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BGH: Emotionsschlagwort als Produktname ist kein die wettbewerbliche Eigenart eines Produkts mitbestimmendes Element im Sinne von § 4 Nr. 3 UWG - Glück

BGH
Urteil vom 07.12.2023
I ZR 126/22
Glück
UWG § 4 Nr. 3


Der BGH hat entschieden, dass ein Emotionsschlagwort als Produktname (hier: "Glück") ist kein die wettbewerbliche Eigenart eines Produkts mitbestimmendes Element im Sinne von § 4 Nr. 3 UWG.

Leitsätze des BGH:
a) Das Konzept, ein Emotionsschlagwort als Produktnamen zu verwenden, kann nicht als ein die wettbewerbliche Eigenart eines Produkts mitbestimmendes Element angesehen werden. Gegenstand des wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes gemäß § 4 Nr. 3 UWG ist der Schutz von Waren und Dienstleistungen in ihrer konkreten Gestaltung, nicht die dahinterstehende abstrakte Idee.

b) Auch wenn sich die Gestaltung der Verpackung von Produkten des täglichen Bedarfs deutlich vom Marktumfeld abhebt, ist nicht ausgeschlossen, dass sich der Verkehr auch an darauf angebrachten Produkt- und Herstellerangaben orientiert und deshalb eine Täuschung über die betriebliche Herkunft einer Produktnachahmung auszuschließen ist (Fortführung von BGH, Urteil vom 19. Oktober 2000 - I ZR 225/98, GRUR 2001, 443 = WRP 2001, 534 - Viennetta).

BGH, Urteil vom 7. Dezember 2023 - I ZR 126/22 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG München: Wettbewerbsverstoß wenn mit Bockbierwürze versetzte weinhaltigen Getränke als "Glühwein" angeboten werden

LG München
Urteil vom 17.11.2022
17 HKO 8213/18


Das LG München hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn mit Bockbierwürze versetzte weinhaltige Getränke als "Glühwein" angeboten werden.

Die Pressemitteilung des Gericht:
„Wein oder nicht Wein, das ist hier die Frage“ - Wo „Glühwein“ draufsteht, muss auch Glühwein drin sein!

Die unter anderem für das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zuständige 17. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I hat am 17.11.2022 der Klage einer Weinkellerei stattgegeben und einem Brauhaus verboten, seine beiden mit Bockbierwürze versetzten weinhaltigen Getränke als „Glühwein“ im geschäftlichen Verkehr zu bezeichnen.

Der Begriff „Wein“ werde hierdurch in unzulässiger Weise „verwässert“, führte die erkennende Kammer aus. Es liege eine Irreführung von Verbrauchern vor, da diese darüber hinweggetäuscht würden, dass mit den Beigaben der Beklagten ein zusätzlicher Wassergehalt von 2 % in die Getränke der Beklagten gelange. Dies sei für ein Produkt mit der Bezeichnung „Glühwein“ unzulässig.

Glühwein dürfe laut europäischer Verordnung nur Wein, Süßungsmittel und Gewürz enthalten.

Der Wassergehalt, der beim Zuführen von Bockbierwürze in beide weinhaltigen Getränke der Beklagten gelange, sei zu hoch, um das Produkt noch als „Glühwein“ bezeichnen zu können.

In der mündlichen Verhandlung hörte das Gericht zu der Frage, ob Bockbierwürze ein Gewürz ist und somit dem Glühwein beigegeben werden kann, einen Önologen an:

Der in dem Wort „Bockbierwürze“ enthaltene Begriff „Würze“ sei lediglich historisch bedingt und inhaltsstofflich nicht korrekt, so der Sachverständige. Die Bockbierwürze sei kein Gewürz, sondern eine Flüssigkeit, die ein Gewürz empfange. Bierwürze im Allgemeinen habe nichts mit einem Gewürz oder Süßungsmitteln zu tun. Die Bockbierwürze sei gegenüber anderen Gewürzen insbesondere kein hoch konzentrierter Stoff, deshalb sei der Wasserzusatz in den Getränken der Beklagten erheblich.

Dem schloss sich das Gericht an.

Der Wassergehalt in Glühwein unterliege strengen Vorgaben: Nur zum Süßen oder zur Beigabe von Gewürzen sei Wasser zulässig, in so geringer Menge wie möglich, so die erkennende Kammer. An diese Vorgaben habe sich die beklagte Brauerei mit der Beigabe von Bockbierwürze nicht gehalten. Hiermit suggeriere die Beklagte dem Verbraucher bei ihren Getränken vielmehr die Eigenschaften des Traditionsgetränks Glühwein, die diese tatsächlich wegen zu hohen Wassergehalts gar nicht hätten.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Zum Hintergrund:

Zulässige Bestandteile des Glühweins:
In der Verordnung (EG) 251/2014 Anl. II B, Ziff. 8 hat der Gesetzgeber die zulässigen Bestandteile des Glühweins geregelt. Es darf nur ein solches Produkt auf den Markt gebracht und als Glühwein bezeichnet werden, das den traditionell geprägten Zutatenvorgaben des europäischen Gesetzgebers entspricht.

Verordnung (EU) Nr. 251/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Begriffsbestimmung, Beschreibung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeugnissen sowie den Schutz geografischer Angaben für aromatisierte Weinerzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 des Rates (europa.eu)

Önologie:
Aufgabenbereich der Önologie ist das technologische Forschen, die Mitarbeit in der Entwicklung von Materialien für die Technik und die Ausrüstung von Kellereien. Bestandteil der Tätigkeit ist auch die Mitarbeit in der Anlage und der Pflege von Weinbergen, die Übernahme der vollen Verantwortung für die Produktion von Traubensaft, Wein und Folgeprodukten aus Wein und die Gewährleistung ihrer Haltbarkeit, die Durchführung von Analysen (physikalische, chemische, mikrobiologische und organoleptische) von weinhaltigen Produkten und die Auswertung und Erörterung der Analysedaten.


BGH: Für Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 1 ZPO gilt das außerstrafrechtliche Doppelahndungsverbot aus Art. 20 Abs. 3 GG

BGH
Beschluss vom 21.04.2022
I ZB 56/21
GG Art. 20 Abs. 3, Art. 103 Abs. 3; ZPO § 890 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 und Abs. 2, § 927 Abs. 1, § 929 Abs. 2


Der BGH hat entschieden, dass für die Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 1 ZPO das außerstrafrechtliche Doppelahndungsverbot gilt, welches aus dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG folgt.

Leitsätze des BGH:
a) Für die Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 1 ZPO gilt nicht das allein auf Kriminalstrafgesetze anwendbare Doppelbestrafungsverbot des Art. 103 Abs. 3 GG, sondern das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende außerstrafrechtliche Doppelahndungsverbot. Dieses ist verletzt, wenn die Gegenstände der früheren und späteren Festsetzung von Ordnungsmitteln nach Anlass, Ziel und Zweck in allen Einzelheiten identisch sind (Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 3. August 1989 - 1 BvR 1194/88, BeckRS 1989, 6919 [juris Rn. 11]).

b) Hat der Schuldner gegen ein im Wege der einstweiligen Verfügung ergangenes Verbot der Produktkennzeichnung verstoßen, weil er seine Abnehmer nicht aufgefordert hat, das in beanstandeter Weise gekennzeichnete Produkt vorläufig nicht weiterzuvertreiben, und ist der Schuldner auch nach Zustellung eines gleichlautenden, in der Hauptsache ergangenen Unterlassungstitels nicht tätig geworden, so liegt in der zweifachen Verhängung von Ordnungsmitteln wegen des vor Vollstreckbarkeit des Hauptsachetitels begangenen Verstoßes gegen die einstweilige Verfügung und wegen nachfolgenden Verstoßes gegen den Hauptsachetitel kein Verstoß gegen das außerstrafrechtliche Doppelahndungsverbot.

BGH, Beschluss vom 21. April 2022 - I ZB 56/21 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Koblenz: Wettbewerbsverstoß durch Bezeichnung Rohkost und Werbung mit Rohkostqualität sowie "rohköstlich" wenn Ausgangsprodukt über 60 Grad C erhitzt wird

LG Koblenz
Urteil vom 15.03.2022,
3 HK O 16/22


Das LG Koblenz hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung und ein Verstoß gegen Art. 7 LMIV und § 11 Abs. 1 LFGB vorliegt, wenn ein Ausgangsprodukt (hier Kokosprodukte) als Rohkost bezeichnet und mit Rohkostqualität sowie "rohköstlich" beworben wird, wenn sie über 60 Grad C erhitzt wurden. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.


LG Stuttgart: Wettbewerbsverstoß durch Verwendung der Produktbezeichnungen „Pflanzenmilck“, „Milckprodukte“ und „hemp milck“ für Milchersatzproduke

LG Stuttgart
Urteil vom 10.02.2022
11 O 501/21


Das LG Stuttgart hat entschieden, dass ein nach § 3a UWG wettbewerbswidriger Verstoß gegen Art. 78 Abs. 1 lit. c), Abs. 2 i.V.m. Anhang VII Teil III Nr. 6 Abs. 1 der EU-Verordnung Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse vorliegt, wenn Michersatzprodukte mit „Pflanzenmilck“, „Milckprodukte“ und „hemp milck“ bezeichnet werden. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.

OLG Hamburg: Produktbezeichnung Kräutertee mit Schüssler-Salz rechtlich zulässig und kein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 3 und 4 Lebensmittelinformationsverordnung

OLG Hamburg
Urteil vom 22.07.2021
3 U 195/18


Das OLG Hamburg hat entschieden, dass die Produktbezeichnung Kräutertee mit Schüssler-Salz rechtlich zulässig und kein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 3 und 4 Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) darstellt.


OLG Frankfurt: Wettbewerbswidrige Irreführung durch Bezeichnung "Bio-Mineralwasser" bzw "Premiummineralwasser in Bio Qualität" wenn das geförderte arsenhaltigen Rohwasser nachbehandelt werden muss

OLG Frankfurt
Urteil vom 29.04.2021
6 U 200/19


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung durch die Bezeichnung "Bio-Mineralwasser" bzw. „Premiummineralwasser in Bio Qualität“ für ein Mineralwasser vorliegt, wenn das geförderte arsenhaltigen Rohwasser nachbehandelt werden muss.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Kein „Bio-Mineralwasser“ bei Nachbehandlung des geförderten arsenhaltigen Rohwassers

Von einem als „Premiummineralwasser in Bio Qualität“ wird nicht nur erwartet, dass es deutlich reiner ist als herkömmliches Mineralwasser, sondern auch unbehandelt. Der Verkehr rechnet nicht damit, dass das Mineralwasser mit einen so hohen Arsenanteil gefördert wird, dass es schon den Anforderungen an die Mineral- und Tafelwasserverordnung (i. F.: MTVO) nicht genügt und deshalb nachbehandelt werden muss. Die Durchleitung des geförderten Rohwassers durch Mangansand zur Anbindung des Arsens stellt eine derartige Nachbehandlung dar. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat deshalb mit heute veröffentlichten Urteil zahlreiche auf die “Bio-Qualität“ bezogene Werbeaussagen verboten.

Die Beklagte zu 1) vertreibt in Deutschland ein Mineralwasser als „Premiummineralwasser in Bio-Qualität“ mit einem von der Beklagten zu 2) vergebenen Qualitätssiegel. Sie bewirbt es u.a. als „reines Naturprodukt, das im Vergleich zu vielen anderen Wasserarten nicht behandelt wird“. Das Wasser enthält bei Förderung aus der Quelle einen Arsengehalt, der nach der MTVO zu hoch ist. Zur Reduzierung des Arsengehalts wird das Rohwasser vor Abfüllung für etwa 10-30 Minuten durch einen manganhaltigen Sand geleitet. Anschließend findet noch eine mechanische Partikelfilterung statt. Die klagende Getränkeherstellerin hält u.a. wegen dieser Behandlung die auf die Bio-Thematik bezogenen Werbeaussagen und die Verwendung des Qualitätssiegels für wettbewerbswidrig. Das Landgericht hatte der Klage lediglich hinsichtlich eines Teils der Unterlassungsanträge gegenüber der Beklagten zu 1) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.

Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG ganz überwiegend Erfolg. Die auf die „Bio-Qualität“ des Mineralwassers bezogenen Werbeaussagen seien irreführend. Gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung erwarte der Verbraucher bei einem mit dem Zusatz „Bio“ bezeichneten Mineralwasser nicht nur, dass es deutlich reiner sei als herkömmliche Mineralwasser, sondern auch unbehandelt, da es von Natur aus bestimmte Reinheitserfordernisse erfülle.

Entgegen der durch die Werbung verursachten Verkehrserwartung handele es sich hier jedoch nicht um ein unbehandeltes natürliches Produkt. Das geförderte Rohwasser weise vielmehr einen nach der MTVO unzulässig hohen Arsenanteil auf, welcher die Durchleitung durch Mangansand erfordere. Ob es sich bei der Durchleitung um einen physikalischen oder - wohl naheliegender - chemischen Vorgang handele, könne offenbleiben. Jedenfalls gehe die Behandlung über das bloße Herausfiltern von gelösten Schwebeteilchen hinaus, so dass kein unbehandeltes Naturprodukt mehr vorliege.

Sei die Bewerbung als Mineralwasser mit „Bio-Qualität“ irreführend, treffe dies auch auf das Siegel „Premiummineralwasser in Bio Qualität“ zu.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision begehrt werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 29.04.2021, Az. 6 U 200/19
(vorausgehend LG Frankfurt am Main, Urteil vom 04.09.2019, Az. 2/6 O 407/18)


OLG Frankfurt: Bezeichnung "I Pesti con Basilico e Rucola" bei 1,5 Prozenz Rucola-Anteil zulässig wenn Produkt u.a. nach Rucola schmeckt

OLG Frankfurt
Urteil vom 22.08.2019
6 U 133/18


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Bezeichnung "I Pesti con Basilico e Rucola" bei 1,5 Prozenz Rucola-Anteil zulässig ist, wenn das Produkt u.a. nach Rucola schmeckt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN: 1,5% Rucola reicht

Die Bezeichnung „I Pesti con Basilico e Rucola“ ist – sofern das Pesto u.a. nach Rucola schmeckt - auch dann nicht irreführend, wenn der Rucola-Anteil mit 1,5% deutlich unter den Anteilen der daneben verwendeten Kräuter liegt, stellte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute veröffentlichter Entscheidung fest.
Nr. 53/2019

Die Beklagte vertreibt u.a. das Produkt „Pesti con Basilico e Rucola“. Das Pesto wird in Gläsern abgefüllt und ist auf der Außenseite mit Grafiken und Texten versehen. Das Glas trägt den Text „Pesto mit Basilikum und Rucola“. Auf der gegenüberliegenden Schauseite sind Basilikum, Petersilie und Rucola abgebildet. Grafisch nimmt der Rucola etwas mehr Raum ein als die anderen beiden Kräuter. Laut Zutatenverzeichnis weist das Produkt u.a. folgende Anteile aus: 20,7% Basilikum, 11,8% Petersilie und 1,5% Rucola. Das Pesto schmeckt u.a. nach Rucola.

Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände. Er hält die Aufmachung des Produkts für irreführend. Sie erwecke die Erwartung eines höheren Rucola-Anteils als 1,5%. Das Landgericht hat den Antrag, die geschilderte Etikettierung des Produkts zu unterlassen, zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Ob eine Werbeaussage irreführend sei, beurteile sich nach dem Erwartungshorizont des so genannten Durchschnittsverbrauchers, stellt das OLG klar. „Dabei sind die verschiedenen Bestandteile der Verpackung in ihrer Gesamtheit zu prüfen, um festzustellen, ob ein normal informierter und vernünftig aufmerksamer und kritischer Verbraucher über das Vorhandensein bestimmter Zutaten... irregeführt wird“, konkretisiert das OLG. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei dabei davon auszugehen, dass ein Verbraucher, der sich in seiner Kaufentscheidung nach der Zusammensetzung des Erzeugnisses richte, zunächst das Zutatenverzeichnis lese. Hier ließen sich dem Zutatenverzeichnis die korrekten prozentualen Zutatenangaben entnehmen.

Zwar könne bei einem zutreffenden Zutatenverzeichnis im Einzelfall die Etikettierung eines Erzeugnisses dennoch irreführend sein. Zu prüfen sei insoweit „die Gesamtwirkung der Verpackung“. Davon sei hier indes nicht auszugehen. Die „auch nur geringfügige Konzentration eines Lebensmittelbestandteils (ist) wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden..., wenn die beworbene Zutat jedenfalls enthalten ist und die berechtigten Geschmackserwartungen durchschnittlicher Verbraucher nicht enttäuscht werden“, begründet das OLG. Die Produktbezeichnung sowie Etikettierung rufe beim verständigen Durchschnittsverbraucher die Vorstellung hervor, dass das angebotene Pesto dem Geschmacksbild des Rucola zumindest auch entspreche. Das sei hier unstreitig der Fall. Die Verbrauchererwartung werde nicht dadurch enttäuscht, dass das Pesto daneben erhebliche Anteile der Kräuter Petersilie und Basilikum enthalte.

Darüber hinaus habe der Verbraucher keine Veranlassung, bestimmte Vorstellungen von den Mengenverhältnissen der beworbenen Zutaten zu haben, da diese von Überlegungen zur Rezeptur abhängig seien. Allein „das Mengenverhältnis von Zutaten (lässt) keine Rückschlüsse auf deren Abbildung im Geschmack zu“, konstatiert das OLG. Überzeugend verweise deshalb die Beklagte darauf, die Zutat „Rucola“ aufgrund seiner gerichtsbekannt bitteren Note eher im niedrigeren Umfang eingesetzt zu haben, um den Geschmack nicht zu sehr zu dominieren.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision begehrt werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 22.8.2019, Az. 6 U 133/18
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 18.8.2018, Az. 2/6 O 332/17)




OLG Celle: Pflanzliches Produkt darf als Käse-Alternative bezeichnet werden - kein irreführende Werbung

OLG Celle
Beschluss vom 06.08.2019
13 U 35/19


Das OLG Celle hat entschieden, dass ein pflanzliches Produkt als Käse-Alternative bezeichnet werden darf. Durch den Begriff "Alternative" wird gerade herausgestellt, dass es sich nicht um ein Milcherzeugnis handelt.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Rechtsache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Ferner ist auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten. Die Berufung hat nach derzeitigem Beratungsstand schließlich offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Unterlassung der Bezeichnung des Produktes der Beklagten als „vegane Käse-Alternative“ und/oder „gereifte Käse-Alternative“ aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. §§ 1, 3, 3a, 5 Abs. 1 UWG zu. Die Verwendung der Bezeichnung „Käse-Alternative“ stellt weder eine unlautere geschäftliche Handlung i.S.d. §§ 3 Abs. 1, 3a UWG (dazu nachfolgend 1.) noch i.S.d. §§ 3 Abs. 1, 5 Abs.1 UWG (dazu nachfolgend 2.) dar.

1. Nach § 3a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, wenn der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

Diese Voraussetzungen liegen hier nach zutreffender Auffassung des Landgerichts nicht vor, da die Bezeichnung als „Käse-Alternative“ weder gegen Art. 78 Abs. 1 lit. c, Abs. 2 i.V.m. Anhang VII Teil III Nr. 2 lit. a, viii) VO (EU) 1308/2013 verstößt – dazu a) – noch gegen Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Art. 17 Abs. 1 VO 1169/2011 (Lebensmittelinformationsverordnung; im Folgenden: LMIV) – dazu b) –.

a) a) Gemäß Art. 78 Abs. 1 lit. c, Abs. 2 i.V.m. Anhang VII Teil III Nr. 2 VO (EU) 1308/2013 sind „Milcherzeugnisse" ausschließlich aus Milch – d.h. dem durch ein- oder mehrmaliges Melken gewonnenen Erzeugnis der normalen Eutersekretion, ohne jeglichen Zusatz oder Entzug – gewonnene Erzeugnisse, wobei jedoch für die Herstellung erforderliche Stoffe zugesetzt werden können, sofern diese nicht verwendet werden, um einen der Milchbestandteile vollständig oder teilweise zu ersetzen. Dabei ist insbesondere die Bezeichnung „Käse“ nach lit. a, viii) ausschließlich Milcherzeugnissen vorbehalten.

Diese Bestimmungen sind nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil v. 14. Juni 2017, Az.: C-422/16) dahingehend auszulegen, dass die Bezeichnung „Milch“ und die nach dieser Verordnung ausschließlich Milcherzeugnissen vorbehaltenen Bezeichnungen bei der Vermarktung oder Werbung zur Bezeichnung eines rein pflanzlichen Produkts nicht verwendet werden dürfen, und zwar selbst dann nicht, wenn diese Bezeichnung durch klarstellende oder beschreibende Zusätze ergänzt wird, die auf den pflanzlichen Ursprung des in Rede stehenden Produkts hinweisen. Lebensmittel, die – wie hier das Produkt der Beklagten – aus rein pflanzlichen Produkten hergestellt werden, dürfen deshalb nicht als „Käse“ bezeichnet werden, da sie weder aus „Milch“ noch aus „Milcherzeugnissen“ gewonnen werden.

Der Senat teilt jedoch die Auffassung des Landgerichts, dass das Produkt der Beklagte mit dem Begriff „Käse-Alternative“ gerade nicht als „Käse“ bezeichnet wird. Vielmehr wird das Produkt lediglich in eine Beziehung zu dem Milchprodukt Käse gesetzt und dabei mit dem Zusatz „Alternative“ hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass es sich eben nicht um Käse, sondern um etwas Anderes – nämlich eine Alternative zu Käse – handelt.

Die Bezeichnung als „Alternative“ stellt weder einen klarstellenden noch einen beschreibenden Zusatz dar, der auf den pflanzlichen Ursprung des in Rede stehenden Produkts hinweist, wie es beispielsweise bei den – unzulässigen – Bezeichnungen „Tofubutter“, „Pflanzenkäse“, „Veggie-Cheese“ oder „Cashewkäse“ der Fall wäre. Solche Wortkombinationen sind auch nach Auffassung des Senats zur Irreführung geeignet, da sie dem Verbraucher suggerieren, es handele sich um ein Produkt, das jedenfalls auch aus tierischen Milcherzeugnissen besteht. Anders verhält es sich jedoch bei der Bezeichnung „Käse-Alternative“, von der für den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher keine vergleichbare Irreführungsgefahr ausgeht. Denn der Durchschnittsverbraucher versteht unter einer „Alternative“ weder eine klarstellende noch eine beschreibende Bezeichnung des Begriffs „Käse“, sondern vielmehr eine Klarstellung dahingehend, dass es sich bei dem Produkt gerade um keinen Käse, sondern um etwas Anderes handelt.

Insofern unterscheidet sich der Begriff „Käse-Alternative“ auch gerade von anderen vergleichenden Beschreibungen, die bereits Gegenstand untergerichtlicher Entscheidungen waren (vgl. Landgericht Hamburg, Urteil vom 13. Juli 2018 – 315 O 425/ 17 – „zu verwenden wie Crème fraîche“; Landgericht Heilbronn, Urteil vom 20. Dezember 2018 – 21 O 34/18 KfH – „wie Butter“; Landgericht Konstanz, Urteil vom 22. Juni 2017 – 7 O 25/16 KfH – „wie Frischkäse“). Während der Zusatz „wie“ oder „zu verwenden wie“ die Gefahr der Irreführung nicht ausräumt, da er nicht geeignet ist, den Verbraucher verlässlich darüber aufzuklären, dass es sich nicht um ein Milchprodukt handelt, hebt die Bezeichnung „Käse-Alternative“ gerade keine Ähnlichkeit zu einem Milchprodukt hervor, sondern weist ausdrücklich darauf hin, dass es sich eben nicht um Käse handelt. Der Werbung der Beklagten sowohl auf ihrer Webseite als auch auf der Produktverpackung enthält – anders als in dem vom Landgericht Konstanz entschiedenen Fall – auch keine optische Hervorhebung des Wortes „Käse“, die unter Umständen eine abweichende Entscheidung rechtfertigen könnte.

b) Die Bezeichnung „Käse-Alternative“ verstößt auch nicht gegen Art. 7 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 9 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 17 Abs. 1 LMIV.

Nach Art. 7 Abs. 1 LMIV dürfen Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein, insbesondere (nach lit. a) in Bezug auf Eigenschaften des Lebensmittels, insbesondere in Bezug auf Art, Identität, Eigenschaften, Zusammensetzung, Menge Haltbarkeit, Ursprungsland oder Herkunftsort und Methode der Herstellung oder Erzeugung. Die verpflichtende Angabe der Bezeichnung des Lebensmittels i.S.v. Art. 9 Abs. 1 lit. a LMIV wird in Art. 17 Abs. 1 LMIV dahingehend konkretisiert, dass ein Lebensmittel mit seiner rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnung bezeichnet werden muss. Fehlt eine solche, so wird das Lebensmittel mit seiner verkehrsüblichen oder, falls es keine verkehrsübliche Bezeichnung gibt oder diese nicht verwendet wird, mit einer beschreibenden Bezeichnung bezeichnet. Art. 2 Abs. 2 lit. p LMIV definiert die „beschreibende Bezeichnung“ als eine Bezeichnung, die das Lebensmittel und erforderlichenfalls seine Verwendung beschreibt und die hinreichend genau ist, um den Verbrauchern zu ermöglichen, die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen und es von Erzeugnissen zu unterscheiden, mit denen es verwechselt werden könnte.

Diese gesetzlichen Vorgaben hat die Beklagte durch die Bezeichnung des streitgegenständlichen Cashewkern-Produkts als „Käse-Alternative“ nicht verletzt. Das Landgericht hat zunächst zutreffend festgestellt, dass es im Hinblick auf das Produkt der Beklagten sowohl an einer rechtlich vorgeschriebenen als auch an einer verkehrsüblichen Bezeichnung fehlt. Unter der nunmehr von der Beklagten verwendeten Produktbezeichnung „H… W…“ aus Cashews kann sich der durchschnittliche Verbraucher kein konkretes Lebensmittel vorstellen. Daher ist das Produkt mit einer beschreibenden Bezeichnung zu versehen, wie es die Beklagte hier zulässigerweise getan hat. Anders als die vom Kläger vorgeschlagenen Bezeichnungen als „Cashew-Taler“ oder als „Happy White (Cashew Asche gereift, Griechische Kräuter, Chakalaka usw.)“ verdeutlicht die Beschreibung als „Käse-Alternative“ den Verbrauchern, dass es sich bei dem Produkt zwar nicht um das Milcherzeugnis Käse, aber um ein Produkt aus Cashews handelt, das alternativ zu Käse beispielsweise als Brotbelag genutzt oder ohne weitere Zubereitung verzehrt werden kann. Eine Irreführung des Verbrauchers ist damit aus den unter a) genannten Gründen nicht verbunden.

2. In der Werbung mit der Bezeichnung „Käse-Alternative“ liegt schließlich auch keine unlautere geschäftliche Handlung i.S.v. § 5 Abs. 1 UWG.

Hiernach handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Der Regelungsgehalt des § 5 Abs. 1 UWG ist vergleichbar mit demjenigen des Art. 7 LMIV; beide Vorschriften sind nebeneinander anwendbar, wobei die spezialgesetzlichen Ziele der besonderen lebensmittelrechtlichen Regelungen die Auslegung des Wettbewerbsrechts beeinflussen (vgl. Grube in: Voit/Grube, LMIV, 2. Auflage 2016, Art. 7 Rn. 29 m.w.N.). Daher fehlt es auch im Rahmen der Prüfung einer unlauteren geschäftlichen Handlung nach § 5 Abs. 1 UWG aus den oben angeführten Gründen an der Eignung der Produktbezeichnung „Käse-Alternative“ zur Irreführung der Verbraucher.




OLG Köln: Wettbewerbswidriger Verstoß gegen HCVO durch Produktbezeichnung "Kinderwunsch-Tee" wenn kein allgemein anerkannter wissenschaftliche Nachweis für Wirkung vorliegt

OLG Köln
Urteil vom 21.06.2019
6 U 181/18


Das OLG Köln hat entschieden, dass ein wettbewerbswidriger Verstoß gegen die HCVO vorliegt, wenn ein Kräutertee mit der Produktbezeichnung "Kinderwunsch-Tee" beworben wird und kein allgemein anerkannter wissenschaftlicher Nachweis für die tatsächliche Wirkung existiert.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

"Kinderwunsch-Tee" - Förderung der Empfängnis muss wissenschaftlich nachweisbar sein

Der Vertreiber eines "Kinderwunsch-Tees", darf diesen nicht als solchen bezeichnen, wenn er keinen allgemein anerkannten wissenschaftlichen Nachweis erbringen kann, dass sich der Genuss des Tees förderlich auf die Empfängnis auswirkt. Das hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln mit Urteil vom 21.06.2019 entschieden und damit die klagestattgebende Entscheidung des Landgerichts Köln vom 12.09.2018 bestätigt.

Das beklagte Lebensmittelunternehmen vertreibt den als "KinderwunschTee" bezeichneten Kräutertee mit den Werbeaussagen, wonach der Tee Pflanzenstoffe enthalte, die in der Erfahrungsheilkunde angewendet werden, um den Zyklus zu harmonisieren und so den Eisprung zu fördern. Weiter heißt es in der Bewerbung des Produkts: "Lemongras wirkt entspannend auf den Körper und baut Stress ab, so dass man sich ganz auf die Schwangerschaft einlassen kann. Zitronenverbene und Basilikum werden eine luststeigernde Wirkung nachgesagt."

Der Kläger, ein Wettbewerbsverband, hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, das Produkt als "Kinderwunsch-Tee" zu bezeichnen und wie beschrieben zu bewerben. Das Landgericht Köln hatte der Unterlassungsklage des Klägers mit Urteil vom 12.09.2018 stattgegeben. Diese Entscheidung hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln nun mit Urteil vom 21.06.2019 bestätigt.

Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte gesundheitsbezogene Angaben bezüglich eines Lebensmittels gemacht habe, die sie nicht auf allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise stützen könne. Die Werbung sei so zu verstehen, dass der Tee Probleme, die einer Empfängnis im Wege stünden, lindere und so die Empfängnis ermögliche. Nach der einschlägigen „Health Claims Verordnung“ (Art. 5, 6, 10 HCVO) seien solche gesundheitsbezogenen Angaben jedoch nur zulässig, wenn sie auf allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise gestützt und dadurch abgesichert seien.
Einen solchen Nachweis hätten die Beklagten aber nicht vorgelegt. Mindestvoraussetzung für einen Nachweis sei, dass die behaupteten Ergebnisse aufgrund von Forschungen und Forschungsergebnissen begründet werden. Die Behauptung von Indikationen oder Wirkweisen ohne Nachweise oder weitere Erörterung, wie diese Ergebnisse zustande gekommen sind, genügten insoweit nicht. Auch die Bezugnahme auf eine „volksmedizinische Verwendung“ stelle keinen wissenschaftlichen
Nachweis dar.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen.



LG Stade: Bezeichnung eines veganen Produkts als "Käse-Alternative" keine unzulässige Produktbezeichnung und keine Irreführung

LG Stade
Urteil vom 28.03.2019
8 O 64/18


Das LG Stade hat entschieden, dass die Bezeichnung eines veganen Produkts als "Käse-Alternative" keine unzulässige Produktbezeichnung und keine Irreführung darstellt. Ein Verstoß gegen Art 78 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 vom 17. Dezember 2013 liegt nicht vor, da - so das Gericht - die Bezeichnung als "Käse-Alternative" lediglich einen Bezug zu dem Milchprodukt Käse herstellt, ohne dass das Produkt als solches bezeichnet wird.




LG Bochum: Keine markenmäßige Benutzung einer von der Produktbezeichnung abweichenden Zeichenfolge auf dem Rückenetikett einer Bierflasche

LG Bochum
Urteil vom 23.11.2017
I-14 O 171/17


Das LG Bochum hat entschieden, dass keine markenmäßige Benutzung vorliegt, wenn eine von der Produktbezeichnung abweichende Zeichenfolge auf dem Rückenetikett einer Bierflasche verwendet wird.

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat zunächst einen Anspruch gegen die Beklagte auf Löschung der Marke „Felsquellwasser“ gem. §§ 49 Abs. 1, 26 Markengesetz. Denn die Marke wurde von der Beklagten innerhalb der Benutzungsschonfrist und darüber hinaus nicht markenmäßig genutzt.

Die streitgegenständliche Marke ist eingetragen für Biere, so dass eine markenmäßige Nutzung zunächst dann anzunehmen wäre, wenn die Marke zur Kennzeichnung eines derartigen Produkts genutzt worden wäre. Das ist unstreitig nicht der Fall, die Beklagte vertreibt ihre Biere unter der Bezeichnung L und nicht unter der Wortmarke.

Eine markenmäßige Nutzung ist auch nicht deshalb gegeben, weil die Beklagte unstreitig auf den Rückenetiketten aller Flaschen den Slogan „mit Felsquellwasser® gebraut“ verwendet, wobei der Begriff „Felsquellwasser“ ein „®“ trägt. Diese Kennzeichnung zeigt dem Verkehr lediglich, dass der damit gekennzeichnete Begriff als Warenzeichen eingetragen ist, führt aber isoliert nicht dazu, dass deshalb eine markenmäßige Nutzung zu bejahen wäre, zumal dafür noch erforderlich ist, dass die Marke zur Kennzeichnung des Produkts genutzt wird. Das ist nicht der Fall, die Nutzung der Marke auf den Rückenetiketten innerhalb eines Slogans kennzeichnet nicht das Produkt selbst, sondern hebt einen Bestandteil des Produkts besonders hervor.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Marke auch nicht als Herkunftshinweis zu verstehen. Die Beklagte trägt selbst vor, dass die Marke „Felsquellwasser®“ dem Verbraucher immer in Verbindung mit der Bezeichnung „L“ entgegentritt. Von daher wird der Verkehr den Begriff Felsquellwasser möglicherweise der Bezeichnung „L“ zuordnen, ihn aber nicht isoliert als Herkunftshinweis verstehen. Das muss er auch nicht, da die Herkunft des Produktes durch den Namen der Beklagten hinreichend ausgewiesen ist. Hinzukommt, dass die Beklagte diesen Begriff nicht isoliert, sondern stets in dem Slogan „mit Felsquellwasser gebraut“ verwendet. Selbst wenn dieser Slogan angesichts der unstreitig umfangreichen Benutzung sowie der auch der Kammer bekannten Werbung bekannt sein dürfte, ist der Begriff Felsquellwasser isoliert nicht als Herkunftshinweis genutzt worden und damit als solcher etabliert, so dass auch deshalb keine markenmäßige Nutzung festgestellt werden kann.

Abschließend bleibt daher festzustellen, dass innerhalb der Benutzungsschonfrist die Beklagte ihre Wortmarke „Felsquellwasser“ zwar unstreitig umfangreich verwendete, aber nicht markenmäßig für das eingetragene Produkt nutzte, so dass die Marke wegen Verfalls zu löschen war.


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VG Trier: Bezeichnung Federweißer darf nur für gärende Produkte verwendet werden - ansonsten Verstoß gegen § 25 Weingesetz

VG Trier
Urteil vom 03.05.2018
2 K 14789/17.TR


Das VG Trier hat entschieden, dass die Bezeichnung "Federweißer" nur für gärende Produkte verwendet werden darf. Ansonsten liegt ein Verstoß gegen § 25 Weingesetz vor.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

"Nur gärende Produkte dürfen als „Federweißer“ bezeichnet werden
Unter den Begriff "Federweißer" fallen nur frische, im Zustand der Gärung befindliche Erzeugnisse. Wird die Gärung durch Konservierungsmaßnahmen zeitweise unterbrochen, so ist die Bezeichnung "Federweißer" unzutreffend und geeignet, den Verbraucher irrezuführen. Dies hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier mit Urteil vom 3. Mai 2018 entschieden.

Die Klägerin hatte einen teilweise gegorenen Traubenmost in den Verkehr gebracht, bei dem der Gärvorgang unterbrochen wurde. Sowohl die Etikettierung, als auch die Bewerbung des Produktes vermittelten dem Durchschnittsverbraucher nach Auffassung der Behörde den Eindruck, es handele sich bei dem Erzeugnis um einen Federweißen. Auf dem Etikett wurde auf die Haltbarkeit des verschlossenen Produktes hingewiesen. In der Folge bemängelte das Landesuntersuchungsamt, die Bezeichnung des Produktes sei zur Irreführung des Verbrauchers geeignet, da es als Federweißer beworben werde, in Wirklichkeit jedoch keiner sei. Diese Rechtsauffassung wurde vom Beklagten bestätigt, wobei er zur Begründung anführte, die Bezeichnung "Federweißer" setzte voraus, dass der Traubenmost in Gärung befindlich sei.

Daraufhin hat die Klägerin die gerichtliche Feststellung begehrt, dass der Beklagte nicht berechtigt sei, ihr zu untersagen, einen teilweise gegorenen Traubenmost unter der streitgegenständlichen Etikettierung in den Verkehr zu bringen. Aus den einschlägigen Vorschriften ergebe sich ihrer Auffassung nach nicht, dass Federweißer ein noch in Gärung befindlicher Traubenmost sein müsse.

Die Klage blieb jedoch erfolglos, denn das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Darstellung des Produktes der Klägerin als Federweißer gegen die einschlägigen Vorschriften des Weingesetzes verstoße. Sie sei zur Irreführung der Verbraucher geeignet, da das Erzeugnis der Klägerin tatsächlich kein Federweißer sei. Zwar sähen die europarechtlichen Vorschriften nicht vor, dass es sich bei Federweißen um ein gärendes Produkt handeln müsse. Jedoch ergebe sich aus den nationalen Vorschriften, dass die Begrifflichkeit "Federweißer" nur auf solche Produkte zuträfe, die "zum unmittelbaren Verzehr bestimmt" seien. Dies sei indes nur dann der Fall, wenn es sich um ein Produkt handele, das noch gäre. Auch entspräche nur dieses Verständnis dem deutschen Sprachgebrauch, denn der Verbraucher gehe nach seinem an Herkömmlichkeit und Üblichkeit orientierten Sprachverständnis davon aus, dass Federweißer ein im Zustand der Gärung befindliches Erzeugnis sei, im Herbst in offenen Flaschen abgegeben werde und zügig konsumiert werden müsse. Der auf dem Etikett enthaltene Hinweis auf die Haltbarkeit des verschlossenen Produktes, könne eine Irreführung nicht ausschließen, da er vor diesem Hintergrund widersprüchlich sei.

Gegen die Entscheidung können die Beteiligten innerhalb eines Monats die Zulassung der Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen."

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LG Hamburg: Markenrechtsverletzung durch Bezeichnung eines Produkts wenn fremde Marke mit weiteren beschreibenden Begriffen verwendet wird

LG Hamburg
Urteil vom 17.01.2017
312 O 200/16


Das LG Hamburg hat entschieden, dass eine Markenrechtsverletzung vorliegt, wenn die Bezeichnung eines Produkts eine fremde Marke mit weiteren beschreibenden Begriffen enthält.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klagmarke „M.“ ist von überdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft.

„M.“ ist von Haus aus zumindest durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Allein die Kürze des Zeichens bedingt keine Schwäche der Kennzeichnungskraft. Die Marke „M.“ hat keinen erkennbaren eigenen Wortsinn und ist dementsprechend geeignet, zur Unterscheidung von Waren ihres Inhabers von solchen anderer Unternehmen zu dienen. Konkrete Anhaltspunkte für eine von Haus aus schwache Kennzeichnungskraft bestehen nicht.

Die Kennzeichnungskraft von „M.“ ist durch Benutzung der Marke, welche die Klägerin mit den Beispielen im Anlagenkonvolut K 2 belegt hat, erhöht und damit überdurchschnittlich.

c.

Das Zeichen „Mo“ der Klägerin und die von der Beklagten gewählte Bezeichnung für die Sporthose „Zumba Fitness M. Herren Hose Fun S schwarz - back to black“ sind aufgrund der Übereinstimmung im Bestandteil „M.“ einander ähnlich. Denn die Wortmarke der Klägerin kommt in der Produktbezeichnung der Beklagten vor und hat hier im Gesamteindruck der Bezeichnung eine selbständig kennzeichnende Stellung.

aa.

Im Grundsatz ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr bei Übereinstimmung nur in einem Bestandteil der Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen als Ganzes maßgeblich (st. Rspr.: BGH, GRUR 2010, 235 AIDA/AIDU; vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 14 Rz. 1007). Denn der Durchschnittsverbraucher nimmt Marken normalerweise als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. EuGH, GRUR 1998, 387 - Sabel, Tz. 23 mwN).

Bei der Übereinstimmung in Zeichenbestandteilen ist zu prüfen, ob der Gesamtbegriff von einem Bestandteil - hier „M.“ - geprägt wird oder dieser Zeichenbestandteil eine selbstständig kennzeichnende Stellung im übereinstimmenden Bestandteil des angegriffenen Zeichens behalten hat. Ergibt die Analyse, dass der übereinstimmende Bestandteil allein oder zumindest zusammen mit anderen Bestandteilen prägt, ist der Grad der Zeichenähnlichkeit festzustellen und in die Gesamtprüfung der Verwechslungsgefahr unter Beachtung der Wechselbeziehung zu Kennzeichnungskraft und Waren/Dienstleistungen Ähnlichkeit einzubeziehen (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 14 Rz. 999 ff.).

Die Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks schließt es auch nicht aus, dass ein als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder komplexe Kennzeichnung aufgenommenes Zeichen darin eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt, und dass dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 2006, 859 - Malteserkreuz; EuGH, GRUR 2005, 1042, Rz. 29 ff. - Thomson Life). In einem solchen Fall kann der von dem zusammengesetzten Zeichen hervorgerufene Gesamteindruck das Publikum glauben machen, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen, in welchem Fall das Vorliegen von Verwechslungsgefahr zu bejahen ist (vgl. EuGH, GRUR 2005, 1042, Rz. 31 - Thomson Life). Die Feststellung von Verwechslungsgefahr kann nicht von der Voraussetzung abhängig gemacht werden, dass der von dem zusammengesetzten Zeichen hervorgerufene Gesamteindruck von dem Teil des Zeichens, das die ältere Marke bildet, dominiert wird (vgl. EuGH, GRUR 2005, 1042, Rz. 32 - Thomson Life). Danach genügt für die Feststellung von Verwechslungsgefahr, dass das Publikum aufgrund der von der älteren Marke behaltenen selbständig kennzeichnenden Stellung innerhalb des Gesamtzeichens auf den Inhaber dieser Marke mit der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen schließen könnte, die von den zusammengesetzten Zeichen erfasst werden (EuGH, GRUR 2005, 1042, Rz. 36 - Thomson Life).

bb.

Nach diesen Grundsätzen behält „M.“ in der langen Kennzeichnung „Zumba Fitness M. Herren Hose Fun S schwarz - back to black“ und damit auch in der Kurzform „Zumba Fitness M.“ eine selbständig kennzeichnende Stellung und ist Ähnlichkeit der Zeichen zu bejahen.

Die dem Bestandteil „M.“ folgenden Worte „Herren Hose Fun S schwarz“ sind rein beschreibend und allgemein verständlich, gleiches gilt für das vorangehende Wort „Fitness“. „Zumba“ und die Zusammensetzung „Zumba Fitness“ sind zwar als Markenzeichen geschützt, haben aber dennoch einen stark beschreibenden Anklang. „Zumba“ ist den angesprochenen Verkehrskreisen als (Tanz-)Sportart bekannt. Dies kann die Kammer, deren Mitglieder den angesprochenen Verkehrskreisen angehören, aus eigener Kenntnis beurteilen.

Das Wort „M.“ dagegen hat keine verständliche Bedeutung. Soweit die Beklagte vorträgt, dass „M.“ eine Abkürzung für die Worte „Mode“ oder „Modell“ sei, sind dies jedenfalls keine gebräuchlichen oder allgemein verständlichen Abkürzungen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte die Abkürzung in einem solchen Sinne für die angesprochenen Verkehrskreise verständlich gemacht hätte.

Bei „- back to black“ schließlich handelt es sich um ein Wortspiel mit der Farbe der angebotenen Hose, die schwarz ist. Das Wortspiel mit „back to black“ ist zum einen leicht verständlich und wohl wörtlich gemeint, zum anderen erinnert „back to black“ aber auch an das bekannte Lied von Amy Winehouse. In dem gesamten Zeichen „Zumba Fitness M. Herren Hose Fun S schwarz - back to black“ ist „M.“ der einzige Bestandteil ohne jeden erkennbaren Sinn und behält schon deshalb seine selbständig kennzeichnende Stellung.

Dass die Beklagte „M.“ in der Schreibweise „M.“ verwendet hat, führt aus der Ähnlichkeit mit dem als Wortmarke eingetragenen Zeichen „M.“ nicht heraus. Allein die Anzahl der von der Beklagten in ihrer Warenbezeichnung verwendeten Einzelzeichen wie Buchstaben und Leerstellen ändert daran nichts.

Demnach bringt das Publikum wegen der von „M.“ besetzten selbständig kennzeichnenden Stellung auch den Inhaber dieser Marke mit der Herkunft der Waren der Beklagten, die von den zusammengesetzten Zeichen erfasst werden, in Verbindung. Es besteht Zeichenähnlichkeit.

d.

Bei Warenidentität, überdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft und vorhandener Zeichenähnlichkeit ist aufgrund der selbstständigen Stellung von „M.“ in der von der Beklagten verwendeten Bezeichnung eine Verwechslungsgefahr und damit ein Unterlassungsanspruch der Klägerin zu bejahen. Eine Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr hinsichtlich der Kurzform „Zumba Fitness M.“ ergibt sich wiederum daraus, dass die weiteren Bestandteile des von der Beklagten verwendeten Zeichens „Zumba Fitness M. Herren Hose Fun S schwarz - back to black“ beschreibend sind.


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OLG Frankfurt: Unlautere Rufausbeutung durch Nachahmung einer bekannten Produktgestaltung auch bei unterscheidungskräftiger Bezeichnung - UHU

OLG Frankfurt am Main
Beschluss vom 28.02.2018
6 W 14/18


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine unlautere und damit wettbewerbswidrige Rufausbeutung vorliegt, wenn eine bekannte Produktgestaltung (hier: schwarz-gelbe Tube für Klebstoff) nachgeahmt wird auch wenn das Produkt mit einer unterscheidungskräftigen Bezeichnung versehen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Antragstellerin ist einer der deutschlandweit größten Hersteller von Klebstoffen. Unter anderem vertreibt sie das Produkt "UHU der Alleskleber", das in einer Tube mit gelber Grundfarbe und schwarzer Aufschrift sowie einer schwarzen Verschlusskappe vertrieben wird. Die Variante "tropffrei" wird mit einem roten Punkt auf der Tube vertrieben (Bl. 6 der Akten).

Die Antragsgegnerin ist ein Unternehmen mit Sitz in Malaysia. Auf der Fachmesse "Paperworld 2018" in Frankfurt stellte sie auf ihrem Messestand das im Tenor wiedergegebene Produkt aus. Die Antragstellerin sieht darin eine unlautere Nachahmung und begehrt Unterlassung. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie der gestellten Anträge wird auf die Antragsschrift sowie die Beschwerdeschrift Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 02.02.2018 die Eilanträge zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Den auf Anordnung eines dinglichen Arrests gerichteten Antrag zu 2. hat sie im Beschwerdeverfahren zurückgenommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

1. Es besteht ein Verfügungsgrund. Die Dringlichkeit wird nach § 12 II UWG vermutet. Gründe, die der Dringlichkeit ausnahmsweise entgegenstehen können, sind nicht ersichtlich.

2. Der Antragstellerin steht gegen die Antragsgegnerin ein Anspruch auf Unterlassung des Anbietens des im Antrag wiedergegebenen Produkts aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 3 b) UWG zu.

a) Das Produkt "UHU der Alleskleber" der Antragstellerin genießt wettbewerbliche Eigenart. Voraussetzung für eine wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses ist, dass seine konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, GRUR 2016, 725 Rn. 15 - Pippi-Langstrumpf-Kostüm II). Dabei kommt es auf den Gesamteindruck einer Gestaltung an, wobei auf die Verkehrsanschauung abzustellen ist (BGH, GRUR 2017, 79, Rn. 52, 59 - Segmentstruktur). Diese Voraussetzungen liegen vor. Die äußeren Merkmale der Produktverpackung des "UHU der Alleskleber" sind geeignet, auf die betriebliche Herkunft und auf die Besonderheiten des Produkts hinzuweisen. Der Gesamteindruck der Klebstofftube wird maßgeblich geprägt durch die Tubenform, die gelbe Grundfarbe, die schwarzer Aufschrift sowie die schwarze Drehverschlusskappe. Ein markantes Merkmal der Variante "tropffrei" liegt außerdem in dem roten Punkt. Diese Merkmale sind den maßgeblichen Verkehrskreisen - dem Endverbraucher - geläufig. Dies kann der Senat aus eigener Sachkunde beurteilen. Die genannte Ausstattung wird seit vielen Jahren verwendet. Das Produkt genießt einen sehr hohen Marktanteil. Die charakteristische Farb- und Formkombination führt dazu, dass das Produkt einen hohen Wiedererkennungswert hat, der unabhängig von der bekannten Wortmarke "UHU" besteht. Das Produkt ist auch dann ohne weiteres zu identifizieren, wenn man es aus größerer Entfernung sieht und den Schriftzug nicht lesen kann.

b) Das Produkt der Antragsgegnerin stellt eine Nachahmung dar. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sind die Merkmale der angegriffenen Ausführungsform auf den überreichten Fotos hinreichend erkennbar. Die prägenden Merkmale, nämlich die Tubenform, die gelbe Grundfarbe, die schwarze Verschlusskappe, die schwarzer Aufschrift sowie der rote Punkt sind in sehr ähnlicher Form vorhanden. Lediglich der Text lässt sich auf den Fotografien nicht lesen. Insofern hat die Antragstellerin schriftsätzlich vorgetragen, in dem roten Punkt befände sich die Angabe "Elite". Der Text über der fett gedruckten Angabe "GLU" laute: "Clear Multi-Purpose Adhesive". Diese vom Originalprodukt abweichenden Angaben führen nicht aus dem Schutzbereich der Originalgestaltung heraus. Die prägenden Gestaltungsmerkmale stimmen überein.

c) Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass keine Unlauterkeit unter dem Gesichtspunkt der Herkunftstäuschung angenommen werden kann. Denn durch die Kennzeichnung mit dem abweichenden Wortzeichen "Elite" erscheint es ausgeschlossen, dass Verbraucher in der für den Tatbestand des § 4 Nr. 3a) allein maßgeblichen Kaufsituation zu der Auffassung gelangen, es handle sich um ein Produkt aus dem Hause der Antragstellerin. Die Antragsgegnerin beutet jedoch den guten Ruf des Produkts der Antragstellerin in unlauterer Weise aus (§ 4 Nr. 3b). Hierfür ist nicht erforderlich, dass die Verbraucher zum Kaufzeitpunkt einer Verwechslung unterliegen. Es reicht aus, dass sie das gute Image des Originalprodukts auf die Nachahmung übertragen. Das liegt hier aus Sicht des Senats besonders nahe. Die Verbraucher erkennen die bewusste Anlehnung an das Originalprodukt und können so zu der Auffassung gelangen, der Klebstoff entspreche auch in seinen Klebeeigenschaften und seiner Qualität dem Originalprodukt.

d) Die Gesamtabwägung führt zu dem Ergebnis, dass das Anbieten der Nachahmung nach § 4 Nr. 3 UWG unlauter ist. Es besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen. Im Streitfall ist von einer hohen wettbewerblichen Eigenart und von einem hohen Grad der Nachahmung auszugehen. Der gute Ruf des Originalprodukts wird in erheblicher Weise ausgenutzt. Etwas anderes lässt sich nicht aus der BGH Entscheidung "UHU" ableiten (GRUR 2009, 783). Der BGH hat dort die Voraussetzungen für eine Benutzungsmarke "schwarz/gelb" verneint. Mit den Voraussetzungen des ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutzes hat er sich ausdrücklich nicht befasst (Rn. 17).

e) Es fehlt auch nicht an einem "Anbieten" gegenüber dem Verkehr im räumlichen Schutzbereich des UWG. Zwar folgt eine Erstbegehungsgefahr des Bewerbens, Anbietens, Vertreibens und Inverkehrbringens gegenüber inländischen Verbrauchern nicht ohne weiteres aus der Präsentation des Produkts auf einer internationalen, ausschließlich dem Fachpublikum zugänglichen Messe (BGH GRUR 2015, 603 - Keksstangen). Die Antragstellerin hat jedoch durch anwaltliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass die Mitarbeiter der Antragsgegnerin am Messestand auf Anfrage bestätigt haben, das Produkt auch nach Deutschland zu liefern.

3. Die einstweilige Verfügung konnte ohne die - im Beschwerdeverfahren ansonsten in der Regel erforderliche - vorherige Anhörung der Antragsgegnerin erlassen werden, da der Sachverhalt nach den vorgelegten Glaubhaftmachungsmitteln geklärt erscheint, keine rechtlich zweifelhaften Fragen zu beantworten sind und die Antragsgegnerin von der ihr durch die Abmahnung eröffneten Möglichkeit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht hat (vgl. Senat, Beschl. v. 1.12.2014 - 6 W 103/14 -, juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 269 Abs. 3, 92 Abs. 2 ZPO."


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