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BGH: Urheberpersönlichkeitsrechtliche Rechte gegen Entstellung und Anerkennung der Urheberschaft beziehen sich auf konkretes Werk und nicht auf gesamtes Werkschaffen

BGH
Urteil vom 09.11.2023
I ZR 203/22
E2
UrhG §§ 11, 13, 14, 15, 97 Abs. 2; BGB § 823 Abs. 1; UWG §§ 3, 5, 9 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Rechte gegen Entstellung nach § 14 UrhG und Anerkennung der Urheberschaft nach § 13 UrhG sich immer auf ein konkretes Werk und nicht auf ein gesamtes Werkschaffen beziehen.

Leitsätze des BGH:
a) Ein Anspruch, der auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt gestützt wird und der sowohl im Urheberpersönlichkeitsrecht (hier: § 97 Abs. 2 in Verbindung mit § 13 Satz 1 und § 14 UrhG) als auch im Urheberverwertungsrecht wurzelt (hier: § 97 Abs. 2 in Verbindung mit § 15 ff. UrhG), stellt einen einheitlichen Streitgegenstand dar.

b) Eine Verletzung des Urheberrechts durch die (inhaltliche) Änderung eines Werks als solche kommt weder unter dem Gesichtspunkt der Verwertungsrechte (§§ 15 ff. UrhG) noch demjenigen des Urheberpersönlichkeitsrechts (§ 13 Satz 1, § 14 UrhG) in Betracht, wenn es sich bei der (inhaltlichen) Änderung um eine freie Benutzung im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG aF, § 23 Abs. 1 Satz 2 UrhG nF handelt, weil der Gesamteindruck der neuen Gestaltung vom Gesamteindruck des älteren Werks in der Weise abweicht, dass die den Urheberrechtsschutz des älteren Werks begründenden Elemente im Rahmen der Gesamtschau in der neuen Gestaltung verblassen, also nicht mehr wiederzuerkennen sind, so dass die neue Gestaltung nicht in den Schutzbereich des älteren Werks eingreift.

c) Die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Rechte gegen Entstellung (§ 14 UrhG) und auf Anerkennung der Urheberschaft (§ 13 UrhG) schützen allein die Beziehung des Urhebers zu seinem Werk, also zu einem von ihm geschaffenen konkreten Werk und nicht zu seinem gesamten Werkschaffen. Das Interesse des Urhebers, die wahrheitswidrige Zuschreibung der Urheberschaft an einer nicht von ihm geschaffenen Gestaltung zu verhindern und sich und seinem Werkschaffen nicht fremde Gestaltungen zurechnen lassen zu müssen, kann im Falle von Identitätsverwirrungen durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder das lauterkeitsrechtliche Irreführungsverbot geschützt sein, nicht aber durch das Urheberpersönlichkeitsrecht (Festhaltung an BGH, Urteil vom 8. Juni 1989 - I ZR 135/87, BGHZ 107, 384 [juris Rn. 30] - Emil Nolde; Klarstellung zu BGH, Urteil vom 1. Oktober 1998 - I ZR 104/96, GRUR 1999, 230 [juris Rn. 30] - Treppenhausgestaltung, Urteil vom 13. Oktober 1988 - I ZR 15/87, GRUR 1989, 106 [juris Rn. 17] - Oberammergauer Passionsspiele II und Urteil vom 7. Februar 2002 - I ZR 304/99, BGHZ 150, 32 [juris Rn. 46] - Unikatrahmen).

BGH, Urteil vom 9. November 2023 - I ZR 203/22 - OLG Frankfurt am Main - LG Frankfurt am Main

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Düsseldorf: Außerordentliche Kündigung eines Galerievertrages mit 10jähriger Laufzeit möglich da Kunstfreiheit des Künstlers erheblich eingeschränkt wird

LG Düsseldorf
Urteil vom 19.01.2023
15 O 82/22


Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass die außerordentliche Kündigung eines Galerievertrages mit 10jähriger Laufzeit durch einen Künstler möglich ist, da hierdurch die Kunstfreiheit des Künstlers erheblich eingeschränkt wird.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Urteil im Galerieprozess

Die 15. Zivilkammer des Landgerichts Düseldorf hat am Freitag, dem 19.01.2024, unter ihrem Vorsitzenden Dr. Jonas Küssner in dem Rechtsstreit 15 O 82/22 ein Teilurteil verkündet.

Der Kläger ist ein in Deutschland und international überaus bekannter Künstler. Die Beklagte zu 1) ist eine renommierte Kunstgalerie aus Düsseldorf, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist. Die Parteien sind seit Anfang 2017 ¸ber mehrere langfristige Galerie- und Kooperationsverträge miteinander verbunden. Sie streiten sich sowohl um Zahlungen im Rahmen der Durchführung der Verträge als auch um die Wirksamkeit und den Fortbestand einzelner Verträge. Der Kläger verlangt von der Beklagten zu 1) Zahlungen unter anderem aus Verkäufen seiner Bilder, die Herausgabe einzelner Original-Gemälde sowie die Feststellung der wirksamen Kündigung der Verträge. Die Beklagte zu 1) macht gegen den Kläger Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung der Verträge sowie Auskunftsansprüche bezüglich der Verkäufe von Kunstwerken geltend.

Mit Teilurteil vom 19.01.2024 hat die Kammer festgestellt, dass der Galerie- und Kooperationsvertag sowie weitere ergänzende Verträge zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung des Klägers beendet worden sind. Insoweit sah die Kammer im Rahmen einer Interessenabwägung den Ausschluss der Kündigungsmöglichkeit vor dem Hintergrund der zehnjährigen Vertragslaufzeit sowie der vertraglichen Verpflichtungen des Klägers, pro Jahr eine bestimmte Anzahl an Kunstwerken auf Leinwand zu erschaffen, als unwirksam an. Die langjährige Bindung an eine Galerie stelle eine nicht unerhebliche Einschränkung insbesondere der Kunstfreiheit des Klägers dar. Insbesondere die langfristige Verpflichtung, Kunstwerke auf Leinwand zu erbringen, begrenze die Möglichkeiten des Klägers, sich als junger Künstler auch in anderer Form auszuprobieren und seiner Kunst Ausdruck zu verleihen.

Die Beklagte zu 1) wurde zudem zur Herausgabe von Kunstwerken, darunter die zu dem sog. „17 Global Goals“ gehörenden Originalkunstwerke, verurteilt. Die Beklagte zu 1) muss dem Kläger ferner Auskunft erteilen zu sämtlichen Veräußerungen von Seite 2 von 2 Originalkunstwerken. Der Kläger wurde dazu verurteilt, der Beklagten zu 1) Auskunft über die Verkäufe von Kunstwerken während der Vertragslaufzeit zu erteilen. Die Zahlungsansprüche der Parteien hatten teilweise Erfolg. Unter Abzug der Ansprüche der Beklagten zu 1) steht dem Kläger nach Ansicht der Kammer noch eine Restforderung in Höhe von ca. 285.000,00 € zu. Nach Erteilung der Auskünfte können die Parteien den Fortgang des Verfahrens beantragen und gegebenenfalls weitere Zahlungsansprüche geltend machen. Das Teilurteil ist nicht rechtskräftig. Die Parteien können gegen das Teilurteil Berufung einlegen, über welche das Oberlandesgericht Düsseldorf zu entscheiden hätte.



LG München: Auftragsmaler Götz Valien ist Miturheber der Gemälde "Paris Bar 1" und "Paris Bar 2" des Künstlers Martin Kippenberger

LG München
Urteil vom 07.08.2023
42 O 7449/22


Das LG München hat entschieden, das Auftragsmaler Götz Valien Miturheber der Gemälde "Paris Bar 1" und "Paris Bar 2" des Künstlers Martin Kippenberger ist.

„Urheberschaft der Gemälde Paris Bar Version 1-3“
Die für das Urheber- und Designrecht zuständige 42. Zivilkammer des Landgerichts München I hat heute im Rechtsstreit zwischen dem Künstler Götz Valien und der Nachlassverwalterin des Künstlers Martin Kippenberger ein Urteil gefällt (Az. 42 O 7449/22).

Sie hat entschieden, Götz Valien ist neben Martin Kippenberger nach § 8 Abs. 1 UrhG Miturheber verschiedener Versionen des Gemäldes „Paris Bar“ und daher als solcher namentlich zu nennen, § 13 UrhG. Ob sich aus der festgestellten Miturheberschaft weitere Ansprüche ergeben, ist nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen und folglich ist hierüber auch keine Entscheidung getroffen worden. Auf die Widerklage der Beklagten hin hat der Kläger den Anspruch der Beklagten anerkannt, das Gemälde „Paris Bar Version 3“ nicht als Alleinurheber auszustellen.

Folgender Sachverhalt lag dem Rechtsstreit zugrunde: Martin Kippenberger beauftragte ein Berliner Kinoplakatmalunternehmen, seine auf einem Foto festgehaltene Ausstellungshängung in der Paris Bar in Berlin auf eine große Leinwand zu malen. Der Kläger, Götz Valien, fertigte 1992 das gewünschte Gemälde („Paris Bar Version 1“), welches bis 2004 in der Paris Bar hing.


„Paris Bar Version 1“, Kippenberger / Valien (Bild am Ende der PM)

Ein halbes Jahr später erstellte er im Auftrag nach Fotovorlage ein weiteres Gemälde, das das erste Gemälde als Bild-im-Bild an der Wand der Paris Bar darstellt („Paris Bar Version 2“).

„Paris Bar Version 2“, Kippenberger / Valien (Bild am Ende der PM)

Der Kläger malte ab 1993 ein drittes Gemälde, „Paris Bar Version 3“, das geringfügige Änderungen gegenüber der „Paris Bar Version 1“ enthält. Dieser stellte er 2022 in einer Ausstellung in Berlin aus, wobei er sich als Alleinurheber des Gemäldes benannte.

Die Beklagte nannte weder den Kläger in dem von ihr herausgegebenen Werksverzeichnis zum Oeuvre Kippenbergers noch in ihren im Internet wiedergegebenen Reproduktionsgenehmigungen zu Werken Kippenbergers als Miturheber der Gemälde „Paris Bar 1“ und „Paris Bar 2“.

Die erkennende Kammer urteilte, der Kläger sei neben Kippenberger als Miturheber der Gemälde im Sinne des § 8 Abs. 1 UrhG anzusehen. Dem Kläger sei bei der Schaffung der Gemälde ein hinreichend großer Spielraum für eine eigenschöpferische Leistung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG geblieben, welcher von ihm genutzt worden sei. Er habe mit dem Gemälde „Paris Bar Version 1“ eine einladende, lebendige und warme Atmosphäre der Ausstellung in der Paris Bar gefertigt, die sich so auf der fotografischen Vorlage der Ausstellung nicht finde und ihm auch nicht von Kippenberger vorgegeben worden sei. Diese eigentümliche Atmosphäre habe der Kläger bei der Erstellung des Gemäldes „Paris Bar Version 2“ wieder aufgegriffen und damit auch diesem Werk seine individuelle Handschrift verliehen.

Als Folge des Urteils hat die Beklagte bei Verwertungshandlungen in Bezug auf die Werke „Paris Bar Version 1“ und „Paris Bar Version 2“ den Kläger neben Kippenberger als Miturheber namentlich anzuführen. Weitere Ansprüche hat der Kläger gegenüber der Beklagten nicht geltend gemacht.

Der Kläger seinerseits hat anerkannt, das Gemälde „Paris Bar 3“ nicht als Alleinurheber ausstellen zu dürfen.

Zum Hintergrund:

Martin Kippenberger, geboren am 25.02.1953, gestorben am 07.03.1997, war ein deutscher Maler, Installationskünstler sowie u.a. Fotograf und Bildhauer. Die Gemälde „Paris Bar Version 1“ und „Paris Bar Version 2“ sind als Werke Kippenbergs bekannt geworden. Bei einer Auktion durch das Auktionshaus Christie’s erzielte die „Paris Bar Version 1“ einen Versteigerungspreis von 2.281.250 englischen Pfund.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


EuGH: Europäische Verwertungsgesellschaften müssen Künstlern außerhalb des EWR die gleiche Vergütung wie Künstlern aus Mitgliedstaaten zahlen

EuGH
Urteil vom 18.09.2020
C-265/19
Recorded Artists Performers Limited / Attorney General u. a.


Der EuGH hat entschieden, dass die europäische Verwertungsgesellschaften Künstlern außerhalb des EWR die gleiche Vergütung wie Künstlern aus Mitgliedstaaten zahlen müssen.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Das Unionsrecht steht dem entgegen, dass ein Mitgliedstaat Künstler, die die Staatsangehörigkeit eines Staates besitzen, der nicht zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gehört, vom Anspruch auf eine einzige angemessene
Vergütung für die Wiedergabe aufgenommener Musik ausschließt

Die Recorded Artists Actors Performers Ltd (RAAP) und die Phonographic Performance (Ireland) Ltd (PPI) sind Verwertungsgesellschaften. RAAP nimmt die Rechte von ausübenden Künstlern wahr, PPI die Rechte von Tonträgerherstellern. Die beiden Verwertungsgesellschaften haben einen Vertrag geschlossen, in dem geregelt ist, wie die Vergütung, die in Irland für die öffentliche Wiedergabe in Kneipen und an anderen öffentlich zugänglichen Orten oder für die Funksendung aufgenommener Musik zu zahlen ist, nachdem sie von den Nutzern an PPI gezahlt worden ist, auf den Tonträgerhersteller und die ausübenden Künstler aufzuteilen und hierzu teilweise von PPI an RAAP weiterzuleiten ist. Streitig ist, inwieweit der Vertrag auf an PPI gezahlte Vergütungen Anwendung findet, wenn der betreffende ausübende Künstler weder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats des Europäischen irtschaftsraums (EWR) besitzt noch sich in einem solchen Staat aufhält.

RAAP meint, die Vergütung müsse immer aufgeteilt werden, unabhängig von der Staatsangehörigkeit und dem Aufenthaltsort des ausübenden Künstlers. Folgte man dem Standpunkt von RAAP, würden ausübende Künstler aus Drittstaaten in Irland stets eine Vergütung erhalten. PPI meint, dies gehe nicht an, da irische ausübende Künstler in Drittstaaten keine angemessene Vergütung erhielten. PPI beruft sich insoweit auf das irische Recht.

In seinem Urteil vom 8. September 2020 entscheidet der Gerichtshof, dass die Richtlinie 2006/1151 bei der Nutzung von Tonträgern in der Union dem entgegensteht, dass ein Mitgliedstaat von den Künstlern, die Anspruch auf die einzige angemessene Vergütung haben, die Künstler ausschließt, die die Staatsangehörigkeit eines Staates besitzen, der
nicht zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gehört. Er entscheidet außerdem, dass von Drittstaaten gemäß dem Vertrag der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) über Darbietungen und Tonträger (WPPT) notifizierte Vorbehalte als solche den Anspruch der Künstler der betreffenden Drittstaaten auf eine einzige angemessene Vergütung in der Union nicht einschränken.

Zwar können solche Einschränkungen unter der Voraussetzung, dass sie im Einklang mit dem durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) geschützten Recht des geistigen Eigentums stehen, vom Unionsgesetzgeber eingeführt werden. Die Richtlinie 2006/115 enthält aber keine solche Einschränkung und steht daher dem entgegen, dass ein Mitgliedstaat den Anspruch auf eine einzige angemessene Vergütung bei ausübenden Künstlern und Tonträgerherstellern, die die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats besitzen, einschränkt. Der Gerichtshof entscheidet schließlich, dass die Richtlinie 2006/115 auch dem entgegensteht, dass nur der Tonträgerhersteller eine Vergütung erhält, ohne sie mit dem ausübenden Künstler, der einen Beitrag zu dem Tonträger erbracht hat, teilen zu müssen.

Zur Begründung seiner Entscheidung stellt der Gerichtshof als Erstes fest, dass der Anspruch auf eine einzige angemessene Vergütung im Unionsrecht die Anwendung des WPPT sicherstellt und vom nationalen Gesetzgeber nicht den Personen vorbehalten werden darf, die die Staatsangehörigkeit eines EWR-Mitgliedstaats besitzen.

Der Gerichtshof führt hierzu weiter aus, dass die Richtlinie 2006/115, die bei dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten ein Recht mit Entschädigungscharakter verleiht, die Verpflichtung vorsieht, eine Vergütung zu gewährleisten, die angemessen ist und auf den Tonträgerhersteller und den ausübenden Künstler aufgeteilt wird. Diese Verpflichtung kommt zum Tragen, wenn die Nutzung des Tonträgers oder eines Vervielfältigungsstücks in der Union erfolgt. Die Richtlinie 2006/115 verlangt aber nicht, dass der ausübende Künstler oder der Tonträgerhersteller die
Staatsangehörigkeit eines EWR-Staats besitzt oder dass er auf eine andere Weise einen Bezug zum EWR hat, etwa, weil er dort seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat oder die schöpferische oder künstlerische Arbeit dort ausgeführt worden ist.

Vielmehr gebieten der systematische Zusammenhang und die Ziele der Richtlinie 2006/115 sowie der Vorrang der von der Union geschlossenen internationalen Übereinkünfte, die Richtlinie 2006/115 nach Möglichkeit in Übereinstimmung mit dem WPPT auszulegen. Diese internationale Übereinkunft, die einen integrierenden Bestandteil der Unionsrechtsordnung bildet, verpflichtet die Union und ihre Mitgliedstaaten grundsätzlich dazu, den Anspruch auf eine einzige angemessene Vergütung auch den ausübenden Künstlern und Tonträgerherstellern zuzuerkennen, die die
Staatsangehörigkeit anderer Vertragsparteien des WPPT besitzen.

Als Zweites stellt der Gerichtshof fest, dass von Drittstaaten gemäß dem WPPT notifizierte Vorbehalte als solche in der Union bei den Personen, die die Staatsangehörigkeit der betreffenden Drittstaaten besitzen, nicht zu Einschränkungen des Anspruchs auf eine einzige angemessene Vergütung führen. Nach dem im Wiener Übereinkommen verbürgten Grundsatz der Gegenseitigkeit sind die Union und ihre Mitgliedstaaten zwar nicht verpflichtet, den Anspruch auf
eine einzige angemessene Vergütung unbeschränkt zuzuerkennen. Die Notwendigkeit, angemessene Bedingungen für die Teilnahme am Handel mit aufgezeichneten Tonträgern zu erhalten, kann durchaus eine Einschränkung des Anspruchs auf eine einzige angemessene Vergütung rechtfertigen.

Dieses dem Urheberrecht verwandte Schutzrecht stellt aber ein Recht des geistigen Eigentums dar, das durch die Charta geschützt ist. Folglich muss nach den Bestimmungen der Charta jede Einschränkung der Ausübung dieses Rechts gesetzlich klar und genau vorgesehen sein. Das bloße Bestehen eines Vorbehalts gemäß dem WPPT genügt insoweit nicht. Deshalb ist es allein Sache des Unionsgesetzgebers, der in diesem Bereich über die ausschließliche Außenkompetenz verfügt, über eine solche Einschränkung zu entscheiden.

Als Drittes stellt der Gerichtshof fest, dass sich bereits aus dem Wortlaut der Richtlinie 2006/115 ergibt, dass sowohl die ausübenden Künstler als auch die Tonträgerhersteller Anspruch auf eine einzige angemessene Vergütung haben, da diese auf sie „aufzuteilen“ ist. Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115 steht daher dem entgegen, dass das Recht eines Mitgliedstaats den ausübenden Künstler von einer einzigen angemessenen Vergütung ausschließt.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




OLG Frankfurt: Falsche Angabe des Künstlers einer Tuschezeichnung in Katalogbeschreibung rechtfertigt Rücktritt vom Kaufvertrag

OLG Frankfurt
Urteil vom 03.05.2018
19 U 188/15

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass falsche Angabe des Künstlers einer Tuschezeichnung in der Katalogbeschreibung einen Gewährleistungsfall darstellt und den Rücktritt vom Kaufvertrag rechtfertigt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"1. Zu Unrecht hat das Landgericht einen dem Kläger gemäß § 346 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 5 BGB zustehenden Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgewähr der streitgegenständlichen Zeichnung verneint.

a) Die Zeichnung, die der Kläger aufgrund Kaufvertrags mit der Beklagten im Sommer 2008 erwarb und am 19.10.2008 übergeben erhielt, ist mangelhaft, weil sie entgegen der Katalogbeschreibung der Beklagten nicht der Hand Carl Philipp Fohrs zuzuschreiben ist.

aa) Ob die Klausel

Die Katalogbeschreibungen erfolgten nach bestem Wissen und Gewissen, sie sind keine Garantien im Rechtssinne.

trotz § 305c BGB überhaupt Vertragsbestandteil geworden ist, ihr angesichts der für die streitgegenständliche Zeichnung konkret verwendeten Katalogbeschreibung

Vgl. Carl Rottmann, Ausst.-Kat. Museum2 Stadt1, 1997/98, S. 12, Abb. 3 (dort fälschlich Carl Rottmann zugeschrieben).

der Vorrang der Individualabrede entgegensteht (vgl. BGH, Urteil vom 13.02.1980, VIII ZR 26/79, Rn. 24 - hier wie im Folgenden zitiert nach juris), sie lediglich eine Garantie im Sinne von § 443 BGB ausschließen soll oder auch eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB und sie einer hiernach ggf. greifenden Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB standhielte, kann auf sich beruhen. Denn jedenfalls nicht berührt werden von der Klausel die Anforderungen an eine nicht vereinbarte Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Das gilt bereits aufgrund des Wortlauts der Klausel, der für einen gegenteiligen Erklärungswillen der Beklagten keinen Anhalt gibt, jedenfalls aber aufgrund des aus § 305c Abs. 2 BGB folgenden Gebots kundenfreundlichster Auslegung (vgl. BGH, Urteil vom 09.10.2013, VIII ZR 224/12, Rn. 14).

bb) Die Echtheit eines Kunstwerks im Sinne seiner Herkunft aus der Hand eines konkreten Künstlers bestimmt maßgeblich die Eignung eines Kunstwerks als Sammlerstück und Wertanlage (vgl. BGH, Urteil vom 09.10.2013, VIII ZR 224/12, Rn. 13, vom 13.02.1980, VIII ZR 26/79, Rn. 29, und vom 15.01.1975, VIII ZR 80/73, Rn. 13) und bildet daher regelmäßig dessen zentrale Eigenschaft für seine - im Rahmen eines Kaufvertrags der hier vorliegenden Art sowohl vorausgesetzte wie gewöhnliche - Verwendung (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 BGB).

Dieser rechtlichen Beurteilung steht nicht entgegen, dass es sich bei der vorliegenden Zeichnung um ein innerhalb der Fachwelt längere Zeit streitig zugeordnetes Kunstwerk handelt und gar nur einer bestimmten Stilepoche oder Malerklasse statt einem konkreten Künstler zuzurechnen wäre. Denn die seitens der Beklagten verwendete Katalogbeschreibung übt sich gerade nicht in Zurückhaltung der vorgenannten Art, sondern benennt einen konkreten Künstler und bezeichnet die alternativ in Betracht gezogene Urheberschaft Carl Rottmanns ausdrücklich als "fälschlich [...] zugeschrieben".

cc) Nach dem gesamten Inhalt der Verhandlung und dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht es zur freien Überzeugung des Senats fest (§ 286 Abs. 1 ZPO), dass "Bildtitel1" nicht der Hand Carl Philipp Fohrs entstammt.

Die richterliche Überzeugung erfordert auch im hier eröffneten Anwendungsbereich des § 286 ZPO keine - ohnehin nicht erreichbare - absolute oder unumstößliche, gleichsam mathematische Gewissheit, auch keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit, der verbleibenden Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. nur BGH, Urteil vom 18.10.2017, VIII ZR 32/16, Rn. 14; Zöller-Greger, 32. Aufl. 2018, § 286 Rz. 19). Unter Anlegung dieses Maßstabs besteht für den Senat kein vernünftiger Zweifel daran, dass die Zuordnung des Werks zu Carl Philipp Fohr unrichtig ist.

(1) Der Sachverständige schließt sich hinsichtlich der Einordnung der Zeichnung als stilistische Spätform - nämlich als ein eher in die 1790er Jahre zu datierendes, von einem empfindsamen ausklingenden Hollandismus im Sinne des endenden deutschen Louis-Seize-Stils bestimmtes Blatt -, die der Schülerschaft von (sehr) jungen Nachwuchskräften bei Friedrich Rottmann entstammt, der aus seiner Sicht plausiblen Einschätzung anderen Experten - namentlich SV4, SV5, SV2 und SV1 - an (Bl. 436 d.A.). Hiermit stimme auch die auf der Zeichnung aufgebrachte Datierung "1812" überein (Bl. 435, 534 d.A.), die sich materialorientiert jedenfalls insoweit bestätigen ließe, als das verwendete Velinpapier in Deutschland erstmals 1783 Verwendung gefunden habe und zu Beginn des 19. Jahrhunderts dann von mehr Firmen produziert worden sei; darüber hinaus sei die Datierung "1812" unter Verwendung derselben Rußtusche geschrieben worden, die auch für die Zeichnung verwendet worden sei (Bl. 435 d.A.).

Eine nachvollziehbare Übereinstimmung mit dem Jugendwerk Carl Philipp Fohrs vermochte der Sachverständige demgegenüber in stilistischer Hinsicht überzeugend nicht zu erkennen. Für Fohr sei es kennzeichnend, dass er die überkommene akademische Zeichenweise origineller, differenzierter und innovativer, ästhetisch "sperriger" weiterentwickelt habe, so dass in grundlegender Weise typisch für ihn - auf die aus seiner Sicht prägnante Ausdrucksweise SV2s zurückgreifend - ein "Detailreichtum" sei, das auf einer "höchst variablen Linienführung" beruhe, im Unterschied zur "durchgehenden Schraffurtechnik" Carl Rottmanns. Auch bei der vorliegenden Zeichnung sei aber eine bloße Homogenität der Strichführung augenfällig, die gerade nicht vergleichbar mit Fohrs "höchst sensibler, ungemein detailreicher, mit feinsten Mischungen der Tusche arbeitenden Zeichenweise" sei, die bei seinen frühen Zeichnungen generell zu erkennen sei (Bl. 436 f. d.A.).

Bei der Zeichnung handele es sich, wie aus der Zeichenweise folge, auch nicht um eine Kopie, sondern um eine Originalzeichnung, bei der der Künstler zunächst eine freie Vorzeichnung in Graphitstift vorgenommen und darüber, vergleichbar flüssig, in grauschwarzer Tusche mit Feder die Zeichnung ausgeführt habe - wobei im Vergleich von Vorzeichnung und Überzeichnung auch von ein und demselben Künstler auszugehen sei (Bl. 435 d.A.).

Die gegen diese fundierte und wenngleich eher knapp, so doch prägnant und anhand gezielter Details begründete, insgesamt überzeugende Einschätzung vorgebrachten Einwände der Beklagten hat der Sachverständige stichhaltig zu entkräften vermocht. Insbesondere hat er zunächst die Kürze seiner stilistischen Einschätzung erläutert, die zum einen seinem Verweis auf die grundlegenden Beschreibungen durch SV2 geschuldet war, nicht zuletzt aber auch dem Umstand, dass "Kennerschaft bei Zuschreibungsfragen der vorliegenden Art sprachlich diffizil zu formulieren" und für Außenstehende - wie Juristen - oft schwierig in "Argumentationsketten zu übersetzen" seien. Wenn die Beklagte daher meint, dass nach wie vor "das sprachliche Feuerwerk" des Sachverständigen nicht von einer "Stellungnahme zur eigentlichen Sachfrage begleitet" werde, geht dies an der inhaltlichen Auseinandersetzung mit den jeweiligen Stilbeschreibungen zu Fohr und Rottmann auf der Grundlage einer Inaugenscheinnahme der streitgegenständlichen Zeichnung und der hierbei festzustellenden Zeichenweise durch das kunsthistorisch geschulte Auge des Sachverständigen vorbei.

Soweit die Beklagte auf ein von ihr eingeholtes Schriftgutachten (Bl. 487 ff. d.A.) verweist, wies der Sachverständige zutreffend darauf hin, dass der auf der Zeichnung befindliche Text "Bildtitel1. September 1812." ausweislich des Privatgutachtens zum einen schon gar nicht sicher Carl Philipp Fohr zuzuordnen sei, zum anderen aber auch ergänzend bemerkt, dass derartige Beschriftungen gar nicht stets durch den Urheber der jeweiligen Zeichnung erfolgt seien (Bl. 535 d.A.), weshalb für den Senat weder Existenz noch Inexistenz einer solchen Beschriftung höherer auch nur indizieller Beweiswert zukommt, der innerhalb der Beweiswürdigung gegenüber dem Zeichenstil durchgreifende Bedeutung beigemessen werden könnte.

Auch die weiteren, gegen die Sachkunde des Sachverständigen gerichteten Einwände greifen nicht durch. Wie durch diesen ergänzend dargelegt und von der Berufung im Nachgang hierzu auch nicht weiter angegriffen, wurde seine online erhältliche Publikationsliste seit einigen Jahren nicht mehr aktualisiert. Tatsächlich umfassten die Graphischen Sammlungen der ...stiftung Stadt3, die der Sachverständige betreue, aber auch Werke Stadt1 Romantiker und spezifisch auch solche von Carl Philipp Fohr, weshalb der Sachverständige zum stilkritischen Vergleich vor Ort auf altbekannte Bestände habe zurückgreifen können, die er entgegen den Einwänden der Beklagten nicht vollständig im Einzelnen aufzuführen hatte. Auf dieser Grundlage habe er überdies auch, unter Angabe der Fundstelle näher dargelegt, konkret zu Carl Philipp Fohr publiziert (Bl. 534 d.A., Bl. 555 d.A.).

(2) Es kommt hinzu, dass es sich bei der Beurteilung durch den Sachverständigen, was ihre Überzeugungskraft eigenständig stützt, auch nicht etwa um eine singuläre Einschätzung handelt, der maßgebliche Forschung entgegenstünde, und die daher noch ausführlicherer Begründung bedürfte. Vielmehr verweist der Sachverständige im Gegenteil nachvollziehbar auf andere Stimmen der Fachliteratur, die seine Einschätzung sowohl im Hinblick auf das generelle stilistische Verhältnis Fohr - Rottmann teilen, wie auch im Hinblick auf die konkrete Herkunftszuordnung der "Bildtitel1".

So beschrieb in einem 1998 publizierten Beitrag (Bl. 38 ff. d.A.) SV2 die Zeichenweise Rottmanns als stark von der Fohrs beeinflusst, wie u.a. die Zeichnung "Bildtitel1" zeige - die bei SV2 als Abbildung 3 mit "Carl Rottmann, Bildtitel1, 1812" beschrieben wird (Bl. 40 f. d.A.). SV2 bezieht sich im Zusammenhang hiermit auf einen Beitrag SV5s, die - hinsichtlich einer anderen Zeichnung, jedoch übereinstimmend mit der vergleichenden Kennzeichnung des stilistischen Vermögens beider Künstler durch SV2 - von 'gewissen Schwächen gegenüber der Fohr-Zeichnung' sprach, aufgrund derer sie vermutetet, dass es sich bei dieser anderen Zeichnung "um eine Kopie Rottmanns nach Fohr" handele (Bl. 41 d.A.). Konkret wiederum bezogen auf die "Bildtitel1" macht SV2 dann "eine gröbere, ungelenkere und damit frühere zeichnerische Stufe" noch innerhalb des Jugendwerks Rottmanns selbst aus (Bl. 42 d.A.). Dieses Gefälle im künstlerischen Vermögen beider Maler weiterhin betonend, bewertet SV2 denn auch die weitere Entwicklung in Rottmans Werk als eine Umdeutung von 'Fohrs höchst sensibler, ungemein detailreicher, mit feinsten Mischungen der Tusche arbeitenden Zeichenweise', bei der "Fohrs Detailreichtum" verloren gehe (Bl. 43 d.A.).

Nicht anders als SV2 beschrieb dann auch SV1 in einem 2001 erschienen Beitrag (Bl. 19 ff. d.A.) Fohr als den begabteren der beiden Künstler, an dem sich Rottmann orientierte, dessen Strichbild gegenüber dem lebendigen Strichbild bei Fohr geradezu schematisch und starr anmute, während Fohr über eine differenzierte, in Richtung und Stärke wechselnde Federführung verfüge, die in einzelnen Motiven lebhaftes Licht- und Schattenspiel entstehen lasse, wo Rottmann mit schematisch fortfahrender Schraffur arbeite. Was die Einordnung konkret des streitgegenständlichen Werks betrifft, ist zwischen den Parteien darüber hinaus unstreitig, dass es schließlich auch durch SV1 Fohr zugeordnet wurde, auch wenn SV1 seine Einschätzung nicht publiziert, sondern schriftlich nur durch Schreiben an den Kläger vom 27.06.2015 (Bl. 208 f. d.A.) geäußert hat, dies jedoch eigenen Angaben zufolge als Ergebnis intensiver Diskussionen mit SV2 bereits 1998, nachdem SV1 zunächst - etwa 1995 - mündlich einen anderen Standpunkt vertreten hatte. Übereinstimmend hiermit gelangte schließlich denn auch SV6 zu der Einschätzung, dass es sich bei der "Bildtitel1" nicht um ein Werk Fohrs handelte.

Weshalb und auf welcher fachlichen Grundlage abweichend hiervon SV4 die Zuordnung der Zeichnung zu Rottmann bei SV2 für ein Versehen befunden haben soll, erschließt sich dem Senat nicht, muss mangels hierzu vorgetragener Anknüpfungstatsachen sowie des Umstands, dass SV4 verstorben ist, aber auch auf sich beruhen. Soweit die Beklagte darüber hinaus hinsichtlich der Einordnung der "Bildtitel1" als Zeichnung Fohrs auf SV7 verweist, hat der Sachverständige - im Nachgang unwidersprochen - klargestellt, dass die entsprechende Textpassage im Katalog "Natur als Kunst" von 2013 (Bl. 216 d.A.) nicht von SV7, sondern von SV8 stammt, der zwar eine Zuordnung der "Bildtitel1" zu Fohr vornimmt, dies jedoch lediglich auf der Grundlage des Katalogs der Beklagten von 2008.

Bestanden bei dieser Sachlage aber insgesamt keine Zweifel an dem Urteil des Sachverständigen, war weder die Einholung eines ergänzenden oder eines weiteren Gutachtens geboten noch auch nur die mündliche Anhörung des Sachverständigen - die denn auch seitens der Parteien nicht beantragt wurde.

b) Einer Fristsetzung zur ordnungsgemäßen Erfüllung des abgeschlossenen Kaufvertrages bedurfte es nicht, da Übergabe und Übereignung der vorliegenden Zeichnung als einer solchen von Carl Philipp Fohr bereits bei Vertragsschluss unmöglich war, §§ 437 Nr. 2, 326 Abs. 5, 275 Abs. 1 BGB.

c) Einem Rücktritt des Klägers stand eine Verjährung seiner Mängelansprüche nicht entgegen, da sich diese im vorliegenden Fall nach § 438 Abs. 3 Satz 1 BGB richtet und die deshalb gemäß § 195 BGB drei Jahre betragende Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 1 BGB erst mit Schluss des Jahres 2011 zu laufen begann, aufgrund am 19.12.2014 unter Gerichtskostenvorschusszahlung eingereichter, aufgrund Verfügung vom 13.01.2018 am 22.01.2015 und damit "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO zugestellter Klage jedoch in ihrem Ablauf gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt wurde.

aa) Die Beklagte muss sich hinsichtlich der unrichtigen Zuordnung der Zeichnung zu Fohr arglistiges Handeln im Rechtssinne vorhalten lassen (§ 438 Abs. 3 S. 1 BGB), das nicht erst bei betrügerischer Vorgehensweise vorliegt, sondern bereits dann, wenn der Erklärende die Unrichtigkeit seiner Erklärung für möglich hält und an dieser dennoch ohne Anmeldung eines Vorbehalts festhält, die Unrichtigkeit seiner Äußerung mithin billigend in Kauf nimmt.

Zwar handelt mangels Vorsatzes grundsätzlich, wie die Berufung im Ausgangspunkt zutreffend ausführt, nicht arglistig, wer gutgläubig unrichtige Angaben macht, mag auch der gute Glaube auf Fahrlässigkeit oder selbst auf Leichtfertigkeit beruhen. Zur Arglist ist umgekehrt aber auch nicht notwendig das Wissen erforderlich, dass die angegebene Tatsache nicht der Wahrheit entspricht. Arglist ist vielmehr schon dann anzunehmen, wenn der Verkäufer ohne tatsächliche Grundlage unrichtige Angaben über die Mängelfreiheit oder über wesentliche Eigenschaften der Kaufsache macht, die geeignet sind, den Kaufentschluss des Käufers mit zu beeinflussen (vgl. insbesondere BGH, Urteil vom 18.03.1981, VIII ZR 44/80, Rn. 13, vom 27.09.2017, VIII ZR 271/16, Rn. 46, und vom 22.04.2016, 22.04.2016, V ZR 23/15, Rn. 21 f.). Denn in diesem Fall erübrigt sich aus der Sicht des Käufers eine weitere Überprüfung, weil er davon ausgehen darf, dass der Verkäufer seine Erklärungen nicht "ins Blaue hinein" abgibt. Der die Arglist begründende Vorwurf gegenüber dem Verkäufer liegt in einem solchen Fall mithin in dem Umstand, dass der Erklärende, obschon ihm bewusst ist, dass ihm die zur sachgemäßen Beantwortung erforderliche Kenntnis fehlt, diesen Umstand gleichwohl gegenüber dem anderen Teil verschweigt (vgl. BGH, Urteil vom 18.03.1981, VIII ZR 44/80, Rn. 14).

Eben dies muss sich die Beklagte entgegenhalten lassen. Ihr Geschäftsführer hat eingeräumt, dass ihm die Zuordnung zu Rottmann durch SV2, wie die Angaben im Verkaufskatalog auch bestätigen, bekannt war. Ebenso war dem Geschäftsführer der Beklagten bekannt, dass es sich bei SV2 um einen Fohr-Experten handelte. Dann aber durfte die Beklagte auf der Grundlage ihres eigenen Vorbringens und der ihr danach zur Verfügung stehenden weiteren (mündlichen) Expertisen dessen Auffassung nicht apodiktisch als falsch darstellen und gegenüber dem Leser ihres Katalogs den hierdurch vermittelten Anspruch erheben, das Werk kraft vorhandener Sachkunde zweifelsfrei Fohr zuschreiben zu können.

Bei den Mitteilungen des für den einreichenden Eigentümer handelnden Kunsthändlers A über die Begutachtung des Blattes durch SV1 und SV2 handelte es sich, wie die Beklagte wusste, um bloße Begutachtungen vom Hörensagen, die von vornherein nur sehr eingeschränkt belastbar waren und von ihr gleichwohl keine adäquaten Überprüfung zugeführt wurden - obschon dies angesichts des danach bestehenden Widerspruchs in der Zuschreibung durch SV2 ersichtlich geboten war. Zugleich sprachen die potentielle Fehlerträchtigkeit einer Weitergabe mündlicher Informationen sowie ein zumindest in Betracht zu ziehendes Eigeninteresse des Eigentümers zusätzlich für die Notwendigkeit einer adäquaten Überprüfung.

Von Relevanz für die Beklagte konnten daher allein ihre eigene Expertise bzw. diejenige der Kunsthistoriker SV4, SV5 und SV7 - mit Rücksicht auf die Ausführungen des Sachverständigen gemeint wohl SV8, mit dem die Beklagte allerdings gesprochen zu haben selbst nicht behauptet - sein, was aber nichts daran ändert, dass rein mündliche Expertisen aus den dargelegten Gründen ersichtlich unzureichende Grundlagen für die Katalogbeschreibung der Beklagten waren, die die Urheberschaft Fohrs demgegenüber aber nicht nur als "möglich" oder "wahrscheinlich" bezeichnete, sondern als völlig fraglos darstellte. Dass es sich bei der publizierten Zuordnung zu Fohr durch SV2 gar um ein unplausibles Fehlurteil handelte, wie die Beklagte mit der SV4 zugeschriebenen Formulierung "Versehen" Glauben machen will, ist gerade nicht ersichtlich; vielmehr bezieht sich auch der Sachverständige weiterhin auf dessen Einschätzungen als bis heute "grundlegend".

Der Senat verkennt bei dieser Beurteilung nicht, dass ein Kunsthändler hinsichtlich der Echtheit der von ihm angebotenen Kunstwerke typischerweise ein erhebliches Risiko trifft, weil er regelmäßig schon angesichts eines häufigen Eigentumswechsels gar nicht in der Lage ist, durch zumutbare eigene Nachforschungen Sicherheit über die Echtheit des Werks zu erlangen (vgl. bereits BGH, Urteil vom 15.01.1975, VIII ZR 80/73, Rn. 15; ferner BGH, Urteil vom 13.02.1980, VIII ZR 26/79, Rn. 20 ff.). Dass weitergehende Nachforschungen auch im vorliegenden nicht zumutbar gewesen seien, behauptet die Beklagte indes selbst nicht; ihr eigenes Verhalten vor Erstellung des Katalogs spricht denn auch dagegen. Entscheidend ist jedoch, dass selbst derjenige, der keine hinlängliche Gewissheit haben kann, eine solche Gewissheit gegenüber seinen Kaufinteressenten auch nicht vorgeben darf. Eben dies hat die Beklagte jedoch mit ihrer apoditkischen Formulierung "dort fälschlich Carl Rottmann zugeschrieben" getan und dies mit ihrem allgemeinen Hinweis, ihre Katalogbeschreibung "nach bestem Wissen und Gewissen" erstellt zu haben, zusätzlich verstärkt.

bb) Begründete Zweifel des Klägers an der Zuordnung zu Fohr erlangte der Kläger frühestens im Dezember 2011 aufgrund der Einschätzung von SV1, das Blatt stamme eher von Rottmann, so dass die Verjährung frühestens mit Ablauf dieses Jahres einsetzte. Eine vorherige Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers ist weder nachvollziehbar vorgetragen noch ersichtlich, weshalb Ansprüche des Klägers zugleich nicht an § 442 Abs. 1 BGB scheitern. Insbesondere musste die Angabe im Verkaufskatalog der Beklagten den Kläger nicht veranlassen, nähere Erkundigungen zur Urheberschaft einzuholen. Denn im Katalog war die Zuschreibung zu Rottmann für einen Leser eindeutig als "fälschlich" deklariert worden.

Erhebliches Fachwissen des Klägers hat die Beklagte zwar behauptet, aber weder substantiiert dargetan noch auch nur konkrete Anknüpfungstatsachen benannt, aufgrund derer der Kläger zu einer vergleichbaren wissenschaftlichen Einschätzung hätten gelangen können bzw. auch nur die Fehlerhaftigkeit der - kunsthistorische Absicherung in Anspruch nehmenden - Katalogbeschreibung hätte erkennen müssen. Die vage gehaltene Formulierung, der Kläger besitze eine 'beachtliche Bibliothek zu Kunstwerken der deutschen Romantik', reduziert sich bei dieser Sachlage auf eine bloße Vermutung 2008 bereits vorhandenen Fachwissens, die zudem allgemein gehalten bleibt und sich nicht auf die konkrete Zeichenweise von Fohr einerseits und Rottmann andererseits bezieht."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Karlsruhe: Urheber eines mit einem Bauwerk verbundenen Kunstwerks hat keinen Anspruch auf bauliche Veränderungssperre

OLG Karlsruhe
Urteile vom 26.04.2017
6 U 207/15 und 6 U 92/15

Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass der Urheber eines mit einem Bauwerk verbundenen Kunstwerks keinen Anspruch auf eine bauliche Veränderungssperre über die gesamte Dauer des urheberrechtliche Schutzes hat. Vielmehr sind auch die Interessen des Eigentümers des Gebäudes zu beachten.

Die Pressemitteilung des OLG Karlsruhe:

Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigt Abweisung der Klagen im Streit um den Erhalt von Licht- und Rauminstallationen in der Kunsthalle Mannheim

Der unter anderem für Urheberrecht zuständige 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat die Berufungen der Klägerin gegen die Abweisung ihrer Ansprüche auf Erhalt bzw. Wiederherstellung der Lichtinstallation „PHaradise“ und der Rauminstallation „HHole (for Mannheim)“ mit Urteilen vom 26.04.2017 zurückgewiesen.

Die Klägerin, die international tätige Künstlerin Nathalie Braun Barends, hatte von der beklagten Stadt Mannheim den Erhalt bzw. die Wiederherstellung der Lichtinstallation „PHaradise“ und der Rauminstallation „HHole (for Mannheim)“ verlangt. Die Lichtinstallation war im Dach- und Kuppelbereich des Billing-Baus der Kunsthalle Mannheim errichtet worden. Im Zuge der Sanierung des Billing-Baus im Jahr 2010 ließ die beklagte Stadt die Lichtinstallation abbauen und seither nicht wieder aufbauen. Die Installation „HHole (for Mannheim)“ erstreckte sich über alle sieben Raumebenen des Athene-Traktes der Kunsthalle Mannheim. Nach der Planung der Stadt, die hinsichtlich der Geschossdecken inzwischen umgesetzt ist, soll der Athene-Trakt der Kunsthalle zukünftig keine Zwischendecken mehr aufweisen, weshalb die Installation „HHole (for Mannheim)“ nicht zu erhalten ist. Die Klägerin beruft sich zur Abwehr der Zerstörung der beiden Kunstwerke auf ihr Urheberrecht als Künstlerin und auf vertragliche Vereinbarungen. Das Landgericht hatte in dem die Lichtinstallation „PHaradise“ betreffenden Verfahren die Klage abgewiesen. Im Fall der Rauminstallation „HHole (for Mannheim)“ hat es teilweise den geltend gemachten Vergütungsanspruch zugesprochen und im Übrigen die Klage abgewiesen.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat das Urteil des Landgerichts Mannheim hinsichtlich der Lichtinstallation „PHaradise“ bestätigt. In dem die Rauminstallation „HHole (for Mannheim)“ betreffenden Verfahren hat es die Berufung der Klägerin ebenfalls zurückgewiesen und auf die Berufung der Stadt Mannheim hin deren Verurteilung zur Zahlung einer Vergütung in Höhe von 66.000 EUR aufgehoben und die Klage damit insgesamt abgewiesen.

Der Senat ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass beide Werke nach dem Urheberrechtsgesetz geschützt sind und dadurch gekennzeichnet sind, dass sie mit den jeweiligen Bauwerken verbunden sind.

Unter Abwägung der Interessen der beklagten Stadt Mannheim als Eigentümerin des Gebäudes an einem Umbau und einer anderweitigen Nutzung und dem Interesse der Künstlerin an einer Fortexistenz des von ihr geschaffenen Kunstwerks treten im Fall der vollständigen Zerstörung oder Entfernung des Kunstwerks die Interessen der Klägerin als Urheberin zurück. Anders als bei Gemälden oder Skulpturen, welche ohne Verfälschung ihres künstlerischen Ausdrucksgehalt auch anderenorts präsentiert werden können, kann der Urheber eines mit dem jeweiligen Bauwerk verbundenen Kunstwerks grundsätzlich nicht erwarten, dass der Eigentümer mit dem Erwerb des Kunstwerks die Verpflichtung eingehen will, dieses für die Dauer des Urheberrechtsschutzes - also bis 70 Jahre nach dem Tod des Werkschöpfers - unter Inkaufnahme einer weitgehenden baulichen Veränderungssperre auf seinem Grundstück zu erhalten. Auch der Umstand, dass die Kunstwerke in einem Kunstmuseum errichtet wurden, begründet keine andere Entscheidung. Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet gewesen, die Planung der Neugestaltung des Gebäudes an den Interessen der Klägerin auszurichten.

Die von der Klägerin geltend gemachten Umstände für eine abweichende Interessenabwägung hat der Senat nicht durchgreifen lassen. Auch ein vertraglicher Anspruch auf den Erhalt oder auf die Wiedererrichtung der Kunstwerke besteht nicht. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus der Bezeichnung als „permanente Installation“, noch - im Fall der Rauminstallation „HHole (for Mannheim)“ - aus der Verwendung des Zeichens „∞“ u.a. für die „Leihfrist“ im Leihschein und den weiteren Besonderheiten der Werke. Diese Umstände rechtfertigen nicht die Annahme, die Stadt habe eine vertragliche Pflicht für den Erhalt der Werke für die Dauer der Geltung des Urheberrechtsschutzes übernommen. Da die Entfernung der Werke rechtmäßig ist, steht der Klägerin auch kein Anspruch auf eine spätere Installation in geänderter Umgebung oder auf Schadensersatz zu.
Abweichend vom Landgericht nimmt der Senat in dem das Kunstwerk „HHole for Mannheim“ betreffenden Verfahren an, dass der Klägerin im Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2014 der geltend gemachte Vergütungsanspruch nicht zustand. Der Senat hat daher das Urteil des Landgerichts insoweit abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Die Klägerin kann Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen.

KG Berlin: GEMA darf den Urhebern zustehende Vergütungsanteile nicht um den Verlegeranteil kürzen und an Verleger auszahlen

KG Berlin
Urteil vom 14.11.2016
24 U 96/14


Das KG Berlin hat entschieden, dass die GEMA die den Urhebern zustehenden Vergütungsanteile nicht um den Verlegeranteil kürzen und an Verleger ausschütten darf.

Die Pressemitteilung des Gericht:

Kammergericht: Teilurteil zur Ausschüttung von Nutzungsentgelten für Urheberrechte

Das Kammergericht hat in einem heute verhandelten Berufungsverfahren die Rechte von Musikern/Künstlern gestärkt: Die GEMA ist danach gegenüber den klagenden Künstlern ab dem Jahr 2010 nicht berechtigt, die diesen als Urhebern zustehenden Vergütungsanteile um sogenannte Verlegeranteile zu kürzen.

Hintergrund des Rechtsstreits ist die Frage, wie Einnahmen aus Nutzungsrechten für Urheberrechte zu verteilen sind. Der 24. Senat des Kammergerichts hat in seiner Entscheidung die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. April 2016 – Verlegeranteil; BGH I ZR 198/13) auf die Ausschüttung für Nutzungen von Urheberrechten übertragen und fortgeführt. Danach dürfe die GEMA Gelder nur an diejenigen Berechtigten ausschütten, die ihre Rechte wirksam übertragen hätten. Hätten die Urheber ihre Rechte zuerst aufgrund vertraglicher Vereinbarungen auf die GEMA übertragen, so könnten die Verleger keine Ansprüche aus den Urheberrechten der Künstler ableiten. Denn den Verlegern stehe kein eigenes Leistungsschutzrecht zu. Dementsprechend könnten sie auch nicht beanspruchen, an den Einnahmen aus Nutzungsrechten beteiligt zu werden.

Etwas Anderes könne zwar gelten, wenn die Urheber zugunsten der Verleger konkrete Zahlungsanweisungen getroffen oder ihre Ansprüche auf ein Entgelt gegen die GEMA an die Verleger (zumindest teilweise) abgetreten hätten. Solche besonderen Vereinbarungen zugunsten der Verleger seien aber weder typisiert erkennbar noch in dem vorliegenden Fall der klagenden Künstler feststellbar.

Das Kammergericht hat ferner die GEMA in der heutigen Entscheidung verurteilt, den Klägern Auskunft über die entsprechenden Verlegeranteile zu erteilen und darüber Rechnung zu legen. Über die Frage, ob den Künstlern aufgrund der zu erteilenden Auskünfte auch ein Anspruch auf Zahlung von weiteren Entgelten zustehe, wurde heute noch nicht entschieden. Zunächst muss die Auskunft abgewartet werden, so dass nur ein Teilurteil verkündet wurde.

Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen; die Beschwerde beim Bundesgerichtshof gegen die Nichtzulassung der Revision dürfte wäre mangels Erreichen der erforderlichen Beschwerdesumme nicht zulässig sein.

Kammergericht Berlin, 24. Zivilsenat, Urteil vom 14. November 2016
Aktenzeichen 24 U 96/14
Landgericht Berlin, Urteil vom 13. Mai 2014
Aktenzeichen 16 O 75/13


Gesetzgeber: Gesetz zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung

Der Gesetzgeber hat nun den Regierungsentwurf des "Gesetzes zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung" vorgelegt. Über den Entwurf wird bereits kontrovers diskutiert.

Aus der Gesetzesbegründung:

"A. Problem und Ziel

Die Reform des Urhebervertragsrechts im Jahr 2002 hatte erstmals einen Anspruch der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung gesetzlich verankert. Außerdem hatte der Gesetzgeber das Instrument der gemeinsamen Vergütungsregeln geschaffen. Entscheidungen der Gerichte haben seitdem das Recht der Kreativen auf
angemessene Vergütung konkretisiert; auch sind einige gemeinsame Vergütungsregeln aufgestellt worden. Nach wie vor bestehen aber insbesondere die folgenden Defizite:

– Eine gestörte Vertragsparität führt dazu, dass sich Kreative in vielen Fällen noch immer auf Vertragsbedingungen einlassen müssen, mit denen sie alle Rechte am Werk beziehungsweise an ihren Leistungen gegen eine unangemessene Einmalzahlung aus der Hand geben („Total Buy-Outs“)
.
– Den Kreativen fehlt nach wie vor oft die Markt- und Verhandlungsmacht, um den gesetzlich verankerten Anspruch auf angemessene Vergütung tatsächlich durchzusetzen. Ihnen droht, wenn sie ihre Rechte wahrnehmen, häufig ein faktischer Boykott („Blacklisting“).

Im Ergebnis führen diese Defizite teilweise zu unangemessen niedrigen Vergütungen der Urheber und ausübenden Künstler. Dem ist durch eine Stärkung der Vertragsparität zu begegnen: Es geht um die faire Beteiligung an den Erlösen der Verwertung von kreativen Leistungen, sichergestellt durch individualvertragliche und kollektivrechtliche Mechanismen.


B. Lösung
Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) wird wie folgt geändert:

– Gestärkt wird zum einen die individualrechtliche Stellung der Kreativen: Das reformierte Recht betont den Grundsatz der angemessenen Vergütung für jede Nutzung (§ 32 Absatz 2 UrhG in der Entwurfsfassung (UrhG-E)) und gibt einen gesetzlichen Auskunftsanspruch über die erfolgte Nutzung (§ 32d UrhG-E). Der Urheber, der gegen eine pauschale Vergütung ein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt hat, kann sein Werk nach Ablauf von zehn Jahren anderweitig verwerten. Seinem Vertragspartner verbleibt ein einfaches Nutzungsrecht, um seine Verwertung fortsetzen
zu können (§ 40a UrhG-E). Soweit tarifvertraglich oder im Rahmen von gemeinsamen Vergütungsregeln abweichende Regelungen getroffen werden, kann von diesen gesetzlichen Bestimmungen im Individualvertrag abgewichen werden.

– Zugleich wird das Recht der gemeinsamen Vergütungsregeln reformiert: Wer als Werknutzer selbst gemeinsame Vergütungsregeln aufgestellt hat oder Mitglied eines Verbands ist, der sich entsprechend verpflichtet hat, kann bei Verstößen gegen diese Regeln von den Vertragsparteien der einschlägigen gemeinsamen Vergütungsregeln auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (§ 36b UrhG-E). Das Verfahren zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln wird gestrafft (§§ 36, 36a UrhG-E).

– Weitere Rechtsänderungen im Interesse der Urheber und ausübenden Künstler flankieren die zuvor skizzierten Schwerpunkte der Reform. "

Neue Regeln für Verwertungsgesellschaften - Gesetzentwurf zur Umsetzung der Richtlinie 2014/26/EU über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten

Die Bundesregierung hat den Entwurf des "Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/26/EU über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt sowie zur Änderung des Verfahrens betreffend die Geräte- und Speichermedienvergütung" vorgelegt.

Die wesentliche Änderungen (Auszug aus dem Entwurf):

"Das UrhWahrnG wird durch ein neues Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) abgelöst, das sowohl die in Umsetzung der VG-Richtlinie erlassenen Bestimmungen als auch die Reformvorschriften hinsichtlich des Verfahrens zur Ermittlung der Geräte- und Speichermedienvergütung enthält.

Das VGG übernimmt neben den Vorgaben der VG-Richtlinie auch die bewährten Regeln des deutschen Wahrnehmungsrechts, teils angepasst, soweit unionsrechtlich oder sonst geboten. Zugleich gestaltet das VGG das Verfahren zur Tarifaufstellung im Bereich der Geräte- und Speichermedienvergütung schneller und effizienter aus, stärkt die Effizienz der Staatsaufsicht über die Verwertungsgesellschaften beim Deutschen Patent- und Markenamt
(DPMA) und sichert den gesetzlichen Anspruch auf die Geräte- und Speichermedienvergütung gegenüber den Vergütungsschuldnern.

[...]

– Die Reform übernimmt die Erlaubnispflicht für Verwertungsgesellschaften als aufsichtsrechtliche Vorabkontrolle (§§ 77 ff. VGG). Verwertungsgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum bedürfen einer Erlaubnis nur, wenn sie bestimmte Rechte oder gesetzliche Vergütungsansprüche wahrnehmen wollen, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben (§ 77 Absatz 2 VGG).

– Abschlusszwang und Hinterlegungsrecht (§§ 34, 37 VGG) zugunsten der Nutzer werden als bewährte Instrumente des bisherigen Wahrnehmungsrechts beibehalten.

– Wie bislang sollen Verwertungsgesellschaften kulturelle und soziale Zwecke verfolgen (§ 32 VGG).

– Die Maßgaben der VG-Richtlinie werden umgesetzt. Detailliert ausgestaltet wird zum einen das Innenverhältnis zwischen Verwertungsgesellschaften und Rechtsinhabern, Berechtigten und Mitgliedern (§§ 9 ff. VGG), zum anderen das Außenverhältnis zu den Nutzern geschützter Werke und Leistungen (§§ 34 ff. VGG). Die §§ 59 ff. VGG enthalten besondere Regelungen für die gebietsübergreifende Vergabe von Onlinerechten für die Nutzung von Musik im Internet. Das Recht der Staatsaufsicht über die Verwertungsgesellschaften wird in den §§ 75 ff. VGG modernisiert und an die künftige Zusammenarbeit der europäischen Aufsichtsbehörden angepasst.

– Das VGG ermöglicht die raschere Aufstellung von Tarifen für die Geräte- und Speichermedienvergütung, indem es die bisher bestehende Pflicht aufgibt, vor der Tarifaufstellung Verhandlungen über den Abschluss eines Gesamtvertrags zu führen (§ 40 Absatz 1 VGG). Gleichzeitig stellt es in § 93 VGG ein neues, selbständiges Schiedsstellenverfahren zur Ermittlung der für die Vergütung relevanten Nutzung von Geräten und Speichermedien zur Verfügung. Außerdem wird für die Schiedsstelle für Urheberrechtsstreitigkeiten beim DPMA die Möglichkeit geschaffen, eine Sicherheitsleistung für die Geräte- und Speichermedienvergütung anzuordnen (§ 107 VGG).

BGH: Fotoausstellung über Joseph-Beuys-Aktion ohne Genehmigung der Beuys-Witwe zulässig - selbständiges Werk nach § 24 Abs. 1 UrhG

BGH
Urteil vom 16.05.2013
I ZR 28/12
Beuys-Aktion
UrhG § 16, § 23 Satz 1, § 24 Abs. 1

Leitsätze des BGH:


a) Jede Bearbeitung oder andere Umgestaltung im Sinne des § 23 Satz 1 UrhG stellt, soweit sie körperlich festgelegt ist, zugleich eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG dar.

b) In einer nur unwesentlichen Veränderung einer benutzten Vorlage ist nicht mehr als eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG zu sehen. Eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung im Sinne des § 23 Satz 1 UrhG setzt daher eine wesentliche Veränderung der benutzten Vorlage voraus. Ist die Veränderung der benutzten Vorlage indessen so weitreichend, dass die Nachbildung über eine eigene schöpferische Ausdruckskraft verfügt und die entlehnten eigenpersönlichen Züge des Originals angesichts der Eigenart der Nachbildung verblassen, liegt im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG ein selbständiges Werk vor, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist.

BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 28/12 - OLG Düsseldorf - LG Düsseldorf

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Hamburg: Irreführende Werbung eines Streamingdienstleisters für angeblich vergütungsfreies Internetradio

LG Hamburg
Beschluss vom 10.01.2013
315 O 540/12


Das LG Hamburg hat die irreführende und damit wettbewerbswidrige Werbung eines Streaminganbieters untersagt. Dieser hat damit geworben, dass der Betrieb eines Internetradios ohne Zahlungen von Vergütungen an Verwertungsgesellschaften möglich sei.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung hat auch in der Sache Erfolg. Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus §§ 3, 8, 5 S. 1, S. 2 Nr. 1, 3 UWG. Die beanstandete Äußerung ist irreführend, da der durch sie geweckte Eindruck nicht den Tatsachen entspricht.
[...]
Tatsächlich entsteht für die Internetradio-Betreiber in Deutschland jedoch eine solche Vergütungspflicht aus §§ 78 Abs. 2 Nr. 1, 86 UrhG."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: