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BGH: Lizenzierung nach Urheberrechtsverletzung ist nicht ohne weiteres geeignet den objektiven Wert der bloßen zukünftigen Nutzung zu belegen

BGH
Urteil vom 18.06.2020
I ZR 93/19
Nachlizenzierung
UrhG § 97 Abs. 2 Satz 1 und 3; ZPO § 287 Abs. 1 Satz 1 und 2


Der BGH hat entschieden, dass die (Nach-)Lizenzierung nach einer Urheberrechtsverletzung ist nicht ohne weiteres geeignet ist, den objektiven Wert der bloßen zukünftigen Nutzung zu belegen.

Leitsatz des BGH:

Eine Lizenzierung nach Verletzung ist nicht ohne weiteres geeignet, den objektiven Wert der bloßen (zukünftigen) Nutzung zu belegen; entgolten wird damit regelmäßig mehr als nur die einfache Nutzung. Die nach einer Verletzung vereinbarten "Lizenzgebühren" stellen nicht nur die Vergütung dar, die vernünftige Parteien als Gegenleistung für den Wert der künftigen legalen Benutzungshandlung vereinbart hätten; vielmehr bilden sie darüber hinaus regelmäßig eine Gegenleistung für die einvernehmliche Einigung über mögliche Ansprüche aus der vorangegangenen Rechtsverletzung. Dieser bei einem Nachlizenzierungsvertrag gegenüber einer freihändigen Lizenz vergütete "Mehrwert" steht typischerweise der Annahme entgegen, ein solcher Lizenzvertrag habe eine Indizwirkung für den objektiven Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung.

BGH, Urteil vom 18. Juni 2020 - I ZR 93/19 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Frankfurt: Filesharing eines Computerspiels - Faktorenrechtsprechung für Berechnung des Schadensersatzes bei Filesharing von Musiktiteln auch auf Computerspiele anwendbar

OLG Frankfurt
Urteil vom 31.03.2020
11 U 44/19


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Faktorenrechtsprechung für die Berechnung des Schadensersatzes bei Filesharing von Musiktiteln auch auf Computerspiele anwendbar ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

In Fällen des Filesharing von Musiktiteln hat sich in der Rechtsprechung eine höchstrichterlich akzeptierte Bemessung nach Faktoren etabliert (vgl. u.a. Senatsurteil vom 15.07.2014 - 11 U 115/13 - WRP 2014, 1232). Der Bundesgerichtshof erkennt es als hinreichende Schätzgrundlage an, wenn der zum Zeitpunkt geltende verkehrsübliche Entgeltsatz (also der Preis für den legalen Download der Datei) mit einem Faktor multipliziert wird, der den möglichen Abrufen durch andere Mitglieder der Tauschbörsen entspricht. Für Musikstücke hat der Bundesgerichtshof die Schätzung eines Faktors von 400 als nicht unangemessen akzeptiert (BGH aaO - Tauschbörse I, Rn 61).

Es ist umstritten, ob die der „Faktorrechtsprechung“ zugrundeliegenden Erwägungen auch beim Filesharing von Computerspielen gelten können:

Das Landgericht hat angenommen, dass beim Filesharing von Computerspielen verlässliche Anknüpfungspunkte für eine auf dieser Grundlage beruhende Schadensschätzung fehlen. Die Bemessungsgröße „mögliche Downloadanzahl“ sei bei Computerspielen nicht zur Schadensschätzung geeignet, weil wegen der Dateigröße im selben Zeitraum deutlich weniger Dateien heruntergeladen werden könnten als bei Musikstücken, so dass vernünftige Vertragsparteien die Zahl möglicher Downloads nicht zum Maßstab für die Bemessung der Lizenzgebühr gemacht hätten.

In dieselbe Richtung gehen die Erwägungsgründe einer Entscheidung des LG Frankenthal (Urteil vom 12.3.2019 - 6 O 313/18 - juris). Dort wird eine Übertragung der sog. „Faktorrechtsprechung“ für Computerspiele mit folgender - auszugsweise wiedergegebener - Begründung abgelehnt:

„…Bereits der Grundgedanke einer Übertragung der Rechtsprechung von Musiktiteln auf Computerspiele überzeugt nicht. Während die Downloadgeschwindigkeit eines Musiktitels auf Grund des relativ geringen Datenvolumens vergleichsweise schnell ist und bei Vorhandensein einer leistungsfähigen Hardware sowie eines schnellen Internetzuganges ein solcher Download in wenigen Augenblicken abgeschlossen sein kann, benötigt der Download eines modernen Computerspieletitels - mit regelmäßig mehreren Gigabyte an notwendigen Speichervolumen - auch bei leistungsstarker Hardware - einen vergleichsweise längeren Zeitraum von mehreren Stunden. Eine Schätzung, wann ein solcher Download im Zuge des Filesharings - im Rahmen eines „Peer-to-Peer Netzwerkes“ - im Durchschnitt zeitlich abgeschlossen ist, ist nicht möglich. Je nach Größe der Datenübertragungsrate, die jeder Downloader bekommen kann, hängt die Geschwindigkeit von der Menge der fertigen und der Menge der unfertigen Downloads sowie der individuellen Uploadraten der Nutzer ab, es kann demnach zu einer deutlich abweichenden Rate von mehr oder weniger Kilobytes pro Sekunde kommen. Dies betrifft besonders große Dateien stärker als sehr keine Dateien, die auch bei schwacher Auslastung, geringer Anzahl der Uploader und schwacher Hardware rasch verbreitet werden können. Der zu Musiktiteln entwickelte Gedanke einer pauschalen Multiplikation auf Grund der Möglichkeit der besonders raschen Verbreitung lässt sich zur Überzeugung der Kammer gerade nicht übertragen...(aaO., Rn 47 bei juris)“

Das Landgericht Frankenthal hält die hier vom Ausgangsgericht angewandte pauschale Bewertungsmethode mit einem Betrag von 1.000 € für ebenfalls falsch und vertritt die Ansicht, dass der Schadensersatzanspruch mit einem Verletzeraufschlag von 100 % auf den zum Verletzungszeitpunkt geltenden Marktwert zu bemessen sei (dort also 200 % des damaligen Marktpreises von 30,-- € = 60 €).

Die in der Rechtsprechung überwiegende Ansicht stellt dagegen darauf ab, dass die Technik des Filesharing sowohl beim Austausch von Musikstücken als auch beim Austausch von Computerspielen identisch ist. Da das Filesharing der Erlangung und Bereitstellung funktionsfähiger Dateien diene und da die dazu verwendete Client-Software in der Lage sei, aus Dateifragmenten, die von unterschiedlichen Seiten bereit gestellt würden, vollständige Dateien zusammenzusetzen, bestehen nach dieser Auffassung aus technischer Sicht keine Hinderungsgründe, die Faktorrechtsprechung dem Grunde nach auch auf den Dateiaustausch von Computerspielen zu übertragen (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 26.04.2018 - 6 U 41/17, K&R 2018, 591; OLG Celle, Beschlüsse vom 26.11.2018 - 13 U 72/18, juris und vom 12.4.2018 - 13 W 7/19 = GRUR-RR 2019, 420 - Schadensschätzung; OLG Nürnberg, Beschluss vom 28.10.2019 - 3 U 1387/19, GRUR-RS 2019, 27257; Landgericht Köln, Urteil vom 19. April 2018 - 14 O 38/17, juris; Landgericht Stuttgart, Urteil vom 9.5.2018 - 24 O 28/18 = GRUR-RR 2019, 99). In diesen Entscheidungen wird hervorgehoben, dass die beträchtlichen Unterschiede zwischen der Dateigröße von Musikstücken und von Computerspielen durch einen entsprechend geringeren Faktor berücksichtigt werden können.

Der Senat hat zwar Verständnis für die vom Ausgangsgericht geäußerten Vorbehalte gegenüber einer pauschalen Übertragung der „Faktorrechtsprechung“ auf das Filesharing von Computerspielen. Der Ansatz eines Pauschalbetrags für alle Filesharing-Fälle blendet aber die aufgezeigten technischen Parallelen beim Filesharing von Musiktiteln bzw. Computerspielen aus und führt letztlich zu undifferenzierten und für beide Seiten nicht nachvollziehbaren Ergebnissen, weil dadurch die wirtschaftliche Bedeutung des Werks (ausgedrückt durch den jeweiligen Marktpreis) und die durchaus unterschiedliche Gefährdung der Rechtsposition des Nutzungsberechtigten bei unterschiedlicher Intensität der Verletzungshandlungen nicht hinreichend erfasst wird. Diese Differenzierung hat der Bundesgerichtshof bereits bei der Bemessung der Gegenstandswerte des Unterlassungsanspruchs beim Filesharing gefordert (BGH, Urteil vom 12.5.2016 - I ZR 43/15, Rn 28 - Alan Wake).

Die Klägerin hat nachvollziehbar dargestellt, dass das von ihr vertriebene Computerspiel mit erheblichem Kostenaufwand entwickelt, mit großem Aufwand vermarktet und deshalb schnell zu einem Verkaufserfolg wurde. Der deutliche Abfall der Marktpreise nach wenigen Monaten spiegelt zugleich das große Interesse der angesprochenen Verkehrskreise am Erwerb des Spiels in den ersten Monaten nach Erscheinen wider und hat natürlich Auswirkungen auf die Anzahl von Downloads der Datei bzw. Dateifragmente während dieses Zeitraums und damit auch für deren illegale Vervielfältigung des Computerspiels im Folgezeitraum.

Auch die Häufigkeit und Dauer der Verletzungshandlungen hat erheblichen Einfluss auf die illegale Verbreitung der Software und damit eine Schädigung der Rechteinhaberin, weil der Täter bei einem zeitlich längeren Angebot der Software auch einen deutlich größeren Kreis potentieller Nutzer erreicht, die der Rechteinhaberin als Käufer verloren gehen.

Diese Gesichtspunkte, nämlich die Attraktivität und Aktualität des Programmes und die Anzahl und Dauer der ermittelten Verletzungshandlungen können dementsprechend als Parameter für eine Schadensschätzung herangezogen worden, weil sie Anhaltspunkte für die Anzahl möglicher Abrufe liefern (vgl. OLG Nürnberg a.a.O.). Auch wenn damit streng genommen nicht von einem „Faktor“ als Ausdruck möglicher Downloads gesprochen werden kann, so wäre es verfehlt, diesen Gesichtspunkten gar keine Bedeutung beizumessen. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass der Verkaufspreis der Computerspiele im Anschluss an die ca. 2-3 monatige Markteinführungsphase deutlich abnimmt, weil das Kundeninteresse dann merklich nachlässt. Im Hinblick auf diese im Zeitverlauf eintretende Preisreduktion muss ein längerer Zeitraum zwischen Erstveröffentlichung und Verletzungshandlung nicht zwingend mit einem großen Abschlag verbunden sein, wenn zugleich die lange Dauer und die nachgewiesene Häufigkeit der Verletzungshandlungen den Schadensumfang erhöht haben.

Mit Blick auf die oben zitierte instanzgerichtliche Rechtsprechung und die dort entschiedenen Fallkonstellationen hält es der Senat für angemessen, den Schadensersatz bei häufigen und zeitlich umfangreichen Rechtsverletzungen, die durch eine größere zweistellige Zahl von Erfassungen dokumentiert sind - unabhängig von deren „Nähe“ zur Markteinführung - grundsätzlich mit dem 100 - fachen des Marktpreises zu bemessen. Andere Rechtsverstöße, die erst nach der o.g. Markteinführungsphase begonnen haben und nicht mit einer so großen Zahl von Erfassungen dokumentiert wurden oder Rechtsverletzungen innerhalb des Markteinführungszeitraums, die nur in Einzelfällen ermittelt werden konnten, sollten dagegen in der Regel zu einem Schadensersatz in Höhe des 50 - fachen des Marktpreises führen. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass in Ausnahmefällen bei sehr geringfügig zu bewertenden Rechtsverletzungen ein noch darunterliegender Multiplikationsfaktor angesetzt werden kann.

Der Senat hat nicht übersehen, dass in einigen der zitierten Gerichtsentscheidungen deutlich höhere „Multiplikatoren“ für die Schadensbemessung angesetzt worden sind, so z.B. in der Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig vom 26.04.2018 - 6 U 41/17, K&R 2018, 591. Der dort angenommene Multiplikator von 227 ist aber in einem besonders eklatanten Fall angewandt worden, bei dem 172 Verstöße an 52 Tagen, beginnend einen Monat ab Markteinführung des Computerspiels dokumentiert wurden. Im Übrigen bleibt auch bei Anwendung der dargestellten Maßstäbe hinreichender Spielraum, die jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalles im Rahmen der Gesamtwürdigung schadensersatzerhöhend oder -reduzierend zu berücksichtigen.

Wenn man die vorgenannten Grundsätze auf den hiesigen Fall anwendet, dann ist ein Ersatzbetrag in Höhe von 1.999,50 € angemessen. Dieser Betrag entspricht dem im Verletzungszeitpunkt geltenden 50-fachen Verkaufspreis der „Download-Version“ von 39,99 €. Er berücksichtigt zum einen, dass die Verletzungshandlung nur wenige Tage nach der Markteinführung begangen wurde, auf der anderen Seite aber, dass lediglich eine einzige Handlung über einen sehr kurzen Zeitraum dokumentiert wurde.


2. Das Landgericht hat der Klägerin mit Recht lediglich einen Anspruch auf Erstattung ihrer Abmahnkosten in Höhe von 124,- € (basierend auf einem Gegenstandswert von 1.000,- €) zuerkannt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die dagegen von der Klägerin vorgebrachten Argumente haben im Ergebnis keinen Erfolg:

a) Nach § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG in der vorliegend anwendbaren Fassung des Gesetzes vom 1.10.2013 ist der Aufwendungsersatzanspruch für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen auf die gesetzlichen Gebühren auf Gebühren nach einem Gegenstandswert von 1.000 € für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch beschränkt, wenn der Abgemahnte eine natürliche Person ist, die erstens nicht im Rahmen ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt, und zweitens nicht bereits aufgrund Vertrages oder gerichtlicher Entscheidung zur Unterlassung verpflichtet ist. Diese Deckelung greift nach § 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG ausnahmsweise dann nicht ein, wenn der genannte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig ist.

Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 97 a Abs. 3 Satz 2 UrhG unzweifelhaft erfüllt.

Die Anwendung dieser Bestimmung ist auch nicht i.S.d. § 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG unbillig.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Unzulässige öffentliche Wiedergabe und Urheberrechtsverletzung durch Veröffentlichung eines Fotos auf Website auch wenn dieses auf anderer Website frei zugänglich war

BGH
Urteil vom 10.01.2019
I ZR 267/15
Cordoba II
UrhG § 15 Abs. 2 Satz 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 554

Der BGH hat im Anschluss an die Entscheidung des EuGH (siehe dazu: EuGH: Veröffentlichung eines Fotos, das mit Zustimmung des Urhebers auf anderer Website frei zugänglich war, auf Website bedarf erneuter Zustimmung des Urhebers) entschieden, dass eine unzulässige öffentliche Wiedergabe und Urheberrechtsverletzung vorliegt, wenn ein Foto auf einer Website ohne Zustimmung des Urhebers / Rechteinhabers veröffentlicht wird, auch wenn das Foto auf einer anderen Website mit Zustimmung des Urhebers frei war.

Leitsätze des BGH:

a) Eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 2 Satz 1 UrhG liegt vor, wenn eine Fotografie auf eine Website eingestellt wird, die zuvor ohne beschränkende Maßnahme, die ihr Herunterladen verhindert, und mit Zustimmung des Urheberrechtsinhabers auf einer anderen Website veröffentlicht worden ist.

b) Ein Verbotstenor ist nicht deswegen unbestimmt, weil er mit der Wendung "ermöglichen" (konkret: zu ermöglichen, ein Foto zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen) einen auslegungsbedürftigen Begriff enthält, den das Gericht zur Klarstellung im Hinblick auf eine angenommene Störerhaftung aufgenommen hat, sofern den zur Auslegung heranzuziehenden Entscheidungsgründen eindeutig zu entnehmen ist, welches konkrete Verhalten dem Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung untersagt werden soll.

c) Die Anschlussrevision eines Klägers, die sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht den beantragten Verbotsausspruch nicht auf eine Täterhaftung, sondern auf den Gesichtspunkt der Störerhaftung gestützt hat, ist unzulässig, weil es am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

BGH, Urteil vom 10. Januar 2019 - I ZR 267/15 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Köln: MFM-Richtlinien nur bei Fotos eines Berufsfotografen und Vorlage von Lizenzrechnungen in vergleichbarer Höhe Anhaltspunkt - Streitwert steigt nicht linear bei mehreren Lichtbildern

OLG Köln
Urteil vom 11.01.2019
6 U 10/16


Das OLG Köln hat entschieden, dass die MFM-Richtlinien nur bei Fotos eines Berufsfotografen und Vorlage von Lizenzrechnungen in vergleichbarer Höhe als Anhaltspunkt für die Berechnung des Lizenzschadens herangezogen werden können. Zum Streitwert für den Unterlassungsanspruch führt das Gericht ferner aus, dass dieser bei mehreren Lichtbildern nicht linear sondern degressiv steigt. Dabei ist nach Ansicht des Gerichts bei 52 Lichtbildern, die zum Teil als LIchtbildwerk einzuordnen sind, ein Streitwert von 3.000 EURO pro Bild angemessen.

Aus den Entscheidungsgründen:

2. Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch auf der Grundlage der Lizenzanalogie zur Verfügung. Diesen kann der Kläger ausnahmsweise auf der Grundlage der MFM-Empfehlungen berechnen. Die angemessene Lizenz beläuft sich auf 14.872 €.

Bei der Art der Berechnung der Höhe des zu leistenden Schadensersatzes nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen in Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung während des Verletzungszeitraums vereinbart hätten. Zu ermitteln ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung. Es ist dabei unerheblich, ob der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Nutzungshandlungen eine Vergütung in dieser Höhe zu zahlen (BGH, Urteil vom 29.05.1962 – I ZR 132/60, GRUR 1962, 509 – Dia-Rähmchen II; Urteil vom 06.10.2005 – I ZR 266/02, GRUR 2006, 136 – Pressefotos; Urteil vom 02.10.2008 – I ZR 6/06, GRUR 2009, 407 – Whistling for a train).

Die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr ist dabei gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach der freien Überzeugung des Gerichts zu bemessen. Dabei sind der Umfang der Nutzung sowie der Wert des verletzten Ausschließlichkeitsrechts zu berücksichtigen (BGH, GRUR 2009, 407 – Whistling for a train, mwN). Zu den Umständen, die den objektiven Wert der angemaßten Benutzungshandlungen beeinflussen, gehören ein etwa festzustellender verkehrsmäßig üblicher Wert der Benutzungsberechtigung in Anlehnung an tatsächlich vereinbarte Lizenzen, die wirtschaftliche Bedeutung des geschützten Rechts, die sich in Gewinnaussichten ausdrückt und durch die am Markt zu erzielende Vergütung bestimmt wird, eine etwaige Monopolstellung des Schutzrechtsinhabers, sowie, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang gegenüber der Verwendung des geschützten Rechts gangbare und aus der Sicht eines Lizenznehmers wirtschaftlich vernünftige Alternativen vorhanden sind (BGH, Urteil vom 14.03.2000 – X ZR 115/98, GRUR 2000, 685 – Formunwirksamer Lizenzvertrag).

Grundsätzlich ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung maßgeblich (BGH, Urteil vom 06.03.1980 – X ZR 49/78, GRUR 1980, 841 – Tolbutamid; GRUR 2006, 136 – Pressefotos, mwN), so dass beispielsweise wirtschaftliche Schwierigkeiten des Verletzers keine niedrigere Festsetzung der Lizenzgebühr rechtfertigen (BGH, GRUR 1962, 509 – Dia-Rähmchen II). Bei der Bewertung, welche Vereinbarung vernünftige Vertragsparteien getroffen hätten, kann aber auch die in der Branche übliche Umsatzrendite berücksichtigt werden, da ein Lizenznehmer im Zweifel keine Lizenzgebühr vereinbaren würde, die seinen Gewinn übersteigen würde (BGH, Urteil vom 29.07.2009 – I ZR 169/07, GRUR 2010, 239 – BTK).

Die Bildhonorar-Tabellen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing (nachfolgend MFM-Empfehlungen) können im vorliegenden Fall ausnahmsweise als Ansatzpunkt für die richterliche Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO angesehen werden (offen gelassen in BGH, Urteil vom 29.04.2010 – I ZR 68/08, GRUR 2010, 623 – Restwertbörse; ablehnend bei einfachen Produktfotos: BGH, Urteil vom 18.09.2014 – I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 – CT-Paradies). Auch wenn die Empfehlungen von zahlreichen Gerichten häufig als überhöht abgelehnt wurden (vgl. zur Rechtsprechung mit entsprechenden Nachweisen: Büch in Limper/Musiol, Handbuch des Fachanwalts Urheber- und Medienrecht, 2. Aufl., Kap. 3 Rn. 291), sprechen die besonderen Umstände dieses Falles für eine Anwendung. Allerdings können die MFM-Empfehlungen nicht schematisch angewendet werden, sondern sind unter Einbeziehung sämtlicher individueller Sachverhaltsumstände zu modifizieren, weil die Einzelfallumstände eine realitätsnähere und damit aussagekräftigere Grundlage für die Schätzung der angemessenen Lizenzgebühr bieten (KG, Urteil vom 25.02.2013 – 24 U 58/12, GRUR-RR 2013, 204). Insofern ist auch zu beachten, dass es sich bei den MFM-Empfehlungen weniger um eine Übersicht der marktüblichen Vergütungen für Bildnutzungsrechte als vielmehr um eine einseitige Festlegung der Anbieterseite handelt (BGH, GRUR 2006, 136 – Pressefotos; GRUR 2010, 623 – Restwertbörse).

Im Rahmen der Bestimmung der Höhe der angemessenen Lizenz spricht für die Anwendung der MFM-Empfehlungen insbesondere, dass es sich bei dem Kläger um einen gewerblich tätigen Fotografen handelt und die dem Streit zugrunde liegenden in jeder Hinsicht professionellen Lichtbilder nach Abriss des „Palastes der Republik“ nicht mehr reproduzierbar sind. Vor diesem Hintergrund spricht die Tatsache, dass es sich bei der Nutzung durch den Beklagten nicht um eine Erstveröffentlichung handelt, nicht gegen die Anwendbarkeit der MFM-Empfehlungen. Es kommt hinzu, dass der Kläger durch Vorlage von Rechnungen die Höhe einer üblichen Lizenz belegt hat. Zwar handelt es sich um andere Nutzungsarten. Jedoch zeigen die Rechnungen, dass der Kläger ein nicht unerhebliches Entgelt für die Nutzungen erzielt.

Insgesamt schätzt der Senat die angemessene Lizenz vor dem Hintergrund der vorstehenden Erwägungen und unter Berücksichtigung des gesamten Vortrags der Parteien zur Höhe auf einen Betrag in Höhe von 286 € je Lichtbild, so dass insgesamt ein Anspruch in Höhe von 14.872 € besteht.

Dem liegt der Tarif der MFM-Empfehlungen für „Online-Zeitungen und Zeitschriften, Intranet, Informationsdienste (redaktionelle Nutzung)“ zugrunde. Dies erscheint im Ausgangspunkt angemessen, weil der Beklagte mit den Lichtbildern keine Werbung betreibt und die Nutzung im Rahmen des Bildarchivs einer Nutzung im Rahmen eines Informationsdienstes nahesteht, zumal dieser Dienst des Beklagten für die Nutzer kostenpflichtig ist. Weiter kann eine Nutzungsdauer von drei Jahren berücksichtigt werden, was einem Tarif von 220 € je Lichtbild entspricht. Da die Kantenlänge mehr als 520 Pixel betrug ist auch ein Zuschlag von 30 % entsprechend 66 € zu berücksichtigen. Insgesamt ergibt sich hieraus ein Betrag in Höhe von 286 € pro Lichtbild.

Soweit der Kläger darüber hinaus Zuschläge für eine „parallele 3-fach-Nutzung“ und „Bilderstrecke“ geltend macht, sind diese nach Auffassung des Senats im konkreten Fall nicht gerechtfertigt. Die Einstellung der Lichtbilder erfolgt in eine einheitliche Datenbank, so dass der Fall nicht mit einer „parallelen 3-fach-Nutzung“ vergleichbar ist. Auch ein Zuschlag für die Bilderstrecke sieht der Senat nicht als gerechtfertigt an. Dies gilt jedenfalls bei der Nutzung in der konkreten Form, weil durch die Einstellung einer Bilderstrecke in eine Datenbank kein Mehrwert anzunehmen ist, der eine höhere Lizenz rechtfertigen würde.

3. Der Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist in Höhe von 2.280,70 € als Annexanspruch berechtigt. Die Anspruchsvoraussetzungen liegen nach den vorstehenden Darlegungen dem Grunde nach vor. Der Anspruch besteht allerdings nicht in der vom Kläger geltend gemachten Höhe.

Entgegen der Ansicht des Klägers kann für den Unterlassungsanspruch, den der Kläger vorprozessual geltend gemacht hat, nicht ein Streitwert in Höhe von 260.000 € für die 52 Lichtbilder (52 x 5.000 € = 260.000 €) zugrunde gelegt werden. Denn der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Streitwert bei einer Vielzahl von Werken nicht linear, sondern degressiv ansteigt. So hat der Senat beispielsweise in einem Verfahren, das 31 gewerblich benutzte Lichtbilder (einfache Produktfotos) betraf, 3.000 € pro Bild angesetzt (Beschluss vom 10.07.2015 – 6 W 78/15). Hier stehen Fotografien in Rede, die sicher zumindest teilweise die Schwelle zum Lichtbildwerk überschritten haben und daher einen höheren Ansatz rechtfertigen als einfache Produktfotos. Ein Ansatz 3.000 € je Lichtbild erscheint vor diesem Hintergrund bei der Nutzung von 52 Lichtbildern sachgerecht. Hieraus ergibt sich ein Streitwert in Höhe von 156.000 €. Diesem ist der Wert des Auskunftsanspruchs hinzuzurechnen, der mit 10% des Schadensersatzanspruchs angesetzt werden kann. Weiter in der Schadensersatzanspruch zu berücksichtigen, soweit dieser berechtigt ist (14.872 €). Insgesamt ergibt sich somit ein Streitwert von bis zu 185.000 €. Bei diesem Streitwert beträgt eine 1,3-fache Gebühr, die vorliegend gerechtfertigt ist, auf der Basis des RVG, Stand bis 31.07.2013, 2.260,70 € (1,3 x 1.739 €). Unter Berücksichtigung der Post- und Telekommunikationspauschale ergibt sich somit ein Anspruch in Höhe von 2.280,70 €."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




Volltext BGH: Fotografien von gemeinfreien Gemälden oder anderen zweidimensionalen Werken genießen Lichtbildschutz nach § 72 UrhG

BGH
Urteil vom 20.12.2018
I ZR 104/17
Museumsfotos
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Art. 14 Abs. 2; UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2, § 51 Satz 3, § 72, § 97 Abs. 1 Satz 1, § 97a Abs. 3 Satz 1, § 137f Abs. 1 Satz 2; BGB § 249 Abs. 1, § 280 Abs. 1, § 305 Abs. 2 Nr. 1, § 305c Abs. 2, § 307; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 1


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Fotografien von gemeinfreien Gemälden oder anderen zweidimensionalen Werken genießen Lichtbildschutz nach § 72 UrhG über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Stützt der Kläger einen Unterlassungsanspruch sowohl auf den Schutz des Lichtbildwerks nach § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 UrhG als auch auf den Lichtbildschutz nach § 72 UrhG, handelt es sich um einen einheitlichen Streitgegenstand (Festhaltung an BGH, Urteil vom 3. November 1999 - I ZR 55/97, GRUR 2000, 317, 318 [juris Rn. 12] = WRP 2000, 203 - Werbefotos).

b) Fotografien von (gemeinfreien) Gemälden oder anderen zweidimensionalen Werken unterfallen regelmäßig dem Lichtbildschutz nach § 72 UrhG.

c) Fertigt der Besucher eines kommunalen Kunstmuseums unter Verstoß gegen das im privatrechtlichen Besichtigungsvertrag mittels Allgemeiner Geschäftsbedingungen wirksam vereinbarte Fotografierverbot Fotografien im Museum ausgestellter Werke an und macht er diese Fotografien im Internet öffentlich zugänglich, kann der Museumsträger als Schadensersatz die Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung im Internet verlangen.

BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - OLG Stuttgart - LG Stuttgart

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Fotografien von gemeinfreien Gemälden oder anderen zweidimensionalen Werken genießen Lichtbildschutz nach § 72 UrhG

BGH
Urteil vom 20.12.2018
I ZR 104/17
Museumsfotos


Der BGH hat entschieden, dass Fotografien von gemeinfreien Gemälden oder anderen zweidimensionalen Werken Lichtbildschutz nach § 72 UrhG genießen.

Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof zur Veröffentlichung von Fotografien gemeinfreier Kunstwerke

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass Fotografien von (gemeinfreien) Gemälden oder anderen zweidimensionalen Werken regelmäßig Lichtbildschutz nach § 72 UrhG genießen. Der Senat hat weiter entschieden, dass der Träger eines kommunalen Kunstmuseums von einem Besucher, der unter Verstoß gegen das im Besichtigungsvertrag mittels Allgemeiner Geschäftsbedingungen vereinbarte Fotografierverbot Fotografien im Museum ausgestellter Werke anfertigt und im Internet öffentlich zugänglich macht, als Schadensersatz Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung verlangen kann.

Die Klägerin betreibt das Reiss-Engelhorn-Museum in Mannheim. Sie hat im Jahr 1992 durch einen Mitarbeiter dort ausgestellte Kunstwerke fotografieren lassen und diese Fotografien in einer Publikation veröffentlicht.

Der Beklagte ist ehrenamtlich für die deutschsprachige Ausgabe des Internet Lexikons Wikipedia mit dem zentralen Medienarchiv Wikimedia Commons tätig. Der Beklagte hat Fotografien in die Mediendatenbank Wikimedia Commons hochgeladen und zum öffentlichen Abruf bereitgestellt, auf denen Werke - Gemälde und andere Objekte - aus der im Eigentum der Klägerin stehenden Sammlung zu sehen sind. Diese Werke sind sämtlich gemeinfrei, also wegen Ablaufs der Schutzfrist (§ 64 UrhG) urheberrechtlich nicht mehr geschützt. Bei den Fotografien handelte es sich teilweise um Aufnahmen aus der Publikation der Klägerin, die der Beklagte zuvor eingescannt hatte. Die übrigen Fotos hatte der Beklagte bei einem Museumsbesuch im Jahr 2007 selbst angefertigt und Wikimedia Commons unter Verzicht auf sein Urheberrecht zur Verfügung gestellt.

Die Klägerin hat den Beklagten auf Unterlassung und Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch genommen. Sie stützt ihren Unterlassungsanspruch hinsichtlich der vom Beklagten eingescannten Fotografien auf Urheber- und Leistungsschutzrechte. Hinsichtlich der vom Beklagten selbst erstellten Fotografien beruft sie sich auf eine Verletzung des mit dem Beklagten geschlossenen Besichtigungsvertrags, der ein Fotografierverbot enthalte, sowie auf eine Verletzung ihres Eigentums an den ausgestellten Objekten.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist - soweit für die Revision von Bedeutung - ohne Erfolg geblieben.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen.

Das Hochladen der eingescannten Bilder aus der Publikation der Klägerin verletzt das der Klägerin vom Fotografen übertragene Recht, die Lichtbilder öffentlich zugänglich zu machen (§ 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG, § 72 Abs. 1 UrhG, § 19a UrhG). Die Fotografie eines Gemäldes genießt Lichtbildschutz nach § 72 Abs. 1 UrhG. Bei ihrer Anfertigung hat der Fotograf Entscheidungen über eine Reihe von gestalterischen Umständen zu treffen, zu denen Standort, Entfernung, Blickwinkel, Belichtung und Ausschnitt der Aufnahme zählen. Deshalb erreichen solche Fotografien regelmäßig - so auch im Streitfall - das für den Schutz nach § 72 Abs. 1 UrhG erforderliche Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung.

Mit der Anfertigung eigener Fotografien anlässlich eines Museumsbesuchs hat der Beklagte gegen das vertraglich vereinbarte Fotografierverbot verstoßen. Die entsprechende Vorschrift in der Benutzungsordnung und aushängende Piktogramme mit einem durchgestrichenen Fotoapparat stellen Allgemeine Geschäftsbedingungen dar, die wirksam in den privatrechtlichen Besichtigungsvertrag einbezogen worden sind und der Inhaltskontrolle standhalten. Die Klägerin kann als Schadensersatz wegen der Vertragsverletzung des Beklagten gemäß § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB verlangen, dass der Beklagte es unterlässt, die Bildaufnahmen durch Hochladen im Internet öffentlich zugänglich zu machen. Dieses Verhalten stellt ein äquivalent und adäquat kausales Schadensgeschehen dar, das einen hinreichenden inneren Zusammenhang mit der Vertragsverletzung aufweist.

Vorinstanzen:

LG Stuttgart - Urteil vom 27. September 2016 - 17 O 690/15

OLG Stuttgart - Urteil vom 31. Mai 2017 - 4 U 204/16

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 64 UrhG:

Das Urheberrecht erlischt siebzig Jahre nach dem Tode des Urhebers.

§ 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG:

Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

§ 72 Abs. 1 Satz 1 UrhG:

Lichtbilder und Erzeugnisse, die ähnlich wie Lichtbilder hergestellt werden, werden in entsprechender Anwendung der für Lichtbildwerke geltenden Vorschriften des Teils 1 geschützt.

§ 19a UrhG:

Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

§ 280 Abs. 1 BGB:

Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

§ 249 Absatz 1 BGB:

Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.



Volltext BGH: Vorlagebeschluss zur Haftung von Sharehosting-Diensten im Internet für von Dritten hochgeladene urheberrechtsverletzende Inhalte vor

BGH
Beschluss vom 20.09.2018
I ZR 53/17
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RL 2001/29/EG Art. 3 Abs. 1, Art. 8 Abs. 3; RL 2000/31/EG Art. 14 Abs. 1, Art. 15; RL 2004/48/EG Art. 11 Satz 1, Art. 13


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH legt EuGH Fragen zur Haftung von Sharehosting-Diensten im Internet für von Dritten hochgeladene urheberrechtsverletzende Inhalte vor über die Entscheidung berichtet.

Tenor der Entscheidung:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10), Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr"; ABl. L 178 vom17. Juli 2000, S. 1) sowie Art. 11 Satz 1 und Art. 13 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L 157 vom 30. April 2004, S. 45) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. a) Nimmt der Betreiber eines Sharehosting-Dienstes, über den Nutzer Dateien mit urheberrechtlich geschützten Inhalten ohne Zustimmung der Rechtsinhaber öffentlich zugänglich machen, eine Handlung der Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vor, wenn

- der Vorgang des Hochladens automatisch und ohne vorherige Ansicht oder Kontrolle durch den Betreiber erfolgt,

- der Betreiber in den Nutzungsbedingungen darauf hinweist, dass urheberrechtsverletzende Inhalte nicht eingestellt werden dürfen,

- er mit dem Betrieb des Dienstes Einnahmen erzielt,

- der Dienst für legale Anwendungen genutzt wird, der Betreiber aber Kenntnis davon hat, dass auch eine erhebliche Anzahl urheberrechtsverletzender Inhalte (mehr als 9.500 Werke) verfügbar sind,

- der Betreiber kein Inhaltsverzeichnis und keine Suchfunktion anbietet, die von ihm bereitgestellten unbeschränkten Download-Links aber von Dritten in Linksammlungen im Internet eingestellt werden, die Informationen zum Inhalt der Dateien enthalten und die Suche nach bestimmten Inhalten ermöglichen,

- er durch die Gestaltung der von ihm nachfrageabhängig gezahlten Vergütung für Downloads einen Anreiz schafft, urheberrechtlich geschützte Inhalte hochzuladen, die anderweitig für Nutzer nur kostenpflichtig zu erlangen sind und

- durch die Einräumung der Möglichkeit, Dateien anonym hochzuladen, die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass Nutzer für Urheberrechtsverletzungen nicht zur Rechenschaft gezogen werden?

b) Ändert sich diese Beurteilung, wenn über den Sharehosting-Dienst in einem Umfang von 90 bis 96% der Gesamtnutzung urheberrechtsverletzende Angebote bereitgestellt werden?

2. Für den Fall, dass die Frage 1 verneint wird:

Fällt die Tätigkeit des Betreibers eines Sharehosting-Dienstes unter den in Frage 1 beschriebenen Umständen in den Anwendungsbereich von Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG?

3. Für den Fall, dass die Frage 2 bejaht wird:

Muss sich die tatsächliche Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information und das Bewusstsein der Tatsachen oder Umstände, aus denen die rechtswidrige Tätigkeit oder Information offensichtlich wird, nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG auf konkrete rechtswidrige Tätigkeiten oder Informationen beziehen?

4. Weiter für den Fall, dass die Frage 2 bejaht wird:

Ist es mit Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG vereinbar, wenn der Rechtsinhaber gegen einen Diensteanbieter, dessen Dienst in der Speicherung von durch einen Nutzer eingegebenen Informationen besteht und von einem Nutzer zur Verletzung eines Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte genutzt worden ist, eine gerichtliche Anordnung erst dann erlangen kann, wenn es nach einem Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung erneut zu einer derartigen Rechtsverletzung gekommen ist?

5. Für den Fall, dass die Fragen 1 und 2 verneint werden:

Ist der Betreiber eines Sharehosting-Dienstes unter den in Frage 1 beschriebenen Umständen als Verletzer im Sinne von Art. 11 Satz 1 und Art. 13 der Richtlinie 2004/48/EG anzusehen?

6. Für den Fall, dass die Frage 5 bejaht wird:
Darf die Verpflichtung eines solchen Verletzers zur Leistung von Schadensersatz nach Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG davon abhängig gemacht werden, dass der Verletzer sowohl in Bezug auf seine eigene Verletzungshandlung als auch in Bezug auf die Verletzungshandlung des Dritten vorsätzlich gehandelt hat und wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass Nutzer die Plattform für konkrete Rechtsverletzungen nutzen?

BGH, Beschluss vom 20. September 2018 - I ZR 53/17 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH legt EuGH Fragen zur Haftung von Sharehosting-Diensten im Internet für von Dritten hochgeladene urheberrechtsverletzende Inhalte vor

BGH
Beschlüsse vom 20.09.2018
I ZR 53/17, I ZR 54/17, I ZR 55/17, I ZR 56/17, I ZR 57/17
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Der BGH hat dem EuGH diverse Fragen zur Haftung von Sharehosting-Diensten im Internet für von Dritten hochgeladene urheberrechtsverletzende Inhalte vorgelegt.

Die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof legt dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Haftung eines Sharehosting-Dienstes für urheberrechtsverletzende Inhalte vor

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Haftung des Betreibers eines Sharehosting-Dienstes im Internet für von Dritten hochgeladene urheberrechtsverletzende Inhalte vorgelegt.

Sachverhalt:

Die Beklagte betreibt den Sharehosting-Dienst "uploaded" im Internet. Dieser Dienst bietet jedermann kostenlos Speicherplatz für das Hochladen von Dateien beliebigen Inhalts. Für jede hochgeladene Datei erstellt die Beklagte automatisch einen elektronischen Verweis (Download-Link) auf den Dateispeicherplatz und teilt diesen dem Nutzer automatisch mit. Die Beklagte bietet für die bei ihr abgespeicherten Dateien weder ein Inhaltsverzeichnis noch eine entsprechende Suchfunktion. Allerdings können Nutzer die Download-Links in sogenannte Linksammlungen im Internet einstellen. Diese werden von Dritten angeboten und enthalten Informationen zum Inhalt der auf dem Dienst der Beklagten gespeicherten Dateien. Auf diese Weise können andere Nutzer auf die auf den Servern der Beklagten abgespeicherten Dateien zugreifen.

Der Download von Dateien von der Plattform der Beklagten ist kostenlos möglich. Allerdings sind Menge und Geschwindigkeit für nicht registrierte Nutzer und solche mit einer kostenfreien Mitgliedschaft beschränkt. Zahlende Nutzer haben, bei Preisen zwischen 4,99 EUR für zwei Tage bis 99,99 EUR für zwei Jahre, ein tägliches Downloadkontingent von 30 GB bei unbeschränkter Downloadgeschwindigkeit. Zudem zahlt die Beklagte den Nutzern, die Dateien hochladen, Downloadvergütungen, und zwar bis zu 40 € für 1.000 Downloads.

Der Dienst der Beklagten wird sowohl für legale Anwendungen genutzt als auch für solche, die Urheberrechte Dritter verletzen. Die Beklagte erhielt bereits in der Vergangenheit in großem Umfang Mitteilungen über die Verfügbarkeit rechtsverletzender Inhalte von im Auftrag der Rechtsinhaber handelnden Dienstleistungsunternehmen ("Abuse-Mitteilungen"). Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ist es den Nutzern untersagt, über die Plattform der Beklagten Urheberrechtsverstöße zu begehen.

Die Klägerin, ein internationaler Fachverlag, sieht eine Verletzung ihrer Urheberrechte darin, dass über externe Linksammlungen Dateien auf den Servern der Beklagten erreichbar seien, an denen ihr die ausschließlichen Nutzungsrechte zustünden. Sie hat die Beklagte in erster Linie als Täterin, hilfsweise als Teilnehmerin und weiter hilfsweise als Störerin einer Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung sowie auf Auskunftserteilung in Anspruch genommen und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht beantragt.

Das Berufungsgericht hat die Beklagte (nur) als Störerin zur Unterlassung verurteilt; die Anträge auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht hat das Berufungsgericht abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung weiter.

Weiterer Prozessverlauf:

Der Bundesgerichtshof hat - ebenso wie im die Internetvideoplattform YouTube betreffenden Verfahren (Beschluss vom 13. September 2018 - I ZR 140/15) - das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt und der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vorgelegt.

Nach Ansicht des BGH stellt sich die Frage, ob der Betreiber eines Sharehosting-Dienstes, auf dem Nutzer Daten mit urheberrechtlich geschützten Inhalten ohne Zustimmung der Rechtsinhaber öffentlich zugänglich machen, eine Handlung der Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vornimmt, wenn

- der Vorgang des Hochladens automatisch und ohne vorherige Ansicht oder Kontrolle durch den Betreiber erfolgt,

- der Betreiber in den Nutzungsbedingungen darauf hinweist, dass urheberrechtsverletzende Inhalte nicht eingestellt werden dürfen,

- er mit dem Betrieb des Dienstes Einnahmen erzielt,

- der Dienst für legale Anwendungen genutzt wird, der Betreiber aber Kenntnis davon hat, dass auch eine erhebliche Anzahl urheberrechtsverletzender Inhalte (mehr als 9.500 Werke) verfügbar sind,

- der Betreiber kein Inhaltsverzeichnis und keine Suchfunktion anbietet, die von ihm bereitgestellten unbeschränkten Download-Links aber von Dritten in Link-sammlungen im Internet eingestellt werden, die Informationen zum Inhalt der Dateien enthalten und die Suche nach bestimmten Inhalten ermöglichen,

- er durch die Gestaltung der von ihm nachfrageabhängig gezahlten Vergütung für Downloads einen Anreiz schafft, urheberrechtlich geschützte Inhalte hochzuladen, die anderweitig für Nutzer nur kostenpflichtig zu erlangen sind und

- durch die Einräumung der Möglichkeit, Dateien anonym hochzuladen, die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass Nutzer für Urheberrechtsverletzungen zur Rechenschaft gezogen werden?

Der BGH fragt weiter, ob sich die Beurteilung der vorstehenden Frage ändert, wenn über den Sharehosting-Dienst in einem Umfang von 90 bis 96% der Gesamtnutzung urheberrechtsverletzende Angebote bereitgestellt werden.

Mit weiteren Vorlagefragen möchte der Bundesgerichtshof wissen, ob die Tätigkeit des Betreibers eines solchen Sharehosting-Dienstes in den Anwendungsbereich von Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG fällt und ob sich die in dieser Vorschrift genannte tatsächliche Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information und das Bewusstsein der Tatsachen oder Umstände, aus denen die rechtswidrige Tätigkeit oder Information offensichtlich wird, auf konkrete rechtswidrige Tätigkeiten oder Informationen beziehen muss.

Weiter fragt der Bundesgerichtshof danach, ob es mit Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG*** vereinbar ist, wenn der Rechtsinhaber gegen einen Diensteanbieter, dessen Dienst in der Speicherung von durch einen Nutzer eingegebenen Informationen besteht und von einem Nutzer zur Verletzung eines Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte genutzt worden ist, eine gerichtliche Anordnung erst dann erlangen kann, wenn es nach einem Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung erneut zu einer derartigen Rechtsverletzung gekommen ist.

Für den Fall, dass die vorgenannten Fragen verneint werden, fragt der Bundesgerichtshof schließlich danach, ob der Betreiber eines Sharehosting-Dienstes unter den in der ersten Frage beschriebenen Umständen als Verletzer im Sinne von Art. 11 Satz 1 und Art. 13 der Richtlinie 2004/48/EG anzusehen ist und ob die Verpflichtung eines solchen Verletzers zur Leistung von Schadensersatz nach Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG davon abhängig gemacht werden darf, dass der Verletzer sowohl in Bezug auf seine eigene Verletzungshandlung als auch in Bezug auf die Verletzungshandlung des Dritten vorsätzlich gehandelt hat und wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass Nutzer die Plattform für konkrete Rechtsverletzungen nutzen.

Die weiteren, ähnlich gelagerten Verfahren mit den Aktenzeichen I ZR 54/17, I ZR 55/17, I ZR 56/17 und I ZR 57/17 hat der BGH bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Verfahren I ZR 53/17 ausgesetzt.

Beschluss vom 20. September 2018 - I ZR 53/17 - Uploaded

Vorinstanzen:

I ZR 53/17

LG München I - Urteil vom 18. März 2016 - 37 O 6199/14

OLG München - Urteil vom 2. März 2017 - 29 U 1797/16

I ZR 54/17

LG München I - Urteil vom 31. März 2016 - 7 O 6201/14

OLG München - Urteil vom 2. März 2017 - 29 U 1818/16

I ZR 55/17

LG München I - Urteil vom 31. Mai 2016 - 33 O 6198/14

OLG München - Urteil vom 2. März 2017 - 29 U 2874/16

I ZR 56/17

LG München I - Urteil vom 10. August 2016 - 21 O 6197/14

OLG München - Urteil vom 2. März 2017 - 29 U 3735/16

I ZR 57/17

LG München I - Urteil vom 31. März 2016 - 7 O 6202/14

OLG München - Urteil vom 2. März 2017 - 29 U 1819/16

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG

Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.

Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß im Fall eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der in der Speicherung von durch einen Nutzer eingegebenen Informationen besteht, der Diensteanbieter nicht für die im Auftrag eines Nutzers gespeicherten Informationen verantwortlich ist, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

a) Der Anbieter hat keine tatsächliche Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information, und, in bezug auf Schadenersatzansprüche, ist er sich auch keiner Tatsachen oder Umstände bewußt, aus denen die rechtswidrige Tätigkeit oder Information offensichtlich wird, oder

b) der Anbieter wird, sobald er diese Kenntnis oder dieses Bewußtsein erlangt, unverzüglich tätig, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren.

Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Rechtsinhaber gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung eines Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte genutzt werden.

Art. 11 Satz 1 der Richtlinie 2004/48/EG

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Gerichte bei Feststellung einer Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums eine Anordnung gegen den Verletzer erlassen können, die ihm die weitere Verletzung des betreffenden Rechts untersagt.

Art. 13 der Richtlinie 2004/48/EG

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Gerichte auf Antrag der geschädigten Partei anordnen, dass der Verletzer, der wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass er eine Verletzungshandlung vornahm, dem Rechtsinhaber zum Ausgleich des von diesem wegen der Rechtsverletzung erlittenen tatsächlichen Schadens angemessenen Schadensersatz zu leisten hat.

Bei der Festsetzung des Schadensersatzes verfahren die Gerichte wie folgt:

a) Sie berücksichtigen alle in Frage kommenden Aspekte, wie die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen, einschließlich der Gewinneinbußen für die geschädigte Partei und der zu Unrecht erzielten Gewinne des Verletzers, sowie in geeigneten Fällen auch andere als die rein wirtschaftlichen Faktoren, wie den immateriellen Schaden für den Rechtsinhaber,

oder

b) sie können stattdessen in geeigneten Fällen den Schadensersatz als Pauschalbetrag festsetzen, und zwar auf der Grundlage von Faktoren wie mindestens dem Betrag der Vergütung oder Gebühr, die der Verletzer hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des betreffenden Rechts des geistigen Eigentums eingeholt hätte.

(2) Für Fälle, in denen der Verletzer eine Verletzungshandlung vorgenommen hat, ohne dass er dies wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, können die Mitgliedstaaten die Möglichkeit vorsehen, dass die Gerichte die Herausgabe der Gewinne oder die Zahlung von Schadensersatz anordnen, dessen Höhe im Voraus festgesetzt werden kann.



EuGH: Veröffentlichung eines Fotos, das mit Zustimmung des Urhebers auf anderer Website frei zugänglich war, auf Website bedarf erneuter Zustimmung des Urhebers

EuGH
Urteil vom 07.08.2018
C-161/17
Land Nordrhein-Westfalen ./. Dirk Renckhoff


Der EuGH hat entschieden, dass die Veröffentlichung eines Fotos, das mit Zustimmung des Urhebers auf einer andereren Website frei zugänglich war, auf einer Website der erneuter Zustimmung des Urhebers bedarf.

Vorliegend ging es um ein Foto, welches auf einer Schulhomepage als Bestandteil einer Schülerarbeit öffentlich zugänglich gemacht worden war.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Die Einstellung einer Fotografie, die mit Zustimmung des Urhebers auf einer Website frei zugänglich ist, auf eine andere Website bedarf einer neuen Zustimmung des Urhebers

Denn durch ein solches Einstellen wird die Fotografie einem neuen Publikum zugänglich gemacht.

Herr Dirk Renckhoff, ein Fotograf, hatte den Betreibern eines Reisemagazin-Portals erlaubt, auf ihrer Website eine seiner Fotografien zu veröffentlichen. Eine Schülerin einer im Land NordrheinWestfalen (Deutschland) gelegenen Sekundarschule (Gesamtschule Waltrop) hatte die betreffende Fotografie von dieser Website (wo sie frei zugänglich war) heruntergeladen, um ein Schülerreferat zu illustrieren. Dieses Referat wurde anschließend auf der Website der Schule veröffentlicht.

Herr Renckhoff hat das Land Nordrhein-Westfalen vor den deutschen Gerichten verklagt, um diesem die Vervielfältigung der Fotografie zu verbieten. Außerdem verlangt er 400 Euro Schadensersatz.

Herr Renckhoff macht geltend, nur den Betreibern des Reisemagazin-Portals ein Nutzungsrecht eingeräumt zu haben, und vertritt die Ansicht, dass die Einstellung der Fotografie auf der Website der Schule sein Urheberrecht verletze.

In diesem Kontext ersucht der Bundesgerichtshof (Deutschland) den Gerichtshof um Auslegung der Urheberrechtsrichtlinie , der zufolge der Urheber eines Werkes grundsätzlich das ausschließliche Recht hat, die öffentliche Wiedergabe dieses Werks zu erlauben oder zu verbieten.

Der Bundesgerichtshof möchte wissen, ob der Begriff „öffentliche Wiedergabe“ die Einstellung einer Fotografie auf eine Website erfasst, wenn die Fotografie zuvor ohne eine Beschränkung, die ihr Herunterladen verhindert, und mit Zustimmung des Urheberrechtsinhabers auf einer anderen Website veröffentlicht worden ist.

Mit seinem heutigen Urteil bejaht der Gerichtshof diese Frage. Der Gerichtshof erinnert zunächst daran, dass eine Fotografie urheberrechtlich geschützt sein kann, sofern sie (was das nationale Gericht zu prüfen hat) die eigene geistige Schöpfung des Urhebers darstellt, in der dessen Persönlichkeit zum Ausdruck kommt und die sich in dessen bei ihrer Herstellung getroffenen freien kreativen Entscheidungen ausdrückt.

Sodann stellt der Gerichtshof fest, dass vorbehaltlich der in der Richtlinie erschöpfend aufgeführten Ausnahmen und Beschränkungen jede Nutzung eines Werks durch einen Dritten ohne eine vorherige Zustimmung des Urhebers die Rechte des Urhebers dieses Werks verletzt.

Denn die Richtlinie soll ein hohes Schutzniveau für die Urheber erreichen, um diesen die Möglichkeit zu geben, für die Nutzung ihrer Werke u. a. bei einer öffentlichen Wiedergabe eine angemessene Vergütung zu erhalten.

Im vorliegenden Fall ist es als „Zugänglichmachung“ und folglich als „Handlung der Wiedergabe“ einzustufen, wenn auf eine Website eine zuvor auf einer anderen Website veröffentlichte Fotografie eingestellt wird (vor diesem Einstellen war sie auf einen privaten Server kopiert worden). Denn durch ein solches Einstellen wird den Besuchern der Website, auf der die Einstellung erfolgt ist (vorliegend die Website der Schule), der Zugang zu der betreffenden Fotografie auf dieser Website ermöglicht.

Außerdem ist die Einstellung eines urheberrechtlich geschützten Werks auf eine andere Website als die, auf der die ursprüngliche Wiedergabe mit der Zustimmung des Urheberrechtsinhabers erfolgt ist, unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens als Zugänglichmachung für ein neues Publikum einzustufen. Denn unter solchen Umständen besteht das Publikum, an das der Urheberrechtsinhaber gedacht hatte, als er der Wiedergabe seines Werks auf der Website zugestimmt hatte, auf der es ursprünglich veröffentlicht wurde, nur aus den Nutzern dieser Website und nicht (1) aus den Nutzern der Website, auf der das Werk später ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhaber eingestellt worden ist, oder (2) sonstigen Internetnutzern. Insoweit weist der Gerichtshof darauf hin, dass ein solches Einstellen von der Zugänglichmachung eines geschützten Werkes über einen anklickbaren Link, der auf eine andere Website verweist, auf der das Werk ursprünglich wiedergegeben worden ist, zu unterscheiden ist. Denn im Gegensatz zu Hyperlinks, die zum guten Funktionieren des Internets beitragen, trägt die Einstellung eines Werks auf eine Website ohne die Zustimmung des Urheberrechtsinhabers, nachdem es zuvor auf einer anderen Website mit dessen Zustimmung wiedergegeben worden war, nicht im gleichen
Maße zu diesem Ziel bei.

Schließlich betont der Gerichtshof, dass es keine Rolle spielt, dass der Urheberrechtsinhaber – wie im vorliegenden Fall – die Möglichkeiten der Internetnutzer zur Nutzung der Fotografie nicht eingeschränkt hat.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:





LG Hamburg: Usenet-Provider UseNeXT muss GEMA Schadensersatz für von Nutzern hochgeladene urheberrechtlich geschützte Inhalte zahlen

LG Hamburg
Urteil vom 22.06.2018
308 O 314/16

Das LG Hamburg hat entschieden, dass der Usenet-Provider UseNeXT der GEMA Schadensersatz für die von Nutzern hochgeladenen urheberrechtlich geschützte Inhalte zahlen muss. Zur Begründung führt das Gericht an, dass das Geschäftsmodell von UseNeXT darauf angelegt ist, Urheberrechtsverletzungen durch die Nutzer zu fördern.


Mahnbescheide in Filesharing-Sachen zur Weihnachtszeit und zum Jahresende - Ruhe bewahren - Fristen beachten

Jedes Jahr werden zur Weihnachtszeit und zum Jahresende zahlreiche gerichtliche Mahnbescheide in Filesharing-Angelegenheiten verschickt. Dabei handelt es sich oft um Altfälle.

Tipp: Wer einen gerichtlichen Mahnbescheid erhält, sollte Ruhe bewahren. Auch wer bislang noch keinen anwaltlichen Rat eingeholt hatte, sollte sich juristisch beraten lassen. Ein gerichtlicher Mahnbescheid bedeutet nicht, dass das Gericht den Anspruch geprüft hat.

Die Widerspruchsfrist gegen den Mahnbescheid beträgt 14 Tage. Wird die Frist versäumt muss unbedingt die 14tägige Einspruchsfrist gegen den nachfolgenden Vollstreckungsbescheid eingehalten werden. Andernfalls wird die Sache rechtskräftig, auch wenn an sich kein Anspruch besteht.

Siehe auch zum Thema:
"Abwehr von Filesharing-Abmahnungen - bereits bei der ersten Reaktion auf eine Abmahnung dürfen keine Fehler gemacht werden"


LG Köln: Abschlag von 20 % auf Sätze der MFM-Richtlinien bei Berechnung des Lizenzschadens wenn hochwertiges Foto nicht von Berufsfotografen stammt

LG Köln
Urteil vom 24.08.2017
14 O 111/16


Das LG Köln hat entschieden, dass ein Abschlag von 20 % auf die Sätze der MFM-Richtlinien bei der Berechnung des Lizenzschaden zu machen ist, wenn Fotos nicht von einem Berufsfotografen stammen, auch wenn es sich um hochwertige Fotos handelt. Damit hat das LG Köln seine Rechrsprechung bestätigt, wonach die MFM-Richtlinien nicht schematisch anzuwenden sind, sondern lediglich eine Orientierungshilfe für die Berechnung des Schadensersatzes darstellen.

Aus den Entscheidungsgründen:

aa) Gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG kann der Schadensersatzanspruch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzte als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Dabei ist für die Berechnung des maßgeblichen objektiven Werts der Benutzungsberechtigung darauf abzustellen, was vernünftig denkende Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten (vgl. BGH GRUR 1990, 1008, 1009 - Lizenzanalogie; GRUR 2006, 136 Rn. 23,26 - Pressefotos; OLG Brandenburg, GRUR-RR 2009, 413 – MFM-Bildhonorartabellen; OLG Braunschweig GRUR-RR 2012, 920, 922; OLG Köln, Urt. v. 1.3.2013 - 6 U 168/12). Hierfür kommt es auf die gesamten wesentlichen Umstände des Einzelfalls an (vgl. BGH a.a.O. Rn. 26). Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (vgl. BGH Urteil vom 29.04.2010 – I ZR 68/08 – Restwertbörse I). Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Verletzte selbst bereit gewesen wäre, für seine Benutzungshandlungen eine Vergütung zu zahlen (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1320, 1321; OLG Braunschweig a.a.O) und welchen Wert der Verletzte im Nachhinein der Benutzungshandlung beimisst.

Bei der Festsetzung einer angemessenen Lizenz ist es nahe liegend, branchenübliche Vergütungssätze und Tarife als Maßstab heranzuziehen, wenn sich in dem entsprechenden Zeitraum eine solche Übung herausgebildet hat (BGH, NJW-RR 1986, 1215 - Liedtextwiedergabe II; BGH GRUR 2006, 136 Rn. 23 - Pressefotos, OLG Köln a.a.O.). Die von dem Kläger zur Bemessung seines Schadensersatzanspruches herangezogenen Bildhonorar-Tabellen der Mittelstandsgemeinschaft Foto Marketing werden regelmäßig als in der Branche der Bildagenturen und freien Berufsfotografen übliche Regelung der Lizenzsätze für die gewerbliche Nutzung von Lichtbildern und deshalb als Ansatzpunkt für die richterliche Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO angesehen (vgl. BGH, GRUR 2006, 136 - Pressefotos; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2006, 393 - Informationsbroschüre; OLG Brandenburg, GRUR 2009, 413 - MFM - Bildhonorartabellen; OLG Braunschweig, GRUR-RR 2012, 920, 922). Dabei enthalten die MFM-Empfehlungen 2012 im Abschnitt „Online-Nutzungen, Internet, Webdesign, Pop-Ups, Banner, Online-Shops (Werbung/PR/Corporate Publishing)“ Honorarsätze für die Nutzung von Lichtbildern im Rahmen gewerblichen Internetpräsentationen. Demzufolge werden sie bei der Einstellung von Lichtbildern in gewerbliche Verkaufsangebote im Internet, so auch auf Online-Plattformen, als Ausgangspunkt für die Schätzung der vom Verletzer zu entrichtenden fiktiven Lizenz herangezogen (vgl. OLG Brandenburg a.a.O., LG Düsseldorf, Urt.v. 19.3.2008 - 12 O 416/06 – Rn 1f, 35 – juris, OLG Köln, Urt.v. 01.03.2013 – 6 U 168/12).

Die MFM-Empfehlungen sind allerdings nicht schematisch anzuwenden, sondern unter Einbeziehung sämtlicher individueller Sachverhaltsumstände gegebenenfalls zu modifizieren, da die Einzelfallumstände eine realitätsnähere und damit aussagekräftigere Grundlage für die Schätzung der angemessenen Lizenzgebühr bieten (vgl. BGH GRUR 2006, 136 Rn. 28 ff - Pressefotos; OLG Braunschweig a.a.O. S. 922, OLG Köln, Urt. v. 30.04.2010 – 6 U 201/09, Urt. v. 23.05.2012 – 6 U 79/12; Urt. v. 01.03.2013 – 6 U 168/12). Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (BGH, Urteil vom 29.04.2010 – I ZR 68/08 – Restwertbörse I).

Nach der ständigen Rechtsprechung der für Urheberrechtsstreitsachen zuständigen Kammer (vgl. etwa schon die Urteile vom 27. Mai 2014 – 14 S 38/13 – sowie vom 3. Juli 2014 – 14 S 30/13; Urteil vom 3. Dezember 2015 – 14 O 173/14) ebenso wie der Rechtsprechung des zuständigen Senats des Oberlandesgerichts Köln (vgl. OLG Köln, Urt. v. 01.03.2013, 6 U 168/13) können die MFM-Empfehlungen unter Berücksichtigung der aufgezeigten Grundsätze jedenfalls dann als Ausgangspunkt für die Schadensschätzung herangezogen werden, wenn es sich - wie vorliegend - nicht um die unberechtigte Nutzung einfacher „Schnappschüsse“, sondern qualitativ hochwertige Fotos handelt, auch wenn diese nicht von einem Berufsfotografen angefertigt worden waren. Dies gilt jedenfalls im vorliegenden Fall, da die Lichtbilder von dem Kläger augenscheinlich mit ähnlicher Qualität wie die von einem Berufsfotografen erstellten Lichtbilder angefertigt worden sind.

Die Beklagte hat die Lichtbilder des Klägers ganz bewusst für die Bewerbung ihrer eigenen Angebote im Internet genutzt. Die Qualität der Lichtbilder ist durch Anordnung, Schattenwurf und Hintergrund auch hochwertig; insbesondere handelt es sich nicht um „Knipsbilder“.

Hinzu kommt im vorliegenden Fall ferner, dass die Beklagte die Lichtbilder auf der Handelsplattform eBay sowie auf ihrem Internetauftritt www.X-kiosk.de genutzt hat, über die sie in erheblichem Umfang gewerblich tätig ist

Bei der Bemessung des Lizenzschadensersatzes ist jedoch ferner zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Kläger nicht um einen Berufsfotografen handelt, wohingegen sich die MFM-Tarife an professionell gezahlten Bildhonoraren orientieren, in die der höhere Erstellungsaufwand sowie die sonstigen einem Berufsfotografen bei seiner Berufsausübung entstehenden Kosten und Risiken mit einkalkuliert sind. Aus diesen Gründen erscheint ein Abschlag auf den nach der Nutzungsart und -dauer berechneten Betrag gegenüber dem Tabellensatz der MFM gerechtfertigt. Da es sich bei den vom Kläger erstellten Lichtbildern gleichwohl um qualitativ hochwertige Fotos handelt, erachtet die Kammer im vorliegenden Fall einen Abschlag von 20 % für angemessen.

Dem steht nicht die von dem Kläger vorgetragene eigene Lizenzierungspraxis entgegen, wonach er seine Produktfotos regelmäßig nach den Empfehlungen der MFM lizenziert.

Allerdings wäre für den Fall, dass der Kläger tatsächlich die nach den MFM-Empfehlungen vorgesehenen Lizenzgebühren verlangt und erhält, die Feststellung gerechtfertigt, dass vernünftige Vertragsparteien bei vertraglicher Lizenzeinräumung eine entsprechende Vergütung vereinbart hätten (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2009 – I ZR 44/06 – Resellervertrag). Aus diesem Grunde trifft das Vorbringen des Klägers zu, dass die Kammer etwa in anderen Verfahren des Klägers bei dem Erlass eines Versäumnisurteils im schriftlichen Vorverfahren gemäß § 331 Abs. 1, 3 ZPO bereits im vollem Umfang die Honorarempfehlungen der MFM zugrundegelegt hat, wenn und soweit der Kläger schlüssig vorgetragen hat, dass er regelmäßig und in ausreichender Zahl Lizenzierungen zu diesen Bedingungen vorgenommen hat.

Davon kann jedoch für die vorliegende Entscheidung nicht ausgegangen werden. Zwar hat der Kläger dies auch im hiesigen Rechtsstreit vorgetragen und dazu geschwärzte - sowie im nachgelassenen Schriftsatz auch ungeschwärzte - auf der Basis der Honorarempfehlungen der MFM erstellte Rechnungen vorgelegt. Allerdings hat die Beklagte dies und die Zahlung der in den Rechnungen verlangten Lizenzgebühren bestritten, ohne dass der Kläger zu Zahlungen näher vorgetragen und insgesamt zu diesen Umständen Beweis angeboten hätte.

Deshalb verbleibt es bei einem Abzug von 20 %.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:





OLG Hamm: Unterlassungsanspruch aber kein Lizenzschaden - Urheberrechtsverletzung durch Verbreitung von Software unter Verstoß gegen GNU General Public License

OLG Hamm
Urteil vom 13.06.2017
4 U 72/16


Das OLG Hamm hat entschieden, dass bei einer Urheberrechtsverletzung durch Verbreitung von Software unter Verstoß gegen die GNU General Public License zwar ein Anspruch auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten, aber kein Anspruch auf Feststellung eines Schadensersatzanspruchs bzw. Zahlung eines Lizenzschadens besteht.

Aus den Entscheidungsgründen:

"aa) Die Beklagte hat, als sie die vorgenannte Programmversion in ihrem Internetauftritt in ausführbarer Form zum Download zur Verfügung stellte, in zweifacher Weise gegen die Bestimmungen der „GNU General Public License“ verstoßen.

(1) Entgegen dem in Ziffer 3 Satz 1 (vor lit. a]) der Lizenzbestimmungen enthaltenen Verweis auf Ziffer 1 der Lizenzbestimmungen stellte die Beklagte keine Kopie des Lizenztextes zur Verfügung.

(2) Den Quellcode der Programmversion stellte sie ebenfalls nicht zur Verfügung, und zwar weder auf eine der in Ziffer 3 lit. a) bis c) der Lizenzbestimmungen genannten Arten noch in anderer Weise.

bb) Diese Verstöße gegen die Lizenzbestimmungen führten zugleich zu einer Verletzung der urheberrechtlich geschützten Rechtsposition der Klägerin. Nach wohl einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung und der zumindest überwiegenden Auffassung in der Literatur, der sich der erkennende Senat anschließt, stellt die Verbreitung einer unter der „GNU General Public License“ lizenzierten Software unter Verstoß gegen die Lizenzbestimmungen eine Urheberrechtsverletzung dar (LG Halle [Saale], Urteil vom 27.07.2015 – 4 O 133/15; LG Hannover, Urteil vom 21.07.2015 – 18 O 159/15; LG Leipzig, Beschluss vom 02.06.2015 – 5 O 1531/15; LG Frankfurt, Urteil vom 06.09.2006 – 2-06 O 224/06; LG Berlin, Beschluss vom 21.02.2006 – 16 O 134/06; Jaeger/Metzger, Open Source Software, 4. Aufl. [2016], Rdnr. 152 ff m.w.N.; Schneider, Handbuch EDV-Recht, 5. Aufl. [2017], X. IT-Verfahrensrecht, Rdnr. 158; Schäfer, K&R 2010, 298 [300]). Dogmatisch ist dies damit zu begründen, dass die Regelung in Ziffer 4 Satz 2 der Lizenzbestimmungen eine auflösende Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) darstellt, nach der die urheberrechtliche Nutzungsrechtseinräumung mit dem Versuch einer lizenzbestimmungswidrigen Verbreitung der Software entfällt (LG Frankfurt, Urteil vom 06.09.2006 – 2-06 O 224/06; Jaeger/Metzger, Open Source Software, 4. Aufl. [2016], Rdnr. 152 ff m.w.N.; Schäfer, K&R 2010, 298 [300]; vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 31.10.2014 – 6 U 60/14, dort Rdnr. 89, zur entsprechenden Rechtskonstruktion bei der „Creative Commons Attribution Non Commercial 2.0“-Lizenz für Lichtbilder). Die lizenzbestimmungswidrige Verbreitung bzw. der entsprechende Versuch führen dabei im Unterlassungsprozess allerdings nicht zu einem „uneingeschränkten“ Verbreitungsverbot für die Zukunft, sondern – lediglich – zu der Verurteilung des Verletzers, es zu unterlassen, die Software ohne die Einhaltung der – im Einzelnen genau zu bezeichnenden und zu beschreibenden – Bestimmungen der „GNU General Public License“ zu verbreiten (vgl. LG Halle [Saale], Urteil vom 27.07.2015 – 4 O 133/15; LG Hannover, Urteil vom 21.07.2015 – 18 O 159/15; LG Leipzig, Beschluss vom 02.06.2015 – 5 O 1531/15; LG Berlin, Beschluss vom 21.02.2006 – 16 O 134/06; Schneider, Handbuch EDV-Recht, 5. Aufl. [2017], X. IT-Verfahrensrecht, Rdnr. 158).
Der Feststellungsantrag ist indes unbegründet. Der Klägerin steht der dem Grunde nach geltend gemachte Ersatzanspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zu.
168
a) Schadensersatzansprüche
169
Ein Schadensersatzanspruch – sei es nach § 97 Abs. 2 UrhG, sei es aufgrund einer anderen Anspruchsgrundlage – steht der Klägerin nicht zu. Es ist nicht ersichtlich, dass der Klägerin durch das von ihr beanstandete Verhalten der Beklagten ein Schaden entstanden sein kann.
170
Die Klägerin will den Schaden nach den – für eine Schadensberechnung hier von vornherein allein und allenfalls in Betracht kommenden – Grundsätzen der Lizenzanalogie ermitteln. Bei der Art der Berechnung der Höhe des zu leistenden Schadensersatzes nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen in Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung während des Verletzungszeitraumes vereinbart hätten. Zu ermitteln ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung (OLG Köln, Urteil vom 31.10.2014 – 6 U 60/14 m.w.N.). Die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr ist dabei gemäß § 287 Abs. 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach der freien Überzeugung des Gerichts zu bemessen. Dabei sind der Umfang der Nutzung sowie der Wert des verletzten Ausschließlichkeitsrechtes zu berücksichtigen (OLG Köln, Urteil vom 31.10.2014 – 6 U 60/14 m.w.N.). Zu den Umständen, die den objektiven Wert der angemaßten Benutzungshandlungen beeinflussen, gehören insbesondere ein etwa festzustellender verkehrsmäßig üblicher Wert der Benutzungsberechtigung in Anlehnung an tatsächlich vereinbarte Lizenzen (OLG Köln, Urteil vom 31.10.2014 – 6 U 60/14 m.w.N.).
171
Im vorliegenden Fall ist entscheidend, dass die Klägerin die hier streitgegenständliche Programmversion für alle in Betracht kommenden Nutzungen unentgeltlich vertrieben hat und damit der Sache nach auf eine monetäre Verwertung ihres ausschließlichen Nutzungsrechts vollständig verzichtet hat. Dieser Verzicht geht sogar so weit, dass die Klägerin nach Ziffer 4 Satz 3 der „GNU General Public License“ sogar Personen, die eine Programmkopie aufgrund eines lizenzbestimmungswidrigen Verbreitungsvorganges erhalten haben, diese Kopien (unentgeltlich) belässt. Der „objektive Wert“ der Nutzung der hier in Rede stehenden Programmversion kann vor diesem Hintergrund nur mit Null angesetzt werden (zweifelnd an der Schadensermittlung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie bei kostenlos vertriebener „Open Source“-Software auch Schneider, Handbuch EDV-Recht, 5. Aufl. [2017], X. IT-Verfahrensrecht, Rdnr. 158 a.E.; vgl. zum rechtsähnlichen Fall der lizenzbestimmungswidrigen Verbreitung eines unter der „Creative Commons Attribution Non Commercial 2.0“-Lizenz kostenlos zur Verfügung gestellten Lichtbildes auch OLG Köln, Urteil vom 31.10.2014 – 6 U 60/14, dort Rdnr. 98). Die Klägerin hat die streitgegenständliche Programmversion insgesamt kostenlos zur Verfügung gestellt, so dass nicht ersichtlich ist, welchen wirtschaftlichen Sinn eine weitere entgeltliche Lizenzierung daneben noch haben könnte (vgl. zu dieser Erwägung auch OLG Köln, Beschluss vom 29.06.2016 – 6 W 72/16). Da die Nutzung des Programms einschließlich der öffentlichen Weiterverbreitung bereits kostenlos möglich ist, liefe eine weitere kostenpflichtige Lizenz letztlich nur darauf hinaus, sich als Lizenznehmer von den – letztlich nur rein formalen – Bestimmungen der „GNU General Public License“ befreien zu lassen (vgl zu dieser Erwägung auch OLG Köln, Beschluss vom 29.06.2016 – 6 W 72/16). Anhaltspunkte, die als Grundlage einer Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO dienen könnten, um den objektiven Wert einer solchen „Befreiung“ zu ermitteln, existieren nicht. Es bestand oder besteht für die von der Beklagten weiterverbreitete und hier streitgegenständliche Programmversion auch kein „dual licensing“-Modell. Diese Programmversion – und nur auf diese konkrete Programmversion kommt es an – wurde von der Klägerin vielmehr ausschließlich unentgeltlich unter der „GNU General Public License“ verbreitet. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf die „proprietär“ und entgeltlich vertriebene Programmversion „T Enterprise Client 3.x“ verweist, ist diese mit der hier streitgegenständlichen Programmversion nicht identisch: nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin enthält die Version „T Enterprise Client 3.x“ nämlich „Fehlerbehebungen und Verbesserungen“.
172
b) Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung
173
Der Feststellungsantrag kann eine materiell-rechtliche Grundlage auch nicht in den Vorschriften der §§ 812 ff BGB finden. Die Beklagte hat durch das von der Klägerin beanstandete Verhalten nichts „erlangt“. Auf Herausgabe eines evtl. "Verletzergewinns" stützt die Klägerin ihren Anspruch nicht. Hierzu trägt sie keine Tatsachen vor.
cc) Die Klägerin ist nicht – weder durch § 242 BGB noch in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung des § 162 Abs. 2 BGB – daran gehindert, sich auf die beiden vorbezeichneten Verstöße der Beklagten gegen die Lizenzbestimmungen der „GNU General Public License“ zu berufen.

(1) Nach den von der Beklagten nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts (siehe Seite 6 der Urteilsurschrift) hat die Klägerin die hier in Rede stehende Programmversion „1.1.3“ der „T“-Software nur zusammen mit dem Quellcode vertrieben und zur Verfügung gestellt. Eine Verpflichtung oder Obliegenheit der Klägerin, den Quellcode der Programmversion auch noch nach der Einstellung des Vertriebs dieser Programmversion durch sie, die Klägerin, bereitzustellen, besteht nicht. Hätten sich all diejenigen, die die Programmversion von der Klägerin bezogen und sodann weiterverbreitet haben, an die Lizenzbestimmungen der „GNU General Public License“ gehalten, hätte auch die Beklagte die Programmversion zusammen mit dem Quellcode erlangen und sodann weiterverbreiten können.

(2) Nach den von der Beklagten nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts (siehe Seite 6 der Urteilsurschrift) hat die Klägerin die Programmversion auch stets zusammen mit dem Text der „GNU General Public License“ zur Verfügung gestellt. Selbst wenn sie dies nicht getan hätte, wäre sie nicht daran gehindert, sich im vorliegenden Rechtsstreit auf den entsprechenden Verstoß der Beklagten zu berufen. Die „GNU General Public License“ enthält keine Verpflichtung oder Obliegenheit des Lizenzgebers, die Software nur zusammen mit dem Lizenztext auszuliefern, sondern lediglich eine entsprechende Vorgabe für die Lizenznehmer. Der Lizenztext der „GNU General Public License“ ist überdies im Internet verfügbar. Der Senat hat keinerlei Zweifel daran, dass es den Angehörigen des „Zentrums für Informations- und Mediendienste“ der Beklagten möglich gewesen wäre, den Lizenztext durch eine einfache Internetrecherche innerhalb weniger Sekunden im Internet aufzufinden.

dd) Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Handeln der Klägerin bestehen nicht. Selbst wenn es der Klägerin hier nur um eine „Marktbereinigung“ gehen sollte, wäre dies nicht rechtsmissbräuchlich. Die Klägerin hat ein schützenswertes Interesse daran, dass die Software, an der sie das ausschließliche Nutzungsrecht besitzt, nur in den von ihr urheberrechtlich gesetzten Grenzen auf dem Markt angeboten und vertrieben wird.

ee) Der Unterlassungsanspruch war schließlich nicht verjährt. Anhaltspunkte, dass die Klägerin bereits vor Ende April / Anfang Mai 2015 Kenntnis von der Urheberrechtsverletzung durch die Beklagte hatte oder hätte haben müssen, bestehen nicht.

b) Die von der Klägerin ausgesprochene Abmahnung genügte den formellen Anforderungen des § 97a Abs. 2 Satz 1 UrhG.

c) Die Klägerin kann indes lediglich den Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 1.384,34 € beanspruchen.

aa) Der für den Unterlassungsanspruch zugrundegelegte Gegenstandswert von 100.000,00 € ist übersetzt. Der Unterlassungsanspruch bezog sich auf eine von der Klägerin unentgeltlich vertriebene Programmversion, die zudem nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin nicht frei von Fehlern war und zum Zeitpunkt der Abmahnung – angesichts der Existenz weiterentwickelter Programmversionen – auch bereits „veraltet“ war. Vor diesem Hintergrund ist lediglich ein Gegenstandswert von 50.000,00 € für den Unterlassungsanspruch anzusetzen.

bb) Zu hoch ist ebenfalls der Gebührensatz für die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG. Das Bestehen eines urheberrechtlichen Unterlassungsanspruches bei Verstößen gegen die Bestimmungen der „GNU General Public License“ entsprach bereits zum Zeitpunkt der Abmahnung der wohl einhelligen Auffassung in der Rechtsprechung der Instanzgerichte. Signifikante Schwierigkeiten waren mit der Geltendmachung dieses Unterlassungsanspruches nicht verbunden. Gerechtfertigt ist damit lediglich ein Gebührensatz von 1,3.

cc) Die ersatzfähigen Abmahnkosten beliefen sich damit auf 1.531,90 € (1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG in Höhe von 1.511,90 € zuzüglich Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 €). Abzüglich der von der Beklagten bereits vorgerichtlich geleisteten Teilzahlung in Höhe von 147,56 € ist von der Beklagten noch ein Abmahnkostenbetrag in Höhe von 1.384,34 € zu ersetzen.

[...]

Der Feststellungsantrag ist indes unbegründet. Der Klägerin steht der dem Grunde nach geltend gemachte Ersatzanspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zu.

a) Schadensersatzansprüche

Ein Schadensersatzanspruch – sei es nach § 97 Abs. 2 UrhG, sei es aufgrund einer anderen Anspruchsgrundlage – steht der Klägerin nicht zu. Es ist nicht ersichtlich, dass der Klägerin durch das von ihr beanstandete Verhalten der Beklagten ein Schaden entstanden sein kann.

Die Klägerin will den Schaden nach den – für eine Schadensberechnung hier von vornherein allein und allenfalls in Betracht kommenden – Grundsätzen der Lizenzanalogie ermitteln. Bei der Art der Berechnung der Höhe des zu leistenden Schadensersatzes nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen in Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung während des Verletzungszeitraumes vereinbart hätten. Zu ermitteln ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung (OLG Köln, Urteil vom 31.10.2014 – 6 U 60/14 m.w.N.). Die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr ist dabei gemäß § 287 Abs. 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach der freien Überzeugung des Gerichts zu bemessen. Dabei sind der Umfang der Nutzung sowie der Wert des verletzten Ausschließlichkeitsrechtes zu berücksichtigen (OLG Köln, Urteil vom 31.10.2014 – 6 U 60/14 m.w.N.). Zu den Umständen, die den objektiven Wert der angemaßten Benutzungshandlungen beeinflussen, gehören insbesondere ein etwa festzustellender verkehrsmäßig üblicher Wert der Benutzungsberechtigung in Anlehnung an tatsächlich vereinbarte Lizenzen (OLG Köln, Urteil vom 31.10.2014 – 6 U 60/14 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall ist entscheidend, dass die Klägerin die hier streitgegenständliche Programmversion für alle in Betracht kommenden Nutzungen unentgeltlich vertrieben hat und damit der Sache nach auf eine monetäre Verwertung ihres ausschließlichen Nutzungsrechts vollständig verzichtet hat. Dieser Verzicht geht sogar so weit, dass die Klägerin nach Ziffer 4 Satz 3 der „GNU General Public License“ sogar Personen, die eine Programmkopie aufgrund eines lizenzbestimmungswidrigen Verbreitungsvorganges erhalten haben, diese Kopien (unentgeltlich) belässt. Der „objektive Wert“ der Nutzung der hier in Rede stehenden Programmversion kann vor diesem Hintergrund nur mit Null angesetzt werden (zweifelnd an der Schadensermittlung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie bei kostenlos vertriebener „Open Source“-Software auch Schneider, Handbuch EDV-Recht, 5. Aufl. [2017], X. IT-Verfahrensrecht, Rdnr. 158 a.E.; vgl. zum rechtsähnlichen Fall der lizenzbestimmungswidrigen Verbreitung eines unter der „Creative Commons Attribution Non Commercial 2.0“-Lizenz kostenlos zur Verfügung gestellten Lichtbildes auch OLG Köln, Urteil vom 31.10.2014 – 6 U 60/14, dort Rdnr. 98). Die Klägerin hat die streitgegenständliche Programmversion insgesamt kostenlos zur Verfügung gestellt, so dass nicht ersichtlich ist, welchen wirtschaftlichen Sinn eine weitere entgeltliche Lizenzierung daneben noch haben könnte (vgl. zu dieser Erwägung auch OLG Köln, Beschluss vom 29.06.2016 – 6 W 72/16). Da die Nutzung des Programms einschließlich der öffentlichen Weiterverbreitung bereits kostenlos möglich ist, liefe eine weitere kostenpflichtige Lizenz letztlich nur darauf hinaus, sich als Lizenznehmer von den – letztlich nur rein formalen – Bestimmungen der „GNU General Public License“ befreien zu lassen (vgl zu dieser Erwägung auch OLG Köln, Beschluss vom 29.06.2016 – 6 W 72/16). Anhaltspunkte, die als Grundlage einer Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO dienen könnten, um den objektiven Wert einer solchen „Befreiung“ zu ermitteln, existieren nicht. Es bestand oder besteht für die von der Beklagten weiterverbreitete und hier streitgegenständliche Programmversion auch kein „dual licensing“-Modell. Diese Programmversion – und nur auf diese konkrete Programmversion kommt es an – wurde von der Klägerin vielmehr ausschließlich unentgeltlich unter der „GNU General Public License“ verbreitet. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf die „proprietär“ und entgeltlich vertriebene Programmversion „T Enterprise Client 3.x“ verweist, ist diese mit der hier streitgegenständlichen Programmversion nicht identisch: nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin enthält die Version „T Enterprise Client 3.x“ nämlich „Fehlerbehebungen und Verbesserungen“.

b) Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung

Der Feststellungsantrag kann eine materiell-rechtliche Grundlage auch nicht in den Vorschriften der §§ 812 ff BGB finden. Die Beklagte hat durch das von der Klägerin beanstandete Verhalten nichts „erlangt“. Auf Herausgabe eines evtl. "Verletzergewinns" stützt die Klägerin ihren Anspruch nicht. Hierzu trägt sie keine Tatsachen vor."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Lizenzschaden in Filesharing-Fällen verjährt nach 10 Jahren - Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten nach 3 Jahren

BGH
Beschluss vom 23.01.2017
I ZR 265/15


Der BGH hat in diesem Beschluss nochmals seinen Standpunkt zur Verjährung in Filesharing-Fällen bestätigt. Danach verjährt der Lizenzschaden in Filesharing-Fällen nach 10 Jahren und der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten nach 3 Jahren.


Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Annahme des Berufungsgerichts, die Schadensersatzforderung sei nicht verjährt, ist ebenfalls frei von Rechtsfehlern. Der Anspruch aus § 102 Satz 2 UrhG, § 852 BGB verjährt gemäß § 852 Satz 2 BGB in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf seine Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2015 - I ZR 148/13, GRUR 2015, 780 Rn. 28 = WRP 2015, 972 - Motorradteile). Diese Verjährungsfrist war im Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung durch die Klägerin noch nicht abgelaufen.

[...]
bb) Das Berufungsgericht hat weiter rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Abmahnkostenforderung nicht verjährt sei.

(1) Die Revision wendet sich nicht gegen die Feststellung des Beru-fungsgerichts, es sei weder dargetan noch ersichtlich, dass der Anspruch vor dem Jahr 2010 entstanden sei. Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Verjährung des Erstattungsanspruchs sei im Jahr 2010 angelaufen, ist da-nach nicht zu beanstanden. Die Revision streitet erfolglos für eine Anwendung des § 199 Abs. 5 BGB auf den Abmahnkostenerstattungsanspruch. Diese Vorschrift führt im Falle des Unterlassungsanspruchs zu einer Verlagerung des Verjährungsbeginns auf den Zeitpunkt der Zuwiderhandlung, weil der Gläubiger zuvor weder Anlass noch Möglichkeit hat, gegen den Unterlassungsschuldner vorzugehen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 1972 - I ZR 154/70, BGHZ 59, 72, 74 f. - Kaffeewerbung). Eine Anwendung dieser Vorschrift auf den Anspruch auf Abmahnkostenerstattung kommt nicht in Betracht. Die Verjährung des Erstat-tungsanspruchs kann nicht vor seiner Entstehung beginnen.

(2) Die durch Zustellung des Mahnbescheids am 12. Dezember 2013 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB bewirkte Hemmung der Verjährung endete gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB sechs Monate nach Vornahme der letzten Verfahrenshandlung des Gerichts in Gestalt der an die Klägerin gerichteten Aufforderung vom 20. Dezember 2013, den Kostenvorschuss für das streitige Verfahren einzuzahlen. Die am 25. Juni 2014 vorgenommene Einzahlung des Kostenvorschusses erfolgte zwar nach Ablauf der sechsmonatigen Hemmung, jedoch mit Blick auf die im Zeitpunkt der Hemmung bis zum Ende des Jahres 2013 verbliebene Restlaufzeit der Verjährung in unverjährter Zeit."


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EuGH: Doppelter Lizenzschaden bei Urheberrechtsverletzung ist europarechtskonform und verstößt nicht gegen EU-Richtlinie 2004/48/EG

EuGH
Urteil vom 25.01.2017
C‑367/15
Stowarzyszenie „Oławska Telewizja Kablowa“ gegen Stowarzyszenie Filmowców Polskich


Der EuGH hat entschieden, dass ein doppelter Lizenzschaden bei Urheberrechtsverletzungen (Verletzerzuschlag) europarechtskonform ist und nicht gegen EU-Richtlinie 2004/48/EG verstößt.

Tenor der Entscheidung:

Art. 13 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, wonach der Inhaber des verletzten Rechts des geistigen Eigentums von der Person, die dieses Recht verletzt hat, entweder die Wiedergutmachung des erlittenen Schadens – bei der sämtliche für den Anlassfall maßgebenden Aspekte zu berücksichtigen sind – oder, ohne den tatsächlichen Schaden nachweisen zu müssen, die Zahlung einer Geldsumme verlangen kann, die dem Doppelten der angemessenen Vergütung entspricht, die für die Erteilung der Erlaubnis zur Nutzung des betreffenden Werks zu entrichten gewesen wäre, nicht entgegensteht.


Aus den Entscheidungsgründen:

"Nach den Erwägungsgründen 5 und 6 sowie Art. 2 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2004/48 sind bei der Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie sodann die Verpflichtungen zu berücksichtigen, die sich aus auf den Ausgangsrechtsstreit möglicherweise anzuwendenden internationalen Übereinkünften, etwa dem TRIPS-Übereinkommen, der Berner Übereinkunft und dem Rom-Abkommen, für die Mitgliedstaaten ergeben. Nach Art. 1 des TRIPS-Übereinkommens wie auch nach Art. 19 der Berner Übereinkunft und Art. 2 des Rom-Abkommens können die Vertragsstaaten den Inhabern der betreffenden Rechte einen umfassenderen Schutz als den gewähren, der in diesen Rechtsakten jeweils vorgesehen ist.

Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/48 ist folglich dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, nach der ein Rechtsinhaber, dessen Urhebervermögensrechte verletzt wurden, von der Person, die diese Rechte verletzt hat, eine Wiedergutmachung des verursachten Schadens durch Zahlung einer Geldsumme verlangen kann, die dem Doppelten einer hypothetischen Gebühr entspricht, nicht entgegensteht.

Diese Auslegung kann auch nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass erstens eine Entschädigung, die auf der Grundlage des Doppelten der hypothetischen Gebühr berechnet wird, im Verhältnis zu dem von der geschädigten Partei tatsächlich erlittenen Schaden nicht genau proportional ist. Dies ist nämlich gerade das Wesensmerkmal einer jeden pauschalen Entschädigung, genauso wie bei der, die in Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/48 ausdrücklich vorgesehen ist.

Zweitens wird diese Auslegung auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Richtlinie 2004/48 ausweislich ihres 26. Erwägungsgrundes nicht die Einführung einer Verpflichtung zu einem als Strafe angelegten Schadensersatz bezweckt.

Zum einen kann, anders als das vorlegende Gericht offenbar meint, der Umstand, dass die Richtlinie 2004/48 die Mitgliedstaaten nicht dazu verpflichtet, sogenannten „Strafschadensersatz“ vorzusehen, nämlich nicht dahin ausgelegt werden, dass die Einführung einer solchen Maßnahme verboten wäre.

Zum anderen ist, ohne dass es hierfür einer Entscheidung darüber bedürfte, ob die Einführung von sogenanntem „Strafschadensersatz“ gegen Art. 13 der Richtlinie 2004/48 verstoßen könnte, nicht ersichtlich, dass die für den Ausgangsrechtsstreit maßgebliche Bestimmung eine Verpflichtung zur Zahlung eines derartigen Strafschadensersatzes enthält.

So ist festzustellen, dass im Fall der Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums die bloße Zahlung der hypothetischen Vergütung nicht geeignet ist, eine Entschädigung für den gesamten tatsächlich erlittenen Schaden zu garantieren, weil mit der Zahlung einer solchen Vergütung weder die Erstattung möglicher, mit der Feststellung allfälliger Verletzungshandlungen und ihrer Verursacher verbundener Kosten, auf die im 26. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/48 verwiesen wird, noch der Ersatz eines möglichen immateriellen Schadens (vgl. zu letztgenanntem Gesichtspunkt Urteil vom 17. März 2016, Liffers, C‑99/15, EU:C:2016:173, Rn. 26) und auch nicht die Zahlung von Zinsen auf die geschuldeten Beträge sichergestellt würde. OTK hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass die Zahlung des Doppelten der hypothetischen Vergütung nämlich in der Praxis einer Entschädigung gleichkomme, die geringer ausfalle als die, die der Rechtsinhaber nach den „allgemeinen Grundsätzen“ im Sinne von Art. 79 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a UPAPP verlangen könnte.

Zwar ist nicht auszuschließen, dass der Ersatz eines Schadens, der auf der Grundlage des Doppelten der hypothetischen Vergütung berechnet wurde, den tatsächlich erlittenen Schaden in Ausnahmefällen so eindeutig und beträchtlich überschreitet, dass eine diesbezügliche Forderung einen nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48 verbotenen Rechtsmissbrauch darstellen könnte. Aus den von der polnischen Regierung in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen wird gleichwohl deutlich, dass das polnische Gericht nach der im Ausgangsverfahren maßgeblichen Regelung in einem solchen Fall nicht an den Antrag des Inhabers des verletzten Rechts gebunden wäre.

Was schließlich drittens das Vorbringen angeht, die geschädigte Partei brauchte, weil sie den Schadensersatz auf der Grundlage des Doppelten der hypothetischen Vergütung berechnen könne, nicht mehr den Kausalzusammenhang zwischen dem das Urheberrecht verletzenden Ereignis und dem erlittenen Schaden nachzuweisen, ist festzustellen, dass dieses Vorbringen auf einer überaus strengen Auslegung des Begriffs „Kausalität“ beruht, nach der der Inhaber des verletzten Rechts einen Kausalzusammenhang nicht nur zwischen diesem Ereignis und dem erlittenen Schaden, sondern auch zwischen diesem Ereignis und der genauen Höhe, auf die sich der Schaden beläuft, nachweisen müsste. Eine solche Auslegung ist jedoch mit dem Konzept einer pauschalen Festlegung der Höhe des Schadensersatzes – und dementsprechend mit Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/48, der eine solche Art von Entschädigung zulässt – unvereinbar.

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 13 der Richtlinie 2004/48 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, wonach der Inhaber des verletzten Rechts des geistigen Eigentums von der Person, die dieses Recht verletzt hat, entweder die Wiedergutmachung des erlittenen Schadens – bei der sämtliche für den Anlassfall maßgebenden Aspekte zu berücksichtigen sind – oder, ohne den tatsächlichen Schaden nachweisen zu müssen, die Zahlung einer Geldsumme verlangen kann, die dem Doppelten der angemessenen Vergütung entspricht, die für die Erteilung der Erlaubnis zur Nutzung des betreffenden Werks zu entrichten gewesen wäre, nicht entgegensteht."



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: