschtee) nicht mit dem allgemeinen Zusatz "Gesund" beworben werden darf, da insoweit ein Verstoß gegen die HCVO vorliegt. Dies gilt auch dann, wenn die Listen nach Art. 13 und 14 HCVO noch nicht vorliegen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Entgegen der Annahme des BGH (BGH, EuGH-Vorlage-Beschluss vom 12.3.2015, I ZR 29/13, TZ 31 – Rescue-Produkte; GRUR 2013, 958 TZ 15 – Vitalpilze; GRUR 2015, 403 TZ 38 – Monsterbacke II; anderer Ansicht schon OLG Hamm, WRP 2014, 961 juris Rn. 52 ff; WRP 2015, 228 juris Rn. 67 ff) ist nicht davon auszugehen, dass – solange die Listen nach Art. 13 oder Art. 14 HCVO noch nicht abschließend erstellt sind (bzw. jedenfalls in den bereits erstellten Teil-Listen für das vorliegende Produkt Rotbuschtee und dessen Bestandteile noch keine speziellen gesundheitsbezogenen Angaben enthalten oder ausgeschlossen sind) – Art. 10 Abs. 3 HCV noch nicht vollzogen werden könne und deshalb entsprechende Verweise nicht unzulässig sein könnten.

a)Weder der Wortlaut des Art. 10 Abs. 3 HCVO noch der Wortlaut der Übergangsvorschrift des Art. 28 HCVO lassen eine derartige Einschränkung erkennen (OLG Hamm, WRP 2014, 961 juris Rn. 52; WRP 2015, 228 juris Rn. 69 f).

[...]

Es blieb und bleibt dem Verwender unbenommen, im rechtlichen Rahmen der Übergangsregelungen in Art. 28 HCVO eine spezifische gesundheitsbezogene Angabe weiter zu verwenden oder eine solche Verwendung aufzunehmen. Damit kann der Verwender auch den Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des Art. 10 Abs. 3 HCVO für eine zusätzliche unspezifische gesundheitsbezogene Angabe genügen. Es liegt nahe, die sowohl in Art. 10 Abs. 1 HCVO als auch in Art. 10 Abs. 3 HCVO geforderte Aufnahme der spezifischen gesundheitsbezogenen Angabe in die Listen gemäß Art. 13 und 14 HCVO einheitlich auszulegen und bei den genannten Absätzen des Art. 10 HCVO insoweit auch die hierzu ergangenen Übergangsregelungen in Art. 28 HCVO gleichermaßen heranzuziehen. Dann wird der Verwender einer unspezifischen gesundheitsbezogenen Angabe (kombiniert mit einer spezifischen gesundheitsbezogenen Angabe) durch die Regelung des Art. 10 Abs. 3 HCVO – und in dem damit beabsichtigten Umfang – auch in der Übergangszeit nicht weitergehend benachteiligt. Es fehlt eine diskriminierende Wirkung aus der Anwendung des Art. 10 Abs. 3 HCVO schon vor dem Erstellen der genannten Listen. Auch wird damit gerade dem in den Übergangsregelungen des Art. 28 HCVO eindeutig zum Ausdruck gekommenen Willen des Verordnungsgebers Rechnung getragen.

Ist dem Verwender auch im Übergangszeitraum die Verwendung einer spezifischen gesundheitsbezogenen Angabe nicht möglich (insbesondere weil eine solche schon gar nicht in Betracht kam und weiterhin kommt oder weil der Unternehmer den hierfür gebotenen wissenschaftlichen Nachweis nicht führen kann), dann gebieten es weder der Wortlaut noch Sinn und Zweck des Art. 10 Abs. 3 HCVO, die Verwendung einer unspezifischen gesundheitsbezogenen Angabe (sogar) für den gesamten Übergangszeitraum zu erlauben. Denn dann stünde bereits jetzt fest, dass der Verwender den Anforderungen der Besserstellung in Art. 10 Abs. 3 HCVO (gegenüber der ursprünglichen Entwurfsfassung) nicht genügen kann. Das nunmehr auszusprechende Verbot beruht dann nicht auf einer generellen Untersagung nichtspezifischer gesundheitsbezogener Angaben (wie in der Entwurfsfassung), sondern bereits jetzt auch auf Sinn und Zweck des Art. 10 Abs. 3 HCVO, unspezifische gesundheitsbezogene Angaben nur dann zu erlauben, wenn sie durch eine weitere spezifische gesundheitsbezogene Angabe konkretisiert werden (können).

Im Übrigen kann die Abschwächung des generellen Verbots nichtspezifischer gesundheitsbezogener Angaben im ursprünglichen Entwurf der HCVO durch die Regelungen in Art. 10 Abs. 3, Art. 28 HCVO widerspruchsfrei auch dahin verstanden werden, dass es für den Übergangszeitraum bei dem generellen Verbot verbleiben und die Abschwächung erst mit dem Vorliegen der genannten Listen rechtliche Bedeutung erlangen soll. Auch dies entspräche dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Art. 10 Abs. 3, Art. 28 HCVO in einem weit höheren Maß als die Annahme einer einschränkungslosen Zulässigkeit nichtspezifischer gesundheitsbezogener Angaben (und den damit verbundenen Gefahren für die Verbraucher) im Übergangszeitraum.

"


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Bewerbung von Rotbäckchen-Saft mit Angaben "Lernstark" und "Mit Eisen zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit" zulässig

BGH
Urteil vom 10.12.2015
I ZR 222/13
Lernstark


Der BGH hat entschieden, dass die Bewerbung von Rotbäckchen-Saft mit den Angaben "Lernstark" und "Mit Eisen zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit" zulässig ist und keinen Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung darstellt.

Die nach der HCVO zugelassene Angabe für den Inhaltsstoff Eisen "Eisen trägt zur normalen kognitiven Entwicklung von Kindern bei" deckt auch die hier streitgegenständlichen Angaben.

Die Pressemitteilung des BGH:

"Bundesgerichtshof zur Bewerbung des Mehrfruchtsafts "Rotbäckchen"

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat hat heute entschieden, dass die Angaben "Lernstark" und "Mit Eisen […] zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit" auf dem Etikett einer Flasche, in der sich ein Mehrfruchtsaft befindet, zulässige gesundheitsbezogene Angaben darstellen.

Die Beklagte ist während des Revisionsverfahrens als übernehmender Rechtsträger mit der Rotbäckchen-Vertriebs GmbH verschmolzen. Diese stellte den Mehrfruchtsaft "Rotbäckchen" her und vertrieb ihn in Flaschen. Auf dem Etikett auf der Vorderseite der Flaschen, war ein blondes Mädchen mit roten Wangen und einem blauen Kopftuch abgebildet. Darunter befanden sich die Angaben "Lernstark" und "Mit Eisen … zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit".

Nach Ansicht des klagenden Verbraucherverbandes verstieß die Aufmachung dieses Produkts gegen Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (sog. Health-Claims-Verordnung). Er hat die Beklagte daher auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat angenommen, die Angaben "Lernstark" und "Mit Eisen … zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit" seien nicht nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 zugelassene und damit unzulässige gesundheitsbezogene Angaben in Form von Angaben über die Gesundheit von Kindern gemäß Art. 10 Abs. 1*, Art. 14 Abs. 1 Buchst. b ** dieser Verordnung.

Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision, mit der die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt hat, hat zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage geführt. Die Verwendung der im Sinne von Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 speziellen gesundheitsbezogen Angabe "Mit Eisen … zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit" "Lernstark" ist von der nach dieser Verordnung zugelassenen Angabe "Eisen trägt zur normalen kognitiven Entwicklung von Kindern bei" gedeckt. Bei der Angabe "Lernstark" handelt es sich um einen Verweis im Sinne von Art. 10 Abs. 3 der Verordnung, der zulässig ist, weil ihr die zugelassene Angabe "Eisen trägt zur normalen kognitiven Entwicklung von Kindern bei" beigefügt ist.

Vorinstanzen:

LG Koblenz - Urteil vom 1. März 2013 - 16 O 172/12

OLG Koblenz - Urteil vom 11. Dezember 2013 - 9 U 405/13

Karlsruhe, den 10. Dezember 2015

*Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006

(1) Gesundheitsbezogene Angaben sind verboten, sofern sie nicht den allgemeinen Anforderungen in Kapitel II und den speziellen Anforderungen im vorliegenden Kapitel entsprechen, gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Artikeln 13 und 14 aufgenommen sind.

(2) …

(3) Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden sind nur zulässig, wenn ihnen eine in einer der Listen nach Artikel 13 oder 14 enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist.

**Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006

(1) Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2000/13/EG können die folgenden Angaben gemacht werden, wenn sie nach dem Verfahren der Artikel 15, 16, 17 und 19 der vorliegenden Verordnung zur Aufnahme in eine Gemeinschaftsliste zulässiger Angaben und aller erforderlichen Bedingungen für die Verwendung dieser Angaben zugelassen worden sind:

a) …

b) Angaben über die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern.

(2) …

OLG Celle: Verstoß gegen Health-Claims-Verordnung auch wenn Werbeanzeige in Fachzeitschrift für Ärzte, Apotheker und Ernährungsberater erscheint

OLG Celle
Urteil vom 22.10.2015
13 U 47/15


Das OLG Celle hat entschieden, dass auch dann ein Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung vorliegt, wenn eine Werbeanzeige mit unzulässigen gesundheitsbezogenen Angaben in einer Fachzeitschrift für Ärzte, Apotheker oder Ernährungsberater erscheint.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die HCVO gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 2 - wie oben näher ausgeführt - für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben, die bei der Werbung für Lebensmittel, die an den Endverbraucher abgegeben werden sollen, gemacht werden.

Der Anwendbarkeit der Verordnung steht nicht entgegen, dass die fragliche Werbeanzeige in einer Fachzeitschrift veröffentlicht worden ist. Dass sich die Werbemaßnahme nicht direkt an den durchschnittlichen Endverbraucher, sondern an Fachkreise wie Ärzte, Apotheker oder Ernährungsberater richtet, ist unerheblich.

Schon seinem Wortlaut nach erfasst Art. 1 Abs. 2 HCVO uneingeschränkt die Abgabe an Endverbraucher, einschließlich der sog. - ohnehin kaum definierbaren - Fachkreise. Demgegenüber wäre eine auf Fachkreise bezogene Einschränkung vom Wortlaut der Vorschrift nicht gedeckt (vgl. Zipfel/Rathke, a. a. O., Art. 1 Rn. 16a). Sie ist auch aus systematischen oder teleologischen Erwägungen nicht geboten."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Volltext LG Ravensburg: Bier darf nicht als bekömmlich beworben werden

LG Ravensburg
Urteil vom 25.8.2015
8 O 34/15 KfH


Wir hatten bereits in dem Beitrag "LG Ravensburg: Bier darf nicht als bekömmlich beworben werden - Verstoß gegen Health-Claims-Verordnung" über die Entscheidung berichtet.

Der Volltext:

Tenor

1. Die einstweilige Verfügung vom 16.06.2015 wird bestätigt.

2. Die Verfügungsbeklagte trägt auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Streitwert: 20.000,-- EUR

Tatbestand


Die Verfügungsbeklagte betreibt eine Brauerei und verkauft ihre Biere nahezu ausschließlich in Oberschwaben, im Allgäu und am östlichen Bodensee.

Der Verfügungskläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört, insbesondere das Interesse daran, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Zu den Mitgliedern des Verfügungsklägers zählen keine Brauereien, allerdings die Lebensmittelfilialbetriebe Lidl und Norma, die auch Bier im Sortiment haben, sowie weitere Unternehmen, die Getränke verschiedener Art (z. B. Mineralwasser, Wein) in der Region Oberschwaben, Allgäu und östlicher Bodensee vertreiben.

In ihrem Internetauftritt hat die Verfügungsbeklagte am 18.05.2015 drei ihrer Biersorten, mit der Angabe „bekömmlich“ beworben. Das Wort bekömmlich tritt dabei in folgenden konkreten Passagen auf:

1. Bei der Sorte „H.-Gold“ wird unter anderem ausgeführt:

Das würzig-frische Spitzenbier.

Bekömmlich, süffig - aber nicht schwer.

So richtig nach dem Geschmack der

Biertrinkerinnen und Biertrinker

in Oberschwaben und im Allgäu.

2. Bei der Biersorte „Hl.“ wird unter anderem ausgeführt:

Das ist das Bier für den unbeschwerten

Genuss: feinwürzig und herzhaft im

Geschmack, erfrischend bekömmlich für

den großen und kleinen Durst.

3. Bei der Sorte „H.-Hell“ wird unter anderem ausgeführt:

Das bekömmliche „Blaue“: H.-Hell

(...)

Früher hieß dieses Bier „Lager“ - und es

hat alle Eigenschaften, die diesen alten

Biertyp auszeichnen: mild, süffig,

ausgewogen. Bei Temperaturen knapp

über dem Gefrierpunkt reift es in Ruhe aus,

wodurch es besonders bekömmlich wird.

Die vorgenannten drei Biersorten haben jeweils einen Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent. Wegen der Einzelheiten wird auf den Ausdruck des Internetauftritts der Verfügungsbeklagten vom 18.05.2015 (Anlage A 3) verwiesen.

Auf Antrag der Verfügungsklägerin hat das Landgericht am 16.06.2015 antragsgemäß eine einstweilige Verfügung gegenüber der Verfügungsbeklagten erlassen, in der dieser unter Androhung von Ordnungsmittel untersagt wird, im geschäftlichen Verkehr für Bier mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent, insbesondere für die Biersorten „Härle-Gold“, „Hopfenleicht“ und/oder „Härle-Hell“ mit der Angabe „bekömmlich“ zu werben, sofern dies geschieht wie in Anlage A 3 wiedergegeben.

Die Verfügungsbeklagte ist der Auffassung, dass der Verfügungskläger zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs nicht berechtigt sei, da er nicht über eine erhebliche Anzahl von Unternehmen als Mitglieder verfüge, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt wie die Verfügungsbeklagte vertrieben.

Die Verfügungsbeklagte meint, dass auch materiell kein Unterlassungsanspruch des Verfügungsklägers bestehe, da sich die Angabe „bekömmlich“ im Kontext ihres konkreten Internetauftritts vom 18.05.2015 nur auf den Geschmack und die Genusswürdigkeit ihrer Biere beziehe. Vom normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher könne „bekömmlich“ in der Werbung der Beklagten nicht als gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 verstanden werden, so dass Art. 4 Abs. 3 Satz 1 dieser Verordnung, der gesundheitsbezogene Angaben bei alkoholischen Getränken verbiete, nicht eingreife. Die Verfügungsbeklagte steht dabei auf dem Standpunkt, das Wort „bekömmlich“ sei für sich genommen neutral und beziehe sich allenfalls dann auf die Gesundheit, wenn es im Zusammenhang mit bestimmten Eigenschaften eines Lebensmittels verwendet werde.

Schließlich ist aus Sicht der Verfügungsbeklagten auf den örtlichen Markt abzustellen, und es sei den von ihrer Werbung angesprochenen Verbrauchern klar, dass die Angabe „bekömmlich“ einzig für die geschmackliche Hervorgehobenheit der Biere der Verfügungsbeklagten gelte, zumal diese schon seit den 1930er-Jahren mit dem Slogan „Wohl bekomm´s“ werbe.

Zudem ist die Verfügungsbeklagte der Ansicht, dass der Verfügungsantrag erkennbar zu weit gefasst sei, weil er die Angabe „bekömmlich“ generell verbieten wolle, ohne die Einschränkung hinzuzufügen, dass nur die Verwendung des Wortes „bekömmlich“ nur bin einem gesundheitsbezogenen Zusammenhang untersagt werden solle; es könne aber nicht richtig sein, dass auch die neutrale Verwendung des Begriffs „bekömmlich“ nicht mehr zulässig sein solle.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Der Verfügungskläger beantragt,

die einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Der Verfügungskläger meint, dass es sich bei der Angabe „bekömmlich“ um eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 handle, und dass die Werbung gem. § 4 Abs. 3 der vorgenannten Verordnung für Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent deshalb unzulässig sei.

Der Verfügungskläger meint, dass unter einem bekömmlichen Getränk vom Verbraucher ein solches verstanden werde, das er gut vertrage, nicht aber ein „besonders geschmackvolles“ Getränk oder dergleichen, und dass die Angabe „bekömmlich“ dem Verbraucher eine gesundheitsfördernde Wirkung suggeriere. Der Verfügungskläger verweist auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 06.09.2012 (Az. C-544/10) und meint, dass die dort formulierten Erwägungen auch für den vorliegenden Sachverhalt Geltung beanspruchten; es treffe zwar zu, dass sich die Angabe „bekömmlich“ dort auf den geringen Säuregehalt des beworbenen Weines bezogen habe; es sei dort aber im Kern um die allgemeine Frage gegangen, ob die Angabe „bekömmlich“ in Bezug auf Wein zulässig sei. Nach Ansicht des Verfügungsklägers kann es rechtlich auch keinen Unterschied machen, ob zugleich mit der Angabe „bekömmlich“ auch eine Begründung dafür geliefert werde, warum das Getränk bekömmlich sei.


Entscheidungsgründe


Der Verfügungskläger kann von der Verfügungsbeklagten gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1; 4 Nr. 11 UWG die Unterlassung der Angabe „bekömmlich“ bei der Werbung für Bier mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent verlangen.
1.

Die Antragsbefugnis des Verfügungsklägers folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.

Dem Verfügungskläger gehört eine erhebliche Zahl von Unternehmen an, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben räumlichen Markt wie die Verfügungsbeklagte vertreiben. Bereits die Mitgliedschaft der Lebensmitteldiscounter Lidl und Norma ist ausreichend, um diese Voraussetzung zu bejahen. Beide vertreiben in ihren Filialbetrieben unter anderem auch Bier und sind in der Region Oberschwaben, Allgäu und östlicher Bodensee, in der die Verfügungsbeklagte ihren Hauptumsatz macht, repräsentativ vertreten.
2.

Die Unlauterkeit der Werbung mit der Angabe „bekömmlich“ ergibt sich aus § 4 Nr. 11 UWG, wonach insbesondere derjenige unlauter handelt, der einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Eine solche Vorschrift ist Art. 4 Abs. 3 lit. (a) der Verordnung Nr. 1924/2006 (EG), der im Interesse des Gesundheitsschutzes der Verbraucher gebietet, dass Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent keine gesundheitsbezogenen Angaben tragen dürfen.

Die Werbung der Verfügungsbeklagten mit der Angabe „bekömmlich“ für Biere mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent verstößt gegen diese Vorschrift.
a)

Das in Art. 4 Abs. 3 lit. (a) der Verordnung Nr. 1924/2006 (EG) normierte Verbot gilt auch für die Werbung. Die Formulierung der Vorschrift, alkoholische Getränke (der bezeichneten Art) dürfen „keine gesundheitsbezogenen Angaben tragen“, umfasst über die Kennzeichnung und Aufmachung hinaus auch die Werbung.

Dies ergibt sich aus dem Regelungsgegenstand und der Systematik der Verordnung (OVG Koblenz, Urteil vom 19.08.2009, Az. 8 A 10579/09 - Juris Rn. 29).
b)

Bei der Angabe „bekömmlich“ handelt es sich um eine gesundheitsbezogene Angabe nach der Definition in Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 Verordnung Nr. 1924/2006 (EG), wonach der Begriff der „gesundheitsbezogene Angabe“ jede Angabe bezeichnet, „mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht“.

Aus dieser sehr weit gefassten Definition ergibt sich, dass eine gesundheitsbezogene Angabe nicht dahin gehen muss, ein Lebensmittel sei gesundheitsförderlich, sondern dass es ausreicht, wenn angegeben wird, es habe keine oder geringe negative Wirkungen auf die Gesundheit. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 06.09.2012 (Az. C-544/10 - Deutsches Weintor/Land Rheinland-Pfalz; - Juris Rz. 34) genügt jeder Zusammenhang, der impliziert, dass für die Gesundheit negative oder schädliche Auswirkungen, die in anderen Fällen mit einem solchen Verzehr einhergehen oder sich ihm anschließen, fehlen oder geringer ausfallen, also die bloße Erhaltung eines guten Gesundheitszustandes trotz des genannten, potentiell schädlichen Verzehrs. Der EuGH betont, dass der Begriff „Zusammenhang“ weit zu verstehen ist. Er führt aus, dass sowohl die vorübergehenden und flüchtigen Auswirkungen als auch die kumulativen Auswirkungen des wiederholten und längerfristigen Verzehrs eines bestimmten Lebensmittels auf den körperlichen Zustand zu berücksichtigen seien.

Im vorliegenden Fall wird durch die Angabe „bekömmlich“ ein Zusammenhang zwischen dem Lebensmittel „Bier“ einerseits und der Gesundheit andererseits hergestellt. Mit dem Wort „bekömmlich“ wird suggeriert, dass der menschliche Körper und seine Funktionen durch den Bierkonsum keine Nachteile erleiden, also selbst beim Konsum größerer Mengen intakt bleiben. Die Behauptung eines solchen Zusammenhangs ist für den Bierkonsumenten auch von Bedeutung, denn mit dem Bierkonsum werden, insbesondere für den Fall übermäßigen Genusses, auch negative Folgen für den Körper in Zusammenhang gebracht; bei Dauerkonsum kann Bier den menschlichen Organismus sogar dauerhaft schädigen.
aa)

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird die Angabe „bekömmlich“ bei einem Lebensmittel in dem Sinne verwendet, dass es dem Konsumenten gut bekommt, also bei der Nahrungsaufnahme gut vertragen wird und dem Körper entweder förderlich oder wenigstens nicht abträglich ist. Es bedeutet „leicht verträglich, gut verdaulich [und daher gesund]“ (Duden, Das Bedeutungswörterbuch, 4. Aufl. 2010) oder auch „gesund, zuträglich“ (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 8. Aufl. 2006). Als Verwendungsbeispiele werden genannt: „eine bekömmliche Mahlzeit“ oder „fette Speisen sind schwer bekömmlich“ (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 8. Aufl. 2006).

Das Wort „bekömmlich“ meint daher die objektive Verträglichkeit für den Körper und seine Funktionen. Es bringt zum Ausdruck, dass das so bezeichnete Lebensmittel – wenn es schon nicht förderlich ist – jedenfalls den Körper und seine Funktionen (etwa die Verdauung und Resorption des Getränks in den Organen) nicht belasten oder beeinträchtigen wird (so auch OVG Koblenz, Urteil vom 19.08.2009, Az. 8 A 10579/09 - Juris Rn. 22).

Auch bezogen auf den örtlich relevanten Markt, den Bereich „Oberschwaben, Allgäu und östlicher Bodensee“, kann nicht festgestellt werden, dass das Wort „bekömmlich“ eine andere Bedeutung hätte.
bb)

Der Auffassung der Verfügungsbeklagten, das Wort bekömmlich sei für sich genommen in gesundheitlicher Hinsicht neutral, es beziehe sich allenfalls im Kontext weiterer Aussagen auf die Gesundheit, kann nicht gefolgt werden. Gegen eine derart enge Auslegung spricht die weit gefasste Definition des EU-Verordnungsgebers in Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006, die es auch genügen lässt, wenn ein Zusammenhang des Lebensmittels mit der Gesundheit „suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird“. Danach genügt also ein „lockerer“ Zusammenhang mit der Gesundheit. Bereits durch die bloße Verwendung des Wortes „bekömmlich“ für das Getränk Bier liegt ein solcher Zusammenhang vor, da „bekömmlich“ die Verträglichkeit für den Körper und seine Funktionen meint. Ob dieser Zusammenhang im weiteren Kontext der Werbung dann noch näher bestimmt und erläutert wird, spielt dagegen keine Rolle. In Bezug auf die Verwendung der Angabe „bekömmlich“ bei Wein das OVG Koblenz in seinem Urteil vom 19.08.2009 (Az. 8 A 10579/09 - Juris Rn. 21) fest:

Danach stellt der Begriff „bekömmlich“ bei Wein einen Zusammenhang zu Vorgängen im Körper her und spricht nicht nur das allgemeine Wohlbefinden an, das mit dem Konsum des Weins verbunden sein kann.
c)

Es bestehen auch keine Zweifel daran, dass das ausnahmslose Werbeverbot bezüglich gesundheitsbezogener Angaben für Anbieter alkoholischer Getränke mit Art. 6 Abs. 1 EU-Vertrag vereinbar ist, wonach die Europäische Union die in der EU-Charta niedergelegten Rechte, Freiheiten und Grundsätze anerkennt. Der EuGH hat hierzu in der oben genannten Entscheidung vom 06.09.2012 ausgeführt, dass dieses absolute Werbeverbot selbst dann mit dem EU-Vertrag konform ist, wenn die gesundheitsbezogene Angabe bezogen auf eine konkrete Eigenschaft für sich genommen zutrifft, im entschiedenen Fall die Bezeichnung eines Weins als „bekömmlich“ mit der auf einen reduzierten Säuregehalt hingewiesen wird. Der EuGH führt aus, dass das Verbot sich durch die Verfolgung des in Art. 35 der EU-Charta anerkannten Ziels des Gesundheitsschutzes der Verbraucher rechtfertigt, und der Wesensgehalt der Berufsfreiheit (Art. 15 Abs. 1 EU-Charta) oder der unternehmerischen Freiheit (Art. 16 EU-Charta) in keiner Weise tangiert sei, da nur die Etikettierung und Werbung innerhalb eines klar abgegrenzten Bereichs geregelt werde und die Herstellung und der Vertrieb alkoholischer Getränke weiterhin erlaubt seien.

Gleiches gilt sinngemäß auch für die vorliegende Bierwerbung. Auch wenn wissenschaftlich nachgewiesen wäre, dass der maßvolle Konsum von Bier die Gesundheit fördert oder wenigstens nicht beeinträchtigt, wäre das Verbot gesundheitsbezogener Angaben durch Belange des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt, nämlich das Ziel, die mit einem übermäßigen Bierkonsum einhergehenden Gefahren für die Gesundheit zu reduzieren, gerechtfertigt (EuGH vom 06.09.2012, Az. C-544/10 - Deutsches Weintor/Land Rheinland-Pfalz - Juris Rz. 34).
3.

Der Auffassung der Verfügungsbeklagten, der Unterlassungsantrag der Verfügungsklägerin sei zu weit gefasst, weil damit das Wort „bekömmlich“ generell untersagt werden soll, also etwa auch für den Fall, dass dieses Wort in einem „neutralen“ Zusammenhang gebraucht werden sollte, kann nicht gefolgt werden.

Die Formulierung des Unterlassungsantrags darf zwar keine Handlungen einbeziehen, die nicht wettbewerbswidrig sind. Daher muss derjenige, der Unterlassung begehrt, die Umstände, unter denen eine Verhaltensweise ausnahmsweise erlaubt sein soll, so genau umschreiben, dass im Vollstreckungsverfahren erkennbar ist, welche konkreten Handlungen von dem Verbot ausgenommen werden sollen (Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 12 Rn. 2.44).

Im vorliegenden Fall bedarf der Unterlassungsantrag jedoch keines einschränkenden Zusatzes. Es ist zwar eine Verwendung des Wortes „bekömmlich“ für Bier in einem subjektiven Sinne denkbar (z. B. „Ich finde das Bier bekömmlich“), wobei mehr das allgemeine Wohlbefinden als die Wirkungen auf den Körper gemeint sind. Eine solche Verwendung lässt sich aber von der objektiven Bedeutung nicht trennen. Durch die Angabe „bekömmlich“ bei der Werbung für das Getränk Bier wird auch in einem solchen Fall gleichzeitig eine objektive Unbedenklichkeit in Bezug auf den Körper und seine Funktionen suggeriert. Es ist daher nicht ersichtlich, dass das Adjektiv auch „neutral“, also nicht gesundheitsbezogen verwendet werden könnte.

Kosten: § 91 ZPO

LG Ravensburg: Bier darf nicht als bekömmlich beworben werden - Verstoß gegen Health-Claims-Verordnung

LG Ravensburg
Urteil vom 25.08.2015
8 O 34/15


Das LG Ravensburg hat entschieden,dass Bier mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Vol.% nicht mit der Werbeaussage "bekömmlich" beworben werden darf. Insofern liegt ein Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung vor.

Die Pressemitteilung des LG Ravensburg

Urteil im Rechtsstreit um Bier-Werbung - Kurzbeschreibung: Brauerei darf ihr Bier nicht als "bekömmlich" bewerben

In dem Rechtsstreit zwischen einem Verband zur Förderung gewerblicher Interessen und einer oberschwäbischen Brauerei um die Zulässigkeit der Werbeaussage „bekömmlich“ in Bezug auf das von der Brauerei angebotene Bier hat die 2. Kammer für Handelssachen beim Landgericht Ravensburg heute ein Urteil verkündet. Darin hat sie die bereits erlassene einstweilige Verfügung bestätigt, mit der es der beklagten Brauerei untersagt worden war, ihr Bier mit dem Wort „bekömmlich“ zu bewerben.

Der Vorsitzende Richter am Landgericht Dr. Göller begründete die Entscheidung mit einem Verstoß der Werbeaussage gegen eine EG-Verordnung, welche gesundheitsbezogene Angaben zu Bier mit einem Alkoholgehalt von über 1,2 Vol.% verbietet. Das Kriterium des Gesundheitsbezugs sei bereits nach dem Wortlaut der EG-Verordnung weit gefasst. Es reiche aus, wenn ein Zusammenhang des Lebensmittels mit der Gesundheit „suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht“ werde.

Das Wort „bekömmlich“ bringe in seiner Hauptbedeutung die Verträglichkeit für den Körper und seine Funktionen zum Ausdruck und weise damit objektiv - unabhängig von weiteren Erläuterungen - Gesundheitsbezug auf. Deshalb habe die Kammer die bereits erlassene einstweilige Verfügung bestätigt.

Gegen das Urteil kann binnen eines Monats ab Zustellung an die Parteien das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden."


LG Düsseldorf: Bewerbung eines Kräutertees mit "Detox" verstößt gegen Health-Claims-Verordnung - unzulässige gesundheitsbezogene Angabe bei Lebensmitteln

LG Düsseldorf
Urteil vom 22.05.2015
38 O 119/14


Das LG Düsseldorf hat entscheiden, dass die Bewerbung eines Kräutertees mit dem Zusatz "Detox" gegen § 10 Abs. 1 der Health-Claims-Verordnung verstößt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Gemäß Artikel 10 Abs. 1 HCVO sind gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln verboten, soweit sie nicht ausdrücklich zugelassen sind.

Nach der Begriffsbestimmung im Artikel 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO ist eine gesundheitsbezogene Angabe jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Nach einhelliger Rechtsprechung ist dabei der Begriff des Zusammenhangs weit zu verstehen (vergl. EuGH GRUR 2013 1061; BGH GRUR 2014, 1184).

Die Bezeichnung „Detox“ als Produktname für einen Kräutertee bringt zum Ausdruck, dass bei bestimmungsgemäßem Gebrauch des Lebensmittels eine Entgiftung des Konsumenten eintritt.

Zwar handelt es sich um ein Kunstwort. Ein normal informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher, zu denen auch die Mitglieder der Kammer zählen, erkennt aber, dass die Bezeichnung nicht aus einer willkürlichen Buchstabenkombination entstanden ist. Unabhängig von speziellen Fremdsprachenkenntnissen sind die Silben „de“ und „tox“ geläufig. Insbesondere der Bestandteil „tox“ ist aus Worten wie toxisch, toxikologisch auch in Deutschland bekannt und weist der Silbe „tox“ die Bedeutung von Gift oder giftig zu.

Sprachüblich bekannt ist auch die Bedeutung der vorgestellten Silbe „de“ im Sinne einer Negierung oder Aufhebung (vgl. deaktivieren, Demenz etc.). Die Kombination der Buchstabenteile „de“ und „tox“ wird der angesprochene Verbraucher daher als Hinweis darauf verstehen, dass das so bezeichnete Lebensmittel eine entgiftende Wirkung zu entfalten geeignet ist. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang genannten Umstände, nach denen es Wellnesstrends gibt, die unter dem Stichwort „Detox“ Produkte und eine Lebenseinstellung propagieren, lassen erkennen, dass der Begriff in eben diesem Sinne zu verstehen ist und verstanden wird. In dem als Anlage 2 zur Anlage B 2 vorgelegten Presseartikel wird die Entstehung des Begriffs „Detox“ aus der englischen Sprache im Sinne der Entfernung giftiger Substanzen erläutert. „Die Detoxing-Idee geht davon aus, dass nicht allein viel Essen, Alkohol oder Nikotin den Menschen dick und krank machen, sondern auch die Spuren unterschiedlicher Chemikalien, die durch Luft, Wasser und unser Essen schwirren. Diese unerwünschten Stoffe lagern sich als Schlacken in unserem Körper ab, die nicht nur giftig sind, sondern auch Fett binden“.

[...]

Da keine Zulassung für die gesundheitsbezogene Angabe erfolgt ist, sind die Voraussetzungen eines Verbots nach Artikel 10 Abs. 1 HCVO erfüllt.

Einem solchen Verbot steht Artikel 10 Abs. 3 HCVO nicht entgegen. Diese Regelung betrifft Verweise auf allgemeine, nicht spezifische Vorteile eines Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden. Unabhängig von den weiteren Voraussetzungen und der Frage der Geltung in Bezug auf „On hold-Claims“ beinhaltet die gesundheitsbezogene Angabe „Detox“ keine allgemeine, sondern eine spezifische Gesundheitsangabe. Anders als mit der Bezeichnung „Harmonie für Körper und Seele“ und der Erwähnung eines angenehmen Körpergefühls, Wohlbefindens und Leichtigkeit, wird, wenn auch ohne präzise Angabe eines Körperorgans, eine ganz spezie
lle Wirkung angesprochen, die Wohlbefinden und Harmonie erst als Ergebnis einer konkreten Entgiftung erscheinen lassen soll."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Infoseite zu einer bestimmten Therapie (hier: Original Bach-Blütentherapie) mit Link auf Angebote für entsprechende Produkte eines bestimmten Herstellers ist eine geschäftliche Handlung im Si

BGH
Urteil vom 11.12.2014
I ZR 113/13
Bezugsquellen für Bachblüten
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1


Der BGH hat entschieden, dass das Vorhalten einer Infoseite im Internet zu einer bestimmten Therapie (hier: Original Bach-Blütentherapie) mit Link auf Angebote für entsprechende Produkte eines bestimmten Hersteller eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt und nicht als reines Informationsangebot zu werten ist. Folgerichtig kann ein Wettbewerbsverstoß vorliegen, wenn durch die Informationen gegen die Health-Claims-Verordnung oder die Vorgaben des LFGB verstoßen wird. Insofern hat der BGH die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Diese weit verbreitete Variante der Bewerbung von Lebens- und Nahrungsergänzungsmitteln mit gesundheitsbezogenen Angaben dürfte nach dieser Entscheidung weiter unter Beschuss geraten.

Leitsatz des BGH:
Weist ein Unternehmen auf seiner Internetseite im Zusammenhang mit Angaben zu einer bestimmten Therapie (hier: Original Bach-Blütentherapie) auf die "Original Produkte" zu dieser Therapie hin und hält es für den Verbraucher einen elektronischen Verweis (Link) im Rahmen des Internetauftritts bereit, der zum Angebot der "Original Produkte" eines bestimmten Herstellers führt, liegt eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vor.

BGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 - I ZR 113/13 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Werbung für Monsterbacke Früchtequark mit Slogan "So wichtig wie das tägliche Glas Milch !" weder irreführend noch Verstoß gegen Health-Claims-Verordnung

BGH
Urteil vom 12.02.2015
I ZR 36/11
Monsterbacke II


Der BGH hat entschieden, dass die Werbung für den Monsterbacke Früchtequark mit den Slogan "So wichtig wie das tägliche Glas Milch !" weder irreführend ist noch einen Verstoß gegen Health-Claims-Verordnung darstellt.

Die Pressemitteilung des BGH:

"Bundesgerichtshof zur Zulässigkeit des Werbeslogans "So wichtig wie das tägliche Glas Milch!" für
einen Früchtequark

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass der fragliche Werbeslogan nicht irreführend ist und keine nach der Health-Claims-Verordnung unzulässige gesundheitsbezogene Angabe darstellt.

Die Beklagte stellt Milcherzeugnisse her und vertreibt einen Früchtequark mit der Bezeichnung "Monsterbacke". Auf der Verpackung verwendet sie den Slogan "So wichtig wie das tägliche Glas Milch!". Die Klägerin hält dies für einen Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung (Verordnung [EG] Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel), weil der Werbeslogan nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel enthalte. Im Übrigen sei der Slogan irreführend. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte zur Unterlassung verurteilt. Es hat angenommen, der Slogan sei irreführend, weil der Verkehr nicht erwarte, dass das Produkt der Beklagten einen wesentlich höheren Zuckergehalt als Milch aufweise.

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren mit Beschluss vom 5. Dezember 2012 ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Informationspflichten nach Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 bereits im Jahre 2010 zu beachten waren (vgl. Presseerklärung Nr. 200/2012 vom 5. Dezember 2012). Der Gerichtshof hat diese Frage bejaht.

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr das die Klage abweisende Urteil erster Instanz im Wesentlichen wiederhergestellt und die Sache allein zur Verhandlung und Entscheidung über die von der Klägerin im Hinblick auf eine Verletzung der in Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 vorgesehenen Informationspflichten an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Er hat entschieden, dass die beanstandete Werbung der Beklagten nicht irreführend ist. Bei Früchtequark handelt es sich - so der Bundesgerichtshof - für den Verbraucher erkennbar um ein Produkt, das sich in seiner Zusammensetzung deutlich von Milch unterscheidet. Der in dem beanstandeten Slogan enthaltene Vergleich bezieht sich nicht auf den Zuckeranteil, der bei einem Früchtequark schon wegen des darin enthaltenen Fruchtzuckers naturgemäß höher ist als bei Milch. Ebenso wenig fasst der Verkehr den Slogan als eine nährwertbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 auf. Es handelt vielmehr um eine nach Art. 10 Abs. 3 zulässige gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006. Der Slogan knüpft an die verbreitete Meinung an, Kinder und Jugendliche sollten im Hinblick auf die gesundheitsfördernde Wirkung täglich ein Glas Milch trinken.

In der wiedereröffneten Berufungsinstanz wird das Oberlandesgericht nunmehr Feststellungen dazu zu treffen haben, inwieweit die Beklagte Informationen im Sinne von Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 hätte geben müssen.

Urteil vom 12. Februar 2015 - I ZR 36/11 - Monsterbacke II

LG Stuttgart - Urteil vom 31. Mai 2010 - 34 O 19/10 KfH

OLG Stuttgart - Urteil vom 3. Februar 2011 - 2 U 61/10

ZLR 2011, 352

BGH - Beschluss vom 5. Dezember 2012 - I ZR 36/11

GRUR 2013, 189 = WRP 2013, 180 - Monsterbacke I

EuGH - Urteil vom 10. April 2014 – C-609/12

GRUR 2014, 587 = WRP 2014, 819 - Ehrmann

Karlsruhe, den 11. Februar 2015

Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006



4."nährwertbezogene Angabe" jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere positive Nährwerteigenschaften besitzt, und zwar aufgrund

a)der Energie (des Brennwerts), die es

i)liefert,

ii)in vermindertem oder erhöhtem Maße liefert oder

iii)nicht liefert, und/oder

b)der Nährstoffe oder anderen Substanzen, die es

i)enthält,

ii)in verminderter oder erhöhter Menge enthält oder

iii)nicht enthält;

5."gesundheitsbezogene Angabe" jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht;



Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006



(2)Gesundheitsbezogene Angaben dürfen nur gemacht werden, wenn die Kennzeichnung oder, falls diese Kennzeichnung fehlt, die Aufmachung der Lebensmittel und die Lebensmittelwerbung folgende Informationen tragen:

a)einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise,

b)Informationen zur Menge des Lebensmittels und zum Verzehrmuster, die erforderlich sind, um die behauptete positive Wirkung zu erzielen,

c)gegebenenfalls einen Hinweis an Personen, die es vermeiden sollten, dieses Lebensmittel zu verzehren, und

d)einen geeigneten Warnhinweis bei Produkten, die bei übermäßigem Verzehr eine Gesundheitsgefahr darstellen könnten.

(3)Verweise auf allgemeine, nicht spezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden sind nur zulässig, wenn ihnen eine in einer der Listen nach Artikel 13 oder 14 enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist."


LG Hildesheim: Werbung mit dem Begriff "Vitalstoffe" für ein Nahrungsergänzungsmittel verstößt gegen die Health-Claims-Verordnung und ist wettbewerbswidrig - Eunova Multi Vitalstoffe

LG Hildesheim
Urteil vom 30.04.2014
5 O 47/14
Eunova Multi Vitalstoffe


Das LG Hildesheim hat entschieden, dass die Werbung mit dem Begriff "Vitalstoffe" für ein Nahrungsergänzungsmittel gegen die Health-Claims-Verordnung verstößt und somit wettbewerbswidrig ist.

Aus den Entscheidungsgründen:
"Nährwertbezogene Angaben dürfen gemäß Art. 8 Abs. 1 HCVO nur gemacht werden, soweit sie im Anhang dieser Verordnung aufgeführt sind. Damit ist eine nährwertbezogene Werbung mit dem Begriff der Vitalstoffe unzulässig; denn der Begriff der Vitalstoffe ist im Anhang zur HCVO nicht aufgeführt (OLG Hamm, a.a.O. Rn. 46 bei juris). Demgemäß wäre die Werbung des Verfügungsbeklagten mit den von ihm vertriebenen Produkten allenfalls dann zulässig, wenn sie eine im Anhang der HCVO aufgeführte nährwertbezogene Angabe enthielte. Das ist indessen nicht der Fall."


BGH: Produktbezeichnung "Original Bach-Blüten" ist keine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der Health-Claims-Verordnung

LG Aschaffenburg
Urteil vom 19.08.2014
2 HK O 14/14
Original Bach-Blüten
UWG § 3 Abs. 2 Satz 3; § 4 Nr. 11; ApothBetrO 2004 § 25 Nr. 2; Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 Art. 2 Abs. 2 Nr. 5; MTVO § 16 Nr. 1, § 10 Abs. 1

Leitsätze des BGH:


a) Das sich aus § 25 ApBetrO aF ergebende Verbot, in der Apotheke außer Arzneimitteln andere als die in dieser Bestimmung bezeichneten Waren in den Verkehr zu bringen, stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar.

b) Lebensmittel konnten nach § 25 Nr. 2 ApBetrO aF nur dann in Apotheken abgegeben werden, wenn sie einen über die allgemeinen Ernährungszwecke hinausgehenden besonderen Gesundheitsbezug aufwiesen; nicht erforderlich war eine wissenschaftlich belegbare Gesundheitswirkung.

c) Der der Regelung des Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 zugrundeliegende Gesundheitsbegriff umfasst auch das seelische Gleichgewicht.

d) Die Bezeichnung "Original Bach-Blüten" stellt keine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 dar, weil sie in Bezug auf die Gesundheit neutral ist.

e) Bei der Prüfung der Irreführungsgefahr ist die Annahme einer gespaltenen Verkehrsauffassung innerhalb eines einheitlichen Verkehrskreises grundsätzlich nicht gerechtfertigt.

f) Das in § 16 Nr. 1 MTVO geregelte Verkehrsverbot knüpft an objektive Sachverhalte an. Auf die Sichtweise der angesprochenen Verkehrskreise kommt es daher nicht an. Im Rahmen des Verkehrsverbots nach § 16 Nr. 1 MTVO ist es auch unerheblich, ob ein als Quellwasser bezeichnetes Wasser, das die Anforderungen nach § 10 MTVO nicht erfüllt, in qualitativer Hinsicht einem Quellwasser entspricht.

BGH, Urteil vom 24. Juli 2014 - I ZR 221/12 - OLG Frankfurt/Main - LG Frankfurt/Main

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:





OLG Hamm: Alkoholfreies Bier darf nicht mit "vitalisierend" beworben werden - auch bei gleichzeitigem Wortspiel mit Werbegesicht Vitali Klitschko

OLG Hamm
Urteil vom 20.05.2014
4 U 19/14


Alkoholfreies Bier darf nicht mit dem Zusatz "vitalisierend" beworben werden, da es sich eine gesundheitsbezogene Angabe handelt und somit ein Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung verliegt. Dies gilt - so das OLG Hamm zutreffend - bei einem gleichzeitigem Wortspiel mit Werbegesicht Vitali Klitschko .

Die Pressemitteilung des OLG Hamm

Alkoholfreies Bier durfte nicht mit “vitalisierend“ beworben werden

Eine Privatbrauerei aus dem Kreis Soest durfte ihr alkoholfreies Bier nicht mit der Angabe “vitalisierend“ bewerben, weil sie dem Begriff keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt hatte. Das hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 20.05.2014 unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Arnsberg entschieden.

Die beklagte Privatbrauerei bewarb ihr alkoholfreies Bier im Jahr 2013 auf den Rückenetiketten und den Verpackungen der sog. Sixpacks mit den Angaben “vitalisierend“, “erfrischend“ und “isotonisch“ und bildete auf den Flaschenetiketten
die durch den Boxsport bekannten Brüder Vitali und Wladimir Klitschko ab. Der Kläger, ein in München ansässiger Verein, hat die Werbung mit dem Begriff “vitalisierend“ für unzulässig gehalten, weil sie gesundheitsbezogen sei und die Beklagte ihr keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt habe.

Die vom Kläger insoweit erhobene Unterlassungsklage hatte Erfolg. Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat der Beklagten die beanstandete Werbung für ihr alkoholfreies Bier mit dem Begriff “vitalisierend“ untersagt, weil dieser Werbeaussage keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt worden war. Die streitgegenständlichen Werbung verstoße gegen
Art. 10 Abs. 3 der Europäischen Health Claim VO (HCVO), VO (EG) Nr. 1924/2006. Mit dem Begriff “vitalisierend“ habe die Beklagte für ein Lebensmittel geworben. “Vitalisierend“ sei eine unspezifische gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der HCVO. Der Bezug zur Gesundheit ergebe sich bereits aus dem Wortsinn. “Vitalisieren“ stehe für “beleben“ und “anregen“. Für den
Verbraucher bringe das Adjektiv “vitalisierend“ eine Verbesserung des Gesundheitszustandes zum Ausdruck. Deswegen suggeriere die Beklagte, dass der Konsum ihres alkoholfreien Bieres eine Verbesserung des Gesundheitszustandes bewirke, wenn sie es mit der Angabe “vitalisierend“ bewerbe.

Dass der Ausdruck auch in Verbindung mit dem Werbeträger Vitali Klitschko verstanden werden könne, stehe dem nicht entgegen. “Vitalisierend“ solle ebenfalls eine Produkteigenschaft beschreiben, was sich aus seiner Nennung in einem engen räumlichen Zusammenhang mit den Bezeichnungen “erfrischend“ und “isotonisch“ ergebe. Die Angabe “vitalisierend“ sei zudem unspezifisch
im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO, weil sie sich nicht auf eine bestimmte zu fördernde Körperfunktion beziehe. Nach Art. 10 Abs. 3 HCVO seien derartige gesundheitsbezogene Angaben nur zulässig, wenn ihnen eine in der Liste nach Art. 13 oder 14 der HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt sei (sog. Kopplungsgebot).

Die Vorschrift sei anzuwenden, auch wenn die genannten Listen noch nicht vollständig vorlägen. Das alkoholfreie Bier der Beklagten enthalte nämlich Stoffe, die in den genannten Listen mit zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben beschrieben würden. Weil die Beklagte der unspezifischen Angabe “vitalisierend“ keine zugelassene gesundheitsbezogene Angabe beigefügt habe, sei
ihre Werbung insoweit unzulässig gewesen.

Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20.05.2014 (4 U 19/14), nicht rechtskräftig (Revision zugelassen)