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OLG Frankfurt: Kein Schmerzensgeldanspruch gegen Arzneimittelhersteller wegen Verunreinigung eines Medikaments bei übersteigerter Krebsangst ohne objektive Grundlage

OLG Frankfurt
Urteil vom 26.04.2023
13 U 69/22


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass kein Schmerzensgeldanspruch gegen einen Arzneimittelhersteller wegen der Verunreinigung eines Medikaments bei übersteigerter Krebsangst ohne objektive Grundlage besteht.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Überzogene Krebsangst - Kein Schmerzensgeld bei Verunreinigung eines Medikaments

Die Klägerin kann kein Schmerzensgeld verlangen, soweit sie seit Kenntnis der Verunreinigung an der Angst leide, an Krebs zu erkranken.

Erhöht die Einnahme eines verunreinigten Arzneimittels das Risiko, an Krebs zu erkranken, um 0,02 %, ist es nicht generell geeignet, psychische Belastungen in Form von Ängsten und Albträumen zu verursachen. Das allgemeine Lebensrisiko einer Krebserkrankung liegt für Frauen in Deutschland bei 43,5%. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) bestätigte mit heute veröffentlichter Entscheidung, dass die Klägerin von der Arzneimittelherstellerin kein Schmerzensgeld verlangen kann, soweit sie seit Kenntnis der Verunreinigung an der Angst leide, an Krebs zu erkranken.

Die Klägerin erhielt seit vielen Jahren blutdrucksenkende Arzneimittel mit dem Wirkstoff Valsartan. Die Beklagte stellt Medikamente mit diesem Wirkstoff her. 2018 rief die Beklagte alle Chargen mit diesem Wirkstoff zurück, da es beim Wirkstoff-Hersteller produktionsbedingt zu Verunreinigungen mit N-Nitrosodimethylamin (NDMA) gekommen war. NDMA ist von der Internationalen Agentur für Krebsforschung der WHO und der EU als „wahrscheinlich krebserregend“ bei Menschen eingestuft worden. Nach dem Beurteilungsbericht der Europäischen Arzneimittelagentur ist das theoretisch erhöhte Lebenszeit-Krebsrisiko aufgrund möglicher Verunreinigungen mit NDMA bei täglicher Einnahme der Höchstdosis über ein Zeitraum von 6 Jahren um 0,02 % erhöht. Das allgemeine Lebenszeitrisiko für Frauen, an Krebs zu erkranken, wird für Deutschland mit 43,5 % angegeben.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schmerzensgeld von mindestens 21.500 € in Anspruch. Sie behauptet, seit Kenntnis des Rückrufs unter der psychischen Belastung, an Krebs zu erkranken, zu leiden.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Die Klägerin habe bereits keine „erhebliche“ Verletzung ihrer Gesundheit nachgewiesen, bestätigte das OLG die Entscheidung des LG. Der sich aus den Angaben der Klägerin ergebende Krankheitswert liege unterhalb der Erheblichkeitsschwelle. Die Klägerin berufe sich darauf, dass sie bereits das Wort “krebserregend“ beunruhige. Tagsüber denke sie oft an die ungewisse gesundheitliche Zukunft; nachts plagten sie Albträume. Diese Schilderungen seien ungenau, pauschal und belegten keine behandlungsbedürftige Gesundheitsverletzung.

Die Haftung der Beklagten scheide auch aus, da die Gesundheitsbeeinträchtigung nicht „infolge“ der Arzneimitteleinnahme aufgetreten sei. Das Arzneimittel selbst sei - auch nach dem Vortrag der Klägerin - nicht geeignet, die hier beklagten Gesundheitsbeeinträchtigungen in Form der Ängste und Albträume zu verursachen. Auslöser der psychischen Folgen sei vielmehr die Kenntnis von der Verunreinigung gewesen, wonach die Klägerin mit einem geringfügig erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Krebserkrankung rechnen müsse. Diese anzunehmende Risikoerhöhung verbleibe aber in einem Rahmen, „der nicht in relevanter Weise über dem allgemeinen Lebensrisiko liegt und damit generell bei objektiver Betrachtung nicht geeignet ist, die behaupteten psychischen und physischen Folgen auszulösen“, begründet das OLG weiter, „die (...) nur ganz geringfügige Erhöhung des Krebsrisikos durch die Verunreinigung des Arzneimittels gegenüber dem allgemeinen Risiko, an Krebs zu erkranken, ist nicht per se als Schaden zu werden, ebenso wie eine Verunreinigung des Arzneimittels an sich, die auch folgenlos bleiben kann (...)“. Die individuelle Risikoeinschätzung der Klägerin sei hier nicht objektiv nachvollziehbar.

