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OVG Münster: Gastro-Kontrollbarometer bzw. Hygiene-Ampel für Gastronomietriebe mangels ausreichender Rechtsgrundlage für Datenübermittlung unzulässig

OVG Münster
Urteile vom 12.12.2016
13 A 846/15
13 A 2059/15


Das OVG Münster hat entschieden, dass das in Bielefeld und Duisburg betrieben Pilotprojekt Gastro-Kontrollbarometer bzw. Hygiene-Ampel, bei dem die hygienischen Zustände in Gastronomiebetrieben mit einem Punktesystem bewertet und veröffentlicht werden, unzulässig ist. Das Verbraucherinformationsgesetz bietet keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung.

Die Pressemitteilung des OVG Münster:

Pilotprojekt "Gastro-Kontrollbarometer" in Duisburg und Bielefeld rechtswidrig

Das Oberverwaltungsgericht hat heute entschieden, dass die Verbraucherzentrale NRW nach dem Verbraucherinformationsgesetz keinen Anspruch darauf hat, dass die Lebensmittelüberwachungsbehörden die im Rahmen der Ri­sikobeurteilung von Gastronomiebetrieben ermittelten Punktwerte herausgeben.

Die beklagten Städte Duisburg und Bielefeld führen zur Ermittlung der Kontrollhäu­figkeit von Gastronomiebetrieben sogenannte risikoorientierte Kontrollen durch. Da­bei verwenden sie ein Beurteilungssystem, wonach in verschiedenen Kategorien durch einen Kontrolleur oder eine Kontrolleurin Punkte vergeben werden. Je größer die Punktzahl ist, desto höher ist die Risikoeinstufung des Betriebs und desto häufi­ger erfolgen behördliche Kontrollen. Zu den zu beurteilenden Kategorien gehören etwa die Einhaltung lebensmittelrechtlicher Bestimmungen, Mitarbeiterschulung, Ei­genkontrolluntersuchungen, bauliche Beschaffenheit oder Personalhygiene. Geför­dert durch das nordrhein-westfälische Verbraucherschutzministerium, beantragte die zu den Verfahren jeweils beigeladene Verbraucherzentrale bei den Städten Duisburg und Bielefeld die laufende Herausgabe des Gesamtpunktwertes für sämtliche Gastronomiebetriebe in Duisburg und Bielefeld. Sie ordnet die Punktwerte sodann drei Ergebnisstufen in den Farben grün, gelb und rot zu und zeigt auf ihrer Internet­seite sowie in einer App die Bewertung auf einem horizontalen Balkendiagramm in den Ampelfarben an. Gegen die Herausgabe der Punktwerte an die Verbraucher­zentrale hatten mehrere Gastronomiebetreiber aus Duisburg und Bielefeld geklagt.

Der 13. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat mit insgesamt neun Urteilen die erstinstanzlichen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Düsseldorf und Minden im Ergebnis bestätigt. Die Weitergabe der von der Verbraucherzentrale nachgefrag­ten Informationen - insbesondere Name und Anschrift des Gastronomiebetriebs so­wie der im Rahmen der Risikobeurteilung ermittelte Punkt­wert - finde im Verbrau­cherinformationsgesetz keine rechtliche Grundlage. Das Er­gebnis der behördlichen Risikobeurteilung in Form eines Punktwerts sei keine Infor­mation, zu der nach die­sem Gesetz Zugang zu gewähren wäre. Der Wert gebe keine Auskunft über konkret festgestellte Abweichungen von lebensmittelrechtlichen Vor­schriften. Es handele sich auch nicht um eine Auswertung einer behördlichen Über­wachungsmaßnahme. Der Punktwert lasse keine Rückschlüsse auf konkrete Ergeb­nisse der Betriebskontrolle zu; eine Weitergabe des Werts entspreche aus diesem Grund auch nicht dem Zweck des Verbraucherinformationsgesetzes, Transparenz zu schaffen.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen ist eine Nichtzulassungsbe­schwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

Aktenzeichen: 13 A 846/15 u.a. (I. Instanz: VG Düsseldorf 26 K 5722/13 u.a.)
13 A 2059/15 (I. Instanz: VG Minden 9 K 2547/13)



BGH: Zum Rückkaufswert von bis Ende 2007 geschlossenen Lebensversicherungsverträgen nach Kündigung durch Versicherungsnehmer

BGH
Urteile vom 11.09.2013
IV ZR 17/13
IV ZR 114/13


Die Pressemitteilung des BGH:

Nr. 147/2013 vom 11.09.2013

Berechnung des Rückkaufswerts von bis Ende 2007 geschlossenen Lebensversicherungsverträgen nach
erfolgter Kündigung


Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit den zwei Urteilen vom heutigen Tag über die Berechnung des Rückkaufswerts von Lebensversicherungen nach erfolgter Kündigung entschieden.

In den zur Beurteilung anstehenden Fällen schlossen die klagenden Versicherungsnehmer jeweils im Jahr 2004 Lebensversicherungsverträge, die sie 2009 kündigten. Die beklagten Versicherer rechneten den von ihnen auf der Grundlage der vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen ermittelten Rückkaufswert ab und zahlten diesen aus. Die Kläger verlangen eine höhere Zahlung und berufen sich darauf, dass der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 25. Juli 2012 (IV ZR 201/10, BGHZ 194, 208; Pressemitteilung Nr. 122/12) Klauseln, die vorsehen, dass die Abschlusskosten im Wege des so genannten Zillmerverfahrens mit den ersten Beiträgen des Versicherungsnehmers verrechnet werden, wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers für unwirksam erachtet hat. Um derartige Klauseln handelt es sich auch in den hier zu beurteilenden Fällen.

Der Bundesgerichtshof hatte in seiner Entscheidung vom 25. Juli 2012 nicht zu beurteilen, welche Rechtsfolgen sich aus der materiellen Unwirksamkeit dieser Klauseln für die Berechnung des Rückkaufswerts bei vorzeitiger Kündigung ergeben. Diese Frage hat er nunmehr entschieden. Danach ist die Vertragslücke, die durch die Unwirksamkeit der Klauseln über die Berechnung des Rückkaufswerts und der Verrechnung der Abschlusskosten entsteht, im Wege ergänzender Vertragsauslegung dahin zu schließen, dass dem Versicherungsnehmer für den Fall der vorzeitigen Vertragsbeendigung zunächst die versprochene Leistung zusteht. Der vereinbarte Betrag der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts darf aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten, der durch die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals bestimmt wird. Der Bundesgerichtshof hat insoweit seine Rechtsprechung zur Berechnung des Rückkaufswerts bei wegen Intransparenz unwirksamen Klauseln aus der Tarifgeneration 1994 – 2001 (Urteil vom 12. Oktober 2005 – IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297) fortgeführt und auch auf die Berechnung des Rückkaufswerts von bis Ende 2007 geschlossenen Verträgen erstreckt, bei denen die Klauseln über die Berechnung des Rückkaufswerts und die Verrechnung der Abschlusskosten wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers unwirksam sind. Damit werden bei der Berechnung des Rückkaufswerts alle bis Ende 2007 geschlossenen Verträge, denen die genannten unwirksamen Klauseln zugrunde lagen, nach denselben Grundsätzen behandelt.

Erst bei ab 2008 geschlossenen Verträgen ist für die Berechnung des Rückkaufswerts die Regelung des § 169 Abs. 3 Satz 1 VVG maßgeblich. Eine rückwirkende Anwendung der Vorschrift auf vor dem 1. Januar 2008 geschlossene Verträge kommt demgegenüber ausweislich des gesetzgeberischen Willens nicht in Betracht.

§ 169 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)



(3) Der Rückkaufswert ist das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung, bei einer Kündigung des Versicherungsverhältnisses jedoch mindestens der Betrag des Deckungskapitals, das sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre ergibt; …

Urteil vom 11. September 2013 - IV ZR 17/13

LG Köln – Urteil vom 23. Mai 2012 – 26 O 105/11

OLG Köln – Urteil vom 21. Dezember 2012 – 20 U 133/12

Urteil vom 11. September 2013 - IV ZR 114/13

AG Köln vom 31. Januar 2012 – 124 C 484/11

LG Köln vom 13. Februar 2013 – 26 S 8/12

Karlsruhe, den 11. September 2013

BGH entscheidet erneut: Unzulässige Klauseln in Lebens- und Rentenversicherungsverträgen hinsichtlich Stornokosten, Rückkaufwerte und Verrechnung von Abschlusskosten

BGH
Urteil vom 17.10.2012
IV ZR 202/10


Der BGH hat wenig überraschend erneut eine Klauseln in Lebens und Rentenversicherungsverträgen hinsichtlich Stornokosten, Rückkaufwerte und Verrechnung von Abschlusskosten für unwirksam erklärt. (siehe dazu auch "BGH: Überhöhte Stornokosten und zu niedrige Rückkaufwerte bei Kapitallebensversicherungen und in Rentenversicherungsverträgen - Volltext liegt vor ")

Die Pressemitteilung des BGH finden Sie hier:


"BGH entscheidet erneut: Unzulässige Klauseln in Lebens- und Rentenversicherungsverträgen hinsichtlich Stornokosten, Rückkaufwerte und Verrechnung von Abschlusskosten" vollständig lesen

BGH: Überhöhte Stornokosten und zu niedrige Rückkaufwerte bei Kapitallebensversicherungen und in Rentenversicherungsverträgen - Volltext liegt vor

BGH
Urteil vom 25.07.2012
IV ZR 201/10
BGB § 307; VVG a.F. §§ 174, 176


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Unwirksame Klauseln in Lebens- und Rentenversicherungsverträgen - Rückkaufwerte - Stornokosten - über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

1. Bestimmungen in Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kapitallebensversicherung und die aufgeschobene Rentenversicherung, die vorsehen, dass die Abschlusskosten im Wege des so genannten Zillmerverfahrens mit den ersten Beiträgen des Versicherungsnehmers verrechnet werden, stellen eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar und sind daher gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Entsprechendes gilt für eine inhaltlich vergleichbare Regelung in der fondsgebundenen Rentenversicherung.

2. Klauseln, die nicht hinreichend deutlich zwischen dem Rückkaufswert gemäß § 176 Abs. 3 VVG a.F. und dem so genannten Stornoabzug in § 176 Abs. 4 VVG a.F. differenzieren, sind wegen Intransparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

3. Eine Regelung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kapitallebensversicherung,
die aufgeschobene Rentenversicherung und die fondsgebundene
Rentenversicherung, die vorsieht, dass nach allen Abzügen verbleibende Beträge
unter 10 € nicht erstattet werden, ist wegen unangemessener Benachteiligung des
Versicherungsnehmers unwirksam.


BGH, Urteil vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




BGH: Unwirksame Klauseln in Lebens- und Rentenversicherungsverträgen - Rückkaufwerte - Stornokosten - Abschlusskosten

BGH
Urteil vom 25.07.2012
IV ZR 201/10


Der BGH hat völlig zu Recht diverse von zahlreichen Versicherungen verwendete Klauseln in Lebensversicherungs- und Rentenversicherungsverträgen für unwirksam erklärt.

Aus der Pressemitteilung des BGH:

"Der Senat hat entschieden, dass Bedingungen, nach welchen die Abschlusskosten, bei denen es sich zu einem erheblichen Teil um Vermittlungsprovisionen handelt, mit den ersten Beiträgen verrechnet werden, eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers darstellen und deshalb unwirksam sind. Die Zillmerung führt dazu, dass Versicherungsnehmer, die ihren Vertrag bereits nach wenigen Jahren und vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit kündigen, nur einen geringen oder gegebenenfalls gar keinen Rückkaufswert erhalten.
[...]
Wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot hat der Senat ferner Klauseln für unwirksam erklärt, die nicht hinreichend deutlich zwischen dem im Fall einer vorzeitigen Vertragsbeendigung nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik zu berechnenden Rückkaufswert (§ 176 Abs. 3 VVG a.F.) einerseits und andererseits dem so genannten Stornoabzug, der vereinbart und angemessen sein muss (§ 176 Abs. 4 VVG a.F.) differenzieren.

Wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers sind ferner Bestimmungen unwirksam, die vorsehen, dass dem Versicherungsnehmer nach allen Abzügen verbleibende Beträge unter 10 € nicht erstattet werden."


Die vollständige Pressemitteilung des BGH finden Sie hier:



"BGH: Unwirksame Klauseln in Lebens- und Rentenversicherungsverträgen - Rückkaufwerte - Stornokosten - Abschlusskosten" vollständig lesen