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OLG Frankfurt: Sportwetten-Teilnehmer hat keinen Anspruch auf Rückzahlung verlorener Sportwetteinsätze gegen ein aus Unionsgründen konzessionsloses Wettbüro

OLG Frankfurt
Hinweisbeschluss vom 19.01.2023
8 U 102/22


Das OLG Frankfurt hat im Rahmen eines Hinweisbeschlusses ausgeführt, dass ein Sportwetten-Teilnehmer keinen Anspruch auf Rückzahlung verlorener Sportwetteinsätze gegen ein aus Unionsgründen konzessionsloses Wettbüro hat.

Die Pressemitteilung des Gerichts
Sportwetten - Aus Unionsgründen konzessionsloses Wettbüro haftet nicht für verlorene Sportwetteinsätze

Das OLG hat mit heute veröffentlichter Entscheidung bestätigt, dass ein Wettbüro nicht zur Rückzahlung verlorener Wetteinsätze verpflichtet ist.

Wurde einem Wettbüro im Hinblick auf unionsrechtliche Bedenken gegen die Regelungen über die Erteilung von Konzessionen zur Veranstaltung von Sportwetten keine Konzession erteilt, obwohl es sich darum bemüht hat, kann das konzessionslos handelnde Wettbüro nicht sanktioniert werden. Schließt eine Privatperson mit einem solchen Wettbüro Sportwetten ab, sind diese nicht wegen Gesetzesverstoß nichtig. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichter Entscheidung bestätigt, dass das Wettbüro in diesem Fall nicht zur Rückzahlung verlorener Wetteinsätze verpflichtet ist.

Der Kläger nimmt das beklagte Wettbüro auf Rückzahlung verlorener Sportwetten in Anspruch. Er hatte von 2018 bis 2020 in Wettbüros der Beklagten und über deren deutschsprachige Webseiten Sportwetten abgeschlossen. Die Onlinewetten tätigte er von zu Hause über sein Smartphone; seinen Einsätzen im Internet in Höhe von gut 40.000 € stehen Auszahlungen von knapp 5.000 € gegenüber. Die Beklagte verfügte in der streitgegenständlichen Zeit nicht über eine Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten. Sie hatte zwar eine Konzession beantragt. Das VG Wiesbaden hatte die zuständige Behörde auch zur Erteilung verpflichtet. Das Verfahren war aber wegen unionsrechtlicher Bedenken gestoppt worden. Zwischenzeitlich verfügt die Beklagte über eine Konzession.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Das OLG hielt die hiergegen eingelegte Berufung ebenfalls für erfolglos. Es bestätigte, dass der zwischen den Parteien geschlossene Wettvertrag nicht wegen eines Gesetzesverstoßes des konzessionslos handelnden Wettbüros nichtig sei. Ein Mitgliedstaat dürfe keine strafrechtlichen Sanktionen für ein Verhalten verhängen, mit dem der Betroffene verwaltungsrechtlichen Anforderungen nicht genüge, die gegen Unionsrecht verstießen. So sei es hier. Die damals geltenden Regelungen nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2012 zur Konzessionserteilung für die Veranstaltung von Sportwetten seien intransparent gewesen und hätten deshalb gegen Unionsrecht verstoßen.

Im Hinblick auf die Unionswidrigkeit der damals geltenden Bestimmungen zur Konzessionserlangung dürfte die Beklagte weder strafrechtlich noch verwaltungsrechtlich sanktioniert werden. Die fehlende Konzession wirke sich dann auch nicht auf die Wirksamkeit der Wettverträge mit dem Kläger aus. Dies gebiete der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung. Sei eine öffentlich-rechtliche Verbotsnorm (hier das Verbot der Veranstaltung von Glücksspielen ohne Konzession) im Ausnahmefall wegen Verstoßes gegen übergeordnetes Unionsrecht nicht wirksam, bleibe auch der privatrechtliche Vertrag (hier zwischen dem Wettbüro und dem Kläger) wirksam.

Dabei dürften sich allerdings nur solche Anbieter auf die Unionswidrigkeit berufen, die - wie hier das beklagte Wettbüro - alles unternommen hätten, um eine Sportwettenkonzession zu erlangen. Insoweit habe das Landgericht entgegen der Auffassung des Klägers gerade nicht der Beklagten „indirekt jedes Glücksspielangebot ohne Grenzen zugesprochen“. Die Entscheidung übertrage allein die Folgen der der gerichtlich festgestellten Rechtswidrigkeit des damaligen Konzessionsverfahrens konsequent auf das Privatrecht.

Der Kläger hat auf diesen Hinweis hin seine Berufung zurückgenommen. Damit ist das klageabweisende Urteil des Landgerichts rechtskräftig.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Hinweisbeschluss vom 19.1.2023, 8 U 102/22

Erläuterungen:
Das OLG Frankfurt am Main, 23. Zivilsenat hatte sich im Rahmen eines Hinweisbeschlusses vom 8.4.2022, Az 23 U 55/21 vor einem Jahr mit der Frage der Rückerstattung verlorener Wetteinsätze bei Teilnahme an einem Online-Casino befasst. Dort waren Ansprüche des Spielers gegen die auf Malta ansässige Casinogesellschaft zuerkannt worden.

Der Senat grenzt sich von dieser Entscheidung ab und verweist darauf, dass nach dem damals geltenden Glücksspielstaatsvertrag 2012 Online-Sportwetten grundsätzlich genehmigungsfähig gewesen wäre, nicht aber Online-Casino-Angebote.


OVG Schleswig-Holstein: Verbot von Online-Glücksspielen im Glücksspielstaatsvertrag der Länder unionsrechtskonform

OVG Schleswig Holstein
Entscheidung vom 03.07.2019
4 MB 14/19


Das OVG Schleswig-Hosltein hat entschieden, dass das Verbot von Online-Glücksspielen im Glücksspielstaatsvertrag der Länder unionsrechtskonform ist.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Untersagung unerlaubten Online-Glücksspiels hat vorerst Bestand

Der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts hat am 3. Juli 2019 entschieden, dass die geltenden Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages der Länder unionsrechtskonform und den Anbietern von unerlaubten öffentlichen Glücksspielen auch in Schleswig-Holstein weiterhin entgegenzuhalten sind.

Antragstellerin ist eine auf Malta ansässige Gesellschaft, die u.a. in Schleswig-Holstein Online-Casino- und Pokerspiele anbietet, ohne dafür im Besitz der erforderlichen Erlaubnis zu sein. Sie wendet sich im Wege eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens gegen ein vom Innenministerium des Landes ausgesprochenes Verbot, diese Spiele selbst oder durch Dritte im Internet zu veranstalten oder zu vermitteln. Ihr Antrag blieb auch in zweiter Instanz ohne Erfolg, so dass die Untersagung nunmehr vollzogen werden kann.

Die Antragstellerin hatte im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Erlaubnisvorbehalt und das Internetverbot des Glücksspielstaatsvertrages gegen die europarechtliche Dienstleistungsfreiheit verstießen. Es gebe neuere Erkenntnisse über den Grad der Gefährlichkeit einzelner Glücksspiele, die bislang nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Zudem verfolge gerade das Land Schleswig-Holstein das politische Ziel, das öffentliche Glücksspiel zu liberalisieren.

Einen überzeugenden Beleg dafür, dass die Risiken speziell von Online-Casinospielen überbewertet würden, vermochte der Senat jedoch nicht zu erkennen. Auch der Umstand, dass die Landesregierung für die Zeit nach Auslaufen des Glücksspielstaatsvertrages am 30. Juni 2021 andere Regulierungskonzepte verfolge, sei noch kein ausreichender Beleg für die Ungeeignetheit des derzeit geltenden Internetverbotes. Es stehe den Ländern frei, zwischen verschiedenen Regulierungskonzepten zu wählen. Solange das Internetverbot bestehe, sei es aber auch zu vollziehen.

BVerwG: Verbot von Glücksspielarten im Internet zulässig - Casino-, Rubbellos- und Pokerspiele dürfen nicht veranstaltet oder vermittelt werden

BVerwG
Urteile vom 26. Oktober 2017
8 C 14.16
8 C 18.16


Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass das Verbot diverser Glücksspielarten im Internet zulässig sind.

Die Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts:

Internetverbot für drei Glücksspielarten bestätigt

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat entschieden, dass das Verbot, Casino-, Rubbellos- und Pokerspiele im Internet zu veranstalten oder zu vermitteln, auch nach der teilweisen Öffnung des Vertriebswegs „Internet“ für Sportwetten und Lotterien mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar ist.

Die auf Malta und in Gibraltar niedergelassenen Klägerinnen wandten sich gegen glücksspielrechtliche Untersagungsverfügungen. Sie boten im Internet Casino-, Rubbellos- und Pokerspiele an. Die Klägerin im Verfahren BVerwG 8 C 18.16 bot außerdem Online-Sportwetten an, ohne über eine Konzession nach dem Glücksspielstaatsvertrag zu verfügen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat der Berufung der Klägerinnen gegen die Abweisung ihrer Klagen stattgegeben und die Untersagungen aufgehoben. Die Revisionen des beklagten Landes hatten Erfolg.

Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, die in den Untersagungsverfügungen ausdrücklich genannten Glücksspielarten hätten detailliert beschrieben werden müssen, überspannt die Anforderungen des Bestimmtheitsgebots. Außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht angenommen, eine Untersagungsverfügung sei selbst bei einer Verpflichtung der Behörde zum Einschreiten willkürlich, wenn ihr kein im Voraus festgelegtes Eingriffskonzept zugrunde liege.

Die Aufhebung der Untersagungen durch den Verwaltungsgerichtshof stellt sich auch nicht als im Ergebnis richtig dar. Mit Ausnahme von Sportwetten und Lotterien ist das Veranstalten und Vermitteln von öffentlichem Glücksspiel im Internet verboten und dementsprechend zu untersagen. Dieses Internetverbot verstößt nicht gegen die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit. Das haben der Gerichtshof der Europäischen Union und das Bundesverwaltungsgericht bezogen auf das vormalige generelle Internetverbot wegen der besonderen Gefährlichkeit des Glücksspiels im Internet gegenüber dem herkömmlichen Glücksspiel (u.a. unbeschränkte Verfügbarkeit des Angebots, Bequemlichkeit, fehlender Jugendschutz) bereits festgestellt. Dass der Glücksspielstaatsvertrag nunmehr ein streng reguliertes Angebot von Sportwetten und Lotterien im Internet vorsieht, gibt keinen Anlass, diese Rechtsprechung zu ändern. Durch diese begrenzte Legalisierung soll der Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen gelenkt und der Schwarzmarkt für Glücksspiele im Internet bekämpft werden.

Die darüber hinaus im Verfahren BVerwG 8 C 18.16 angegriffene Untersagung von Online-Sportwetten ist nicht zu beanstanden, weil die Klägerin nicht über die erforderliche Konzession verfügt und diese auch nicht beantragt hatte. Dies kann ihr entgegengehalten werden, weil das Erfordernis einer Konzession mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar ist. Die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags über die Erteilung von Konzessionen für die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten bewirken keine Diskriminierung von in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmern. Sie sind hinreichend klar, genau und eindeutig formuliert und setzen dem Auswahlermessen in ausreichendem Umfang Grenzen.

BVerwG 8 C 14.16 - Urteil vom 26. Oktober 2017

Vorinstanzen:

VGH Mannheim, 6 S 1406/14 - Urteil vom 27. Mai 2016 -

VG Karlsruhe, 3 K 576/10 - Urteil vom 03. November 2011 -

BVerwG 8 C 18.16 - Urteil vom 26. Oktober 2017

Vorinstanzen:

VGH Mannheim, 6 S 1426/14 - Urteil vom 08. September 2015 -

VG Karlsruhe, 3 K 386/10 - Urteil vom 03. November 2011 -




VG Wiesbaden: Vorläufiger Stopp für Erteilung von 20 Sportwetten-Konzessionen aufgrund von Mängeln des Konzessionsverfahrens

VG Wiesbaden
Beschluss vom 05.05.2015
5 L 1453/14


Das VG Wiesbaden hat die Erteilung von 20 Sportwetten-Konzessionen aufgrund von Mängeln des Konzessionsverfahrens vorläufig bis zur Entscheidung im Klageverfahren gestoppt.

Die Pressemitteilung des VG Wiesbaden:

"Verwaltungsgericht Wiesbaden stoppt die angekündigte Erteilung von 20 Sportwetten-Konzessionen an die ausgewählten Bewerber

Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden hat durch Beschluss vom 05.05.2015 das Land Hessen auf den Eilantrag eines österreichischen Sportwettenanbieters verpflichtet, bis zu einer Entscheidung im Klageverfahren die angekündigte Erteilung von Sportwetten, Konzessionen an die 20 ausgewählten Bewerber zurückzustellen.

Glücksspiele dürfen in Deutschland nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde veranstaltet und vermittelt werden. Der Glücksspielstaatsvertrag sieht deshalb vor, dass ab Juli 2012 für 7 Jahre Sportwetten probeweise mit einer Konzession veranstaltet werden dürfen, u.a., um insgesamt eine bessere Bekämpfung des Schwarzmarktes zu erreichen. Insgesamt dürfen 20 Konzessionen bundesweit vergeben werden. Für die Erteilung der Konzessionen in einem ländereinheitlichen Verfahren für alle Bundesländer ist das Land Hessen zuständig, das bei der Aufgabenerfüllung von dem Glücksspielkollegium der Länder unterstützt wird. Die Ausschreibung im Konzessionsverfahren erfolgte am 08.08.2012 europaweit. Das Verfahren wurde in zwei aufeinanderfolgenden Phasen abgewickelt. In der 1. Stufe mussten die in der Ausschreibung genannten Voraussetzungen erfüllt werden, in der 2. Stufe erhielten die Bewerber Gelegenheit, ihre Bewerbung zu ergänzen. Von den ursprünglich 73 Bewerbern um eine Konzession verblieben 35 Bewerber, die am 02.09.2014 die Mitteilung erhielten, dass die Konzessionserteilung an 20 ausgewählte Antragsteller am 18.09.2014 erfolgen solle. Aufgrund eines Eilantrags eines anderen Bewerbers, der einen ablehnenden Bescheid erhalten hatte, gab die Kammer dem Land Hessen auf, das Konzessionsverfahren offen zu halten und zunächst keine Konzessionen zu erteilen (5 L 1428/14.WI).

Auch die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens erhielt am 02.09.2014 einen ablehnenden Bescheid, da sie im Rahmen des Auswahlverfahrens nicht die erforderliche Punktzahl erreicht habe.

Nach Auffassung der Kammer weist das bisherige Verwaltungsverfahren zur Auswahl der Bewerber verschiedene Rechtsverstöße und Ausführungsmängel auf, die die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) und den Anspruch auf ein diskriminierungsfreies und transparentes Auswahlverfahren (§ 4b GlüStV, Art. 3 Abs. 1 GG) verletzen.

Zwar sei der mehrstufige Aufbau des Auswahlverfahrens nicht zu beanstanden. Es fehle jedoch an der hinreichenden Transparenz, weil die Bewerber weder aus der Ausschreibung noch aus dem Gesetzestext des Glücksspielstaatsvertrags voll umfänglich hätten entnehmen können, was letztlich für eine erfolgreiche Bewerbung von ihnen gefordert werde. So sei den Bewerbern mitgeteilt worden, dass alle Einzelheiten zu den Mindestanforderungen sowie zur Auswahl der Konzessionäre erst mitgeteilt würden, wenn sie sich für die 2. Stufe qualifiziert hätten. Dabei hätten, so die Kammer, die Kriterien für das erfolgreiche Absolvieren der 2. Stufe bereits vor der Ausschreibung feststehen müssen.

Auch die inhaltliche Gestaltung des Auswahlverfahrens verstoße gegen die Anforderungen an eine rechtmäßige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit. Während in der Ausschreibung die Anforderungen für die 1. Stufe des Verfahrens aufgelistet und auf verwendbare Formblätter verwiesen werde, würden für die Erfüllung der Mindestanforderungen auf der 2. Stufe 5 Konzepte genannt, die eingereicht werden müssten, ohne dass inhaltliche Anforderungen hieran, Maßstäbe für Ergänzungsverlangen und Vorgaben für die schrittweise Verringerung der Zahl der Antragsteller genannt würden. Aus dem Glücksspielvertrag selbst ergebe sich weder die Forderung von 5 Konzepten noch enthalte er Verfahrensregelungen für das Auswahlverfahren. Im Hinblick auf die bereits laufende und auf 7 Jahre beschränkte Experimentierphase hätten im Voraus bestimmte Fristabschnitte festgelegt werden müssen, um das Behördenverfahren in einem absehbaren zeitlichen Rahmen zu halten. Die Bewerber hätten sich aber weder auf Fristabläufe/Fristverlängerungen noch auf Nachforderungen oder Änderungen von Memoranden und neugestaltete Formblätter einstellen oder bei ihre Bewerbung von vornherein einkalkulieren können. Der Glücksspielstaatsvertrag überlasse die Gestaltung des Konzessionsverfahrens weitestgehend dem Land Hessen, ohne dessen Gestaltungsermessen zu begrenzen oder in nachprüfbare Bahnen zu lenken.

Auch die Anzahl von 600 Fragen der Bewerber zur Klärung des Anforderungskatalogs zur 2. Stufe zeige, dass die Anforderungen nicht von vornherein verständlich und transparent gewesen seien. Die maßgeblichen Kriterien müssten aber auch im Verwaltungsvergabeverfahren sowohl für die Mindestanforderungen als auch für die Auswahlentscheidung so klar, präzise und eindeutig formuliert und im Vorhinein bekannt sein, dass jeder Bewerber sich gebührend informieren und deren Bedeutung verstehen und auslegen kann. Es sei nicht Aufgabe der Bewerber, so lange Fragen an die Behörde zu richten, bis deren Anforderungen und Entscheidungskriterien hinreichend deutlich geworden seien.

Auch der Prüfungsablauf und die Entscheidungsfindung seien intransparent geblieben. So werde nicht offengelegt, welche Personen mit welcher Qualifikation im jeweiligen Prüfteam eingesetzt gewesen seien und wie eine durchgängige Beurteilung des für alle Bewerber gleichen Kriterienkatalogs durch jeweils dieselben Prüfer gewährleistet worden sei. Auch die Entscheidungsfindung im Glücksspielkollegium, dessen Beschlüsse für das Land Hessen bindend seien, sei intransparent und fehlerhaft. Zwar müssten die Beschlüsse dieses Gremiums begründet werden, in den entsprechenden Sitzungsniederschriften fänden sich jedoch keine Begründungen für deren Entscheidungen, sondern nur das Abstimmungsergebnis. Außerdem könnten Behörden, die nach hessischem Landerecht tätig werden und Landesgewalt ausüben, ihre Entscheidungsfindung nicht einem Gremium überlassen, das aus Vertretern aller Bundesländer bestehe und dessen Beschlüsse nicht einstimmig, sondern nur mit 2/3 Mehrheit, also auch gegen die Stimme des hessischen Mitglieds getroffen werden. So sei auch die Auswahlentscheidung für die Vergabe der 20 Sportwetten, Konzessionen nicht einstimmig getroffen worden. Die Beschlüsse des Glücksspielgremiums könnten das Land Hessen keinesfalls von einer eigenständigen Entscheidung entbinden.

Neben den Durchführungsmängeln bestünden auch konzeptionelle Defizite des Konzessionsverfahrens. Das bislang zur Rechtfertigung des Monopols und nunmehr zur Begründung der nur beschränkten Konzessionierung herangezogene öffentliche Interesse an der Bekämpfung der Spielsucht und der Lenkung des Spieltriebs in geordneten Bahnen sei das überragende Gemeinwohlziel. Entsprechend sei das Sozialkonzept von hervorgehobener Bedeutung, was aber in der konkreten Ausgestaltung nicht zum Ausdruck komme, da die Einzelanforderungen aller 5 Konzepte zur Erfüllung der Mindestvoraussetzungen gleich gewichtet würden.

Auch das eigentliche Auswahlverfahren zwischen den 35 verbliebenen Bewerbern weise zusätzliche Rechtsfehler auf, da an die Bewerber durch die Behörde Anforderungen gestellt wurden, die im Glücksspielstaatsvertrag nicht genannt seien. So seien von den Bewerbern Maßnahmen zur Unterstützung der Glücksspielaufsicht bei der Bekämpfung des Schwarzmarktes und zum Vorgehen gegen illegale Mitbewerber gefordert worden. Von dem einzelnen Konzessionär werde eine Ermittlungstätigkeit eingefordert, die nicht sein eigenes Geschäft, sondern die Tätigkeit anderer Glücksspielanbieter betreffe und die originär der behördlichen Glücksspielaufsicht obliege.

Die tatsächliche Bewertung der einzelnen Anforderungen im Auswahlverfahren könne nicht nachvollzogen werden, da der der Antragstellerin übermittelte Bescheid selbst hierzu keine Ausführungen enthalte. Aus den Beurteilungsbögen lasse sich eine individuelle und aus sich heraus verständliche Begründung für die konkrete Punktvergabe nicht feststellen. Die Begriffe „durchschnittlich“ oder „unterdurchschnittlich“ seien mangels Vergleichbarkeit nicht nachvollziehbar. Soweit der Prüfungsumfang in internen Besprechungen der Prüfteams festgelegt worden sei und sich die Prüfer im Fall divergierender Bewertungen auf eine Punktzahl einigten, könne von einer transparenten und für die Bewerber vorhersehbaren und nachvollziehbaren Auswahlentscheidung nicht gesprochen werden.

Außerdem müsse die gesamte oder jedenfalls die überwiegende Zeit der Experimentierphase den Konzessionären zur Verfügung stehen und dürfe nicht auch dazu dienen, der Behörde ein Experimentieren, wie ein Konzessionsverfahren gestaltet und abgewickelt werden könne, zu ermöglichen.

Gegen diesen Beschluss können die Beteiligten Beschwerde erheben, über die der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel zu entscheiden hat (Az.: 5 L 1453/14.WI)."