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Bundeskartellamt: Rechtswidrige Beschränkungen des Online-Vertriebs bei Laufschuhen von ASICS durch selektives Vertriebssystem - eBay, Amazon und Preissuchmaschinen unzulässig

Das Bundeskartellamt hat festgestellt, dass das selektive Vertriebssystem für Laufschuhe von ASICS kartellrechtswidrig ist. So war Händlern untersagt, die Produkte in Preissuchmaschinen zu listen sowie eBay und Amazon als Vertriebsplattform zu nutzen. Das Bundeskartellamt stellt zutreffend fest, dass das Verbot vorrangig der Kontrolle des Preiswettbewerbs sowohl im Online-Vertrieb als auch im stationären Vertrieb dient (siehe auch zum Thema "adidias gestattet auf Druck des Bundeskartellamtes zukünftig den Interntervertrieb über eBay, Amazon Marketplace & Co. - bisherige Regelung kartellrechtswidrig").

Die Pressemitteilung des Bundeskartellamtes:

"Rechtswidrige Beschränkungen des Online-Vertriebs bei Laufschuhen von ASICS

Das Bundeskartellamt hat sein Verfahren wegen wettbewerbsbeschränkender Klauseln im Vertriebssystem von ASICS Deutschland abgeschlossen. Die Behörde wirft ASICS vor, insbesondere kleinere und mittlere Vertragshändler beim Online-Vertrieb rechtswidrig beschränkt zu haben.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Beim sich dynamisch entwickelnden Internethandel müssen wir darauf achten, den Interessen der Hersteller gerecht zu werden und gleichzeitig Märkte und Chancen zugunsten von Händlern und Verbrauchern offenzuhalten. Wenn Hersteller ihren Vertragshändlern verbieten, Preisvergleichsmaschinen und Verkaufsportale zu nutzen oder die Verwendung der jeweiligen Markenzeichen für eigene Suchmaschinenwerbung ausgeschlossen wird, kann der Verbraucher gerade die kleineren Händler im Internet de facto nicht mehr finden. Viele Hersteller von Sportschuhen – so mittlerweile auch ASICS – haben eigene Online-Shops etabliert. Sie kooperieren mit großen Marktplätzen wie Amazon. Wenn diese Hersteller gleichzeitig weitreichende Internetbeschränkungen gegenüber ihren überwiegend kleinen Händlern durchsetzen, wird sich das Online-Geschäft letztlich auf die Hersteller selbst und einige große Händler bzw. marktführende Marktplätze konzentrieren.“

ASICS, in Deutschland Marktführer bei Laufschuhen, wählt seine Vertragshändler im Rahmen eines sog. „Selektivvertriebs“ nach strengen Qualitätskriterien aus. Hersteller von Markenprodukten genießen nach deutschem und europäischem Wettbewerbsrecht weitreichende Handlungsspielräume, um einen Qualitätsstandard beim Vertrieb ihrer Produkte zu gewährleisten und ihren Vertragshändlern entsprechende Vorgaben zu machen. Derartige Maßnahmen dürfen aber nicht dazu führen, dass gerade kleine und mittlere Händler darin beschränkt werden, die Produkte auch über das Internet vertreiben zu können. Es besteht die Gefahr, dass den Verbrauchern die Vorteile des Nebeneinanders von stationärem Verkauf und Internetvertrieb durch überschießende Vertriebsbeschränkungen vorenthalten werden. Der Selektivvertrieb darf nicht dazu genutzt werden, die Angebotsbreite im Internet und die mit ihr verbundenen preissenkenden Tendenzen zu beseitigen.

In der Vergangenheit hat ASICS seinen Händlern unter anderem verboten, für ihren Onlineauftritt Preisvergleichsmaschinen zu nutzen und Markenzeichen von ASICS auf Internetseiten Dritter zu verwenden, um Kunden auf den eigenen Online-Shop zu leiten. Nach Auffassung des Bundeskartellamtes diente dieses Verbot vorrangig der Kontrolle des Preiswettbewerbs sowohl im Online-Vertrieb als auch im stationären Vertrieb. Die Ermittlungen zeigten, dass insbesondere kleine und mittlere Händler den damit verbundenen Verlust an Reichweite nicht kompensieren können.

Das Bundeskartellamt kritisiert darüber hinaus, dass den Händlern die Nutzung von Online-Marktplätzen wie eBay oder Amazon in der Vergangenheit pauschal untersagt wurde. Hierüber musste angesichts der als kartellrechtswidrig festgestellten anderen Internetbeschränkungen nicht mehr entschieden werden.

Durch die Entscheidung soll ein Diskussionsprozess zur kartellrechtlichen Beurteilung von Marktplatzverboten und anderen Internetvertriebsbeschränkungen – auch auf europäischer Ebene – angestoßen werden. Die Wettbewerbsbehörden erhalten zahlreiche Beschwerden von Händlern über die Internet-Vertriebsbedingungen von Markenherstellern. Auch die von der Europäischen Kommission derzeit durchgeführte Sektoruntersuchung E-Commerce wird möglicherweise zu weiteren Erkenntnisgewinnen führen. Zudem sind weitere behördliche oder gerichtliche Entscheidungen zu erwarten.

ASICS Deutschland hat die beanstandeten Vertriebsklauseln inzwischen geändert. Das Unternehmen kann gegen die erlassene Feststellungsentscheidung Beschwerde zum Oberlandesgericht Düsseldorf einlegen."

adidias gestattet auf Druck des Bundeskartellamtes zukünftig den Interntervertrieb über eBay, Amazon Marketplace & Co. - bisherige Regelung kartellrechtswidrig

Das Bundeskartellamt teilt heute in einer Pressemmitteilung mit, dass der Sporartikelhersteller adidas auf Druck des Bundeskartellamtes zukünftig den Internetvertrieb über Handelsplattformen wie eBay, Amazon Marketplace und Co. gestatten wird.

Wir hatten bereits im Jahr 2012 auf die rechtswidrige Praxis des Sportartikelherstellers hingewiesen (siehe z.B. "Adidas plant Vertriebsverbot von Adidasprodukten bei eBay und Amazon - rechtliche Zulässigkeit fraglich" ). Gleichwohl sind viele Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Einschränkung des Online-Vertriebs durch selektive Vertriebssysteme umstritten.

Die Pressemitteilung des BKartA:

"adidas gibt Verkaufsverbot über Online-Marktplätze auf

Das Bundeskartellamt hat sein Verfahren gegen die adidas AG (adidas) eingestellt, nachdem das Unternehmen seine Internet-Vertriebsbedingungen kartellrechtskonform geändert hat.

adidas betreibt ein selektives Vertriebssystem, in dem adidas-Produkte nur über autorisierte Händler an Endkunden verkauft werden dürfen. Die im Jahr 2012 eingeführten e-Commerce Bedingungen enthielten u.a. ein weitreichendes Verkaufsverbot über die großen Online-Marktplätze eBay und Amazon Marketplace, aber auch andere Plattformen wie Rakuten.de, Yatego.de, Hitmeister.de und meinPaket.de. Das Bundeskartellamt hatte nach Eingang einer ganzen Reihe an Beschwerden von Sportfachhändlern ein Verfahren eingeleitet.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Die Möglichkeiten des Internets stellen Hersteller wie Händler vor neue Herausforderungen. Unsere Aufgabe ist es, in diesem dynamischen Umfeld Märkte und Chancen zugunsten von Händlern und Verbrauchern offenzuhalten. Selbstverständlich dürfen Hersteller bei der Auswahl ihrer Händler bestimmte Qualitätsanforderungen stellen. Nach europäischem wie deutschem Kartellrecht ist es aber nicht erlaubt, wesentliche Vertriebskanäle wie den Online-Handel weitgehend auszuschalten. Unser Verfahren gegen adidas sowie auch das noch nicht abgeschlossene Verfahren gegen ASICS sind Pilotverfahren, da derzeit viele Markenhersteller vergleichbare Maßnahmen erwägen. Wir begrüßen, dass adidas seinen autorisierten Einzelhändlern jetzt ermöglicht, nicht nur einen eigenen Online-Shop, sondern auch Shops auf Online-Marktplätzen zu betreiben. Dies ist gerade für kleine und mittlere Sportfachhändler auch in Anbetracht rückläufiger Kundenfrequenzen eine wichtige Möglichkeit, ihren Kundenkreis zu erweitern. Auch die Verbraucher profitieren hiervon ganz unmittelbar.“

Nach umfangreichen Ermittlungen bei den deutschen Händlern und den Sportartikelherstellern wurde adidas im Laufe des Verfahrens informell mitgeteilt, dass schwerwiegende wettbewerbsrechtliche Bedenken im Hinblick auf das Verkaufsverbot über Online-Marktplätze und Beschränkungen der Suchmaschinenwerbung für autorisierte Händler bestehen. Daraufhin hat adidas eine Neufassung der e-Commerce Bedingungen vorgelegt, in der das Verkaufsverbot über Online-Marktplätze komplett entfallen ist. Es wurde außerdem klargestellt, dass es allen autorisierten Händlern freisteht, adidas Markenbegriffe als Suchwort bei der Suchmaschinenwerbung wie z.B. Google AdWords zu verwenden.

Zu der rechtlichen Bewertung in diesem Verfahren, wird das Bundeskartellamt in Kürze einen ausführlichen Fallbericht veröffentlichen.

Auch mit der ASICS Deutschland GmbH, die wegen ähnlicher Vertriebsbedingungen vom Bundeskartellamt abgemahnt worden ist (siehe PM vom 28. April 2014), werden derzeit Gespräche über eine kartellrechtskonforme Ausgestaltung ihres selektiven Vertriebssystems geführt."


OLG Schleswig: Casio darf Händlern Vertrieb von Kameras auf Onlineplattformen nicht verbieten - selektives Vertriebssystem

OLG Schleswig
Urteil vom 05.06.2014
16 U (Kart) 154/13

Das OLG Schleswig hat entschieden, dass der Kamerahersteller Casio Händlern den Vertrieb von Kameras auf Onlineplattformen nicht verbieten darf (zum Thema siehe auch unseren Beitrag "Adidas plant Vertriebsverbot von Adidasprodukten bei eBay und Amazon - rechtliche Zulässigkeit fraglich" und "KG Berlin: Scout darf Händlern nicht untersagen Schulranzen bei eBay, anderen Internetplattformen oder im Online-Shop zu vertreiben").

Die dazugehörige Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale:

"Kamerahersteller Casio Europe darf Vertrieb über Internetplattformen nicht ausschließen – Oberlandesgericht Schleswig bestätigt Unterlassungsanspruch der Wettbewerbszentrale

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat mit Urteil vom 05.06.2014 (Az. 16 U (Kart) 154/13, nicht rechtskräftig) die Berufung des Kameraherstellers Casio gegen ein Unterlassungsurteil des Landgericht Kiel zurückgewiesen. Auf die Klage der Wettbewerbszentrale hin hatte das Landgericht dem Unternehmen die Verwendung folgender Klausel in seinen Händlerverträgen wegen Kartellverstoßes untersagt:

„Der Verkauf über so genannte ‚Internet-Auktionsplattformen’ (z. B. eBay), Internetmarktplätze (z. B. Amazon Marketplace) und unabhängige Dritte ist nicht gestattet.“

Mit dem nun vorliegenden Urteil bestätigt das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in zweiter Instanz, dass die von der Fa. Casio verwendete Händlervereinbarung eine Einschränkung des Wettbewerbs sowohl bewirke als auch bezwecke und daher kartellrechtswidrig sei. Aus Verbrauchersicht bringe der Ausschluss des Vertriebs über Internetplattformen eine Limitierung des Zugangs zum E-Commerce mit sich, da die Erreichbarkeit des Händlers eingeschränkt sei. Für die betroffenen Händler bedeute dies eine Beschränkung des Marktzugangs, denn sie selbst könnten nicht in Konkurrenz zu anderen Unternehmen treten, die gleichwertige Waren auf den Internetplattformen anbieten. Evidente Folge dieser Wettbewerbsbeschränkung sei die Reduzierung des Preisdrucks, die nicht durch andere Preisvergleichsportale oder Online-Shops anderer großer Händler kompensiert werden könne. Vernünftigerweise müsse angenommen werden, dass es dem beklagten Unternehmen gerade auch auf diesen Effekt ankam.

Die zur Rechtfertigung von der Beklagten angeführten Gründe ließ das Oberlandesgericht nicht gelten. Dass es sich bei den Kameras um so hochtechnische und damit erklärungsbedürftige Produkte handele, dass ein Verkauf über Internetplattformen ausgeschlossen werden müsse, leuchtete dem Gericht nicht ein. Zu Unrecht bestreite die Beklagte unter dem Aspekt der Qualitätssicherung die Vorteile, die Online-Plattformen wie Ebay und Amazon für Käuferkunden bieten. Derartige Plattformen böten ein hohes Maß an Transaktionssicherheit. Das Gericht hielt fest, dass ein Unternehmen natürlich entscheiden dürfe, in welcher Art und Weise es seinen Vertrieb organsiert. Das finde aber seine Grenzen in wettbewerbsbeschränkenden Vorgaben die nach dem Gesetz nun einmal grundsätzlich verboten sind. Im Rahmen sog. selektiver Vertriebssysteme mögen zwar beschränkende Vereinbarungen unter bestimmten restriktiven Voraussetzungen zulässig sein. Ein solches System weise aber der Vertrieb der Fa. Casio nicht auf.

Da es sich bei dem Ausschluss des Internetplattformhandels um eine Kernbeschränkung des Wettbewerbs handele, komme auch eine Freistellung vom Kartellverbot nicht in Betracht. Der zuständige Senat des Oberlandesgerichts hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

„Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat die Interessen des Herstellers, der Verbraucher und der Händler umfassend gegeneinander abgewogen und sein Urteil ausführlich begründet. Dieses Judikat wird Maßstäbe in der weiteren Diskussion dieses Fragenkomplexes setzen“ bewertet Dr. Wolfgang Nippe, Mitglied der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale, das aktuelle Urteil. „Die Entscheidung bewegt sich auf der Linie des Bundeskartellamts.“, erklärt Nippe weiter. In einer Pressemitteilung vom 28. April 2014 hatte die Kartellbehörde gegen die Praxis des Schuhherstellers ASICS, den Händlern die Nutzung von Online-Marktplätzen wie eBay oder Amazon ohne Ausnahme zu untersagen, erhebliche Bedenken geäußert."


Bundeskartellamt ermittelt gegen ASICS wegen unzulässiger Beschränkungen des Online-Vetriebs - Unzulässige Wettbewerbsbeschränkungen durch selektives Vertriebssystem

Die Pressemitteilung des Bundeskartellamts:

"Nach vorläufiger Prüfung durch das Bundeskartellamt enthält das selektive Vertriebssystem von ASICS Deutschland, in dem Laufschuhe nur über autorisierte Händler an Endkunden verkauft werden, eine Reihe von schwerwiegenden Wettbewerbsbeschränkungen. Diese Bedenken treffen vor allem die weitgehende Behinderung des Internetvertriebs. ASICS Deutschland wurden die Bedenken des Bundeskartellamtes heute schriftlich mitgeteilt. Dem Unternehmen ist eine Frist zur Stellungnahme bis zum 10. Juni 2014 eingeräumt worden.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Es ist allgemein anerkannt, dass Hersteller ihre Händler nach bestimmten Kriterien auswählen dürfen und Qualitätsanforderungen aufstellen können. ASICS untersagt den Händlern allerdings den Vertrieb über Online-Marktplätze und die Unterstützung von Preisvergleichsmaschinen und schießt damit über das Ziel hinaus. Nach unserer vorläufigen Einschätzung dient das ASICS-Vertriebssystem in der jetzigen Form vorrangig der Kontrolle des Preiswettbewerbs im Online- sowie im stationären Vertrieb. Durch die umfangreichen Vorgaben des Herstellers wird der Wettbewerb unter den Händlern beim Vertrieb von ASICS-Laufschuhen beeinträchtigt. Zudem schränkt ASICS den Wettbewerb im Markt für Laufschuhe insgesamt stark ein, weil ASICS über eine starke Marktposition verfügt und auch andere große Laufschuhhersteller das Onlinegeschäft in ähnlicher Weise beschränken.“

Das Bundeskartellamt kritisiert insbesondere, dass den Händlern die Nutzung von Online-Marktplätzen wie eBay oder Amazon ohne Ausnahme untersagt wird. Die Behörde bemängelt auch, dass ASICS seinen Händlern die Unterstützung von Preisvergleichsmaschinen verbietet. Ferner dürfen die Markenzeichen von ASICS nicht auf Internetseiten Dritter verwendet werden, auch nicht um Kunden auf den Online-Shop des autorisierten ASICS-Händlers zu leiten. Das Bundeskartellamt sieht jedes dieser drei pauschalen Verbote für sich genommen als eine unzulässige Kernbeschränkung an. Zusammen begründen diese Verbote sogar ein de-facto-Verbot des Internetvertriebs.

Kritisch sieht das Bundeskartellamt über die Beschränkungen des Online-Vertriebs hinaus auch die sehr detaillierte Ausdifferenzierung des Vertriebssystems in über 20 Händlerkategorien, denen teilweise ein unterschiedliches Produktsortiment zugewiesen wird. Hieran sind die Händler auch bei Querlieferungen an andere zugelassene ASICS-Händler gebunden. Außerdem können viele der zugelassenen Händler nur ein eingeschränktes Produktsortiment an Endkunden verkaufen.

Viele Markenhersteller sind derzeit damit befasst, ihre selektiven Vertriebssysteme umzustellen und an die Gegebenheiten des Online-Vertriebs anzupassen. Das Bundeskartellamt führt in diesem Zusammenhang derzeit auch ein Verfahren gegen den Sportartikelhersteller Adidas.

Soweit Hersteller konkrete Fragen zur wettbewerbskonformen Ausgestaltung ihrer Selektivsysteme haben, steht das Bundeskartellamt grundsätzlich auch für Gespräche und eine Prüfung dieser Vorschläge bereit."

OLG Düsseldorf: Schadensersatz für Behinderung des Online-Vertriebs von Badarmaturen durch Hersteller - Rabatte für Großhändler die keine Online-Händler beliefern

OLG Düsseldorf
Urteil vom
VI U (Kart) 11/13


Das OLG Düsseldorf hat einen Hersteller von Badarmaturen zu Schadensersatz von ca. 1 Mio. EURO verurteilt. Geklagt hatte ein Onlinehändler. Der Hersteller hatte Großhändlern, die sich vertraglich verpflichtet hatten, Online-Händler nicht zu beliefern, Rabatte gewährt. Das OLG Düsseldorf sah darin völlig zu Recht einen kartellrechtlichen Verstoß.

Auch das Bundeskartellamt hatte sich im Jahr 2011 mit dem Fall befasst: "Bundeskartellamt stellt sicher: Hochwertige Sanitärarmaturen im Internet erhältlich".

Der Fall zeigt: Unzulässige Vertriebsbeschränkungen können teuer enden. Neben hohen Geldbußen drohen hohe Schadensersatzforderungen geschädigter Händler. Wer als Online-Händler unter unzulässigen Vertriebsbeschränkungen zu leiden hat oder hatte, sollte nicht davor zurückschrecken Schadensersatzansprüche durchzusetzen.


Entscheidung des KG Berlin zur Unzulässigkeit des Verbots Markenprodukte bei eBay, amazon & Co. zu verkaufen liegt im Volltext vor - nur bei strenger Umsetzung zulässig

KG Berlin
Urteil vom 19.09.2013
2 U 8/09 Kart


Die Entscheidungsgründe liegen vor.

Wir hatten bereits in dem Beitrag "KG Berlin: Scout darf Händlern nicht untersagen Schulranzen bei eBay, anderen Internetplattformen oder im Online-Shop zu vertreiben" über die Entscheidung berichtet.

Gericht führt in der Urteilsbegründung aus, dass ein solches Verbot grundsätzlich zulässig sein kann. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Beschränkungen vom Markenhersteller konsequent und diskriminierungsfrei umgesetzt wird. Dies sei - so das Gericht - vorliegend nicht der Fall.

Das Kammergericht

"Es spricht viel dafür, dass das von der Beklagten in Anspruch genommene selektive Vertriebssystem jedenfalls insoweit nicht zu beanstanden ist, als es
den Vertrieb der von ihr hergestellten Schulranzen und -rucksäcke über "eBay" verbietet (a). Allerdings ist die Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis zu
bestätigen, weil die Beklagte ihr Vertriebssystem nicht diskriminierungsfrei anwendet. Unstreitig nutzt sie auch Absatzwege, die nicht nur außerhalb des
von ihr geschaffenen Systems liegen, sondern auch noch die Gründe, die sie zur Rechtfertigung dieses Vertriebssystems angegeben hat, konterkarieren (b)"



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

KG Berlin: Scout darf Händlern nicht untersagen Schulranzen bei eBay, anderen Internetplattformen oder im Online-Shop zu vertreiben

KG Berlin
Urteil vom 19.09.2013
2 U 8/09 Kart


Zahlreichen Herstellen ist der (oft preisgünstigere) Online-Vertrieb ein Dorn im Auge. Dies hat dazu geführt, dass Hersteller durch vertragliche Bestimmungen mit Händlern den Online-Vertrieb einschränken oder verbieten wollen (siehe zum Thema auch "Adidas plant Vertriebsverbot von Adidasprodukten bei eBay und Amazon - rechtliche Zulässigkeit fraglich" sowie "Bundeskartellamt ermittelt gegen ASICS wegen Vertriebsverbot auf Plattformen wie eBay und Amazon"). Letztlich geht es den Herstellern darum, die Preise ihrer Produkte stabil zu halten.

Das Kammergericht hat nun völlig zutreffend entschieden, dass der Schulranzenhersteller Scout den belieferten Händlern nicht untersagen darf, Schulranzen bei eBay, anderen Internetplattformen oder im Online-Shop zu vertreiben. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor.

Auch wir haben stets diese Rechtsansicht vertreten. Das Gericht hat die Revision zugelassen, so dass sich voraussichtlich der BGH in Zukunft mit dieser juristisch umstrittenen und für den Online-Handel wichtigen Frage auseinandersetzen wird.


Bundeskartellamt ermittelt gegen ASICS wegen Vertriebsverbot auf Plattformen wie eBay und Amazon

Wie die Financial Times Deutschland berichtet ermittelt das Bundeskartellamt gegen den Sportartikel Hersteller ASICS wegen des Vertriebsverbots von ASICS-Produkten über Online-Plattformen wie eBay oder Amazon.

Auch nach unserer Ansicht ist ein derartiges Verkaufsverbot rechtlich äußerst problematisch und nur schwer mit der Rechtsprechung des EuGH in Einklang zu bringen (siehe "Adidas plant Vertriebsverbot von Adidasprodukten bei eBay und Amazon - rechtliche Zulässigkeit fraglich")


Adidas plant Vertriebsverbot von Adidasprodukten bei eBay und Amazon - rechtliche Zulässigkeit fraglich

Der Sportartikelhersteller Adidas plant, wie markt intern berichtet, ab 2013 ein Vertriebsverbot von Adidasprodukten bei eBay, Amazon und anderen Online-Marktplätzen. Dem Sportartikelhersteller dürfte es, wie es in solchen Fällen regelmäßig der Fall ist, primär um die Kontrolle des Internetvertriebs und letztlich die Preisgestaltung seiner Produkte gehen.

Es ist fraglich, ob dieses Vorgehen mit der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 101 Abs. 3 AEUV vereinbar ist. Der EuGH hat mit Urteil vom 13.10.2011 - C-439/09 - Pierre Fabre Dermo-Cosmétique, wo es allerdings im den Verbot des gesamten Internetvertriebs ging, deutlich gemacht, dass der EuGH Vertriebsverbote nur in engen Ausnahmefällen zulässt und die einschlägigen Vorschriften entsprechend streng auslegt.

EuGH: Verbot des Vertriebs von Produkten über das Internet im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems regelmäßig unzulässig

EuGH,
Urteil vom 13.10.2011
C-439/09
Pierre Fabre Dermo-Cosmétique


Die Entscheidung des EuGH:

1. Art. 101 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems eine Vertragsklausel, nach der der Verkauf von Kosmetika und Körperpflegeprodukten in einem physischen Raum und in Anwesenheit eines diplomierten Pharmazeuten erfolgen muss und die ein Verbot der Nutzung des Internets für diese Verkäufe zur Folge hat, eine bezweckte Beschränkung im Sinne dieser Bestimmung darstellt, wenn eine individuelle und konkrete Prüfung des Inhalts und des Ziels dieser Vertragsklausel sowie des rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs, in dem sie steht, ergibt, dass diese Klausel in Anbetracht der Eigenschaften der in Rede stehenden Produkte nicht objektiv gerechtfertigt ist.

2. Art. 4 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen ist dahin auszulegen, dass die in Art. 2 der Verordnung vorgesehene Gruppenfreistellung nicht auf eine selektive Vertriebsvereinbarung anwendbar ist, die eine Klausel enthält, die de facto das Internet als Vertriebsform für die Vertragsprodukte verbietet. Dagegen kann auf eine solche Vereinbarung die Legalausnahme in Art. 101 Abs. 3 AEUV individuell anwendbar sein, wenn die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt sind.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Generalanwalt EuGH: Generelles Verbot des Internetvertriebs im Rahmen selektiver Vertriebssysteme nur im Ausnahmefall zulässig

Generalanwalt EuGH
Schlussantrag vom 03.03.2011
C-439/09
Internetvertrieb


Der Generalanwalt beim EugH vertritt in seinen Schlussanträgen die Ansicht, dass ein generelles Verbot des Internetvertriebs auch im Rahmen selektiver Vertriebssysteme nur in engen Ausnahmefällen zulässig ist. Dies kann jedenfalls nur durch eine Einzelfreistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV erfolgen, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorliegen.


Im Schlussantrag heißt es:

1. Ein den Vertriebshändlern eines selektiven Vertriebsnetzes auferlegtes allgemeines und absolutes Verbot, Produkte über das Internet an Endbenutzer zu verkaufen, das den Parallelhandel in einem weiteren Umfang verhindert oder einschränkt als die mit jeder selektiven Vertriebsvereinbarung verbundenen Beschränkungen und das über das hinausgeht, was für einen Vertrieb der Produkte in einer nicht nur ihren materiellen Eigenschaften, sondern auch ihrer Ausstrahlung oder ihrem Image angemessenen Weise objektiv erforderlich ist, bezweckt die Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG.

2. Einer selektiven Vertriebsvereinbarung, die ein allgemeines und absolutes Verbot von Verkäufen über das Internet enthält, kann keine Gruppenfreistellung nach der Verordnung Nr. 2790/1999 der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen zugutekommen, da ein solches Verbot eine Beschränkung des aktiven und passiven Verkaufs im Sinne von Art. 4 Buchst. c dieser Verordnung darstellt. Der von einem zugelassenen Vertriebshändler getätigte Verkauf von Vertragsprodukten über das Internet erfüllt nicht den Tatbestand des „Betreibens von Geschäften von nicht zugelassenen Niederlassungen aus“ im Sinne von Art. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 2790/1999.

3. Einer selektiven Vertriebsvereinbarung, die ein allgemeines und absolutes Verbot von Verkäufen über das Internet enthält, kann eine Einzelfreistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG zugutekommen, sofern die dort genannten vier Tatbestandsmerkmale kumulativ erfüllt sind.

Das vollständige Dokument in der Rechtssache C-439/09

LG Mannheim: Hersteller von Schulranzen ist berechtigt den Vertrieb über die Auktionsplattform eBay zu verbieten

Das LG Mannheim hat mit Urteil vom 14.03.2008 - 7 O 263/07 Kart entschieden, dass der Hersteller von hochwertigen Schulranzen berechtigt ist, seinen Vertriebspartnern den Vertrieb über die Auktionsplattform eBay zu verbieten und einen Verstoß gegen kartellrechtliche Vorschriften verneint. Das LG Berlin vertritt die gegenteilige Ansicht (6 O 412/07 Kart). Der BGH hatte seinerzeit mit Urteil vom 04.11.2003 – KZR 2/02 entschieden, dass ein Hersteller von Luxuskosmetika nicht verpflichtet ist, Online-Händler zu beliefern. Der BGH ist der Ansicht, dass der Betreiber eines selektiven Vertriebssystems für hochwertige Markenparfums ein berechtigtes Interesse daran hat, den Online-Vertrieb auszuschließen oder an besondere Voraussetzungen zu knüpfen. Ob sich diese Grundsätze auch auf alltägliche Produkte wie Schulranzen übertragen lassen, ist zumindest sehr fraglich.


LG Mannheim, Urteil vom 14.3.2008 - 7 O 263/07 Kart

Leitsätze des Gerichts:

1. Richtet der Hersteller von hochpreisigen Schulranzen, die er als Markenware vertreibt, ein selektives Vertriebssystem ein, in dem er seinen Fachhändlern vorschreibt, ein stationäres Einzelhandelsgeschäfts mit dem Ambiente eines Fachgeschäfts zu unterhalten, sämtliche Markenprodukte einschließlich von Ergänzungswaren zu bevorraten und anzubieten, kompetentes Fachpersonal einzusetzen und das Geschäft während der ortsüblichen Ladenöffnungszeiten geöffnet zu halten, so bedeutet die zusätzliche Verpflichtung, im Internet nur über einen diesen Anforderungen entsprechenden eigenen Internetshop und nicht über Auktionsplattformen zu vertreiben, keinen Verstoß gegen § 1 GWB, weil sich diese Bedingungen für den Internetvertrieb auf das zur Gewährleistung eines qualitätsangemessenen Vertriebs Erforderliche beschränken.

2. Auch wenn der Hersteller Normadressat ist und der Abnehmer von ihm sortimentsbedingt abhängig ist, liegt in diesem Fall kein Verstoß gegen §§ 19, 20 GWB vor, weil die Abwägung aller Interessen unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes ergibt, dass die darin liegende Behinderung nicht unbillig ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:
"LG Mannheim: Hersteller von Schulranzen ist berechtigt den Vertrieb über die Auktionsplattform eBay zu verbieten" vollständig lesen