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OLG Köln: Allgemeine Einwilligung für Werbeanrufe nach Vertragsbeendigung unzulässig - Klausel in AGB der Telekom Deutschland GmbH unwirksam

OLG Köln
Urteil vom 02.06.2017
6 U 182/16


Das OLG Köln hat entschieden, dass eine Klausel in den AGB unzulässig ist, die eine allgemein Einwilligung für Werbeanrufe nach Vertragsbeendigung enthält.

Es ging um folgende Klausel der Telekom Deutschland GmbH:

"Ich möchte künftig über neue Angebote und Services der Telekom Deutschland GmbH per E-Mail, Telefon, SMS oder MMS persönlich informiert und beraten werden.

Ich bin damit einverstanden, dass meine Vertragsdaten aus meinen Verträgen mit der Telekom Deutschland GmbH von dieser bis zum Ende des Kalenderjahres, das auf die Beendigung des jeweiligen Vertrages folgt, zur individuellen Kundenberatung verwendet werden. Meine Vertragsdaten sind die bei der Telekom Deutschland GmbH zur Vertragserfüllung [Vertragsabschluss, -änderung, -beendigung, Abrechnung von Entgelten] erforderlichen und freiwillig angegebenen Daten."


Aus den Entscheidungsgründen:

"Die streitgegenständliche Klausel, deren Verwendung durch die Beklagte unstreitig ist, ist wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam.

a. Es handelt sich nach der Rechtsprechung bei einer Einwilligung als einer einseitigen Erklärung zwar um keine Vertragsbedingung im eigentlichen Sinne (BGH GRUR 2000, 828, 829 - Telefonwerbung VI; BGH GRUR 2008, 1010 Rn. 18 - Payback). Jedoch sind die §§ 305 ff. BGB mit Rücksicht auf ihren Schutzzweck auf eine vorformulierte und vom Verwender vorgegebene Einwilligungserklärung für Werbeanrufe anwendbar, wenn sie im Zusammenhang mit einer Sonderverbindung steht (BGH GRUR 2013, 531 Rn. 19 f. - Einwilli
gung in Werbeanrufe II), was vorliegend bei einer Einwilligung im Zusammenhang mit einer kostenpflichtigen Bestellung eines Produkts der Beklagten (Anlage K1, Bl. 7 ff.) ohne Weiteres zu bejahen ist.

[...]

cc. Die Einwilligung muss „für den konkreten Fall“ und „in Kenntnis der Sachlage" erteilt werden, was bedeutet, dass der Verbraucher nicht nur wissen muss, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt, sondern auch, worauf sie sich bezieht. Maßgebend ist dabei nicht die konkrete Vorstellung eines ein-
zelnen Verbrauchers, sondern die Sichtweise des angemessen gut informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers oder des durchschnittlichen Mitglieds der angesprochenen Verbrauchergruppe (Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 7 Rn. 149b).

Die Klausel, mit der der Verbraucher darin einwilligt, dass die Beklagte bei einem Kunden, dessen Vertrag beispielsweise im Januar 2016 beendet wurde, noch maximal bis Ende 2017 seine Vertragsdaten, und zwar in erheblichem Umfang, „zur individuellen Kundenberatung“ verwenden darf, verbindet für den Verbraucher verschiedene Aspekte, aus denen sich Zweifel an der Erklärung der Einwilligung „für den konkreten Fall“ und „in Kenntnis der Sachlage" ergeben.

Denn bei Auslegung der Klausel stellt sich die Frage, worin aus Sicht des Ver brauchers eine „individuelle Kundenberatung“ bestehen soll in Bezug auf einen Verbraucher, der im ungünstigsten Fall bereits seit fast zwei Jahren nichtmehr vertraglich mit der Beklagten verbunden ist, d.h. gar nicht mehr Kunde der Beklagten ist und der aller Wahrscheinlichkeit nach zu diesem Zeitpunkt längst Kunde eines Wettbewerbers der Beklagten geworden ist. Mangels Bestehens einer Kundenbeziehung zwischen der Beklagten und dem „Kunden“

nach Beendigung des Vertrages ist unklar, worauf sich eine „individuelle Kun denberatung“, in die der Kunde einwilligen soll, noch beziehen kann. Der Begriff der „individuellen Kundenberatung“, der für sich bereits keinen fest umrissenen Inhalt oder Umfang hat, mag zwar bei einem bestehenden Vertragsverhältnis und bei einer bestehenden Kundenbeziehung Beratungsleistungen in Bezug auf das konkrete Vertragsverhältnis meinen und in dieser Weise vom Kunden verstanden werden. Jedenfalls bei einem Verbraucher, der seit fast zwei Jahren nicht mehr in einer Kundenbeziehung zur Beklagten steht, fehlt
jedoch jeglicher Anknüpfungspunkt für eine „individuelle Kundenberatung“.

Der einwilligende Kunde kann mithin nicht wissen, was die Beklagte mit „individueller Kundenberatung“ nach Beendigung des Kundenverhältnisses meint. Soweit der Verbraucher nicht überschaut, wozu, also auf welche Produkte und Dienstleistungen er mit seiner Erklärung zu einer wie auch immer zu verstehenden „individuellen Kundenberatung“ - auch unter Rückgriff auf umfangreiche Vertrags- und Kontodaten - noch fast zwei Jahre nach Beendigung des Vertrages einwilligt, fehlt es jedenfalls an einer Einwilligung „in Kenntnis der Sachlage“.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Köln: Werbung für Gillette Nassrasierer Venus mit Slogan Gillette Venus und Olaz - Hilft, die Feuchtigkeit in der Haut zu halten ist eine wettbewerbswidrige Irreführung

OLG Köln
Urteil vom 14.11.2014
6 U 82/14


Das OLG Köln hat entschieden, dass die Werbung für den Gillette Nassrasierer Venus mit dem Slogan Gillette "Venus und Olaz - Hilft, die Feuchtigkeit in der Haut zu halten" eine wettbewerbswidrige Irreführung ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Gleichwohl sind die mit den Anträgen zu Ziffer I.2. und I.4. beanstandeten Behauptung irreführend, weil der Feuchtigkeitsgehalt der Haut während und nach der Rasur mit dem „Venus & Olaz“ auch nach dem Vorbringen der Beklagten nicht gehalten wird, sondern jedenfalls absinkt. „Halten“ bedeutet nach allgemeinem Sprachgebrauch „Erhalten“ im Sinne von „Gleichbleiben“. Dass dies tatsächlich geschieht, hat auch die Beklagte zu keinem Zeitpunkt behauptet, sondern eingeräumt, dass der Feuchtigkeitsgrad während und nach der Rasur zwar geringer als vor der Rasur, aber doch immerhin höher als im Vergleich mit anderen Rasierern oder einer Rasur mit Rasierschaum sei. Dies belegt auch das von ihr in der Berufungsbegründung gebildete Beispiel, nach dem im Rahmen einer Rasur im Regelfall die Feuchtigkeit in der Haut von einem angenommenen Normpunkt 0 auf -10 sinke, wohingegen sie im Rahmen der Rasur mit dem Gillette „Venus & Olaz“ nur auf -3 sinke. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, dass die genannten Zahlen erkennbar grob gegriffen und keineswegs belastbar sind. Denn jedenfalls bringt die Beklagte auch durch dieses Beispiel zum Ausdruck, dass sie selbst nicht davon ausgeht, dass der Feuchtigkeitsgrad nach der Rasur mit „Venus & Olaz“ – noch oder wieder – bei 0 liegt. Dementsprechend hat sie zu keinem Zeitpunkt konkret behauptet und unter Beweis gestellt, dass der Feuchtigkeitsgrad vor und nach der Rasur tatsächlich erhalten wird und insoweit tatsächlich gleichbleibt. Gerade in diesem Sinne ist die Aussage, das Feuchtigkeitskissen helfe, die Feuchtigkeit zu halten, aber nach dem objektiven Verbraucherverständnis zu verstehen. Daran ändert auch das Prädikat „Hilft“ nichts, da dieses nicht lediglich einen möglichen Erfolgseintritt relativiert, sondern erkennbar auf das Subjekt „Olaz-Feuchtigkeitskissen“ bezogen ist, das nach dem Verständnis des angesprochenen Verbrauchers – neben anderen, nicht ausdrücklich benannten Faktoren - zu dem angekündigten Erfolg eines Feuchtigkeitserhalts beitragen soll. Dass das Prädikat „hilft“ in der irreführenden Aussage „…hilft zu helfen“ tatsächlich auf das Subjekt „Feuchtigkeitskissen“ bezogen ist, belegt nicht nur die Verwendung der Bezeichnung „Olaz“ an zwei Stellen auf der Verpackung in identischer Schreibweise und in schwarzer Farbe unmittelbar über der Aussage, sondern auch die mit dem Antrag zu Ziffer I.4. beanstandeten Aussage, in der das „Olaz-Feuchtigkeitskissen“ das Subjekt der Aussage darstellt. Jedenfalls wird ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Aussage in diesem Sinne verstehen.

Hält man Aussage nicht aus den genannten Gründen für tatsächlich unrichtig, ist sie zumindest unklar und nicht eindeutig und genügt daher jedenfalls den dargelegten besonders strengen Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit von gesundheitsbezogenen Werbeaussagen nicht. Unklar ist – selbst wenn man mit der Beklagten eine Erhöhung der Feuchtigkeit auch in der Verhinderung bzw. Abmilderung eines Feuchtigkeitsverlustes sieht - der Bezugspunkt der absolut zu verstehenden Aussage. In erster Instanz hat die Beklagte vorgetragen, der Feuchtigkeitsgehalt der Haut sei nach einer Rasur mit dem Olaz-Feuchtigkeitskissen höher als nach einer Rasur ohne das Feuchtigkeitskissen. In der Berufungsbegründung vertritt sie die Auffassung, die Aussagen würden zutreffend dahingehend verstanden, dass das Feuchtigkeitsniveau nach der wiederholten Rasur mit dem Gillette „Venus & Olaz“ höher sei, als nach der Rasur mit anderen Rasierern der Mitbewerber, beispielsweise der Klägerin. Auch habe ihr Nassrasierer eine gleichwertige feuchtigkeitserhaltende Wirkung wie ein feuchtigkeitsspendendes Rasiergel. Unklar bleibt danach, worauf ein Erhalt bzw. eine Erhöhung der Feuchtigkeit – ggf. auch im Sinne einer Abmilderung der Reduzierung – in der konkreten Verletzungsform zu beziehen ist. Dass der Sternchenhinweis zu einer hinreichenden Aufklärung nicht geeignet ist, ergibt sich aus den obigen Ausführungen."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: