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OLG Frankfurt: Kein Nachvergütungsanspruch gemäß § 32a UrhG für Urheber der Abbildung des europäischen Kontinents auf Euro-Banknoten

OLG Frankfurt
Urteil vom 29.2.2024
11 U 83/22


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass dem Urheber der Abbildung des europäischen Kontinents, der sich auf den Euro-Banknoten befindet, kein Nachvergütungsanspruch gemäß § 32a UrhG zusteht.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Klage abgewiesen - Kein Nachvergütungsanspruch wegen Darstellung der europäischen Landmasse auf den Euro-Banknoten

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute verkündeter Entscheidung sog. Nachvergütungsansprüche wegen der Darstellung der europäischen Landmasse auf den Euro-Banknoten zurückgewiesen. Die Darstellung der europäischen Landmasse fußt auf einer von der Firma des Klägers lizenzierten Foto-Kollage aus zahlreichen Satellitenbildern. Die vom Kläger begehrte Beteiligung an den der Beklagten jährlich zugewiesenen so genannten Seigniorage-Einkünften scheidet nach Auffassung des OLG bereits deshalb aus, da diese Einkünfte nicht „aus der Nutzung des Werks“, sondern unabhängig von der optischen Gestaltung der Banknoten entstehen.

Der Kläger begehrt Nachvergütung wegen der Abbildung der europäischen Landmasse auf den Euro-Banknoten der ersten (2002) und der zweiten Serie (2019).

Die beklagte EZB ist allein berechtigt, Euro-Banknoten zu genehmigen und sie gemeinsam mit den nationalen Notenbanken auszugeben. Die Gestaltung der Euro-Banknoten war das Ergebnis eines mehrjährigen Prozesses, der mit einem Gestaltungswettbewerb begonnen hatte. Diesen hatte ein österreichischer Designer gewonnen. Seine Entwürfe sahen als eines der Gestaltungselemente eine Abbildung der europäischen Landmasse vor. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten beauftragte die vom Kläger geführte Firma, ihr dafür eine „satellite projection of Europe“ herzustellen und die Rechte an der Nutzung dieser Abbildung für damals 25.000 österreichische Schillinge zu übertragen.

Der Kläger behauptet, er selbst habe auftragsgemäß die streitgegenständliche Bilddatei aus einer Vielzahl von Satellitenbildern als Foto-Collage zusammengesetzt und bearbeitet. Er errechnet sich einen Nachvergütungsanspruch für die überlassene Bilddatei u.a. auf Basis der sog. Seigniorage-Einkünfte. Diese werden der Beklagten jährlich in Höhe von 8% des Werts aller im Euro-Währungsgebiet umlaufenden Geldscheine zugewiesen. Im Wege der Teilklage begehrt er Zahlung von 25.000,00 €. Widerklagend hat die Beklagte beantragt feststellen, dass dem Kläger kein weiterer Anspruch in Höhe von rund 5,5 Mio. € zustehe.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.

Mit der Berufung verfolgte der Kläger erfolglos seinen Zahlungsanspruch in Höhe von 25.000 € weiter. Der für Urheberrecht zuständige 11. Zivilsenat kommt zu dem Ergebnis, dass dem Kläger auch bei einer zu seinen Gunsten unterstellten Urheberschaft an der Datei und der Annahme eines urheberrechtsschutzfähigen Werks kein Nachvergütungsanspruch zusteht. Der urheberrechtliche Nachvergütungsanspruch solle sicherstellen, dass der Schöpfer eines Werkes angemessen an der wirtschaftlichen Werknutzung beteiligt werde. Der Anspruch beziehe sich auf die Erträge und Vorteile „aus der Nutzung des Werkes“. Die vom Kläger angeführten Seigniorage-Einkünfte seien keine derartige wirtschaftliche Nutzung des vom Kläger reklamierten Werks. Sie entstünden ohne jede wirtschaftliche Verwertungshandlung des Werks allein aufgrund der gesetzlichen Vorgaben für die Geldpolitik. „Der Wert der Banknoten - und damit verbunden die Höhe der Seigniorage-Einkünfte - bestimmt sich allein nach ihrem zahlenmäßigen Aufdruck/der Stückelung. Ihre optische Gestaltung wirkt sich weder auf den aufgedruckten Wert noch den Umfang des Umlaufvermögens aus“, vertieft das OLG. Der Umfang des umlaufenden Barvermögens werde rein ökonomisch ermittelt. Auch ohne Verwendung einer Abbildung der Landmasse Europas auf den Banknoten wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, Banknoten im jeweils erforderlichen Umfang und den erforderlichen Größen zu genehmigen und auszugeben. Sie hätte in diesem Fall Seigniorage-Einkünfte in identischer Höhe erhalten.

Darüber hinaus seien die geldwerten Vorteile der Beklagten auch deshalb nicht „aus der Nutzung des Werkes“ entstanden, da die auf den Banknoten dargestellte europäische Landmasse als so genannte freie Benutzung anzusehen sei. Die eigentümlichen Bestandteile des Werkes des Klägers, das sich u.a. durch eine naturgetreue und in den Farben an der Farbskala eines Atlasses orientierten Darstellung auszeichne, träten hinter die eigenschöpferischen Veränderungen der Beklagten zurück. Prägend für die Banknoten sei insbesondere die einheitliche, an der Stückelungsgröße orientierte farbliche Gestaltung. „Der Betrachter nimmt keine naturgetreue Abbildung Europas war, sondern ein grafisches Element mit den Umrissen Europas“, begründet der Senat weiter.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Kläger kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision beim Bundesgerichtshof begehren.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 29.2.2024, Az. 11 U 83/22
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 18.5.2024, Az. 2-06 52/21)

Erläuterungen
§ 32a UrhG Weitere Beteiligung des Urhebers
Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung sich unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen als unverhältnismäßig niedrig im Vergleich zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes erweist, so ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. Ob die Vertragspartner die Höhe der erzielten Erträge oder Vorteile vorhergesehen haben oder hätten vorhersehen können, ist unerheblich.



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LG Berlin: Urheberrechtsverletzung durch Verwendung eines Zertifizierungssiegels nebst Urkunde bei Instagram ohne Lizenz Rechteinhabers

LG Berlin
Beschluss vom 27.09.2023
15 O 464/23

Das LG Berlin hat entschieden, dass die Verwendung eines Zertifizierungssiegels nebst Urkunde bei Instagram ohne Lizenz des Rechteinhabers eine Urheberrechtsverletzung darstellt.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Der Antragstellerin steht ein urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch nach §§ 97 Abs. 1 S. 1, 31, 15 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 16 Abs. 1, 19a UrhG zu.

a) Das Siegel und die Urkunde sind jeweils persönliche geistige Schöpfungen, die die Schutzhöhe des § 2 UrhG erreichen. Die designte Gestaltung beider Grafiken erreicht die erforderliche Schöpfungshöhe jedenfalls im Sinne der sogenannten „kleinen Münze“. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH ist bei Gestaltungen, welche auch Schutz nach dem Designgesetz beanspruchen können, keine gesteigerte Gestaltungshöhe mehr zu fordern (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.2013 – I ZR 143/12 – Geburtstagszug, Rn 26 ff.; Schulze, in: Dreier/Schulze, 7. Aufl. 2022, UrhG § 2 Rn. 160).

b) Die Antragsgegnerin hat in die ausschließlichen Verwertungsrechte der Antragstellerin eingegriffen oder dies zumindest willentlich ermöglicht, indem sie das Siegel und die Urkunde eigenmächtig im Internet abrufbar gemacht oder abrufbar machen lassen hat (§§ 19a, 16 Abs. 1 UrhG).

Soweit die Antragsgegnerin mit E-Mail vom 1.8.2023 (vorgelegt als Anlage Ast 7) vorgerichtlich behauptet hat, die verfahrensgegenständliche Urkunde sei kurzfristig lediglich „im Status“ ihrer 13-jährigen Tochter erschienen, steht dies der Passivlegitimation der Antragsgegnerin für den verfahrensgegenständlichen Unterlassungsanspruch nicht entgegen.

Mit dem als Anlage AST5 vorgelegten Screenshot der Antragstellerin wurde glaubhaft gemacht, dass die verfahrensgegenständliche Urkunde auf dem gewerblichen Instagram-Account der Antragsgegnerin sichtbar war. Dem Screenshot ist zu entnehmen, dass der Account „xxxxxx“ einer „zertifzierte[n] Wimpernstylistin“ zuzuordnen ist. Soweit die Antragsgegnerin behaupten wollte, dass die Urkunde lediglich über ein anderes soziales Medium veröffentlicht worden sei, wäre dies - insbesondere unter Beachtung des Screenshots - unsubstantiiert. Soweit die Antragsgegnerin behaupten wollte, dass der aus S. 2 der Anlage AST 5 ersichtliche Post von ihrer Tochter stammt, haftete sie insoweit jedenfalls als Störerin. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann als Störer für eine Schutzrechts-/Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, „der (...) in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes oder zu einer verbotenen Handlung beigetragen hat“ (vgl. BGH, Urteil vom 18. 10. 2001 - I ZR 22/99). Die Tochter der Antragsgegnerin hätte die Urkunde nur dann auf dem Account der Antragsgegnerin posten können, wenn diese ihr sowohl die entsprechenden Zugangsdaten als auch die Urkunde zur Verfügung stellte. Beides setzt ein willentliches Handeln der Antragsgegnerin voraus. Zudem liegt es bei Zurverfügungstellung sowohl der Zugangsdaten als auch der Urkunde nicht außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit, dass die Urkunde dort eingestellt wird.

Eine Berechtigung zu dieser Verwertung ist nicht festzustellen. Die Antragstellerin hatte eine Benutzung des Siegels und der Urkunde nur als Bestandteil eines entgeltlichen Vertrages, den die Antragsgegnerin erst mit ihr abschließen müsste, angeboten. Die Antragsgegnerin hat einen solchen Vertrag nicht abgeschlossen. Die mit anwaltlichem Schreiben vom 7.9.2023 (Anlage Ast 12) erklärte Anfechtung ist für den Unterlassungsanspruch irrelevant.

Auch auf ein Verschulden kommt es für den Unterlassungsanspruch nicht an.

c) Dem Unterlassungsanspruch stehen auch keine Erwägungen nach § 242 BGB entgegen. Die Frage, ob der Antragstellerin ein Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 1 UrhG zustünde, ist nicht verfahrensgegenständlich.

Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Antragstellerin läge lediglich vor, wenn es nach sorgfältiger Abwägung der beteiligten Interessen als untragbar erschiene, das aus der Gesetzesanwendung folgende Resultat zu akzeptieren (vgl. Staudinger/Looschelders/Olzen (2019) BGB § 242, Rn. 219). So liegt der Fall hier nicht. Zur Überzeugung der Kammer könnte ein etwaig wettbewerbswidriges Verhalten der Antragstellerin allenfalls der Durchsetzung ihres urheberrechtlichen Unterlassungsanspruchs entgegenstehen, wenn insoweit Schutzzwecke des § 5 UWG berührt wären (vgl. auch zur Relevanz von gesetzlichen Wertungen bei der gebotenen Abwägung: Olzen, a.a.O., Rn. 221). Dies ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Gegenüber der Marktgegenseite soll das wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot verhindern, dass diese durch irreführende Angaben zu wirtschaftlich relevanten Dispositionen veranlasst werden (vgl. Ruess, in: MüKo zum Lauterkeitsrecht, 3. Auflage 2020, § 5 UWG, Rn. 21 m.w.N.). Die Antragsgegnerin hat zur Überzeugung der Kammer vorliegend keine vom Schutzzweck des § 5 UWG erfasste vermögensrechtliche Disposition vorgenommen. Selbst wenn man in der Veröffentlichung der Urkunde ohne Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung mit der Antragstellerin eine vermögensrechtliche Disposition sehen wollte, weil sich die Antragsgegnerin dem Risiko der Abmahnung aussetzt, hätte die Antragstellerin sie insoweit jedenfalls nicht irregeführt. Zur Überzeugung der Kammer wäre die Geltendmachung von urheberrechtlichen Unterlassungsansprüchen durch die Antragstellerin vorliegend allenfalls rechtsmissbräuchlich, wenn sie über die Bedingungen der Lizenzerteilung getäuscht hätte. Dies ist indes nicht der Fall. In dem als Anlage AST 4 vorgelegten Schreiben wird bereits auf der ersten Seite darauf hingewiesen, dass das Zertifikat „bestellt“ werden müsste. Am Ende der nächsten Seite wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Nutzung des Siegels und der Urkunde ohne Bestellung nicht gestattet ist. Die sich über eine ganze Seite erstreckende Übersicht unterschiedlicher buchbarer Pakete auf S. 4 verdeutlicht anschaulich, dass das übersandte Siegel und die Urkunde nur gegen Zahlung benutzt werden dürfen.

c) Die Wiederholungsgefahr wird durch die Rechtsverletzung indiziert. Sie entfällt auch nicht durch bloßes Entfernen des Siegels und der Urkunde aus dem Instagram-Auftritt; es hätte eine ernsthafte und strafbewehrte Unterlassungserklärung hinzukommen müssen, um die Antragstellerin abzusichern. Die dem auf den 7.9.2023 datierten anwaltlichen Schreiben beigefügte Unterlassungserklärung vom 8.9.2023 beseitigt die Wiederholungsgefahr nicht. Es fehlt insoweit an der notwendigen verhaltenssteuernden Vertragsstrafendrohung, die die Antragsgegnerin als Schuldnerin von zukünftigen Verstößen abhalten soll (vgl. BGH, Vers.-Urt. v. 1.12.2022 – I ZR 144/21, Rn. 41 m.w.N.; zitiert nach: GRUR 2023, 255). Zudem hat die Antragstellerin mit Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung konkludent erklärt, die Unterlassungserklärung nicht annehmen zu wollen.

2. Es besteht auch ein Verfügungsgrund. Die Eilbedürftigkeit ergibt sich aus dem Verletzungsgeschehen. Die Antragstellerin ist hinsichtlich ihrer Rechte nicht lediglich auf die Geltendmachung im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens beschränkt. Sie muss die Verletzung ihrer Rechte nicht hinnehmen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Verzicht des Urhebers gegenüber Microstockportal auf Benennung als Urheber kann nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB oder § 138 Abs. 1 BGB unwirksam sein

BGH
Urteil vom 15.06.2023
I ZR 179/22
Microstock-Portal
UrhG §§ 13, 97a Abs. 4 Satz 1; BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1


Der BGH hat entschieden, dass der Verzicht des Urhebers gegenüber einem Microstockportal auf Benennung als Urheber nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB oder § 138 Abs. 1 BGB unwirksam sein kann.

Leitsätze des BGH_
a) Das Recht des Urhebers auf Anbringung der Urheberbezeichnung gemäß § 13 Satz 2 UrhG ist in seinem Kern unverzichtbar. Daraus, dass der Urheber nach § 13 Satz 2 UrhG bestimmen kann, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist, ergibt sich jedoch, dass es ihm außerhalb dieses unverzichtbaren Kerns grundsätzlich freisteht, durch ausdrücklich oder stillschweigend getroffene vertragliche Vereinbarungen mit dem Werkverwerter auf die Ausübung dieses Rechts zu verzichten oder in dieses Recht beeinträchtigende Nutzungen einzuwilligen.

b) Solche Vereinbarungen unterliegen allerdings Grenzen, deren Überschreitung gemäß § 138 Abs. 1 BGB und - soweit Allgemeine Geschäftsbedingungen in Rede stehen - gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB zur Unwirksamkeit der Vereinbarung führt.

c) Im Rahmen der bei der Prüfung dieser Bestimmungen vorzunehmenden Gesamtabwägung sind sowohl die Interessen von Urheber und Vertragspartner als auch die jeweiligen vertragsrelevanten Umstände wie die Art des Werks sowie der Zweck und die Dauer der Vereinbarung in den Blick zu nehmen. Zu berücksichtigen sind der sachliche und zeitliche Umfang der in Rede stehenden Einschränkung des Namensnennungsrechts. Dabei kommt es etwa darauf an, ob die Einschränkung nur bestimmte Werke oder bestimmte Nutzungen betrifft und nur für eine bestimmte Zeit gelten oder widerruflich sein soll oder aber der Urheber sich pauschal und dauerhaft zum Verzicht auf die Ausübung seines Namensnennungsrechts verpflichtet hat. Im Rahmen der Abwägung können zudem Verkehrsgewohnheiten und Branchenübungen berücksichtigt werden.

BGH, Urteil vom 15. Juni 2023 - I ZR 179/22 - OLG Frankfurt am Main - LG Kassel

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Frankfurt: Kein Nachvergütungsanspruch aus § 32a UrhG für Urheber der Abbildung des europäischen Kontinents auf Euro-Banknoten

LG Frankfurt
Urteil vom 18.05.2022
2-06 O 52/21


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass dem Urheber der Abbildung des europäischen Kontinents, der sich auf den Euro-Banknoten befindet, kein Nachvergütungsanspruch aus § 32a UrhG zusteht.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Abbildung des europäischen Kontinents auf Euro-Banknoten - Urheber der Bilddatei steht keine Nutzungsvergütung zu

Das Landgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass der Urheber des Bildes von Europa, das auf allen Euro-Banknoten in abgewandelter Form verwendet wird, keine Vergütung für die Nutzung verlangen kann.

Der Kläger ist Geograf und Karthograph. Er hatte eine Abbildung des europäischen Kontinents erstellt und dafür verschiedene Satellitenbilder und digitale Dateien verwendet, bearbeitet und verändert, Küstenlinien, Fjorde und Inseln verschoben und Oberflächenstrukturen und Farben überarbeitet. Das so geschaffene Bild wurde im Rahmen eines 1996 ausgetragenen Wettbewerbs um die Gestaltung der Euro-Banknoten in dem letztlich als Sieger auserkorenen Entwurf verwendet. Der Kläger übertrug einer europäischen Institution die Nutzungsrechte an der bearbeiteten Satellitenaufnahme und erhielt dafür 2.180 €. Später wurde die Lizenz zur Nutzung des Bildes auf die Europäische Zentralbank übertragen.

Der Kläger hat verlangt, dass die Europäische Zentralbank ihm eine sog. angemessene Vergütung bzw. Nachvergütung nach dem Urhebergesetz zahlt. Für die Vergangenheit hat er 2,5 Mio. Euro gefordert und zusätzlich jährlich 100.000 Euro für die Dauer von weiteren 30 Jahren.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Klage abgewiesen. Eine Vergütung nach dem Urhebergesetz sei ausgeschlossen, weil ein Werk des Klägers tatsächlich nicht genutzt werde. Die Richterinnen und Richter erklärten in ihrem Urteil: „Zwar wird die Bilddatei des Klägers als Ausgangsprodukt für die Gestaltung verwendet, indem die Satellitenansicht Europas in ihren Umrissen übernommen wird.“ Jedoch weiche die Darstellung auf den Euro-Banknoten so stark von dem Satellitenbild des Klägers ab, dass ein selbständiges, neues Werk geschaffen worden sei. Maßgeblich sei, ob „die dem geschützten älteren Werk entlehnten eigenpersönlichen Züge im neuen Werk zurücktreten, sodass die Benutzung des älteren Werkes durch das neue nur noch als Anregung zu einem neuen, selbständigen Werkschaffen erscheint.“ Das sei vorliegend der Fall: „Bei einem Gesamtvergleich der Bilddatei mit den Euro-Banknoten ist ein Verblassen der eigenschöpferischen Merkmale der Bilddatei anzunehmen.“ Denn der europäische Kontinent werde nur auf einem verhältnismäßig geringen Teil der Banknoten dargestellt. Auf dem Bild des Klägers seien die Landmassen Europas außerdem in naturtypischer Darstellung in grün und dunkelbraun gehalten, während der Kontinent auf den Euro-Banknoten in der jeweiligen Grundfarbe der Stückelung nur einfarbig mit Linienreliefs gestaltet werde. Schließlich sei auf den Geldscheinen von der für eine Satellitenaufnahme prägenden Darstellung der Lebensumwelt, insbesondere der Höhen und Tiefen der Landschaftselemente, vollständig Abstand genommen worden.

Das Urteil vom 18.5.2022 (Aktenzeichen: 2-06 O 52/21) ist nicht rechtskräftig.
Zur Erläuterung
§ 32 Absatz 1 Urhebergesetz:
„Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart. (…)“

§ 32a Absatz 1 Urhebergesetz:
„Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung sich unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen als unverhältnismäßig niedrig im Vergleich zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes erweist, so ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. (…)“

§ 23 Absatz 1 Urhebergesetz:
„Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen eines Werkes (…) dürfen nur mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht werden. Wahrt das neu geschaffene Werk einen hinreichenden Abstand zum benutzten Werk, so liegt keine Bearbeitung oder Umgestaltung im Sinne des Satzes 1 vor.“



Volltext BGH: Zum Anspruch eines Konstrukteurs der Porsche AG auf angemessene Beteiligung gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG am wirtschaftlichen Erfolg des Porsche 911

BGH
Urteil vom 07.04.2022
I ZR 222/20
Porsche 911
UrhG §§ 16, 17, 23 Abs. 1, § 24 Abs. 1, § 32a Abs. 1; Richtlinie 2001/29/EG Art. 2 Buchst. a


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Zum Anspruch eines Konstrukteurs der Porsche AG auf angemessene Beteiligung gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG am wirtschaftlichen Erfolg des Porsche 911 über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:
a) Der Begriff der Nutzung im Sinne von § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG ist dahingehend auszulegen, dass Erträge oder Vorteile aus einer Nutzung, die nicht in den Schutzbereich eines Verwertungsrechts des Urhebers eingreifen, keinen Anspruch gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG auf weitere angemessene Beteiligung des Urhebers begründen können.

b) Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Abgrenzung der freien Benutzung von der (unfreien) Bearbeitung gelten für Werke im Sinne von § 2 UrhG auch nach der durch das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes vom 31. Mai 2021 (BGBl. I S. 1204) vorgenommenen Streichung des § 24 UrhG aF und der Änderung des § 23 UrhG in der Sache mit der Maßgabe weiter, dass das Kriterium des "Verblassens" unionsrechtskonform im Sinne des Kriteriums einer fehlenden Wiedererkennbarkeit der schutzbegründenden eigenschöpferischen Elemente zu verstehen ist.

BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 222/20 - OLG Stuttgart - LG Stuttgart

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Zum Anspruch eines Konstrukteurs der Porsche AG auf angemessene Beteiligung gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG am wirtschaftlichen Erfolg des Porsche 911

BGH
Urteil vom 07.04.2022
I ZR 222/20
Porsche 911


Der BGH hat sich in dieser Entscheidung zum Anspruch eines Konstrukteurs der Porsche AG auf angemessene Beteiligung gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG am wirtschaftlichen Erfolg des Porsche 911 befasst.

Die Pressemitteilungd es BGH:
Bundesgerichtshof zu urheberrechtlichen Ansprüchen eines Konstrukteurs der Porsche AG auf
Fairnessausgleich nach § 32a UrhG

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über urheberrechtliche Beteiligungsansprüche des früheren Abteilungsleiters der Karosserie-Konstruktion der Porsche AG am wirtschaftlichen Erfolg des Porsche 911 entschieden.

Sachverhalt:

Die Beklagte ist die Porsche AG. Die Klägerin ist die Tochter eines im Jahr 1966 verstorbenen Abteilungsleiters der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Dieser war im Rahmen seiner Tätigkeit mit der Entwicklung des ab 1950 produzierten Fahrzeugmodells Porsche 356 und dessen seit 1963 gebauten Nachfolgemodells Porsche 911 befasst. Der Umfang seiner Beteiligung an der Gestaltung dieser Modelle ist zwischen den Parteien streitig.

Bisheriger Prozessverlauf:

Die Klägerin verlangt als Erbin ihres Vaters und aus abgetretenem Recht einer weiteren Erbin von der Beklagten gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG ab dem 1. Januar 2014 eine angemessene Beteiligung an den Erlösen aus dem Verkauf der ab 2011 produzierten Baureihe 991 des Porsche 911. Sie meint, bei den Fahrzeugen dieser Baureihe seien wesentliche Gestaltungselemente der unter maßgeblicher Beteiligung ihres Vaters entwickelten Ursprungsmodelle des Porsche 356 und des Porsche 911 übernommen worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Das Oberlandesgericht hat allerdings im Ergebnis mit Recht angenommen, dass der Klägerin keine Ansprüche auf weitere angemessene Beteiligung gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG zustehen, soweit sie geltend macht, die Beklagte habe mit dem Vertrieb der Baureihe 991 des Porsche 911 die Urheberrechte ihres Vaters am Porsche 356 genutzt. Die Gestaltung des Porsche 356 ist zwar als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlich geschützt (§ 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG). Die Klägerin hat auch nachgewiesen, dass ihr Vater diese Gestaltung geschaffen hat und damit deren Urheber ist (§ 7 UrhG). Die Beklagte hat mit dem Vertrieb der Baureihe 991 des Porsche 911 aber nicht das ihr vom Vater der Klägerin im Rahmen des Arbeitsverhältnisses eingeräumte Recht zur Verwertung dieses Werkes in körperlicher Form (§ 15 Abs. 1 UrhG) genutzt. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts sind bei einem Vergleich des Gesamteindrucks der beiden Fahrzeugmodelle die den Urheberrechtsschutz des Porsche 356 begründenden Elemente in der Gestaltung des Porsche 911 nicht mehr wiederzuerkennen. Die Beklagte hat daher mit der Herstellung und dem Vertrieb des Porsche 911 nicht in das ausschließliche Recht des Urhebers zur Vervielfältigung (§ 16 Abs. 1 UrhG) und Verbreitung (§ 17 Abs. 1 UrhG) des Porsche 356 eingegriffen. Ein Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung scheidet deshalb aus, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich bei der Gestaltung der Baureihe 991 des Porsche 911 gleichfalls um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handelt und damit die Voraussetzungen einer freien Benutzung im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG aF/§ 23 Abs. 1 Satz 2 UrhG nF vorliegen.

Die Annahme des Oberlandesgerichts, der Klägerin stünden auch keine Ansprüche auf weitere angemessene Beteiligung zu, soweit sie sich darauf berufe, die Beklagte habe mit dem Vertrieb der Baureihe 991 des Porsche 911 die Urheberrechte ihres Vaters am Ursprungsmodell des Porsche 911 genutzt, hält der rechtlichen Nachprüfung dagegen in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Das Oberlandesgericht hat Ansprüche der Klägerin mit der Begründung abgelehnt, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass ihr Vater die äußere Gestaltung der Karosserie des Porsche 911 geschaffen habe. Die Klägerin hatte im Berufungsverfahren allerdings ihren Ehemann als Zeugen dafür benannt, dass ihr Vater diesem bei einem Besuch an seinem Arbeitsplatz klargemacht habe, dass der Porsche 911 und dessen Karosserie "sein Auto, sein Entwurf" gewesen sei. Das Oberlandesgericht hätte sich mit diesem Beweisangebot auseinandersetzen müssen, weil die Zeugenaussage zumindest ein Indiz für die Urheberschaft des Vaters der Klägerin liefern konnte. Die Klägerin hat dieses Beweisangebot zwar erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorgebracht. Das Oberlandesgericht hat sich aber nicht damit befasst, ob die Klägerin deshalb mit ihrem Beweisantritt ausgeschlossen ist. Diese Frage kann nur vom Berufungsgericht und nicht vom Revisionsgericht entschieden werden.

Vorinstanzen:

LG Stuttgart - Urteil vom 26. Juli 2018 - 17 O 1324/17

OLG Stuttgart - Urteil vom 20. November 2020 - 5 U 125/19

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG

(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere: …

4. Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke; …

(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.

§ 7 UrhG

Urheber ist der Schöpfer des Werkes.

§ 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UrhG

(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfasst insbesondere

1. das Vervielfältigungsrecht (§ 16),

2. das Verbreitungsrecht (§ 17), …

§ 16 Abs. 1 UrhG

(1) Das Vervielfältigungsrecht ist das Recht, Vervielfältigungsstücke des Werkes herzustellen, gleichviel ob vorübergehend oder dauerhaft, in welchem Verfahren und in welcher Zahl.

§ 17 Abs. 1 UrhG

(1) Das Verbreitungsrecht ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

§ 23 Abs. 1 UrhG nF

(1) Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen eines Werkes, insbesondere auch einer Melodie, dürfen nur mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht oder verwertet werden. Wahrt das neu geschaffene Werk einen hinreichenden Abstand zum benutzten Werk, so liegt keine Bearbeitung oder Umgestaltung im Sinne des Satzes 1 vor.

§ 24 Abs. 1 UrhG aF

Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden.

§ 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG

(1) Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung sich unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen als unverhältnismäßig niedrig im Vergleich zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes erweist, so ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird.

Volltext BGH liegt vor: Zur Angemessenheit der Nachvergütung nach § 32a UrhG für Chefkameramann des Films "Das Boot"

BGH
Urteil vom 01.04.2021
I ZR 9/18
Das Boot III
UrhG § 32 Abs. 2 Satz 2, § 32a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1

Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Zur Angemessenheit der Nachvergütung nach § 32a UrhG für Kameramann des Films "Das Boot" - Erneut Zurückverweisung an das OLG über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Bei der Prüfung des auffälligen Missverhältnisses gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 UrhG kommt es ausschließlich auf das Verhältnis zwischen dem Urheber und dem auf weitere Beteiligung in Anspruch genommenen Nutzungsberechtigten an. Gibt es nur einen Vertragspartner, kann die gesamte mit dem Urheber vereinbarte Vergütung ins Verhältnis zu den gesamten vom Nutzungsberechtigten erzielten Erträgen und Vorteilen gesetzt werden. Gibt es dagegen einen Vertragspartner, der mehreren Dritten unterschiedliche Nutzungsrechte eingeräumt hat, kann bei der Prüfung des auffälligen Missverhältnisses nicht die gesamte mit dem Urheber vereinbarte Vergütung zu den gesamten vom Vertragspartner und den Dritten erzielten Erträgen und Vorteilen ins Verhältnis gesetzt werden, sondern nur der Teil der vereinbarten Gegenleistung, der auf die verwerteten Nutzungsrechte entfällt. Es ist deshalb notwendig, auf allen Stufen der Prüfung des Anspruchs auf weitere angemessene Beteiligung gemäß § 32a UrhG die für die Einräumung der von dem jeweiligen Nutzungsberechtigten genutzten Nutzungsrechte (fiktiv) vereinbarte Vergütung ins Verhältnis zu den mit der Nutzung dieser Rechte erzielten Erträgen und Vorteilen zu setzen (Fortführung von BGH, GRUR 2020, 611 Rn. 46, 114, 128, 130 und 158 - Das Boot II).

b) Bei Filmwerken werden Urheber in einer die Vermutung gemäß § 10 Abs. 1 UrhG begründenden Weise üblicherweise im Vor- oder Abspann aufgeführt.

c) Soweit im Abspann eines Filmwerks neben einem "Chefkameramann" weitere "zusätzliche" Kameramänner aufgeführt werden, kommt darin zwar eine Weisungsbefugnis des "Chefkameramanns" und eine korrespondierende Weisungsgebundenheit der "zusätzlichen" Kameramänner zum Ausdruck. Es kann allerdings nicht ohne gesonderte Feststellungen angenommen werden, dass das Weisungsverhältnis über die Organisation und die technische Durchführung der Dreharbeiten hinausgreift und eine die
(Mit-)Urhebereigenschaft begründende eigene schöpferische Leistung der "zusätzlichen" Kameraleute ausschließt.

BGH, Urteil vom 1. April 2021 - I ZR 9/18 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Zur Angemessenheit der Nachvergütung nach § 32a UrhG für Kameramann des Films "Das Boot" - Erneut Zurückverweisung an das OLG

BGH
Urteil vom 01.04.2021
I ZR 9/18

Der BGH hat sich abermals zur Angemessenheit der Nachvergütung nach § 32a UrhG für den Chefkameramann des Films "Das Boot" geäußert und seine Rechtsprechung zu § 32a UrhG weiter präzisiert. Erneut kommt es zu einer Zurückverweisung an das OLG.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Zur Vergütung des Chefkameramanns des Filmwerks "Das Boot"

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat erneut über eine weitere angemessene Beteiligung des Chefkameramanns des Filmwerks "Das Boot" an den von der Produktionsgesellschaft, dem Westdeutschen Rundfunk und dem Videoverwerter erzielten Vorteilen aus der Verwertung des Films entschieden.

Sachverhalt:

Der Kläger war Chefkameramann des in den Jahren 1980/1981 hergestellten Filmwerks "Das Boot". Der Film wurde national und international im Kino, im Fernsehen sowie auf Videokassette und DVD ausgewertet. Die Beklagte zu 1 hat den Film produziert und mit dem Kläger für seine Leistung eine Pauschalvergütung in Höhe von 204.000 DM (104.303,54 €) gegen Einräumung sämtlicher Nutzungsrechte vereinbart. Sie hat den Film an die Beklagten zu 2 und 3 sowie weitere Dritte lizenziert und im Rahmen der "Bavaria Filmtour" auf ihrem Studiogelände in München genutzt. Der Beklagte zu 2 ist der Westdeutsche Rundfunk (WDR). Er hat den Film in seinem Sender und im Gemeinschaftsprogramm der ARD ausgestrahlt sowie entgeltliche Sublizenzen erteilt. Die Beklagte zu 3 hat das Werk auf Grundlage von Lizenzverträgen auf Bildträgern (DVD etc.) in Deutschland und Österreich verbreitet.

Der Kläger macht gegen die Beklagten für nach dem 28. März 2002 erfolgte Werknutzungen jeweils einen Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung nach § 32a Abs. 1 UrhG (Beklagte zu 1) und § 32a Abs. 2 UrhG (Beklagte zu 2 und 3) geltend, weil ihre aus der Werknutzung gezogenen Erträgnisse und Vorteile in einem auffälligen Missverhältnis zu seiner Vergütung stünden. Ferner beansprucht er gegenüber der Beklagten zu 1 Vertragsanpassung und gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 jeweils Feststellung der Verpflichtung zur künftigen weiteren Beteiligung. Zudem verlangt er von der Beklagten zu 3 Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten. Die Beklagten beantragen jeweils Klageabweisung.

Bisheriger Prozessverlauf:

Der Kläger hat die Beklagten bereits auf einer ersten Klagestufe mit Erfolg auf Erteilung von Auskünften über die jeweils erzielten Erträgnisse und Vorteile in Anspruch genommen (BGH, Urteil vom 22. September 2011 - I ZR 127/10 - Das Boot I).

Seine im vorliegenden Rechtsstreit auf die erteilten Auskünfte gestützte Zahlungsklage hatte vor dem Landgericht teilweise Erfolg (LG München I, ZUM 2016, 776). Auf die Berufung sämtlicher Parteien hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und die Beklagte zu 1 zur Zahlung von 162.079,27 € und zur Einwilligung in die Anpassung des streitgegenständlichen Vertrages verurteilt. Die Beklagten zu 2 und 3 hat es zur Zahlung in Höhe von 89.856,59 € bzw. 186.490,74 € verurteilt; zudem hat es für die Zeit ab dem 9. Oktober 2015 bzw. ab dem 1. April 2017 deren Verpflichtung zur Zahlung einer weiteren angemessenen Beteiligung festgestellt. Im Übrigen hat das Berufungsgericht die Klagen abgewiesen (OLG München, GRUR-RR 2018, 225).

In einem weiteren Verfahren hat der Kläger die mit dem Beklagten zu 2 in der ARD organisierten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aus § 32a Abs. 2 UrhG in Anspruch genommen (OLG Stuttgart, ZUM-RD 2019, 20). Hierüber hat der Senat durch Zurückverweisung der Sache ans Berufungsgericht entschieden (Urteil vom 20. Februar 2020 - I ZR 176/18, GRUR 2020, 611 - Das Boot II; vgl. dazu die Pressemitteilung Nr. 20/2020).

Mit den vom Senat zugelassenen Revisionen haben die Parteien ihre Anträge weiterverfolgt.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung einer weiteren angemessenen Beteiligung nicht zuerkannt werden.

Der Kläger kann von den Beklagten nach § 32a Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 UrhG eine weitere angemessene Beteiligung beanspruchen, wenn die Vergütung, die er mit der Beklagten zu 1 vereinbart hat, in einem auffälligen Missverhältnis zu den Vorteilen steht, die die Beklagten mit der Verwertung des Films erzielt haben. Ein auffälliges Missverhältnis liegt jedenfalls vor, wenn die vereinbarte Vergütung nur die Hälfte der angemessenen Vergütung beträgt, also der Vergütung, die mit Rücksicht auf die Höhe der erzielten Vorteile üblicher- und redlicherweise zu leisten ist.

Das Berufungsgericht hat seiner Prüfung, ob im Streitfall ein solches auffälliges Missverhältnis besteht, die vereinbarte Pauschalvergütung im Hinblick auf jeden Beklagten in voller Höhe zugrunde gelegt. Es hat dabei nicht berücksichtigt, dass es bei der Prüfung des auffälligen Missverhältnisses gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 UrhG ausschließlich auf das Verhältnis zwischen dem Urheber und dem auf weitere Beteiligung in Anspruch genommenen Nutzungsberechtigten ankommt. Gibt es nur einen Vertragspartner, kann die gesamte mit dem Urheber vereinbarte Vergütung ins Verhältnis zu den gesamten vom Nutzungsberechtigten erzielten Erträgen und Vorteilen gesetzt werden. Gibt es dagegen - wie im vorliegenden Fall - einen Vertragspartner, der mehreren Dritten unterschiedliche Nutzungsrechte eingeräumt hat, muss bei der Prüfung des auffälligen Missverhältnisses jeweils der - zu schätzende - Teil der vereinbarten Gegenleistung, der auf die von dem jeweiligen Nutzungsberechtigten verwerteten Nutzungsrechte entfällt, ins Verhältnis zu den von diesem Nutzungsberechtigten erzielten Erträgen und Vorteilen gesetzt werden.

Das Berufungsgericht hat ferner die von den Beklagten mit der Nutzung der urheberrechtlich geschützten Leistung des Klägers erzielten Vorteile unter indizieller Heranziehung von Vergütungsregelungen in Tarifverträgen und gemeinsamen Vergütungsregeln bestimmt, die nach den Umständen des Streitfalls unmittelbar nicht anwendbar sind. Der Bundesgerichtshof hat diese Bemessung der Vorteile durch das Berufungsgericht gebilligt. Den Gerichten ist für die im Wege der Schätzung zu ermittelnde Höhe des Vorteils nach § 287 Abs. 2 ZPO ein weites Ermessen eingeräumt. In der Revisionsinstanz ist eine solche Schätzung nur eingeschränkt darauf überprüfbar, ob das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist und sämtliche für die Beurteilung bedeutsamen Tatsachen berücksichtigt hat. Danach ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Schätzung des Vorteils durch indizielle Heranziehung von nach den Umständen sachgerechten Bewertungsgrundlagen aus Tarifverträgen und gemeinsamen Vergütungsregelungen grundsätzlich nicht zu beanstanden. Die vom Berufungsgericht vorgenommene indizielle Anwendung dieser Regelungen hält der rechtlichen Nachprüfung jedoch nicht in allen Einzelheiten stand (vgl. dazu bereits die Pressemitteilung Nr. 20/2020).

Wegen dieser Berechnungsfehler bei der Prüfung des vom Kläger erhobenen Anspruchs ist der Annahme des Berufungsgerichts, es liege im Verhältnis zu jedem Beklagten ein auffälliges Missverhältnis vor, die Grundlage entzogen. Das Berufungsgericht wird daher im wiedereröffneten Berufungsverfahren erneut zu prüfen haben, ob der auf die Einräumung der bei den Beklagten jeweils in Rede stehenden Rechte entfallende Teil der vereinbarten Pauschalvergütung in einem auffälligen Missverhältnis zu den von den Beklagten mit der Nutzung der urheberrechtlich geschützten Leistung des Klägers erzielten Vorteilen steht und der Kläger von den Beklagten daher eine weitere angemessene Beteiligung beanspruchen kann.

Vorinstanzen:

LG München I - Urteil vom 2. Juni 2016 - 7 O 17694/08

OLG München - Urteil vom 21. Dezember 2017 - 29 U 2619/16

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 32 UrhG Angemessene Vergütung

(1) Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart. Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.

(2) Eine nach einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36) ermittelte Vergütung ist angemessen. Im Übrigen ist die Vergütung angemessen, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer, Häufigkeit, Ausmaß und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher- und redlicherweise zu leisten ist.

§ 32a UrhG Weitere Beteiligung des Urhebers

(1) Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes steht, so ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. Ob die Vertragspartner die Höhe der erzielten Erträge oder Vorteile vorhergesehen haben oder hätten vorhersehen können, ist unerheblich.

(2) Hat der andere das Nutzungsrecht übertragen oder weitere Nutzungsrechte eingeräumt und ergibt sich das auffällige Missverhältnis aus den Erträgnissen oder Vorteilen eines Dritten, so haftet dieser dem Urheber unmittelbar nach Maßgabe des Absatzes 1 unter Berücksichtigung der vertraglichen Beziehungen in der Lizenzkette. Die Haftung des anderen entfällt. ...

§ 287 ZPO Schadensermittlung; Höhe der Forderung

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. …

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BGH: Lizenzierung nach Urheberrechtsverletzung ist nicht ohne weiteres geeignet den objektiven Wert der bloßen zukünftigen Nutzung zu belegen

BGH
Urteil vom 18.06.2020
I ZR 93/19
Nachlizenzierung
UrhG § 97 Abs. 2 Satz 1 und 3; ZPO § 287 Abs. 1 Satz 1 und 2


Der BGH hat entschieden, dass die (Nach-)Lizenzierung nach einer Urheberrechtsverletzung ist nicht ohne weiteres geeignet ist, den objektiven Wert der bloßen zukünftigen Nutzung zu belegen.

Leitsatz des BGH:

Eine Lizenzierung nach Verletzung ist nicht ohne weiteres geeignet, den objektiven Wert der bloßen (zukünftigen) Nutzung zu belegen; entgolten wird damit regelmäßig mehr als nur die einfache Nutzung. Die nach einer Verletzung vereinbarten "Lizenzgebühren" stellen nicht nur die Vergütung dar, die vernünftige Parteien als Gegenleistung für den Wert der künftigen legalen Benutzungshandlung vereinbart hätten; vielmehr bilden sie darüber hinaus regelmäßig eine Gegenleistung für die einvernehmliche Einigung über mögliche Ansprüche aus der vorangegangenen Rechtsverletzung. Dieser bei einem Nachlizenzierungsvertrag gegenüber einer freihändigen Lizenz vergütete "Mehrwert" steht typischerweise der Annahme entgegen, ein solcher Lizenzvertrag habe eine Indizwirkung für den objektiven Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung.

BGH, Urteil vom 18. Juni 2020 - I ZR 93/19 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BVerwG: Verwertungsgesellschaft darf Tarife über die Vergütung nur nach dem Umfang der von ihr wahrgenommenen Rechte festsetzen

BVerwG
Urteil vom 17.06.2020
8 C 7.19


Das BVerwG hat entschieden, dass eine Verwertungsgesellschaft Tarife über die Vergütung nur nach dem Umfang der von ihr wahrgenommenen Rechte festsetzen darf.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Tarife für die Nutzung von Urheberrechten nur auf Grundlage der wahrgenommenen Rechte

Eine Verwertungsgesellschaft, die Urheber- und Leistungsschutzrechte wahrnimmt, ist verpflichtet, Tarife über die Vergütung für die Nutzung dieser Rechte nach dem Umfang der von ihr wahrgenommenen Rechte festzusetzen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Die Klägerin ist eine Verwertungsgesellschaft, die für private Sendeunternehmen (TV und Hörfunk) Urheber- und Leistungsschutzrechte wahrnimmt. Für die Lizenzierung dieser Rechte an Nutzer erhält sie eine Vergütung, die sie an die Inhaber der Rechte verteilt. Die Höhe der Vergütung, welche die Klägerin von Nutzern erzielt, richtet sich nach von ihr festgesetzten Tarifen.

Am 12. April 2013 veröffentlichte die Klägerin im Bundesanzeiger einen Tarif für die Wiedergabe von Funksendungen, der für die öffentliche Wahrnehmbarmachung urheberrechtlich geschützter Werke in Funksendungen galt. Mit Bescheid vom 20. März 2015 stellte das Deutsche Patent- und Markenamt als Aufsichtsbehörde fest, dass dieser Tarif unangemessen sei, und gab der Klägerin unter Androhung eines Zwangsgeldes auf, den Tarif zurückzunehmen. Den Widerspruch der Klägerin wies die Behörde zurück.

Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil teilweise geändert und die Klage gegen die Rücknahmeanordnung abgewiesen, weil die Klägerin den Umfang der von ihr wahrgenommenen Rechte nicht ausreichend ermittelt habe. Die Aufhebung der Feststellung, der Tarif sei unangemessen, hat es nicht beanstandet.

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Berufungsurteil im Ergebnis bestätigt. Die angefochtene Rücknahmeanordnung konnte auf § 19 Abs. 2 Satz 2 des hier noch anwendbaren Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes gestützt werden. Danach kann die Aufsichtsbehörde alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Verwertungsgesellschaft die ihr obliegenden Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt. Dies schließt die Befugnis ein zu überprüfen, ob die von der Verwertungsgesellschaft veröffentlichten Tarife entsprechend den dafür geltenden Rechtsvorschriften aufgestellt wurden. Das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz verpflichtet die Verwertungsgesellschaft, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte angemessene Tarife festzusetzen. Die Gesellschaft ist deshalb verpflichtet, ihre Tarife nach dem Umfang der von ihr wahrgenommenen Rechte zu bemessen. Außerdem muss die Höhe des Tarifs im Verhältnis zum Umfang dieser Rechte angemessen sein. Der von der Klägerin festgesetzte Tarif erfüllt schon die erste Anforderung nicht. Die vorgelegten Unterlagen waren nicht geeignet zu belegen, dass sie über die dem Tarif zugrunde gelegten Rechte verfügte. Die von der Behörde weiterhin getroffene Feststellung, der von der Klägerin veröffentlichte Tarif sei unangemessen, ist dagegen rechtswidrig. Ein Missverhältnis der Höhe des Tarifs zum Umfang der wahrgenommenen Rechte lässt sich ohne Erkenntnisse zu diesem Umfang nicht feststellen.

BVerwG 8 C 7.19 - Urteil vom 17. Juni 2020

Vorinstanzen:
VGH München, 22 B 17.1219 - Urteil vom 25. Februar 2019 -
VG München, M 16 K 15.5333 - Urteil vom 25. Oktober 2016 -



BGH: Angemessene Vergütung nach § 32 UrHG umfasst nur Einräumung der Nutzungsrechte - keine Fahrtkosten für Recherchetätigkeit eines Journalisten

BGH
Urteil vom 21.05.2015
I ZR 39/14
GVR Tageszeitungen II
UrhG § 32


Der BGH hat entschieden, dass die angemessene Vergütung nach § 32 UrHG nur die Einräumung der Nutzungsrechte umfasst. Insbesondere sind keine Fahrtkosten für Recherchetätigkeit eines Journalisten zu berücksichtigen.

Leitsätze des BGH:

a) Die Bestimmung des § 32 UrhG umfasst nach ihrem Wortlaut allein eine Vergütung, die dem Urheber für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung zusteht. Sie regelt mithin lediglich die Vergütung des Urhebers als Gegenleistung für die gemäß § 31 UrhG eingeräumten Nutzungsrechte. Betrifft eine Vereinbarung zwischen Urheber und Werknutzer auch andere Elemente, ist die in § 32 UrhG geregelte Angemessenheitskontrolle allein auf diejenigen Vergütungselemente anwendbar, die auf das eingeräumte Nutzungsrecht entfallen.

b) Fahrtkosten, die einem Journalisten im Zusammenhang mit seiner Recherchetätigkeit entstehen, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 32 UrhG.

BGH, Urteil vom 21. Mai 2015 - I ZR 39/14 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Online-Nutzung von Musikwerken - EU plant Richtlinie zur europaweiten Lizenzierung durch Verwertungsgesellschaften

Die EU-Kommission hat einen Vorschlag für eine "Richtlinie über kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für die Online-Nutzung von Rechten an Musikwerken im Binnenmarkt" vorgelegt, um so die europaweite Lizenzierung der Online-Nutzung von Musikwerken zu erleichtern.