Darüber hinaus lägen auch andere schadensverursachende Umstände vor. Die Klägerin habe selbst vorgetragen, dass ihre Ängste, an Krebs zu erkranken, dadurch verursacht würden, dass ihre Mutter, ihr Bruder und die Cousine an Krebs verstorben seien.

„Überzogene Reaktionen auf die Nachricht, dass ein eingenommenes Medikament möglicherweise Verunreinigungen enthält, die möglicherweise krebserregend sind, können (...) der Beklagten nicht zugerechnet werden“, schloss das OLG.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Klägerin die Zulassung der Revision begehren.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 26.04.2023, Az. 13 U 69/22
Landgericht Darmstadt, Urteil vom 03.02.2022, Az. 27 O 119/21




Neuer Beitrag in der Internet World Business von Rechtsanwalt Marcus Beckmann - Widerrufsrecht für Medikamente darf nicht pauschal in AGB ausgeschlossen werden

In Ausgabe 8/2018, S. 17 der Zeitschrift Internet World Business erschien ein Beitrag von Rechtsanwalt Marcus Beckmann mit dem Titel "Pillen als Retoure ? Widerrufsrecht für Medikamente darf nicht pauschal in AGB ausgeschlossen werden".

Siehe auch zum Thema OLG Karlsruhe: Versandapotheken dürfen Widerrufsrecht für verschreibungs- und apothekenpflichtige Medikamente nicht generell ausschließen und Pflicht zur kostenlosen Beratung.

OLG Karlsruhe: Versandapotheken dürfen Widerrufsrecht für verschreibungs- und apothekenpflichtige Medikamente nicht generell ausschließen und Pflicht zur kostenlosen Beratung

OLG Karlsruhe
Urteil vom 09.02.2018
4 U 87/17


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass Versandapotheken das Widerrufsrecht nicht generell für verschreibungs- und apothekenpflichtige Medikamente ausschließen dürfen.

Zudem hat das Gericht entschieden, dass Versandapotheken kostenlose Beratung leisten müssen. Eine kostenpflichtige Telefon-Hotline genügt insoweit nicht.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG München: Unzulässige Werbung für homöopathisches Arzneimittel gegen Kopfschmerzen mit Erfolgsversprechen

OLG München
Urteil vom 04.05.2017
29 U 335/17


Das OLG München hat entschieden, dass eine unzulässige Werbung für ein homöopathisches Arzneimittel gegen Kopfschmerzen vorliegt, wenn mit Erfolgsversprechen geworben wird.

Aus den Entscheidungsgründen:

"b) Soweit die Antragsgegnerin für das homöopathische Arzneimittel Neodolor mit den Aussagen „bekämpft Kopfschmerzen zuverlässig“, „Wirkungsvolle Schmerzbekämpfung“ und/oder
„Effektiv gegen Kopfschmerzen“ wirbt, stehen dem Antragsteller die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3, § 3a UWG i. V. m. § 3 Satz 2 Nr. 2a HWG zu. Die Antragsgegnerin erweckt fälschlich den Eindruck, dass ein Heilungserfolg mit Sicherheit erwartet werden kann. Diese Werbeangaben sind nach § 3 Satz 2 Nr. 2a HWG irreführend.

aa) Ein Verstoß gegen § 3 Satz 2 Nr. 2a HWG setzt nicht voraus, dass ausdrücklich ein sicherer Erfolg versprochen wird. Es genügt vielmehr, dass die fraglichen Werbeaussagen einen solchen Eindruck hervorrufen (vgl. Artz in: Bülow/Ring/Artz/Brixius, HWG, 5. Aufl. 2016, § 3 Rn. 65). Auch ist nicht erforderlich, dass ein absoluter Heilungserfolg für alle denkbaren Krankheitsbilder versprochen wird. Ausreichend ist vielmehr, wenn damit geworben wird, dass im Regelfall ein sicherer Erfolg erwartet werden kann, da § 3 Satz 2 Nr. 2a HWG andernfalls keinen Anwendungsbereich hätte. Denn bestimmte (schwere) Erscheinungsformen eines Krankheitsbildes können die Anwendung von Spezialpräparaten erfordern, wie beispielsweise eine Opiatgabe bei Schmerzpatienten. Schutzbedürftig sind die jeweils angesprochenen Verkehrskreise bereits dann, wenn ihnen fälschlich ein sicherer Erfolg im Regelfall des entsprechenden Krankheitsbildes versprochen wird.

bb) Aufgrund der Aussage „Neodolor wirkt effektiv gegen Kopfschmerzen“ erlangt ein erheblicher Teil der angesprochenen Durchschnittsverbraucher im Gesamtzusammenhang der Werbung den Eindruck, dass ein sicherer Erfolg im Regelfall versprochen wird.

aaa) Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin erwartet der situationsadäquat aufmerksame Durchschnittsverbraucher nicht lediglich eine hinreichende Wirksamkeit, da ihm hinlänglich bekannt sei, dass auch bei zugelassenen Arzneimitteln im Einzelfall ein Behandlungserfolg nicht garantiert werden könne. Denn die Verbraucher als medizinische Laien haben nicht die notwendige Sachkenntnis, um Werbeaussagen über Heilmittel zutreffend beurteilen zu können, und sind bei Erkrankungen häufig geneigt, Werbeaussagen blind zu vertrauen (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. 2017, § 3a UWG Rn. 1.218). Sie halten es angesichts der tatsächlichen und/oder behaupteten medizinischen Fortschritte trotz der unterschiedlichen Reaktionen des menschlichen Körpers daher auch für möglich, dass es Arzneimittel geben könnte, die im Regelfall zu einem sicheren Erfolg führen, und werden einen solchen Eindruck gewinnen, wenn ein Arzneimittelhersteller in der Werbung ausdrücklich oder konkludent einen solchen Erfolg verspricht.

bbb) Im Streitfall erweckt die nochmalige Hervorhebung der Wirkung als „effektiv“ bei den angesprochenen Durchschnittsverbrauchern den Eindruck, dass Neodolor bei Kopfschmerzen nicht nur Wirkungen entfalten kann, sondern „tatsächlich“ bzw. „wirklich“ wirksam ist und deshalb ein Heilungserfolg mit großer Sicherheit zu erwarten ist.

Verstärkt wird dieser Eindruck durch die weiteren Angaben der Antragsgegnerin in der streitgegenständlichen Werbung, wonach die fünf enthaltenen Wirkstoffe Arzneimittelpflanzen entstammten, die sich in wissenschaftlichen Studien als wirksam bei Kopfschmerzen und Migräne zeigten, diese fünf Arzneistoffe in aufwendiger Forschungsarbeit ausgewählt, kombiniert und in Tablettenform aufbereitet worden seien und Neodolor eine ideale Wahl bei allen behandelbaren Kopfschmerzarten wie beispielsweise Spannungskopfschmerz und Migräne sei. Aus der Gesamtheit dieser Werbeangaben, insbesondere durch die Hinweise auf die wissenschaftlichen Studien und die konkrete Auswahl der fünf Arzneistoffe nach vorangegangener aufwendiger Forschungsarbeit, wird beim Durchschnittsverbraucher der Eindruck erweckt, dass Neodolor besonders effektiv, tatsächlich wirksam und ideal ist und somit von der Antragsgegnerin im Regelfall ein sicherer Erfolg versprochen wird.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sind bei der Ermittlung des Verkehrsverständnisses einer beanstandeten Werbeaussage wegen der Maßgeblichkeit des werblichen Gesamtzusammenhangs sowohl der Inhalt anderer gesondert angegriffener Angaben als auch das weitere werbliche Umfeld, das nicht Gegenstand eines gesonderten Angriffs ist, zu berücksichtigen. Denn es kann keinen Unterschied machen, ob einzelne Angaben in gesonderten Unterlassungsklagen – in denen die jeweils nicht angegriffenen Angaben bei der Ermittlung des Verkehrsverständnisses ohne weiteres zu berücksichtigen wären – beanstandet werden, oder ob – wie im Streitfall – von vornherein einheitlich gegen sämtliche als irreführend angesehenen Werbeaussagen vorgegangen wird.

cc) Auch die Aussage „Neodolor bekämpft Kopfschmerzen zuverlässig“ erweckt bei den Durchschnittsverbrauchern im Gesamtzusammenhang der Werbung fälschlich den Eindruck, dass ein Heilungserfolg mit Sicherheit erwartet werden kann (vgl. OLG Hamburg, NJW 1991, 2971). „Zuverlässig” ist etwas, auf das man sich verlassen kann, das verlässlich, vertrauenswürdig bzw. mit großer Sicherheit zutreffend ist. Zudem ist ein „Bekämpfen“ im vorliegenden Zusammenhang so zu verstehen, dass der Kampf zuverlässig gewonnen wird, d. h. der Patient mit der Kopfschmerztablette seine Schmerzen völlig in den Griff bekommt, mithin wenn die genannten Schmerzen mit Sicherheit verschwinden. Unter Berücksichtigung auch der unter Ziffer 1. b) bb) genannten weiteren Aussagen in der streitgegenständlichen Werbung wird beim Durchschnittsverbraucher der Eindruck erweckt, dass ein sicherer Erfolg bei behandelbaren leichten und mittelschweren Kopfschmerzen versprochen wird.

dd) Schließlich stellt auch die Aussage „Wirkungsvolle Schmerzbekämpfung“ im Gesamtzusammenhang der Werbung unter Berücksichtigung der unter Ziffer 1. b) bb) und cc) genannten Umstände ein Erfolgsversprechen i. S. d. § 3 Satz 2 Nr. 2a HWG dar. Auch insofern wird den Verbrauchern suggeriert, dass die Schmerzen nicht nur gelindert, sondern wirkungsvoll und damit vollständig bekämpft und unterdrückt werden könnten."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Zur Zulässigkeit der Zusammenarbeit eines Krankenhauses mit einer Kooperationsapotheke im Rahmen des Entlassungsmanagements

BGH
Urteil vom 13.03.2014
I ZR 120/13
Kooperationsapotheke
UWG § 4 Nr. 11; ApoG § 11 Abs. 1 Satz 1; ApothBerufsO BW § 12; SGB V § 11 Abs. 4, § 39 Abs. 1 Satz 4 bis 6

Leitsatz des BGH:


a) Das in § 11 Abs. 4 SGB V geregelte Versorgungsmanagement und das in § 39 Abs. 1 Satz 4 bis 6 SGB V geregelte Entlassmanagement erfordern eine einschränkende Auslegung des § 11 Abs. 1 Satz 1 ApoG. Es ist daher mit dieser Vorschrift vereinbar, wenn ein Krankenhaus oder eine von einem Krankenhaus beauftragte Person im Rahmen des Entlassmanagements den Patienten die von ihnen im Zeitpunkt ihrer Entlassung aus der Klinik benötigten Medikamente durch eine Apotheke an ihr Krankenbett liefern lässt, falls die Patienten keine Belieferung durch eine andere Apotheke wünschen.

b) Ein entsprechendes Verhalten verstößt auch nicht gegen § 12 der Berufsordnung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg.

BGH, Urteil vom 13. März 2014 - I ZR 120/13 - OLG Karlsruhe - LG Freiburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Zum Prüfungsumfang bei der als Patent angemeldeten spezifischen Anwendung eines Medikaments

BGH
Beschluss vom 25.02.2014
X ZB 6/13
Kollagenase II
PatG § 4

Leitsätze des BGH:


a) Die Anweisung, einen Körperteil unmittelbar nach der Injektion eines Medikaments für mehrere Stunden ruhigzustellen, um ein Ausbreiten in andere Körperteile zu verhindern, ist nicht schon deshalb durch den Stand der Technik nahegelegt, weil es am Prioritätstag bekannt war, dass Komplikationen, die einige Tage nach der Behandlung auftreten, durch Ruhigstellen behandelt werden können.

b) Bei der Prüfung, ob eine spezifische Anwendung eines Medikaments auf erfinderischer Tätigkeit beruht, sind auch Handlungsweisen zu berücksichtigen, die dem Fachmann deshalb nahegelegt waren, weil sie am Prioritätstag zum ärztlichen Standard-Repertoire gehörten.

BGH, Beschluss vom 25. Februar 2014 - X ZB 6/13 - Bundespatentgericht

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



OLG Schleswig: "Stoppt Durchfall" unzulässige Werbung für Medikament, wenn Durchfall nicht binnen weniger Stunden endet

OLG Schleswig
Urteil vom 30.01.2014
6 U 15/13


Das OLG Schleswig hat zutreffend entschieden, dass eine unzulässige Werbung für ein Medikament vorliegt, wenn dieses mit dem Slogan "Stoppt Durchfall" beworben wird und die Erkrankung durch das Medikament nicht binnen weniger Stunden gestoppt wird. Der Hersteller verwendet nunmehr den Slogan "Bekämpft Durchfall".


Die Pressemitteilung des OLG Schleswig:

"Die Werbung für ein Medikament gegen Durchfall mit der Anpreisung "L. stoppt Durchfall" ist unzulässig, wenn das Medikament den Durchfall nicht binnen weniger Stunden beendet.

Der für Wettbewerbssachen zuständige 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichtes untersagte in einem vor kurzem veröffentlichten Urteil die Verwendung des Slogans.

Zum Sachverhalt: Die Beklagte ist ein Arzneimittelanbieter. Sie vertreibt in Deutschland unter anderem das Präparat L., dessen Wirkstoff aus gefriergetrockneten Milchsäurebakterien besteht. Sie warb für das Medikament unter anderem mit den Angaben "L. stoppt Durchfall". In ihrer Werbung nahm sie Bezug auf eine wissenschaftliche Studie, aus der hervorging, dass die Durchfalldauer sich bei einer Behandlung mit L. im Mittel um 1,3 Tage auf knapp zwei Tage verringerte im Vergleich zu einer Gruppe die Placebos erhalten hatte.

Der klagende Verein, der den Zweck hat, die lautere Werbung auf dem Gebiet des Gesundheitswesens zu wahren, mahnte die Beklagte wegen irreführender Werbung ab, weil nicht erwiesen sei, dass das Medikament den Durchfall stoppe, also der Erfolg schnell, sofort und eindeutig auftrete. Die Beklagte wies die Abmahnung zurück. Aus ihrer Sicht begründet der Werbeslogan bei dem Adressaten nur die Erwartung, dass der Durchfall binnen weniger Stunden "spürbar gelindert" sei Daraufhin klagte der Verein auf Unterlassung der Werbung.

Aus den Gründen: Die Werbeaussage "L. stoppt Durchfall" ist irreführend und stellt damit eine unzulässige geschäftliche Handlung nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dar. Der Slogan begründet in dem Adressaten die - unstreitig enttäuschte - Erwartung, dass der Durchfall binnen weniger Stunden (jedenfalls nicht erst nach 2 Tagen) vollständig beendet sei, das heißt, dass schon dann jegliche Symptome verschwunden seien. Wenn der Durchfall binnen weniger Stunden nicht vollständig beendet, sondern nur spürbar gelindert ist, wird diese Erwartung nicht erfüllt. Das Gericht folgt nicht der Argumentation der Beklagten, dass der Begriff "Stoppen" lediglich den Beginn eines Vorgangs bezeichnet. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch "stoppt" beispielsweise ein Auto nicht schon dann an einer Ampel, wenn es immer langsamer wird, während es an der Ampel vorbeifährt, sondern nur dann, wenn es schon an der Ampel wirklich stehen bleibt.

Auch wenn die Beklagte zwischenzeitlich in ihrer Internetwerbung den Slogan "L. stoppt Durchfall" durch den Slogan "L. bekämpft Durchfall" ersetzt hat, entfällt hierdurch nicht die Wiederholungsgefahr (die Voraussetzung für den Unterlassungsanspruch ist). Zumal sie im Printbereich noch mit den ursprünglichen Slogans wirbt.

(Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 30.01.2014, Aktenzeichen 6 U 15/13)"