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OLG Frankfurt: Kerngleicher Verstoß gegen Unterlassungsverpflichtung wenn Instagram-Influencer "B*******" statt "Bullshit" schreibt - 500 EURO Ordnungsgeld

OLG Frankfurt
Beschluss vom 23.09.2021
6 W 76/21


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein kerngleicher Verstoß gegen eine Unterlassungsverpflichtung vorliegt, wenn ein Instagram-Influencer "B*******" statt dem untersagten "Bullshit" schreibt. Wie schon das Landgericht hielt das OLG ein Ordnungsgeld von 500 EURO für angemessen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Das Landgericht hat der Antragsgegnerin durch Beschluss - einstweilige Verfügung - vom 19.3.2021 bei Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel u.a. untersagt,

Zusammenstellungen von Aussagen über Quality First, deren Influencer und deren Produkte in den Highlights des Instagram-Accounts „A“ mit „Mehr Bullshit“ zu bezeichnen, wenn dies geschieht wie nachfolgend eingeblendet am 22.1.2021:

(Von der Darstellung des nachfolgenden Bildes wurde aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes abgesehen - die Red.)

Die Antragsgegnerin hielt nach Zustellung der einstweiligen Verfügung weiterhin Zusammenstellungen von Aussagen über die Gläubigerin bereit. Diese waren nunmehr überschrieben mit „Mehr B********t“ und „Noch mehr B***“ (Screenshot vom 27.04.2021, Anlage G 2).

Auf Antrag der Antragstellerin hat das Landgericht durch Beschluss vom 21.6.2021 der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 €, ersatzweise ein Tag Ordnungshaft, auferlegt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, es handele sich um eine kerngleiche Verletzung der mit der einstweiligen Verfügung untersagten Handlung. Die Schuldnerin benutze den untersagten Begriff “Bullshit“ weiter. Sie habe lediglich die mittleren Buchstaben des Wortes durch Sternchen ersetzt. Angesprochenen Verkehrskreise verstünden hierunter weiter den untersagten Begriff.

Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Dieser hat das Landgericht mit Beschluss vom 17.8.2021 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht wegen eines schuldhaften Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 € festgesetzt. Dies ist weder dem Grund noch der Höhe nach zu beanstanden.

1. Zur Auslegung des Titels:

Die Urteilsformel (§ 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) muss inhaltlich bestimmt sein. Zur Bestimmung von Umfang und Reichweite der Urteilsformel können der Tatbestand und das dort in Bezug genommene Parteivorbringen sowie die Entscheidungsgründe herangezogen werden (ständige Rspr.; BGH GRUR 2014, 1211 Rn 16 - Runes of Magics II; BGH GRUR 2016, 395 Rn 18 - Smartphone-Werbung; BGH WRP 2016, 1221 Rn 14 - LGA tested).

Der Verbotstenor der einstweiligen Verfügung enthält das Verbot, „Zusammenstellungen von Aussagen über Quality First, deren Influencer und deren Produkte in den Highlights des Instagram-Accounts „A“ mit „Mehr Bullshit“ zu bezeichnen, wenn dies wie nachfolgend eingeblendet geschieht“. Es folgt eine Einblendung der Instagram-Seite, aus der sich allerdings nicht die Formulierung „Mehr Bullshit“ ergibt, sondern nur der Begriff „Mehr Bullsh...“ Der hieraus vermeintlich entstehende Widerspruch hinsichtlich der Reichweite des Titels lässt sich indes zwar nicht durch die Gründe des Beschlusses aufheben, die - bei Beschlussverfügungen typisch - kurzgehalten sind und zu dem hier gegenständlichen Antrag keine Ausführungen enthalten. In diesem Fall kann auf die Antragsschrift Bezug genommen werden, auf die das Landgericht verwiesen und damit zum Teil seiner Begründung gemacht hat. Darin hat die Antragstellerin unter Verweis auf die Anlage AS 8 (USB-Stick) vorgetragen, die Kategorie sei mit „Mehr Bullshit“ überschrieben worden. Aus den Bildschirmaufzeichnungen auf dem USB-Stick ergibt sich, dass die Antragsgegnerin die Inhalte unter der Überschrift „Mehr Bullshit“ geteilt hat. Der Titel ist daher dahingehend auszulegen, dass nicht nur „Mehr Bull...“, sondern auch „Mehr Bullshit“ erfasst ist.

2. Gegen diese Unterlassungsverpflichtung hat die Antragsgegnerin durch ihre Veröffentlichung unter der Überschrift „Mehr B********t“ (Anlage G 2) verstoßen. Hierin liegt ein kerngleicher Verstoß. Der Verkehr wird erkennen, dass auch mit der durch Sterne verfremdeten Aussage „Mehr Bullshit“ artikuliert werden sollte. Er ist daran gewöhnt, bei derart verfremdeten Wörter anzunehmen, dass ein inkriminiertes Wort, üblicherweise ein Schimpfwort, verwendet werden soll. Hinzu kommt, dass das menschliche Gehirn, wie von der Antragstellerin unbestritten vorgetragen, beim Lesevorgang insbesondere die Anfangs- und Endbuchstaben eines jeden Wortes erfasst. So vorgeprägt, wir der Verkehr bei der Suche nach einem inkriminierten (Schimpf-)Wort nur auf das Wort „Bullshit“ kommen können. Dem „plumpen Umgehungsversuch“ (so die Antragstellerin) ist daher kein Erfolg beschieden.

3. Der Verstoß erfolgte auch schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig. Ob dabei die Änderung der ursprünglichen Version zur hier gegenständlichen vor oder nach Zustellung der einstweiligen Verfügung erfolgte, ist nicht relevant. Die Antragsgegnerin hätte nach Zustellung der einstweiligen Verfügung ihren Instagram-Auftritt entsprechend anpassen müssen.

4. Die Höhe des Ordnungsgeldes begegnet keinen Bedenken. Sie wird von der Antragsgegnerin auch nicht explizit angegriffen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Trier: Verstoß gegen Unterlassungsverpflichtung wenn Unterlassungsschuldner Dritte ermuntert wettbewerbswidriges Video weiter auf YouTube und Instagram zu teilen und zu verbreiten

LG Trier
Beschluss vom 29.07.2021
7 HK O 9/21


Das LG Trier hat entschieden, dass ein Verstoß gegen eine Unterlassungsverpflichtung vorliegt, wenn der Unterlassungsschuldner Dritte ermuntert, ein wettbewerbswidriges Video weiter auf YouTube und Instagram zu teilen und zu verbreiten.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 890 Abs. 1 und 2 ZPO liegen vor.

Die Antragsgegnerin wurde gemäß rechtskräftigem Endurteil verpflichtet, es zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen zu äußern,

a) die unter der Marke „E.“ vertriebenen Produkte seien früher nicht in Deutschland hergestellt worden, wenn dies geschieht wie am 02.03.2021 in der Story des Instagram-Accounts „.“ und/oder wie in dem am 05.03.2021 auf dem YouTube-Kanal „Z...+ N.“ unter dem Link .veröffentlichten Video mit dem Titel „E. Leak | J. W. Teil 1 #fake #in #germany #alle #lügen“ (ab Minute 4:15; ab Minute 1:27:45), als Videos überreicht mit Anlage AST 7;

und/oder

b) die unter der Marke „E.“ vertriebenen Produkte seien „Fake in Germany“ gewesen, wenn dies geschieht wie am 02.03.2021 in der Story des Instagram-Accounts „.“ und/oder wie in dem am 05.03.2021 auf dem YouTube-Kanal „Z...+ N.“ unter dem Link .veröffentlichten Video mit dem Titel „E. Leak | J. W. Teil 1 #fake #in #germany #alle #lügen“ (ab Minute 1:31:15), als Videos überreicht mit Anlage AST 7.

Die Antragsgegnerin hat dieser Unterlassungsverpflichtung zuwidergehandelt.

Die Antragsgegnerin hat die verbotenen Äußerungen selbst nicht nochmals getätigt, aber ihre Follower dazu aufgefordert, die Message des neu geschnittenen Videos im Vergleich zu dem alten Video unter seiner Instagram Story zu posten. Da die Antragstellerin nur beantragt hat, die Äußerungen zu unterlassen, ist es zwar zweifelhaft, ob das Anregen von Äußerungen allein der Unterlassungsverpflichtung nach der sog. Kerntheorie ebenfalls unterfällt.

Nach dieser dürfen zwar im Interesse eines hinreichenden Rechtsschutzes und zur Vermeidung unnötiger Streitverlagerungen in die Vollstreckungsinstanz zwar gewisse Verallgemeinerungen über die enge Form der festgestellten Verletzungshandlung hinaus vorgenommen werden, sofern auch in der erweiterten Form das Charakteristische der konkreten Verletzungsform aus der begangenen Handlung zum Ausdruck kommt. Eine in bestimmter Form begangene Verletzungshandlung lasse nicht nur die Wiederholung der genau identischen Verletzungsform vermuten, sondern auch die Begehung zwar leicht abgewandelter, aber in ihrem Kern gleicher Handlungen (OLG München, Urteil vom 12. 11. 2003 - 7 U 3739/03, GRUR-RR 2004, 63, beck-online).

Vorliegend kommt aber hinzu, dass sich die Antragsgegnerin die oben genannten Äußerungen zu eigen gemacht hat, als sie sich die Kommentierung des Nutzers „...“, dass „E... fake“ sei und „im Ausland produziert“, mit dem Kommentar „Dank dir“ zusätzlich zu eigen gemacht hat. Macht sich die Antragsgegnerin eine Kommentierung unter ihrer Story, die sie angeregt hat und die sie unproblematisch hätte löschen können, durch einen befürwortenden Kommentar zu eigen, so steht dies auch nach der Kerntheorie einer eigenen Äußerung gleich.

Die Äußerungen sind auch in ihrem Kern wesensgleich, auch wenn sich der Unterlassungstenor nur auf die Vergangenheit bezog. In der Behauptung, dass dies auch in der Gegenwart noch so sei, ist aber die frühere Behauptung enthalten und wird sogar in ihrem Erheblichkeitsgrad gesteigert.

Das Gericht hat das beantragte Ordnungsgeld auf 1.000,00 € festgesetzt. Es hat hierbei sowohl die Schwere der fortgesetzten Zuwiderhandlung berücksichtigt als auch dem Umstand Rechnung getragen, dass die Schuldnerin F... GmbH & Co. KG durch ein empfindliches Übel zur Einhaltung des gerichtlichen Verbots angehalten wird. Die Ordnungshaft hat ihre Rechtsgrundlage in § 890 I 1 ZPO.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 891 S. 3, 91 ZPO."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Köln: Vertragsstrafe bei einem kerngleichen Verstoß in der Werbung auch wenn sich Wortlaut der Unterlassungserklärung auf bestimmte Werbung bezieht

OLG Köln
Urteil vom 13.03.2020
6 U 201/19


Das OLG Köln hat entschieden, dass eine Vertragsstrafe bei einem kerngleichen Verstoß in der Werbung auch dann verwirkt ist, wenn sich der Wortlaut der Unterlassungserklärung auf eine bestimmte Werbung bezieht.

Aus den Entscheidungsgründen:

2. Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.100 € nebst Zinsen wendet. Entgegen der Ansicht der Beklagten stellt die beanstandete Werbung der Beklagten einen Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtungserklärung dar, so dass die Vertragsstrafe verwirkt ist.

Für die Frage, ob die beanstandete Handlung der Beklagten einen Verstoß darstellt, ist die Unterlassungsvereinbarung zwischen den Parteien auszulegen. Im Rahmen der Auslegung der Unterlassungsvereinbarung ist zu berücksichtigen, dass die Parteien bei der inhaltlichen Ausgestaltung eines Unterlassungsvertrages frei sind, so dass sich dessen Auslegung nach den allgemeinen für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen richtet. Maßgebend für die Reichweite einer vertraglichen Unterlassungsverpflichtung ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB), zu dessen Auslegung neben dem Inhalt der Vertragserklärungen auch die beiderseits bekannten Umstände, insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, ihr Zweck, die Wettbewerbsbeziehung zwischen den Vertragsparteien und ihre Interessenlage heranzuziehen sind (vgl. BGH, Urteil vom 18.09.2014 – I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 – CT-Paradies; BGH, Urteil vom 17.07.2008 – I ZR 168/05, GRUR 2009, 181 – Kinderwärmekissen; BGH, Urteil vom 25.10.2012 – I ZR 169/10, GRUR 2013, 531 – Einwilligung in Werbeanrufe II; BGH, Urteil vom 17.07.1997 – I ZR 40/95, GRUR 1997, 931 – Sekundenschnell; Kessen in Teplitzky, Wettbewerbliche Ansprüche und Verfahren, 12. Aufl., 8. Kap. Rn. 13).

Ein unmittelbarer Rückgriff auf die Grundsätze, die für die Auslegung eines in gleicher Weise formulierten Unterlassungstitels gelten, kommt dagegen nicht in Betracht, weil einem Unterlassungsvertrag der Charakter eines vollstreckbaren Titels fehlt (vgl. BGH, GRUR 1997, 931 – Sekundenschnell; Kessen in Teplitzky aaO, Kap. 12 Rn. 13, jeweils mwN).

Der Umstand, dass sich ein Unterlassungsvertrag seinem Wortlaut nach nur auf eine bestimmte Werbung bezieht, bedeutet nicht, dass sich die vertragliche Unterlassungspflicht auf diesen beschränken muss. Zweck eines Unterlassungsvertrages ist es regelmäßig, nach einer Verletzungshandlung die Vermutung der Wiederholungsgefahr durch eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungsverpflichtung auszuräumen und damit die Einleitung oder Fortsetzung eines gerichtlichen Verfahrens entbehrlich zu machen. Die Vermutung der Wiederholungsgefahr gilt jedoch nicht allein für die genau identische Verletzungsform, sondern umfasst auch alle im Kern gleichartigen Verletzungsformen. Der regelmäßig anzunehmende Zweck eines Unterlassungsvertrages spricht deshalb erfahrungsgemäß dafür, dass die Vertragsparteien durch ihn auch im Kern gleichartige Verletzungsformen erfassen wollten. Zwingend ist dies aber nicht. Die Auslegung des Unterlassungsvertrages kann auch ergeben, dass dieser bewusst eng auf die bezeichnete konkrete Verletzungsform bezogen ist (vgl. BGH, GRUR 1997, 931 – Sekundenschnell, Kessen in Teplitzky aaO, Kap. 8 Rn. 16, jeweils mwN). Eine besonders eng am Wortlaut orientierte Auslegung des Unterlassungsversprechens kann geboten sein, wenn im Verhältnis zur Bedeutung der Sache eine besonders hohe Vertragsstrafe vereinbart wurde (vgl. BGH, Urteil vom 13.02.2003 – I ZR 281/01, GRUR 2003, 545 – Hotelfoto). Dies gilt nicht, wenn sich der Versprechende zur Zahlung einer vom Kläger nach billigem Ermessen festzusetzenden Vertragsstrafe verpflichtet hat, die im Streitfall auf ihre Angemessenheit zu überprüfen ist (vgl. BGH, GRUR 2015, 258 – CT-Paradies).

Nach dem Wortlaut der Vereinbarung hat sich die Beklagte verpflichtet, es zu unterlassen, für die oben genannten Arzneimittel (B. Direkt, B. Protect und B. N) ohne gem. § 4 Abs. 3 HWG dem jeweils beworbenen Arzneimittel zugeordnet wiederzugeben, insbesondere so, wie in der Anlage erfolgt.

Der Wortlaut bezieht sich auf die Werbung für eines der genannten Arzneimittel ohne die Pflichtangaben mit entsprechender Zuordnung wiederzugeben. Damit macht bereits der Wortlaut deutlich, dass sich die Unterlassungsverpflichtung der Beklagten nicht auf eine Werbung ohne Pflichtangaben bezog, sondern auf eine solche, bei der die Zuordnung der Pflichtangaben nicht hinreichend erfolgte. Die Tatsache, dass sich die Formulierung „insbesondere“ auf eine Anlage bezog, in der eine Werbung vollständig ohne Pflichtangaben erfolgte, steht dem letztlich nicht entgegen. Denn die Bezugnahme durch die Formulierung „insbesondere“ soll das Charakteristische der Verletzungshandlung beispielhaft hervorheben, diese aber nicht beschränken. Es kommt hinzu, dass der Unterlassungserklärung der Beklagten eine Abmahnung des Klägers vom 05.04.2004 vorausgegangen ist. Der Inhalt der Abmahnung kann für die Auslegung der Unterlassungserklärung – jedenfalls im Rahmen der sonstigen zu berücksichtigenden Umstände – ebenfalls betrachtet werden. In der Abmahnung wies der Kläger auf folgendes hin:

Ferner geben Sie nicht die erforderlichen Pflichtangaben bei der jeweiligen Produktwerbung wieder – wie in § 4 Abs. 3 HWG gefordert in deutlicher Form – sondern geben lediglich am Ende dieser Seite den Hinweis an „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.

Vor diesem Hintergrund konnte der Kläger die Unterlassungserklärung der Beklagten allein dahin verstehen, dass diese die abgemahnte Handlung ebenfalls umfassen sollte. Dabei ist – wie dargelegt – auch zu berücksichtigen, dass die Unterlassungserklärung den Sinn hatte, die Wiederholungsgefahr auszuräumen. Diese bestand indes in Bezug auf eine Werbung, bei der die Pflichtangaben nicht in der Nähe der der Werbung, sondern deutlich unterhalb von dieser positioniert waren.

Die nunmehr vom Kläger beanstandete Handlung fällt unter die Unterlassungsverpflichtung, weil die Beklagte erneut eine Werbung ohne hinreichende Zuordnung der Pflichtangaben nutzte.

Soweit sich die Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht auf Produkte bezog, die Gegenstand der nunmehr angegriffenen Werbung sind, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn Inhalt der Abmahnung und Kern der Verletzungshandlungen war die fehlende Zuordnung zu einem Produkt aus der „B. Familie“. Zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr musste die Beklagte daher eine Unterlassungserklärung abgeben, die sich auch auf den Kernbereich der damaligen Verletzungshandlung bezog. Vor diesem Hintergrund sollte die Unterlassungserklärung auch weitere Produkte der Produktfamilie umfassen.

Soweit die Beklagte beanstandet, das Landgericht habe Vortrag zugrunde gelegt, der erst nach der mündlichen Verhandlung erfolgt sei, kann dem nicht beigetreten werden. Der Kläger hat im Rahmen der Klagebegründung vorgetragen, was Inhalt der Unterlassungsverpflichtung war und diese, wie auch die Abmahnung, mit der Klageschrift vorgelegt.

Die Zuwiderhandlung erfolgte schuldhaft. Das Verschulden wird vermutet (vgl. Schaub in Teplitzky aaO, Kap. 20 Rn. 15, mwN); Anhaltspunkte, die gegen ein Verschulden der Beklagten sprechen würden, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

Die Höhe der Vertragsstrafe, die sich aus der Vereinbarung ergibt, ist nicht zu beanstanden, zumal es sich um eine fest vereinbare Summe und nicht um eine nach billigem Ermessen zu bestimmende Vertragsstrafe handelt.

3. Die Berufung des Klägers hat Erfolg und führt zur Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer weiteren Vertragsstrafe von 5.100 € nebst Zinsen.

Wie unter Ziffer 2 dargelegt ist die Vertragsstrafe durch die beanstandete Verletzungshandlung verwirkt. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Vertragsstrafe auch für zwei Verletzungshandlungen verwirkt. Für mehrere Verletzungshandlungen wird die Vertragsstrafe mehrfach fällig, sofern sie nicht als natürliche Handlungseinheit angesehen werden können (vgl. Schaub in Teplitzky aaO, Kap. 20 Rn. 16). Dabei ist wiederum die Auslegung der Vereinbarung der Vertragsstrafe zu betrachten.

Im Rahmen der Auslegung ist zu berücksichtigen, dass das Sicherungsbedürfnis des Gläubigers mit einfließen kann, der Schuldner aber nicht übermäßig belastet werden soll (vgl. Schaub in Teplitzky aaO, Kap. 20 Rn. 17b). Dies führt im Ausgangspunkt dazu, dass häufig eine einheitliche Handlung anzunehmen ist, wenn dem Schuldner eine Handlung vorgeworfen wird, wie etwa das Einstellen einer Werbung in das Internet. Etwas anderes ist indes dann anzunehmen, wenn die Handlung nach einer Abmahnung andauert. Denn in diesem Fall liegt in der Nichthandlung trotz Kenntnis der Verletzungshandlung ein erneuter Verstoß. Andernfalls wäre die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe nicht geeignet, die Gefahr der Wiederholung dauerhaft auszuräumen. Denn der Schuldner könnte bei einer Dauerhandlung lediglich einmal auf Zahlung der Vertragsstrafe in Anspruch genommen werden, bevor ein erneutes Verfahren erforderlich wäre. Dies entspricht in der Regel nicht dem erkennbaren Willen der Parteien. Anhaltspunkte, dass hier eine andere Auslegung vorzunehmen wäre, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Köln: Werbung mit "Goldankauf zu Top-Preisen" keine unzulässige Spitzenstellungsbehauptung und auch nicht mit Werbung für "Höchstpreise" gleichzusetzen

OLG Köln
Urteil vom 19.06.2015
6 U 173/14


Das OLG Köln hat entschieden, dass die Werbung mit "Goldankauf zu Top-Preisen" keine unzulässige Spitzenstellungsbehauptung darstellt und auch nicht mit Werbung für "Höchstpreise" gleichzusetzen ist.