Skip to content

BGH: Widerrufsbelehrung mit dem Einleitungssatz "Verbraucher haben das folgende Widerrufsrecht" ist nicht wettbewerbswidrig

BGH
Urteil vom 09.11.2011
I ZR 123/10
Überschrift zur Widerrufsbelehrung
UWG §§ 3, 4 Nr. 11; BGB § 312c Abs. 1; EGBGB Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10


Der BGH hat völlig zu Recht entschieden, dass die Widerrufsbelehrung sehr wohl mit dem einleitenden Satz "Verbraucher haben das folgende Widerrufsrecht" oder ähnlich versehen werden darf und dies keinen Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot darstellt. Zum Teil hatte die Rechtsprechung in derartigen Fällen irrig und praxisfern einen Wettbewerbsverstoß bejaht. Wieder einmal zeigt sich, dass der BGH zu den formellen Vorschriften und strikten gesetzlichen Vorgaben bei Fernabsatzgeschäften ein weitaus "entspannteres" Verhältnis hat, als viele Land- oder Oberlandesgerichte. Leider hat der BGH viel zu selten die Möglichkeit sich mit den relevanten Rechtsfragen zu befassen.

Leitsätz des BGH:
a) Eine Widerrufsbelehrung mit dem einleitenden Satz "Verbraucher haben das folgende Widerrufsrecht" verstößt nicht gegen das Deutlichkeitsgebot gemäß § 312c Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB.

b) Der Unternehmer braucht nicht zu prüfen, ob die Adressaten der Widerrufsbelehrung Verbraucher oder Unternehmer sind, da ihm eine solche Prüfung bei einem Fernabsatzgeschäft häufig nicht möglich ist.

BGH, Urteil vom 9. November 2011 - I ZR 123/10 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH stellt strenge formelle Anforderungen an die Widerrufsbelehrung - Abweichungen vom gesetzlichen Muster sind gefährlich

BGH
Urteil vom 01.12.2010
VIII ZR 82/10
BGB § 312d Abs. 1, § 355 Abs. 2 in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung;
BGB-InfoV §§ 14, 16 in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung


Der BGH hat in dieser Entscheidung sehr strenge formelle Anforderungen an die Widerrufsbelehrung bei Fernabsatzgeschäften gestellt.
Zwar kann diese - so der BGH - auch vom gesetzlichen Muster abweichen, jedoch soll es bereits problematisch sein, wenn die Belehrung lediglich mit "Widerrufsrecht" und nicht mit "Widerrufsbelehrung" überschrieben ist. Zudem rügt der BGH im vorliegenden Fall, dass der Belehrung die gliedernden Zwischenüberschriften "Widerrufsrecht", "Widerrufsfolgen" und ggf. "finanzierte Geschäfte" fehlen. Auch die verwendete Schrift sei für einen Durchschnittsverbraucher zu klein. Schließlich hält es der BGH für problematisch, wenn im Belehrungstext eine Beschränkung auf Verbraucher vorgenommen wird. So heißt es in den Entscheidungsgründen:

"Die Belehrung wendet sich auch nicht, wie es das Muster vorsieht, konkret an den Adressaten der Belehrung ("Sie"), sondern ist abstrakt formuliert ("Verbraucher"), ohne den Rechtsbegriff "Verbraucher" zu erläutern."

Dabei bleibt jedoch die Streitfrage unbeantwortet, ob außerhalb des Belehrungstextes ein Beschränkung des Widerrufsrechts auf Verbraucher vorgenommen werden darf.

Fazit:

Entspricht die Widerrufsbelehrung nicht den formellen Anforderungen, so liegt keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung vor. Dies hat zur Folge, dass die Widerrufsfrist nicht etwa nur 14 Tage beträgt, sondern bis zu einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung weiterläuft. Zudem drohen Abmahnungen durch Mitbewerber und Verbände. Shopbetreiber sollten daher großen Wert darauf legen, ihre Widerrufsbelehrung dem gesetzlichen Muster anzupassen.

Leitsätze des BGH:

a) Dem Unternehmer ist eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung (BGBl. I 2004 S. 3102) jedenfalls dann verwehrt, wenn der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher für die Widerrufsbelehrung kein Formular verwendet hat, das der Musterbelehrung der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung vollständig entspricht (im Anschluss an BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rn. 12; Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, NJW 2010, 989 zur Belehrung über das Rückgaberecht).
b) Die vom Unternehmer verwendete Widerrufsbelehrung darf zwar gemäß § 14 Abs. 3 BGB-InfoV in Format und Schriftgröße von der Musterbelehrung abweichen, muss aber - auch bei Verwendung des Textes der Musterbelehrung - deutlich gestaltet sein (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB).

BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10 - LG Gießen - AG Gießen

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: