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BGH: In Kartellverfahren spricht Vermutung dafür dass Abstimmung durch Informationsaustausch das Marktverhalten der beteiligten Unternehmen beeinflusst - Bierkartell

BGH
Beschluss vom 13.07.2020
KRB 99/19
Bierkartell
GWB § 1, § 81 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1; AEUV Art. 101 Abs. 1; EGV Art. 81 Abs. 1; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; MRK Art. 6 Abs. 2; OWiG § 31 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3


Der BGH hat im Bierkartell-Verfahren entschieden, dass in Kartellverfahren eine tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass eine Abstimmung durch Informationsaustausch das Marktverhalten der beteiligten Unternehmen beeinflusst.

Leitsätze des BGH:

a) Der Tatbestand der aufeinander abgestimmten Verhaltensweise ist zweigliedrig; er verlangt neben einem Abstimmungsvorgang (Fühlungnahme) eine tatsächliche Verhaltensweise im Sinne einer praktischen Zusammenarbeit auf dem Markt, das heißt ein konkretes Marktverhalten in Umsetzung der Abstimmung. Typisches Mittel einer verbotenen Abstimmung ist der Austausch von Informationen über wettbewerbsrelevante Parameter mit dem Ziel, die Ungewissheit über das zukünftige Marktverhalten des Mitbewerbers auszuräumen.

b) Im Kartellzivil- und -verwaltungsverfahren spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass eine Abstimmung durch Informationsaustausch das Marktverhalten der beteiligten Unternehmen beeinflusst. Diese Vermutung hat ihren sachlichen Grund in dem Erfahrungssatz, dass ein Unternehmen Kenntnisse über beabsichtigtes oder erwogenes Marktverhalten eines Mitbewerbers regelmäßig bei der Bestimmung des eigenen Marktverhaltens berücksichtigt.

c) Die - potentiell starke - Indizwirkung dieses Erfahrungssatzes ist auch bei der Beweiswürdigung im Kartellbußgeldverfahren zu beachten. Vermag sich das Tatgericht nicht von einem Kausalzusammenhang zwischen Abstimmung und Marktverhalten zu überzeugen, erweist sich die Beweiswürdigung grundsätzlich als lücken- und damit rechtsfehlerhaft, wenn der Erfahrungssatz in den Urteilsgründen nicht erörtert ist.

d) Der Tatbestand der aufeinander abgestimmten Verhaltensweise fasst den Abstimmungsvorgang und die hierauf beruhende Verhaltensweise im Sinne einer praktischen Zusammenarbeit auf dem Markt zu einer Bewertungseinheit als Unterfall der tatbestandlichen Handlungseinheit zusammen. Solange das Marktverhalten fortdauert, ist die Tat nicht im Sinne des § 31 Abs. 3 OWiG beendet.

BGH, Beschluss vom 13. Juli 2020 - KRB 99/19 - OLG Düsseldorf

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Abstimmung des Verhaltens unter Wettbewerbern durch den Austausch von Informationen über ihr künftiges Marktverhalten begründet Vermutung für Kartellrechtsverstoß

BGH
Urteil vom 12.04.2016
KZR 31/14
Gemeinschaftsprogramme
GWB § 1


Der BGH hat entschieden, dass die Abstimmung des Verhaltens unter Wettbewerbern durch den Austausch von Informationen über ihr künftiges Marktverhalten die Vermutung für einen Kartellrechtsverstoß bei einem entsprechenden späteren Marktverhalten begründet.

Leitsatz des BGH:

Die Abstimmung des Verhaltens unter Wettbewerbern durch den Austausch von Informationen über ihr künftiges Marktverhalten hat nach der Lebenserfahrung auch ohne weiteres Zutun nachteiligen Einfluss auf den Wettbewerb. Dies begründet die Vermutung, dass die an der Abstimmung beteiligten Unternehmen die mit ihren Wettbewerbern ausgetauschten Informationen bei der Bestimmung ihres Marktverhaltens berücksichtigen. Ein in der Folge von der Abstimmung unabhängiges Marktverhalten aufgrund einer selbständig getroffenen unternehmerischen Entscheidung kann daher nur dann angenommen werden, wenn greifbare Anhaltspunkte dafür feststellbar sind.

BGH, Urteil vom 12. April 2016 - KZR 31/14 - OLG Düsseldorf - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Verstoß gegen Bestimmungen, die Absatzverbote oder Absatzbeschränkungen regeln, ist wettbewerbswidrig

BGH
Urteil vom 10.12.2009
I ZR 189/07
Golly Telly
UWG § 4 Nr. 11, § 9 Satz 1; MPG § 2 Abs. 5 Nr. 1, § 3 Nr. 1 lit. a; ArzneimittelG § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 7

Leitsätze des BGH:


a) Ein Darmreinigungsmittel, das seine Wirkung auf osmotischem und physikalischem Weg erreicht, ist kein Arzneimittel, sondern ein Medizinprodukt.

b) Bestimmungen, die produktbezogene Absatzverbote oder Absatzbeschränkungen regeln oder Informationspflichten hinsichtlich des Umgangs mit den von den Kunden erworbenen Produkten begründen, stellen regelmäßig Marktverhaltensregelungen i.S. des § 4 Nr. 11 UWG dar.

c) Der Schutzzweck des § 9 UWG steht nicht dem Anspruch eines Mitbewerbers entgegen, der von demjenigen, der sich durch die Verletzung einer ausschließlich dem Schutz der Verbraucher dienenden Marktverhaltensregelung einen Vorsprung im Wettbewerb verschafft hat, den ihm dadurch entstandenen Schaden ersetzt verlangt.

BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 - I ZR 189/07 - OLG Hamburg
LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: