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LG Hagen: Unzulässige Werbung mit Berufsbezeichnung Steuerberater ohne Abschluss und durch unzulässige Bezeichnung Steuerbetriebswirt in Online-Verzeichnis

LG Hagen
Urteil vom 17.12.2019
23 O 36/18

Das LG Hagen hat wenig überraschend entschieden, dass es wettbewerbswidrig ist, wenn in einem Online-Verzeichnis mit der Berufsbezeichnung Steuerberater geworben wird, ob wohl der Anbieter kein Steuerberater ist. Auch die Verwendung des Bezeichnung Steuerbetriebswirt ist unzulässig.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung, geschäftsmäßig Steuerrechtshilfe anzubieten durch die Führung der Bezeichnung „Steuerbetriebswirtin“ gem. §§ 3, 3a, 5, 5a UWG i. V. m. §§ 5, 8 StBerG.

Die Klägerin ist klagebefugt gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.

Vor dem Hintergrund ihrer Tätigkeit zum Zeitpunkt der Abmahnung für den Lohnsteuerhilfeverein in Hagen und Witten ist das Führen der Bezeichnung „Steuerbetriebswirtin“ und „Steuerberater“ eine geschäftliche Handlung der Beklagten i. S. d. § 8 Abs. 1 S. 1 UWG.

Die Beklagte hat durch die Eintragung als Steuerbetriebswirtin gegen §§ 3, 3a,5, 5a UWG i. V. m. § 43 Abs. 4 S. 2 StBerG verstoßen. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte selbst diese Eintragung veranlasst hat oder ob die Unternehmen telekom und 11880 diese Eintragungen dadurch vornehmen konnten, dass sie sich die Daten aus ihnen zugänglichen Quellen schöpften. Denn spätestens mit Kenntnis der Eintragungen infolge des Abmahnschreibens der Klägerin vom 10.7.2018 wusste die Beklagte, dass sie bei dastelefonbuch.de und 11880.de entsprechend eingetragen war. Denn es ist jedenfalls anerkannt, dass eine Handlung, die zunächst mangels Kenntnis eines wesentlichen Tatumstandes möglicherweise nicht sittenwidrig ist, jedenfalls von dem Augenblick an unlauter wird, in dem der Verletzer nachträglich Kenntnis von dem betreffenden Tatumstand erhält (vgl. nur BGH, GRUR 1992, 448, Urteil v. 30.01.1992, I ZR 113/90 "Pullovermuster").

Die Beklagte war zur Führung der Berufsbezeichnung „Steuerbetriebswirtin“ nicht berechtigt. Gem. § 43 Abs. 1 StBerG sind zugelassene Berufsbezeichnungen „Steuerberater oder „Steuerbevollmächtigter“ und die dazu gehörigen weiblichen Formen. Gem. § 8 StBerG dürfen die in §§ 3 und 6 StBerG genannten Personen auf ihre Tätigkeiten hinweisen. Danach wäre die Beklagte u. U. noch berechtigt gewesen, auf ihre Buchhaltungstätigkeit im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit im Lohnsteuerhilfeverein hinzuwesen. Die Führung weiterer Berufsbezeichnungen hingegen ist nur gestattet, wenn sie amtlich verliehen worden sind, § 43 Abs. 2 StBerG. Andere Zusätze und der Hinweis auf eine ehemalige Beamteneigenschaft sind im beruflichen Verkehr unzulässig. Die Berufsbezeichnung „Steuerbetriebswirtin“ ist in keiner der genannten Vorschriften aufgeführt. Sie veranlasst aber zu der Annahme, dass der- oder diejenige, welche sich so bezeichnet, mehr zu leisten in der Lage ist, als reine Buchhaltungstätigkeiten zu erbringen, und etwas weniger, als möglicherweise ein Steuerberater an Leistungen erbringen kann. Die Beklagte ist aber lediglich berechtigt und in der Lage, Buchhaltungstätigkeiten i. S. d. § 6 StBerG zu erbringen.

Dass die Beklagte ein Zeugnis des Instituts IDB erworben hat, berechtigt sie ebenfalls nicht zur Führung der Bezeichnung „Steuerbetriebswirtin“. Schon das Zeugnis selbst weist die Beklagte lediglich als Betriebswirtin aus. Im Übrigen lässt der Klammerzusatz (IDB) erkennen, dass es sich dabei lediglich um einen Betriebswirt des Instituts für Datenverarbeitung und Betriebswirtschaft GmbH handelt und nicht etwa um einen allgemeinen Studien-Abschluss.

Vor diesem Hintergrund ist die Bezeichnung „Steuerbetriebswirtin“ irreführend. Werbend ist die Tätigkeit bei der gebotenen objektiven Betrachtung gem. § 8 StBerG bereits dann, wenn die Bezeichnung ein Mehr an Leistungen erwarten lässt, als die Beklagte tatsächlich zu leisten in der Lage ist. Anders aber als etwa ein Lohnsteuerhilfeverein allein durch diese Bezeichnung bereits nicht vorgibt, Tätigkeiten eines Steuerberaters oder eines Steuerfachwirts zu leisten (vgl. dazu BGH, MDR 2011, 745 ff., zit. nach juris Rn. 15), ist dies bei der geführten Bezeichnung der Beklagten „Steuerbetriebswirt“ nicht der Fall, weil dieses Tätigkeitsbild keine allgemein bekannte Konkretisierung erfahren hat, die eine Irreführung ausschließt.

Die Bezeichnung „Steuerberater“ darf die Beklagte erst recht nicht führen, § 43 Abs. 4 StBerG. Ihr Zusatz ist ohne Weiteres wettbewerbswidrig gem. §§ 1, 3 UWG.

Ein Wettbewerbsverstoß kann auch nicht deswegen verneint werden, weil die Beklagte gem. § 28 BDSG an der Löschung gehindert wäre. Bei den genannten Telefonverzeichnissen handelt es sich ersichtlich nicht um Archive, sodass die Beklagte jederzeit die Möglichkeit hat, fehlerhafte Daten berichtigen zu lassen.

Die Beklagte handelt auch nicht deshalb nicht wettbewerbswidrig, weil sie nach der Abmahnung die Löschung veranlasst hat. Dabei kann dahinstehen, ob sie das bereits am 18.7.2018 versucht hat oder zu einem späteren Zeitpunkt. Zum einen ist ihr dies bei www.dastelefonbuch.de offensichtlich nicht gelungen, da sie auch nach der von ihr behaupteten Löschung weiter als Steuergehilfin geführt worden ist. Zum zweiten besteht trotz behaupteter Entfernung der Eintragung wegen der bereits vorgenommenen fehlerhaften Eintragung weiter die Gefahr eines erneuten Wettbewerbsverstoßes, der die Klägerin zur Aufforderung zur Unterlassung berechtigt, zumal die Beklagte nicht bereit war, eine allgemeine Unterlassungserklärung abzugeben (vgl. Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 36. Aufl. 2018, § 12 Rn. 1.49 sowie Rn. 1.36a).

§ 5 und § 8 StBerG sind Marktverhaltensregelungen, deren Verletzung zugleich einen Verstoß gegen § 3a UWG begründen, der den Unterlassungsantrag rechtfertigt.

Der Antrag zu 1.a) ist inhaltlich nicht zu weit gefasst. Vor dem Hintergrund der Veröffentlichung in Internet-Telefonverzeichnissen darf die Klägerin die Unterlassung in ähnlich gelagerten Fällen begehren, dazu gehören die Printmedien ebenso wie die weiterein im Antrag genannten Publikationsmöglichkeiten."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Buchhalter muss sich nicht Buchhalter nennen - Irreführung über Tätigkeitsbereich ist aber zu vermeiden - Mobiler Buchhaltungsservice

BGH
Urteil vom 25.06.2015
I ZR 145/14
Mobiler Buchhaltungsservice
UWG § 4 Nr. 11, § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1; StBerG § 6 Nr. 3 und 4, § 8Abs. 4 Satz 1 und 3


Der BGH hat entschieden, dass ein Buchhalter sich nicht zwingend Buchhalter nennen muss. Eine Irreführung über Tätigkeitsbereich ist aber zu vermeiden.

Leitsätze des BGH:

a) Die in § 6 Nr. 4 StBerG bezeichneten Personen sind gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 StBerG berechtigt, aber nicht verpflichtet, sich als Buchhalter zu bezeichnen. Ihnen ist es nach § 8 Abs. 4 Satz 1 StBerG nicht verboten, eine andere Bezeichnung als die des Buchhalters zu verwenden.

b) Die in § 6 Nr. 4 StBerG bezeichneten Personen sind nicht verpflichtet, die von ihnen angebotenen Tätigkeiten nach § 6 Nr. 3 und 4 StBerG im Einzelnen aufzuführen, wenn sie auf ihre Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen hinweisen und sich als Buchhalter bezeichnen oder unter Verwendung von Begriffen wie "Buchhaltungsservice“ werben. Sie müssen aber eine durch solche Angaben hervorgerufene Gefahr der Irreführung des angesprochenen Verkehrs über die von ihnen angebotenen Tätigkeiten auf andere Weise ausräumen.

BGH, Urteil vom 25. Juni 2015 - I ZR 145/14 - OLG Karlsruhe - LG Karlsruhe

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Steuerberater darf für Mandanten eingelegten Einspruch nicht eigenmächtig zurücknehmen - Ohne Anlass keine Verpflichtung Jahresberichte des Bundesfinanzhofs einzusehen

BGH
Urteil vom 25.09.2014
IX ZR 199/13
BGB §§ 675, 665

Leitsätze des BGH:


a) Der Steuerberater ist ohne besonderen Anlass nicht verpflichtet, die Jahresberichte des Bundesfinanzhofs einzusehen.

b) Der Steuerberater darf einen im Auftrag des Mandanten eingelegten Einspruch nicht eigenmächtig zurücknehmen.

BGH, Urteil vom 25. September 2014 - IX ZR 199/13 - LG Stendal- AG Stendal

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: Kanzlei darf nicht mit Zusatz "Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer" werben, wenn nur Kooperation mit Wirtschaftsprüfer und keine haftungsrechtliche Einheit besteht

BGH
Urteil vom 06.11.2013
I ZR 147/12
Kooperation mit Wirtschaftsprüfer
UWG § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3


Der BGH hat entschieden, dass eine Kanzlei nicht mit dem Zusatz "Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer" werben darf, wenn nur eine Kooperation mit einem Wirtschaftsprüfer und keine haftungsrechtliche Einheit besteht.

Leitsätze des BGH:

a) Auch wenn Rechtsanwälten mittlerweile zahlreiche Rechtsformen für die gemeinschaftliche Berufsausübung zur Verfügung stehen, hat der Verkehr die berechtigte Erwartung, dass sich die unter einer einheitlichen Kurzbezeichnung auftretenden Berufsträger unter Aufgabe ihrer beruflichen und unter-nehmerischen Selbständigkeit zu gemeinschaftlicher Berufsausübung in einer haftungsrechtlichen Einheit verbunden haben.

b) Eine Bürogemeinschaft oder Kooperation unternehmerisch eigenständiger Berufsträger wird der Verkehr unter einer einheitlichen Kurzbezeichnung nur bei hinreichend deutlichen Hinweisen erkennen.

BGH, Urteil vom 6. November 2013 - I ZR 147/12 - OLG Bamberg - LG Hof

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Verwendung der Domain steuerberater-suedniedersachsen.de durch einen Steuerberater zulässig

BGH
Urteil vom 01.09.2010
StbSt (R) 2/10
steuerberater-suedniedersachsen.de


Der BGH hat im Rahmen eines berufsgerichtlichen Verfahrens völlig zu Recht entschieden, dass es rechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn ein Steuerberater die Domain steuerberater-suednieddersachsen.de verwendet.

In den Entscheidungsgründen heißt es:

"Eine irreführende und damit unerlaubte Werbung liegt hier allerdings nicht vor. Der aus dem Gattungsbegriff der Steuerberatung und einem regional eingegrenzten Tätigkeitsgebiet kombinierte Domainname kann bei dem – insoweit korrespondierend mit den Kriterien des allgemeinen Wettbewerbsrechts (vgl. BGHZ 153, 61, 65) – maßgeblichen durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, der das fragliche Werbeverhalten mit einer der Situation angemessenen Aufmerksamkeit verfolgt (vgl. BGHZ 148, 1, 7; 153, 61, 66; BGH NJW 2003, 504, 505), nach der Lebenserfahrung nicht die Gefahr einer Irreführung bewirken."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: