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BGH: Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO gewährt keinen Anspruch auf Abschriften der Begründungsschreiben samt Anlagen zu Prämienanpassungen einer privaten Krankenversicherung

BGH
Urteil vom 06.02.2024
VI ZR 15/23
DSGVO Art. 15 Abs. 1, 3


Der BGH hat abermals entschieden, dass Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO keinen Anspruch auf Abschriften der Begründungsschreiben samt Anlagen zu Prämienanpassungen einer privaten Krankenversicherung gewährt.

Leitsatz des BGH:
Aus Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO folgt grundsätzlich kein Anspruch auf Abschriften der Begründungsschreiben samt Anlagen zu Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung (Anschluss an BGH, Urteil vom27. September 2023 - IV ZR 177/22, NJW 2023, 3490 Rn. 45 ff.).

BGH, Urteil vom 6. Februar 2024 - VI ZR 15/23 - OLG Celle - LG Verden

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Volltext BGH liegt vor: Kein Anspruch aus Art. 15 DSGVO gegen private Krankenversicherung auf Abschriften von Beitragsanpassungsschreiben aber aus § 242 BGB möglich

BGH
Urteil vom 27.09.2023
IV ZR 177/22
Verordnung (EU) 2016/679 Art. 15 Abs. 1, 3; BGB § 242


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Kein Anspruch aus Art. 15 DSGVO gegen private Krankenversicherung auf Abschriften von Beitragsanpassungsschreiben - Aber möglicherweise Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:
a) Dem Versicherungsnehmer kann aus Treu und Glauben ein Auskunftsanspruch über zurückliegende Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung zustehen, wenn er in entschuldbarer Weise über
Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist.

b) Aus Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO folgt grundsätzlich kein Anspruch auf Abschriften der Begründungsschreiben zu den Prämienanpassungen samt Anlagen.

BGH, Urteil vom 27. September 2023 - IV ZR 177/22 - OLG Frankfurt am Main - LG Gießen

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Kein Anspruch aus Art. 15 DSGVO gegen private Krankenversicherung auf Abschriften von Beitragsanpassungsschreiben - Aber möglicherweise Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben

BGH
Urteil vom 27.09.2023
IV ZR 177/22


Der BGH hat entschieden, dass ein Versicherungsnehmer keinen Anspruch aus Art. 15 DSGVO gegen eine private Krankenversicherung auf Abschriften von Beitragsanpassungsschreiben hat. Ein solcher Anspruch kann sich aber möglicherweise aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergeben.


Die Pressemitteilung des BGH:
Zum Auskunftsanspruch über frühere Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung

Der unter anderem für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass dem Versicherungsnehmer aus Treu und Glauben ein Auskunftsanspruch über zurückliegende Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung zustehen kann, wenn er in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist. Dagegen folgt aus Art. 15 Abs. 1 und 3 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutzgrundverordnung - DSGVO) grundsätzlich kein Anspruch auf Abschriften der Begründungsschreiben zu den Prämienanpassungen samt Anlagen.

Sachverhalt und Prozessverlauf:

Der Kläger wendet sich gegen die Wirksamkeit von Prämienanpassungen in seiner privaten Krankenversicherung. Mit der Klage hat er vom beklagten Versicherer unter anderem Auskunft über alle Beitragserhöhungen aus den Jahren 2013 bis 2016 durch Vorlage von Unterlagen verlangt, die Angaben zur Höhe der Beitragserhöhungen unter Benennung der jeweiligen Tarife, die ihm übermittelten Anschreiben mit Begründungen, die Nachträge zum Versicherungsschein sowie die Beiblätter enthalten. Diesen Antrag hat er im Rahmen einer Stufenklage gestellt, mit der er unter anderem die Feststellung, dass die noch genauer zu bezeichnenden Erhöhungen unwirksam seien, und die Zahlung eines nach Erteilung der Auskunft noch zu beziffernden Betrages verlangt hat.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil zum Teil abgeändert und die Beklagte unter anderem antragsgemäß zur Auskunftserteilung verurteilt. Soweit die Klage Erfolg hatte, richtet sich dagegen die Revision der Beklagten.

Die Entscheidung des Senats:

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Auskunftsklage zulässig ist. Zwar ist das Rechtsschutzbegehren als Stufenklage im Sinne des § 254 Zivilprozessordnung unzulässig, da es dem Kläger nicht um die Bezifferung eines Anspruchs, sondern um die Prüfung geht, ob überhaupt ein Anspruch besteht. Der Auskunftsantrag kann jedoch in eine von der Stufung unabhängige Klage umgedeutet werden. Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Auskunft, da er sie benötigt, um zu prüfen, ob vergangene Beitragserhöhungen unwirksam waren und ihm daraus Rückzahlungsansprüche zustehen.

Einem Versicherungsnehmer kann aus Treu und Glauben ein Auskunftsanspruch über zurückliegende Prämienanpassungen zustehen. Dieser Anspruch setzt zunächst voraus, dass ihm noch Rückzahlungsansprüche aufgrund früherer Prämienerhöhungen, falls diese unwirksam gewesen sein sollten, als Grund für das Auskunftsbegehren zustehen könnten. Darüber hinaus ist erforderlich, dass er nicht mehr über die betreffenden Unterlagen verfügt und sich die notwendigen Informationen nicht selbst auf zumutbare Weise verschaffen kann. Wenn dies der Fall ist, ist unter Berücksichtigung der Gründe für diesen Verlust zu entscheiden, ob er in entschuldbarer Weise über sein Recht im Ungewissen ist. Die hierfür maßgebenden Umstände hat der Versicherungsnehmer darzulegen und zu beweisen.

Dagegen folgt ein solcher Auskunftsanspruch grundsätzlich nicht aus Art. 15 Abs. 1, 3 DSGVO. Ein Anspruch auf eine Abschrift der gesamten Begründungsschreiben samt Anlagen lässt sich aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO nicht herleiten, da es sich weder bei den Anschreiben selbst noch bei den beigefügten Anlagen jeweils in ihrer Gesamtheit um personenbezogene Daten des Versicherungsnehmers handelt. Aus Art. 15 Abs. 3 DSGVO ergibt sich nur ein Anspruch auf eine Kopie der Daten, zu denen nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO Auskunft zu erteilen wäre, aber grundsätzlich kein Anspruch auf Herausgabe von Kopien bestimmter Dokumente. Dazu hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 4. Mai 2023 (C-487/21, NJW 2023, 2253) entschieden, dass Art. 15 Abs. 1 DSGVO den Gegenstand und den Anwendungsbereich des Auskunftsrechts und Art. 15 Abs. 3 DSGVO die praktischen Modalitäten für die Erfüllung der Verpflichtung festlege; daher könne Art. 15 DSGVO nicht so ausgelegt werden, dass er in seinem Abs. 3 Satz 1 ein anderes Recht als das in seinem Abs. 1 vorgesehene gewähre.

Die Revision hatte auf dieser Grundlage zum Teil Erfolg und führte unter anderem zu einer Aufhebung des Berufungsurteils hinsichtlich der Auskunftsklage. Soweit das Berufungsgericht noch nicht alle Voraussetzungen für einen Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben geprüft hat, hat der Bundesgerichtshof die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit es dies nachholen kann.

Vorinstanzen:

OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 7. April 2022 - 3 U 266/21

LG Gießen - Urteil vom 31. August 2021 - 2 O 545/20

Die maßgebliche Vorschriften lauten:

§ 254 ZPO

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

§ 242 BGB

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Art. 15 DSGVO

(1) Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf folgende Informationen:



(3) 1Der Verantwortliche stellt eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung. …



LG Berlin: Auskunftsanspruch aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO umfasst nur personenbezogene Daten nicht aber Vertragsunterlagen und Vertragserklärungen

LG Berlin
Urteil vom 21.12.2021
4 O 381/20


Das LG Berlin hat entschieden, dass der Auskunftsanspruch aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO nur personenbezogene Daten nicht aber Vertragsunterlagen und Vertragserklärungen umfasst.

Aus den Entscheidungsgründen:
Der Auskunfts- und Herausgabeanspruch aus § 15 DS-GVO betrifft lediglich personenbezogene Daten, nicht aber Dokumenten, die Vertragserklärungen enthalten. Zwar ist der Begriff der „personenbezogenen Daten“ nach Art. 4 DS-GVO weit gefasst und umfasst nach der Legaldefinition in Art. 4 Nr. 1 DS-GVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierbare natürliche Person beziehen; davon wären auch Beitragsanpassungsschreiben erfasst, die den Namen des Klägers enthalten. Ein derartiges am Wortlaut haftendes Verständnis ist mit dem Zweck des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DS-GVO unvereinbar. Die Auskünfte, die eine natürliche Person nach Art. 15 DS-GVO fordern kann, dienen primär dazu, ihr die Wahrnehmung der weiteren Rechte aus der DS-GVO zu ermöglichen, also insbesondere das Recht auf Berichtigung nach Art. 16, auf Löschung nach Art. 17 und auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18. Zwar mag eine Auskunft über personenbezogene Daten auch Erkenntnisse und Indizien hervorbringen, die einen Anspruch nach gänzlich anderen Vorschriften begründen oder zumindest nahelegen können. Dabei handelt es aber nicht um den eigentlichen Zweck der DS-GVO, sondern um einen bloß zufälligen Nebeneffekt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die DS-GVO gezielt dazu geschaffen worden wäre, die grundsätzliche Struktur des deutschen Zivilprozessrechts, die jedem Anspruchsteller die Darlegung und den Beweis der ihm günstigen Tatsachen auferlegt, umzukehren (OLG Köln r+s 2021, 97 Rn. 73, beck-online). Danach sind die vorliegend antragsgegenständlichen Auskünfte nicht mehr als personenbezogen (Art. 4 Nr. 1 DS-GVO) zu verstehen, sondern als vertragsbezogen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Irreführung einer Krankenkasse durch Werbung mit Begriff Variobetrag für Zusatzbeitrag nach § 242 SGB V

OLG Frankfurt
Urteil vom 08.12.2016
6 U 124/16


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn eine Krankenkasse den Zusatzbeitrag nach § 242 SGB V als "Variobetrag" bewirbt, obwohl dieser Vergütungbestandteil lediglich die gesetzlichen Leistungen abdeckt und nicht etwa ein variabler Beitrag für Extraleistungen ist.
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OLG Hamm: Ex-Vorstand einer Krankenversicherung muss 4,6 Mio EURO Schadensersatz zahlen - bedarfswidrige Anmietung von 4000 qm Bürofläche

OLG Hamm
Urteil vom 17.03.2016
27 U 36/15


Das OLG Hamm hat den Ex-Vorstand einer Krankenversicherung zur Zahlung von 4,6 Mio EURO Schadensersatz verurteilt. Dieser hatte zu Lasten der Versicherung bedarfswidrig Büroflächen von 4000 qm in Dortmund angemietet.

Die Pressemitteilung des OLG Hamm:

"Ex-Vorstand zu ca. 4,6 Mio. Euro Schadensersatz verurteilt

Der ehemalige Vorstand einer gesetzlichen Krankenversicherung aus Dortmund schuldet der Versicherung ca. 4,6 Mio. Euro Schadensersatz. Das hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Bochum (Az.: 3 O 430/12 LG Bochum) heute entschieden.

Der beklagte Vorstand habe, so der Senat, die Pflichten seines Dienstvertrages mit der klagenden Krankenversicherung schuldhaft verletzt, indem er im Jahre 2009 für den Bürobetrieb der Krankenversicherung bedarfswidrig ca. 4000 m² Büro-und Nebenflächen sowie weitere Terrassen-, Archiv und Lagerflächen im Dortmunder U anmietete. Hierdurch sei der Krankenversicherung in den Jahren 2011 bis zum 31.03.2015 ein Mietschaden in genannter Höhe entstanden, den der
Beklagte zu ersetzen habe. Der Senat hat außerdem festgestellt, dass der Beklagte der Versicherung auch einen weiteren Schaden aus der pflichtwidrigen Anmietung auszugleichen hat. Nach der Entscheidung des Senats hat der Beklagte zudem die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Eine Revision zum Bundesgerichtshof hat der Senat nicht zugelassen.

Urteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 17.03.2016 (Az.: 27 U 36/15 OLG Hamm), nicht rechtskräftig



BGH: Zum Geheimhaltungsinteresse einer privaten Krankenversicherung an Berechnungsgrundlage im Streit um Prämienanpassung

BGH
Urteil vom 09.12.2015
IV ZR 272/15
VVG § 203 Abs. 2; GVG § 172 Nr. 2, § 174 Abs. 3


Leitsatz des BGH:

Im gerichtlichen Verfahren über eine Prämienanpassung in der privaten Krankenversicherung gemäß § 203 Abs. 2 VVG (hier i.V.m. § 8b AVB/KK) kann einem berechtigten Geheimhaltungsinteresse des Versicherers an den technischen Berechnungsgrundlagen im Einzelfall durch den Ausschluss der Öffentlichkeit gemäß § 172 Nr. 2 GVG und die Verpflichtung zur Verschwiegenheit gemäß § 174 Abs. 3 GVG Rechnung getragen werden (im Anschluss an BVerfG VersR 2000, 214, 216).

BGH, Urteil vom 9. Dezember 2015 - IV ZR 272/15 - LG München I - AG München

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Wettbewerbsverstoß bei Werbung für Krankenzusatzversicherungen ohne Erlaubnis nach § 34d GewO

BGH
Urteil vom 18.09.2013
Krankenzusatzversicherungen
UWG § 4 Nr. 11; GewO § 34d; SGB V § 194 Abs. 1a

Leitsätze des BGH:

a) Die Bestimmung des § 34d GewO ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG.

b) Die Regelung in § 34d Abs. 1 Satz 1 GewO, wonach die Erlaubnispflicht davon abhängt, dass der Vermittler gewerbsmäßig tätig wird, ist ungeachtet dessen unionsrechtskonform, dass sie in der Richtlinie 2002/92/EG keine unmittelbare Entsprechung hat.

c) Die Bestimmung des § 194 Abs. 1a SGB V enthält keine den § 34d GewO verdrängende speziellere Regelung.

BGH, Urteil vom 18. September 2013 - I ZR 183/12 - OLG Brandenburg - LG Potsdam

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: