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BGH: Bei Beurteilung der Verwechslungsgefahr von sich gegenüberstehenden Marken bzw. Kennzeichen sind beschreibende Bestandteile nicht von vornherein von Beurteilung der Ähnlichkeit ausgenommen

BGH
Beschluss vom 09.07.2020
I ZB 80/19
YOOFOOD / YO
MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2


Der BGH hat entschieden, dass bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr von sich gegenüberstehenden Marken bzw. Kennzeichen beschreibende Bestandteile nicht von vornherein von der Beurteilung der Ähnlichkeit ausgenommen sind.

Leitsatz des BGH:

Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr von sich gegenüberstehenden Kennzeichen sind beschreibende Bestandteile nicht von vornherein und generell von der Beurteilung der Ähnlichkeit ausgenommen. Das schließt es allerdings nicht aus, dass ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Kennzeichens für den Gesamteindruck prägend sein können. Von diesem Maßstab ist auch auszugehen, wenn es um die Beurteilung eines aus mehreren Bestandteilen zu einem Wort zusammengesetzten Zeichens geht.

BGH, Beschluss vom 9. Juli 2020 - I ZB 80/19 - Bundespatentgericht

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Düsseldorf: Buchtitel "Die Wege der Wanderhure" genießt Kunstfreiheit - Mangels Markenrechtsverletzung keine Ansprüche des Verlegers der "Wanderhuren-Reihe"

OLG Düsseldorf
Urteil vom 05.08.2014
I-20 U 63/14


Die Pressemitteilung des OLG Düsseldorf:

"Die Wege der Wanderhure genießen Kunstfreiheit

Im Rechtsstreit zweier Verlagshäuser hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch Urteil vom 05. August 2014 entschieden, dass die Verwendung des Buchtitels "Die schönsten Wanderwege der Wanderhure" für eine Sammlung von Kurzbeiträgen durch die Antragsgegnerin rechtmäßig sei. Die Verwendung sei im Ergebnis zulässig, da er durch die Kunstfreiheit gem. Art. 5 Abs. 3 GG gedeckt sei. Die gegenteilige Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf hat der Senat deshalb aufgehoben und den auf Unterlassung gerichteten Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen, auch wenn sie ältere Titelrechte an den Romanen der sog. "Wanderhuren-Reihe" habe.

Zur Begründung führt der Senat aus, dass der Antragstellerin kein Unterlassungsanspruch gem. § 15 Abs. 3, 4 des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (MarkenG) zustehe. Mit dem Landgericht sei der Senat zwar der Auffassung, dass die Titel der von der Antragstellerin verlegten Bücher der "Wanderhuren-Reihe" im Sinne des § 15 Abs. 3 MarkenG "bekannt" seien und damit den erweiterten Schutz dieser Vorschrift beanspruchen könnten. Auch sei davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin diese Bekanntheit für ihre Zwecke ausnutzen wolle. Dies erfolge jedoch nicht in rechtwidriger Weise.

Der von der Antragsgegnerin genutzte Titel "Die schönsten Wanderwege der Wanderhure" genieße als "Kunst" den Schutz des Artikels 5 Abs. 3 Grundgesetz (GG). Da der Titel in seiner satirisch-ironischen Formulierung eine Kombination des heutigen Vergnügens an "schönen Wanderwegen" mit einer mittelalterlichen "Wanderhure" schaffe, sei er bereits selbst "Kunst". Der Titel stehe zudem in einem engen Bezug zu dem ersten Beitrag des Buches, der sich kritisch mit der wirtschaftlichen Verwertung von Bestsellern auseinandersetze und hierzu auch das Beispiel der Wanderhuren-Romane aufgreife. Der grundgesetzlich geschützten Kunstfreiheit stehe zwar das das Grundrecht der Antragstellerin auf Schutz ihres Eigentums aus Art. 14 GG gegenüber. Die Abwägung beider Grundrechte fiele hier aber zugunsten der Kunstfreiheit aus. Die Antragstellerin müsse sich einer Kritik stellen, die durch die Verwendung des Beispiels der "Wanderhure" in besonderer Form Aufmerksamkeit finde.

Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung besteht nicht.

Az.: OLG Düsseldorf, I-20 U 63/14


§ 15 MarkenG:

(1) Der Erwerb des Schutzes einer geschäftlichen Bezeichnung gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.

(3) Handelt es sich bei der geschäftlichen Bezeichnung um eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung, so ist es Dritten ferner untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, wenn keine Gefahr von Verwechslungen im Sinne des Absatzes 2 besteht, soweit die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

(4) Wer eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen entgegen Absatz 2 oder Absatz 3 benutzt, kann von dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.

(5)...

(6)...



Art 5 GG:

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den ge-setzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Art 14 GG:

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen."


BGH: Wettbewerbswdrige Rufbeeinträchtigung setzt eine herabsetzende oder verunglimpfende Beeinträchtigung des Rufs des betroffenen Kennzeichens voraus

BGH,
Urteil vom 09.September 2011
I ZR 48/10
Teddybär
UWG § 6 Abs. 4 Nr. 2

Leitsatz des BGH:

Der Tatbestand des § 6 Abs. 2 Nr. 4 Fall 2 UWG setzt eine herabsetzende oder verunglimpfende Beeinträchtigung des Rufs des betroffenen Kennzeichens voraus. Die
Beeinträchtigung seiner Unterscheidungskraft steht dem nicht gleich.
BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 48/10 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf

Den Volltxt der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Störerhaftung der DENIC für sich aufdrängende Namensrechtsverletzungen - regierung-oberbayern.de

OLG Frankfurt
Urteil vom 17.06.2010
16 U 239/09
regierung-oberbayern.de


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die DENIC eG bei einer sich aufdrängenden Namensrechtsverletzung verpflichtet ist, die Registrierung zu löschen. In den Entscheidungsgründen heißt es dazu:

"Die Beklagte ist jedoch wegen Vorliegens einer eindeutigen, sich aufdrängenden Namensrechtsverletzung zur Löschung der Domainregistrierungen verpflichtet. [...] Bei den vorliegenden Namen wird jedoch bereits durch die Bezeichnung "Regierung" in Verbindung mit dem Zusatz allgemein bekannter geographischer Regionen deutlich, dass der Name allein einer staatlichen Stelle zugeordnet sein kann, sie weist damit auch einen Sachbearbeiter der Beklagten, der über keine namensrechtlichen Kenntnisse verfügt, eindeutig auf einen bestimmten Namensträger hin, der allein als Rechtsinhaber in Betracht kommen kann, während gleichnamige Dritte, die ebenfalls zur Registrierung des Domainnamens berechtigt sind, nicht existieren können. "

BGH: Keine Kennzeichenrechtsverletzung durch Registrierung einer Domain wenn die Registrierung vor Entstehung des Kennzeichenrechts erfolgte - afilias.de

BGH, Urteil vom 24.04.2008 - I ZR 159/05
BGB § 12; MarkenG §§ 5, 15
afilias.de



Der BGH stellt mit dieser Entscheidung klar, dass die Registrierung einer Domain keine Kennzeichenrechtsverletzung ist, wenn das Namens- oder Kennzeichenrecht, auf welches sich der Anspruchsteller beruft, erst nach der Registrierung der Domain entstanden ist (z.B. Markenanmeldung nach Registrierung der Domain).

Leitsatz
Grundsätzlich verletzt ein Nichtberechtigter, für den ein Zeichen als Domainname unter der in Deutschland üblichen Top-Level-Domain „.de" registriert ist, das Na­mens- oder Kennzeichenrecht desjenigen, der an einem identischen Zeichen ein Namens- oder Kennzeichenrecht hat. Etwas anderes gilt jedoch regelmäßig dann, wenn das Namens- oder Kennzeichenrecht des Berechtigten erst nach der Regist­rierung des Domainnamens durch den Nichtberechtigten entstanden ist (im An­schluss an BGH, Urt. v. 9.9.2004 - I ZR 65/02, GRUR 2005, 430 = WRP 2005, 488 - mho.de).


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

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