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BGH: Verkauf von Eintrittskarten über Kommissionär des Veranstalters ist Rechtskaufvertrag - auch bei Fernabsatzvertrag nach § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB kein Widerrufsrecht

BGH
Urteil vom 13.07.2022
VIII ZR 317/21
BGB § 453 Abs. 1, § 312g Abs. 2 Nr. 9, § 313 Abs. 1, 3; EGBGB Art. 240 § 5


Der BGH hat entschieden, dass der Verkauf von Eintrittskarten über eine Vorverkaufsstelle als Kommissionär des Veranstalters ein Rechtskaufvertrag ist, so dass auch bei einem Fernabsatzvertrag nach § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB kein Widerrufsrecht besteht.

Leitsätze des BGH:
a) Bei dem Vertrieb von Eintrittskarten über eine Vorverkaufsstelle, die als Kommissionärin des Veranstalters handelt, wird zwischen dieser und dem Käufer ein Rechtskaufvertrag abgeschlossen. Kaufgegenstand ist das Recht auf Teilnahme an der von dem Veranstalter durchzuführenden Veranstaltung, das durch die Eintrittskarte als kleines Inhaberpapier (§ 807 BGB) verbrieft ist und durch deren Übereignung (§§ 929 ff. BGB) übertragen wird.

b) Auf diesen Rechtskaufvertrag ist § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB anzuwenden. Ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB besteht hierfür deshalb auch dann nicht, wenn ein Fernabsatzvertrag vorliegt.

c) Mit der Übereignung der Eintrittskarte hat die Vorverkaufsstelle ihre Verpflichtung aus dem Rechtskaufvertrag vollständig erfüllt. Für eine nachträgliche Absage der Veranstaltung haftet sie dem Käufer gegenüber grundsätzlich nicht. Dies gilt auch dann, wenn die Veranstaltung wegen eines auf Grund der COVID-19-Pandemie erlassenen Veranstaltungsverbots abgesagt werden muss.

d) Der Käufer kann von der Vorverkaufsstelle bei einer pandemiebedingten Absage einer Veranstaltung die Rückzahlung des Ticketpreises nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage verlangen, wenn ihm der Veranstalter als Ersatz für den Ausfall einen Wertgutschein nach Art. 240 § 5 EGBGB angeboten hat. Dessen Annahme ist dem Käufer in der Regel zumutbar.

BGH, Urteil vom 13. Juli 2022 - VIII ZR 317/21 - LG Bremen - AG Bremen

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Koblenz: Streit um Festival "Rock am Ring" - Möglicher Werktitelschutz und die Auseinandersetzung einer GbR ohne explizite Regelung zu den Kennzeichenrechten

OLG Koblenz
Urteil vom 29.08.2014
6 U 850/14


Abermals zeigt sich: Durch eine vernünftige vertragliche Regelung wäre dieser Rechtsstreit nicht erforderlich gewesen. Insbesondere im Event-, Veranstaltungs- und Konzertbereich fehlt es leider immer wieder an entsprechenden Vertragswerken.

Die Pressemitteilung des OLG Koblenz:

"Nürburgring GmbH i.E. scheitert mit Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen der Bezeichnung "Rock am Ring" Möglicher Werktitel steht der Marek Lieberberg Konzertagentur GmbH & Co. KG zu

Rechtsinhaber eines möglicherweise entstandenen Werktitelrechts hinsichtlich der Bezeichnung „Rock am Ring“ ist die Marek Lieberberg Konzertagentur GmbH & Co. KG. Der Nürburgring GmbH in Eigenverwaltung (i.E.) steht daher kein Anspruch gegen Marek Lieberberg und die Marek Lieberberg Konzertagentur GmbH & Co. KG auf Unterlassung der Ankündigung, Bewerbung oder Veranstaltung eines Konzertfestivals unter dem Titel „Rock am Ring“ zu. Mit dieser Entscheidung hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz (Urteil vom 29. August 2014 – 6 U 850/14) den Antrag auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Verfügung unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung des Landgericht Koblenz zurückgewiesen.
Seit dem Pfingstwochenende 1985 führten die Parteien – mit Ausnahme der Jahre 1989/1990 – am Nürburgring ein jährliches Musikfestival unter der Bezeichnung „Rock am Ring“ durch. Die erste Veranstaltung 1985 war das Ergebnis einer Kooperation der Nürburgring GmbH, der MaMa Concerts Konzertagentur GmbH, deren Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer Marek Lieberberg war, und der Firma Hoffmann Konzerte.

Nach der Trennung von Marek Lieberberg und MaMa Concerts organisierte die Marek Lieberberg Konzertagentur GmbH & Co. KG das Festival. Im Jahr 1993 erfolgte beim Deutschen Patent- und Markenamt die Eintragung der Wortmarke „Rock am Ring“ für Konzertereignisse zu Gunsten der Marek Lieberberg Konzertagentur GmbH & Co. KG.

In den Jahren 2003 und 2007 schlossen die Nürburgring GmbH und die Marek Lieberberg Konzertagentur Kooperationsverträge mit mehrjähriger Laufzeit ab. Die letzte Kooperationsvereinbarung wurde von der Nürburgring GmbH i.E. mit Wirkung zum 31. Dezember 2014 gekündigt. Die künftige Betreiberin des Nürburgrings, die Capricorn Nürburgring GmbH, verlautbarte im Frühjahr 2014, ab 2015 seien jährliche Rockfestivals am Nürburgring in Kooperation mit anderen Konzertveranstaltern unter der Bezeichnung „Grüne Hölle – Rockfestival am Nürburgring“ geplant.

Mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat die Nürburgring GmbH i.E. geltend gemacht, bereits vor der Markeneintragung zu Gunsten der Marek Lieberberg Konzertagentur GmbH & Co. KG im Jahr 1993 sei ein Werktitelrecht für das Konzertfestival „Rock am Ring“ entstanden. Dieses stehe einer aus beiden Parteien bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu und könne daher nicht allein von der Marek Lieberberg Konzertagentur genutzt werden. Das Landgericht Koblenz hat dem Verfügungsbegehren der Nürburgring GmbH i.E. weitgehend stattgegeben. Erst nach dem für die erstinstanzliche Entscheidung maßgeblichen Verhandlungstermin vor dem Landgericht Koblenz haben die Verfügungsbeklagten unter Bezugnahme auf eidesstattliche Versicherungen eines früheren Geschäftsführers der Nürburgring GmbH und des dritten Mitveranstalters des ersten Festivals eingewandt, bereits im Jahr 1985 sei in Gesprächen zur Vorbereitung des Festivals vereinbart worden, dass die Bezeichnung „Rock am Ring“ allein der MaMa Concerts GmbH zustehen müsse.

Diese Vereinbarung begründet nach der Entscheidung des 6. Zivilsenats ein alleiniges Recht der Marek Lieberberg Konzertagentur zur Benutzung der Bezeichnung „Rock am Ring“. Die im Berufungsverfahren erstmals zu berücksichtigende Einigung der Parteien sei wirksam, da auch Werktitelrechte als immaterielles Wirtschaftsgut übertragen werden könnten. Es könne daher offen bleiben, ob die Konzertreihe als titelfähiges Werk anzusehen sei. Die Berechtigung aus der Vereinbarung sei später von der MaMa Concerts GmbH auf die Marek Lieberberg Konzertagentur übergegangen. Marek Lieberberg habe sich nach den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen anlässlich der Trennung von MaMa Concerts mit seinem früheren Mitgesellschafter dahingehend verständigt, dass jeder Gesellschafter „seine“ Künstler und Veranstaltungen weiter betreue. Eine solche einvernehmliche Auseinandersetzung impliziere, dass etwaige Rechte aus Verträgen des zuvor gemeinsam geführten Unternehmens auf die sich trennenden Teilhaber übergingen, um diesen eine rechtlich abgesicherte Fortführung der „eigenen“ Veranstaltungen zu ermöglichen.

Die im Jahr 1985 zur Berechtigung an dem Werktitel „Rock am Ring“ getroffene Abrede sei später auch nicht abgeändert worden. Den in den Jahren 2003 und 2007 getroffenen Kooperationsvereinbarungen sei keine Erweiterung der Rechte der Nürburgring GmbH zu entnehmen, da diese ausschließlich die Aufrechterhaltung des gegebenen Rechtsstandes unter Absicherung der weiteren Zusammenarbeit während der Vertragslaufzeit bezweckt hätten.

Das Urteil des Senats ist rechtskräftig. Ein Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof ist in einstweiligen Verfügungsverfahren nicht eröffnet. Die Nürburgring GmbH i.E. kann ihr Begehren im Wege einer Hauptsacheklage verfolgen."