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OLG Düsseldorf: Mehrfacher Verstoß gegen Unterlassungserklärung wenn Inhalte auf mehreren Internetplattformen aufrufbar sind

OLG Düsseldorf
Urteil vom 29.08.2019
I-2 U 44/18


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass ein mehrfacher Verstoß gegen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung vorliegt, wenn Inhalte auf mehreren Internetplattformen aufrufbar sind. Insofern wird auch die versprochene Vertragsstrafe mehrfach fällig. Eine Herabsetzung der Vertragsstrafe kam im vorliegenden Fall nach § 348 HGB nicht in Betracht, da die Vertragsstrafe von einem Kaufmann im Betriebe seines Handelsgewerbes versprochen worden war.

Aus den Entscheidungsgründen:

"b)Das Landgericht hat festgestellt, dass dem Kläger aus dem damit wirksam zwischen den Parteien zustande gekommene Unterlassungsvertrag, der nach wie vor in Kraft ist, die zuerkannten Unterlassungsansprüche zustehen. Hiergegen wendet der Beklagte nichts ein und insoweit lässt die angefochtene Entscheidung auch keine Rechtsfehler erkennen.

aa)Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass auch Angebote des Beklagten auf den Internet-Plattformen bzw. –Portalen Facebook, Google+ und YouTube sowie Immobilienscout24 und 123makler den Unterlassungsverpflichtungen des Beklagten unterfallen. Gleiches gilt für Angebote des Beklagten bei Immonet.de. Denn die vertraglichen Unterlassungsverpflichtungen sind dahin auszulegen, dass die in den Ziffern 1 bis 3 der Unterlassungserklärung genannten Impressumsangaben auch bei einem Internetauftritt des Beklagten auf solchen Internet-Plattformen zu machen sind.

Im Rahmen der Auslegung der Unterlassungsvereinbarung ist zu berücksichtigen, dass die Parteien bei der inhaltlichen Ausgestaltung eines Unterlassungsvertrages frei sind, so dass sich dessen Auslegung nach den allgemeinen für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen richtet. Maßgebend für die Reichweite einer vertraglichen Unterlassungsverpflichtung ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB), zu dessen Auslegung neben dem Inhalt der Vertragserklärungen auch die beiderseits bekannten Umstände, insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, ihr Zweck, die Wettbewerbsbeziehung zwischen den Vertragsparteien und ihre Interessenlage heranzuziehen sind (vgl. BGH, GRUR 2015, 1021 Rn. 29 – Kopfhörer-Kennzeichnung; GRUR 2015, 258 Rn. 57 – CT-Paradies; GRUR 2013, 531 Rn. 32 – Einwilligung in Werbeanrufe II; GRUR 2009, 181 Rn. 32 – Kinderwärmekissen; GRUR 2013, 531 Rn. 32 – Einwilligung in Werbeanrufe II; GRUR 2010, 167 Rn. 19 – Unrichtige Aufsichtsbehörde; GRUR 2006, 878 – Vertragsstrafevereinbarung; GRUR 2001, 758, 759 – Mehrfachverstoß gegen Unterlassungsverpflichtung; GRUR 1997, 931, 192 – Sekundenschnell). Ein unmittelbarer Rückgriff auf die Grundsätze, die für die Auslegung eines in gleicher Weise formulierten Unterlassungstitels gelten, kommt dagegen nicht in Betracht, weil einem Unterlassungsvertrag der Charakter eines vollstreckbaren Titels fehlt (vgl. BGH, GRUR 1997, 931, 932 – Sekundenschnell). Selbst der Umstand, dass sich ein Unterlassungsvertrag seinem Wortlaut nach nur auf einen bestimmten Werbesatz bezieht, bedeutet nicht, dass sich die vertragliche Unterlassungspflicht auf diesen beschränken muss. Zweck eines Unterlassungsvertrages ist es regelmäßig, nach einer Verletzungshandlung die Vermutung der Wiederholungsgefahr durch eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungsverpflichtung auszuräumen und damit die Einleitung oder Fortsetzung eines gerichtlichen Verfahrens entbehrlich zu machen. Die Vermutung der Wiederholungsgefahr gilt jedoch nicht allein für die genau identische Verletzungsform, sondern umfasst auch alle im Kern gleichartigen Verletzungsformen. Der regelmäßig anzunehmende Zweck eines Unterlassungsvertrages spricht deshalb erfahrungsgemäß dafür, dass die Vertragsparteien durch ihn auch im Kern gleichartige Verletzungsformen erfassen wollten, sofern nicht die Auslegung des Unterlassungsvertrages ergibt, dass dieser bewusst eng auf die bezeichnete konkrete Verletzungsform bezogen ist (vgl. BGH, GRUR 1997, 931 – Sekundenschnell). Akzeptieren beide Parteien eine bestimmte Formulierung, so hat die vertragliche Vereinbarung insoweit auch Vergleichscharakter.

Unter Beachtung dieser Rechtsgrundsätze ist der zwischen den Parteien zustande gekommene Unterlassungsvertrag dahin auszulegen, dass die in den Ziffern 1 bis 3 der Unterlassungserklärung genannten Impressumsangaben auch für Angebote des Beklagten auf den hier in Rede stehenden Internet-Plattformen zu machen sind. Die Unterlassungserklärung ist von dem Beklagten gerade auch wegen eines von dem Kläger gerügten Verstoßes gegen § 5 Abs. 1 TMG durch sein Angebot auf der Internet-Plattform Facebook abgegeben worden. In den Ziffern 1 bis 3 der Unterlassungserklärung wird demgemäß explizit auch auf den Internetauftritt des Beklagten auf der Internet-Plattform am 26.08.2016 Bezug genommen, wobei diese aber nur „insbesondere“ in Bezug genommen wird. Mit Recht hat das Landgericht vor diesem Hintergrund angenommen, dass die vertraglichen Unterlassungsverpflichtungen damit auch Angebote des Beklagten auf dieser Internet-Plattform, also auf einer von einem Dritten betriebenen Internet-Plattform, erfassen. Wenn dem so ist, fallen nach dem Willen der Vertragsparteien aber auch vergleichbare Angebote auf anderen von Dritten betriebenen Internet-Plattformen unter den Unterlassungsvertrag. Dies gilt, woran kein vernünftiger Zweifel bestehen kann, zunächst für Angebote des Beklagten auf den Internet-Plattformen Google+ und YouTube. Denn der Wortlaut der Vereinbarung sieht eine Einschränkung des Unterlassungsgebots des Beklagten auf Angebote auf Facebook nicht vor. Aus letzterem Grunde kann aber auch für Angebote des Beklagten auf den Internet-Portalen 123makler.de, Immobilienscout24 und Immonet nichts anderes gelten.

Abgesehen davon sind die Unterlassungsverpflichtungen in den Ziffern 1 bis 3 des Unterlassungsvertrags allgemein formuliert. Der Beklagte hat sich nach dem Wortlaut der Unterlassungserklärung verpflichtet, es zu unterlassen, „Telemedien im Sinne des § 1 TMG anzubieten“, ohne innerhalb dieser angebotenen Telemedien die in den Ziffern 1 bis 3 genannten Angaben in der dort angegeben Art und Weise zu machen. Auf den hier in Rede stehenden Internet-Plattformen bzw. –Portalen hat der Beklagte jeweils solche Telemedien als Diensteanbieter angeboten.

Die nach § 5 TMG bestehenden Informationspflichten treffen den Diensteanbieter. Gemäß § 2 S. 1 Nr. 1 TMG ist Diensteanbieter jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt. Dabei ist auch eine bloße Werbung für Waren ohne unmittelbare Bestellmöglichkeit und sonstige Interaktionsmöglichkeit auf einer Internetplattform als Telemedium anzusehen (OLG Düsseldorf [20. ZS], GRUR-RR 2013, 433, 435; MMR 2008, 682, 683 = BeckRS 2008, 6713 m. w. N.; OLG Frankfurt a. M., MMR 2007, 379). Des Weiteren ist es unerheblich, wie der Diensteanbieter das Angebot bewerkstelligt. Auch derjenige, der selbst nicht über einen eigenen Server verfügt, sondern fremde Speicherkapazitäten nutzt, bietet Teledienste an, sofern er über den Inhalt und das Bereithalten des Dienstes bestimmen kann. Dass geschäftsmäßig handelnde Anbieter im Rahmen eines Internetportals für ihre Unterseite impressumpflichtig sind, obwohl sie den „übergeordneten“ Teledienst nicht betreiben, ist allgemein anerkannt (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2013, 433, 435; Urt. v. 28. 12. 2012, I – 20 U 147/11, BeckRS 2013, 11226; LG München I, Urt. v. 19.11.2013 – 33 O 9802/13, BeckRS 2014, 10529). Auch bloße Inserenten von Werbeanzeigen auf einem Onlineportal sind demnach impressumspflichtig, wenn sie geschäftsmäßig handeln (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2013, 433, 435; OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2009, 315). Entsprechendes gilt für Nutzer von „Social Media“ wie Facebook-Accounts (OLG Düsseldorf [20 ZS], MMR 2014, 393). Das allgemeine Gleichbehandlungsgebot hindert den Gesetzgeber nicht, wegen der Intensität der werblichen Ansprache im Internet an die Selbstbezeichnung des Werbenden höhere Anforderungen zu stellen als an Werbende in Druckmedien (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2013, 433, 435; MMR 2008, 682, 683). Notwendig für die Annahme einer impressumspflichtigen Diensteanbietereigenschaft ist insoweit lediglich eine kommunikationsbezogene Eigenständigkeit des Onlineauftritts (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2013, 433, 435 m.w.N.). Dem ist schon genügt, wenn die Einzeldarstellung des Produktanbieters nicht derart in den Gesamtauftritt des Portals eingebunden ist, dass er lediglich als unselbstständiger Teil eines Unternehmens- oder Konzernauftritts erscheint, sondern sich die einzelnen Angebote für den Nutzer erkennbar vom Rest der Webseite abheben (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2013, 433, 435; MMR 2008, 682, 683).

bb)Die Unterlassungsvereinbarung ist auch – worauf vorsorglich hinzuweisen ist – nicht deshalb einschränkend auszulegen, weil Anlass der Vertragsstrafevereinbarung die fehlende Angabe des vollständigen und zutreffenden Namen des Dienstanbieters, die nicht eindeutige Bezeichnung der zuständigen Aufsichtsbehörde sowie die nicht eindeutige Bezeichnung des Handelsregisters und der Handelsregisternummer waren, wohingegen es in Bezug auf den Internetauftritt des Beklagten auf der Internet-Plattform Facebook vom 03.03.2017 nicht um fehlende oder nicht eindeutige Impressumsangaben, sondern um nicht leicht auffindbare Angaben geht. Nach dem Wortlaut der Unterlassungserklärung hat sich der Beklagte nämlich verpflichtet, es zu unterlassen, Telemedien im Sinne des § 1 TMG anzubieten, ohne innerhalb dieser angebotenen Telemedien „leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar …“ im Impressum die in den Ziffern 1 bis 3 genannten Angaben zu machen. Dass der mit dem Klageantrag zu 1. b. auch angegriffene Facebook-Aufritt nicht von der Unterlassungserklärung erfasst wird, hat der Beklagte dementsprechend auch weder in erster Instanz noch in zweiter Instanz eingewandt.

c)Ist es – wie hier – zwischen Gläubiger und Schuldner zu einem Unterlassungsvertrag gekommen, hat der Gläubiger einen vertraglichen Unterlassungsanspruch (vgl. Bornkamm in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 12 Rn.1.197). Die Geltendmachung des vertraglichen Unterlassungsanspruchs setzt keine Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr voraus; für die klageweise Geltendmachung eines solchen Anspruchs muss nur – wie für jede Klage – ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen (BGH, GRUR 1999, 522 – Datenbankabgleich; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 12 Rn.1.199). Ein solches ist hier schon deshalb zu bejahen, weil der der Beklagte das wirksame Zustandekommen eines Unterlassungsvertrages in Abrede stellt. Darüber hinaus besteht hier aber auch eine Wiederholungsgefahr. Das Landgericht hat festgestellt, dass sich aus den in den Klageanträgen eingeblendeten sowie in den Aussprüchen zu 1 a. bis c. des landgerichtlichen Urteils wiedergegebenen Screenshots von den beanstandeten Internetauftritten des Beklagten jeweils ergibt, dass die nach den Ziffern 1, 2 oder 3 der Unterlassungserklärung notwendigen Angaben fehlen (LG-Urteil, S. 11). Das Landgericht hat außerdem im Zusammenhang mit dem vom Kläger auch geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Vertragsstrafe ausdrücklich festgestellt, dass der Beklagte im Rahmen seines Angebots auf dem Internet-Portal Immobilienscout24 am 09.11.2016 – entgegen Ziffer 3 der Unterlassungserklärung – im Impressum das Handelsregister nicht bezeichnet und die Handelsregisternummer nicht angegeben hat, dass der Beklagte ferner auf den Internet-Plattformen 123makler.de und Google+ am 09.11.2016 ebenfalls – entgegen Ziffer 3 der Unterlassungserklärung – das Handelsregister und die Handelsregisternummer nicht genannt hat und er dort außerdem – entgegen Ziffer 2 der Unterlassungserklärung – auch die zuständige Aufsichtsbehörde gemäß § 34 c GewO nicht angegeben hat. Alles dies greift der Beklagte mit seiner Berufung nicht an und die diesbezügliche Beurteilung des Landgerichts lässt auch keine Rechtsfehler erkennen. Es steht damit fest, der Beklagte mit den beanstandeten Internetauftritten gegen seine Unterlassungsverpflichtung verstoßen hat, weshalb hier infolge dieser Zuwiderhandlungen auch eine Wiederholungsgefahr besteht.

3.Da der Beklagte durch seine Internetauftritte am 09.11.2016 auf den Internetportalen Immobilienscout24,123makler und Google+ jeweils gegen die Unterlassungsverpflichtungserklärung verstoßen hat (siehe oben) und diese Zuwiderhandlungen nach den unangefochtenen und zutreffenden Feststellungen des Landgerichts, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, auch schuldhaft erfolgt sind, besteht auch ein Anspruch aus der Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafeversprechen i. V. m. § 339 BGB auf Zahlung von Vertragsstrafe.

a) Durch die auf den vorgenannten Internet-Plattformen begangenen Verstöße hat der Beklagte die hinsichtlich dieser Zuwiderhandlungen vom Kläger geltend gemachten zwei Vertragsstrafen in Höhe von jeweils 5.100,00 EUR, also insgesamt 10.200,00 EUR, verwirkt. Hinsichtlich der Zuwiderhandlungen des Beklagten in seinem Internetauftritt auf den Plattformen 123makler.de einerseits und Google+ andererseits gegen die Ziffern 2 und 3 der Unterlassungserklärung hat der Kläger seine Forderung auf eine Vertragsstrafe von 5.100,00 EUR beschränkt.

b)Die in Rede stehenden Verstöße können nicht als eine Zuwiderhandlung angesehen werden.

Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit bei mehreren oder wiederkehrenden Vertragsverstößen, diese zu einer rechtlichen Einheit zusammenzufassen sind, ist zunächst der Vertragswortlaut. In der Unterlassungserklärung des Beklagten heißt es, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe fällig wird. Das Versprechen, eine Vertragsstrafe „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ zu zahlen, kann dahin auszulegen sein, dass mehrere zeitlich nicht zu weit auseinanderliegende Einzelverstöße, die auf fahrlässigem Verhalten beruhen, als eine einzige Zuwiderhandlung angesehen werden (BGH, GRUR 2015, 1021 Rn. 29 – Kopfhörer-Kennzeichnung; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 12 Rn. 1220). Wenn es zu einer Mehr- oder Vielzahl von Verstößen gekommen ist, ist dabei zunächst zu prüfen, ob diese eine natürliche Handlungseinheit und damit nur eine Handlung darstellen (vgl. BGHZ 146, 318, 326 = GRUR 2001, 758 – Trainingsvertrag; BGH, GRUR 2009, 181 Rn. 38 – Kinderwärmekissen; BGH, GRUR 2015, 1021 Rn. 29 – Kopfhörer-Kennzeichnung m.w.N.; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 12 Rn. 1220). Sie zeichnet sich durch einen engen Zusammenhang der Einzelakte und durch eine auch für Dritte äußerlich erkennbare Zugehörigkeit zu einer Einheit aus (Bornkamm in: Köhler/ Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 12 Rn. 1220; OLG München, MMR 2015, 111 = BeckRS 2014, 21628). Wenn keine solche Handlungseinheit vorliegt, kann die Auslegung des Unterlassungsvertrags ergeben, dass mehrere fahrlässig begangene und zeitlich nicht zu weit auseinanderliegende Zuwiderhandlungen, die in der Weise zusammenhängen, dass sie gleichartig und unter Außerachtlassung derselben Pflichtenlage begangen worden sind, nur als ein Verstoß zu werten sind (vgl. BGHZ 146, 318, 329 ff. = GRUR 2001, 758 – Trainingsvertrag; BGH, GRUR 2015, 1021 Rn. 29 – Kopfhörer-Kennzeichnung m.w.N.; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 12 Rn. 1220).

Im Streitfall scheidet eine natürliche Handlungseinheit aus, da für Dritte die Zugehörigkeit der Einzelakte zu einer Einheit von außen nicht erkennbar ist. Die einzelnen Zuwiderhandlungen haben nämlich auf drei verschiedenen Internet-Plattformen stattgefunden (vgl. OLG München, MMR 2015, 111 = BeckRS 2014, 21628; vgl. hierzu ferner OLG Hamm, MMR 2013, 100 = BeckRS 2012, 25508). Einer Einstufung der auf den verschiedenen Plattformen begangenen Zuwiderhandlungen als nur einem einzigen Verstoß steht entgegen, dass der Beklagte auf den Internet-Plattformen 123makler.de und Google+ – im Unterschied zu seinen Angeboten auf der Plattform Immobilienscout24 – nicht nur das Handelsregister und die Handelsregister nicht angegeben hat, sondern auch die zuständige Aufsichtsbehörde.

b)Eine Herabsetzung der Vertragsstrafe wegen unverhältnismäßiger Höhe nach § 343 BGB ist gemäß § 348 HGB vorliegend von vornherein ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift kann eine Vertragsstrafe nicht nach § 343 BGB herabgesetzt werden, die ein Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes versprochen hat. Diese Voraussetzungen liegen bei dem Beklagten im Streitfall vor (§§ 1, 5, 343 HGB).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar dann, wenn eine vereinbarte Vertragsstrafe in einem außerordentlichen Missverhältnis zur Bedeutung der Zuwiderhandlung steht, ihre Herabsetzung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB geboten, auch wenn eine Verringerung der Vertragsstrafe wegen unverhältnismäßiger Höhe nach § 343 BGB gemäß § 348 HGB ausgeschlossen ist (BGH, GRUR 2009, 181 Rn. 41 – Kinderwärmekissen; GRUR 2013, 531 Rn. 37 – Einwilligung in Werbeanrufe II). Hierauf beruft sich der Beklagte vorliegend allerdings nicht und es kann auch nicht festgestellt werden, dass die von den Parteien vereinbarte Vertragsstrafe in einem „außerordentlichen Missverhältnis“ zur Bedeutung der Zuwiderhandlungen des Beklagten steht. In der Entscheidung „Unrichtige Aufsichtsbehörde“ (GRUR 2010, 167) hat der Bundesgerichtshof eine vereinbarte Vertragsstrafe in Höhe von 3.000,00 EUR als verwirkt angesehen, weil die dortige Beklagte ihrer Verpflichtung aus einer Unterlassungsvereinbarung zur Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde nicht nachgekommen war. Die Höhe der Vertragsstrafe, die sich aus der zwischen den dortigen Parteien getroffenen Vereinbarung ergab, hat der Bundesgerichtshof nicht beanstandet. Vorliegend haben die Parteien zwar eine deutlich höhere Vertragsstrafe, nämlich eine solche in Höhe von 5.100,00 EUR vereinbart. Ein „außerordentliches Missverhältnis“ vermag der Senat insoweit jedoch noch nicht festzustellen, zumal der Beklagte hierzu auch nichts vorgetragen hat."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



EuGH: Airbnb ist ein Dienst der Informationsgesellschaft gem Richtlinie 2000/31

EuGH
Urteil vom 19.12.2019
C-390/18
Airbnb Ireland


Der EuGH hat entschieden, dass das Angebot von Airbnbals Dienst der Informationsgesellschaft gem Richtlinie 2000/31 einzuordnen ist.

Tenor der Entscheidung:

1. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“), der auf Art. 1 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft verweist, ist dahin auszulegen, dass ein Vermittlungsdienst, der darin besteht, über eine elektronische Plattform gegen Entgelt eine Geschäftsbeziehung zwischen potenziellen Mietern und gewerblichen oder nicht gewerblichen Vermietern, die kurzfristige Beherbergungsleistungen anbieten, anzubahnen, und gleichzeitig auch einige Zusatzdienstleistungen zu diesem Vermittlungsdienst zur Verfügung zu stellen, als „Dienst der Informationsgesellschaft“ einzustufen ist, der unter die Richtlinie 2000/31 fällt.

2. Art. 3 Abs. 4 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 2000/31 ist dahin auszulegen, dass sich ein Einzelner dagegen wehren kann, dass ein Mitgliedstaat gegen ihn im Rahmen eines Strafverfahrens mit Bestellung als Zivilpartei Maßnahmen anwendet, mit denen der freie Verkehr eines Dienstes der Informationsgesellschaft, den er von einem anderen Mitgliedstaat aus anbietet, beschränkt wird, wenn die Maßnahmen nicht entsprechend dieser Bestimmung mitgeteilt wurden.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Frankreich darf von Airbnb nicht verlangen, dass sie über einen Gewerbeausweis für Immobilienmakler verfügt, da diese Anforderung der Kommission nicht gemäß der Richtlinie über den elektronischen Rechtsverkehr mitgeteilt wurde

Mit Urteil von heute der Gerichtshof zum einen entschieden, dass ein Vermittlungsdienst, der darin besteht, über eine elektronische Plattform gegen Entgelt eine Geschäftsbeziehung zwischen potenziellen Mietern und gewerblichen oder nicht gewerblichen Vermietern, die kurzfristige Beherbergungsleistungen anbieten, anzubahnen, und gleichzeitig auch einige Zusatzleistungen zu diesem Vermittlungsdienst zur Verfügung zu stellen, als „Dienst der Informationsgesellschaft“
einzustufen ist, der unter die Richtlinie 2000/31 über den elektronischen Geschäftsverkehr fällt.

Zum anderen ist der Gerichtshof davon ausgegangen, dass sich ein Einzelner dagegen wehren kann, dass ein Mitgliedstaat gegen ihn im Rahmen eines Strafverfahrens mit Bestellung als Zivilpartei Maßnahmen anwendet, mit denen der freie Verkehr eines solchen Dienstes, den er von einem anderen Mitgliedstaat anbietet, beschränkt wird, wenn diese Maßnahmen nicht
entsprechend Art. 3 Abs. 4 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie mitgeteilt wurden.

Der Ausgangsrechtsstreit fügt sich in ein Strafverfahren ein, dass in Frankreich infolge einer Anzeige mit Bestellung als Zivilpartei eingeleitet wurde, die die Association pour un hébergement et un tourisme professionnels (AHTOP, Vereinigung für eine professionelle Beherbergung und einen professionellen Tourismus) gegen Airbnb Ireland erstattet hatte. Airbnb Ireland ist ein irisches Unternehmen, das eine elektronische Plattform verwaltet, die es gegen Entrichtung einer Gebühr u. a. in Frankreich ermöglicht, eine Geschäftsbeziehung zwischen gewerblichen und nichtgewerblichen Vermietern, die kurzfristige Beherbergungsleistungen anbieten, und Personen anzubahnen, die solche Unterkünfte suchen. Airbnb Ireland bietet den Vermietern ferner Zusatzleistungen an, wie eine Vorlage zur Festlegung des Inhalts ihres Angebots, eine Haftpflichtversicherung, ein Tool zur Schätzung des Mietpreises oder auch auf diese Leistungen bezogene Zahlungsdienstleistungen.

AHTOP, die gegen Airbnb Ireland Anzeige erstattet hatte, berief sich darauf, dass sich dieses Unternehmen nicht damit begnüge, über die namensgebende Plattform eine Geschäftsbeziehung zwischen zwei Parteien anzubahnen, sondern vielmehr die Tätigkeit eines Immobilienmaklers ausübe, ohne im Besitz eines Gewerbeausweises zu sein, und damit gegen die sogenannte Loi Hoguet verstoße, ein Gesetz, das in Frankreich für berufliche Tätigkeiten im Immobilienbereich gilt.

Airbnb Ireland macht ihrerseits geltend, dass die Richtlinie 2000/31 in jedem Fall dieser Regelung entgegenstehe.

Der Gerichtshof, der zur Einstufung des von Airbnb Ireland angebotenen Vermittlungsdienstes befragt wurde, hat unter Bezugnahme auf das Urteil Asociación Profesional Elite Taxi darauf hingewiesen, dass ein Vermittlungsdienst grundsätzlich einen von der nachfolgenden Dienstleistung, auf die er sich bezieht, unabhängigen „Dienst der Informationsgesellschaft“ darstellt, wenn er den in Art. 1 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2015/1535 3 – auf den Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/31 verweist – genannten Voraussetzungen entspricht. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Vermittlungsdienst offensichtlich ein integraler Bestandteil einer Gesamtdienstleistung ist, deren Hauptbestandteil rechtlich anders einzustufen ist.

Im vorliegenden Fall ist der Gerichtshof davon ausgegangen, dass ein Vermittlungsdienst wie der von Airbnb Ireland angebotene diese Voraussetzungen erfüllt und die zwischen diesem Vermittlungsdienst und der Beherbergungsleistung bestehenden Verbindungen nicht die Annahme rechtfertigen, dass er nicht als „Dienst der Informationsgesellschaft“ einzustufen ist und damit nicht unter die Richtlinie 2000/31 fällt.

Um die Unabhängigkeit eines solchen Vermittlungsdiensts im Verhältnis zu den Beherbergungsleistungen, auf die er sich bezieht, zu unterstreichen, hat der Gerichtshof zunächst darauf hingewiesen, dass dieser Dienst nicht nur auf die unmittelbare Realisierung solcher Dienstleistungen gerichtet ist, sondern vielmehr im Wesentlichen darin besteht, ein Instrument für
die Präsentation von und die Suche nach zu vermietenden Unterkünften anzubieten, das den Abschluss von künftigen Mietverträgen erleichtert. Daher kann diese Art der Dienstleistung nicht als eine bloße Ergänzung einer Gesamtdienstleistung der Beherbergung angesehen werden. Der Gerichtshof hat sodann hervorgehoben, dass ein Vermittlungsdienst wie der von Airbnb Ireland angebotene für die Erbringung von Beherbergungsleistungen nicht unverzichtbar ist, da Mieter und Vermieter hierzu zahlreiche andere, bisweilen seit Langem verfügbare Kontaktwege offenstehen.

Schließlich hat der Gerichtshof festgestellt, dass sich der Akte nichts dafür entnehmen lässt, dass Airbnb den Betrag der von den Vermietern, die ihre Plattform nutzen, verlangten Mieten festlegen oder deckeln würde.

Der Gerichtshof hat auch klargestellt, dass die weiteren, von Airbnb Ireland angebotenen Dienstleistungen diese Feststellung nicht in Frage stellen können, da es sich bei den verschiedenen Dienstleistungen um bloße Ergänzungen zu dem von diesem Unternehmen angebotenen Vermittlungsdienst handelt. Darüber hinaus hat er darauf verwiesen, dass – im Gegensatz zu den in den Urteilen Asociación Profesional Elite Taxi und Uber France in Rede stehenden Vermittlungsdiensten – weder der fragliche Vermittlungsdienst noch die von Airbnb Ireland angebotenen Zusatzdienstleistungen die Feststellung zulassen, dass das Unternehmen einen entscheidenden Einfluss auf die Beherbergungsleistungen ausübt, auf die sich seine Tätigkeit bezieht, und zwar sowohl bezogen auf die Festsetzung des verlangten Mietpreises als auch bezogen auf die Auswahl der Vermieter oder der Unterkünfte, die auf seiner Plattform angeboten werden.

Der Gerichtshof hat zudem geprüft, ob sich Airbnb Ireland im Ausgangsrechtsstreit mit der Begründung, dass die Loi Hoguet von Frankreich nicht gemäß Art. 3 Abs. 4 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 2000/31 mitgeteilt wurde, gegen die Anwendung eines Gesetzes wie der Loi Hoguet wenden kann, mit dem der freie Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft, die von einem Anbieter von einem anderen Mitgliedstaat aus erbracht werden, eingeschränkt wird.

Hierzu hat der Gerichtshof ausgeführt, dass der Umstand, dass dieses Gesetz vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 2000/31 erlassen wurde, Frankreich nicht von seiner Pflicht zur Unterrichtung befreien kann. Danach hat er in Anlehnung an den im Urteil CIA Security International verfolgten Ansatz festgestellt, dass dieser Pflicht, die eine wesentliche Verfahrensvorschrift darstellt, unmittelbare Wirkung zuzuerkennen ist. Missachtet ein Mitgliedstaat seine Pflicht zur Unterrichtung über eine solche Maßnahme, kann dies daher von einem Einzelnen nicht nur im Rahmen eines gegen ihn gerichteten Strafverfahrens geltend gemacht werden, sondern auch gegenüber dem Schadensersatzbegehren einer anderen Person, die sich als Zivilpartei bestellt hat.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



OLG Koblenz: Makler verliert Anspruch auf Vergütung wenn er Kunden aus Nachlässigkeit in wesentlichen Punkten falsch informiert

OLG Koblenz
Beschluss vom02.05.2019
2 U 1482/18


Das OLG Koblenz hat entschieden, dass ein Makler seinen Anspruch auf Vergütung verliert, wenn er seinen Kunden aus Nachlässigkeit in wesentlichen Punkten falsch informiert.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Kein Geld für schlechte Arbeit - Makler verliert Anspruch auf Vergütung, wenn er seinen Kunden aus Nachlässigkeit in wesentlichen Punkten falsch informiert

Informiert der Makler einen Kaufinteressenten über Tatsachen, die für die Kaufentscheidung wesentlich sind, infolge einer unzureichenden Organisation der Abläufe in seinem Büro leichtfertig falsch, kann er seinen Anspruch auf Vergütung verlieren. Darauf hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss hingewiesen (Beschluss vom 2. Mai 2019, Az. 2 U 1482/18) und damit die Rechtsansicht im erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts Mainz bestätigt, das die Klage des Maklers auf Zahlung seines Lohns für den vermittelten Vertragsabschluss abgewiesen hatte.

Der Senat hat es als erwiesen angesehen, dass der auf Zahlung der Maklercourtage verklagte Käufer einer Eigentumswohnung im konkreten Fall gegenüber dem Makler Wert daraufgelegt hatte, nach Abstimmungsmodus und Zahl der Miteigentümer in der Wohnungseigentümerversammlung nicht überstimmt werden zu können. Zur Überzeugung des Senats hat der Kläger den Beklagten jedoch insoweit unter grob leichtfertiger Verletzung seiner Pflichten falsch informiert, indem er gegenüber dem Beklagten ins Blaue hinein behauptet habe, dass es nur einen weiteren Eigentümer gebe und die Abstimmung nach Kopfteilen erfolge. Auch habe der Kläger dem Beklagten wahrheitswidrig versichert, dass noch keine Teilungserklärung vorliege. Tatsächlich lag zum Zeitpunkt dieser Aussage die Teilungserklärung aber bereits dem Sohn des Klägers, mit dem dieser zusammenarbeitet, vor. Aus der Teilungserklärung ergab sich auch, dass - abweichend von den Angaben des Klägers - in der Wohnungseigentümerversammlung nach Eigentumsanteilen abgestimmt wird. Ferner verfügte der Sohn des Klägers auch über weitere Informationen zur Zahl der Miteigentümer, die sich tatsächlich auf zwei weitere Miteigentümer belief.

Der Senat hat betont, dass der Kläger verpflichtet war, die Abläufe in seinem Büro so zu organisieren, dass ein ordnungsgemäßer Informationsaustausch zwischen ihm und seinem Sohn sichergestellt und gewährleistet ist, dass die seinem Sohn vorliegenden Informationen auch ihm selbst vollständig vorliegen. Zudem müsse der Kläger sich hier vorwerfen lassen, dass er gegenüber dem Beklagten nicht offenlegte, dass er die Angaben machte, ohne selbst über die entsprechenden Informationen zu verfügen. Der Kläger habe sich durch diese Pflichtverletzungen grob fehlerhaft verhalten und daher seinen Maklerlohn verwirkt.

Auf den Hinweis des Senats hat der Kläger seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts Mainz zurückgenommen.


KG Berlin: Hinweis "gew." in der Anzeige eines Immobilienmaklers nicht ausreichend um auf Gewerblichkeit hinzuweisen

Kammergericht Berlin
Beschluss vom 29.01.2019
5 W 167/18


Das Kammergericht Berlin hat im Rahmen eines Ordnungsmittelverfarens entschieden, dass der Hinweis "gew." in der Anzeige eines Immobilienmaklers nicht ausreichend ist, um hinreichend auf die Gewerblichkeit des Angebots hinzuweisen. Vorzugsweise sollte nach Ansicht des Gerichts der Hinweis "gewerblich" komplett ausgeschrieben werden.

BGH: Schadensersatzanspruch gegen Makler wegen Pflichtverletzung wenn Kaufangebote verschwiegen werden

BGH
Urteil vom 24.01.2019
I ZR 160/17
BGB § 280 Abs. 1 Satz 1, § 652 Abs. 1


Leitsätze des BGH:

a) Der Makler, der aufgrund eines Makleralleinauftrags damit beauftragt ist, dem Verkäufer Kaufinteressenten für ein Grundstück nachzuweisen oder zu vermitteln, verletzt seine Pflichten und ist deshalb zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er dem Verkäufer gegenüber ein Kaufangebot unzutreffend darstellt, ihm ein Kaufangebot verschweigt, den Kontakt zu Kaufinteressenten abreißen lässt, keine ausreichenden Vermarktungsbemühungen unternimmt oder bei eigenem Kaufinteresse Kaufinteressenten überhöhte Preisvorstellungen der Verkäuferseite nennt, um sie von einer Abgabe eines Kaufangebots abzuhalten.

b) Der Maklerkunde, der dem pflichtwidrig handelnden Makler sein Eigentum zu einem Preis unter Wert veräußert, kann von diesem im Wege der Naturalrestitution die Rückabwicklung des Kaufvertrags beanspruchen. Sein Schadensersatzanspruch ist nicht auf den Ausgleich des Mehrwerts des Kaufgegenstands beschränkt.

c) Tritt der geschädigte Verkäufer Ansprüche aus dem Maklervertrag und aus dem mit dem Makler geschlossenen Kaufvertrag ab und ermächtigt er den Zessionar außerdem, vom Kaufvertrag zurückzutreten, steht dem Zessionar und nicht dem Zedenten das Wahlrecht zu, ob er vom Schädiger Schadensersatz in Form von Naturalrestitution oder Wertersatz verlangt.

d) Der Maklerkunde kann vom Makler die Rückzahlung einer nicht geschuldeten Provision unabhängig von einem gegen diesen bestehenden Schadensersatzanspruch verlangen, bei dem er sich eine fiktive Maklerprovision als Vorteilsausgleich anrechnen lassen muss.

BGH, Urteil vom 24. Januar 2019 - I ZR 160/17 - OLG Celle - LG Lüneburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



OLG Karlsruhe: Anruf durch Immobilienmakler bei Verbraucher der per Anzeige Eigentumswohnung zum Verkauf angeboten hat kein unzulässiger Werbeanruf nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG

OLG Karlsruhe
Urteil vom 12.06.2018
8 U 153/17


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass der Anruf durch einen Immobilienmakler bei einem Verbraucher, der per Anzeige eine Eigentumswohnung zum Verkauf angeboten hat, kein unzulässiger Werbeanruf nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist. Die Anzeige mit Angabe der Telefonnummer stellt - so das Gericht - eine Einwilligung dar.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG nicht zu, weil der Telefonanruf der Beklagten die Klägerin nicht in deren allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzte.

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu.

a. Der Telefonanruf der Beklagten vom 05.07.2017 war keine unerbetene Werbung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG und verletzte die Klägerin nicht in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

aa. Der Anruf der Beklagten vom 05.07.2017 stellte zwar eine Telefonwerbung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG dar.

Der Begriff der Werbung, der weder im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb noch in der Richtlinie 2002/58/EG über den Datenschutz in der elektronischen Kommunikation definiert ist, umfasst schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung - beispielsweise in Form von Imagewerbung oder Sponsoring - erfasst. Werbung ist deshalb in Übereinstimmung mit Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (BGH, Urteil vom 14.01.2016 - I ZR 65/14 -, juris Rn. 27). Darunter fällt nicht nur die unmittelbar produktbezogene Werbung, sondern auch die mittelbare Absatzförderung, wie zum Beispiel die Versendung von Einladungs-E-Mails durch den Anbieter eines sozialen Netzwerks im Internet an Empfänger, die nicht Mitglieder des sozialen Netzwerks sind, um auf dieses aufmerksam zu machen und so neue Mitglieder für das soziale Netzwerk zu gewinnen (BGH, a.a.O., Rn. 29 ff.; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 36. Aufl., § 7 Rn. 129). § 7 Abs. 2 UWG erfasst als Werbung grundsätzlich auch Nachfragehandlungen. Denn der Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen dienen nicht nur Angebotshandlungen, sondern mittelbar auch Nachfragemaßnahmen, die sich auf den Bezug der Waren oder Dienstleistungen richten, die ein Unternehmen für seine eigene Geschäftstätigkeit auf dem Markt benötigt. § 7 UWG bezweckt zudem, solche Handlungen als unzumutbare Belästigung zu verbieten, die bereits wegen ihrer Art und Weise unabhängig von ihrem Inhalt als Belästigung empfunden werden (BGH, Urteil vom 17.07.2008 - I ZR 75/06 -, juris Rn. 12; BGH, Urteil vom 17.07.2008 - I ZR 197/05 -, juris Rn. 15 f.).

Der Telefonanruf der Beklagten vom 05.07.2017 bezweckte, auch wenn er nicht auf einen Vertragsschluss mit der Klägerin gerichtet war, mittelbar die Förderung des Absatzes der Dienstleistungen der Beklagten. Er ist daher als Werbung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG anzusehen.

bb. Der Telefonanruf der Beklagten war aber keine unerbetene Werbung, weil die Klägerin zuvor ausdrücklich in diese Maßnahme eingewilligt hatte.

Unter der „Einwilligung“ im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist nicht die in § 183 S. 1 BGB geregelte vorherige Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft zu verstehen, sondern das Einverständnis mit einem tatsächlichen Eingriff in ein Rechtsgut, nämlich die Privatsphäre bzw. die betriebliche Sphäre. Sie kann sowohl vertraglich als auch einseitig erteilt werden. Im letzteren Fall handelt es sich um kein Rechtsgeschäft, sondern um eine geschäftsähnliche Handlung (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, a.a.O., Rn. 143), auf deren Auslegung die Grundsätze über die Auslegung von Willenserklärungen entsprechend anwendbar sind (Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl., Überblick vor § 104 Rn. 7). Die Einwilligung muss schon vor dem Anruf vorliegen, und sie muss seit der Änderung des § 7 Abs. 2 S. 2 UWG durch das Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29.07.2009 (BGBl. 2009 I 2413) ausdrücklich und für den konkreten Fall (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler a.a.O. Rn 186 m.w.N.) erteilt worden sein; eine konkludente Einwilligung reicht nicht (mehr) aus.

Im Streitfall erklärte die Klägerin durch die Erstellung und Veröffentlichung der Verkaufsanzeige vom 04.07.2017 unter Angabe ihrer Rufnummer zeitlich vor dem Telefonanruf der Beklagten ausdrücklich und konkret ihr Einverständnis damit, telefonische Kaufangebote zu erhalten, auch solche, die von Maklern für von diesen vertretene Kaufinteressenten herangetragen werden (vgl. Hinweis des Senats vom 16.03.2018). Sie willigte außerdem ausdrücklich in telefonische An- und Nachfragen ein, die dem Anrufer erst die Informationen verschaffen sollten, die dieser oder ein von dem Anrufer vertretener Dritter für die Abgabe eines Kaufangebotes benötigte. Mit ihrer Anzeige wandte sich die Klägerin selbst an die Öffentlichkeit mit dem Ziel, ihre Wohnung zu verkaufen. Wer seine Wohnung unter Angabe seiner Rufnummer zum Verkauf anbietet, muss in Betracht ziehen und rechnet in der Regel auch damit, dass er nicht nur von privaten Kaufinteressenten, sondern auch von Maklern und gewerblichen Käufern kontaktiert wird. Es liegt regelmäßig auch im Interesse des annoncierenden Verbrauchers, Kaufangebote und darauf bezogene Anfragen von Maklern für von diesen vertretene Kaufinteressenten zu erhalten, weil dadurch der Kreis der potentiellen Käufer erweitert wird. Vom maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont (vgl. BGH, Urteil vom 17.07.2008 - I ZR 75/06 -, juris Rn. 20) bestand daher für die Beklagte kein Grund zu der Annahme, die Klägerin sei nur an Kaufangeboten und darauf bezogenen Anfragen von Privatpersonen und nicht auch von Maklern interessiert gewesen. Das gilt umso mehr, als die Klägerin in ihrer Anzeige nicht zum Ausdruck brachte, dass sie keine Anfragen von Maklern wünschte, obwohl ihr ein solcher Hinweis ohne weiteres möglich gewesen wäre und es einer verbreiteten Übung entspricht, dass Immobilienanzeigen mit einem entsprechenden Hinweis versehen werden, wenn der Inserierende eine Kontaktaufnahme durch Makler nicht wünscht. Dass es nicht nur im Interesse der Klägerin lag, sondern darüber hinaus ihrem tatsächlichen Willen entsprach, auch Anfragen von Maklern zu erhalten, zeigt die Einlassung der Klägerin bei ihrer Anhörung vor dem Landgericht, wonach sie zur Zeugin K. gesagt habe, wenn diese Kunden habe, dürfe sie sich die Wohnung gerne anschauen und kommen; lediglich an einer Vermakelung durch einen Makler sei sie nicht interessiert. Da sich der Anruf der Zeugin K. unstreitig nur darauf bezog, ob die Beklagte die Wohnung ihren Kaufinteressenten - für die Klägerin unverbindlich und kostenlos - vorstellen dürfe, ist der vorliegende Sachverhalt nicht mit dem in der Rechtsprechung (OLG Stuttgart NJW-RR 1994, 1534) entschiedenen und im Schrifttum (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, a.a.O., Rn. 186) erörterten Fall vergleichbar, in dem einem Immobilieninserenten von dem Makler eine (entgeltliche) Vermittlungstätigkeit angeboten wird. Ein solches Angebot, das die Beklagte der Klägerin hier unstreitig nicht machte, wäre von der Einwilligung der Klägerin nicht gedeckt gewesen, weil diese sich nur auf Kaufangebote und darauf bezogene Anfragen erstreckte. Um die Wohnung ihren Suchkunden anzubieten, benötigte die Beklagte aber keinen Auftrag der Klägerin, sondern nur deren Einwilligung.

Die Klägerin willigte durch die Erstellung und Veröffentlichung ihrer Anzeige nicht nur konkludent, sondern ausdrücklich in die telefonische Kontaktaufnahme ein. Wer als Unternehmer seine E-Mail-Adresse oder die Nummer seines Faxanschlusses im Internet oder in allgemein zugänglichen Verzeichnissen bekannt gibt, erklärt damit nicht nur sein konkludentes, sondern sein ausdrückliches Einverständnis dazu, dass potentielle Kunden seine E-Mail-Adresse oder seinen Telefaxanschluss bestimmungsgemäß nutzen und auf diesem Wege insbesondere Kaufanfragen im Rahmen üblicher Verkaufstätigkeit übermitteln können (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, a.a.O., Rn. 186 m.w.N.). Nichts anderes gilt, wenn ein Verbraucher in einer Verkaufsanzeige seine Telefonnummer angibt. Denn er bezweckt damit eine telefonische Kontaktaufnahme und bringt dies durch den Inhalt seiner Anzeige und die Angabe seiner Telefonnummer zum Ausdruck. Von einer ausdrücklichen Einwilligung der Klägerin in die telefonische Kontaktaufnahme ist zutreffend auch das Landgericht (LGU 8) ausgegangen. Dass die Klägerin in der Anzeige nicht wörtlich erklärte, dass Anrufe von Maklern erwünscht sind, ist unerheblich und ändert nichts am objektiven Erklärungswert ihrer Anzeige, wonach sie sich mit telefonischen Kaufangeboten und Kaufanfragen ohne Einschränkung einverstanden erklärte."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: Immobilienmakler muss in Immobilienanzeigen Energieausweis angeben wenn dieser vorliegt

BGH
Urteil vom 5. Oktober 2017
I ZR 232/16 -Energieausweis
UWG § 3a, § 5a Abs. 2 und 4; EnEV § 16a; Richtlinie 2010/31/EU Art. 12


Der BGH hat entschieden, Immobilienmakler in Immobilienanzeigen den Energieausweis angeben müssen, wenn dieser vorliegt.

Leitsatz des BGH (in berichtigter Fassung gemäß BGH, Beschluss vom 21.03.2018):

Ein Immobilienmakler ist gemäß § 5a Abs. 2 und 4 UWG verpflichtet, in einer Immobilienanzeige den Energieverbrauch des Gebäudes anzugeben, wenn ein Energieausweis vorliegt. Dazu muss die Anzeige die in § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 EnEV angeführten Angaben enthalten.

BGH, Urteil vom 5. Oktober 2017 - I ZR 232/16 - OLG Hamm - LG Münster

Den Volltext der Entscheidung und des Berichtigungsbeschlusses finden Sie hier:


BGH: Immobilienmakler müssen in Immobilienanzeigen umfassende Informationen zum Energieverbrauch vorhalten - Energieausweis - Energieeffizienzklasse

BGH
Urteile vom 5.10.2017
I ZR 229/16, I ZR 232/16, I ZR 4/17


Der BGH hat entschieden, das Immobilienmakler in Immobilienanzeigen die Art des Energieausweises, den wesentlichen Energieträger, das Baujahr des Wohngebäudes, die Energieeffizienzklasse und den Wert des Endenergiebedarfs oder Endenergieverbrauchs angeben müssen, da es sich insoweit um wesentliche Informationen im Sinne von § 5a Abs. 2 und 4 UWG handelt.

Die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof zu Angaben über den Energieverbrauch in Immobilienanzeigen von Maklern

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich mit der Frage befasst, welche Informationspflichten dem Immobilienmakler bei einer Immobilienanzeige zum Energieverbrauch obliegen.

In den drei Verfahren wendet sich die Deutsche Umwelthilfe e. V. gegen Zeitungsanzeigen von Immobilienmaklern, die sie wegen Fehlens von Angaben, die im Energieausweis enthalten sind, für unzulässig hält.

Die beklagten Immobilienmakler boten in Tageszeitungen Wohnimmobilien zur Miete oder zum Kauf an. In den Anzeigen fehlten Angaben zur Art des Energieausweises, zum wesentlichen Energieträger für die Heizung des Wohngebäudes, zum Baujahr des Wohngebäudes oder zur Energieeffizienzklasse.

Die Klägerin sieht darin einen Verstoß gegen § 16a der Energieeinsparverordnung (EnEV). Sie hat von den Beklagten verlangt, es zu unterlassen, Anzeigen für die Vermietung oder den Verkauf von Immobilien, für die ein Energieausweis vorliegt, ohne die in § 16a EnEV vorgesehenen Pflichtangaben zu veröffentlichen.

Das Landgericht Münster hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt; die Landgerichte Bielefeld und München II haben die Klage abgewiesen. In zweiter Instanz waren alle Klagen erfolgreich. Der Bundesgerichtshof hat in zwei Verfahren die Revisionen der beklagten Immobilienmakler zurückgewiesen, im dritten Verfahren hat er die Entscheidung aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, weil eine Beweisaufnahme dazu erforderlich ist, ob bei Schaltung der Anzeige ein Energieausweis vorlag.

Der Klägerin steht allerdings kein Unterlassungsanspruch nach § 3a UWG wegen eines Verstoßes gegen § 16a EnEV zu. Die Vorschrift verpflichtet Verkäufer und Vermieter vor dem Verkauf und der Vermietung einer Immobilie in einer Immobilienanzeige in kommerziellen Medien zu Angaben über den Energieverbrauch, wenn zu diesem Zeitpunkt ein Energieausweis vorliegt. Der Immobilienmakler ist nicht Adressat dieser Informationspflicht. Ein anderes Verständnis ergibt sich weder aus den Gesetzesmaterialen noch bei gebotener richtlinienkonformer Auslegung. Zwar sieht Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizenz von Gebäuden Informationspflichten vor, die auch den Immobilienmakler nicht ausnehmen. Eine entsprechende Verpflichtung kann durch § 16a EnEV entgegen dem klaren Wortlaut der Vorschrift aber nicht durch eine richtlinienkonforme Auslegung begründet werden.

Die Klägerin kann die Beklagten jedoch unter dem Gesichtspunkt einer Irreführung der Verbraucher durch Vorenthalten wesentlicher Informationen nach § 5a Abs. 2 UWG mit Erfolg in Anspruch nehmen. Gemäß § 5a Abs. 4 UWG gelten als wesentlich Informationen, die dem Verbraucher auf Grund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen. Aus Art. 12 der Richtlinie 2010/31/EU folgt die Verpflichtung des Immobilienmaklers, notwendige Angaben zum Energieverbrauch in der Anzeige aufzunehmen. Zu den wesentlichen Informationen, die angeführt werden müssen, rechnen die Art des Energieausweises, der wesentliche Energieträger, das Baujahr des Wohngebäudes, die Energieeffizienzklasse und der Wert des Endenergiebedarfs oder Endenergieverbrauchs.

Vorinstanzen:

I ZR 229/16

LG Bielefeld - Urteil vom 6. Oktober 2015 - 12 O 60/15

OLG Hamm - Urteil vom 4. August 2016 - I-4 U 137/15

und

I ZR 232/16

LG Münster - Urteil vom 25. November 2015 - 021 O 87/15

OLG Hamm - Urteil vom 30. August 2016 - I-4 U 8/16

und

I ZR 4/17

LG München II - Urteil vom 3. Dezember 2015 - 2 HK O 3089/15

OLG München - Urteil vom 8. Dezember 2016 - 6 U 4725/15

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 16a EnEV

(1) ¹Wird (…) vor dem Verkauf eine Immobilienanzeige in kommerziellen Medien aufgegeben und liegt zu diesem Zeitpunkt ein Energieausweis vor, so hat der Verkäufer sicherzustellen, dass die Immobilienanzeige folgende Pflichtangaben enthält:

1. die Art des Energieausweises: Energiebedarfsausweis oder Energieverbrauchsausweis (…),

2. den im Energieausweis genannten Wert des Endenergiebedarfs oder Endenergieverbrauchs für das Gebäude,

3.die im Energieausweis genannten wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes,

4.bei Wohngebäuden das im Energieausweis genannte Baujahr und

5.bei Wohngebäuden die im Energieausweis genannte Energieeffizienzklasse.

(…)

(2) Absatz 1 ist entsprechend anzuwenden auf den Vermieter, Verpächter und Leasinggeber bei Immobilienanzeigen zur Vermietung, Verpachtung oder zum Leasing eines Gebäudes, einer Wohnung oder einer sonstigen selbständigen Nutzungseinheit.

(…)

Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2010/31/EU lautet:

(4) Die Mitgliedstaaten verlangen, dass bei Verkauf oder Vermietung von

- Gebäuden, für die ein Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz vorliegt,

- Gebäudeteilen in einem Gebäude, für das ein Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz vorliegt und

- Gebäudeteilen, für die ein Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz vorliegt,

in den Verkaufs- oder Vermietungsanzeigen in den kommerziellen Medien der in dem Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes bzw. des Gebäudeteils angegebene Indikator der Gesamtenergieeffizienz genannt wird.

§ 5a UWG (Irreführen durch Unterlassen):

(…)

(2) Unlauter handelt, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält,

1.die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und

2.deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(…)

(4) Als wesentlich im Sinne des Absatzes 2 gelten auch Informationen, die dem Verbraucher auf Grund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen.



Volltext BGH zum Bestehen eines Widerrufsrechts bei telefonisch oder per Email abgeschlossenen Maklerverträgen

BGH
Urteile vom 07.07.2016
I ZR 30/15
BGB § 652; BGB aF § 312b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 4, § 312d Abs. 1 Satz 1, § 312e Abs. 2,
§ 355 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 4; EGBGB Art. 229 § 32 Abs. 2 Nr. 3; Richtlinie 97/7/EG Art. 2 Nr. 1,
Art. 3 Abs. 1; Richtlinie 2011/83/EU Erwägungsgrund 26, Art. 2 Nr. 6, Art. 3 Abs. 3 Buchst. e und


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Per E-Mail oder telefonisch geschlossener Maklervertrag ist ein Fernabsatzgeschäft auch nach der bis zum 12.06.2014 gültigen Fassung von § 312b BGB so dass ein Widerrufsrecht besteht über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Übermittelt der Immobilienmakler einem Kaufinteressenten ein Exposé, das ein eindeutiges Provisionsverlange enthält, liegt darin ein Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags. Dieses Angebot nimmt der Kaufinteressent bereits an, wenn er den Makler um die Vereinbarung eines Besichtigungstermins bittet. Der Vertragsschluss erfolgt in einem derartigen Fall nicht erst, wenn der Kaufinteressent den Besichtigungstermin mit dem Makler wahrnimmt.

b) Ist die Übersendung des Exposés per E-Mail erfolgt und hat der Kaufinteressent den Besichtigungstermin fernmündlich vereinbart, ist der Maklervertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen. Für auf diese Weise zustande gekommene Maklerverträge bestand nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB aF ein Widerrufsrecht nach den Regelungen des Fernabsatzrechts, wenn der Vertrag im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- und Dienstleistungssystems abgeschlossen wurde.

c) Ein Immobilienmakler nutzt ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- und Dienstleistungssystem, wenn er auf einem Onlinemarktplatz (hier: "ImmobilienScout24") von ihm vertriebene Immobilien bewirbt, den Kontakt zu seinen Kunden auf elektronischem oder telefonischem Weg herstellt und der Vertrag in dieser Weise zustande kommt. Es kommt nicht darauf an, dass die Durchführung eines solchen Maklervertrags nicht auf elektronischem Wege erfolgt.

d) Das Widerrufsrecht bei vor dem 13. Juni 2014 im Wege des Fernabsatzes geschlossenen Maklerverträgen erlischt mit Ablauf des 27. Juni 2015, wenn der Makler den Verbraucher über das Widerrufsrecht nicht belehrt hat.

e) Hat der Makler den Verbraucher nicht darauf hingewiesen, dass er nach einem erklärten Widerruf Wertersatz für bereits erbrachte Dienstleistungen zu leisten habe, steht ihm hierfür kein Wertersatzanspruch gemäß § 312e Abs. 2 BGB aF zu.

BGH, Urteil vom 7. Juli 2016 - I ZR 30/15 - OLG Schleswig - LG Itzehoe

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Per E-Mail oder telefonisch geschlossener Maklervertrag ist ein Fernabsatzgeschäft auch nach der bis zum 12.06.2014 gültigen Fassung von § 312b BGB so dass ein Widerrufsrecht besteht

BGH
Urteile vom 07.07.2016
I ZR 30/15
I ZR 68/15


Der BGH hat entschieden, dass ein per E-Mail oder telefonisch geschlossener Maklervertrag ein Fernabsatzgeschäft auch nach der bis zum 12.06.2014 gültigen Fassung von § 312b BGB ist, so dass ein Widerrufsrecht besteht. Die Gesetzeslage ab dem 13.06.2014 sieht ebenso ein Widerrufsrecht vor.

Die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof entscheidet über Widerrufsrecht von Verbrauchern bei im Fernabsatz geschlossenen Immobilien-Maklerverträgen

Der unter anderem für das Maklerrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute in zwei Revisionsverfahren entschieden, dass ein per E-Mail oder telefonisch geschlossener Grundstücksmaklervertrag ein Fernabsatzgeschäft im Sinne von § 312b BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (= BGB aF) ist und vom Maklerkunden innerhalb der gesetzlichen Fristen widerrufen werden kann.

Im Verfahren I ZR 30/15 wird der Beklagte auf Zahlung einer Maklerprovision in Anspruch genommen. Die Immobilienmaklerin bewarb im April 2013 in einem Internetportal ein Hausgrundstück. Der Beklagte bekundete per E-Mail sein Interesse an dem Objekt. Die Immobilienmaklerin übersandte ihm darauf als PDF-Datei ein Exposé, in dem eine vom Käufer zu zahlende Maklerprovision von 6,25% des Kaufpreises ausgewiesen war. Eine Widerrufsbelehrung enthielten weder die Internetanzeige noch das Exposé. Der Beklagte bestätigte telefonisch den Eingang des Exposés und bat um einen Besichtigungstermin. Einige Wochen nach der Besichtigung erwarb er das Grundstück zu einem Kaufpreis von 240.000 Euro. Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Zahlung einer Maklerprovision in Höhe von 15.000 Euro. Der Beklagte hat den Maklervertrag im Laufe des Rechtsstreits widerrufen. Das Landgericht hat der Zahlungsklage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg.

Im Verfahren I ZR 68/15 bewarb die Klägerin, eine Immobilienmaklerin, im Jahr 2013 im Internet ein Grundstück. Auf die Anfrage des Beklagten übersandte sie ihm per E-Mail ein Exposé, in dem eine vom Käufer zu zahlende Maklerprovision von 3,57% des Kaufpreises ausgewiesen war. Eine Widerrufsbelehrung fand sich in dem Exposé nicht. Der Beklagte bestätigte per E-Mail den Eingang des Exposés und vereinbarte mit der Klägerin einen Besichtigungstermin. In der Folgezeit erwarb er das Grundstück zu einem Kaufpreis von 650.000 Euro. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zahlung einer Maklerprovision in Höhe von 23.205 Euro. Im Laufe des Rechtsstreits hat der Beklagte den Maklervertrag widerrufen. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage auf die Berufung des Beklagten abgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat in dem Verfahren I ZR 30/15 das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. In dem Verfahren I ZR 68/15 hat er die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB aF steht einem Verbraucher bei einem Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB aF zu. Nach § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB aF sind Fernabsatzverträge Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Maklerverträge, die Gegenstand der beiden Revisionsverfahren sind, Fernabsatzverträge über die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne von § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB aF sind, bei denen ein Widerrufsrecht besteht.

Die jeweiligen Beklagten konnten die Maklerverträge noch im Prozess widerrufen, weil sie nicht über ihr Widerrufsrecht belehrt worden waren. Nach der Übergangsregelung in Art. 229 § 32 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB erlischt das Widerrufsrecht bei vor dem 13. Juni 2014 im Wege des Fernabsatzes geschlossenen Dienstleistungsverträgen bei fehlender Belehrung mit Ablauf des 27. Juni 2015. Der Widerruf ist in beiden Verfahren vor diesem Datum erklärt worden.

Das Widerrufsrecht der jeweiligen Beklagten war zum Zeitpunkt der Widerrufserklärungen noch nicht gemäß § 312d Abs. 3 BGB aF erloschen. Das Erlöschen des Widerrufsrechts nach dieser Bestimmung setzt voraus, dass bei einer Dienstleistung der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt worden ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausgeübt hat. Diese Voraussetzungen lagen in beiden Fällen nicht vor, weil die jeweiligen Beklagten die Provision vor der Ausübung des Widerrufsrechts nicht bezahlt hatten.

Den Maklern steht in beiden Fällen wegen der erbachten Maklerleistungen kein Anspruch auf Wertersatz zu. Nach § 312e Abs. 2 BGB aF hat der Verbraucher bei Fernabsatzverträgen über Dienstleistungen Wertersatz für die erbrachte Dienstleistung nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten, wenn er vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist und wenn er ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt. In beiden Fällen hatte es an einer entsprechenden Belehrung der Maklerkunden gefehlt.

Vorinstanzen:

I ZR 30/15

LG Itzehoe - Urteil vom 30. Mai 2014 - 6 O 379/13

OLG Schleswig – Urteil vom 22. Januar 2015 - 16 U 89/14

I ZR 68/15

LG Erfurt, - Urteil vom 25. Februar 2014 - 8 O 804/13

OLG Jena – Urteil vom 4. März 2015 - 2 U 205/14


LG Stuttgart: Makler darf keine Besichtigungsgebühr von Suchenden verlangen - Verstoß gegen Bestellerprinzip

LG Stuttgart,
Urteil vom 15.06.2016
38 O 10/16 KfH


Das LG Stuttgart hat entschieden, dass ein Makler keine Besichtigungsgebühr von Suchenden verlangen darf. Es liegt ein Verstoß gegen das Bestellerprinzip vor, da dieses durch die Erhebung einer Gebühr für die Besichtigung teilweise umgangen wird.

LG Berlin: Wettbewerbswidrige Irreführung wenn sich Immobilienmakler in Anzeige tarnt und nicht als Makler zu erkennen ist

LG Berlin
Beschluss vom 25.01.2016
16 O 38/16


Das LG Berlin hat wenig überraschend entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn sich ein Immobilienmakler in einer Anzeige tarnt und nicht als Makler zu erkennen ist.

LG Berlin: Wettbewerbswidriger Verstoß gegen PAngV wenn Immobilienmakler nur Preisspannen und keinen Endpreis angibt

LG Berlin
Beschluss vom 06.03.2014
16 O 64/14


Das LG Berlin hat entschieden, dass ein Verstoß gegen die Vorgaben der Preisangabenverordnung vorliegt, wenn ein Immobilienmakler nur Preisspannen und keine Endpreise angibt. Die Angabe von Preisspannen stellt - so das Gericht - eine Angabe von Preisen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. PAngV dar, so dass auch der Endpreis anzugeben ist.