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OLG Bremen: Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO nur wenn materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist und substantiiert vorgetragen wird

OLG Bremen
Beschluss vom 16.07.2021
1 W 18/21


Das OLG Bremen hat entschieden, dass Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO nur verlangt werden kann, wenn ein materieller oder immaterieller Schaden tatsächlich entstanden ist substantiiert vorgetragen wird.

Aus den Entscheidungsgründen:
"Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 29.03.2021 gegen den Beschluss des Landgerichts vom 22.02.2021 war aus den zutreffenden Gründen der angegriffenen Entscheidung sowie des Nichtabhilfebeschlusses vom 23.04.2021 zurückzuweisen. Der Antragstellerin war die begehrte Prozesskostenhilfe zu versagen, da sie weiterhin keinen Sachverhalt vorgetragen hat, aufgrund dessen sich das Vorliegen hinreichender Erfolgsaussichten für die Rechtsverfolgung der Antragstellerin als Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 114 ZPO ergeben würde. Die Antragstellerin verkennt, dass nach Art. 82 der Datenschutz-Grundverordnung (Verordnung (EU) 2016/679 vom 27.04.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG, nachfolgend: DSGVO) ein Anspruch auf Schadensersatz voraussetzt, dass einer natürlichen Person wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist.
Dem Vorbringen der Antragstellerin ist lediglich ein Vortrag zu einem geltend gemachten Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO zu entnehmen, dagegen fehlt es an jeglichem Vorbringen zu einem der Antragstellerin hierdurch entstandenen immateriellen Schaden. Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bedurfte es bereits im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des Art. 82 DSGVO nicht: Anders als in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14.01.2021 (siehe BVerfG, Beschluss vom 14.1.2021 – 1 BvR 2853/19, juris Rn. 21, NJW 2021, 1005) liegt den vorstehenden Erwägungen nicht die Annahme einer Erheblichkeitsschwelle für den Schadensbegriff des Art. 82 DSGVO zugrunde, sondern es fehlt bereits an jeglichem Vorbringen zu einem der Antragstellerin durch die geltend gemachte Rechtsverletzung entstandenen Schaden. Im Übrigen ist Art. 267 Abs. 3 AEUV eine Vorlagepflicht der einzelstaatlichen Gerichte nur in solchen Verfahren zu entnehmen, in denen die Entscheidungen dieser Gerichte selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können. Im vorliegenden Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gilt aber ebenso wie im Verhältnis zwischen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und den Hauptsacheverfahren, dass keine Vorlagepflicht besteht, wenn die zu erlassende Entscheidung das Gericht, dem der Rechtsstreit danach in einem Hauptsacheverfahren vorgelegt wird, nicht bindet und den Parteien eine erneute Überprüfung der zunächst nur vorläufig entschiedenen Frage offensteht (siehe BVerfG, Beschluss vom 19.10.2006 – 2 BvR 2023/06, juris Rn. 13, EuR 2006, 814)."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Bremen: Staatsanwaltschaft muss bei Verdacht der unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke ermitteln - Plagiate von Wagenfeld-Leuchte

OLG Bremen
Beschluss vom 21.09.2017
1 Ws 55/17


Das OLG Bremen hat im Rahmen eines Klageerzwingungsverfahrens entschieden, dass die Staatsanwaltschaft bei Verdacht der unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke ermitteln Vorliegend ging es um den Vertrieb vom Plagiaten der urheberrechtlich geschützten Wagenfeld-Leuchte.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die hier vorgetragenen Tatsachen begründen nach Auffassung des Senats, im Gegensatz zu der Auffassung der Staatsanwaltschaft und der Generalstaatsanwaltschaft, einen Anfangsverdacht hinsichtlich der Begehung der behaupteten Straftat der unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke gemäß § 106 Abs. 1 UrhG.

Die Firma X. Limited vertrieb auf ihrer Internetseite www.X.com unter anderem Leuchten, die sie mit „WG 24 Wagenfeld Lampe“ bezeichnete. Die Antragstellerin ist alleinige und ausschließliche Lizenznehmerin von Urheberrechten an den vonProfessor Wilhelm Wagenfeld entworfenen Tischleuchten, die unter anderem unter den Bezeichnungen WG 24 und WA 24 von der Antragstellerin vertrieben werden. Die Tischleuchten sind urheberrechtlich geschützt (vgl. BGH, Urteil vom 15.02.2007 - I ZR
114/04, juris Rn. 1, BGHZ 171, 151; Urteil vom 05.11.2015 - I ZR 76/11, juris Rn. 1, NJW 2016, 2338).

Nachdem ein Mitarbeiter des Verfahrensbevollmächtigen der Antragstellerin bei der X. Limited die „WG 24 Wagenfeld Lampe“ zum Preis von 145,00 € gekauft hatte, konnte die Antragstellerin feststellen, dass die übersandte Lampe der urheberrechtlich
geschützten Original WG 24 zum Verwechseln ähnlich sah. Dies ist auch den der Strafanzeige beigefügten Fotos zu entnehmen.

Damit sind die noch zu ermittelnden für den Vertrieb Verantwortlichen der Firma X. Limited verdächtig, ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk in Deutschland verbreitet zu haben, § 106 Abs. 1 UrhG.

Hierfür ist erforderlich, dass durch den ausländischen Händler eine im Inland erfolgte Verbreitung eines urheberrechtlich geschützten Werkes an die Öffentlichkeit durch Verkauf im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 vorliegt. Die oben genannten Wagenfeldlampen genießen in Deutschland als Werke der angewandten Kunst urheberrechtlichen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG (vgl. BGH, a.a.O.).

Der Strafvorschrift des § 106 UrhG ist der Verbreitungsbegriff des § 17 UrhG zugrunde zu legen (vgl.BGH, Urteil vom 11.10.2012 - 1 StR 213/10, juris Rn. 41, BGHSt 58, 15). § 17 UrhG dient der Umsetzung von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.05.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 42). In einem Vorlageverfahren des BGH gemäß Art. 267 Abs. 1 lit. a), Abs. 3 AEUV zur Frage der Auslegung des Verbreitungsbegriffs im Sinne des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG hat der EuGH mit Urteil vom 21.06.2012, AZ: C-5/11 (vgl. BeckRS 2012, 81277, GRUR 2012, 817-819) entschieden, dass ein Händler, der seine Werbung auf in einem bestimmten Mitgliedstaat ansässige Mitglieder der Öffentlichkeit ausrichtet und ein spezifisches Lieferungssystem und spezifische Zahlungsmodalitäten schafft oder für sie zur Verfügung stellt und diese Mitglieder der Öffentlichkeit so in die Lage versetzt, sich Vervielfältigungen von Werken liefern zu lassen, die in dem betreffenden Mitgliedstaat urheberrechtlich geschützt sind, in dem Mitgliedstaat, in dem die Lieferung erfolgt, eine Verbreitung an die die Öffentlichkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vornimmt.

Entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft und der Generalstaatsanwaltschaft sind diese vom EuGH aufgegebenen Voraussetzungen im Fall der Firma X. Limited erfüllt. Zwar betreibt die Firma X. Limited eine englischsprachige Webseite, auf der sie nicht ausdrücklich, aber auch deutsche Kunden anspricht. Man konnte jedoch zumindest bis mindestens November 2015 Waren der X. Limited über deutschsprachige Internetseiten erwerben, so etwa über die Webseite www.[...].com. Die von der
Antragstellerin als Anlage 8 der Strafanzeige eingereichten Unterlagen legen ebenfalls den Schluss nahe, dass die X. Limited gezielt Werbung in Deutschland gemacht hat, um deutsche Kunden anzusprechen. Darüber hinaus wurde über die Webseite
www.[...].de mit dem Transport von bei der Firma X. erworbenen Möbeln innerhalb Deutschlands geworben. Die von der Antragstellerin eingereichte Rechnung über die zum Test gekaufte Wagenfeld-Lampe zeigt, dass diese auf fehlerfreiem Deutsch verfasst ist, eine Lieferung nach Deutschland erfolgen soll und eine deutsche Servicetelefonnummer angegeben ist. Damit liegt nach den vom EuGH im oben genannten Urteil aufgestellten Kriterien gerade ein Verbreiten im Sinne des § 17 UrhG und der Verdacht der Begehung einer Straftat gemäß § 106 Abs. 1 UrhG durch die noch zu ermittelnden Verantwortlichen der Firma X. Limited vor.

2. Die dargelegten Umstände begründen nach Auffassung des Senats damit einen Anfangsverdacht im Sinne des Vorliegens der mit der Strafanzeige und dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung behaupteten strafbaren Handlung, ohne dass sich die
Anweisung zur Erhebung der öffentlichen Klage im gegenwärtigen Zeitpunkt rechtfertigte, da Ermittlungen bisher nicht durchgeführt worden sind.

Beim Fehlen jeglicher oder völlig unzureichender Ermittlungen der Staatsanwaltschaft kommt ausnahmsweise die Anordnung in Betracht, dass die Staatsanwaltschaft die nach der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts erforderlichen Ermittlungen
durchzuführen hat (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 27.08.1982 – Ws 71/82, vom 10.07.1989 – Ws 22/89 sowie vom 18.07.2007 – Ws 50/07). "


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Bremen: Irreführende Werbung mit die "weltweit erste Online-Plattform" und "das Original", wenn es ältere vergleichbare Angebote gab - rentarentner

OLG Bremen
Urteil vom 10.04.2015
2 U 132/14
rentarentner


Das OLG Bremen hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn eine Online-Plattform damit wirbt, dass sie die "weltweit erste Online-Plattform" und "das Original" sei, wenn es tatsächlich ältere vergleichbare Angebote gibt bzw. gab.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Werbemaßnahme der Beklagten, soweit sie (wie im Tenor näher dargestellt) mit der Aussage auftritt, „das Original“ bzw. „die weltweit erste Online-Plattform – und damit das Original – auf der man als Rentnerin und Rentner seine Dienste anbieten und sich mieten lassen kann“ zu sein, ist unlauter i.S.d. § 5 Abs. 1 UWG und unterliegt damit dem Unterlassungsanspruch der Klägerin nach § 8 Abs. 1 UWG. Die genannten Werbeaussagen enthalten nämlich unwahre Angaben i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 UWG und sind damit irreführend.

[...]

Der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher versteht die Angaben „DAS ORIGINAL“ und „die weltweit erste Online-Plattform – und damit das Original – auf der man als Rentnerin und Rentner seine Dienste anbieten und sich mieten lassen kann“ dahin, dass es sich bei der Beklagten um die erste Vermittlungsdienstleisterin handele, die eine Geschäftstätigkeit mit der Vermittlung von Dienstleistungen durch Senioren auf einer Online-Plattform entfaltet habe. Das Wort „original“ steht im Sprachgebrauch für „echt“ im Gegensatz zur Fälschung oder Nachbildung (siehe Wikipedia, Stichwort „original“). Damit verbindet sich bei der Werbung der Beklagten für den Verkehr die Vorstellung, die Geschäftsidee sei von ihr, der Beklagten, erfunden und entwickelt worden. Dieser Eindruck wird verstärkt nicht nur durch den Zusatz „die erste Online-Plattform – und damit …“, sondern auch durch die Verwendung des bestimmten Artikels „das“ (Original). Hierdurch wird
dem Publikum nämlich gerade das Singuläre des Produkts und damit ein Alleinstellungsmerkmal, das ihm in Wahrheit nicht zukommt, suggeriert (BGH, GRUR 1982, 111, 114 – Original Maraschino). Gleichzeitig wird das „Echte“, das dem Original zukommt, typischerweise mit einem höheren Maß an Qualität und Erfahrung verbunden als die bloße Nachahmung durch spätere Anbieter.

Tatsächlich kann die Beklagte für ihre Geschäftsidee nicht in Anspruch nehmen, dass diese „das Original“ sei. Die Vermittlungen beider Parteien richten sich zwar an die „vermittlungswilligen“ Rentner, aber vor allem auch an alle diejenigen, die an den Dienstleistungen interessiert sind. Das können sowohl Privatpersonen und private Haushalte wie auch Unternehmen oder andere Institutionen sein. Das Landgericht hat in seinem Urteil verschiedene Vermittlungsplattformen aufgeführt, die es unstreitig schon vor der Geschäftstätigkeit der Beklagten gegeben hatte. Diese älteren Angebote für Dienstleistungstätigkeiten von Rentnern sind entgegen der Auffassung des Landgerichts mit dem konkreten Vermittlungsangebot der Beklagten vergleichbar, auch wenn sie die Vermittlung an Unternehmen betrafen. Wie die Klägerin durch Vorlage von entsprechenden
Ausdrucken glaubhaft gemacht hat, gab es schon 1998 unter der Domain „rentarentner.at“ eine Vermittlungsplattform für Rentner („Senior-Manager“) an Jungunternehmer sowie seit 2004 eine weitere österreichische Plattform unter www.asep.st. Ebenso wurden im Jahr 2002 Rentner über die Plattform rentarentner.de an „Klein- und Mittelunternehmen“ vermittelt.
Das deckt sich teilweise mit dem Angebot, das auch die Beklagte bereithält"


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OLG Bremen: Angabe der Lieferzeit mit "Voraussichtliche Versanddauer: 1 - 3 Werktage" wettbewerbswidrig - Vorsicht bei eBay und Amazon

OLG Bremen
Urteil vom 05.10.2012
2 U 49/12


Das OLG Bremen hat entschieden, dass die Angabe zur Lieferzeit von "Voraussichtliche Versanddauer: 1 - 3 Werktage" wegen eines Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot unwirksam und damit wettbewerbswidrig ist. Auch Amazon und eBay geben derartig unbestimmte Angaben zur Lieferzeit vor, so dass auch insoweit mit weiteren Abmahnungen zu rechnen ist.

OLG Bremen: Kein Anscheinsbeweis, dass über ein eBay-Konto abgegebenes Gebot tatsächlich vom Inhaber des eBay-Kontos stammt

OLG Bremen
Beschluss vom 21.06.2012
3 U 1/12


Das OLG Bremen hat entschieden, dass kein Anscheinsbeweis dafür besteht, dass ein über ein eBay-Konto abgegebenes Gebot tatsächlich vom Inhaber des eBay-Kontos stammt. Insofern rügt das Gericht die nicht ausreichenden Sicherheitsstandards im Internet. Verkäufern bei eBay dürfte es im Streitfall sehr schwer fallen, nachzuweisen, dass das Gebot tatsächlich vom Kontoinhaber getätigt wurde.


Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Kläger hat den Beweis dafür, dass der Beklagte das streitgegenständliche Höchstgebot abgegeben hat, nicht geführt. Einen Beweis dafür, dass der Beklagte das Angebot selbst abgegeben hat, hat der Kläger nicht angeboten. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beweislast für den Vertragsschluss beim Kläger liegt, da er Ansprüche aus diesem Vertrag ableiten will.
[...]
Zutreffend ist das Landgericht auch zu dem Ergebnis gekommen, dass für die Tatsache, dass eine über ein bestimmtes Mitgliedskonto abgegebene Willenserklärung von dem jeweiligen Kontoinhaber abgegeben worden ist, kein Anscheinsbeweis spricht, da es an einem für die Annahme eines Anscheinsbeweises erforderlichen typischen Geschehensablauf fehlt. Der Sicherheitsstandard im Internet ist derzeit nicht ausreichend, um aus der Verwendung eines geheimen Passworts auf denjenigen als Verwender zu schließen, dem dieses Passwort ursprünglich zugeteilt worden ist (BGH NJW 2011, 2421 ff, 2422 m.w.N.; Hamm, NJW 2007, 611; vgl. auch Klein, MMR 2011, 447 ff., 450)."


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