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OLG Köln: Amazon haftet nicht kenntnisunabhängig für Wettbewerbsverstoß durch Marketplace-Händler - Pflichtangaben zum Energieverbrauch

OLG Köln
Urteil vom 20.12.2013
6 U 56/13


Das OLG Köln hat entschieden, dass Amazon ohne Kenntnis von der Rechtsverletzung nicht für Wettbewerbsverstöße durch Marketplace-Händler verantwortlich ist. Vorliegend ging es um fehlende Pflichtangaben zum Energieverbrauch gemäß Art. 4b und 4c der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1062/2010 beim Verkauf von Fernsehern. Fehlen diese, so liegt ein Wettbewerbsverstoß vor. Das Gericht deutet an, dass Amazon zukünftig womöglich dazu verpflichtet sein könnte, die Marketplace-Händler über die Notwendigkeit der Pflichtangaben zu informieren.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Wie bereits das Landgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, ist der Betreiber einer Internet-Handelsplattform grundsätzlich nicht verpflichtet, jedes ihm übermittelte Angebot vor Veröffentlichung auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen (BGHZ 191, 19 = GRUR 2011, 1038 = WRP2011, 1609 [Rn. 21] - Stiftparfüm m.w.N.).

Eine Haftung des Plattformbetreibers als Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) der rechtsverletzenden Handlung des Dritten erfordert mindestens bedingten Vorsatz in Bezug auf die Haupttat, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss (BGHZ 158, 236 [250) = GRUR 2004, 860 - Internet-Versteigerung I; GRUR 2011, 152 = WRP 2011, 223 [Rn. 30] - Kinderhoch-stühle im Internet). Hierfür fehlt es meist - so auch hier - an greifbaren Anhaltspunkten.

Anstelle einer Störerhaftung, die im Bereich des wettbewerbsrechtlichen Verhaltensunrechts (einschließlich des Unterlassens von Pflichtinformationen) auf Grund rechtsdogmatischer Erwägungen ausscheidet (vgl. BGH, GRUR 2011, 152 = WRP 2011. 223 [Rn. 48] - Kinderhochstühle im Internet), kommt allerdings eine täterschaftliche Haftung des Plattformbetreibers aus der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht unter dem Gesichtspunkt des gefahrerhöhenden Verhaltens in Betracht (vgl. BGHZ173. 188 = GRUR 2007, 890 = WRP 2007, 1173 [Rn. 22, 36] - Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGH, GRUR 2012, 304 = WRP 2012, 330 [Rn. 60) - Basler-Haar-Kosmetik). Insoweit kann auf die zur Störerhaftung bei Schutzrechtsverletzungen entwickelten Kriterien zurückgegriffen werden (Senat, MD 2010, 1093 - Schlank-Sensation Nr.1; NJOZ 2012, 971 -Schlank-Geheimnis). Diese Haftung greift jedoch in aller Regel erst ein, wenn der Plattformbetreiber auf klare Rechtsverletzungen des Handlers hingewiesen worden ist; unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten ist er insbesondere nicht verpflichtet, komplizierte Beurteilungen im Einzelfall durchzuführen, ob ein beanstandetes Angebot sich tatsachlich als wettbewerbswidrig erweist (vgl. BGH, GRUR 2011, 152 = WRP 2011, 223 [Rn. 48] - Kinderhochstühle im Internet m.w.N). Erst nach Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung muss er nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Rechtsverletzungen kommt (vgl. BGHZ 191, 19 = GRUR 2011, 1038 = WRP 2011, 1609 [Rn. 20] - Stiftparfüm)."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: