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BGH: Notarielle Unterwerfungfserklärung reicht nicht aus um Wiederholungsgefahr zu beseitigen - Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafe erforderlich

BGH
Urteil vom 21.04.2016
I ZR 100/15
Notarielle Unterlassungserklärung
UWG § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 13, 14; ZPO §§ 724, 794 Abs. 1 Nr. 5, §§ 795, 797 Abs. 2, §§ 798, 890, 926


Der BGH hat entschieden, dass eine notarielle Unterwerfungfserklärung, mit der sich der Empfänger einer Abmahnung der Zwangsvollstreckung unterwirft, nicht ausreicht, um die Wiederholungsgefahr für einen Unterlassungsanspruch zu auszuräumen. Vielmehr ist die Abgabe einer Unterlassungserklärung mit einem angemessenen Vertragsstrafeversprechen erforderlich. Die gegenteilige Ansicht, die zweitweilig vom OLG Köln vertreten wurde, ist damit endgültig vom Tisch

Leitsätze des BGH:

a) Der Zugang einer vom Schuldner abgegebenen notariellen Unterlassungserklärung beseitigt nicht das Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers für eine gerichtliche Verfolgung des Unterlassungsanspruchs.

b) Lässt sich der Gläubiger auf die Streitbeilegung mittels notarieller Unterlassungserklärung ein, so ist für den Wegfall der Wiederholungsgefahr die Zustellung des Beschlusses über die Androhung von Ordnungsmitteln gem. § 890 Abs. 2 ZPO beim Schuldner erforderlich.

BGH, Urteil vom 21. April 2016 - I ZR 100/15 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Düsseldorf: Notarielle Unterwerfungserklärung kann strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ersetzen und reicht nicht aus um Wiederholungsgefahr auszuräumen

OLG Düsseldorf
Beschluss vom 04.05.2016
I-15 W 13/16

Das OLG Düsseldorf hat in Einklang mit der herrschenden Meinung ( siehe auch OLG Köln: Notarielle Unterwerfungserklärung reicht allein nicht um Wiederholungsgefahr auszuräumen und kann strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ersetzen) entschieden, dass eine notarielle Unterwerfungserklärung nicht ausreicht, um nach einer Abmahnung die Wiederholungsgefahr für den Unterlassungsanspruch auszuräumen. Vielmehr ist die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erforderlich.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die aufgrund dieser Wettbewerbsverstöße gemäß § 8 Abs. 1 UWG bestehende Wiederholungsgefahr ist durch die notariell beurkundete Unterlassungserklärung des Antragsgegners vom 04.04.2016 (Anlage JuS 7) nicht weggefallen.

Ist es – wie hier – zu einem Wettbewerbsverstoß gekommen, besteht eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr. Ihre Fortdauer kann nur unter sehr engen Voraussetzungen widerlegt werden. Im Allgemeinen bedarf es dazu einer strafbewehrten Unterlassungserklärung des Verletzers (vgl. BGH, GRUR 1997, 379 – Wegfall der Wiederholungsgefahr II m. w. N.; Bornkamm in: Köhler/ Bornkamm, Kommentar zum UWG, 34. Aufl., § 8 UWG Rn. 1.34 und 1.38 m. w. N.). Eine notariell beurkundete Unterlassungserklärung, mit der sich der Schuldner hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft, ist damit nicht gleichzusetzen, weil eine Vollstreckung aus diesem Unterlassungstitel noch die gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln gemäß § 890 Abs. 2 ZPO voraussetzt und der Gläubiger bis zur Zustellung des Androhungsbeschlusses gegen Verletzungshandlungen nicht geschützt ist (OLG Köln, GRUR-RR 2015, 405 m. w. N.; Berneke/Schüttpelz, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 3. Aufl., Rn. 100; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, aaO, § 12 UWG Rn. 1.112d m. w. N.). Es gibt keinen überzeugenden Grund, warum die zeitliche Lücke zwischen dem Zugang der notariellen Urkunde und der Zustellung des Androhungsbeschlusses zu Lasten des Gläubigers gehen soll. Das gilt umso mehr, als der Schuldner alternativ die sogar gesetzlich in § 12 Abs. 1 UWG vorgesehene Möglichkeit zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung besitzt (OLG Köln, GRUR-RR 2015, 405 m. w. N.). Die Fortdauer der Wiederholungsgefahr richtet sich auch nicht danach, ob konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Schuldner den Zeitraum bis zur Zustellung des Androhungsbeschlusses für weitere Wettbewerbsverstöße nutzen wird. Bei Abgabe einer Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafeversprechen wird eine solche zusätzliche Voraussetzung zu Recht deshalb nicht aufgestellt, weil der Gläubiger keine Möglichkeit besitzt, den Unterlassungsanspruch durchzusetzen. Bis zur Zustellung des Androhungsbeschlusses ist die Interessenlage bei einer notariell beurkundeten Unterlassungserklärung vergleichbar, weil der Schuldner solange ebenfalls sanktionslos gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen kann. Der Gläubiger darf somit in diesem Zeitraum nicht deshalb schlechter gestellt werden, weil der Schuldner diese Form der Unterlassungserklärung gewählt hat.

c)

In Anknüpfung an die vorstehenden Ausführungen besteht ferner ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Das Rechtsschutzbedürfnis, das auch für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bestehen muss (Berneke/Schüttpelz, aaO, Rn. 99), darf bei vorhandener Wiederholungsgefahr grundsätzlich nicht mit materiell-rechtlichen Erwägungen verneint werden, etwa unter Hinweis auf eine erfolgte Unterwerfung (Köhler in: Köhler/Bornkamm, aaO, § 12 UWG Rn. 2.15). Das Landgericht hat deshalb zu Unrecht ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis damit begründet, dass es keine konkreten Anhaltspunkte für einen Verstoß des Antragsgegners gegen seine notarielle Unterlassungserklärung gebe, weil dies die materiell-rechtliche – hier zu bejahende – Frage betrifft, ob die Wiederholungsgefahr fortdauert (siehe oben b)).

Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt vielmehr nur ausnahmsweise, wenn das Gericht unnütz, unlauter oder prozesszweckwidrig bemüht wird. Hat der Gläubiger mehrere gleichwertige Wege zur Durchsetzung seines Begehrens, so muss er grundsätzlich den prozessual einfacheren und billigeren wählen (Köhler in: Köhler/Bornkamm, aaO, § 12 UWG Rn. 2.15 m. w. N.). Da die einstweilige Verfügung eine Eilmaßnahme zur Sicherung eines Anspruchs oder zur Regelung eines Rechtsverhältnisses darstellt, ist eine alternative Rechtsschutzmöglichkeit für den Antragsteller darüber hinaus nur gleichwertig, wenn er damit ebenso schnell seinen Anspruch sichern oder das Rechtsverhältnis regeln kann. Gibt der Schuldner eine notarielle Unterwerfungserklärung nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ab, hängt es vom Einzelfall ab, ob es dem Gläubiger zumutbar ist, einen Androhungsbeschluss nach § 890 Abs. 2 ZPO zu beantragen (Berneke/ Schüttpelz, aaO, Rn. 100). Dagegen wird in vielen Fällen sprechen, dass diese Alternative im Vergleich zu einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit einem nicht unerheblichen Zeitverlust verbunden ist. Häufig kann der Gläubiger ohne vorherige Anhörung des Schuldners und ohne mündliche Verhandlung innerhalb von wenigen Tagen eine einstweilige Verfügung erwirken. Demgegenüber vergeht bis zur Zustellung der Ordnungsmittelandrohung regelmäßig ein deutlich längerer Zeitraum, zumal der Schuldner gemäß § 891 ZPO vorher angehört werden muss und Streit darüber entstehen kann, welches Gericht für die Ordnungsmittelandrohung nach einer notariellen Unterwerfungserklärung zuständig ist (vgl. Bornkamm in: Köhler/ Bornkamm, aaO, § 12 UWG Rn. 1.112d m. w. N.). Dies zeigt gerade auch der vorliegende Fall, weil das zuerst von der Antragstellerin angerufene Amtsgericht Emmerich mit Hinweis vom 20.04.2016 seine sachliche Zuständigkeit verneint hat (Anlage JuS 7). Zu diesem Zeitpunkt, in dem somit im Verfahren auf Erlass eines Androhungsbeschlusses noch nicht einmal die Zuständigkeit geklärt ist, hätte die einstweilige Verfügung jedoch bereits erlassen sein können, da die Antragstellerin die (übrigen) Voraussetzungen dafür schlüssig dargelegt und glaubhaft gemacht hat. Inzwischen sind mehr als drei Wochen seit dem Zugang der notariellen Unterwerfungserklärung vergangen, ohne dass über den unverzüglich im Anschluss daran gestellten Antrag nach § 890 Abs. 2 ZPO entschieden worden ist. Bei dieser Sachlage ist ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin für den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht zu verneinen, zumal sie aus den unter b) dargelegten Gründen ein schützenswertes Interesse daran besitzt, bis zur Zustellung des noch zu erlassenden Androhungsbeschlusses ihren Unterlassungsanspruch durchzusetzen."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Berlin: Notarielle Unterwerfungserklärung reicht nicht aus um Wiederholungsgefahr auszuräumen und kann strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ersetzen

LG Berlin
Urteil vom 04.08.2015
15 O 56/15


Das LG Berlin hat in Einklang mit der herrschenden Meinung ( siehe auch OLG Köln: Notarielle Unterwerfungserklärung reicht allein nicht um Wiederholungsgefahr auszuräumen und kann strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ersetzen) entschieden, dass eine notarielle Unterwerfungserklärung nicht ausreicht um nach einer Abmahnung die Wiederholungsgefahr für den Unterlassungsanspruch auszuschließen. Vielmehr ist die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erforderlich.


OLG Köln: Notarielle Unterwerfungserklärung reicht allein nicht um Wiederholungsgefahr auszuräumen und kann strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ersetzen

OLG Köln
Urteil vom 10.04.2015
6 U 149/14


Das OLG Köln hat entschieden, dass eine notarielle Unterwerfungserklärung allein nicht ausreicht um die Wiederholungsgefahr auszuräumen. Vielmehr ist zusätzlich die Zustellung des Androhungsbeschlusses erforderlich. Eine notarielle Unterwerfungserklärung ist mithin nicht mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gleichzusetzen. Die gegenteilige Rechtsprechung hat das OLG Köln ausdrücklich aufgegeben.

Aus den Entscheidungsgründen:
"a) Zwar bestehen keine Zweifel an der Ernstlichkeit der Unterlassungserklärung. Daraus, dass der Beklagte nicht das von der Klägerin angeregte Vertragsstrafenversprechen, sondern eine notariellen Unterwerfungserklärung abgegeben hat, kann insoweit nichts hergeleitet werden, insbesondere kein Hinweis darauf, dass der Beklagte einen künftigen Verstoßfall einkalkuliert habe. Die Anregung zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr durch Zwangsvollstreckungsunterwerfung stammt aus der Literatur (Köhler, GRUR 2010, 6, 7 ff., und GRUR 2011, 879, 883 Fn. 26) und ist als Alternative zur Unterwerfungserklärung anerkannt (s. Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 12 Rn. 1.112d; Berneke/Schüttpelz, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 3. Aufl. Rn. 100). Mit der Errichtung der notariellen Urkunde waren für den Beklagten erhebliche Kosten verbunden, die ebenso wie die in der Urkunde übernommene Verpflichtung, die Kosten des Androhungsbeschlusses zu tragen, für die Ernsthaftigkeit des Unterlassungswillens sprechen.

b) Die Wiederholungsgefahr entfällt bei einer notariellen Unterwerfungserklärung der vorliegenden Art allerdings erst mit der Zustellung des Androhungsbeschlusses, da bis dahin der Gläubiger gegen Verletzungshandlungen ungeschützt ist (Berneke/Schüttpelz, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 3. Aufl. Rn. 100, wohl auch Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 12 Rn. 1.112d; Hess, jurisPR-WettbR 2/2015, Anm. 2 C II, a.A. Köhler, GRUR 2010, 6, 9; Teplitzky/Peifer/Leistner, UWG, 2. Aufl., § 12 Rn. 127). An der im Verfahren 6 W 43/14 mit Beschluss vom 26.03.2014 obiter dicta angeführten Rechtsansicht, dass bereits durch eine notariell beurkundete Unterwerfungserklärung die Wiederholungsgefahr wegfällt, hält der Senat nicht fest. Es ist nicht überzeugend begründbar, warum der Gläubiger die zeitlichen Lücke im Rechtsschutzsystem, die sich zwischen Zustellung der notariellen Urkunde und Zustellung des Androhungsbeschlusses ergibt, hinzunehmen haben sollte, zumal das Gesetz in § 12 Abs. 1 UWG die strafbewehrte Unterlassungserklärung als interessengerechte Möglichkeit zur Beilegung des Streits ausdrücklich vorgibt."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: