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OLG Frankfurt: Verzicht des Urhebers auf Benennung als Urheber in AGB von Stockfoto-Portal Fotolia wirksam und keine unangemessene Benachteiligung

OLG Frankfurt
Urteil vom 29.9.2022
11 U 95/21

Das OLG Frankfurt hat entscheiden, dass der Verzicht des Urhebers auf Benennung als Urheber in den AGB des Stockfoto-Portals Fotolia wirksam ist und keine unangemessene Benachteiligung darstellt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Verzicht auf Urheberbenennung in AGBs eines Microstock-Portals ist wirksam

Microstock-Portale für Lichtbilder/Videos sprechen aufgrund geringer Lizenzgebühren und eines geringen Abwicklungsaufwands einen großen Nutzerkreis an. Wegen dieses Geschäftsmodells stellt ein in den Lizenzbedingungen eines Microstock-Portals enthaltener Verzicht der Urheber auf ihr Benennungsrecht keine unangemessene Benachteiligung dar. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute verkündeter Entscheidung Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche eines Berufsfotografen wegen unterlassener Urheberbenennung zurückgewiesen.

Der Kläger ist Fotograf und zählt zu den erfolgreichsten Bildanbietern weltweit. Er schloss mit dem Betreiber des Portals Fotolia einen so genannten Upload-Vertrag. Damit räumte er dem Portalbetreiber eine Lizenz zur Nutzung der von ihm eingestellten Fotografien ein sowie das Recht, Unterlizenzen an Kunden des Portals zu erteilen. Fotolia war laut Urteil eine der „führenden europäische Microstock Bildagenturen“ mit Millionen Bildern/Videos und Mitgliedern. Die Kunden können eingestellte Lichtbilder zu „äußerst günstigen Lizenzen“ nutzen. Dies führt zu einer hohen Anzahl eingeräumter Lizenzen und einer starken Verbreitung der eingestellten Werke. Der Kläger vermarktet seine Werke ausschließlich über Microstock-Portale.

Die Beklagte ist eine Kundin des Portals. Sie verwendete ein Lichtbild des Klägers auf ihrer Webseite als Hintergrund, ohne ihn als Urheber zu benennen. Der Kläger verlangt von der Beklagten u.a., es zu unterlassen, das Lichtbild ohne Urheberbenennung zu nutzen und wegen der bereits erfolgten Verletzung Schadensersatz an ihn zu zahlen. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen.

Die hiergegen eingelegte Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Der Kläger habe wirksam auf das Recht zur Urheberbenennung im Rahmen des Upload-Vertrags mit Fotolia verzichtet, führt das OLG zur Begründung aus. Gemäß der in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen habe „sowohl Fotolia als auch jedes herunterladende Mitglied, welches ein Werk über Fotolia bezieht, das Recht aber nicht die Verpflichtung (...), das hochladende Mitglied als Quelle seiner Werke kenntlich zu machen“. Diese Formulierung und insbesondere der Begriff „Quelle“ seien bei verständiger Würdigung dahin auszulegen, dass der Urheber damit auf sein Urheberbenennungsrecht verzichte.

Dieser Verzicht sei auch wirksam vereinbart worden. Er verstoße nicht gegen das Transparenz- und Verständlichkeitsgebot. Der Verzicht werde ausdrücklich und klar erklärt. Die Klausel führte auch nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung der Urheber. Ein Urheber entscheide sich willentlich für die Nutzung von Microstock-Portalen. Damit vermeide er eigenen zeitlichen und finanziellen Vermarktungsaufwand. Die fehlende Verpflichtung zur Urheberbenennung habe für die Attraktivität des Angebots von Fotolia für die Kunden und damit für die große Verbreitung erhebliche Bedeutung. Dies räume auch der Kläger ein. „Der Verzicht auf die Pflicht zur Urheberbenennung ermöglicht mithin (auch) die große Reichweite des Microstock-Portals und die große Anzahl von Unterlizenzen, was dem Urheber zugutekommt und so die geringe Lizenzgebühr für die Unterlizenzen kompensiert“, vertieft das OLG.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat wegen der klärungsbedürftigen Frage, ob ein Urheber in AGBs für jede Verwendungsart gegenüber einem Microstock-Portal wirksam auf sein Urheberbenennungsrechts verzichten kann, die Revision zum BGH zugelassen.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 29.9.2022, Az. 11 U 95/21
(vorausgehend Landgericht Kassel, Urteil vom 5.7.2021, Az. 10 O 2109/20)



OLG München: Widerrufsrecht bei Vertrag über Lieferung von digitalen Inhalten erlischt nach § 356 Abs. 5 BGB auch dann vorzeitig wenn längerfristiger Zugriff auf ein Portal mit digitalen Inhalten

OLG München
Urteil vom 30.06.2016
6 U 732/16


Das OLG München hat entschieden, dass das gesetzliche Widerrufsrecht bei einem Vertrag über die Lieferung von digitalen Inhalten nach § 356 Abs. 5 BGB auch dann vorzeitig erlischt, wenn ein längerfristiger Zugriff auf ein Portal mit diversen digitalen Inhalten eingeräumt wird.

Leitsatz des OLG München:

Ein Widerrufsrecht erlischt nach § 356 Abs. 5 BGB bei einem Vertrag über die Lieferung von digitalen Inhalten auch dann vor Ablauf der Frist des § 355 Abs. 2 BGB, wenn die vom Unternehmer geschuldete Leistung nicht die einmalige Bereitstellung eines bestimmten digitalen Inhalts betrifft, sondern, wie bei Abonnements, einen pro rata temporis zu vergütenden längerfristigen Zugriff auf ein Portal mit nicht im Einzelnen konkretisierten digitalen Inhalten.

Aus den Entscheidungsgründen:

"1. Ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 3a UWG (bzw. 4 Nr. 11 UWG a. F.), § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 lit. b UWG setzte voraus, dass der beanstandete Hinweis der Beklagten auf das Erlöschen des dem Abonnenten S. in § 312g BGB eingeräumten Rechts zum Widerruf seines im Wege des Fernabsatz abgeschlossenen Vertrags mit der wahren Rechtslage, wie sie in § 356 Abs. 5 BGB normiert ist, nicht in Einklang steht.

Die Norm sieht - in Abweichung vom Grundsatz, wonach die (vorbehaltlich der Kautelen des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB bzw. Art. 246b § 2Abs. 1 EGBGB regelmäßig mit Vertragsschluss, §§ 355 Abs. 2 Satz 2, 356 Abs. 2 Nr. 2 letzte Var. BGB, beginnende) vierzehntägige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 BGB mit Fristablauf erlischt
- bei Verträgen über die Lieferung von digitalen Inhalten, die sich nicht auf einem körperlichen Datenträger befinden, einen weiteren Erlöschenstatbestand für den Fall vor, dass der Unternehmer (hier: die Beklagte) mit der Vertragsausführung vor Ablauf der Widerrufsfrist begonnen hat, der Verbraucher (hier: der Kunde S.) diesem - vorzeitigen
- Beginn der Vertragsausführung ausdrücklich zugestimmt hat und er des Weiteren seine Kenntnis von dem Umstand bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung zum vorzeitigen Beginn der Vertragsausführung mit Beginn der Vertragsausführung sein Widerrufsrecht verliert.

Dass diese Tatbestandsvoraussetzungen des § 356 Abs. 5 BGB im Fall des Kunden S. ausnahmslos vorlagen, steht, wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt haben, zwischen ihnen nicht im Streit, so dass an sich die Rechtsfolge der genannten Norm eingetreten, d. h. das Widerrufsrecht des Kunden S. mit Beginn der Vertragsausführung erloschen (und die inkriminierte Aussage daher zutreffend, mithin nicht unlauter) war - es sei denn, dass (wie der Kläger dies vertritt), der von der Beklagten offerierte Abonnementsvertrag nicht in den Anwendungsbereich der Norm fällt, weil ein (nicht nur für das einmalige Herunterladen oder Streamen einer konkreten Datenmenge, sondern längerfristig ausgelegter) Zugang zu einem - bloßen - Portal mit (nicht näher konkretisierten) digitalen Inhalten, für welchen die Gegenleistung pro rata temporis bemessen wird, nicht unter den Terminus der „Lieferung“ zu subsumieren sei. Einem solchen Verständnis hat das Landgericht indes zu Recht eine Absage erteilt.

a. Die Auslegung einer Rechtsnorm hat, ausgehend von der Wortbedeutung (sprachlichgrammatikalische Auslegung) unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs, in dem sie steht (systematische Auslegung), den objektiven Sinngehalt des Gesetzes zu erforschen (Sprau in: Palandt, BGB, 75. Aufl., Einl. vor § 1 Rdnr. 40 ff.), wobei der mit der Regelung verfolgte innere Zweck, die ratio legis, zu ermitteln ist (teleologische Auslegung). Bei Normen, die - wie § 356 Abs. 5 BGB, vgl. BT-Drs. 17/12637 vom 06. März 2013 - in Umsetzung einer EU-Richtlinie erlassen worden sind, ist maßgeblich deren systematischen Kontext wie auch deren Sinn und Zweck für die Auslegung heranzuziehen, um die Wirksamkeit des Unionsrechts im Rahmen nationaler Rechtsanwendung zu gewährleisten (Sprau, a. a. O. Rdnr. 43). Das danach gewonnene Ergebnis ist grundsätzlich verbindlich. Erweist sich allerdings, dass eine Rechtsnorm planwidrig auch Konstellationen erfasst, die ihrem Regelungszweck eindeutig zuwiderlaufen, sind diese im Wege der teleologischen Reduktion aus dem Anwendungsbereich durch Einschränkung auszunehmen (Sprau, a. a. O., Rdnr. 49, 55).

b. Ausgehend von diesen Grundsätzen vermag der Senat der vom Kläger favorisierten Bedeutung des Terminus „Lieferung“ dahingehend, dass damit ausschließlich das Verschaffen der einmaligen, punktuellen Zugriffsmöglichkeit des Verbrauchers auf eine konkrete (nicht auf einem Datenträger verkörperte) Datenmenge bezeichnet werde, nicht hingegen das Bereitstellen und Bereithalten beliebiger digitaler Inhalte auf einem Portal über einen längeren Zeitraum, wobei die Gegenleistung nicht pro Datenmenge, auf welche zugegriffen wird, sondern pro rata temporis der Bereithaltung bemessen wird, nicht beizutreten.

Nach allgemeinem juristischen Sprachgebrauch (vgl. Creifelds Rechtswörterbuch, 15. Aufl., 2000, S. 1315) ist der Begriff der Lieferung im Sinne eines Verschaffens der Verfügungsmacht dergestalt, dass der Empfänger darauf zugreifen kann, zu verstehen. Dass dies für unkörperliche Vertragsgegenstände wie die hier in Rede stehenden „digitalen Inhalte“ nicht in Form einer Aushändigung oder Übergabe erfolgen kann, stellt auch der Kläger nicht in Abrede, wenn er einräumt, dass die Lieferung in diesen Fällen im Verschaffen einer Zugriffsmöglichkeit auf die digitalen Inhalte, d. h. in deren Bereitstellen zum Abruf besteht. Ist der Terminus der „Lieferung“ schon bei der semantischen Bestimmung seiner Bedeutung weder an eine Gegenleistung oder eine bestimmte Bemessung derselben, d. h. an ein synallagmatisches Austauschverhältnis, geknüpft (auch der Gegenstand einer Schenkung kann „geliefert“ werden) noch auf einmalige, punktuelle Vorgänge beschränkt (ein zeitliches Moment enthält bereits der Wortlaut des § 356 Abs. 5 BGB, wenn dort vom „Beginn der Ausführung des Vertrags“ seitens d es Unternehmers die Rede ist - ausweislich der Gesetzesbegründung, BT-Drs. 17/12637, S. 36 in bewusster Abkehr von der bis dahin geltenden Regelung, nach welcher das Widerrufsrecht auch bei einem Vertrag über die Lieferung nicht trägergebundener digitaler Inhalte erst nach Fristablauf oder nach vollständiger, auf Wunsch des Verbrauchers erfolgter beidseitiger Erfüllung erlosch), lassen sich die vom Kläger verfochtenen Einschränkungen des Anwendungsbereichs von § 356 Abs. 5 BGB auch der - für die Auslegung der Norm maßgeblichen - Richtlinie 2011/83/EU nicht entnehmen, die (anders als die englische Fassung, wo unterschiedslos der Ausdruck „supply“ gebraucht wird) im Kontext (unkörperlicher) digitaler Inhalte die Termini des „Bereitstellens“ und des „Lieferns“ synonym verwendet.

Dass und inwiefern der Text der Richtlinie einen Anhalt dafür gäbe, dass nach dem dort zugrunde gelegten Begriffsverständnis die „Lieferung“ digitaler Inhalte an eine bestimmte Art der Bemessung der Gegenleistung geknüpft wäre, vermochte der Kläger ohnehin nicht aufzuzeigen. Aber auch für ein Verständnis im Sinne des einmaligen Bereitstellens nur einer konkreten Datenmenge (eines bestimmten Videos oder Musiktitels) lässt sich der Richtlinie nichts entnehmen. Im Gegenteil werden dort schon in Erwägungsgrund 19 im Rahmen der Begriffsbestimmung von „digitalen Inhalten“ Verträge, in denen sich der Anbieter von (nicht auf Datenträgern verkörperten) digitalen Inhalten zur „Bereitstellung“ solcher Inhalte verpflichtet, ausdrücklich mit Verträgen „über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom“ gleichgesetzt, sofern „sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge ... angeboten werden, mithin mit Verträgen, bei welchen der Anbieter dem Verbraucher nicht lediglich einmalig, sondern auf (eine durch die Vertragslaufzeit bestimmte) Dauer die Zugriffsmöglichkeit auf eine von ihm, dem Abnehmer, jeweils festzulegende Menge des betreffenden Guts verschafft. Spricht bereits diese Gleichstellung gegen eine Einschränkung des Anwendungsbereichs auf Verträge über (nicht trägergebundene) digitale Inhalte, die lediglich den einmaligen Abruf solcher Inhalte zum Gegenstand haben, bestimmt darüber hinaus auch Art. 16 lit. m der Richtlinie ausdrücklich, dass das (nach Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie bei Fernabsatzverträgen an sich obligatorische) Widerrufsrecht des Verbrauchers im nationalen Recht - unter bestimmten, nämlich den in § 356 Abs. 5 BGB angeführten, Kautelen - nicht vorzusehen sei, wenn der Fernabsatzvertrag beliebige (nicht verkörperte) digitale Inhalte betrifft.

Das gewonnene Verständnis einer einschränkungslosen Anwendung von Art. 16 lit. m der Richtlinie bzw. § 356 Abs. 5 BGB auf nicht auf einem Datenträger verkörperte digitale Inhalte unabhängig davon, ob die einmalige oder die auf Dauer angelegte Möglichkeit eines Datenabrufs Vertragsgegenstand ist, wird weiter bestätigt durch die Systematik der Normen: Die mit Art. 16 lit. m der Richtlinie geschaffene Privilegierung des Unternehmens durch vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts des Verbrauchers korrespondiert mit der Regelung des Art. 14 Abs. 4 lit. b RL (umgesetzt in § 357 Abs. 9 BGB), wonach der Verbraucher im Widerrufsfall unter bestimmten (dem vorzeitigen Erlöschen des Widerrufsrechts nach Art. 16m der Richtlinie kongruenten) Voraussetzungen nicht zum Wertersatz für die seitens des Unternehmers geleistete Bereitstellung von (nicht auf Datenträger verkörperten) digitalen Inhalten verpflichtet ist (den ihm eröffneten Zugriff auf nicht trägergebundene digitale Inhalte mithin kostenlos empfangen hat), was (nicht nur im Fall der vollständigen, sondern) auch im Fall der „teilweisen“ Bereitstellung solcher Inhalte gelte (vgl. auch § 356 Abs. 5 BGB, der vom „Beginn der Vertragsausführung“ spricht) - eine Variante, die bei Verträgen über den einmaligen Abruf digitaler Inhalte schwerlich einen Anwendungsfall hätte und daher ins Leere ginge (auch der Klägervertreter vermochte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit keine Konstellation zu benennen), der indes zwanglos ein Anwendungsbereich zugeordnet werden kann, wenn die Richtlinie auch für Verträge der streitgegenständlichen Art, in welchen sich der Anbieter zur Bereitstellung beliebiger digitaler Inhalte auf Dauer verpflichtet, Geltung beansprucht, insofern eine „teilweise“ Bereitstellung dann vorliegen kann, wenn sie nicht über die gesamte an sich geschuldete Zeitspanne erfolgt, sondern der Zugriff auf die digitalen Inhalte nur während eines Teils dieser Zeitspanne (nämlich bis zum Widerruf) möglich ist. Dass sich die Auslegung einer Vorschrift in einer Weise, welche für eine Teilregelung ins Leere ginge, schon aus systematischen Erwägungen verbietet, bedarf keiner vertieften Erörterung. Es erschiene im Übrigen auch nicht interessengerecht, dem Verbraucher einerseits nach Eröffnung des Zugangs zu digitalen Inhalten das Widerrufsrecht zu erhalten, ihn aber gleichzeitig für die Zeit der Vertragsdurchführung von der Verpflichtung zum Wertersatz auszunehmen (Art. 14 Abs. 4 lit. b; § 357 Abs. 9 BGB). Soweit der Kläger hierzu meint, den berechtigten Belangen des Unternehmers könne in Konstellationen wie der vorliegenden dadurch Rechnung getragen werden, dass der Abnehmer einen nach der Zeitdauer der ihm zur Verfügung gestellten Zugriffsmöglichkeit bemessenen Wertersatz zu leisten habe, kann dahinstehen, ob die Erwägung zutrifft: das Argument bestätigt lediglich, dass der Richtliniengeber mit dem Zusammenspiel von Art. 16 lit. m und Art. 14 Abs. 4 lit. b (ebenso wie der nationale Gesetzgeber in Umsetzung der Richtlinie durch §§ 356 Abs. 5, 357 Abs. 9 BGB) eine andere Gewichtung vorgenommen und eine abweichende Regelung (mag sie auch vom Kläger als nicht sachdienlich erachtet werden) dahingehend getroffen hat, dass das Widerrufsrecht auch bei Dauerschuldverhältnissen nach Beginn der Vertragsdurchführung unter den in Art. 16 lit. m RL/§ 356 Abs. 5 BGB genannten Bedingungen erlischt, sich die Frage des Wertersatzes nach Erklärung des Widerrufs mithin nicht stellt.

Für die gewonnene Lesart des Art. 16 lit. m der Richtlinie dahingehend, dass dem Verbraucher ein Test der vom Unternehmer bereitzustellenden (nicht trägergebundenen) digitalen Inhalte während der Widerrufsfrist auch bei Abonnementverträgen der streitgegenständlichen Art versagt ist, spricht zudem der Gleichlauf mit der (trägergebundene digitale Inhalte betreffenden) Regelung nach Art. 16 lit. i der Richtlinie, welche ein vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts für Verträge über versiegelt gelieferte Datenträger ebenfalls bereits bei Entfernung der Versiegelung (und nicht erst bei Verwendung des Datenträgers) vorsieht. Eine sachliche Begründung dafür, dass dem Abnehmer -abweichend vom Regelfall der Verträge über digitale Inhalte - die Testung des unternehmerischen Angebots spezifisch bei Dauerschuldverhältnissen ermöglicht werden solle, vermochte auch der Kläger nicht anzuführen.

Ein weiterer Anhalt für das vom Richtliniengeber mit Art. 16 lit. m RL intendierte (vorzeitige) Erlöschen des Widerrufsrechts auch bei (Gas-, Strom- und Wasserversorgungsverträgen vergleichbaren) Dauerschuldverhältnissen findet sich im Übrigen in Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie, wenn dort die (den Zeitpunkt der Lieferung betreffende) Regelung nach Art. 18 der Richtlinie für nicht anwendbar erklärt wird auf „Verträge über die Lieferung von (Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden oder von) digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden“: Da der Abnehmer bei derartigen Vertragstypen über den jeweiligen Zeitpunkt des Zugriffs auf die ihm auf Dauer bereitgestellten Produkte selbst befindet, bedarf es einer Normierung der Leistungszeit nicht.

Als nicht durchgreifend erachtet der Senat schließlich den klägerischen Einwand, nach der ratio legis des § 356 Abs. 5 BGB sollten lediglich solche „Lieferungen“ (nicht trägergebundener) digitaler Inhalte vom vorzeitigen Erlöschen des Widerrufsrechts erfasst sein, bei welchen der Abnehmer, wie bei einmaligen Austauschverhältnissen, bereits Zugriff auf die bereitgestellte Datenmenge genommen habe, nicht hingegen Abonnements als Dauerschuldverhältnisse, bei welchen mit der „Aktivierung“ des Vertrags durch Eingabe der ihm seitens des Unternehmers zur Verfügung gestellten PIN noch kein Datenabruf einhergehe, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet sei - vergleichbar dem Betreten des Foyers vor einer Theateraufführung: Das Argument verkennt, dass die vom Unternehmer geschuldete Leistungshandlung sich im einen wie im anderen Fall (Verschaffen der einmaligen oder der dauerhaften Zugriffsmöglichkeit auf eine Datenmenge) darin erschöpft, dem Abnehmer die (nicht trägergebundenen) digitalen Inhalte zum Abruf bereitzuhalten und ihm dadurch die Zugriffsmöglichkeit auf diese Inhalte zu verschaffen. Damit hat er für beide Konstellationen das seinerseits Erforderliche getan und seine vertragliche Verpflichtung erfüllt. Wann und ob der Abnehmer von der ihm eröffneten Möglichkeit Gebrauch macht und tatsächlich auf die vom Unternehmer bereitgehaltenen Daten zugreift, liegt nicht mehr in der Einflusssphäre des Anbieters. Die vom Kläger insinuierte Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte kann daher nicht konstatiert werden.

Ergibt mithin die Auslegung der Vorschrift des § 356 Abs. 5 BGB nach keiner der anerkannten Methoden die klägerseits gewünschte Beschränkung ihres Anwendungsbereichs auf einmalige, punktuelle Austauschverhältnisse, sieht sich der Senat in seiner Beurteilung zudem bestätigt durch den (zwar nicht verbindlichen, indes indizielle Wirkung entfaltenden) „Leitfaden der Generaldirektion Justiz“ (Europäische Kommission GD Justiz, Juni 2014, S. 77 ff.), der den Onlinehandel mit digitalen Produkten ausdrücklich auch in der Variante der Abonnementverträge durch Bereitstellung einer Reihe von digitalen Inhalten als von der Richtlinie 2011/83/EU erfasst ansieht.

c. Eine hilfsweise geltend gemachte teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 356 Abs. 5 BGB auf einmalige Austauschverhältnisse kommt ebenfalls nicht in Betracht: Wie sich aus den Ausführungen unter oben II.2.b. ergibt, beruht der Umstand, dass auch bei Abonnementverträgen der streitgegenständlichen Art das Widerrufsrecht des Verbrauchers mit Bereitstellung der (nicht trägergebundenen) digitalen Inhalte unter den in der Norm genannten Voraussetzungen erlischt, nicht auf einem Versehen des Gesetz- bzw. Richtliniengebers, der es plan- und sachwidrig unterlassen hätte, eine Ausnahmevorschrift für Dauerschuldverhältnisse vorzusehen; dass die getroffene Regelung auch auf Abonnementverträge anwendbar ist, entspricht nicht nur dem Willen des Gesetzgebers, sondern fügt sich - anders als die klägerseits favorisierte Ausgestaltung - auch im Übrigen (etwa hinsichtlich der Frage der Pflicht des Verbrauchers zum Wertersatz nach Widerruf des Fernabsatzvertrags) in die Gesamtsystematik ein.

d. Ist demnach die Vorschrift des § 356 Abs. 5 BGB auch auf Abonnementverträge der streitgegenständlichen Art anwendbar, stellt sich der Verweis der Beklagten auf das Erlöschen des Widerrufsrechts des Kunden S. in der E-Mail vom 09. April 2015 (Anlage K 2) - insofern er die Rechtsfolge dieser Norm zutreffend wiedergibt - weder unter dem Gesichtspunkt der Irreführung noch des Rechtsbruchs als unlauter dar, so dass der Kläger mangels berechtigter Abmahnung i. S. v. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG/§ 5 UKlG auch den Ersatz der Abmahnkosten nicht verlangen kann, die klagabweisende Entscheidung des Landgerichts mithin in vollem Umfang zu bestätigen war."



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Hamburg: YouTube bzw. Google haften auf Grundlage der Störerhaftung für Urheberrechtsverletzungen bei YouTube - Keine Haftung als Täter

OLG Hamburg
Urteile vom 01.07.2015
5 U 87/12
5 U 175/10


Das OLG Hamburg hat in zwei Verfahren entschieden, dass YouTube bzw. Google auf Grundlage der Störerhaftung für Urheberrechtsverletzungen in den von Nutzern hochgeladenen Videos haften. Dies bedeutet, dass rechtswidrige Inhalte jedenfalls ab Inkenntnisssetzung unverzüglich zu löschen sind. Eine Haftung als Täter und die damit verbundene Schadensersatzpflicht auch ohne Kenntnis bzw. ohne Verletzung von Prüfpflichten lehnte das Gericht jedoch ab. Beide Entscheidungen sind nicht rechtskräftig.

Die Pressemitteilung des OLG Hamburg:

"Berufungsurteile in Urheberrechtsverfahren gegen YouTube und Google vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht

Der 5. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgericht hat heute zwei Entscheidungen in urheberrechtlichen Verfahren verkündet, in denen die Betreiberin des Videoportals „YouTube“ und – in einem der Verfahren – auch deren Muttergesellschaft, die Google Inc., wegen des Vorwurfs von Urheberrechtsverletzungen in Anspruch genommen wurden. Gegenstand der Verfahren sind verschiedene Musiktitel, die durch Nutzer von YouTube im Rahmen von Videoclips hochgeladen und damit öffentlich zugänglich gemacht worden waren, obwohl sie an den Musiktiteln keine Rechte hatten. Daraufhin haben der Rechteinhaber bzw. die Verwertungsgesellschaft GEMA YouTube bzw. Google unter anderem auf Unterlassung in Anspruch genommen.

In dem Verfahren 5 U 87/12 wollte die GEMA gegenüber YouTube u.a. ein Verbot der öffentlichen Zugänglichmachung in Bezug auf zwölf Musiktitel erreichen, an denen die GEMA die Rechte wahrnimmt. YouTube lehnte eine Unterlassungsverpflichtung ab, da sie für etwaige Urheberrechtsverletzungen nicht hafte. Zum einen stelle sie ihre Videoplattform lediglich den Nutzern zur Verfügung und habe die fraglichen Videos weder selbst erstellt noch hochgeladen. Zum anderen habe sie alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um Urheberrechtsverletzungen zu begegnen.

In erster Instanz hatte das Landgericht Hamburg mit Urteil vom 20.04.2012 u.a. entschieden, dass YouTube zur Unterlassung in Bezug auf sieben der insgesamt zwölf betroffenen Musiktitel verpflichtet sei. Bei diesen sieben Titeln habe die Beklagte gegen die Pflicht verstoßen, die betroffenen Videoclips unverzüglich zu sperren, nachdem sie von der Klägerin über die Urheberrechtsverletzungen informiert worden war. In Bezug auf die übrigen fünf Titel hatte das Landgericht eine Pflichtverletzung auf Seiten von YouTube verneint und die Klage abgewiesen. Sowohl die GEMA als auch YouTube hatten gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt. Beide Rechtsmittel hat der 5. Zivilsenat mit dem heute verkündeten Berufungsurteil zurückgewiesen.

Auch in dem Verfahren 5 U 175/10 geht es u.a. um die Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß der Betreiber einer Videoplattform für Urheberrechtsverletzungen durch Videos haftet, die von Nutzern der Plattform hochgeladen werden. Der Kläger in diesem Verfahren ist als Rechteinhaber in Bezug auf diverse Musikstücke gegen YouTube und die Google, Inc. als Muttergesellschaft vorgegangen und hat von beiden u.a. Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung verlangt.

In beiden Berufungsverfahren hat der Senat in Bezug auf einzelne der jeweils betroffenen Musiktitel eine Haftung von YouTube bzw. Google aus dem Gesichtspunkt der sogenannten Störerhaftung bejaht. Danach sind die Betreiber von Internetangeboten wie YouTube im Ausgangspunkt zwar nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten und gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Nutzertätigkeit hindeuten. Wird allerdings ein solcher Dienstanbieter auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen, muss er nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Schutzrechtsverletzungen kommt. Welche Pflichten den Dienstanbieter dabei treffen, insbesondere ob und wieweit er zur Sperrung und dann zur Prüfung und Überwachung der bei ihm hochgeladenen Inhalte verpflichtet ist, bestimmt sich danach, was dem Betreiber nach den Umständen des jeweiligen Falles zuzumuten ist. Eine Verletzung derartiger Pflichten hat der Senat in beiden Verfahren hinsichtlich einzelner Musiktitel bejaht und YouTube bzw. Google insofern zur Unterlassung verpflichtet angesehen.
Ergänzung vom 02. Juli 2015:

Die Kläger haben in beiden Verfahren die Inanspruchnahme von YouTube bzw. Google in erster Linie darauf gestützt, dass diese für die geltend gemachten Rechtsverletzungen als Täter einzustehen hätten. Nach Ansicht der Rechteinhaber veröffentliche YouTube nicht lediglich fremde Inhalte, sondern trete als eigenverantwortlich handelnder Anbieter auf, mache sich dabei die fremden Inhalte zu eigen und nehme selbst urheberrechtliche Nutzungshandlungen vor. Auf dieser Grundlage hatte der Kläger in dem Verfahren 5 U 175/10 zusätzlich u.a. die Feststellung verlangt, dass YouTube und Google zu Ausgleichszahlungen verpflichtet seien. Dieser Sichtweise zu einer täterschaftlichen Verantwortung hat sich der Senat in beiden Urteilen nicht angeschlossen und eine Haftung aus diesem Gesichtspunkt verneint.

Beide Urteile sind nicht rechtskräftig. In dem Verfahren 5 U 87/12 hat der Senat die Revision zugelassen, für die der Bundesgerichtshof zuständig wäre. In dem Verfahren 5 U 175/10 unterliegt die Entscheidung, die Revision nicht zuzulassen, der sogenannten Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof. "

OLG Stuttgart: Betreiber eines Online-Portals haftet erst ab Kenntnis von der Rechtsverletzung für Urheberrechtsverletzungen durch User-Generated-Content - hier: Lichtbilder

OLG Stuttgart
Beschluss vom 22.10.2013
4 W 78/13

Das OLG Stuttgart hat in Einklang mit der inzwischen ganz herrschenden Rechtsprechung entschieden, dass der Betreiber eines Online-Portals erst ab Kenntnis von der Rechtsverletzung haftet, wenn Nutzer durch hochgeladene Fotos oder Bilder die Rechte Dritter verletzen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist jeder anzusehen, der die Rechtsverletzung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Sind bei einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Im allgemeinen ist ohne Belang, ob er sonst nach der Art seines Tatbeitrags als Täter oder Gehilfe anzusehen wäre. Als (Mit-) Störer kann auch jeder haften, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, sofern der in Anspruch genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht nicht entgegen, dass dem in Anspruch genommenen die Kenntnis der Tatbestandsmäßigkeit und der die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlt. Ebenso ist ein Verschulden nicht erforderlich (zum Ganzen: BGH GRUR 2013, 751 Tz. 24 - Autocomplete-Funktion- mit weiteren Nachweisen; BGH GRUR 2011, 311 Tz. 21). Um die Störerhaftung nicht über Gebühr auszudehnen und auf das Zumutbare zu begrenzen, setzt sie darüber hinaus die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten voraus (BGH GRUR 2011, 311 Tz. 22 und GRUR 2013, 751 Tz. 29).

Ein Host-Provider wie der Betreiber eines Blogs und mithin auch die Klägerin ist aber nicht verpflichtet, die von den Nutzern bzw. Mitgliedern ins Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen (BGH GRUR 2011, 311 Tz. 24 und GRUR 2012, 751 Tz.19). Ihn trifft vielmehr eine Prüfungspflicht erst dann, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt (BGH, jeweils ebenda). Weist ein Betroffener den Betreiber (Host-Provider) auf eine Rechtsverletzung hin, ist dieser verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern, wenn der Hinweis hinreichend konkret ist (BGH GRUR 2012, 311 Tz. 24 - 27; BGH GRUR 2012, 751 Tz. 19; BGH GRUR 2013, 751 Tz. 30). Er wird mithin erst dann zum Störer, wenn er trotz Kenntniserlangung den rechtsverletzenden Inhalt nicht löscht bzw. sperrt (vgl. BGH GRUR 2012, 751 Tz. 20).

In Anwendung dieser Grundsätze hat das Landgericht zu Recht eine Störereigenschaft der Klägerin verneint."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



GEMA ./. YouTube geht in die nächste Runde - GEMA legt Berufung ein

Der Rechtsstreut zwischen der GEMA und YouTube geht in die nächste Runde. Die GEMA hat gegen das Urteil des LG Hamburg vom 20.04.2012 - 310 O 461/10 Berufung eingelegt. Die Lizenzverhandlungen zwischen der Verwertungsgesellschaft und dem Videoportalbetreiber waren bislang nicht erfolgreich. Nach Ansicht der GEMA geht die Entscheidung des LG Hamburg nicht weit genug.

LG Hamburg: Volltext des Urteils in Sachen GEMA ./. YouTube liegt vor

LG Hamburg
Urteil vom 20.04.2012
310 O 461/10


Das Urteil in Saschen GEMA ./. YouTube liegt numher im Volltext vor. Wir hatten bereits darüber berichtet.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Pressemitteilung des LG Hamburg in Sachen GEMA gegen YOUTUBE

Nun liegt auch die offizielle Pressemitteilung des LG Hamburg in Sachen GEMA gegen YOUTUBE vor.


Aus der Pressemitteilung des LG Hamburg:

"Der Betreiber eines Videoportals wie „YouTube“ haftet für Urheberrechtsverletzungen durch von Nutzern hochgeladene Videos nur dann, wenn er in Kenntnis der Rechtsverletzung gegen bestimmte Verhaltens- und Kontrollpflichten verstößt.

Erst nach einem Hinweis auf eine Urheberrechtsverletzung trifft den Portalbetreiber die Pflicht, das betroffene Video unverzüglich zu sperren und im zumutbaren Rahmen geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um erneuten Rechtsverletzungen vorzubeugen. Eine Verpflichtung zur Kontrolle sämtlicher auf die Plattform bereits hochgeladenen Videoclips besteht dagegen nicht.

[...] Entgegen der Argumentation der Klägerin hat das Gericht jedoch eine sog. „Täterhaftung“ der Beklagten hinsichtlich der Urheberrechtsverletzungen verneint und lediglich eine sog. „Störerhaftung“ angenommen. Da die Beklagte die urheberrechtsverletzenden Videos weder selbst hochgeladen habe, noch sich deren Inhalte zu eigen gemacht habe, hafte sie nicht als Täterin. Allerdings habe sie durch das Bereitstellen und den Betrieb der Videoplattform einen Beitrag zu den Rechtsverletzungen geleistet. Aufgrund dieses Beitrags träfen die Beklagte Verhaltens- und Kontrollpflichten. Diese habe sie verletzt und sei deshalb der Klägerin als „Störerin“ zur Unterlassung verpflichtet.
[...]
Der Beklagten dürften danach keine Anforderungen auferlegt werden, die ihre grundsätzlich zulässige Tätigkeit unverhältnismäßig erschwerten. Zuzumuten sei ihr jedoch, nach Erhalt eines Hinweises auf eine Urheberrechtsverletzung durch den Einsatz einer Software künftige Uploads zu verhindern, die eine mit der gemeldeten Musikaufnahme übereinstimmende Aufnahme enthielten. Eine dazu geeignete Software stehe der Beklagten in Form des von ihr entwickelten Content-ID-Programms zur Verfügung
[...]
Um die Anzahl der von der Software der Beklagten nicht erfassten Rechtsverletzungen zu reduzieren, sei die Beklagte außerdem verpflichtet, einen Wortfilter zu installieren. Der Wortfilter solle neu eingestellte Videos herausfiltern, deren Titel sowohl den Titel als auch den Interpreten der in einem Video beanstandeten Musikaufnahme enthält. Dies sei notwendig, weil mit dem Content-ID-Programm nur Tonaufnahmen identifiziert würden, die mit der gespeicherten Referenzaufnahme identisch seien. Abweichende Aufnahmen (z.B. Live-Darbietung statt Studioaufnahme) erkenne die Software nicht."


Die vollständige Pressemitteilung des LG Hamburg finden Sie hier:

"Pressemitteilung des LG Hamburg in Sachen GEMA gegen YOUTUBE" vollständig lesen

LG Hamburg: GEMA siegt gegen YOUTUBE - Betreiber der Videoplattform muss zwölf Musiktitel sperren

Wie erwartet und wenig überraschend hat das LG Hamburg heute einer Klage der GEMA gegen YOUTUBE stattgegeben. YOUTUBE ist nun verpflichtet, die zwölf streitgegenständlichen Musiktitel aus dem Angebot zu entfernen. Die GEMA war im Jahr 2010 noch mit einem einstweiligern Verfügungsantrag mangels Eilbedürfnis gescheitert. Es bleibt zu hoffen, dass GEMA und YOUTUBE endlich eine Einigung bei der Lizenzierung von Inhalten erzielen. Vermutlich wird sich zukünftig das OLG Hamburg und hoffentlich auch der BGH mit dieser Sache befassen müssen.

OLG Hamburg: Videoportalbetreiber sevenload.de haftet nicht als Störer für von Nutzern hochgeladene urheberrechtswidrige Inhalte

OLG Hamburg
Urteil vom 29.09.2010
5 U 9/09
sevenload.de


Das OLG Hamburg hat entschieden, dass der Videoportalbetreiber Sevenload nicht als Störer für von Nutzern hochgeladene urheberrechtswidrige Inhalte auf Unterlassung haftet. Entscheidend war für das Gericht, dass das Kerngeschäft des Videoportals lizenzierte Inhalte sind und von Nutzern hochgeladene Inhalte nur einen kleinen Bereich betreffen. Aufgrund der konkreten Gestaltung des Portals kann - so das Gericht - der Nutzer zwischen eigenen Inhalten und von Nutzern hochgeladenen Inhalten unterscheiden, so dass es an dem für eine Haftung erforderlichen "zu-Eigen-machen" fehlen soll. Ob damit auch die Youtube-Rechtsprechung des LG Hamburg (Urteil vom 03.09.2010, 308 O 27/09 - Youtube) hinfällig ist, erscheint fraglich. Es bleibt zu hoffen, dass sich der BGH einmal umfassend mit dieser Thematik auseinandersetzt und höchstrichterlich über die hier relevanten Rechtsfragen entscheidet.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Hamburg: YouTube haftet für urheberrechtswidrige Inhalte auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz

LG Hamburg
Urteil vom 03.09.2010
308 O 27/09
Youtube

Nachdem die GEMA kürzlich mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen YouTube mangels Eilbedürftigkeit gescheitert ist (LG Hamburg, Beschluss vom 27.08.2010 mit kurzer Anmerkung) hat das LG Hamburg nun seine dort angedeutete Rechtsansicht, wonach YouTube für Videos mit urheberrechtswidrigen Inhalten verantwortlich ist, im Rahmen einer Hauptsacheklage bestätigt. Die Youtube LLC. als Betreiberin der Internetplattform YouTube sowie die Google Inc. als Alleingesellschafterin der Youtube LLC haften auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz.

In der Pressemitteilung des LG Hamburg heißt es:
"Das Gericht ist davon ausgegangen, dass die „Youtube LLC.“ sich die von den Nutzern ihrer Plattform hochgeladenen Inhalte zu Eigen gemacht hat. Daraus folgen erhöhte Prüfpflichten im Hinblick auf die Inhalte der Videos, denen „Youtube LLC.“ nach Auffassung der erkennenden Kammer nicht nachgekommen ist. Die formularmäßige Versicherung des jeweiligen Nutzers, er habe alle erforderlichen Rechte an dem Video, entbindet die „Youtube LLC.“ nicht von ihrer Pflicht, sich von dem Nutzer im Einzelfall nachweisen zu lassen, dass er über die erforderlichen Rechte tatsächlich verfügt. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass Nutzer die Möglichkeit haben, die Plattform anonym zu nutzen."


Die vollständige Pressemitteilung des LG Hamburg finden Sie hier:


"LG Hamburg: YouTube haftet für urheberrechtswidrige Inhalte auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz" vollständig lesen

LG Hamburg: GEMA scheitert mit einstweiliger Verfügung gegen YouTube

LG Hamburg
Beschluss vom 27.08.2010
GEMA ./. YouTube


Die GEMA und andere Verwertungsgesellschaften sind mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen YouTube mangels Eilbedürftigkeit der Sache gescheitert. Die GEMA wollte erreichen, dass diverse Musikstücke nicht mehr über das Portal im Internet öffentlich zugänglich gemacht werden.

In der Pressemitteilung des LG Hamburg heißt es:
"Das Landgericht hat den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Begründung abgelehnt, die Antragstellerinnen hätten die Dringlichkeit einer vorläufigen Regelung nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Anders als in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten wird bei einem urheberrechtlichen Anspruch eine solche Dringlichkeit nicht vermutet. Die dringlichkeitsbegründenden Umstände sind vielmehr von der Antragstellerseite darzulegen und glaubhaft zu machen. Dies ist hier nicht gelungen. Für die Kammer hat sich nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ergeben, dass die Antragstellerinnen erst wenige Wochen vor dem Einreichen des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung von den konkreten Rechtsverletzungen erfahren haben. Dass Musikkompositionen im Dienst „You Tube“ genutzt werden, war den Antragstellerinnen lange bekannt. Auch das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren ist über einen Zeitraum von mehreren Monaten vorbereitet worden."

Es ist schon verwunderlich, dass sich die GEMA eine derartige Blöße gibt und mangels Eilbedürfnis vor Gericht scheitert. Vielleicht sollte auf diese Weise weiterer Druck auf YouTube ausgeübt werden. Das hat Gericht zu erkennen gegeben , dass es in einem Hauptsacheverfahren einen Unterlassungsanspruch wohl bejahen würde.

In der Pressemitteilung des LG Hamburg heißt es dazu:
"Allerdings hat das Gericht darauf hingewiesen, dass viel dafür spreche, dass den Antragstellerinnen prinzipiell ein urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin zusteht. Es liege nahe, dass die Antragsgegnerin zumutbare Prüfungspflichten bzw. Maßnahmen zur Verhinderung erneuter Rechtsverletzungen nicht wahr- bzw. vorgenommen habe."



Die vollständige Pressemitteilung des LG Hamburg finden Sie hier:

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