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OVG Hamburg: Auch nach DSGVO kein datenschutzrechtlicher Berichtigungsanspruch eines Beamten auf Entfernung des alten Vornamens aus Personalakte nach Änderung des Vornamens

OVG Hamburg
Beschluss vom 27.05.2019
5 Bf 225/18.Z


Das OVG Hamburg hat entschieden, dass auch nach der DSGVO kein datenschutzrechtlicher Berichtigungsanspruch eines Beamten auf Entfernung des alten Vornamens aus der Personalakte nach Änderung des Vornamens besteht.

Aus den Entscheidungsgründen:

"cc) Die Klägerin rügt des Weiteren, dass sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein entsprechender Berichtigungsanspruch aus § 20 Abs. 1 Satz 1 BDSG in der bis zum 24. Mai 2018 geltenden Fassung ergebe. Die alten Vornamen seien unrichtig, weswegen sie zu berichtigen seien. Dies gebiete auch § 5 Abs. 1 TSG, der vorliegend bei der Auslegung zu berücksichtigen sei. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die Änderung der Vornamen keine allgemeine Ex-Tunc-Wirkung habe, überzeuge nicht. Bei verfassungskonformer Auslegung bestehe kein Interesse daran, dass die Vornamen in ihrem historischen Kontext weiterhin richtig blieben (...).

Dieses Vorbringen kann ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts wecken. Da § 20 Abs. 1 Satz 1 BDSG seit dem 25. Mai 2018 den hier allein in Betracht kommenden datenschutzrechtlichen Berichtigungsanspruch nicht mehr enthält, ist das Vorbringen der Klägerin dahin auszulegen, dass sie ihren Anspruch auf den nunmehr einschlägigen Art. 16 DSGVO stützt. Art. 16 DSGVO ist im Wesentlichen inhaltsgleich mit § 20 Abs. 1 Satz 1 BDSG in der bis zum 25. Mai 2018 geltenden Fassung, so dass die Ausführungen der Klägerin insofern entsprechend herangezogen werden können.

Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass die Änderung der Vornamen nicht ex tunc wirkt, weswegen die alten Vornamen auch nicht unrichtig geworden sind. Sie bleiben vielmehr mit Blick auf die damalige Rechtswirklichkeit weiterhin richtig. Ein Berichtigungsanspruch aus Art. 16 DSGVO scheidet somit aus. Dieser Befund wird auch durch die Regelung in Art. 5 Abs. 1 Bst. d) DSGVO, wonach personenbezogene Daten sachlich richtig und „erforderlichenfalls auf dem neuesten Stand“ sein müssen, nicht in Frage gestellt, sondern vielmehr bestätigt. Da es im vorliegenden Fall auf den jeweiligen historischen Kontext ankommt, machen nachträgliche Veränderungen der Wirklichkeit, wie die Änderung der Vornamen und der Geschlechtszugehörigkeit der Klägerin, die über sie gespeicherten personenbezogenen Daten nicht falsch. Die Beklagte hält ihre Personalakten bewusst auf dem Stand, der zum jeweiligen Zeitpunkt richtig war, um ein möglichst lückenloses Bild der Entstehung und Entwicklung des Dienstverhältnisses als historischem Geschehensablauf dokumentieren zu können, so dass sie die Daten auch nicht dem neuesten Stand anpassen muss; eine solche Anpassung, die aus den Akten nicht erkennbar wäre, könnte vielmehr umgekehrt gegen den Grundsatz der Datenrichtigkeit verstoßen (vgl. Roßnagel, in: Simitis/Hornung/Spiecker, Datenschutzrecht, 1. Aufl. 2019, Art. 5 DSGVO Rn. 141).

Nichts anderes ergibt sich insofern aus § 5 Abs. 1 TSG, der, wie bereits gezeigt, gerade voraussetzt, dass die alten Vornamen weiterhin aktenkundig bleiben, aber eben nur unter besonders strengen Voraussetzungen offenbart werden dürfen. Dass es ein Interesse daran gibt, den historischen Kontext zu wahren, ergibt sich unmittelbar aus § 5 Abs. 1 Hs. 2 TSG, der anerkennt, dass es Fallgestaltungen geben kann, in denen die alten Vornamen offenbart werden müssen, weil besondere Gründe des öffentlichen Interesses dies erfordern oder ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird. Auch verfassungsrechtliche Wertungen vermögen insofern keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu begründen. Dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Klägerin wird durch die besondere Geheimhaltungsvorschrift des § 5 Abs. 1 TSG ausreichend Genüge getan (siehe dazu noch unter ee))."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



OVG Hamburg: Handelskammer Hamburg muss nach dem Transparenzgesetz keine Informationen veröffentlichen

OVG Hamburg
Beschluss vom 16.04.2018
3 Bf 271/17.Z


Das OVG Hamburg hat entschieden, dass die Handelskammer Hamburg nach dem Transparenzgesetz keine Informationen veröffentlichen muss. Geklagt hatte der Chaos Computer Club.

Die Pressemitteilung des OVG Hamburg:

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht entscheidet: Berufungszulassung abgelehnt: Handelskammer muss nach dem Transparenzgesetz keine Informationen veröffentlichen

Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat mit heute veröffentlichtem Beschluss entschieden, dass die Handelskammer Hamburg nicht der Veröffentlichungspflicht nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz unterliegt und deshalb von Gesetzes wegen nicht verpflichtet ist, Informationen in das Informationsregister einzupflegen (3 Bf 271/17.Z). Damit bestätigt das Oberverwaltungsgericht das vorausgegangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg, das eine auf Feststellung der Veröffentlichungspflicht gerichtete Klage abgewiesen hatte (Urt. v. 18.9.2017, 17 K 273/15)
.
Zur Begründung hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Auslegung der Vorschriften des Transparenzgesetzes ergebe, dass eine antragsunabhängige Veröffentlichungspflicht für Einrichtungen der sog. mittelbaren Staatsverwaltung, zu denen die Handelskammer gehöre, nicht bestehe. Für derartige Einrichtungen gelte lediglich die antragsabhängige Auskunftspflicht. Der Gesetzesentwurf der Volksinitiative „Transparenz schafft Vertrauen“ habe eine Veröffentlichungspflicht ursprünglich zwar auch für Einrichtungen der mittelbaren Staatsverwaltung vorgesehen. Insoweit sei der Entwurf aber nicht Gesetz geworden. Gegen die Entscheidung ist kein weiteres Rechtsmittel möglich.

Hinweis: Die Handelskammer Hamburg stellt gegenwärtig von sich aus Informationen in das Informationsregister ein. Der Rechtsstreit betraf demgegenüber die gesetzliche Pflicht zur Veröffentlichung im Informationsregister.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




OVG Hamburg: Facebook darf personenbezogene Daten deutscher WhatsApp-Nutzer mangels ausreichender Einwillungserklärung nach deutschem Recht nicht verwenden

OVG Hamburg
Entscheidung vom 01.03.2018
5 Bs 93/17


Das OVG Hamburg hat im Rahmen eines Eilverfahrens entschieden, dass Facebook personenbezogene Daten deutscher WhatsApp-Nutzer mangels ausreichender Einwillungserklärung nach deutschem Recht nicht verwenden darf. Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens sei - so das Gericht - jedoch offen. Im Eilverfahren würden jedoch jedenfalls die Interessen deutscher WhatsApp-Nutzer am Schutz ihrer personenbezogenen Daten überwiegen.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Vorerst weiter keine Verwendung personenbezogener Daten deutscher WhatsApp-Nutzer durch Facebook

Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Facebook Ireland Ltd. (Facebook) die personenbezogenen Daten deutscher WhatsApp-Nutzer vorerst nicht auf der Grundlage der bisher abgeforderten Einwilligung erheben und speichern darf (5 Bs 93/17). Damit bestätigt es die vorausgegangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg, das einen Eilantrag von Facebook gegen eine sofort vollziehbare Untersagungsverfügung des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationssicherheit (Datenschutzbeauftragter) abgelehnt hatte (13 E 5912/16).

Zur Begründung hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Es sei offen, ob die beanstandete Untersagungsverfügung rechtmäßig sei. Offen sei insbesondere, ob deutsches Datenschutzrecht zur Anwendung gelange und – wenn ja – ob der Datenschutzbeauftragte gegen Facebook mit Sitz in Irland vorgehen dürfe. In diesem Fall erweise sich die beanstandete Untersagung allerdings nicht als offensichtlich rechtswidrig. Denn die seit August 2016 abgeforderte Zustimmung der WhatsApp-Nutzer zu den neuen Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinien entspreche voraussichtlich nicht den deutschen Datenschutzvorschriften. Die vor diesem Hintergrund vorzunehmende Interessenabwägung führe zu einem Überwiegen der Interessen deutscher WhatsApp-Nutzer am Schutz ihrer personenbezogenen Daten.



OVG Hamburg: Klarnamenpflicht bei Facebook bleibt jedenfalls vorerst - Anordnung des Hamburger Datenschutzsbeauftragten darf nicht vollzogen werden

OVG Hamburg
Beschluss vom 29.06.2016
5 Bs 40/16

Das OVG Hamburg hat entschieden, dass die Anordnung des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit gegen Facebook, wonach die Klarnamenpflicht untersagt und die Nutzung per Pseudonym ermöglicht werden musst, derzeit nicht vollzogen werden darf. Facebook kann daher nach wie vor die Angabe des Klarnamens verlangen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: OVG Hamburg, Beschluss vom 29.06.2016, 5 Bs 40/16

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Klarnamenpflicht bei Facebook bleibt vorerst

Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde (5 Bs 40/16) des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (Datenschutzbeauftragter) gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 3. März 2016 (15 E 4482/15) zurückgewiesen. Damit bleibt es vorerst dabei, dass die Anordnung des Datenschutzbeauftragten zur Nutzung von Facebook unter einem Pseudonym nicht vollzogen werden darf.

Nachdem Facebook ein unter einem Pseudonym geführtes Konto einer Nutzerin gesperrt hatte, hat der Datenschutzbeauftragte die Beschwerde der Facebook-Nutzerin zum Anlass genommen, Facebook zu verpflichten, der Betroffenen die Nutzung ihres Facebook-Kontos unter ihrem Pseudonym zu ermöglichen. Die Verpflichtung ist gegenüber der Facebook Ireland Limited ergangen, die für die Verarbeitung personenbezogener Daten der Facebook Nutzer in Europa zuständig und zugleich der Hauptgeschäftssitz des Facebook-Konzerns außerhalb von Nordamerika ist. Die in Hamburg ansässige Facebook Germany GmbH ist demgegenüber im Bereich der Werbung tätig. Das Verwaltungsgericht hatte auf Antrag von Facebook Ireland in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, dass der Bescheid des Datenschutzbeauftragten einstweilen nicht vollzogen werden darf. Die dagegen erhobene Beschwerde des Datenschutzbeauftragten hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht in dem heute veröffentlichten Beschluss zurückgewiesen.

Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, es sei offen, ob die Verfügung des Datenschutzbeauftragten zu Recht ergangen sei. Dies hänge maßgeblich von der Auslegung der EU-Datenschutzrichtlinie ab. Nach dem gegenwärtigen Stand der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) sei nicht geklärt, ob die EU-Datenschutzrichtlinie es erlaube, dass der Datenschutzbeauftragte aufgrund nationaler Regelungen gegen die in Irland ansässige Antragstellerin mit hoheitlichen Mitteln vorgehen dürfe. Denn die Zuständigkeitsverteilung zwischen den nationalen Datenschutzkontrollbehörden und die Eingriffsbefugnis der deutschen Datenschutzkontrollbehörden in Fällen, in denen ein Mutterkonzern (hier: Facebook Inc., USA) im Unionsgebiet mehrere Niederlassungen unterhalte, die aber unterschiedliche Aufgaben hätten, sei nicht geklärt; das Bundesverwaltungsgericht habe hierzu in einem anderen, ebenfalls Facebook betreffenden Verfahren den EuGH im Rahmen eines sog. Vorlageersuchens um Klärung gebeten. Im Rahmen der daher vorzunehmenden Interessenabwägung überwiege das Interesse des Datenschutzbeauftragten und der Nutzerin an einer sofortigen Nutzung des Facebook-Kontos unter einem Pseudonym nicht; dies gelte insbesondere auch wegen der unklaren Eingriffsbefugnis des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten gegenüber Facebook Ireland Limited. Az: 5 Bs 40/16