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AG München: Schadensersatz wegen missglückter Haarfärbung durch Friseur nur bei vorherigem Nachbesserungsverlangen des Kunden

AG München
Urteil vom vom 24.01.2019
213 C 8595/18


Das AG München hat entschieden, dass ein Schadensersatzanspruch wegen missglückter Haarfärbung beim Friseur regelmäßig nur bei vorherigem Nachbesserungsverlangen des Kunden besteht.

Die Pressemitteilung des AG München:

Missglückte Haarfärbung
Die Friseurin muss in angemessener Frist nachbessern dürfen, bevor Schadensersatz verlangt werden kann.

Das Amtsgericht München hat am 24.01.2019 die Klage der Kundin aus dem Raum Dachau gegen die Friseurmeisterin mit damaliger sogenannter Stuhlmiete in einem Salon im Münchener Glockenbachviertel auf Zahlung von 530 Euro Schadensersatz und mindestens 500 Euro Schmerzensgeld abgewiesen.
Die Klägerin trägt vor, sie habe am 06.05.2017 die Beklagte unter Vorlage einer Fotografie der Bloggerin Xenia mit der Ausführung einer bestimmten Haarfärbetechnik, der sog. Balayage-Technik, beauftragt. Das gleichmäßig über den gesamten Kopf verteilte Haarfärbemittel habe sich über zwei Stunden auf ihrem Kopf befunden. Ihre Kopfhaut habe massiv zu brennen und jucken begonnen. Nach dem Ausspülen seien ihre Haare gleichmäßig dottergelb gewesen. Die Beklagte habe ihr noch im Salon geäußertes Verlangen zur Beseitigung der inakzeptablen Haarschäden und Färben der Haare in der Balayage-Technik abgelehnt und wegen akuter zeitlicher Verhinderung keinen Alternativtermin angeboten. Die Beklagte habe nur mehrfach zum Ausdruck gebracht, wie sehr sie selbst von dem Ergebnis begeistert sei und der Klägerin eine Silbertönung zur häuslichen Selbstanwendung mitgegeben, um den Gelbstich zu beseitigen. Die Klägerin habe in „Schockstarre“ für die Friseurbehandlung samt Silbertönung einen Betrag in Höhe von 153 Euro bezahlt und den Salon verlassen. Der Gelbstich sei aber geblieben. Das Haar habe durch die viel zu lange Einwirkzeit Schaden genommen. All dies habe über lange Zeit auch negative psychische Auswirkungen gehabt.

Die Beklagte trägt vor, sie könne sich nicht mehr daran erinnern, der Klägerin die Haare gefärbt zu haben. Das Nacherfüllungsverlangen einer unzufriedenen Kundin würde sie niemals ablehnen. Sie habe aufgrund der Zahlung der Klägerin und dem Umstand, dass sich die Klägerin bis Dezember nicht mehr mit ihr in Verbindung gesetzt habe jedenfalls davon ausgehen dürfen, dass die Klägerin mit der unterstellten Friseurleistung im Wesentlichen zufrieden gewesen sei. Ein Nachbesserungsverlangen sei hier auch nicht unzumutbar gewesen.

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab der Beklagten Recht:
„Ein Schadensersatzanspruch statt der Leistung setzt gemäß § 281 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich voraus, dass dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung gesetzt wurde. (...) Dem Verhalten der Klägerin vor Ort ist eine Fristsetzung zur Nacherfüllung offenkundig nicht zu entnehmen. (...) Das Verlangen der Klägerin erfüllt die Anforderungen an eine angemessene Frist zur Nacherfüllung nicht, da der Beklagten insoweit keinerlei „angemessene“ Zeit zur Beseitigung eingeräumt, sondern ein sofortiges Handeln - und auch nur ein solches - verlangt wurde. (...)
Dem von der Klägerin dargelegten Verhalten der Beklagten kann eine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Nacherfüllung (...) nicht entnommen werden. Allein die Tatsache, dass die Beklagte auf das sofortige Beseitigungsverlangen der Klägerin aufgrund einer akuten zeitlichen Verhinderung lediglich mit der Übergabe einer Silbertönung zur Eigenanwendung reagiert und der Klägerin auch keinen Alternativtermin angeboten haben soll, stellt keine die Frist zur Nacherfüllung entbehrlich machende Nacherfüllungsverweigerung dar. Im Gegenteil, die Beklagte hat sich durch Übergabe der Silbertönung gerade mit der angeblichen Mängelanzeige der Klägerin auseinandergesetzt und versucht, dieser Abhilfe zu verschaffen. Die Nacherfüllung ist der Klägerin vorliegend auch nicht unzumutbar (...). Dies wäre etwa nach mehreren fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuchen der Fall oder wenn dem Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Unternehmers besondere Bedeutung zukommt, etwa bei dauerhaften bzw. unabänderlichen körperlichen Eingriffen wie einer Tätowierung. Das - gerade nicht dauerhafte oder unabänderliche - Färben oder Schneiden von Haaren stellt auch keinen mit einer Tätowierung vergleichbaren körperlichen Eingriff dar (...).
Da das Setzen einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung im vorliegenden Fall auch bei Wahrunterstellung des klägerischen Vortrages weder unzumutbar noch aus anderen Gründen entbehrlich war und tatsächlich auch nicht erfolgt ist, scheiden werkvertragliche Mängelgewährleistungsansprüche der Klägerin insgesamt aus. (...)
Auch ein Schadensersatzanspruch aufgrund vertraglicher Nebenpflichtverletzung (...) oder unerlaubter Handlung (...) scheidet vorliegend aus, da die Klagepartei eine Gesundheitsschädigung oder gar Körperverletzung durch die Beklagte bereits nicht hinreichend schlüssig und substantiiert dargetan hat.“

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.


BGH: Abwarten bei sporadisch auftretendem sicherheitsrelevantem Mangel für Käufer unzumutbar - Vorführeffekt

BGH
Urteil vom 26.10.2016
VIII ZR 240/15


Der BGH hat entschieden, dass dem Käufer eines Autos das Abwarten bei sporadisch auftretendem sicherheitsrelevantem Mangel für den Käufer unzumutbar ist und dieser vom Vertrag zurücktreten kann.

Abwarten bei sporadisch auftretendem sicherheitsrelevantem Mangel für Käufer unzumutbar ("Vorführeffekt")

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, ob es einem Käufer nach § 440 Satz 1 BGB zumutbar ist, dass der Verkäufer die geschuldete Nachbesserung bei einem nur sporadisch auftretenden, aber für die Verkehrssicherheit relevanten Mangel eine aufwendige Untersuchung zunächst unterlässt und den Käufer darauf verweist, das Fahrzeug bei erneutem Auftreten der Mangelsymptome wieder vorzuführen.

Der Sachverhalt:

Der Kläger kaufte von der beklagten Kraftfahrzeughändlerin einen gebrauchten Volvo V 50 zum Preis von 12.300 €. Kurze Zeit nach der Übergabe des Fahrzeugs bemängelte der Kläger (u.a.), das Kupplungspedal sei nach Betätigung am Fahrzeugboden hängengeblieben, so dass es in die Ausgangsposition habe zurückgezogen werden müssen.

Bei einer daraufhin von der Beklagten durchgeführten Untersuchungsfahrt trat der vom Kläger gerügte Mangel am Kupplungspedal allerdings auch bei mehrmaliger Betätigung der Kupplung nicht auf. Während der Kläger geltend macht, er habe gleichwohl, allerdings vergeblich, auf einer umgehenden Mangelbehebung bestanden, will die Beklagte ihm lediglich mitgeteilt haben, dass derzeit kein Grund zur Annahme einer Mangelhaftigkeit und somit für ein Tätigwerden bestehe und der Kläger das Fahrzeug bei erneutem Hängenbleiben des Kupplungspedals wieder bei ihr vorstellen solle. Nachdem der Kläger in den folgenden Tagen unter Hinweis auf ein erneutes Hängenbleiben des Kupplungspedals vergeblich versucht hatte, die Beklagte zu einer Äußerung über ihre Reparaturbereitschaft zu bewegen, trat er vom Kaufvertrag zurück.

Die auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und den Ersatz weiterer Schäden gerichtete Klage ist in zweiter Instanz erfolgreich gewesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr auf vollständige Abweisung der Klage gerichtetes Begehren weiter.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Kläger auch ohne Fristsetzung zur Nachbesserung wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten konnte, weil es ihm trotz des nur sporadischen Auftreten des Mangels aufgrund dessen Relevanz für die Verkehrssicherheit des Kraftfahrzeugs nicht im Sinne von § 440 Satz 1 BGB zumutbar war, ein weiteres Auftreten der Mangelsymptome abzuwarten.

Der Kläger hat den Anforderungen an ein hinreichendes Nacherfüllungsverlangen bereits dadurch genügt, dass er der Beklagten neben der Einräumung einer Untersuchungsmöglichkeit die Mangelsymptome hinreichend genau bezeichnet hatte.

Bei dem durch Sachverständigengutachten bestätigten und bereits bei Gefahrübergang vorhandenen sporadischen Hängenbleiben des Kupplungspedals handelte es sich nicht um einen bloßen "Komfortmangel" , sondern um einen sicherheitsrelevanten Mangel. Denn eine solche Fehlfunktion kann, selbst wenn sie nur das Kupplungspedal selbst betrifft, unter anderem wegen des beim Fahrer hervorgerufenen Aufmerksamkeitsverlusts die Unfallgefahr signifikant erhöhen. Mit ihrer Erklärung anlässlich der Vorführung des Fahrzeugs, es bestünde kein Grund für die Annahme einer Mangelhaftigkeit und damit ein Tätigwerden, solange der behauptete Mangel nicht (erneut) auftrete und der Kläger damit nochmals vorstellig werde, ist die Beklagte dem Nacherfüllungsverlangen nicht gerecht geworden.

Denn eine verantwortungsvolle Benutzbarkeit des Fahrzeugs war ohne Abklärung des Mangels weitgehend aufgehoben, da der verkehrsunsichere Zustand fortbestand und es dem Kläger - der das Fahrzeug insofern auch tatsächlich noch im Juli 2013 stilllegte - nicht zugemutet werden konnte, das Risiko der Benutzung im öffentlichen Straßenverkehr auf sich zu nehmen.

Ein Rücktritt war im vorliegenden Fall auch nicht wegen Unerheblichkeit des Mangels (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB) ausgeschlossen, auch wenn dieser letzten Endes (nachdem der Kläger den Rücktritt bereits erklärt hatte) mit geringen Kosten (433,49 €) beseitigt werden konnte. Denn solange die Ursache eines aufgetretenen Mangelsymptoms unklar ist, kann die Erheblichkeit des Mangels regelmäßig nur an der hiervon ausgehenden Funktionsbeeinträchtigung gemessen werden, die vorliegend aufgrund der Gefahren für Verkehrssicherheit des Fahrzeugs jedenfalls als erheblich anzusehen war.

§ 440 BGB Besondere Bestimmungen für Rücktritt und Schadensersatz

1[…] bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung […] verweigert oder wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. […]

§ 439 BGB Nacherfüllung

[…]

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

[…]

§ 323 BGB Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung

[…]

(5) […] 2Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

Vorinstanzen:

Landgericht Kiel - Urteil vom 18. Mai 2015 - 12 O 259/13

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht - Urteil vom 2. Oktober 2015 - 17 U 43/15


LG Düsseldorf: Abgasskandal VW und Audi - Kein sofortiger Rücktritt wegen Schummelsoftware ohne Frist zur Nachbesserung

LG Düsseldorf
Urteil vom 23.08.2016
6 O 413/15


Das LG Düsseldorf hat in einem Verfahren in Zusammenhang mit dem VW bzw. Audi-Abgasskandal entschieden, dass der Einsatz der Schummelsoftware nicht dazu führt, dass der Kunde eines Vertragshändlers ohne Frist zur Nachbesserung vom Vertrag zurücktreten kann. Ein etwaiges arglistiges Handeln des Autoherstellers muss sich der Autohändler nicht zurechnen lassen.


Aus den Entscheidungsgründen:

Die Beklagte zu 1. ist dem Kläger nicht aus §§ 434, 437 Nr. 2, 440, 323, 326 Abs. 5 BGB zur Kaufpreisrückzahlung verpflichtet. Hierbei kann es dahingestellt bleiben, ob und inwieweit der Kaufgegenstand infolge der implementierten Manipulations-Software fehlerhaft im Sinne von § 434 BGB ist. Denn in jedem Fall setzt der Rücktritt vom Kaufvertrag wegen Mängeln am Kaufgegenstand nach § 323 Abs. 1 BGB eine Frist zur Nacherfüllung voraus. Eine solche Frist hat der Kläger der Beklagten zu 1. nicht gesetzt.

Gründe, nach denen eine Fristsetzung ausnahmsweise entbehrlich sein könnte, lassen sich in dem vorliegenden Fall nicht einsehen.

Nach § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. An das Vorliegen einer Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen. Die Weigerung des Schuldners muss als sein letztes Wort aufzufassen sein (BGH, Urteil vom 29. Juni 2011, VIII ZR 202/10, NJW 2011, 2872; BGH, Urteil vom 01. Juli 2015, VIII ZR 226/14, WM 2015, 1591). Zu einer so verstandenen Erfüllungsverweigerung durch die Beklagte zu 1. ist es hier nicht gekommen. Diese hat dem Kläger vielmehr in ihrem anwaltlichen Schreiben vom 20.10.2015 (Anlage K9) angekündigt, das Fahrzeug technisch nachzubessern.

Gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist eine Fristsetzung gleichfalls im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen. Solche Umstände können unter anderem dann vorliegen, wenn der Verkäufer einen Mangel der vom Käufer erworbenen Sache arglistig verschwiegen hat (BGH, Beschluss vom 08. Dezember 2006, V ZR 249/05, NJW 2007, 835; BGH, Urteil vom 09. Januar 2008, VIII ZR #####/####, NJW 2008, 1371). Dies ist hier im Hinblick auf die Beklagte zu 1. nicht der Fall. Arglist setzt in Fällen der vorliegenden Art ein Wissen des Verkäufers von Umständen voraus, die für die Entschließung des Käufers zum Vertragsabschluss wesentlich sind. Ein solches Wissen der Beklagten zu 1. bei Abschluss des Kaufvertrages lässt sich hier nicht einsehen und ist vom Kläger auch nicht schlüssig vorgetragen worden. Nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen will die Beklagte zu 1. von der Manipulations-Software erst im September 2015 und somit lange nach Abschluss des Kaufvertrages über die Medienberichterstattung erfahren haben. Ein zeitlich früheres Wissen der Beklagten zu 2. muss sich die Beklagte zu 1. nicht zurechnen lassen. Als selbstständiger Vertragshändler ist sie kein Handelsvertreter sondern ein sonstiger Absatzvermittler, für den der Geschäftsherr schon nicht nach § 31 BGB haftet. Noch weniger haftet umgekehrt der Vertragshändler für ein etwaiges Verschulden des Herstellers, dessen Produkte er vertreibt (LG Frankenthal, Urteil vom 12. Mai 2016, 8 O 208/15, eingestellt in juris). Auch findet im Verhältnis zwischen Vertragshändler und Hersteller keine Wissenszurechnung in entsprechender Anwendung von § 166 BGB statt (LG Bielefeld, Urteil vom 03. Februar 2010, 3 O 222/09, eingestellt in juris).

Besondere Umstände, die zu einem sofortigen Rücktritt vom Vertrag rechtfertigen, folgen hier auch nicht aus dem erheblichen Vorlauf, den die Beklagten für die angekündigte Rückrufaktion und die Nachbesserung der Motorsoftware benötigen. Denn es liegt für die angesprochenen Verkehrskreise auf der Hand, dass sich eine solche flächendeckende Rückrufaktionen nicht innerhalb von wenigen Wochen organisieren und durchführen lassen. Demgegenüber fällt der Umstand, dass der Kläger ein Fahrzeug erworben hat, dessen Betriebserlaubnis eigentlich gemäß § 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO erloschen ist, nicht entscheidend ins Gewicht. Denn durch die fehlende Zulassungskonformität wird der Kläger in der Nutzung seines Fahrzeuges nicht wesentlich beeinträchtigt, ist es doch unbestritten und allgemein bekannt, dass das zuständige Kraftfahrtbundesamt allein wegen dieses Umstandes von einer Fahrzeugstilllegung bis zur Durchführung der Rückrufaktion absieht.

II.
Aus den zuvor ausgeführten Gründen kann der Kläger von der Beklagten zu 1. auch nicht aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB Herausgabe des Kaufpreises verlangen. Die Zuwendung des Kaufpreises ist mit Rechtsgrund erfolgt. Dieser Rechtsgrund besteht fort. Er ist nicht rückwirkend nach §§ 123, 142 BGB durch die vom Kläger mit Schreiben vom 03.10.2015 (Anlage K8) erklärte Aufrechnung erloschen. Ein diesbezügliches Anfechtungsrecht setzt eine arglistige Täuschung des Klägers voraus. Wie zuvor ausgeführt hat die Beklagte zu 1. eine solche Täuschung weder verübt, noch muss sie sich ein eventuell arglistiges Verhalten der Beklagten zu 2. zurechnen lassen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: Begrenzung der Schadensersatzpflicht des Grundstücksverkäufers bei unverhältnismäßig hohen Mängelbeseitigungskosten

BGH
Urteil vom 4. April 2014
V ZR 275/12

Die Pressemitteilung des BGH:

"Begrenzung der Schadensersatzpflicht des Grundstücksverkäufers bei unverhältnismäßig hohen Mängelbeseitigungskosten


Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass bei unverhältnismäßig hohen Mängelbeseitigungskosten der Schadensersatzanspruch des Käufers eines Grundstücks gegen den Verkäufer auf den Ersatz des mangelbedingten Minderwerts des Grundstücks beschränkt ist.

In dem zugrunde liegenden Verfahren kaufte die Klägerin von den beiden Beklagten ein mit einem Mietshaus bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis von 260.000 €. Nach dessen Übergabe stellte die Klägerin fest, dass das Gebäude mit echtem Hausschwamm befallen ist. Das Landgericht erließ ein Grundurteil, wonach die Beklagten dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet sind. Im anschließenden Betragsverfahren wurden die Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 89.129,86 € sowie von 45.000 € als Ausgleich des nach der Schwammsanierung verbleibenden merkantilen Minderwerts verurteilt. Ferner wurde festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, auch den weitergehenden durch den Hausschwamm hervorgerufenen Schaden zu ersetzen. Die Urteile sind rechtskräftig.

Nach der Durchführung weiterer Sanierungsmaßnahmen verlangt die Klägerin von den Beklagten nunmehr den Ersatz eines weitergehenden Teilschadens in Höhe von 499.728,86 € sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 5.371,66 €. Ihre Klage ist in den Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Nach Ansicht des Kammergerichts ist die Ersatzpflicht der Beklagten nicht begrenzt. Bei der Prüfung, ob die Mängelbeseitigungskosten unverhältnismäßig sind, sei nicht von dem Kaufpreis, sondern von dem Verkehrswert des mangelfreien Grundstücks auszugehen. Dieser liege bei (mindestens) 600.000 €, während die Zahlungen, zu denen die Beklagten bislang verurteilt worden sind, sich auf insgesamt 639.230,38 € beliefen und sie damit nur ca. 6% über dem Verkehrswert lägen.

Der unter anderem für Verträge über Grundstücke zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die Revision der Beklagten das Urteil des Kammergerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Grundsätzlich kann der Käufer von dem Verkäufer Ersatz der zur Beseitigung eines Mangels erforderlichen Kosten verlangen. Sind die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten jedoch unverhältnismäßig, ist zum Schutz des Verkäufers der Schadensersatzanspruch auf den mangelbedingten Minderwert der Kaufsache beschränkt. Die Annahme der Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigung bzw. der dafür erforderlichen Kosten setzt eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls voraus. Bei Grundstückskaufverträgen kann als erster Anhaltspunkt davon ausgegangen werden, dass Mängelbeseitigungskosten unverhältnismäßig sind, wenn sie entweder den Verkehrswert des Grundstücks in mangelfreiem Zustand oder 200% des mangelbedingten Minderwerts übersteigen.

Ausgehend von den Feststellungen des Berufungsgerichts, wonach der Zeitwert des Gesamtobjekts im Zustand des Befalls mit echtem Hausschwamm 507.202 € beträgt und jener ohne Hausschwammbefall bei (mindestens) 600.000 € liegt, kommt eine Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten ernsthaft in Betracht. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts sind allerdings nicht ausreichend. Für die weitere Sachbehandlung hat der Senat außerdem darauf verwiesen, dass bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten auf den Beginn der Mängelbeseitigung durch den Käufer abzustellen ist. Stellt sich erst im Nachhinein heraus, dass die Kosten höher als erwartet sind, steht dies einer Ersatzpflicht nur entgegen, wenn ein wirtschaftlich denkender Käufer die Arbeiten auch unter Berücksichtigung der bereits angefallenen Kosten nicht fortführen würde oder fortgeführt hätte. Das Prognoserisiko trägt der Verkäufer. Das Berufungsurteil war daher aufzuheben und die Sache – auch zur Behebung weiterer Rechtsfehler bei der Feststellung der grundsätzlich erstattungsfähigen Mängelbeseitigungskosten – zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12"

OLG Jena: Unzulässige Klauseln zur Verkürzung der Verjährung und Beschränkung der Gewährleistung durch Verpflichtung zur zweimaligen Nacherfüllung in Werkvertrags-AGB

OLG Jena
Urteil vom 29.08.2013
1 U 194/13 a

Das OLG Jena hat laut einer Mitteilung der Wettbewerbszentrale entschieden, dass folgende Klauseln unzulässig und damit wettbewerbswidrig sind:


"- Bei Sachmängeln hat der Kunde zunächst nur das Recht, Nacherfüllung (Ersatzlieferung/ Nachbesserung) zu verlangen. Nur falls diese zweimalig fehlschlägt, hat er das Recht zu mindern oder nach seiner Wahl vom Vertrag zurückzutreten.“

-Sachmängelansprüche verjähren in 12 Monaten. Das gilt nicht, soweit das Gesetz nach §§ 438 Abs. 1 Nr. 2, 479 u.a. längere Fristen vorschreibt. Des Weiteren sind von der 12-monatigen Verjährungsfrist die Schadensersatzansprüche des Käufers, die auf Ersatz eines Körper- oder Gesundheitsschadens wegen eines vom Verkäufer vertretenden Mangels gerichtet oder auf grobem Verschulden des Verkäufers oder seiner Erfüllungsgehilfen gestützt sind, ausgenommen"


Aus der Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale:

"Das Gericht führt aus, die Klausel zu a) sei unwirksam, soweit den Kunden bei Sachmängeln erst bei zweimaligem Fehlschlagen der Nacherfüllung das Recht zu mindern oder des Rücktritts eingeräumt wird. Diese Vertragsklausel verstoße gegen § 309 Nr. 8 a und b BGB, da sie nicht die vielfältigen Möglichkeiten eines Mangels berücksichtige. § 440 Abs. 2 BGB enthält zwar eine Fiktion, wonach nach dem zweiten Nachbesserungsversuch eine Nachbesserung als fehlgeschlagen gilt. Nach dieser Vorschrift kann sich etwas anderes aus der Art der Sache und des Mangels ergeben. Ein erster Nachbesserungsversuch könne bereits zur Unzumutbarkeit in Bezug auf weitere Nachbesserungsversuche führen, wenn bei einem schwerwiegenden Mangel erhebliche wirtschaftliche Nachteile zu befürchten seien.

Außerdem könne ein Fehlschlagen der formularmäßig vereinbarten Nachbesserung vorliegen, wenn der Unternehmer sie unberechtigt verweigert oder unzumutbar verzögert. Die Klausel sieht jedoch für diesen Fall des Fehlschlagens der Nacherfüllung kein Rücktritts- oder Minderungsrecht vor, somit führe die Klausel endgültig zum Ausschluss von gesetzlichen Gewährleistungsrechten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien diese Grundsätze auch im Geschäftsverkehr mit Kaufleuten anwendbar.

Die Klausel könne zudem keine Anwendung auf Werkverträge finden, einen solchen Hinweis enthielt die Klausel nicht und sei daher unwirksam. Nach Werkvertragsrecht kann der Besteller bei einer mangelhaften Nacherfüllung Rücktritt und Schadensersatz nach §§ 636 ff. BGB unmittelbar geltend machen, wenn nur eine Nacherfüllung fehlgeschlagen oder weitere Nachbesserungen unzumutbar sind. Zur Anwendung des Werkvertragsrechts führt das Gericht weiter aus, dass derjenige, der eine fabrikneue Ladeneinrichtung erwirbt, die vom Lieferanten selbst montiert wird, ein schützenswertes Interesse daran habe, eine mangelfreie Einrichtung zu erhalten. Die Montage stelle eine Hauptverpflichtung bei der Lieferung einer Ladeneinrichtung dar, deren fehlerhafte Erfüllung das Gelingen des geschuldeten Werks insgesamt in Frage stellen könne. Der Unternehmer bot in seinem Verkaufsprospekt auch individuelle Lösungen an. In einem solchen Fall sei Werkvertragsrecht anzuwenden.

Auch die Klausel zu b), wonach Sachmängelansprüche in 12 Monaten verjähren, hält das Gericht für unwirksam. Für den Fall, dass die Ladeneinrichtung fest mit einem Bauwerk verbunden sei, müsse die 5-jährige Verjährungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB gelten."