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LG Bochum: Anbieten von Open Source Software unter Verstoß gegen GPL - Auskunftsansprüche und Schadensersatz nach Lizenzanalogie

LG Bochum
Urteil vom 03.03.2016
I-8 O 294/15


Das LG Bochum hat wenig überraschend entschieden, dass beim Anbieten von Open Source Software unter Verstoß gegen die GPL Auskunftsansprüche und ein Anspruch auf Schadensersatz auf Grundlage der Lizenzanalogie besteht.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß §§ 242 BGB, 97 UrhG einen Anspruch auf Auskunft darüber, in welchem Zeitraum seitens der Beklagten die Software „T“ zum Download angeboten wurde und wie hoch die Studierendenzahl der Beklagten in diesem Zeitraum war.

Nach § 242 BGB besteht eine Auskunftspflicht, wenn die zwischen den Parteien bestehende Rechtsbeziehung es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen oder Umfang seines Rechts im Ungewissen und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann.

Zwischen den Parteien besteht aufgrund eines Schadensersatzanspruchs wegen Urheberrechtsverletzung die erforderliche Sonderverbindung (OLG München, NJW-RR 1992, 749).

Die Klägerin hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG.

Eine Verletzung des Urheberrechts der Klägerin ist allein darin zu sehen, dass die Beklagte die streitgegenständliche Software ohne Lizenztext und Quellcode i.S.v. § 69 c Nr. 4 UrhG öffentlich zugänglich gemacht hat. Bei dieser Software handelt es sich um eine sog. Open-Source-Software, deren Nutzung gemäß der H kostenlos und deren Weiterentwicklung gestattet ist. Die Nutzungsberechtigung setzt jedoch die Wahrung der H voraus. Erforderlich ist danach insbesondere, dass auf die H hingewiesen, der Lizenztext der H beigefügt und der Quellcode zugänglich gemacht wird (Ziffern 1 und 3 der H). Die Beklagte hat unstreitig diese Bedingungen der H nicht eingehalten. Ziffer 4 der H bestimmt, dass ein Lizenzverstoß automatisch zu einem Erlöschen der Lizenzrechte führt, so dass eine unberechtigte Nutzung durch die Beklagte vorliegt.

Die Beklagte hat die Urheberrechtsverletzung auch zu vertreten, denn sie hat zumindest fahrlässig gehandelt. Die Klägerin hat die Software nur unter den Bedingungen der H veröffentlicht und hierzu ausweislich der als Anlagen K 10 eingereichten Screenshots den erforderlichen Quellcode und die Lizenzbedingungen neben dem Download des Programms auf ihrer Internetseite zur Verfügung gestellt. Die Beklagte kann diese Angaben mit ihrem substanzlosen Vorbringen dahingehend, die Klägerin selbst habe die Software ohne Quellcode und Lizenzbedingungen auf den Markt gebracht habe, nicht widerlegen.

Da die Klägerin die kostenfreie Nutzung ihrer Software nur bei Einhaltung der Bestimmungen der H erlaubt hat, steht ihr bei Nichteinhaltung dieses Regelwerks ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach zu, mag auch die berechtigte Nutzung kostenfrei sein. Wollte man der Rechtsauffassung der Beklagten folgten, wären die Urheber von unter den Bedingungen der H veröffentlichter Software praktisch rechtslos gestellt. Warum die Möglichkeit eines Unterlassungsanspruchs seitens der Klägerin ihren Anspruch auf Schadensersatz ausschließen soll – wie von der Beklagten vorgebracht −, erschließt sich der Kammer nicht.

2. Auch hat die Klägerin einen Anspruch auf Abmahnkosten gemäß § 97 a UrhG in Höhe von 2.126,94 Euro. Unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin erscheint die Annahme eines Gegenstandswertes von 100.000,00 Euro angemessen.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

3. Überdies war festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der sich nach erteilter Auskunft ergeben wird. Die Klägerin kann ihren Schadensersatzanspruch erst nach erteilter Auskunft über die Nutzungsdauer und Anzahl der Nutzer beziffern, so dass das erforderliche Feststellungsinteresse i.S.v. § 256 ZPO besteht.

Der Feststellungsantrag ist auch begründet, da die Beklagte – wie dargelegt – gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG verpflichtet ist, den aus der Urheberrechtsverletzung entstandenen Schaden zu ersetzen.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288, 291 BGB.

4. Die Ansprüche der Klägerin sind auch nicht verjährt. Dabei kann dahinstehen, ob die Ansprüche gemäß § 102 S. 2 UrhG i.V.m. § 852 BGB nach 10 Jahren oder gemäß §§ 195, 199 BGB nach 3 Jahren verjähren. Die Klägerin hat substantiiert dargelegt, dass sie bis zum 05.05.2015 keine Kenntnis von der Urheberrechtsverletzung durch die Beklagte erlangt hatte, so dass die Klage rechtzeitig erhoben wurde.

5. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91, 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf 100.000,00 EUR festgesetzt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LG Leipzig: Urheberrechtsverletzung durch Verstoß gegen GPL wenn Open-Source-Software ohne vollständigen Lizenztext und ohne Quellcode angeboten wird

LG Leipzig
Beschluss vom 02.06.2015
05 O 1531/15


Das LG Leipzig hat in Einklang mit dem klaren Wortlaut der GPL entschieden, dass ein Verstoß gegen die GPL und damit eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, wenn Open-Source-Software die unter der GPL steht ohne vollständigen Lizenztext und ohne Downloadmöglichkeit für den Quellcode angeboten wird

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Nutzung der verfahrensgegenständlichen Software erfolgte auch rechtswidrig, nämlich entgegen der GPLv2 ohne vollständigen Lizenztext und ohne den Quellcode zum Download oder eine vollständige maschinelesbare Kopie des Quellcodes anzubieten.

Bei der Software handelt es sich um sog. Open-Source-software, deren Nutzung gemäß der General Public Licence (GPL) kostenlos und deren Weiterentwicklung gestattet ist Die Nutzungsberechtigung setzt jedoch die Wahrung der GPL voraus. Erforderlich ist danach insbesondere, dass auf die GPL hingewiesen, der Lizenztext der GPL beigefügt und der Quellcode zugänglich gemacht wird (vgl. Ziffer 1 und 3 der GPL, AS 2). Es besteht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Antragsgegnerin gegen die GPL verstoßen hat. Aus dem als Anlage AS 3 beigefügten Screenshot ergibt sich lediglich ein Hinweis auf die GPL. Dieser werden ausweislich der Dokumentation in Anlage AS 4 beim Download nicht mitgeliefert Ausweislich des Screenshots gemäß Anlage AS 3 bietet die Antragsgegnerin den Quellcode weder zugleich mit dem Objektcode zum Download an, noch erfolgt ein mindestens drei Jahre lang gültiges Angebot, jedem Dritten eine vollständige maschinelesbare Kopie des Quellcodes zu nicht höheren Kosten a!s denen, die durch das physikalische Zugänglichmachen des Quellcodes anfallen, zur Verfügung zu stellen.

Aufgrund dieses Verstoßes gegen den GPL ergibt sich gemäß Ziffer 4 der GPL automatisch ein Lizenzveriust (vgl. AS 2)"


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: